Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.02.2001, Az.: 6 Sa 1569/00
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 21.02.2001
- Aktenzeichen
- 6 Sa 1569/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 32991
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2001:0221.6SA1569.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 05.07.2000 - AZ: - 9 Ca 12/00
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 5.7.00 9 Ca 12/00 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gem. Schreiben des Beklagten vom 23.12.1999 zum 31.3.2000 sozial nicht gerechtfertigt ist.
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen im OBS-Bereich weiterzubeschäftigen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Änderungskündigung des Beklagten vom 23.12.1999.
Der Kläger war bereits von 1980 bis 1993 als Lehrer im Rahmen von Sprachprojekten im Rahmen von Eingliederungsmaßnahmen über die O. ... bei der ... bis zu deren Insolvenz beschäftigt, bevor er ab 1.8.1993 zur Durchführung solcher Sprachprojekte als Arbeitnehmer des Beklagten tätig wurde, der auf Grund einer Ausschreibung diese Sprachprojekte weiterführte.
Der Beklagte hatte mit dem Kläger und anderen zuvor bei der ... beschäftigten Kollegen des Klägers 1994 wegen der streitigen Frage der Besitzstandswahrung auf Grund eines vom Kläger geltend gemachten Betriebsübergangs einen Vergleich geschlossen. Zuletzt erhielt der Kläger eine Vergütung nach BAT III von ca. DM 6.500,... zuzüglich einer vom Beklagten geleisteten Zulage zur VBLU.
Weil sich der Unterrichtsbedarf im OBS-Bereich reduzierte, setzte ihn der Beklagte mit seiner Zustimmung auch im BBE-Bereich (Lehrgang zur Verbesserung beruflicher Bildungs- und Eingliederungschancen) ein, der von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert wurde.
Weil ab 1.1.2000 sich die Zahl der im OBS-Bereich zu unterrichtenden Teilnehmer seit Juni 1998 von bis zu 200 auf 160 im zweiten Halbjahr 1998 und bis zu 120 im Jahre 1999 auf 100 ab 1.1.2000 reduziert hatte, kam es am 22.12.1999 zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich und Sozialplan. Am selben Tage unterzeichneten sämtliche Lehrkräfte bis auf den Kläger, Herrn R. und den zum 31.3.2000 ausgeschiedenen Mitarbeiter E. Änderungsvereinbarungen des Inhalts, dass sie ab 1.1.2000 zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen nur noch auf einer Drei-Viertel-Stelle mit einer Unterrichtsverpflichtung von 32 Unterrichtsstunden an Stelle den zuvor von einer Vollzeitkraft zu erteilenden 28 Unterrichtsstunden mit gekürzter Vergütung und Wegfall der VBLU-Zusatz Versorgung beschäftigt wurden. Auf Grund dieser Vereinbarungen war der Unterrichtsbedarf im OBS-Bereich des Beklagten abgedeckt.
Gemäß der Änderungskündigung vom 23.12.1999, die der Kläger unter Vorbehalt angenommen hat, sollten der Kläger wie auch seine beiden Arbeitskollegen ab 1.4.2000 weiterhin als Vollzeitkräfte zu einer nach BAT IV a abgesenkten Vergütung im BBE-Maßnahmebereich unter Aufrechterhaltung der VBLU-Zusatzversicherung weiterbeschäftigt werden.
Der Kläger hat beantragt
- 1
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß Schreiben der Beklagten vom 23.12.1999, zugestellt am 29.12.1999, zum 31.3.2000 sozial ungerechtfertigt ist,
- 2
den Beklagten zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen im OBS-Bereich weiterzubeschäftigen,
hilfsweise den Kläger zu teilweise reduzierten Bedingungen im OBS-Bereich weiterzubeschäftigen, die den mit den übrigen Mitarbeitern geschlossenen Bedingungen entsprechen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 5.7.2000 die Klage abgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand und wegen der Würdigung dieses Vorbringens auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts ergänzend Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen dieses ihm am 25.7.2000 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts am 25.8.2000 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.10.2000 am 12.10.2000 begründet.
Der Kläger wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag und bestreitet weiterhin den Wegfall seines Arbeitsplatzes im OBS-Bereich. Aus der Betriebsvereinbarung ergebe sich dies nicht. Aber auch aus den Angeboten des Beklagten nach Ausspruch der Änderungskündigung ergebe sich die Beschäftigung im OBS-Bereich, so dass die Versetzung in den BBE-Bereich durch die Änderungskündigung unwirksam sei. Zudem habe sich später ab 1.7.2000 die Teilnehmerzahl im OBS-Bereich wieder auf 120 erhöht.
