Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.10.2001, Az.: 11 Sa 807/01
Annahme einer Erbschaft ohne Zustimmung des Arbeitgebers durch einen in der ambulanten Pflege beschäftigten Mitarbeiter von einer von ihm ambulant betreuten Person; Wirksamkeit einer fristgemäßen, verhaltensbedingten Kündigung
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 29.10.2001
- Aktenzeichen
- 11 Sa 807/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 25261
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2001:1029.11SA807.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Lüneburg - 27.04.2001 - AZ: 1 Ca 284/01
- nachfolgend
- BAG - 17.06.2003 - AZ: 2 AZR 62/02
Amtlicher Leitsatz
Die Annahme einer Erbschaft ohne Zustimmung des Arbeitgebers gemäß § 3 Abs. 3 AVR-K durch einen in der ambulanten Pflege beschäftigten Mitarbeiter von einer von ihm ambulant betreuten Person ist geeignet, einen Grund im Verhalten des Arbeitnehmers i. S. v. § 1 Abs. 1 KSchG zu bilden, wenn der Mitarbeiter trotz Abmachung die Erbschaft weder ausschlägt noch zurückgibt.
In dem Rechtsstreit
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 29.10.2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Nimmerjahn und
die ehrenamtlichen Richter H. Werner und F. Niemeier
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 27.04.2001 - 1 Ca 284/01 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristgemäßen, verhaltensbedingten Kündigung, weil die Klägerin, die in der ambulanten Pflege bei dem Beklagten tätig ist, ohne Genehmigung des Beklagten eine Erbschaft angenommen hat.
Die Klägerin ist seit dem 01.01.1990 bei dem Beklagten, der regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt, in der ambulanten Pflege mit einem monatlichen Bruttogehalt von ca. 2.700,00 DM tätig. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien finden auf das Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (AVR-K) Anwendung.
Nach § 3 Abs. 3 dieser Arbeitsvertragsrichtlinien dürfen Mitarbeiterinnen Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihre dienstliche Tätigkeit nur mit Zustimmung des Dienstgebers annehmen. Werden der Mitarbeiterin solche Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihre dienstliche Tätigkeit angeboten, so hat sie dies unverzüglich und unaufgefordert mitzuteilen.
Seit 1990 betreute die Klägerin unter anderem im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses zum Beklagten die Lebensgefährten des später verstorbenen ..., für die sie Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz erbrachte. Diese Arbeit nahm täglich ca. eine halbe bis eine Stunde in Anspruch und beinhalteten unter anderem das Waschen und das Anziehen. Bei dieser Tätigkeit lernte sie den inzwischen verstorbenen ... kennen. Aus der Bekanntschaft entwickelten sich private Kontakte. Nach und nach übernahm die Klägerin für diesen auch Tätigkeiten im Haushalt.
Ab 1995 wurde die Klägerin aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten auch für Herrn ... im Wege der häuslichen Krankenpflege, wozu das Verabreichen von Medikamenten gehörte, tätig. Seit 1996 wohnte die Lebensgefährtin des Herrn ... in einem Pflegeheim.
Die privaten Kontakte der Klägerin zu Herrn ... wurden im Laufe der Zeit stärker. Dieser verbrachte einen Teil seiner Freizeit im Kreise der Familie der Klägerin. Es gab spontane Besuche mit Kaffee und Kuchen zwischen der Familie der Klägerin und Herrn Wegener baute sich eine herzliche Beziehung auf, wobei sich das Verhältnis auch auf die Eltern der Klägerin und ihre Tochter erstreckten.
Am 06.12.1999 verstarb Herr ... und setzte in seinem Testament die Klägerin als Alleinerbin ein. Sie erbte ein Hausgrundstück, welches mit drei Pflichtteilsberechtigten beschwert ist. Von der Erbschaft machte sie dem Beklagten keine Mitteilung.
Am 27.11.2000 erteilte der Beklagte, nachdem er von der Erbschaft erfahren hatte, der Klägerin eine Abmahnung, in der er dieser vorwarf, ihm keine Mitteilung über die Erbeinsetzung gemacht und damit gegen die Bestimmung des Arbeitsvertrages verstoßen zu haben. Weiter forderte er die Klägerin auf, das Erbe auszuschlagen bzw. falls die Frist bereits verstrichen sei, das Erbe an die Angehörigen des Verstorbenen zurückzugeben. Bei Nichtbefolgung dieser Weisung, drohte er die Kündigung des Arbeitsverhältnisses an.
