Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.03.2001, Az.: 12 Sa 1134/00
Anspruch der Mitarbeiter an den Spieltischen auf Beteiligung an den im Automatenspielsaal einer Spielbank gegebenen Trinkgeldern
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 27.03.2001
- Aktenzeichen
- 12 Sa 1134/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 10920
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2001:0327.12SA1134.00.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 06.11.2002 - AZ: 5 AZR 487/01
Amtlicher Leitsatz
Kein Anspruch der Mitarbeiter an den Spieltischen auf Beteiligung an den im Automatenspielsaal einer Spielbank gegebenen Trinkgeldern.
In dem Rechtsstreit
hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 27.03.2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 05. April 2000 - 3 Ca 190/99 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Streitwert: unverändert.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte betreibt mehrere Spielbänken in ... Der Kläger, welcher Mitglied der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen ist, steht seit dem 01. Oktober 1978 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin in einem Arbeitsverhältnis als Croupier und wird in der Spielbank ... beschäftigt. Zugrunde liegt der Vertrag vom 25. Oktober 1978 (Fotokopien Bl. 13 - 15 d. A.).
Neben den Tischspielen ist in der Spielbank ... ein Automatenspielsaal eingerichtet. In der Vergangenheit waren dort im Gegensatz zur Praxis des "großen Spiels" Tronc-Behälter zur Aufnahme von Trinkgeldern nicht aufgestellt. Zuwendungen wurden vielmehr dem dort tätigen Personal unmittelbar geqeben, welches die Trinkgelder unter sich aufteilte.
Das Niedersächsische Innenministerium als Aufsichtsbehörde für die Beklagte ordnete unter dem 30. November 1998 folgendes an:
In allen Automatenspielsälen sind verschlossene Troncbehälter aufzustellen. Das spieltechnische Personal (Automatenmechaniker, Automatenaufsichten, Kassenpersonal) ist zu verpflichten, alle von Besuchern ihnen oder der Spielbank gewidmete Zuwendungen den Troncbehältern zuzuführen. Die nach Abführung der Troncabgabe verbleibenden Beträge sind entsprechend § 4 Abs. 3 NSpielbG zu verwalten und zu verwenden.
Die Beklagte schloss mit der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen am 01. März 1999 mit Wirkung vom 01. Januar 1999 einen neuen Tronc- und Gehaltstarifvertrag, welcher unter anderem bestimmt:
§ 2, Tronc-Aufkommen
1.
Zuwendungen, die von Besuchern der Spielbank den bei der Spielbank tätigen Arbeitnehmern für die Gesamtheit oder für bestimmte Teile der Arbeitnehmer oder für die Spielbank oder ohne ersichtliche Zweckbestimmung am Spieltisch und an den Spielkassen gegeben werden, sind den dafür aufgestellten Behältern unmittelbar zuzuführen; sie bilden den A.-Tronc bei den Tischspielen und den C.-Tronc beim Automatenspiel.§ 5 b Vergütung der Mitarbeiter der Gruppe C und Verteilung des C.-Tronces
...
2.
Zur Vergütung der Mitarbeiter der Gruppe C gehört außerdem das monatliche Troncaufkommen des C.-Troncs jeder Spielbank, das auf die Mitarbeiter der Gruppe C der entsprechenden Spielbank gleichmäßig aufgeteilt wird, nach Abzug der Beträge, die gemäß § 3 Ziff. 2 dem Fonds zur betrieblichen Altersversorgung zuzuführen sind. Die Auszahlung erfolgt entsprechend § 5 Ziff. 3 Manteltarifvertrag, spätestens bis zum 12. des Folgemonats.
Mit seiner am 30. März 1999 beim Arbeitsgericht Oldenburg eingereichten Klage begehrt der Kläger Zahlung der Mehrvergütung, die sich ergeben würde, wenn die Beklagte in den Jahren 1995 bis 1998 die im Automatenspielsaal eingegangenen Trinkgelder dem Tronc zugeführt und entsprechend verteilt hätte. Er errechnet sich einen zu zahlenden Betrag in Höhe von 24.000,00 DM. Darüber hinaus verlangt er Auskunft über die Einspielergebnisse der Automatensäle der Spielbanken ... und ... sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihm den gesamten Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden sei, dass die Beklagte die Kontrolle und Verwaltung der in den Automatensälen erwirtschafteten Trinkgelder unterlassen habe.
