Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.01.2024, Az.: 6 TaBV 48/23

Beteiligung der örtlichen Schwerbehindertenvertretung (ÖSBV) oder der Gesamtschwerbehindertenvertretung (GSBV) bei sog. zentralen Stellenbesetzungsverfahren für Stellen mit einer Vergütung ab der Entgeltgruppe 12

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
25.01.2024
Aktenzeichen
6 TaBV 48/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 11810
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2024:0125.6TaBV48.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hannover - 04.05.2023 - AZ: 13 BV 5/22
ArbG Hannover - 04.05.2023 - AZ: 13 BV 5/23

Fundstelle

  • ArbR 2024, 179

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen der ÖSBV und einer GSBV erfolgt gemäß § 180 Abs. 6 Satz SGB IX. Danach ist die Zuständgkeit der GSBV nur gegeben, wenn die Angelegenheit das Gesamtunternehmen oder mehrere Dienststellen betrifft und - kumulativ- von der Schwerbehindertenvetretung der einzelnen Dienststelle nicht geregelt werden kann.

  2. 2.

    Das gilt auch, soweit auf der personalvertretungsrechtliche Ebene für die Angelegenheit nicht der örtliche Personalrat, sondern der Gesamtpersonalrat zuständig ist.

  3. 3.

    In dieser Konstellation gebieten weder das "Postulat" vom Gleichklang der Beteiligungsorgane noch der besondere Schutz der Interessen schwerbehinderter Menschen eine teleologische Reduktion des § 180 Abs.6 Satz 1 SGB IX und/oder eine analoge Anwendung von § 180 Abs. 6 Satz 3 in Satz 1 SGB IX. Dazu felht es bereits an einer feststellbaren planwidrigen Gesetzeslücke

Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes Hannover vom 04.05.2023 - 13 BV 5/23 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die örtliche Schwerbehindertenvertretung (ÖSBV) oder die E. (GSBV) bei sogenannten zentralen Stellenbesetzungsverfahren, also Stellen mit einer Vergütung ab der Entgeltgruppe 12, zu beteiligen ist.

Die Beteiligte zu 2 ist als Arbeitgeberin in verschiedene Dezernate gegliedert, darunter das Dezernat I für Personal, Digitalisierung und Recht sowie das Dezernat V für Kultur und Umwelt. Dem Dezernat V zugeordnet ist die Stadtentwässerung Hannover als IFB 68. Sie wird von der Beteiligten zu 2 als Eigenbetrieb geführt.

Bei der Beteiligten zu 2 sind örtliche Personalräte und ein Gesamtpersonalrat gebildet. Daneben existieren eine Gesamtbehindertenvertretung (Beteiligte zu 3) und mehrere örtliche Schwerbehindertenvertretungen. Der Beteiligte zu 1 nimmt im Eigenbetrieb der Stadtentwässerung als ÖSBV das Amt des Vertrauensmannes für Schwerbehinderte war.

Die Beteiligte zu 2 hat einen Leitfaden zur Stellenbesetzung verfasst, wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 7-89 der Akte verwiesen wird. Zudem existiert eine Dienstvereinbarung zur Integration und Interessenwahrnehmung für die bei der Stadtverwaltung Hannover beschäftigten schwerbehinderten Menschen und Gleichgestellten (Integrationsvereinbarung) vom 18.03.2002, wegen deren Einzelheiten auf Blatt 101-105 der Akte Bezug genommen wird. Ausweislich von Ziffer 3.4 des Organisationsrundschreibens Nummer 03/2000 der Beteiligten zu 2 ist den Fachämtern die Entscheidungskompetenz bei Stellenbesetzungen bis zur Entgeltgruppe 12 zugewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Organisationsrundschreibens wird auf Blatt 91-100 der Akte verwiesen.

Seit September 2021 beteiligt die Beteiligte zu 2 bei Stellenbesetzungsverfahren für die Stadtentwässerung, die Stellen mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 12 und höher betreffen, nicht die Beteiligte zu 1, sondern die Beteiligte zu 3.

Mit dem unter dem 28.04.2022 beim F. eingeleiteten Beschlussverfahren begehrt die Beteiligte zu 1 die Feststellung, dass sie bei sämtlichen Stellenbesetzungsverfahren für die Stadtentwässerung auch solchen, die Stellen mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 12 und höher betreffen, zu beteiligen ist.

Sie hat die Auffassung vertreten, eine Zuständigkeit des GSBV können nur bei kumulativem Vorliegen der in § 180 SGB IX genannten Voraussetzung gegeben sein. Das sei vorliegend auch bei Stellenbesetzungen im Bereich der Stadtentwässerung Hannover, die die Entgeltgruppe 12 und höher betreffen würden, nicht der Fall.

