Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.12.2001, Az.: 17 Sa 310/01

Unfall im Rahmen einer Beförderung der Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers im betriebseigenen Fahrzeug, das auch dem Transport von Arbeitsmitteln dient

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
03.12.2001
Aktenzeichen
17 Sa 310/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 25252
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2001:1203.17SA310.01.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 27.03.2002 - AZ: 8 AZN 117/02

Amtlicher Leitsatz

Verursacht ein Arbeitnehmer bei der gemeinsamen Heimfahrt von einer auswärtigen Arbeitsstelle einen Unfall, bei dem ein Arbeitskollege verletzt wird, so stellt dies eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 105 Abs. 1 SGB VII dar, wenn die Beförderung der Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers im betriebseigenen Fahrzeug, das auch dem Transport von Arbeitsmitteln diente, erfolgte und die Fahrzeit vom Arbeitgeber wie Arbeitszeit bezahlt wurde, mithin die Fahrt Teil der betrieblichen Organisation war. In diesem Fall ist der Arbeitnehmer seinem Arbeitskollegen nicht gem. § 105 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz SGB VII zum Ersatz des Personenschadens verpflichtet. Die Entsperrung der Haftungsbeschränkung gem. § 105 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz SGB VII greift bei einem Unfall auf einem solchen Betriebsweg auch dann nicht ein, wenn der Versicherte mit Duldung des Arbeitgebers durch einen Betriebsangehörigen in dem betriebseigenen Fahrzeug nach Hause gefahren werden sollte.

In dem Rechtsstreit
hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 03.12.2001
durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Knauß und
den ehrenamtlichen Richter Hudemann und
die ehrenamtliche Richterin Bruns
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 17.01.2001 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Mit seiner am 24.08.2000 beim Landgericht eingegangen Klage vom 21.08.2000, die auf Antrag des Klägers - nach richterlichem Hinweis - an das Arbeitsgericht abgegeben wurde, macht der Kläger gegen die Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall vom 05. Dezember 1999 geltend.

2

Der Beklagte zu 1) war der Fahrer des Unfallfahrzeugs, eines Klein-LKW der Firma ... T., bei der der Kläger und der Beklagte zu 1) zum Unfallzeitpunkt beschäftigt waren, die Beklagte zu 2) ist die Haftpflichtversicherung des Halters des Fahrzeuges.

3

In der Nacht vom 04. auf den 05. Dezember 1999 befanden sich der Kläger und der Beklagte zu 1) sowie ein weiterer Mitfahrer, Herr ... S. (ein Arbeitnehmer der Firma K.) auf der Heimfahrt von einem Arbeitseinsatz in N., wo sie Bodenverlegungsarbeiten in einem Supermarkt nach Geschäftsschluss ausgeführt hatten. Der Beklagte zu 1) hatte für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr für seinen Arbeitgeber Bodenverlegungsarbeiten in Supermärkten ausgeführt. Die Arbeiten wurden jeweils nachts ausgeführt, damit der Supermarkt in seinen Öffnungszeiten nicht beeinträchtigt wurde. Der Kläger oder der Beklagte zu 1), die als einzige Arbeitnehmer der Firma T. einen Führerschein hatten, fuhren jeweils das Fahrzeug des Arbeitgebers zur Baustelle und transportierten Material und gegebenenfalls weitere Arbeitnehmer. Auch am Vorabend des Unfalltages fuhren der Kläger und der Beklagte zu 1) den mit Material beladenen Transporter nach N. Die Fahrzeit gehörte zur Arbeitszeit und wurde einschließlich der Rückfahrzeit dementsprechend vom Arbeitgeber bezahlt. Am Unfalltag war - wie üblich - geplant, dass entweder der Kläger den Beklagten zu 1) oder dieser den Kläger nach Hause fahren und anschliessend das Fahrzeug bei sich zu Hause abstellen sollte. Wer jeweils das Firmenfahrzeug mit nach Hause nahm, hing von dem Arbeitseinsatz am nächsten Tag ab. Gegen 02:30 Uhr am Morgen des 05. Dezember 1999 kam sodann auf der Rückfahrt das Fahrzeug auf der B 73 zwischen W. und C. in Höhe des Grundstücks M. in einer Rechtskurve nach links von der Fahrbahn ab, stieß gegen zwei gemauerte Pfeiler, überschlug sich und kam auf den Dach liegend zum Stillstand. Bei dem Unfall kam der Mitfahrer S. ums Leben, der Kläger wurde verletzt. Am Unfallort hatte sich Glätte durch überfrierende Nässe gebildet. Kurz vor dem Unfallort hatte der Beklagte zu 1) einen PKW überholt. Der Fahrer dieses PKW, ... G., erklärte, er sei zum Zeitpunkt des Überholens mit ca. 70 bis 80 Stundenkilometer gefahren. Gegenüber der ermittelnden Staatsanwaltschaft erklärte der Fahrer G. später, ihm sei nicht aufgefallen, dass die Nässe der Fahrbahn teilweise überfroren war bzw. begonnen hatte, zu überfrieren. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit an der Unfallstelle betrug 100 km. Streitig ist zwischen den Parteien, welches die zulässige Höchstgeschwindigkeit für das Unfallfahrzeug (LKW D. - ... -)war.

