Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.02.2001, Az.: 13 Sa 1295/00

Vertragliche Vereinbarungen über die Rückzahlung von Fortbildungskosten; Inhaltskontrolle gem. § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); Angemessenes Verhältnis von Fortbildungsdauer zur Bindungsdauer an den Arbeitgeber

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
20.02.2001
Aktenzeichen
13 Sa 1295/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 10913
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2001:0220.13SA1295.00.0A

Fundstelle

  • ZTR 2001, 331

Amtlicher Leitsatz

Die zulässige Bindungsdauer für vertragliche Klauseln, wonach der Arbeitnehmer bei vorzeitigem Ausscheiden Fortbildungskosten zurückzuzahlen hat, ist allein nach den Ausgaben zu bestimmen, die der Arbeitgeber getragen hat. Dies gilt auch dann, wenn die Fortbildung bei einem Vorarbeitgeber begonnen und bei dem Arbeitgeber beendet wurde und der Arbeitgeberwechsel aufgrund der Vertragsgestaltung keine Rückzahlungspflicht ausgelöst hat.

In dem Rechtsstreit
hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 20.02.2001
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 03.05.2000, 2 Ca 535/99, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.177,19 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 05.10.1999 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 2/3, die Beklagte zu 1/3.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 9.531,56 DM festgesetzt.

Für die Klägerin wird die Revision zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Innungskrankenkasse, begehrt von der Beklagten Rückzahlung von Fortbildungskosten.

2

Die Beklagte wurde von der Klägerin zum 01.01.1998 als Dienstordnungsangestellte, Verwaltungsobersekretärin, eingestellt. Bis zum 31.12.1997 war die Beklagte bei der IKK ... beschäftigt. Sie hatte bei diesem Arbeitgeber 1996 einen Fortbildungslehrgang zur Vorbereitung auf die Fortbildungsprüfung nach der Fortbildungs- und Prüfungsordnung begonnen. Nach Beginn des Dienstverhältnisses mit der Klägerin setzte sie diese Fortbildungsmaßnahme fort, die am 09.07.1998 mit bestandener Prüfung endete. Unter dem 23.10.1997 (Bl. 17 und 18 d.A.) schlossen die Parteien einen Vertrag über die Rückzahlung von Ausbildungskosten, der auszugsweise wie folgt lautet:

3

2. Die IKK übernimmt die hierdurch entstehenden Kosten:

  • Verwaltungskosten der Verwaltungsschule nach dem für das jeweilige Wirtschaftsjahr festgelegten Betrag für Innungskrankenkassen, die sich nicht durch Verbandsbeträge an den Kosten der Verwaltungsschule beteiligen,
  • Fernunterricht, Korrektur der Arbeiten (Lernerfolgskontrollen),
  • Reisekosten einschließlich Kosten für Unterkunft und Verpflegung in der Verwaltungsschule sowie Trennungsgeld,
  • Prüfungskosten einschließlich Reisekosten.

4

Die IKK gewährt der Angestellten zur Teilnahme an den Vollzeitlehrgängen und Prüfungen unbezahlten Sonderurlaub. Ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs zahlt die IKK unter den nachstehend genannten Voraussetzungen der Angestellten während dieser Zeiten

5

- das Gehalt (Dienstbezüge, Vergütung, einschließlich Zulagen und vermögenswirksamer Leistungen)

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in derselben Höhe weiter, in der es zu zahlen wäre, wenn Dienst verrichtet würde.

7

...

8

3. Die Angestellte verpflichtet sich, nach dem Ende oder selbstverschuldeten Abbruch der Ausbildung oder Fortbildung mindestens 36 Kalendermonate bei der IKK zu verbleiben oder ohne Unterbrechung bei einer anderen IKK oder einem IKK-Verband (IKK-System) tätig zu werden und dort zu verbleiben, bis die Frist abgelaufen ist.