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,

  1. 1.

    festzustellen, dass die Beteiligte zu 1 bei sämtlichen Stellenbesetzungsverfahren, die die Stadtentwässerung Hannover IBF 68 der Beteiligten zu 2 betreffen, im Sinne des § 180 Abs. 6 SGB IX in Verbindung mit §§ 164 Abs. 1,178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu beteiligen ist, es sei denn, der/die Bewerber/in lehnt eine Beteiligung nach 164 Abs. 1 SGB IX ausdrücklich ab,

    hilfsweise,

  2. 2.

    festzustellen, dass die Beteiligte zu 1 bei sämtlichen Stellenbesetzungsverfahren, die die Stadtentwässerung Hannover IFB 68 der Beteiligten zu 2 betreffen, nach dem Leitfaden Stellenbesetzung der LHH Hannover bei folgenden Verfahrensschritten im Sinne des § 180 Abs. 6 SGB IX in Verbindung mit §§ 164 Abs. 1 Satz 6,178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu beteiligen ist, es sei denn, der/die Bewerber/in lehnt eine Beteiligung nach § 164 Abs. 1 SGB IX ausdrücklich ab:

    1. a)

      Teilnahme am "Startschussgespräch"

    2. b)

      Unterrichtung über Bewerbungen

    3. c)

      Teilnahme am Termin zur Auswahl der einzuladenden Bewerber

    4. d)

      Teilnahme an den Vorstellungsrunden

    5. e)

      Unterrichtung über und Anhörung zu Auswahl und Einstellung.

Die Beteiligte zu 2 hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, bei zentralen Stellenbesetzungsverfahren sei der Fachbereich Personal und Organisation zuständig. Die Beteiligte zu 2 beteilige deshalb den Gesamtpersonalrat und die GSBV, um auf diese Weise eine Symmetrie der Beteiligungsverhältnisse zu schaffen. Das Dezernat I und der daran angegliederte Fachbereich Personal und Organisation seien als übergeordnete Stelle im Sinne des § 180 Abs. 6 Satz 3 SGB IX anzusehen. § 180 Abs. 1 SGB IX solle gewährleisten, dass jeder nach den einschlägigen Personalvertretungsgesetzen zu bildenden Personalvertretung eine Schwerbehindertenvertretung zugeordnet sei, die die Beachtung und Berücksichtigung der besonderen Interessen der schwerbehinderten Menschen in diesem Beteiligungsgremium zu überwachen habe. Der vom Gesetz gewollte Grundsatz, eine lückenlose Vertretung der Interessen der schwebenden Menschen zu gewährleisten, habe zwingend zur Folge, dass die Zuständigkeit der verschiedenen Schwerbehindertenvertretungen denen der betriebsverfassungs- oder personalvertretungsrechtlichen Organe folge. Soweit das Gesetz in § 180 Abs. 6 Satz 1 SGB IX diese Kongruenz der Beteiligungsverhältnisse nur für den Bereich der Betriebsverfassung, nicht aber für den Bereich der Personalvertretung vollständig hergestellt habe, liege eine Lücke vor, die durch Auslegung zu schließen sei. Eine dem gesetzgeberisch offenbar gewollten System entsprechende Verteilung der Kompetenzen könne nur dadurch erreicht werden, dass die sogenannte Gesamt- oder Hauptdienststelle, hier das Dezernat I und der daran angegliederte Fachbereich Personalorganisation als übergeordnete Dienststelle im Sinne des § 180 Abs. 6 Satz 3 SGB IX angesehen werde. Dementsprechend habe auch das LAG Köln im Beschluss vom 14.12.2009 zum Aktenzeichen 5 TaBV 62/09 entschieden.

Die Beteiligte zu 3 hat kein Antrag gestellt.

Mit Beschluss vom 04.05.2023 hat das F. festgestellt, dass die Beteiligte zu 1 bei sämtlichen Stellenbesetzungsverfahren, die die Stadtentwässerung Hannover IFB 68 der Beteiligten zu 2 betreffen, im Sinne des § 180 Abs. 6 SGB IX in Verbindung mit §§ 164 Abs. 1,178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu beteiligen ist, es sei denn, der/die Bewerber/in hat eine Beteiligung nach § 164 Abs. 1 SGB IX ausdrücklich ablehnt. Wegen der rechtlichen Erwägungen wird auf II. der Gründe (Seiten 4 und 5 des Beschlusses, Blatt 227-228 der Akte) Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist der Beteiligten zu 2 am 25.05. 2023 zugestellt worden. Mit am 21.06.2023 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangen Schriftsatz hat die Beteiligte zu 2 hiergegen Beschwerde eingelegt und diese unter dem 17.07.2023 begründet.