4

Der Unfall wurde von der zuständigen Bauberufsgenossenschaft als Arbeitsunfall anerkannt (Bl. 215 der Gerichtsakte sowie Bl. 212 der Gerichtsakte).

5

Das Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten zu 1) wegen fahrlässiger Körperverletzung endete mit einem Strafbefehl (Bl. 271 ff. der Ermittlungsakte der StA zum Az. 111 Js 24596/99 a).

6

Das Arbeitsgericht hat - soweit zweitinstanzlich noch von Interesse - die auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klage mit Urteil vom 17.01.2001 abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt und den Streitwert auf 50.700,00 DM festgesetzt. Wegen der Gründe, die das Arbeitsgericht zu seiner Entscheidung geführt haben, wird auf die angefochtene Entscheidung (Bl. 67 bis 71 d. A.) inhaltlich Bezug genommen. Gegen dieses ihm am 05.02.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.03.2001 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese - nach Fristverlängung bis zum 23.04.2001 - am 23.04.2001 begründet.

7

Der Kläger behauptet, er habe gemeinsam mit dem Beklagten zu 1) eine Fahrgemeinschaft gebildet. Das Unfallfahrzeug sei von ihrem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden, damit sie nicht mit ihren Privatfahrzeugen zur Arbeitsstelle fahren mussten. Zum Zeitpunkt des Unfalls sei der Beklagte zu 1) mit annähernd 100 Stundenkilometern gefahren. Er, der Kläger, habe sich bei dem Unfall umfangreiche Verletzungen zugezogen. Er ist deshalb der Ansicht, die Beklagten seien verpflichtet, ihm sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall zu ersetzen sowie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe mit 80.000,00 DM angemessen sei, zu zahlen.

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Der Kläger beantragt daher,

  1. 1.

    unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stade - 2 Ca 1021/00 - vom 17.01.2001 die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, dem Kläger für die bei dem Verkehrsunfall vom 06.12.1999 erlittenen Verletzungen ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 4 % Zinsen auf den Schmerzensgeldbetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

  2. 2.

    unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stade - 2 Ca 1021/00 - vom 17.01.2001 festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die aus dem Verkehrsunfall vom 05.12.1999 in Zukunft entstehen, zu ersetzen, soweit diese nicht auf den Sozialversicherungsträger oder durch andere Dritte übergehen.

9

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

10

Sie rügen die Zulässigkeit des gestellten Feststellungsantrags (zu 2)) hinsichtlich möglicher materieller und immaterieller Zukunftsschäden und beziehen sich im Übrigen auf den Haftungsausschluss des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Sie bestreiten ein fahrlässiges Verhalten des Beklagten zu 1).

11

Das Berufungsgericht hat die Ermittlungsakte der StA Stade (Az: 111 Js 24596/99 a) beigezogen und eine Auskunft der zuständigen Berufsgenossenschaft ... (Bl. 212 ff. der Gerichtsakte) hinsichtlich der Anerkennung des Unfalls eingeholt.