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4. Scheidet die Angestellte vor Ablauf der 36 Kalendermonate auf eigenen Wunsch oder aus eigenem Verschulden aus den Diensten der IKK und auch aus dem IKK-System aus, hat sie der IKK die unter Ziff. 2 genannten Kosten innerhalb eines Monats nach Aufforderung durch die IKK zu erstatten, und zwar 1/36 für jeden Kalendermonat, der an dem Zeitraum von 36 Kalendermonaten fehlt.

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Vom 01.01.1998 bis zum 14.02.1999 war der Klägerin die Leitung der Abteilung Vertrieb übertragen. Zum 01.09.1998 wurde sie zur Verwaltungsinspektorin ernannt. Ihr Lebensgefährte, der zum 01.01.1998 mit ihr bei der Klägerin eingestellt worden war, beendete zum Ende des Jahres das Arbeitsverhältnis, um zu einer Betriebskrankenkasse zu wechseln. Im November kam es sodann zu zwei Personalgesprächen, unter dem 15.01.1999 erstellte die Klägerin eine Mitarbeiterbeurteilung, auf deren Inhalt (Bl. 46 - 50 d.A.) Bezug genommen wird. Ab 15.02.1999 wurde die Beklagte umgesetzt in die Abteilung Versicherungen als Sachbearbeiterin. Mit Schreiben vom 22.03.1999 bat sie um Entlassung aus dem Dienstverhältnis zum 30.04.1999, die Klägerin forderte erstmals mit Schreiben vom 01.04.1999 Rückzahlung der Fortbildungskosten in Höhe von 3/4 von 12.708,75 DM, und stimmte schließlich mit Schreiben vom 04.05.1999 der Beendigung des Dienstverhältnisses zum 30.04.1999 zu. Ab 01.05.1999 war die Beklagte für eine Betriebskrankenkasse tätig.

11

Zur Höhe der von der Klägerin aufgewändeten Fortbildungskosten wird Bezug genommen auf die Aufstellung vom 30.03.1999, Bl. 14 d.A..

12

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aufgrund der getroffenen Fortbildungsvereinbarung sei die Beklagte zur Zahlung von 27/36 der Fortbildungskosten verpflichtet.

13

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.531,56 DM zu zahlen.

14

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Sie hat vorgetragen, die dreijährige Bindungsfrist sei unverhältnismäßig lang. Nachdem ihr Lebensgefährte Anfang November 1998 gekündigt habe, um zu einer Betriebskrankenkasse zu wechseln, sei sie massiv unter Druck gesetzt worden, ihre Leistungen seien kritisiert worden, so dass für sie keine andere Möglichkeit bestanden habe als das Dienstverhältnis zu beenden.

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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

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Mit Berufung trägt die Klägerin vor, zu berücksichtigen sei, dass es sich vorliegend um eine mehrjährige Fortbildung gehandelt habe, die die Klägerin bei der IKK ... begonnen habe und bei der Klägerin fortgesetzt und beendet habe. Angesichts der Gesamtausbildungsdauer sei die dreijährige Bindung nicht zu lang. Im Übrigen sei zumindest bei Annahme einer zu langen Bindungsdauer eine Vertragsanpassung vorzunehmen. Die Rückzahlungsverpflichtung sei begründet, mit Ablegung der Prüfung habe die Beklagte die Qualifikation für den gehobenen Dienst erworben und sei auch entsprechend zur Verwaltungsinspektorin befördert worden. Es sei falsch, dass das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis von ihr, der Klägerin, provoziert worden sei.

18

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 03.05.2000, Aktenzeichen 2 ca 535/99, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.531,56 DM nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen.