Sie ist weiterhin der Auffassung, an Stellenbesetzungsverfahren der Entgeltgruppe 12 und höher den GSBV und auch, soweit diese die Stadtentwässerung betreffen, nicht die Beteiligte zu 1 als ÖSBV beteiligen zu müssen. Dazu führte sie unter anderem Nachstehendes aus:

Der angefochtene Beschluss berücksichtige das gesetzliche Gleichklangerfordernis der Beteiligungen nicht, welches sich aus der besonderen Schutzbedürftigkeit und der effektiven Interessenvertretung der schwerbehinderten Menschen ergebe. Er schaffe bei der von ihm festgestellten Beteiligung des Gesamtpersonalrats und gleichzeitiger Beteiligung der ÖSBV anstelle der GSBV einen geringeren Schutz als dies in Anlehnung an die Entscheidung des LAG Köln im Wege der Auslegung möglich sei. Der Oberbürgermeister sei nicht Dienststellenleiter des Eigenbetriebes Stadtentwässerung, sondern nach § 6 der Eigenbetriebsatzung in Verbindung mit dem Organisationsrundschreiben 03/2000 Vorgesetzter der Betriebsleitung des Eigenbetriebs und Leiter der Gesamtdienststelle. Als solcher beteilige er nach § 80 Absatz 1 NPersVG den Gesamtpersonalrat und keine Teildienststellenpersonalräte. Das Organisationsrundschreiben 03/2000 verschiebe keine Zuständigkeit von einem Dezernat auf ein anderes, sondern bestimme originäre Zuständigkeiten. § 180 SGB IX baue auf der von der Verwaltung vorgegebenen Binnenstruktur auf und schaffe diese nicht selbst neu. Im Geltungsbereich der Betriebsverfassung stelle § 180 Abs. 6 Satz 1 SGB IX den gesetzlich vorgesehenen Gleichklang her, indem es § 50 Abs. 1 BetrVG wiederhole. Im Bereich der Personalvertretung unterbreche die Vorschrift nach ihrem Wortlaut jedoch diesen Gleichklang. Das habe der Gesetzgeber nicht gewollt. Er habe die unterschiedlichen rechtlichen Situationen in der Betriebsverfassung einerseits und der Personalvertretung andererseits nicht gesehen. In der Personalvertretung sei der Gesamtdienststellenleiter für Einstellungen und Entlassungen zuständig und anders als in der Betriebsverfassung dementsprechend der Gesamtpersonalrat zu beteiligen. Soweit die Entscheidungsbefugnis des Teildienststellenleiters bestehe, sei der Teildienststellenpersonalrat zu beteiligen. Diese Beteiligung sei lückenlos. Man könne nicht davon ausgehen, dass der Gesetzgeber für den Bereich der Betriebsverfassung ein in sich geschlossenes Beteiligungssystem, im Bereich der Personalvertretung jedoch einen Systembruch habe schaffen wollen. Der Gesetzgeber haben in § 180 Abs. 6 Satz 1 SGB IX die Quantität und Qualität der Beteiligung des Gesamtpersonalrats und die daraus resultierende Beteiligung der GSBV vor Augen gehabt. Ihm seien die Binnenstrukturen der Verwaltung geläufig gewesen. Er habe den Gleichklang der Beteiligungen vorgesehen, jedoch den Gleichklang der Beteiligung von Gesamtpersonalrat und GSBV im Bereich der Personalvertretung wegen der Vertrautheit mit der Materie als selbstverständlich und nicht regelungsbedürftig eingeschätzt. Dieses Erfordernis habe er nur für den Bereich der Betriebsverfassung gesehen, und deshalb den Wortlaut des § 50 Absatz 1 BetrVG praktisch unverändert übernommen. § 180 Abs. 6 Satz 1 SGB IX sei danach teleologisch zu reduzieren. Er gelte mit der doppelten Voraussetzung zur Herstellung des Beteiligungsgleichklangs nur in dem Bereich der Betriebsverfassung; im Bereich der Personalvertretung gelte der die gesetzlichen Regelungen entsprechende Gleichklang. Zudem komme in Anlehnung an den Beschluss des LAG Köln vom 14.12.2005 eine analoge Anwendung von § 180 Abs. 6 Satz 3 in Satz 1 SGB IX in Betracht. Sowohl der Fachbereich Personal und Organisation als auch der Oberbürgermeister seien nach den vorgelegten Unterlagen bzw. der Satzung des Eigenbetriebes Stadtentwässerung diesem als Dienststellenleitung übergeordnet. Der Fachbereich Personal und Organisation handle zudem im Verhältnis zum Gesamtpersonalrat und damit zur GSBV für den Oberbürgermeister als Gesamtdienststellenleitung. Auf die Betroffenheit von Personaldezernat und Eigenbetrieb komme es angesichts dessen nicht an.

Die Beteiligte zu 2 beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 04.05.2023 - - abzuändern und die Anträge des Beteiligten zu 1 abzuweisen.

Der Beteiligte zu 1 beantragt,

die Beschwerde der Beteiligten zu 2 zurückzuweisen.

Sie verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss als zutreffend.

Die Beteiligte zu 3 hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird Bezug genommen auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 17.07.2023, 15.09.2023 und 23.11.2023 sowie auf die im mündlichen Anhörungstermin am 25.01.2024 wechselseitig abgegebenen Erklärungen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das F. festgestellt, dass die Beteiligte zu 1 bei sämtlichen Stellenbesetzungsverfahren für die Stadtentwässerung Hannover - einschließlich solcher, die Stellen mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 12 und höher betreffen - , im Sinne von § 180 Abs. 6 SGB IX in Verbindung mit §§164 Abs. 1,178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu beteiligen ist, es sei denn der schwerbehinderte Mensch hat die Beteiligung der Beteiligten zu 1 in dem ihn betreffenden Bewerbungsverfahren ausdrücklich abgelehnt.