Gründe

12

I.

Die frist- und formgerechte Berufung ist innerhalb der gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG verlängerten Begründungsfrist auch ordnungsgemäß begründet worden und damit insgesamt zulässig.

13

II.

1.

Der Antrag zu 1) ist unbedenklich zulässig (Palandt-Thomas, BGB-Kommentar, 60. Aufl., Rz 14 zu § 847). Es kann dahinstehen, ob der Antrag zu 2) in der gestellten Form zulässig, mithin das Feststellungsinteresse gegeben ist, denn die Klage ist insgesamt unbegründet (vgl. Stein/Jonas, ZPO-Kommentar, 21. Auflage 1997, Rz 120 zu § 256 und Zöller, ZPO-Kommentar, 22. Auflage, Rz 7a zu § 256).

14

2.

Der Kläger kann von den beiden Beklagten weder Ersatz seiner materiellen Personenschäden noch Zahlung eines Schmerzensgeldes gemäß §§ 823, 847 BGB für seine am 05.12.1999 erlittenen Verletzungen verlangen, weil gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII jegliche Haftung des Beklagten zu 1) für Personenschäden des Klägers und damit auch der Beklagten zu 2) als des Haftpflichtversicherers für das Unfallfahrzeug ausgeschlossen ist.

15

2.1

Bei Arbeitsunfällen ist die Haftung durch die Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung eingeschränkt. Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebes verursachen, sind diesen nach anderen gesetzlichen Vorschriften, zu denen auch die §§ 823, 847 BGB gehören, zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben, § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Sinn und Zweck der Haftungseinschränkung besteht darin, Haftungsstreitigkeiten unter den Betriebsangehörigen im Interesse des Betriebsfriedens zu vermeiden und den Arbeitgeber, der den Unfallversicherungsschutz finanziert, von Freistellungs- und Erstattungsansprüchen nach den Regeln über den innerbetrieblichen Schadensausgleich zu entlasten. Dafür erhält der Verletzte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, auch in Fällen, in denen der Arbeitskollege nicht oder nicht voll haften würde (BAG Urteil vom 14.12.2000 - 8 AZR 92/00 - NZA 2001, 549, 550 [BAG 14.12.2000 - 8 AZR 92/00] m.w.N.).

16

2.2

Der Beklagte zu 1) (Unfallverursacher) und der Kläger waren Arbeitnehmer des selben Betriebes und gehörten damit zu den gesetzlich Versicherten (§ 2 Abs. 1 Ziffer 1 SGB VII). Zwischen den Parteien besteht auch kein Streit darüber, dass der Kläger die Verletzungen bei einem von dem Beklagten zu 1) im Sinne des § 105 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz 2. Alternative SGB VII "herbeigeführten" Versicherungsfall (§ 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 SGB VII) erlitten hat und sich die Verletzung des Klägers damit für diesen als ein Arbeitsunfall darstellt. Nachdem die zuständige Berufsgenossenschaft (...) eine entsprechende Entscheidung getroffen und den Unfall als Arbeitsunfall anerkannt hat, bedarf es insoweit auch keiner weiteren Begründung, vielmehr ist die Kammer an diese Feststellung gebunden (§ 108 SGB VII). Der Kläger macht zweitinstanzlich auch nur noch Ersatz seiner (materiellen und immateriellen) Personenschäden/Schmerzensgeld geltend.

17

3.

Sind die Voraussetzungen der Haftungsablösung somit grundsätzlich erfüllt, so kommt eine Pflicht der Beklagten zum Ersatz von Personenschäden allein auf Grund der Ausnahme des § 105 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz SGB VII in Betracht, nämlich wenn der Beklagte zu 1) den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt hätte. Das ist jedoch zu verneinen.

