Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.08.2001, Az.: 5 Sa 241/01
Betriebsbedingte Kündigung bei Kündigung eines nicht rentablen Auftrags vor dem vereinbarten Vertragsende durch den Arbeitnehmer
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 20.08.2001
- Aktenzeichen
- 5 Sa 241/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 10914
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2001:0820.5SA241.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Wilhelmshaven - 12.12.2000 - AZ: 2 Ca 821/00
Rechtsgrundlage
- § 1 Abs. 2 KSchG
Amtlicher Leitsatz
Entscheidet der Arbeitgeber, einen nicht (mehr) rentablen Auftrag (hier: Bewachungsauftrag) vor dem vereinbarten Vertragsende zu kündigen, muss er bei einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung grundsätzlich selbst dann von einem dauerhaften Auftragsverlust ausgehen, der einen nicht nur vorübergehenden Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten nach sich zieht, wenn er sich zu erhöhten Preisen um den erneut ausgeschriebenen Auftrag bewirbt (in Abgrenzung zu BAG 12.04.2002 - 2 AZR 256/01: Beteiligung an der Neuausschreibung während eines noch laufenden ungekündigten Reinigungsauftrags; wie hier LAG Niedersachsen 30.07.2001 - 11 Sa 234/01 n.v.).
Tenor:
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigungen der Beklagten zum 31.03.2001 beendet worden ist.
Der Kläger war seit 1991 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in W als Wachmann beschäftigt. Sein monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt 4.952,37 DM. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der für allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im Lande Niedersachsen Anwendung. Weiter ist das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.12.1996 geregelt, in dem unter Ziffer 10 der Vertragsbedingungen Folgendes festgelegt ist:
"Der Arbeitnehmer unterliegt hinsichtlich seines Arbeitseinsatzes dem betrieblichen Direktionsrecht. Er kann auf vergleichbaren wechselnden Arbeitsstellen beschäftigt werden.
Dienstzeiten und Orte werden zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer in gegenseitiger Absprache festgelegt. Diese Absprache bedarf nicht der Schriftform."
Die Parteien haben auf dem Formular des Arbeitsvertrages unter der Rubrik "Beschäftigungsort" keine Eintragung vorgenommen. Sie haben sich mündlich darauf geeinigt, dass der Kläger für die in S eingestellt wird.
Die Beklagte betreibt insgesamt an 13 Standorten ein Bewachungsgewerbe. Zur Niederlassung O gehörten bis zum August 2000 auch die sechs Objekte am Standort W mit insgesamt 67 Arbeitnehmern.
Mit Schreiben vom 26.05.2000 kündigte die Standortverwaltung W die Bewachungsaufträge für zwei Bewachungsobjekte zum 31.08.2000 ganz und für ein weiteres zum Teil, was zur Kündigung von 24 Mitarbeitern der Beklagten in W führte. Mit Schreiben vom 14.07.2000 kündigte die Beklagte gegenüber der Standortverwaltung W, um für die noch bestehenden Bewachungsaufträge insgesamt bessere Konditionen zu erhalten.
Die Bewachungsobjekte wurden von der Standortverwaltung W erneut ausgeschrieben. Die Beklagte gab ein Angebot mit aus ihrer Sicht besseren Konditionen ab, erhielt die Aufträge aber nicht.
In der Folgezeit kündigte die Beklagte allen in W beschäftigten Arbeitnehmern. Der Kläger erhielt Kündigungen vom 18.07.2000, vom 23.08.2000 sowie vom 26.09.2000 zum 31.03.2001. Die dagegen gerichteten Klagen bzw. Klageerweiterungen gingen am 02.08., 13.09. und 23.10.2000 beim Arbeitsgericht Wilhelmshaven ein.
Im Zuge jeder Kündigungswelle zeigte die Beklagte dem Arbeitsamt W die Massenentlassung nach § 17 KSchG an, zuletzt mit Schreiben vom 23.02.2001. Der auf den letzten Antrag bezogene positive Bescheid des Arbeitsamts W, der der Beklagten vorab mündlich mitgeteilt worden ist, datiert vom 06.03.2001.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Er hat bestritten, dass dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung bedingt hätten. Er hat ferner die fehlende Bevollmächtigung des die Kündigung vom 18.07.2000 unterzeichnenden P gerügt und schließlich den Standpunkt eingenommen, die Kündigungen seien auch nach § 102 BetrVG unwirksam, weil die Beklagte den Betriebsrat nicht angehört habe.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 18.07.2000 zum 31.03.2001 sein Ende finden werde, sondern darüber hinaus fortbestehe,
- 2.