Der Kläger hält die Änderungskündigung auch deshalb für unwirksam, da sie eine Herabstufung seiner Vergütungsgruppe von III BAT auf IV a BAT beinhaltet. Jedenfalls habe die von der Bundesanstalt für Arbeit 1999 vorgenommene Finanzierung des BBE-Bereichs drei Vollzeitstellen nach der VergGr. III BAT ermöglicht. Da sich im Jahre 2000 keine Änderung dieser Drittmittel ergeben habe, sei die Herabstufung unwirksam. Die auf der dritten Vollzeitstelle im BBE-Bereich tätigen Kollegen aus dem OBS-Bereich erhalten, was der Beklagte auch nicht bestreitet, Vergütung nach der VergGr. III BAT. Darin sieht der Kläger eine Ungleichbehandlung.
Der Kläger hält im Übrigen die Berechnung des Beklagten, wonach sämtliche Lehrkräfte nurmehr mit einer Reduzierung ihres Gehalts um 25 % bei gleichzeitiger Erhöhung der Zahl der Unterrichtsstunden beschäftigt werden könnten, für nicht nachvollziehbar. Nur aus einer nachvollziehbaren Berechnung könnte sich die Dringlichkeit der Änderungskündigung ergeben. Der Kläger meint, dadurch würden Geldmittel frei, die der Beklagte zum Stopfen früher entstandener Löcher verwende. Bei den dem Beklagten zufließenden Drittmitteln für den OBS-Bereich und den BBE-Bereich handele es sich aber um zweckgerichtet zu verwendende Mittel.
Der Kläger hält sich mit sämtlichen im OBS-Bereich beschäftigten Lehrkräften und den sonstigen Mitarbeitern im Bereich "Arbeit und Leben" für vergleichbar. Hätte tatsächlich ein Personal Überhang von 3 Stellen bestanden und hätte der Beklagte sämtliche Mitarbeiter aus dem OBS-Bereich, somit auch ihn, einbezogen, so wäre auch für ihn eine reduzierte Stelle vorhanden gewesen, auf die ihn der Beklagte im Wege der Änderungskündigung hätte versetzen können. Berufe sich der Beklagte auf die Betriebsvereinbarung im Sinne einer unternehmerischen Entscheidung, so müsse er diese Betriebsvereinbarung auch so wie geplant durchziehen. Die Versetzung in den BBE-Bereich gehe an dem durch die Betriebsvereinbarung bestimmten Konzept vorbei und bestrafe ihn.
Im Übrigen sei der Vortrag des Beklagten nicht richtig, dass die Zuwendungen im BBE-Bereich nur eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT zulasse. Gerade bei der Trennung der beiden Bildungsbereiche sei es nicht zulässig, Defizite im OBS-Bereich durch Mittel aus dem BBE-Bereich auszugleichen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil 1. Instanz abzuändern und entsprechend den Schlussanträgen 1. Instanz zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als der Rechtslage entsprechend. Nach dem in der Vorstandssitzung vom 23.11.1999 gefassten Beschluss sollte der Weiterleitungsvertrag der OBS ab 1.1.2000 mit 100 Teilnehmern angenommen und die Zahl der in diesem Bereich beschäftigten Lehrkräfte entsprechend der verringerten Teilnehmerzahl reduziert werden unter Ausschluss von Zahlungen zur Zusatzversorgungskasse. Zudem sollte die Lehrtätigkeit aus OBS-Mitteln auf einen rechtlich selbständigen Träger ausgegliedert werden und andererseits der bestehende Rahmenvertrag mit der Bundesanstalt für Arbeit über BBE-Maßnahmen, auslaufend zum Juli 2000, nicht verlängert werden. Die daraufhin begonnenen Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich seien zunächst gescheitert. Dementsprechend habe der Beklagte ein eigenes Konzept entwickelt und zu den beabsichtigten Änderungskündigungen für alle Mitarbeiter im OBS-Bereich den Betriebsrat mit Schreiben vom 14.12.1999 angehört. Das von Mitarbeitern erarbeitete Konzept einer Betriebsvereinbarung über Interessenausgleich und Sozialplan des OBS-Projekts sah die gleichmäßige anteilige Stellenkürzung unter Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung und den Fortfall der Beiträge zur Zusatzversorgungskasse vor. Bis auf den Kläger und seine zwei Kollegen sei diesem Konzept zugestimmt worden und die Betriebsvereinbarung am 22.12.1999 zustandegekommen. Trotz der vereinbarten Arbeitszeitverkürzung habe ab dem 1.1.2000 im OBS-Bereich ein Personalüberhang von drei Stellen bestanden, der durch Einsatz außerhalb des OBS-Bereichs auszufüllen war, wozu alle Betroffenen bis auf den Kläger und seine zwei Kollegen grundsätzlich bereit waren. Dementsprechend habe der Beklagte die OBS-Lehrverpflichtungen entsprechend der Betriebsvereinbarung verteilt und den Kläger und seine beiden Kollegen auf die vorhandenen Vollzeitstellen im BBE-Bereich versetzt durch Ausspruch von Änderungskündigungen.