19

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

20

Sie trägt vor, die Bindungsdauer habe vorliegend höchstens 1 Jahr betragen dürfen. Eine Vertragsanpassung komme allerdings nicht in Betracht, weil damit die Folgen eines vorzeitigen Ausscheidens bei Abschluss der Vereinbarung nicht ausreichend vorhersehbar gewesen seien. Die Berufsaussichten der Beklagten hätten sich durch die Ausbildung nicht verbessert, sie habe insbesondere keine höheren Verdienste bei Folgearbeitgebern erzielt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Fortbildung, die sie absolviert habe, nicht mehr fortgeführt werde, sondern durch das Fortbildungsstudium zur Krankenkassenbetriebswirtin abgelöst worden sei. Einer Rückzahlungsverpflichtung stehe auch entgegen, dass die Klägerin das Ausscheiden provoziert habe. Nachdem ihr Lebensgefährte sein Arbeitsverhältnis gekündigt habe, sei in zwei Personalgesprächen am 09. und 10.11. von Klägerseite angesprochen worden, dass es Probleme mit Blick auf Wettbewerbsgründe gebe, es fraglich sei, ob das Arbeitsverhältnis mit ihr fortgeführt werden könne. Sodann sei ein Beurteilungsgespräch am 15.01.1999 erfolgt und im Februar 1999 sei sie als Abteilungsleiterin abgelöst und fortan als Sachbearbeiterin beschäftigt worden. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungserwiderung und den Beklagtenschriftsatz vom 12.02.2001.

Gründe

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Die Berufung der Beklagten ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG, 518, 519 ZPO. Die Berufung ist teilweise begründet, die Beklagte war zur Zahlung von 1/4 der Ausbildungskosten gleich 3.177,19 DM zu verurteilen.

22

Vertragliche Vereinbarungen über die Rückzahlung von Fortbildungskosten sind außerhalb eines Berufsausbildungsverhältnisses grundsätzlich zulässig. Sie unterliegen aber nach § 242 BGB einer richterlicher Inhaltskontrolle. Nach der Rechtsprechung besteht danach eine vertraglich vereinbarte Rückzahlungspflicht nur dann, wenn der Arbeitnehmer durch die Ausbildung einen geldwerten, beruflichen Vorteil erhält. Dieser Vorteil kann darin bestehen, dass er die Voraussetzungen einer höheren Tarifgruppe erfüllt und/oder die Qualifikation auch außerhalb des bisherigen Arbeitgebers verwerten oder zum beruflichen Aufstieg nutzen kann. Aus- und Fortbildungen, die ausschließlich im Betrieb des Arbeitgebers nutzbar sind, den Wert der Arbeitskraft am Arbeitsmarkt nicht erhöhen, können keine Rückzahlungspflicht auslösen (BAG vom 30.11.1994, 5 AZR 715/93, EzA § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, Nr. 12; BAG vom 06.09.1995, 5 AZR 241/94, EzA § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, Nr. 14).

23

Die zulässige Bindungsdauer ist begrenzt. Zahlt der Arbeitgeber während der Fortbildung neben Lehrgangskosten auch die Vergütung, müssen Fortbildungsdauer und Bindungsdauer in einem angemessenen Verhältnis stehen. Eine Lehrgangsdauer bis zu zwei Monaten kann eine Bindungsdauer bis zu einem Jahr rechtfertigen. Dauert die Fortbildung sechs Monate bis zu einem Jahr, beträgt die angemessene Bindungsdauer drei Jahre (BAG vom 06.09.1995, 5 AZR 241/94, a.a.O.). Ist eine zu lange Bindungsfrist vereinbart, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsvereinbarung, vielmehr ist gemäß § 139 BGB die Bindungsdauer auf das zulässige Maß zurückzuführen (BAG vom 06.09.1995, 5 AZR 241/94, a.a.O.; BAG vom 26.10.1994, 5 AZR 390/92, EzA § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, Nr. 11; BAG vom 16.03.1994, 5 AZR 339/92, EzA § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, Nr. 10).

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Der Arbeitgeber, der die Ausbildung finanziert, soll als Gegenleistung die vom Arbeitnehmer erworbene Qualifikation im Betrieb nutzen können. Kündigt der Arbeitgeber etwa betriebsbedingt das Arbeitsverhältnis und macht es für den Arbeitnehmer unmöglich, Arbeitsleistung während der Bindungsdauer zu erbringen, entfällt nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Rückzahlungspflicht (BAG vom 06.05.1998, 5 AZR 535/97, EzA § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, Nr. 19). Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 162 BGB ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass eine Rückzahlungsverpflichtung nicht besteht, wenn die Ursache für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers zuzuordnen ist. Dies kann auch zu bejahen sein, wenn der Arbeitgeber durch vertragswidriges Verhalten den Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst.