Die Klägerin weigere sich, das Erbe auszuschlagen oder zurückzugeben.
Mit Schreiben vom 22.01.2001 kündigte der Beklagte nach Beteiligung der Mitarbeitervertretung das Arbeitsverhältnis der Klägerin fristgemäß zum 30.06.2001.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die verhaltensbedingte Kündigung sei unberechtigt, da sie sich nicht pflichtwidrig verhalten habe.
Sie hat beantragt,
- 1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 22.01.2001 nicht zum 30.06.2001 beendet ist, sondern über den 30.06.2001 hinaus fortbesteht,
- 2.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.06.2001 hinaus fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Klägerin verstoße fortwährend gegen ihren Arbeitsvertrag, in dem sie trotz Aufforderung das Erbe, das rechtlich eine Belohnung sei und für dessen Annahme er die Genehmigung zu Recht nicht erteilt habe, nicht zurückgebe.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 22.01.2001 nicht zum 30.06.2001 beendet ist, sondern fortbesteht. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin zu 1/10 und der Beklagten zu 9/10 auferlegt und den Streitwert auf 8.100,00 DM festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Kündigung sei nicht nach § 1 Abs. 2 KSchG als verhaltensbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt, denn die Klägerin habe nicht pflichtwidrig gehandelt, als sie es unterlassen habe, das Erbe zurückzugeben. Damit habe sie nicht gegen die in § 2 Abs. 3 der AVR-K normierten Verpflichtung verstoßen, denn sie habe das Erbe nicht in Bezug auf ihre dienstliche Tätigkeit erhalten. Abzustellen sei darauf, ob der das Erbe Zuwendende sich davon habe leiten lassen, dass der Mitarbeiter eine bestimmte dienstliche Tätigkeit ausgeübt hat. Dies sei zu verneinen, wenn es andere nahe liegende Ursachen für die testamentarische Zuwendung geben könnte. Dies sei hier der Fall, weil die private Bekanntschaft zwischen der Klägerin und dem Erblasser vor der dienstlichen Pflege des Erblassers durch die Klägerin erfolgt sei. Auch sei hier zu berücksichtigen, dass der Zeitumfang der häuslichen Pflege des Erblassers durch die Klägerin nur einen geringen Umfang besessen habe und die außerdienstlichen privaten Kontakte überwogen hätten. Eine schlichte Kausalität zwischen irgendeiner dienstlichen Tätigkeit für den Erblasser sei für die Vorschrift des § 2 Abs. 3 AVR-K nicht ausreichend, da dann die Vorschrift nicht mehr bestimmbar sei. Die subjektive Willensrichtung, die der Erblasser gehabt habe, sei im Nachhinein nicht feststellbar. Wegen des Überwiegens der privaten Kontakte zwischen der Klägerin und dem Erblasser vor dem Erbfall habe die Klägerin sich nicht pflichtwidrig verhalten, als sie die Erbschaft angenommen und behalten habe. Dagegen sei der Antrag aus Ziffer 2 der Klageschrift, weil für weitere Beendigungstatbestände keine Anhaltspunkte vorliegen, als unzulässig zurückzuweisen.
Gegen dieses ihm am 16.06.2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 13.06.2001 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 10.08.2001 am 20.07.2001 begründet.