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3.1

Der Beklagte zu 1) hat den Arbeitsunfall nicht vorsätzlich herbeigeführt. Der Kläger hat auch keinen Vorsatz geltend gemacht. Auch wenn der Beklagte zu 1), was streitig ist, die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten haben sollte, ergibt sich daraus kein billigendes Inkaufnehmen des Unfalls im Sinne eines bedingten Vorsatzes. Vielmehr gehen beide Parteien davon aus, dass sich der Unfall auf Grund von Glatteisbildung ereignete. Zwischen den Parteien ist insoweit lediglich streitig, ob der Beklagte zu 1) mit der Glatteisbildung rechnen und seine Fahrgeschwindigkeit entsprechend anpassen musste. Auf den Grad der Fahrlässigkeit kommt es nicht an.

19

3.2

Der Beklagte zu 1) hat den Versicherungsfall auch nicht auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt (§ 105 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz 2. Alternative SGB VII).

20

3.2.1

Im Streitfall liegt keine das Gericht gegebenenfalls nach § 108 SGB VII bindende Entscheidung zu der Frage vor, ob es sich bei der Unglücksfahrt um einen Arbeitsunfall nach § 8 (1) SGB VII oder einen sonstigen Versicherungsfall (Wegeunfall) nach § 8 (2) SGB VII handelte. Aus dem Bescheid der Berufsgenossenschaft, der dem Kläger erteilt wurde (Bl. 215 f. d. A.), ergibt sich nur, dass der Unfall als Arbeitsunfall anerkannt wurde. Die Unterscheidung hat für die Entschädigung des Versicherten i.d.R. keine Bedeutung. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch nicht darauf, ob der Schädiger den Schaden durch eine betriebliche Tätigkeit verursacht hat (vgl. Brockmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3/1 Gesetzliche Unfallversicherung, Stand August 2001, Rz 10 zu § 108). Denn es ist Sache des zuständigen Gerichts, festzustellen, ob der in Anspruch genommene Schädiger das Haftungsprivileg in Anspruch nehmen kann (Küttner-Reinecke, 2001, Arbeitsunfall Rz 17). Auch aus der Auskunft der Berufsgenossenschaft, der Unglücksfall sei mit "60" geschlüsselt worden, da es sich um Wegeunfälle im Straßenverkehr gem. § 8 SGB VII gehandelt habe, ergibt sich nicht eindeutig, ob ein Versicherungsfall nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 8, SGB VII angenommen wurde. Davon abgesehen, handelt es sich offenbar um eine für interne (andere) Zwecke gefertigte Angabe, die gegenüber den Beklagten i.R.d. § 105 SGB VII nicht bindend ist und schon gar nicht das Gericht gem. § 108 SGB VII bindet.