Der Kläger hat geltend gemacht, obwohl der Beklagten seit langem die Praxis der Trinkgeldzuwendungen im Automatenspielsaal bekannt gewesen sei, habe sie nichts unternommen, um die Trinkgelder entsprechend der früheren tariflichen Regelung des Tronc- und Gehaltstarif Vertrages vom 11. Januar 1996 dem Tronc zuzuführen und entsprechend zu verteilen. Insoweit schulde die Beklagte ihm weitere Vergütung bzw. Schadensersatz.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von DM 24.000,00 nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu verurteilen,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen,
- a)
dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Einspielergebnisse in den Automatensälen der Spielbanken ... und ...
hilfsweise, im Automatensaal der Spielbank ... in den Jahre 1995, 1996, 1997 und 1998 sowie in den zurückliegenden Monaten des Jahres 1999, und zwar durch Vorlage der finanzamtlich geprüften Belege über die Einspielergebnisse und die internen Umsatz Statistiken,
- b)
an den Kläger den sich aufgrund der Auskünfte ergebenden Vergütungsanteil für die Jahre ab 1995, soweit dieser durch den Antrag zu 1) nicht abgedeckt ist, nachzuzahlen
sowie
festzustellen,
dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den gesamten darüber hinaus gehenden Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist, dass die Beklagte in der Vergangenheit eine Kontrolle und Verwaltung der in den Automatensälen erwirtschafteten Trinkgelder unterlassen hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, in der Vergangenheit seien alle Beteiligten davon ausgegangen, dass im Automatenspielsaal nennenswerte Trinkgelder nicht anfielen. Davon sei auch der Gesetzgeber des Niedersächsischen Spielbankgesetzes ausgegangen. Dementsprechend erfasse der alte Tronc- und Gehaltstarifvertrag von 1996 die Trinkgelder im Automatenspielsaal nicht. Es komme deshalb auch keine Verteilung entsprechend dieser tarifvertraglichen Regelungen in Betracht. Im übrigen ergebe sich auch bei Annahme einer Pflicht, das Trinkgeldaufkommen zu erfassen und zu verwalten, keine daraus abzuleitende Pflicht es entsprechend der tarifvertraglichen Regelung zu verteilen. Schließlich habe der Kläger auch die tarifvertragliche Ausschlussfrist versäumt soweit Ansprüche vor Dezember 1998 geltend gemacht würden.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 129 R. - 131 R. d. A.) sowie den Inhalt der zu den Akten 1. Instanz gelangten Schriftsätze und Anlagen der Parteien verwiesen.
Das Arbeitsgericht Oldenburg hat durch das am 05. April 2000 verkündete, hiermit in Bezug genommene Urteil (Bl. 129 - 134 R. d. A.) die Klage kostenpflichtig abgewiesen und den Streitwert auf 36.000,00 DM festgesetzt.
Es hat angenommen, die erhobenen Ansprüche stünden dem Kläger nicht zu. Er könne sein Verlangen auf den Tronc- und Gehaltstarifvertrag vom 11. Januar 1996 nicht stützen. Dieser Tarifvertrag gelte zwar aufgrund der beiderseits bestehenden Tarifgebundenheit, indes seien Ansprüche des Klägers soweit sie den Zeitraum bis einschließlich 30. November 1998 beträfen mangels Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist des § 15 des Manteltarifvertrages vom 11. Januar 1996 verfallen. Danach unterlägen nämlich alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (Manteltarifvertrag, Tronc- und Gehaltstarifvertrag sowie Reisekostenordnung) einer Ausschlussfrist von 3 Monaten, gerechnet vom Ende des Monats an, in dem der Anspruch entstanden sei. Dies bedeute im Hinblick auf das klägerische Geltendmachen mit Schreiben vom 17. März 1999, dass die vor Dezember 1998 entstandenen Ansprüche nicht erfasst würden und verfallen seien.
