Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.09.2001, Az.: 16 Ta 281/01
Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss der ersten Instanz durch die Prozessbevollmächtigte mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwerts
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 13.09.2001
- Aktenzeichen
- 16 Ta 281/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 25254
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2001:0913.16TA281.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Celle - 28.06.2001 - AZ: 2 Ca 110/01
Fundstelle
- MDR 2001, 1442 (Volltext mit red. LS)
Amtlicher Leitsatz
- 1.)
Wenn in einer Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss 1. Instanz durch die Prozessbevollmächtigte mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwerts formuliert wird, dass die Beschwerde namens und im Auftrag der Partei eingelegt wird, so ist aus dem Gesamtinhalt der Akte zu ermitteln, wer als Beschwerdeführer gemeint ist.
Voraussetzung ist, dass klargestellt wurde, dass tatsächlich die Prozessbevollmächtigten als Beschwerdeführer angesehen werden sollen.
- 2.)
Ergibt sich aus der Akte, wer als Beschwerdeführer tatsächlich gemeint ist, so ist das Rechtsmittel für denjenigen eingelegt, der das Rechtsmittel zulässigerweise erheben konnte.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Celle vom 28.06.2001, Az. 2 Ca 110/01, teilweise abgeändert.
Der Gegenstandswert für die anwaltlichen Gebühren wird für das Verfahren auf 7.350,00 DM sowie für den Vergleich auf 9.800,00 DM festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 702,00 DM.
Gründe
Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren die Feststellung begehrt, dass ihr Arbeitsverhältnis durch Kündigung der Beklagten vom 09.02.2001 fristlos nicht beendet worden ist, sondern über den 09.02.2001 hinaus fortbesteht. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, dass die fristlose Kündigung unwirksam sei, weil hinreichende Gründe nicht vorgelegen hätten. Zum anderen sei die Kündigung deshalb unwirksam, weil sie der Schriftform bedürfe, die Schriftform jedoch nicht eingehalten sei.
In der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2001 haben die Parteien die Sach- und Rechtslage erörtert, ohne dass die Anträge gestellt wurden. In diesem Termin wies die Beklagte noch auf eine Vertragsstrafe hin, die nach dem Arbeitsvertrag geschuldet sei.
Die Parteien schlossen sodann einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit dem 09.02.2001 sein Ende gefunden hat und zwischen den Parteien nach ihren tatsächlichen Grundlagen wechselseitig keinerlei Zahlungsansprüche mehr bestünden.
Dieser Vergleich wurde rechtskräftig.
Mit Schriftsatz vom 08.06.2001 beantragten die Beschwerdeführer, den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit festzusetzen, und zwar auf 3 Bruttomonatsgehälter für das Verfahren sowie ein weiteres Bruttomonatsgehalt für den Vergleich, da die Vertragsstrafe miterledigt worden sei.
Durch Beschluss vom 28.06.2001 wurde der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für den Prozess und den Vergleich einheitlich auf 4.900,00 DM festgesetzt mit der Begründung, dass der Kläger noch keinen Kündigungsschutz gehabt habe. Dieser mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss (Bl. 76 d.A.) wurde den Beschwerdeführern am 02.07.2001 zugestellt.
Mit einem am 16.07.2001 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz wurde Beschwerde durch die Beschwerdeführer eingelegt, wobei wie folgt formuliert wurde:
Lege ich namens und im Auftrage der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Celle vom 28.06.2001, der bei mir am 02.07.2001 einging, Beschwerde ein.
Zur Begründung der Beschwerde wurde ausgeführt, dass gemäß § 12 Abs. 7 ArbGG der Streitwert auf 3 Bruttomonatsgehälter festzusetzen sei, da die unbeschränkte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ausweislich des Klageantrages geltend gemacht worden sei. Zusätzlich sei 1 Monatsgehalt für die Vertragsstrafe hinzuzurechnen.
Nach mündlichem Hinweis des Vorsitzenden wurde mit Schriftsatz vom 27.07.2001 klargestellt, dass die Streitwertbeschwerde vom 26.07.2001 im Namen des Prozessbevollmächtigten und für ihn eingelegt worden sei.
Durch Beschluss vom 30.07.2001 des Arbeitsgerichts Celle wurde der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt. Wegen des Inhalts des Beschlusses wird auf diesen (Bl. 91, 91 RS d.A.) Bezug genommen.
Zur Begründung der Beschwerde tragen die Beschwerdeführer vor, die Einlegung der Beschwerde namens und im Auftrage der Beklagten beruhe auf einer gedankenlosen Formulierung. Vielmehr sei das zulässige Rechtsmittel eingelegt worden, was auch nach telefonischem Hinweis ausdrücklich klargestellt worden sei. Die Beschwerde sei von Anfang an im eigenen Namen eingelegt worden, so dass diese nicht verfristet sei.
Im Übrigen komme es auf die Verfristung der Beschwerde nicht an, da das Arbeitsgericht zu Unrecht von einer Beschwerde gemäß § 10 Abs. 1 BRAGO ausgehe. Es handele sich vorliegend um ein Verfahren nach § 25 Abs. 2 GKG, so dass die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Beschluss rechtsfehlerhaft sei. Da gemäß § 25 GKG der Streitwert regelmäßig festzusetzen sei, sei ein gesondertes Verfahren nach der BRAGG nicht erforderlich. Fristen seien deshalb nicht einzuhalten.