1.

Der dahingehende Hauptantrag der Beteiligten zu 1 ist zulässig.

a.

Er ist hinreichend bestimmt.

aa.

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Antragsschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Das ist erforderlich, um zu klären, worüber das Gericht entscheidet und wie der objektive Umfang der Rechtskraft einer Sachentscheidung im Sinne von § 322 Abs. 1 ZPO ist (BAG, 22.09.2021 - 7 ABR 23/20 - Rn. 17).

bb.

Diesen Anforderungen entspricht der Hauptantrag, auch wenn es an einer näheren Bestimmung dazu fehlt, wie die Beteiligung im Einzelfall aussehen soll. Klar ist, dass er sich auf die Beteiligung bei sämtliche Stellenbesetzungsverfahren bezieht, die die Stadtentwässerung betreffen, d. h. auch solchen, bei denen es um die Besetzung von Stellen mit einer Vergütung ab Entgeltgruppe 12 geht, soweit der schwerbehinderte Mensch eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht ausdrücklich abgelehnt hat. Als Bezugspunkt für die Beteiligung nennt der Antrag des Weiteren ausdrücklich nicht nur den § 180 Abs. 6 SGB IX, sondern insbesondere auch die §§ 164 Abs. 1 und 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Zwischen Beteiligten besteht kein Streit, wie die daran anknüpfenden Beteiligungsrechte im Einzelnen auszugestalten und auszuüben sind; vielmehr ist das Beteiligungsrecht der Beteiligten zu 1 insoweit als solches im Streit. Die Beteiligte zu 2 stellt das Beteiligungsrecht der Beteiligten zu 1 bei Stellenbesetzungsverfahren, die Stelle mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 12 und höher betreffen, im Grundsatz in Abrede. Über die einzelnen bei Ausübung des Beteiligungsrechtes zu beachten gesetzlichen Vorgaben besteht zwischen den Beteiligten gegenwärtig kein Dissens.

b.

Der Antrag hat auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Er ist darauf gerichtet, das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO festzustellen. Der Streit um das Bestehen eines gesetzlichen Beteiligungsrechtes betrifft den Inhalt eines Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten. Dies ist einer gesonderten Feststellung zugänglich (BAG, aaO, Rn. 21). Dabei kann das Bestehen eines Beteiligungsrechtes unabhängig von einem konkreten Konfliktfall einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden, wenn die Beteiligten insoweit unterschiedlicher Auffassung sind, die Maßnahme im Betrieb häufiger auftritt und sich auch in Zukunft jederzeit wiederholen kann. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist deshalb regelmäßig gegeben, wenn der Arbeitgeber Beteiligungsrechte in einer bestimmten Angelegenheit in Abrede stellt oder sich eine Betriebspartei eines solchen berühmt. Als "Angelegenheit" ist dabei jeder betriebliche Vorgang zu qualifizieren, dessen Beteiligungspflichtigkeit zwischen den Betriebsparteien streitig ist. Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Geltendmachung von Beteiligungsrechten der Schwerbehindertenvertretung (BAG, aaO, Rn. 23). Bei der Durchführung von Stellenbesetzungsverfahren auch in Hinblick auf solche, die Stellen mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 12 und höher betreffen, handelt es sich offensichtlich um einen betrieblichen Vorgang. Zwischen Beteiligten ist im Streit, ob die Beteiligte zu 2 dabei die Beteiligten zu 1 als ÖSBV oder die Beteiligte zu 2 als GSBV zu beteiligen hat. Die Beteiligte zu 2 stellt das Beteiligungsrecht der Beteiligten zu 1 insoweit dem Grunde nach in Abrede. Da regelmäßig Einstellungen und diesen vorangehende Stellenbesetzungsverfahren bei der Beteiligten zu 2 stattfinden, besteht jederzeit die Gefahr, dass dieser Konflikt auftritt. Es besteht ein berechtigtes Interesse, diesen gerichtlich klären zu lassen.

2.

Der Hauptantrag ist begründet.

a.