Er ist weiterhin der Auffassung, die Klägerin habe gegen ihre Dienstpflichten verstoßen, als sie trotz Abmahnung die Erbschaft nicht ausgeschlagen bzw. behalten habe. Unter Belohnungen und Geschenke im Sinne des § 3 Abs. 3 AVR seien auch Erbschaften zu verstehen. Sinn und Zweck der Bestimmungen sei, zu verhindern, dass Bürger veranlasst würden, zusätzliche Leistungen für Dienst aufzubringen, auf die sie einen Rechtsanspruch hätten. Auch sollen Bürger, die solche zusätzlichen Leistungen nicht aufbringen können, keinen Grund zu der Befürchtung haben, benachteiligt zu werden. Bereits der böse Anschein solle vermieden werden. Gerade im Bereich von Pflegetätigkeiten übe der Arbeitnehmer die Tätigkeit im Hause des Pflegebedürftigen aus. Dabei müsse er auch auf die persönlichen Belange der Pflegebedürftigen eingehen und werde automatisch von diesem in dessen persönliches Umfeld mit einbezogen. Dies könne dazu führen, dass es vertieft zu persönlichen Kontakten manchmal sogar zu Freundschaften kommt. Dies ändere aber nichts daran, dass diese persönlichen Kontakt erst durch die Arbeitstätigkeit entstanden sei. Ohne ihre Tätigkeit bei ihr hätte die Klägerin den Erblasser nicht kennengelernt und wäre von diesem nicht als Erbin eingesetzt worden. Dass es aufgrund der Pflegetätigkeit zu persönlichen Kontakten und dann vielleicht auch zu einer Freundschaft gekommen ist, stehe dem nicht entgegen. Die Vertiefung der persönlicher. Beziehung könne auch eine Folge der Durchführung von freiwilligen Leistungen sein, die kaum ein Pflegebedürftiger ablehnen werde. Insoweit bestehe möglicherweise auch ein psychologischer Druck für den Gepflegten, diese Tätigkeiten in irgendeiner Weise zu belohnen. Genau dies wolle aber die Tarifvertragsbestimmung verhindern. Er könne es sich auch nicht leisten, dass von seinen Angestellten, die in der häuslichen Pflege tätig seien, behauptet werde, diese würden sich Gegenstände oder Häuser vererben lassen.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 27.04.2001 - 1 Ca 284/01 - die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, der Erblasser habe sie nicht wegen ihrer dienstlichen Tätigkeit bedacht. Sie habe sich zunächst nicht um den späteren Erblasser, sondern um dessen Lebensgefährten gekümmert, die mit diesem in häuslicher Gemeinschaft gelebt habe. Noch 1996 habe sie den Erblasser bei der Nachlassregelung und der Beerdigung der Lebensgefährtin organisatorisch unterstützt. Damit habe sie keine Konkurrenztätigkeit zum Beklagten entfaltet, da die Pflegeversicherung diese Leistungen nicht anbiete. Sie habe gegenüber dem Erblasser vor dessen Tod in ihrem Dienstverhältnis zum Beklagten einen täglichen Pflegeeinsatz zur Tabletteneinnahme und einmal wöchentlich eine Blutdruckmessung vorgenommen. Dies sei vom Umfang her nicht sehr aufwendig. Einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit könne nur bejaht werden, wenn feststehe, dass sie ohne die dienstliche Tätigkeit die Zuwendung nicht erhalten habe. Dies sei hier nicht der Fall, da sie nur wegen ihres privaten freundschaftlichen Beziehungen bedacht worden sei. Zum Erblasser habe sie, ihre Eltern, ihr Ehemann und ihre Tochter eine enge Beziehung gehabt. Sie habe sich um seinen Haushalt gekümmert, für ihn eingekauft und Besorgungen des täglichen Lebens erledigt. Es habe auch spontane Besuche mit Kaffeetrinken und Kuchenessen gegeben. Wegen des weiteren Vorbringens insoweit wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 18.08.2001 (Bl. 104 - 107 d. A.) Bezug genommen.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch insgesamt zulässige Berufung musste Erfolg haben.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die fristgemäße Kündigung vom 06.01.2001 mit dem 30.06.2001 beendet worden.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, denn die Klägerin ist bei dem Beklagten, der regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, fast 10 Jahre tätig (§§ 3 Abs. 1, 1 Abs. 1 KschG). Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung dann sozial gerechtfertigt und damit rechtswirksam, wenn sie durch Gründe, die in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Ein Grund, der den Arbeitgeber zur verhaltensbedingten Kündigung berechtigt, liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstößt. Dabei berechtigen sowohl Verstöße gegen Haupt- als auch gegen Nebenpflichten zur Kündigung, wenn durch das Verhalten des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird. Die Beeinträchtigung kann im Leistungs- als auch im Vertrauensbereich liegen. Als verhaltensbedingter Kündigungsgrund kommt nur ein solcher Umstand in Betracht, der einen ruhig und verständigenden Arbeitgeber zur Kündigung bestimmen kann (vgl. BAG Urteil vom 02.11.1991 in AP Nr. 3 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung). Nach dem das Kündigungsschutzrecht beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist der Arbeitnehmer bei einem pflichtwidrigen Verhalten grundsätzlich zunächst abzumahnen, es sei denn, die Abmahnung ist nicht erfolgsversprechend (vgl. KR - Etzel § 1 KSchG Anmerkung 425 m. w. N.).