25

Nach den vorstehenden Grundsätzen hat die Beklagte 1/4 der Fortbildungskosten zu tragen. Die Rückzahlungsvereinbarung vom 23.10.1997 ist wirksam, lediglich die Bindungsdauer war auf ein Jahr zu reduzieren.

26

Die Beklagte beanstandet zu Unrecht, dass die Höhe der Fortbildungskosten für sie nicht erkennbar gewesen sei. Nr. 2 der Vereinbarung ergibt, dass sich die Fortbildungskosten neben den Lehrgangskosten aus Reisekosten und Vergütungsfortzahlung zusammensetzen. Die letzten beiden Positionen waren für die Beklagte ohne weiteres zu errechnen. Die weiteren Lehrgangskosten für die Verwaltungsschule der Innungskrankenkasse lagen bei Lehrgangsbeginn in der Größenordnung fest und waren bei Interesse für die Beklagte erfragbar. Die Höhe der Fortbildungskosten ist damit ausreichend konkret umschrieben.

27

Die Beklagte hat durch die Fortbildung und Prüfung einen geldwerten, beruflichen Vorteil erlangt, den sie am Arbeitsmarkt einsetzen kann. Lehrgang und Prüfung dienten der Qualifikation für den gehoben Dienst im Krankenkassenbereich. Entsprechend wurde die Beklagte, bisher Verwaltungsobersekretärin, zum 01.09.1998 als Verwaltungsinspektorin eingestuft. Lehrgang und Prüfung sind für die berufliche Qualifikation von bleibendem Wert und nicht nur im IKK-Bereich, sondern im gesamten Krankenkassenbereich einsetzbar. Dem steht nicht entgegen, dass die Fortbildung inzwischen umgestaltet ist zum Studium als Krankenkassenbetriebswirt. Veränderungen von Fortbildung und Qualifikation sind nicht ungewöhnlich und machen erfahrungsgemäß "veraltete" Qualifikationen nicht wertlos. Ob es der Beklagten konkret gelungen ist, Vergütungsvorteile aus der Fortbildung zu ziehen, ist unerheblich. Ausreichend ist die zu bejahende Chance auf einen geldwerten Vorteil.

28

Die zulässige Bindungsdauer war auf ein Jahr zu beschränken. Nach Auffassung der Kammer können die Fortbildungsabschnitte, finanziert durch die IKK ... und durch die Klägerin, nicht als Einheit bewertet werden. Die Fortbildungsvereinbarung basiert zwar auf der Fortbildungsvereinbarung zwischen der Beklagten und der IKK ..., die Beklagte hat bei der Klägerin die bereits 1996 begonnene Fortbildung fortgeführt und beendet. Ziffer 4 der Vereinbarung vom 23.10.1997 verknüpft auch Arbeitsverhältnisse zu einzelnen Innungskrankenkassen in der Weise, dass nur ein Wechsel zu einem Arbeitgeber außerhalb des IKK-Bereichs die Rückzahlungspflicht auslöst. Arbeitgeberwechsel innerhalb des IKK-Systems ist rückzahlungsunschädlich. Die Beklagte hat davon profitiert - der Wechsel von der IKK ... zur Klägerin hat keine Rückzahlungsverpflichtung ausgelöst. Das ist aber nicht ausreichend, um die Gesamtfortbildung als Einheit zu bewerten und der Berechnung der Bindungsdauer zugrunde zu legen.