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 23.08.2000
zum 31.03.2001 sein Ende finden werde,
- 3.
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 26.09.2000 zum 31.03.2001 sein Ende finden werde.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse sozial gerechtfertigt. Nach der Kündigung der Bewachungsaufträge durch sie habe eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers am Standort W nicht mehr bestanden. Sie habe zu diesem Zeitpunkt auch nicht davon ausgehen können, dass sie diese Aufträge wiedererhalte, so dass sie sich von den Mitarbeitern habe trennen müssen. Da allen Mitarbeitern am Standort W gekündigt worden sei, habe auch keine soziale Auswahl unter den in W beschäftigten Arbeitnehmern durchgeführt werden müssen. Mit den Arbeitnehmern in O, B und B sei der Kläger nicht vergleichbar, so dass diese nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen seien. Die Erstreckung der sozialen Auswahl scheitere bereits daran, dass der Kläger nicht kraft Direktionsrechts nach B oder O habe versetzt werden können, da Ziffer 10 des Arbeitsvertrags dem entgegenstehe.
Die Kündigung sei auch nicht nach § 102 BetrVG unwirksam, weil seit dem 01.06.1998 kein Betriebsrat mehr existiert habe. Schließlich könne dahinstehen, ob die Kündigungserklärung vom 18.07.2000 deshalb unwirksam sei, weil sie nicht von einem Vertretungsberechtigten unterzeichnet worden sei. Zumindest bei der letzten Kündigung vom 26.09.2000, die von dem Geschäftsführer K unterzeichnet worden sei, habe ein solcher Mangel nicht vorgelegen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 12.02.2000 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Kündigungen seien wegen dringender betrieblicher Erfordernisse sozial gerechtfertigt. Der Arbeitsplatz des Klägers sei aufgrund der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten, die in W verbliebenen Bewachungsaufträge zu kündigen, entfallen. Diese unternehmerische Entscheidung sei auf Dauer angelegt. Dem stehe nicht entgegen, dass sich die Beklagte bei der Neuvergabe der Aufträge durch die Standortverwaltung erneut beworben habe. Es sei nämlich ungewiss, ob die Beklagte Aufträge zur Bewachung desselben Objektes oder eines Teiles davon erhalten würde. Sollte dies der Fall sein, hätten die Arbeitnehmer möglicherweise einen Anspruch auf Wiedereinstellung, ohne dass dadurch die Wirksamkeit der Kündigung berührt sei. Anderweitige freie Arbeitsplätze für den Kläger seien im Betrieb oder Unternehmen nicht ersichtlich.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses leide auch nicht an einer fehlerhaften sozialen Auswahl. Da in W alle Arbeitnehmer die Kündigung erhalten hätten, habe es keiner Auswahlentscheidung bedurft. Ob die in O und B beschäftigten Arbeitnehmer inhaltlich vergleichbar seien, könne dahinstehen. Der Kläger sei nämlich mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern schon deshalb nicht vergleichbar, weil er nach Ziff. 10 der Vertragsbedingungen des Arbeitsvertrages einseitig kraft Direktionsrechts weder nach O noch nach B habe versetzt werden können. Im Arbeitsvertrag sei geregelt, dass dies nur nach Absprache möglich sei. Dies schließe einen Austausch des Klägers mit Arbeitnehmern der anderen Standorte durch arbeitgeberseitiges Direktionsrecht aus.
Gegen dieses ihm am 23.01.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.02.2001 Berufung eingelegt und diese am 16.03.2001 begründet.
Er ist weiterhin der Auffassung, die fristgemäßen Kündigungen seien unwirksam. Die unternehmerische Entscheidung, den Vertrag am Standort W zu kündigen, sei willkürlich gewesen. An der Neuausschreibung der Bewachungsaufträge habe sich die Beklagte nur pro forma beteiligt. Im Übrigen hätten für den Kläger zum Beispiel in Br anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden, so dass die Kündigung nicht erforderlich gewesen sei. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 20.08.2001 unter Vorlage des Originalarbeitsvertrages darauf hingewiesen, dass der Beschäftigungsort nicht festgelegt sei, und daraus den Standpunkt abgeleitet, dass der Kläger mit an anderen Orten beschäftigten Arbeitnehmern vergleichbar sei.