Jedoch stehe dem Kläger auch für Dezember 1998 ein Vergütungsanspruch auf der Grundlage der §§ 5, 7 des Tronc- und Gehaltstarif Vertrages vom 11. Januar 1996 - Tronc- und Gehaltstarifvertrag alt - nicht zu. Dieser Tarifvertrag erfasse nämlich das Trinkgeldaufkommen im Automatensaal nicht, wie eine Auslegung des Tarifwerkes ergebe. Zwar schließe der Wortlaut, der in § 2 getroffenen Regelungen über das Tronc-Aufkommen die im Automatenspielsaal gegebenen Zuwendungen nicht aus. Aus dem Zusammenhang des Tarifwerkes erschließe sich jedoch, dass ein Wille der Tarifvertragsparteien diese Zuwendungen dem Tronc zuzuführen und zu verteilen, nicht bestanden habe. Der Tarifvertrag enthalte nämlich keine Verteilungsregelungen hinsichtlich der im Automatenspielsaal beschäftigten Mitarbeiter. Sie partizipierten an dem Tronc-Aufkommen nicht. Sie erhielten nämlich Festgehälter. Zwar würden 25 % des Tronc-Aufkommens einem besonderen Tronc zugeführt, aus dem die Festgehälter - sofern er eine ausreichende Deckung aufweise - gezahlt würden. Die Höhe des Trinkgeldaufkommens habe aber keinen Einfluss auf die Höhe des Entgeltes der dort Beschäftigten. Im Gegensatz dazu erhielten die im "großen Spiel" beschäftigten Mitarbeiter wie der Kläger ein Garantiegehalt und darüber hinausgehend - entsprechend ihres Punktranges - einen Anteil am Trinkgeldaufkommen. Flössen die im Automatensaal gegebenen Trinkgelder dem Tronc-Aufkommen zu, so hätte dies zur Folge, dass das Gehalt der Mitarbeiter im "großen Spiel" anstiege, während das derjenigen im Automatensaal unverändert bliebe. Diejenigen, deren Leistung durch den Zuwendungsgeber honoriert werden solle, gingen leer aus. Eine solche widersinnige Regelung könnten die Tarif Vertragsparteien nicht gewollt haben. Das belege auch die Tarifgeschichte. Der nachfolgende Tronc- und Gehaltstarifvertrag vom 01. März 1999 - Tronc- und Gehaltstarifvertrag neu - enthalte nämlich ausdrückliche Regelungen über die Zuführung der im Automatenspielsaal gegebenen Zuwendungen in einen Tronc (C.-Tronc) und dessen Verteilung an die im Automatenspielsaal tätigen Mitarbeiter. Hätten die Tarifvertragsparteien die hier streitige Frage der Einbeziehung bereits in dem vom Kläger angenommenen Sinne im vorhergehenden Tarifvertrag geregelt, wäre die getroffene Regelung im nachfolgenden Tarifwerk überflüssig. Schließlich belege auch die amtliche Begründung des Niedersächsischen Spielbankgesetzes die Einschätzung aller Beteiligten - dazu gehörten auch die Tarifvertragsparteien - im Automatenspielsaal erfolge kein nennenswertes Trinkgeldaufkommen. Auch spreche die praktische Tarif Übung gegen die vom Kläger begehrte Einbeziehung, denn vor dem Hintergrund einer paritätisch besetzen Tronc-Verwaltung (§ 12 Tronc- und Gehaltstarifvertrag alt) sei es nicht vorstellbar, dass die Trinkgelder dem Tronc nicht zugeführt worden seien, wenn die Beteiligten von deren Einbeziehung ausgegangen wären.
Dem Kläger stünden auch keine Schadensersatzansprüche zu. Zwar bestimme § 4 des Niedersächsischen Spielbankgesetzes, dass Zuwendungen der Besucher an die Spielbank oder an das spieltechnische Personal - zu dem auch die Mitarbeiter im Automatenspielsaal zu zählen seien - unverzüglich den in der Spielbank dafür aufgestellten Behältern (Tronc) zuzuführen seien. Die nach Abzug der Troncabgabe zu verbleibenen Beträge habe danach der Spielbankunternehmer für das bei ihm beschäftigte Personal zu verwalten und zu verwenden. Hieraus folge die Pflicht der Beklagten, Vorkehrungen zu treffen, die sicherstellten, dass Zuwendungen in der gesetzlich vorgesehenen Weise einem Tronc zugeführt und auf das Personal verteilt würden. Diese Pflicht dürfte die Beklagte verletzt haben indem sie es unterlassen habe, auch Tronc-Behälter im Automatenspielsaal aufzustellen. Damit sei an sich die Grundlage eines Schadensersatzanspruches gegeben. Es bestehe jedoch nicht die Verpflichtung der Beklagten, dieses Aufkommen dem bestehenden Tronc