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Zulässigkeit und Dauer von Bindungsklauseln sind abhängig von den Aufwendungen, die der Arbeitgeber als Vertragspartner getragen hat. Als Gegenleistung für die Aufwendungen soll er während der Bindungsdauer die erhöhte Qualifikation in Anspruch nehmen können oder bei vorzeitigem Ausscheiden Rückzahlungen erhalten. Abzustellen ist damit auf die. Aufwendungen, die der Arbeitgeber konkret getragen hat. Da die Klägerin und die IKK ... eigenständige juristische Personen sind, die Klägerin der IKK ... keine Fortbildungskosten erstattet hat, ist allein auf das Vertragsverhältnis der Parteien ab 01.01.1998 abzustellen. Nur für die Kosten, die die Klägerin selbst getragen hat, kann sie Gegenleistung verlangen. Die siebenwöchige Fortbildung einschließlich Prüfung in 1998 rechtfertigt dann aber nur eine Bindungsdauer von einem Jahr. Die Vereinbarung der sechsunddreißigmonatigen Bindungsdauer ist unwirksam. In Anwendung von § 139 BGB und Ziffer 6 der Vereinbarung vom 23.10.1997 ist der Vertrag anzupassen auf die angemessene Bindungsdauer von zwölf Monaten.

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Da die Beklagte nach Bestehen der Prüfung neun volle Monate für die Klägerin gearbeitet hat, hat sie 3/12 der Fortbildungskosten zu tragen. In der Aufstellung vom 30.03.1999 sind die Reisekosten und Gehaltskosten konkret auf gelistet, die Beklagte hat nicht substanziiert bestritten. Die Lehrgangskosten sind durch Schreiben des IKK-Bildungszentrums vom 25.03.1999 nachgewiesen. Die Gesamtkosten belaufen sich damit auf 12.708,75 DM, von denen die Klägerin 1/4 zu tragen hat.

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Gegenüber der Rückzahlungsverpflichtung kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Klägerin habe sie durch vertragswidriges Verhalten aus dem Dienstverhältnis herausgedrängt. Darlegungspflichtig ist insoweit die Beklagte. Ihr Vortrag ergibt aber keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte für treuwidriges Verhalten der Klägerin.

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Die Beklagte hat zwei Personalgespräche aus November 1998 angeführt, nachdem ihr Lebensgefährte das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, um zu einer Betriebskrankenkasse zu wechseln. Aus diesen Gesprächen ist lediglich vorgetragen, dass die Beklagte am 09.11. mit der Frage konfrontiert worden ist, wie es weitergehen solle, am 10.11.1998 soll von Klägerseite mit Blick auf Wettbewerbsgründe die Frage aufgeworfen worden sein, ob das Arbeitsverhältnis fortgeführt werden könne. Außer einer möglicherweise überzogen bewerteten Wettbewerbsproblematik ist hier nicht erkennbar, dass die Beklagte im November und in der Folgezeit unsachgemäß unter Druck gesetzt wurde. Die Mitarbeiterbeurteilung vom 15.01.1999 ist im allgemeinen Teil durchschnittlich bis leicht unterdurchschnittlich, in der Bewertung des Führungsverhaltens deutlich unterdurchschnittlich. Das erteilte Zeugnis vom 30.04.1999 stimmt mit dieser Beurteilung überein. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beurteilung objektiv falsch ist und die Beklagte bewusst abqualifiziert werden sollte. Weil die Beurteilung in der Tendenz negativ ist, insbesondere in der Bewertung des Führungsverhaltens, ergibt auch die Ablösung der Beklagten als Abteilungsleiterin und ihr Einsatz als Sachbearbeiterin keinen Anhaltspunkt für ein treuwidriges Klägerverhalten. Eine andere Bewertung wäre nur möglich, wenn dargelegt und nachgewiesen würde, dass die Beklagte durch die Beurteilung bewusst negativ abqualifiziert werden sollte. Gerade dafür ergeben sich aber aus ihrem Vortrag keine ausreichenden Anhaltspunkte. Die Beklagte ist auf eigenen Wunsch zwecks Arbeitsgeberwechsels durch Aufhebungsvertrag aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden und damit zur anteiligen Rückzahlung verpflichtet.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Die Revisionszulassung erfolgt gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 9.531,56 DM festgesetzt. Die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes beruht auf § 3 ZPO.