Schließlich ist der Kläger der Auffassung, die angegriffene Kündigung vom 18.07.2000 sei unwirksam, weil die für eine Massenentlassung nach § 17 KSchG erforderliche Anzeige an das zuständige Arbeitsamt nicht erfolgt sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven zum Az. 2 Ca 821/00, verkündetet am 12.12.2000, zugestellt am 23.01.2001, aufzuheben sowie festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigungen der Beklagten vom 18.07.2000, 23.08.2000 und 26.09.2000, jeweils zum 31.03.2001 sein Ende finden werde, sondern darüber hinaus fortbestehe.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt im wesentlichen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 11.04.2001 sowie vom 04.06.2001 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen, so dass auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nach § 543 ZPO Bezug genommen werden kann.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen beschränkt sich das Berufungsgericht auf folgende ergänzende Erwägungen:
Zumindest die letzte Kündigung vom 26.09.2000 ist wirksam und das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.03.2001 beendet, so dass die Wirksamkeit der beiden vorangegangenen Kündigungen vom 18.07.2000 sowie vom 23.08.2000 dahinstehen kann.
Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, weil der Kläger bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, länger als sechs Monate beschäftigt war (§§ 23 Abs. 1, 1 Abs. 1 KSchG).
Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam, weil sie nicht sozial ungerechtfertigt ist. Die Kündigung ist vielmehr durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten entgegenstehen, nach § 1 Abs. 2 KSchG bedingt.
Die Arbeitsplätze der Beklagten in Wilhelmshaven sind zum einen durch die teilweise Kündigung der Überwachungsaufträge durch die und zum anderen durch die sich daran anschließende Kündigung der restlichen Bewachungsaufträge durch die Beklagte zum 31.03.2001 entfallen. Dadurch bestand für den Kläger sowie für sämtliche weiteren Sicherheitskräfte der Beklagten in W keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr.
Bei der Kündigung der restlichen Bewachungsaufträge in Raum W durch die Beklagte handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung, die hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit gerichtlicher Nachprüfung entzogen ist. Die unternehmerische Entscheidung kann nur dann nicht zur Grundlage einer Kündigung ausreichen, wenn sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG in ständiger Rechtsprechung, vgl. etwa Urteil vom 09.05.1996 - 2 AZR 438/95 - NZA 1996, 1145 [BAG 09.05.1996 - 2 AZR 438/95]). Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Entscheidung der Beklagten, die restlichen Aufträge zu kündigen, weder willkürlich noch mutwillig, sondern im Gegenteil sachlich gerechtfertigt. Die Kündigung der restlichen Bewachungsaufträge erfolgte, weil die bisherigen Konditionen die Kosten nicht gedeckt haben. Die wirtschaftlichen Überlegungen der Beklagten ergeben sich aus ihrem Schreiben an die Standortverwaltung vom 04.04.2000, das als Anlage zum Schriftsatz vom 15.01.2001 mitgeteilt und somit zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht worden ist.
Die Bewerbung der Beklagten um die Neuvergabe der Bewachungsaufträge zu veränderten Konditionen ändert nichts daran, dass die Beklagte im Kündigungszeitpunkt vom 26.09.2000 von einem dauerhaften Auftragsverlust ausgehen musste. Wird eine Kündigung auf die künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt, so kann sie ausgesprochen werden, wenn die betrieblichen Umstände konkrete und greifbare Formen angenommen haben. Davon ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszugehen, wenn aufgrund einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung bei Ausspruch der Kündigung absehbar ist, zum Zeitpunkt des Vertragsendes werde mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erfordernden betrieblichen Grundes gegeben sein (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. z. B. Urteil vom 03.09.1998 - 8 AZR 306/97 -NZA 1999, 147; s. auch LAG Niedersachsen 16.02.2001 - 3 Sa 1487/00 - sowie Kiel/Koch, Die betriebsbedingte Kündigung Rn. 125 m. w. N.). Entgegen der reinen Auftraggeberkündigung, die etwa der Entscheidung des LAG Niedersachsen vom 16.02.2001 -a. a. O. - zugrunde gelegen hat, wäre es im vorliegenden Fall nicht nur unrealistisch, sondern bei einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung geradezu unvertretbar gewesen, wenn die Beklagte davon ausgegangen wäre, dass sie trotz der Preiserhöhung den Zuschlag für die Bewachungsaufträge erhalten würde. Vielmehr musste sie jedenfalls im Zeitpunkt der letzten Kündigung davon ausgehen, dass sie für den Kläger sowie für die insgesamt ca. 67 Mitarbeiter in W über den 31.03.2001 hinaus keine Beschäftigungsmöglichkeiten würde anbieten können. Auch die 11. Kammer des LAG Niedersachsen ist in einer Parallelsache davon ausgegangen, dass es der Beklagten nicht zuzumuten gewesen sei, mit den Kündigungen bis zum 31.03.2001 abzuwarten, sofern ungewiss sei, ob sie den Neuauftrag bekomme (Urteil vom 30.07.2001 - 11 Sa 234/01).