zuzuführen. Denn nur aus dem Unterlassen dieser Pflicht könne dem Kläger ein Schaden in Form eines geringeren Entgeltes erwachsen sein. Weder aus dem Tarifvertrag noch dem Spielbankgesetz ergebe sich eine Rechtspflicht der Beklagten, das Tronc-Aufkommen im Automatenspielsaal dem im Tronc- und Gehaltstarifvertrag alt geregelten Tronc zuzuführen und nach den dortigen Kriterien zu verteilen. Das Gesetz lasse zu, mehrere Troncs einzurichten. Es müsse lediglich sichergestellt werden, dass die Zuwendungen in einem Tronc münden. Dementsprechend hätte die Beklagte für die Mitarbeiter des Automatensaales einen eigenen Tronc einrichten und unter Festlegung entsprechender Kriterien auf die dort beschäftigten Mitarbeiter verteilen können. Es liege nahe, dass die Beklagte in dieser Weise verfahren wäre. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz stehe dem nicht entgegen. Die Beklagte habe unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der Gruppe im "großen Spiel" und der Gruppe der Mitarbeiter im Automatenspielsaal treffen können. Dies schon vor dem Hintergrund, dass für die eine Gruppe die Verteilung tarifvertraglich geregelt sei, während für die andere Gruppe eine solche Regelung nicht bestehe. Fehle es an einer Grundlage für das klägerische Begehren, so stehe ihm auch kein Auskunftsanspruch zu.
Gegen das ihm am 07. Juni 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Juni 2000 Berufung eingelegt und diese am 21. Juli 2000 begründet.
Er macht insbesondere geltend, das Arbeitsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass Ansprüche bis einschließlich 30. November 1998 verfallen seien. Entscheidend für die Fälligkeit im Rahmen von tariflichen Ausschlussfristen sei, dass der Geschädigte überhaupt vom Eintritt des Schadensereignisses Kenntnis erlange. Die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, welche den Anspruch auf einen höhere Gehaltszahlung begründeten habe er - der Kläger - erst im Januar 1999 erlangt, so dass die Ausschlussfristen eingehalten seien. Im übrigen stehe auch die Anwendung tariflicher Ausschlussfristen unter dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Demgemäß dürfe sich die Beklagte nicht auf die Ausschlussfrist berufen, da sie pflichtwidrig Informationen vorenthalten habe, indem sie dem Kläger nicht mitgeteilt habe, dass erhebliche Trinkgeldbeträge im Automatenbereich erwirtschaftet worden seien.
Im übrigen erfaßten die §§ 5 und 7 des Tronc- und Gehaltstarif Vertrages vom 11. Januar 1996 auch das Trinkgeldaufkommen im Automatensaal. Zum einen weiche das Arbeitsgericht Oldenburg vom eindeutigen Wortlaut des § 2 Tronc- und Gehaltstarifvertrag ab. Es erschließe sich auch aus dem Gesamtzusammenhang des Tarifwerkes keineswegs, dass ein Wille der Tarifvertragsparteien die Trinkgelder im Automatenbereich dem Tronc zuzuführen und entsprechend der Regelung zu verteilen, nicht bestanden habe. Nicht berücksichtigt habe das Arbeitsgericht Oldenburg bei seiner Auslegung zudem, dass ein erhebliches Missverhältnis zwischen den Gehältern der im Lebendbereich beschäftigten Mitarbeiter und der im Automatenbereich beschäftigten Mitarbeiter bestehe, welche zusätzlich zu den tarifvertraglich vereinbarten Gehältern die Trinkgelder behalten dürften. An die Mitarbeiter im Lebendbereich zahle die Beklagte hingegen lediglich den dort erwirtschafteten Tronc und zwar als Gehalt, so dass ein Garantiegehalt nicht wie bei den Automatensaal-Mitarbeitern gesondert zusätzlich gezahlt werde.
Zu unrecht sei das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass dem Kläger keine Schadensersatzansprüche zustünden. Fehlerhaft sei, dass aus dem Unterlassen der Pflicht Zuwendungen aus dem Automatenbereich dem Tronc zuzuführen, dem Kläger kein Schaden in Form eines geringeren Entgelts entstanden sein könne. Wie bereits dargelegt, sei die Beklagte nämlich gemäß § 2 des Tronc- und Gehaltstarif Vertrages verpflichtet, sämtliche Trinkgelder dem Tronc zuzuführen.