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3.2.2

Bei wörtlichem Verständnis des § 105 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz zweite Alternative in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 SGB VII liegt es nahe, dass Arbeitnehmer untereinander bei Unfällen, die beim Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit passieren, stets unbeschränkt haften. Indessen ist bei der Auslegung des § 105 Abs. 1 Satz SGB VII davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine dem bis dahin geltenden Recht (§§ 636 Abs. 1, 637 Abs. 1 RVO) entsprechende Regelung hat schaffen wollen (vgl. Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch - Unfallversicherungseinordnungsgesetz - BT - Drucks. 13/2204 Seite 100; BGH vom 12.10.2000 - III ZR 39/00 - NJW 2001, 442 f.; Marschner, BB 1996, 2090, 2091; Waltermann, NJW 1997, 3401, 3402; Rohlfs, NJW 1996, 3177 [BVerwG 31.08.1995 - 5 C 9/95]). Durch die Neuregelung ist an die Stelle des gemäß § 636 Abs. 1 Satz 1/637 Abs. 1 Satz 1 RVO maßgeblichen Abgrenzungsmerkmals, dass "der Arbeitsunfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten ist", die Entsperrung der Haftungsbeschränkung für den Fall, dass der Unfall auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt worden ist (§ 104 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 105 Abs. 1 Satz 1 jeweils letzter Halbsatz 2. Alternative SGB VII), getreten. Die Wegeunfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII sind von der Haftungsbeschränkung ausgenommen worden, weil die betrieblichen Risiken dort keine Rolle spielen und dem Versicherten unter diesen Voraussetzungen möglicherweise bestehende weitergehende Ansprüche nicht abgeschnitten werden sollten. Folgerichtig umfasst die Ausnahme von der Haftungsbeschränkung (§ 105 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 SGB VII) andererseits nicht sogenannte Betriebs- oder Arbeitswege, die Teil der den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit und somit bereits gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII versicherte Tätigkeit sind (BGH vom 12.10.2000, a.a.O. m.w.N. zur Literatur; so auch Rohlfs, ebd., 3179 und Waltermann, a.a.O.). Für die Unterscheidung, ob der Versicherungsfall bei einem - in die Haftungsbeschränkung der §§ 104 Abs. 1 Satz 1, 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII einbezogenen - Betriebsweg oder bei einem - von der Haftungsbeschränkung ausgenommenen - nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 VII versicherten Weg eingetreten ist, kann hinsichtlich der Abgrenzungskriterien die zu § 636 Abs. 1 Satz 1, § 637 Abs. 1 RVO ergangene Rechtsprechung herangezogen werden (so BGH vom 12.10.2000 a.a.O. m.w.N. auch zu abweichenden Auffassungen in der Literatur). Denn auch bei der Abgrenzung des innerbetrieblichen Vorgangs gegenüber der "Teilnahme am allgemeinen Verkehr" ging es darum, ob sich ein betriebliches Risiko oder ein "normales" Risiko verwirklichte, dass nach dem Willen des Gesetzgebers aus Gründen der Gleichbehandlung nicht zu einem Haftungsausschluss gegenüber dem Schädiger führen sollte (BGH v. 05.11.1991 - VI ZR 20/91 - BGHZ 116, 30, 35) [BGH 05.11.1991 - VI ZR 20/91]. Eine Teilnahme am allgemeinen Verkehr wurde nach der Rechtsprechung zu § 636 Abs. 1 Satz 1, § 637 Abs. 1 Satz 1 RVO insbesondere dann verneint, wenn die Fahrt durch die Organisation als innerbetrieblicher Vorgang gekennzeichnet oder wenn sie durch die Anordnung des Arbeitgebers zur betrieblichen Aufgabe erklärt worden war (vgl. Rohlfs, ebd., 3179 m.z.w.N. und BGH vom 22.10.1968 - VI ZR 173/67 - AP Nr. 4 zu § 637 RVO und vom 02.03.1971 - VI ZR 146/69 - AP Nr. 6 zu § 637 RVO und vom 21.12.1988 - III ZR 40/88 - AP 13 zu § 636 und vom 08.05.1973 - VI ZR 148/72 - AP Nr. 7 zu § 636 und vom 13.01.1976 - VI ZR 58/74 - NJW 1976, 673 und BGH v. 16.01.1953 - VI ZR 161/52 - BGHZ 8, 330, 337 [BGH 16.01.1953 - VI ZR 161/52] sowie BAG vom 06.11.1974 - 5 AZR 22/74 - AP Nr. 8 zu § 636 RVO).

22

Auch nach neuem Recht können daher versicherte Wegeunfälle auf Wegen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII dann nicht zur Ausnahme von der Haftungsfreistellung führen, wenn der Weg eng mit Unternehmenszwecken verbunden ist (so auch Waltermann a.a.O.) und der Arbeitgeber organisatorischen Einfluss auf diesen Weg ausübt bzw. ein Firmenfahrzeug zur Verfügung stellt (vgl. auch Krieger/Arnau, VersR 1997, 408, 409). So etwa beim organisierten Transport Versicherter in einem Betriebsfahrzeug von der Wohnung zum Betrieb (BGH v. 22.10.1968, a.a.O. und BGH v. 05.11.1991 - VI ZR 20/99 - NJW 1992, 572), oder auch wenn der Unternehmer Arbeitnehmer wegen späten Arbeitsendes (BGH v. 13.01.1976, a.a.O.) oder wegen auswärtigen Arbeitseinsatzes (BGH v. 08.05.1973, a.a.O. und BGH v. 19.12.1967 - VI ZR 6/66 - AP Nr. 2 zu § 637 RVO) mit einem Betriebsfahrzeug nach Hause bringen lässt.