Dem steht zunächst nicht entgegen, dass er Konstellationen erfasst, in denen das von der Beteiligten zu 1 reklamierte Beteiligungsrecht nicht besteht (vgl. grundsätzlich zum unbegründeten Globalantrag , BAG, aaO, Rn. 28). Das ist nicht der Fall. Streitgegenständlich ist die Beteiligung der Beteiligten zu 1 als örtliche Schwerbehindertenvertretung der Stadtentwässerung bei alle diesen Eigenbetrieb betreffenden Stellenbesetzungsverfahren auf Grundlage des ausdrücklich im Antrag genannten § 180 Abs. 6 SGB IX in Verbindung mit §§ 164 Abs.1, 178 Abs.2 Satz 1 SGB IX. Die Beteiligungsrechte nach § 178 Abs. 2 SGB IX beziehen sich auf alle Angelegenheiten, die den einzelnen schwerbehinderten Menschen oder die Gruppe der Schwerbehinderten im Betrieb berühren. Das ist bei der Organisation der Stellenbesetzung gemäß § 164 Abs.1 SGB IX und der Durchführung von Stellenbesetzungsverfahren, in deren Rahmen sich mindestens ein schwerbehinderter Mensch beworben hat, stets zu bejahen. Die Beteiligte zu 1 hat die Konstellation, in der ein schwerbehinderter Mensch im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahren die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 164 Abs. 1 SGB IX ausdrücklich abgelehnt hat und deshalb ein Beteiligungsrecht nicht- mehr - besteht, ausdrücklich ausgenommen.

b.

Die Beteiligte zu 1 ist als ÖSBV bei sämtlichen Stellenbesetzungsverfahren für die Stadtentwässerung, also auch solchen, die die Besetzung von Stellen mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 12 und höher betreffen, soweit nicht ein/e schwerbehinderte/r Bewerber/in die Beteiligung ausdrücklich abgelehnt hat, zu beteiligen.

aa.

Die Schwerbehindertenvertretung ist nach §§ 164 Abs.1, 178 Abs.2 Satz 1 SGB IX in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren zu beteiligen. Die Stellenbesetzung ist unabhängig von der für die Stelle geschuldeten Vergütung von der Feststellung eines Arbeitskräftebedarfes, dem Aufstellen der Anforderungsprofile, der Erstellung der Anzeige und der Gestaltung des eigentlichen Auswahlprozesses bis hin zur Einstellungsentscheidung selbst, soweit sich mindestens ein schwerbehinderter Mensch bewirbt, als beteiligungspflichtige Angelegenheit bzw. Maßnahme der Beteiligten zu 2 zu qualifizieren.

bb.

Soweit es um die Besetzung einer Stelle in einem Eigenbetrieb als selbstständige Dienststelle geht, ist - soweit vorhanden - die ÖSBV zu beteiligen. Die Beteiligte zu 1 ist die im Eigenbetrieb IFB 68 - Stadtentwässerung - der Beteiligten zu 2 gebildete ÖSBV und als solche grundsätzlich bei der Besetzung für Stelle in der Stadtentwässerung zu beteiligen.

cc.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 180 Abs.6 SGB IX. Insbesondere folgt daraus entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2 nicht die Zuständigkeit der Beteiligten zu 3 als GSBV.

(1)

Zunächst nimmt die Beteiligte zu 3 als GSBV nicht gemäß § 180 Abs. 6 Satz 2 2.Alt. SGB IX die Interessen der schwerbehinderten Menschen in der Stadtentwässerung wahr, weil für diesen Betrieb eine örtliche Schwerbehindertenvertretung nicht gewählt worden wäre. Vielmehr ist die Beteiligte zu 1 in der Stadtentwässerung als örtliche Schwerbehindertenvertretung gewählt worden.

(2)

Auch die Voraussetzungen für eine Verlagerung der Beteiligungsrechte von der Beteiligten zu 1 auf die Beteiligte zu 3 nach § 180 Abs.6 Halbsatz1 1.Alt. SGB IX sind nicht gegeben.

(a)

Danach ist eine Zuständigkeit der GSBV nur dann gegeben, wenn das Beteiligungsrecht sich auf Angelegenheiten bezieht, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Dienststellen betreffen, und die nicht von der Schwerbehindertenvertretung der einzelnen Dienststelle (SBV) geregelt werden können. Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen; ist nur eine nicht gegeben, verbleibt es bei der Zuständigkeit der ÖSBV. Dabei muss die Unmöglichkeit, die Angelegenheit durch die jeweilige ÖSBV zu regeln, keine objektive sein. Ausreichend ist, wenn bei vernünftiger Würdigung des Sachverhaltes eine zwingende sachliche Notwendigkeit für eine einheitliche Regelung spricht. Diese kann sich aus technischen und/oder rechtlichen Gründen ergeben. Die bloße Zweckmäßigkeit einer unternehmenseinheitlichen Regelung sowie ein Kosten- oder Koordinierungsinteresse genügen hierfür nicht (vgl. BAG, 03.05.2006 - 1 ABR 15/05 - Rn.25).

(b)

Diese Voraussetzungen liegen bei Stellenbesetzungen für die Stadtentwässerung auch dann nicht vor, wenn es um die Besetzung von Stellen mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 12 und höher geht.

(aa)

Zum einen beziehen sich diese Stellenbesetzungen nicht auf Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Dienststellen der Beteiligten zu 2 betreffen. Vielmehr sollen die über das Stellenbesetzungsverfahren zu identifizierenden und letztendlich ausgewählten Bewerber ausschließlich in der Stadtentwässerung tätig werden.