Diese Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung der Klägerin liegen vor.
Die Klägerin hat gegen ihre Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag verstoßen, als sie ohne Genehmigung des Beklagter, die Erbschaft des verstorbener Emil Wegener angetreten und diese trotz Abmahnung weder ausgeschlagen noch zurückgegeben hat.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (AVK-K) Anwendung, denn die Parteien haben die Anwendung dieser Arbeitsvertragsrichtlinien im Arbeitsvertrag vereinbart. Nach § 3 Abs. 3 dieser Richtlinien dürfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihre dienstliche Tätigkeiten nur mit Zustimmung der Dienstgeberin bzw. des Dienstgebers annehmen. Die Vorschrift stimmt inhaltlich mit § 10 BATüberein.
Ein Geschenkt ist jede freiwillige unentgeltliche Zuwendung, die einen Vermögenswert besitzt, also den Empfänger bereichert, ohne, dass von ihm eine Gegenleistung erwartet wird. Das Verbot, Belohnungen oder Geschenke ohne Zustimmung des Arbeitgebers anzunehmen, gilt auch für die Begünstigung durch letztwillige Verfügungen.
Das Tatbestandsmerkmal "Belohnungen oder Geschenke" ist denkbar weit gefasst und das Tatbestandsmerkmal "Annehmen" ist nicht rechtstechnisch im Sinne einer rechtsgeschäftlichen Annahmeerklärung zu verstehen. Sinn und Zweck des § 3 Abs. 3 der AVR-K lassen eine einschränkende Auslegung dahingehend nicht zu, wonach letztwillige Verfügungen von dem Genehmigungsvorbehalt ausgenommen wären denn Sinn und Zweck der Bestimmung liegen darin, eine saubere und unbestechliche Diensterfüllung zu gewährleisten. Die Person, die einen Pflegedienst in Anspruch nimmt, soll nicht veranlaßt werden, zusätzliche Leistungen für Dienste aufzubringen, auf die sie einen Rechtsanspruch hat. Weiter sollen auch diejenigen, die solche zusätzlichen Leistungen nicht aufbringen können, keinen Grund zu der Befürchtung haben, benachteiligt zu werden. Beide Regelungsziele lassen sich nur erreichen, wenn Belohnungen und Geschenke jeder Art unterbleiben, gleichgültig, in welcher Form sie versprochen und ob sie dem Angestellten schon zu Lebzeiten oder erst nach dem Tode des Versprechenden zufließen. Ein Zusammenwirken zwischen dem Belohnenden und dem Belohnten ist nicht erforderlich (vgl. BAG vom 17.04.1984 - 2 AZR 97/82 - in AP Nr. 1 zu § 10 HAT m. w. N.).
Die Klägerin war verpflichtet, den Erbfall durch den Erblasser dem Beklagter, zeitnah anzuzeigen, da es sich dabei um ein Geschenk bzw. eine Belohnung für vorausgegangene Dienste handelt.
Demgegenüber kann die Klägerin nicht einwenden, dass sie bereits vor 1996, als sie den Erblasser im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses zum Beklagten gepflegt hat, gekannt hat. Denn unstreitig hat die Klägerin die Bekanntschaft des Erblassers dadurch gemacht, dass sie als Arbeitnehmerin des Beklagten die Pflege des früheren Lebensgefährten des Erblassers übernommen hat. Damit hat sie den Erblasser über ihre dienstliche Tätigkeit kennengelernt und ihre dienstliche Tätigkeit auch bei der Pflege des Erblassers ab dem Jahre 1996 bis zu dessen Tode fortgesetzt.