Schließlich habe das Arbeitsgericht Oldenburg auch zu Unrecht einen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verneint. Der Kläger als Croupier sei mit der Stellung des spieltechnischen Personals im Automatenbereich vergleichbar. Bei beiden Gruppen handele es sich um spieltechnisches Personal mit Überwachungsaufgaben. Da beide Gruppen vergleichbar seien, könne die Beklagte gerade nicht ohne billigenswerten Grund schlechtere Regelungen für eine der beiden Gruppen treffen. Die Ungleichbehandlung liege darin, dass die Trinkgeldbeträge im Lebendbereich in einen Tronc eingingen, aus dem sodann nach einem bestimmten Schlüssel alle Arbeitnehmer beteiligt würden, während die Mitarbeiter im Automatenbereich erwirtschaftete Trinkgelder allein unter sich aufteilen könnten und zwar bis zum 31.12.1999 sogar steuerfrei. Schließlich gebiete der Gleichbehandlungsgrundsatz auch, dass der Kläger Zahlungen aus dem Tronc erhalte, die nicht um 25 % gekürzt seien. Die unterbleibende Kürzung des Troncs im Automatensaal um 25 % auch nach dem 01. Januar 1999 beinhalte eine Ungleichbehandlung.
Wegen weiterer Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Klägers wird auf dessen Schriftsätze vom 21. Juli 2000 (Bl. 170 - 177 d. A.) sowie vom 25. März 2001 (Bl. 206 - 210 d. A.) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 05.04.2000, Aktenzeichen: 3 Ca 190/99, aufzuheben und
- 1.
die Beklagte zur Zahlung eines Betrages in Höhe von DM 24.000,00 nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu verurteilen,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen,
- a)
dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Einspielergebnisse in den Automatensälen der Spielbanken ...
hilfsweise: Im Automatensaal ... den Jahren 1995 bis einschließlich 1999 und zwar durch Vorlage der finanzamtlich geprüften Belege über die Einspielergebnisse und die internen Umsatzstatistiken,
- b)
an den Kläger den sich aufgrund der Auskünfte ergebenden Vergütungsanteil für die Jahre ab 1995, soweit dieser durch den Antrag zu 1) nicht abgedeckt ist, nachzuzahlen,
- 3.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den gesamten darüber hinaus gehenden Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist, dass die Beklagte in der Vergangenheit eine Kontrolle und Verwaltung der in den Automatensälen erwirtschafteten Trinkgelder unterlassen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 26. September 2000 (Bl. 192 - 195 d. A.).
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden und angenommen, dass dem Kläger keine Ansprüche auf Beteiligung am Trinkgeldaufkommen im Automatensaal zustehen. Dem folgt die Kammer mit der Maßgabe, dass es auf die Einhaltung der tariflichen Ausschlussfrist nach dem Manteltarifvertrag nicht ankommt.
Das Landesarbeitsgericht schließt sich im wesentlichen der Begründung des erstinstanzlichen Gerichts an und sieht von einer nochmaligen ausführlichen Darlegung der Rechtslage deshalb gemäß § 543 Abs. 1 ZPO ab.
Im Hinblick auf die Angriffe der Berufung ist ergänzend noch folgendes auszuführen:
Dahinstehen kann, ob der Kläger in Bezug auf seine vermeintlichen Ansprüche die tariflichen Ausschlussfristen des Manteltarifvertrages von 1996 eingehalten hat, denn die vom Kläger verfolgten Ansprüche sind nicht gegeben, so dass sich ein Eingehen auf Ausschlussfristen erübrigt.
Wie das Gericht erster Instanz in seinem sorgfältig begründeten Urteil angenommen hat (Seite 7 unten bis Seite 9 mitte des Urteils) steht dem Kläger der geltend gemachte weitere Vergütungsanspruch auf der Grundlage der §§ 5, 7 des Tronc- und Gehaltstarif Vertrages vom 11. Januar 1996 nicht zu, weil dieser Tarifvertrag das Trinkgeldaufkommen im Automatensaal nicht erfasst. Auf diese zutreffenden Ausführungen nimmt die Berufungskammer Bezug und pflichtet ihnen im vollem Umfange bei (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Hinzuzufügen bleibt noch, dass auch in § 2 Nr. 1 Tronc- und Gehaltstarifvertrag 1996 von "aufgestellten Behältern" die Rede ist, welche den Tronc bilden. Diese fehlten im Automatenbereich, so dass auch dieser Umstand für die vom Arbeitsgericht gewonnene Auslegung spricht. Ferner wird das Tronc-Aufkommen unter Mitwirkung der abrechnenden "Tischmannschaften" täglich festgestellt. Solche gibt es aber nur im Spielbetrieb A und nicht im Automatenbereich (Spielbetrieb B). Da laut zutreffender Auslegung des Arbeitsgerichts der Tronc- und Gehaltstarifvertrag vom 11.01.1996 das Trinkgeldaufkommen im Automatensaal nicht erfasst, ergibt sich für den Kläger auch kein tariflicher Nachzahlungsanspruch.