Die Kündigung ist auch nicht unwirksam, weil der Kläger im Bereich anderer Bewachungsobjekte in O, B oder Br weiterbeschäftigt werden könnte. Der Kläger hat zwar pauschal behauptet, in Br seien Arbeitsplätze frei. Dieses Vorbringen ist jedoch unsubstantiiert, denn der Kläger hat nicht dargelegt, bei welchen Objekten im Kündigungszeitpunkt Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden hätten. Dies wäre erforderlich gewesen, da die Beklagte dargelegt hat, dass auch in anderen Objekten für den Kläger ebenso wenig wie für seine Kollegen Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden hätten, durch deren Zuweisung - gegebenenfalls im Wege der Änderungskündigung - die Kündigung hätte abgewandt werden können (ebenso die Feststellung des LAG Niedersachsen vom 30.07.2001 - 11 Sa 234/01 - im Parallelprozess).
Schließlich ist die Kündigung auch nicht wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass eine soziale Auswahl zwischen den Arbeitnehmern in W entbehrlich gewesen sei, weil die Beklagte allen dort beschäftigten Arbeitnehmern gekündigt habe.
Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, andere Arbeitnehmer der Standorte O, B oder Br in die soziale Auswahl miteinzubeziehen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestimmt sich der Kreis, der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen. Zu prüfen ist daher, ob einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, die Funktion anderer Arbeitnehmer im Wege des Direktionrechts zugewiesen werden kann. An einer Vergleichbarkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig (ohne Vertragsänderung oder Änderungskündigung) auf einen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann. Zur Bestimmung der Vergleichbarkeit ist daher auf die Grundsätze zur Abgrenzung zwischen Direktionsrecht und Änderungskündigung zurückzugreifen (BAG 29.03.1990 AP Nr. 50 zu § 1 KSchG 1969, Betriebsbedingte Kündigung; Kiel/Koch a. a. O. Rn. 300 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Der Kläger ist für den Beschäftigungsort S im Bereich W eingestellt worden. Der Beschäftigungsort S ist zwar im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich festgelegt worden, worauf der Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat. Allerdings hat der Kläger bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 15.08.2000 vorgetragen, dass eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden sei, die nach dem Arbeitsvertrag auch mündlich zulässig ist. Haben die Parteien im Arbeitsvertrag vereinbart, dass der Arbeitseinsatz nur an einem bestimmten Ort erfolgen soll, so bedeutet diese bewusste Beschränkung des Einsatzortes des Klägers eine Beschränkung des Direktionsrechts der Beklagten (vgl. BAG Urteil vom 17.02.2000 - 2 AZR 142/99 - NZA 2000, 822 = DB 2000, 1339). Nach den vereinbarten Arbeitsvertragsbedingungen war es der Beklagten verwehrt, den Kläger ohne sein Einverständnis an andere Beschäftigungsorte, z. B. nach O, B oder Br, zu versetzen. Der Einsatzort S befindet sich im Raum W. Nach Ziff. 10 der Vertragsbedingungen des Arbeitsvertrages konnte der Kläger durch betriebliches Direktionsrecht auf vergleichsweise wechselnden Arbeitsstellen in W beschäftigt werden. Der Dienstort W hätte gemäß Ziff. 10 Abs. 2 der Vertragsbedingungen allerdings im gegenseitigen Einvernehmen geändert werden müssen. Damit war das Einsatzgebiet des Klägers auf W und die dort vorhandenen Überwachungsobjekte der Beklagten beschränkt. Für einen darüber hinausgehenden Einsatz hätte es einer Änderungskündigung bedurft, so dass sich die Sozialauswahl auf die an anderen Standorten beschäftigten Arbeitnehmer nicht erstreckt hat.
Da die Beklagte vor der Entlassung ausweislich des im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheids vom 06.03.2001 die Massenentlasung zum 31.03.2001 angezeigt hat, bestehen auch keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Entlassung nach § 17 KSchG.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.