Unerheblich ist, ob im Rahmen der vorausgegangenen Betreuung der verstorbenen Lebensgefährtin des Erblassers und dann später des Erblassers selbst sich zwischen der Klägerin und diesen freundschaftliche Beziehungen entwickelt haben. Dies ändert nichts daran, dass die Klägerin im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben ständig Kontakt zu dem Erblasser durch Pflege von dessen Lebensgefährten und von ihm selbst gehabt hat. Dies stellt den Bezug der Erbeinsetzung zur dienstlichen Tätigkeit der Kläger dar. § 3 Abs. 3 der AVR-K will, genau wie § 10 BAT, nicht den Einzelfall regeln, sondern will die Auswirkungen solcher Belohnungen oder Geschenke verhindern. Pflegebedürftige Personen sind davor auch zu schützen, dass ihnen letztwillige Begünstigungen "nahegelegt" werden. Dabei ist unerheblich, ob die Klägerin dem Erblasser das Erbe nahegelegt hat. Entscheidend ist allein, dass auch nicht der Anschein oder nur der Verdacht bei Angehörigen oder Dritten aufkommen kann. Mit Recht weist der Beklagte darauf hin, dass nicht der Einzelfall sondern dessen Auswirkungen berücksichtigt werden müssen.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts wird die Vorschrift des § 3 Abs. 3 der AVR-K auch nicht deshalb unhandbar, weil anderweitige Vermächtnisse und Verfügungen von Todes wegen bei Pflegekräften dann nie berücksichtigt werden könnten. Im Gegenteil ist dann, wenn jedesmal die Motive des Erblassers erforscht werden müssen, die Vorschrift der Arbeitsvertragsrichtlinien nicht mehr anwendbar, da bei einem Verstorbenen der Grund für dessen letztwillige Verfügung in aller Regel nicht mehr feststellbar ist.
Die Klägerin übersieht auch, dass Grund für das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken, was auch letztwillige Begünstigungen umfaßt, auch dem Schutz derjenigen Pflegebedüftigen dient, die sich benachteiligt fühlen könnten, weil sie wegen ihrer Vermögenslosigkeit als Erblasser nicht in Betracht kommen. Zu Recht weist der Beklagte auch darauf hin, dass im Bereich des von ihm betriebenen Pflegedienstes auch nicht der Verdacht aufkommen darf, man könne bei ihm durch Zuwendung besondere Leistungen erreichen oder auch nur erleichtern (vgl. Urteil des BAG vom 17.04.1984 a. a. O.). Zu Recht wendet der Beklagte auch ein, dass dann, wenn die Klägerin die Erbschaft annehme und behalten dürfe, die Gefahr bestehe, dass Angehörige von Pflegebedürftigen, die davon Kenntnis erhalten, ihm gar keine Aufträge mehr erteilen, weil sie fürchten müssten, dass pflegebedürftige Personen zu letztwilligen Verfügungen zugunsten der Pflegenden veranlasst werden könnten.
Die Klägerin hat auch gegen diese Pflicht, die Erbschaft als Geschenk des Erblassers nicht anzunehmen, verstoßen. Zum einen hat sie dem Beklagten davon keine Mitteilung gemacht. Zum anderen hat sie aber trotz der Aufforderung in der Abmahnung des Beklagten mit Schreiben vom 27.11.2000, die Erbschaft weder auszuschlagen noch zurückgegeben. Damit hat die Klägerin permanent gegen ihre Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag, Belohnungen und Geschenke nicht anzunehmen, verstoßen. Dies musste der Beklagte auf Dauer nicht hinnehmen und berechtigt den Beklagten zur fristgemäßen Kündigung.
Auch unter Berücksichtigung des seit 10 Jahren bestehenden Arbeitsverhältnisses und der familieren Verhältnisse der Klägerin wiegt das Interesse des Beklagten als Arbeitgeber an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses schwerer, da erhebliche Interessen wirtschaftlicher Art und auch in Bezug auf die Betreuten zu berücksichtigen sind.
Nach alledem ist das Arbeitsverhältnis durch die fristgemäße Kündigung des Beklagten vom 22.01.2001 mit dem 30.06.2001 beendet worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 ArbGG.
Werner,
Niemeier