(bb)

Zum anderen besteht aus technischen oder rechtlichen Gründen keine Notwendigkeit, anstelle der ÖSBV die GSBV bei Stellenbesetzungsverfahren für die Stadtentwässerung zu beteiligen. Auch wenn letztendlich der Oberbürgermeister bzw. das Dezernat I über die Einstellung entscheidet, ist es rechtlich nicht geboten, die GSBV zu beteiligen, weil ein dienststellenübergreifender Bezug der Tätigkeit nicht vorliegt. Die tatsächlichen Gegebenheiten und die daraus resultierenden besonderen Anforderungen/Belastungen für schwerbehinderte Menschen gerade im Betrieb der Stadtentwässerung können von der dort gebildeten und mit den Verhältnissen besonders vertrauten ÖSBV in das Beteiligungsverfahren unmittelbar eingebracht werden. Auch wenn die GSBV der ÖSBV ggf. im Beteiligungsfalle entsprechend § 180 Abs. 6 Satz 3 2. Halbsatz SGB IX die Gelegenheit zur Äußerung zu geben hätte, folgt darauf keineswegs eine zwingende Notwendigkeit anstelle der ÖSVB die GSVB zu beteiligen.

(3)

Die Zuständigkeit der GSBV lässt sich nicht nach § 180 Abs. 6 Satz 2 SGB IX begründen.

(a)

Danach gilt Satz 1 entsprechend für die Konzern-, Bezirks- und Hauptschwerbehindertenvertretung sowie für die Schwerbehindertenvertretung der obersten Dienstbehörde, wenn bei einer mehrstufigen Verwaltung Stufenvertretungen nicht gewählt sind.

(b)

Diese Vorschrift betrifft nur das Verhältnis zwischen ÖSBV und Stufenvertretungen bzw. der Schwerbehindertenvertretung bei der obersten Dienstbehörde, wenn keine Stufenvertretungen gewählt worden sind, nicht jedoch die davon zu trennende Zuständigkeitsabgrenzung zwischen ÖSBV und GSBV für Beteiligungssachverhalte, die nur den einzelnen Betrieb betreffen. Die auf den höheren Behördenebenen errichteten Vertretungen sind den örtlichen Schwerbehindertenvertretung rechtlich nicht übergeordnet. Es gilt der Grundsatz, dass die besondere GSBV und die Stufenvertretungen nur auf ihrer Ebene für die Angelegenheiten, die nur auf dieser Ebene der Stufe geregelt werden können, tätig werden dürfen (sogenannter Grundsatz der Ebenen bezogenen Aufgabentrennung, Dau/Düwell/Joussen, Sozialgesetzbuch IX, 6. Aufl. 2022, § 180 Rn.32).

(4)

Auch § 180 Abs.6 Satz 3 1.Halbsatz SGB IX vermag die Zuständigkeit vorliegend nicht von der Beteiligten zu 1 auf die Beteiligte zu 3 zu übertragen.

(a)

Gemäß § 180 Abs. 6 Satz 3 1.Halbsatz SGB IX ist die nach Satz 2 zuständige Schwerbehindertenvertretung auch in persönlichen Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen, über die eine übergeordnete Dienststelle entscheidet, zuständig.

(b)

Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass der Oberbürgermeister bzw. das Dezernat I der Leitung des Eigenbetriebes der Stadtentwässerung übergeordnet im Sinne dieser Vorschrift ist. § 180 Abs.6 Satz 3 SGB IX bezieht sich jedoch ausdrücklich auf eine Bezirks- und Hauptschwerbehindertenvertretung in einer mehrstufigen Verwaltung und besagt nichts zum Verhältnis zwischen ÖSVB und GSVB.

(5)

Es sind weder eine teleologische Reduktion des § 180 Abs. 6 Satz 1 SGB IX dahingehend veranlasst, dass damit ein Beteiligungsgleichklang nur im Bereich der Betriebsverfassung herzustellen ist, während im Bereich der Personalvertretung der entsprechende Gleichklang anhand der jeweiligen gesetzlichen Regelung als herstellt zu gelten hat. Noch ist § 180 Abs. 6 Satz 3 SGB IX im Interesse eines Gleichklang einer analogen Anwendung dahingehend zugänglich, dass er im Verhältnis zwischen ÖSBV und GSBV eine Zuständigkeit zugunsten der GSBV regelt, weil der Oberbürgermeister/Fachbereich Personal und Organisation dem Dienststellenleiter des Eigenbetriebes der Stadtentwässerung übergeordnet und auf personalvertretungsrechtlicher Ebene eine Zuständigkeit des Gesamtpersonalrates nach § 80 Abs. 1 NPersVG gegeben ist; beides kann zugunsten der Beteiligten zu 2 unterstellt werden.