In der Sache sei der Streitwert unrichtig festgesetzt worden, da es auf eine wirtschaftliche Bewertung des gestellten Antrages ankomme. Da die unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht worden sei, sei vom Höchstbetrag gemäß § 12 Abs. 7 ArbGG auszugehen.
Die Beschwerdeführer beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Celle vom 28.06.2001, AZ 2 Ca 110/01, abzuändern und den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für den Prozess auf 7.350,00 DM und für den Vergleich auf 9.800,00 DM festzusetzen.
Die Antragsgegnerin hat sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.
Die Beschwerde der Beschwerdeführer ist zulässig und begründet.
Das Gericht unterstellt ein Verfahren gemäß § 10 BRAGO. Der Beschluss vom 28.06.2001 wurde den Beschwerdeführern am 02.07.2001 zugestellt. Die hiergegen am 16.07.2001 eingelegte Beschwerde ist rechtzeitig erhoben.
Zwar haben die Beschwerdeführer formuliert, dass sie die Beschwerde namens und im Auftrage der Beklagten erheben, haben jedoch zu einem späteren Zeitpunkt klargestellt, dass die Beschwerde im eigenen Namen erhoben worden sei.
Für die Parteistellung auch im Streitwertverfahren ist nicht allein die formelle Bezeichnung in der Beschwerdeschrift maßgeblich. Ergibt sich vielmehr aus dem Gesamtinhalt der Akte, wer als Beschwerdeführer gemeint ist, so ist das Rechtsmittel für diejenigen eingelegt, die das Rechtsmittel zulässigerweise erheben konnten.
Zwar führt das Arbeitsgericht zutreffend aus, dass bei der gewählten Beschwerdeformulierung eine falsche Parteibezeichnung genannt ist, was von einem Prozessbevollmächtigten, der selbst eine höhere Streitwertfestsetzung anstrebt zu Lasten der Partei, nicht verständlich ist. Aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde vom 16.07.2001 ist jedoch ersichtlich, dass die Beschwerde im eigenen Namen eingelegt werden sollte.
Zuvor hatten die Prozessbevollmächtigten bereits die Festsetzung des Gegenstandswertes mit Schriftsatz vom 08.06.2001 beantragt. Dieses konnte allein zur Festsetzung der Gebühren der anwaltlichen Tätigkeit erfolgen und damit im Interesse der Beschwerdeführer. Wenn daraufhin ein niedrigerer Verfahrenswert angesetzt wird als beantragt und hiergegen sich sodann die Beschwerde richtet, kann es aus dem Gesamtzusammenhang nur so verstanden werden, dass eine höhere Vergütung der Prozessbevollmächtigten angestrebt wird und dieses damit allein im Interesse der Prozessbevollmächtigten liegt. Die Prozesspartei ist nicht beschwert, wenn der Streitwert zu niedrig festgesetzt worden ist. Aus diesem Grunde steht der Prozesspartei auch kein Rechtsschutzinteresse für eine Streitwerterhöhungsbeschwerde zu. Es gibt deshalb keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Partei selbst eine solche Beschwerde einlegen wollte.
Nach Klarstellung der Beschwerdeführer ist deshalb die Formulierung, die die Beschwerdeführer verwandt haben, so auszulegen, dass diese den Willen ausdrücken, ein zulässiges Rechtsmittel und damit eine Beschwerde nach § 9 BRAGO einzulegen. Die Tatsache, dass sich der Eingangssatz der Beschwerde mit der Begründung nicht in Einklang bringen lässt, ermöglicht eine Auslegung der Erklärung der Beschwerdeführer, so dass zu ihren Gunsten davon auszugehen ist, dass das zulässige Rechtsmittel eingelegt werden sollte.
Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet.
Auszugehen ist von dem Klagantrag der Klägerin, die eine unbefristete Beschäftigung geltend macht. Die Kammer kann es dahingestellt sein lassen, ob vorliegend angesichts der Kürze der Beschäftigungszeit und der Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ein geringerer Streitwert als der Höchstwert nach § 12 Abs. 7 ArbGG festzusetzen ist. Tatsache ist nämlich, dass die Begründung der Kündigungsschutzklage über das Kündigungsschutzgesetz hinaus eine weitere Begründung anführt, nämlich dass die Schriftform nicht gewahrt sei und deshalb die Kündigung insgesamt unwirksam sei.
Tatsächlich ist die Kündigung zunächst auch nur mündlich ausgesprochen worden, lediglich mit einem späteren Schreiben vom 14.02.2001 bestätigt worden, so dass insoweit tatsächlich rechtliche Bedenken bestehen könnten, ob die Kündigung aus diesen Gründen unwirksam gewesen ist (§ 623 BGB, Ziffer 13 Arbeitsvertrag).
Wenn die Klägerseite deshalb eine Unwirksamkeit geltend macht, so bezieht sich diese deshalb auf den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, so dass der Höchstbetrag gemäß § 12 Abs. 7 ArbGG festzusetzen ist.
Für den Vergleich ist wegen der Erledigungsklausel und der angekündigten Geltendmachung der Vertragsstrafe ein weiterer Betrag in Höhe von 2.450,00 DM hinzuzurechnen.
Da die Beschwerde erfolgreich ist, ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei.
Der Beschwerdewert ergibt sich aus den Rechtsanwaltsgebühren bei Errechnung der Differenz zwischen dem beantragten Streitwert sowie den festgesetzten Streitwert.
Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 78 ArbGG ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 702,00 DM.