Des weiteren hat das Arbeitsgericht auch mit Recht Schadensersatzansprüche des Klägers verneint. Den überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (vgl. S. 9 mitte bis Seite 10 unten) schließt sich das Landesarbeitsgericht an. Lediglich hinzuzufügen bleibt, dass es im übrigen auch am erforderlichen Verschulden für einen Schadensersatzanspruch fehlen dürfte, denn obwohl die Beklagte unter ständiger örtlicher Aufsicht durch das Finanzamt steht, gab es vor 1998 keinerlei konkrete Beanstandungen hinsichtlich des Trinkgeldaufkommens im Automatensaal. Nähere Umstände, die ein Verschulden der verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagte begründen würden, hat der Kläger im übrigen auch nicht vorgetragen.
Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Die Nicht-Regelung der Verteilung des Trinkgeldaufkommens im Automatenspielsaal vor 1999 durch die Parteien des Tarifvertrages verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, denn es sind sachlich einleuchtende Gründe für eine Herausnahme aus dem allgemeinen Tronc vorhanden. Als sachlich einleuchtender Grund ist anzuerkennen, dass beim Lebendspiel typischerweise Trinkgeld erwartet und auch gegeben wird, während eine solche Handhabung beim Automatenspiel in der Regel fehlt. Allein deshalb bestand auch für die Tarifvertragsparteien vor der Anordnung des Finanzministeriums keine Veranlassung, nähere Einzelheiten zu regeln, da man offensichtlich davon ausging, dass Trinkgeld nur in geringer Höhe und sporadisch anfiel.
Der Kläger kann auch aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten ab dem Jahre 1999 nicht verlangen, dass das Trinkgeldaufkommen im Automatensaal dem Troncaufkommen des A.-Troncs hinzugeschlagen wird. Der Tronc- und Gehaltstarifvertrag von 1999 enthält unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der Verteilung des Troncaufkommens bei den Tischspielen (A.-Tronc) und beim Automatenspiel (C.-Tronc). Die unterschiedliche Regelung der Tronc-Verwendung ist anhand des Gleichheitssatzes zu überprüfen, denn die Tarifvertragsparteien sind unmittelbar an den Gleichheitssatz der Verfassung gebunden. Die vorhandene unterschiedliche Behandlung der im Spielbetrieb A und im Spielbetrieb C tätigen Arbeitnehmer im Hinblick auf die Troncverwendung bedarf deshalb in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 GG eines sachlichen Grundes. Will man nicht bereits die unterschiedlichen Strukturen von Tischspiel und Automatenspiel für eine Differenzierung als ausreichend ansehen, so liegt eine Ungleichbehandlung doch nur insoweit vor, als beim A.-Tronc lediglich 75 % zur Verteilung kommen, während es beim C.-Tronc 100 % sind. Diese unterschiedliche Aufteilung kann aber nicht dazu führen, dass die Trinkgelder aus dem C.-Tronc dem A.-Tronc zugeschlagen und mit diesem zusammen verteilt werden. Es ist nämlich unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn die Verteilung der Trinkgelder jeweils separat für den Bereich erfolgt, in welchem sie anfallen. Die unterschiedliche Verteilungsmodalität im C.-Tronc kann für den Kläger als Angehörigen des A.-Troncs doch allenfalls dazu führen, dass in seinem Tronc die Verteilung entsprechend derjenigen im C.-Tronc vorgenommen wird. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des klägerischen Begehrens, welcher sowohl mit seinem Zahlungsantrag als auch den Auskunftsanträgen verlangt, dass die Trinkgelder im Automatenspielsaal denjenigen des Lebendspieles zugeschlagen und entsprechend verteilt werden. Dies kann er auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht verlangen, da es als sachgerecht angesehen werden muss, für die unterschiedlichen Bereiche des Tischspiels und des Automatenspiels getrennte Troncs einzurichten.
Die Berufung war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.