(a)

Mit der teleologischen Reduktion, die zu den von Verfassung wegen anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört, wird der ausgehend vom Gesetzeszweck zu weit gefasste Wortlaut einer Norm auf den Anwendungsbereich reduziert, welcher ihrer ratio legis entspricht. Sie ist nur zulässig, wenn sich eine planwidrige Regelungslücke feststellen lässt. Das setzt voraus, dass sich die betreffende Vorschrift gemessen an der ihr zugrundeliegenden Regelungsabsicht in dem Sinne als unvollständig erweist, dass sie einen erforderlichen Ausnahmetatbestand nicht aufweist. Ihre uneingeschränkte Anwendung müsste zu zweckwidrigen Ergebnissen führen (BAG 20.07.2023 - 6 AZR 228 /22 - Rn. 35).

(b)

Für eine wortsinnübersteigende Gesetzesanwendung durch Analogie bedarf es einer besonderen Legitimation. Die analoge Anwendung einer Norm setzt voraus, dass eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke besteht und diese Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann. Andernfalls könnte jedes Schweigen des Gesetzgebers - als der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke aufgefasst und diese im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden. Analoge Gesetzesanwendung erfordert darüber hinaus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die gesetzessprachlich erfassten Fälle (BAG, 27.09.2022 -2 AZR 92/22 - Rn. 28).

(c)

Vorliegend fehlt es sowohl für eine teleologische Reduktion des § 180 Abs.6 Satz 1 SGB IX als auch für eine analoge Anwendung des § 180 Abs.6 Satz 3 in Satz1 SGB IX mit dem Ergebnis einer Zuständigkeit der GSBV für Stellenbesetzungsverfahren für die Stadtentwässerung, die Stellen mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 12 sowie höher betreffen, bereits an einer positiv feststellbaren planwidrige Regelungslücke. Auch der Gleichklang zwischen Personalvertretung und Schwerbehindertenvertretung gebietet weder eine teleologische Reduktion noch eine analoge Anwendung von § 180 Abs.6 Satz 3 in Satz 1 SGB IX. Das Auseinanderfallen der Beteiligungsorgane bezogen auf die jeweilige Ebene führt vorliegend nicht zu einem dem Gesetzeszweck widersprechenden Ergebnis.

(aa)

Dass dem Gesetzgeber die unterschiedlichen Kompetenzzuweisungen auf betriebsverfassungs- und personalvertretungsrechtlicher Ebene bekannt waren und sind, ergibt sich schon daraus, dass er in § 180 SGB IX in den verschiedenen Absätzen die unterschiedlichen Mitbestimmungsgremien nicht nur explizit als solche benennt (vgl. § 180 Abs.1 SGB IX "Gesamtbetriebsrat" und "Gesamtpersonalrat"), sondern auch differenzierende Vorgaben macht (z.B. zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung in § 180 Abs.2 SGB IX für den Bereich der Betriebsverfassung und in § 180 Abs.3 SGB IX bei mehrstufigen Verwaltungen für den Bereich der Personalvertretung).

(bb)

Vom Wortlaut her bezieht sich § 180 Abs.6 Satz 3 SGB IX eindeutig nicht auf Gesamtpersonalräte bzw. GSBV. Beide Begriffe bzw. die damit bezeichneten Beteiligungsorgane werden in § 180 Abs.1 SGB IX quasi definiert; waren und sind dem Gesetzgeber damit auch in ihrer unterschiedlichen Bedeutung offensichtlich bekannt. Weder Gesamtpersonalräte noch GSBV sind Teile der in § 180 Abs.6 Satz 3 SGB IX behandelten Stufenvertretungen, sondern stehen horizontal neben den Personalräten und Schwerbehindertenvertretungen (Laber, öAT, 2017, 133, 136).§ 180 Abs.6 Satz 3 SGB IX regelt ausdrücklich allein die Zuständigkeit zwischen den verschiedenen Stufenvertretungen. Da Gesamtpersonalrat und GSBV keine eigenen Stufen bilden, ist davon auszugehen, dass sie bewusst nicht in die Regelung aufgenommen wurden. Ein möglicher Gleichlauf ließe sich nur für die Stufenvertretungen begründen.

(cc)

Der Gesetzgeber hat für die Schwerbehindertenvertretungen und Personalvertretungen jeweils eigenständige Regelungen mit unterschiedlichen Inhalten getroffen. (vgl. Sächs. LAG, 23.06.2020 - 7 TaBV 23/18- Rn.45). Soweit der Gesetzgeber einen Gleichlauf der Beteiligungsorgane für erforderlich gehalten hat, hat er diesen an anderer Stelle ausdrücklich angeordnet, so in §§ 44 i iVm. § 44 h SGB II für das Anhörungsrecht der Schwerbehindertenvertretung des Jobcenters vor der Einführung neuer von der Bundesagentur für Arbeit zentral verwalteter Verfahren der Informationstechnik (siehe hierzu BAG 20.06.2018 - 7 ABR 39/16 - Rn. 31). Eine entsprechende Reglung fehlt im SGB IX. Dass der Gesetzgeber diesen Aspekt bei der Abfassung und den regelmäßigen Neufassungen des SGB IX schlicht vergessen hat, kann nicht unterstellt werden.

(dd)

Dem kann ein gesetzgeberisch beabsichtigtes Gebot des Gleichlaufs zwischen Betriebsverfassung/Personalvertretung einerseits und Schwerbehindertenvertretung andererseits nicht entgegengehalten werden.