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3.2.3

Der vom Kläger am 05.12.1999 erlittene Unfall ist unter Berücksichtigung der vom BGH und BAG zu §§ 636 Abs. 1 Satz 1 und 637 Absatz Satz 1 RVO bestimmten Abgrenzungskriterien und den zur neuen Rechtslage ergangenen Entscheidungen des BGH vom 12.10.2000 (a.a.O.) und des BAG vom 14.12.2000 (8 AZR 92/00, NZA 2001, 549 ff.) als Unfall auf einem Betriebsweg und damit nicht als Unfall auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg einzuordnen. Zwar ist die Fahrt zur Arbeitsstelle in der Regel Privatsache (BAG vom 25.05.2000 - 8 AZR 518/99 - NZA 2000, 1052 und BAG vom 14.12.2000, a.a.O.) Hier gelten indes Besonderheiten. Der Weg, auf dem sich der Unfall ereignete, war eng mit dem Unternehmenszweck verbunden. Aus der Sicht der beteiligten Arbeitnehmer diente die Unglücksfahrt nicht nur betrieblichen Zwecken, sondern ihre Durchführung war Teil der betrieblichen Organisation (vgl. BGH v. 05.11.1991, a.a.O.). Der Arbeitgeber hatte die Fahrt in dem Firmenfahrzeug, das auch dem Transport der Werkzeuge und anderer Arbeitsmittel diente, angeordnet und bezahlte die Fahrzeit wie Arbeitszeit. Der Bekl. zu 1) und der Kläger haben somit während der Fahrt eine arbeits- und betriebsbezogene Tätigkeit ausgeübt. Die Zurücklegung des Weges ist daher im Streitfall vergleichbar mit dem sogenannten Werksverkehr, weil er mit Rücksicht auf den Betrieb und die beruflichen Aufgaben der Beschäftigten erfolgte und jedenfalls vergleichbar einer Dienstreise, bei der eine betriebliche Tätigkeit nicht zweifelhaft wäre (so BAG vom 14.12.2000, a.a.O. und ebenso für Botengänge, Lieferfahrten, Dienst- und Geschäftsreisen KassKomm-Ricke, § 8 SGB VII Rz 124). Betriebliche Tätigkeit ist aber grundsätzlich gleichzusetzen mit versicherter Tätigkeit, § 8 Abs. 1 SGB VII. Die Unfallfahrt ist deshalb im Streitfall als zu der versicherten Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) zu zählender Betriebsweg zu beurteilen.

24

Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Arbeitnehmer in der Unfallnacht nicht zum Betriebshof, sondern nach Hause zurückfahren wollten/sollten. Auch wenn nämlich die Arbeitnehmer regelmäßig nach Arbeitsende eines auswärtigen Einsatzes mit dem Betriebsfahrzeug nach Hause gebracht wurden bzw. der Letzte das Betriebsfahrzeug bei sich abstellte, ändert dies nichts an dem Haftungsprivileg des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Auch dann, wenn der Unternehmer Arbeitnehmer wegen des späten Arbeitsendes oder wegen auswärtigen Arbeitseinsatzes mit einem Betriebsfahrzeug nach Hause bringen lässt, liegt nämlich noch ein Betriebs- oder Arbeitsweg vor, der in Ausführung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird (BGH v. 13.01.1976, a.a.O. und v. 08.05.1973, a.a.O. sowie BAG Versicherungsrecht 1967, 656, 658 f. und Rohlfs NJW 1996, a.a.O. sowie Rohlfs, DB 2001, 2294, 2298 [BFH 29.03.2001 - III R 1/99] und ErfK - Rohlfs, 2. Aufl. 2001 § 570 SGB VII RZ 23). Im Übrigen unterliegen Betriebs- und Arbeitswege denselben Grundsätzen hinsichtlich des Wegebegriffs wie § 8 Abs. 2 SGB VII bei vergleichbaren Problemen hinsichtlich Beginn und Ende des Weges, Abwegen, Umwegen etc. (KassKomm-Ricke a.a.O.) und hatten die in dem Unfallfahrzeug befindlichen Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Unfalls jedenfalls noch keine Wegeabweichung vorgenommen.

25

III.

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

26

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Knauß,
Hudemann,
Bruns