(aaa)

Ein solches Gebot gilt zunächst nicht uneingeschränkt. So hat das Bundesarbeitsgericht dem vom LAG Köln im Beschluss vom 31.08.2021 - 4 TaBv 19/21- aufgestellten Grundsatz, dass in Fällen des Absinkens unter den jeweiligen Schwellenwert mit der Amtszeit des Betriebsrates auch die der Schwerbehindertenvertretung enden müsse, mit der Begründung widersprochen, das "Postulat" des Gleichklangs greife schon deshalb nicht, weil die Schwerbehindertenvertretung eine autarke Interessenvertretung der schwerbehinderten Beschäftigten sei, die auch gebildet werden könne, wenn kein Betriebs- oder Personalrat bestünde (BAG, 10.10.2022 - 7 ABR 27/21 , Rn. 34 f).

(bbb)

Zudem ist hervorzuheben, dass die Kompetenz zur Festlegung der Zuständigkeit der Personalvertretungen bei den Ländern liegt, während die Zuständigkeit der Betriebsräte ebenso wie die der Schwerbehindertenvertretungen auf Bundesebene geregelt wird. Die jeweiligen Landesregelungen divergieren von Land zu Land. So kann gemäß § 80 Abs.2 NPersVG in Niedersachsen die oberste Dienstbehörde in Übereinstimmung mit den beteiligten Personalräten einzelne Aufgaben und Zuständigkeiten der Personalräte auf den Gesamtpersonalrat übertragen. Würde man die daraus resultierende Zuständigkeit des Gesamtpersonalrates im Wege des Gleichklangs ohne weiteres auf die Schwerbehindertenvertretungen übertragen, unterläge deren Zuständigkeit letztendlich der Disposition der Dienstbehörde und Personalräte. Das widerspräche der gesetzlichen Konzeption, wonach die Schwerbehindertenvertretungen eigenständige Vertretungen der schwerbehinderten Beschäftigten darstellen, die weder dem Arbeitgeber noch dem Betriebs- oder Personalrat untergeordnet sind (vgl. LPK-SGB IX- Düwell, § 178, Rn.5). Auch weisen nicht alle personalvertretungsrechtlichen Landesgesetzes § 80 Abs. 2 NPersVG entsprechende Regelungen auf. So enthält etwa § 78 LPVG-NRW, welcher die Verteilung der Zuständigkeit zwischen Personalrat und Gesamtpersonalrat regelt, keine § 80 Abs.2 NPersVG entsprechende Bestimmung.

(ccc)

Soweit davon ausgegangen wird, die "Symmetrie" zwischen Schwerbehindertenvertretungen und Personalräte sowie Betriebsräten stelle ein "grundlegendes Strukturprinzip des kollektiven Schwerbehindertenrechts" dar, ohne die eine effektive Wahrnehmung der Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung nicht möglich sei, da die Zusammenarbeit eine beratende Teilnahme an der Willensbildung der zuständigen Personalvertretung voraussetzte (vgl. LPK- SGB IX - Düwell, § 178 Rn.2 und 62), ist dem ohne Frage insoweit beizupflichten, als nach dem Willen des Gesetzgebers eine lückenlose Schwerbehindertenvertretung gewährleistet werden soll. Bei einer mangelnden Symmetrie - lediglich - der Beteiligungsebenen besteht aber einerseits nicht die Gefahr einer Lücke, sondern es stellt sich allein eine Abgrenzungsfrage zweier in Betracht kommender Schwerbehindertenvertretungen. Andererseits ist nicht ersichtlich, dass und warum eine interessengerechte Vertretung der Belange schwerbehinderter Beschäftigten bei dienststellenbezogenen Angelegenheiten, trotz Entscheidungsbefugnis der übergeordneten Dienststelle effektiv nur durch den GSBV und nicht durch die ÖSBV in Beteiligungsverfahren gewährleistet werden kann, auch wenn auf personalvertretungsrechtlicher Seite der Gesamtpersonalrat und nicht der örtliche Personalrat einzubeziehen ist. In Angelegenheiten der örtlichen Dienststelle hat vielmehr gerade die dort gebildete Schwerbehindertenvertretung unmittelbare Kenntnisse von den tatsächlichen Gegebenheiten und spezifischen Anforderungen. Diese kann sie bei arbeitgeberseitigen Maßnahmen, die dort zukünftig oder bereits tätige schwebehinderte Beschäftigte betreffen, aus eigener Wahrnehmung unmittelbar in das Beteiligungsverfahren einbringen und entsprechend einwirken. Diese Erkenntnisse und Beratungsinhalte können dann von den jeweils Verantwortlichen bei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Daran ändert der Umstand, dass auf Arbeitsgeberseite eine übergeordnete Dienststelle und auf personalvertretungsrechtlicher Ebene der Gesamtpersonalrat zuständig sind, nichts.

II.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 92 Abs.1, 72 Abs.2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung veranlasst.