Dem habe die unternehmerische Entscheidung zu Grunde gelegen, den OBS-Bereich als abgegrenzte Einheit auszugestalten und die Ausfüllung eines Personalüberhangs durch Einsatz in BBE-Maßnahmen künftig nicht mehr vorzunehmen. Daraus ergab sich das Erfordernis der Ausgliederung der drei BBE-Vollzeitstellen. Hätten auch der Kläger und seine beiden Kollegen der Arbeitszeitverkürzung zugestimmt, hätte im OBS-Bereich noch ein Personalüberhang von 2,13 Stellen bestanden und der Beklagte wäre im Hinblick auf die gezeigte Solidarität aller Mitarbeiter von seinem beschlossenen Konzept zeitweise abgegangen. Die noch vorhandenen 6 Stellen im OBS-Bereich waren durch die übrigen Lehrkräfte nach deren vereinbarter Arbeitszeitverkürzung abgedeckt, so dass für den Kläger und seine beiden Kollegen deren Bereitschaft zur Arbeitszeitverkürzung unter Wegfall der Zusatzversorgung ihren Einsatz im OBS-Bereich zugelassen hätte unter teilweisem Einsatz auch anderer Lehrkräfte im BBE-Bereich. Nach der Ablehnung der angebotenen Verträge durch den Kläger und seine beiden Kollegen sei für deren Beschäftigung nur noch der Einsatz auf den 3 BBE-Vollzeitstellen übriggeblieben. Daher sei die Änderungskündigung begründet durch die unternehmerische Entscheidung des Beklagten, den OBS- und BBE-Bereich voneinander zu trennen.
Die auf 100 Teilnehmer verringerte Schülerzahl habe nach den früheren Arbeitsplatzbedingungen die Beschäftigung von 6 Vollzeitlehrern gestattet. Die in der Betriebsvereinbarung vorgesehene Reduzierung hätte den Einsatz aller 13 vorhandener Lehrer im OBS-Bereich unter Hinnahme von Kürzungen und vorübergehender Versorgung der 3 BBE-Stellen zugelassen. Aus der Zustimmung von nur 10 Lehrern habe sich die Trennung der beiden Arbeitsbereiche von selbst ergeben, weil diese den OBS-Bereich abdeckten und die 3 Stellen im BBE-Bereich übrigblieben, für die nun der Kläger und seine beiden Kollegen zur Verfügung standen. Erst im Juli 2000 sei die Erhöhung der Teilnehmerzahlen im OBS-Bereich auf 120 erfolgt.
Der Beklagte behauptet weiter, die Bundesanstalt für Arbeit vergüte im BBE-Bereich nur nach der VergGr. IV a BAT und die Beiträge für die Zusatzversorgungskasse. Im OBS-Bereich erfolge eine Vergütung nach der VergGr. III BAT ohne Beiträge zur Zusatzversorgungskasse. Weil er im BBE-Bereich dieselben finanziellen Zuwendungen wie im Vorjahr erhalte, habe er die Finanzierung entsprechend den tatsächlichen Zuwendungen der Bundesanstalt für Arbeit anpassen müssen. Die Lehrkräfte aus dem OBS-Bereich, die außerdem im BBE-Bereich unterrichten, erhielten zwar Vergütung nach der VergGr. III BAT, haben jedoch die höhere Unterrichtsstundenzahl zu erbringen und sind von der Zusatzversorgungskasse ausgeschlossen. Daraus ergebe sich keine Ungleichbehandlung des Klägers. Im OBS-Bereich seien ganz genaue Verwendungsnachweise zu führen und nicht für das Projekt verwendete Mittel zurückzuzahlen. Gemäß der getrennten Kassenführung habe die Änderungskündigung die Beschäftigungsverhältnisse unterschieden. Im OBS-Bereich habe ab 1.1.2000 lt. Zuwendungsvertrag der Betrag von DM 630.000,... zur Verfügung gestanden. Davon hätten bei 28 Unterrichtsstunden pro Lehrkraft 6,85 Stellen finanziert werden müssen, durch die Anhebung auf 32 wöchentliche Unterrichtsstunden allerdings nur 6 Stellen. Nur durch die Erhöhung der Unterrichtsstundenzahl einerseits und den Verzicht auf die Zusatz Versorgung andererseits habe der Finanzrahmen im OBS-Bereich eingehalten werden können. Im BBE-Bereich sei maximal eine Vergütung nach der VergGr. IV a BAT zulässig.
Neben dem Anhörungsschreiben an den Betriebsrat vom 23.12.1999 seien die Kündigungsschreiben vorgelegt worden und der Betriebsrat habe noch am selben Tage den Beschluss gefasst, die beabsichtigten Änderungskündigungen lediglich zur Kenntnis zu nehmen. Arbeitsplätze im Bereich "Arbeit und Leben" seien nicht vergleichbar.
Die Änderungskündigung habe zum 1.4.2000 die Vergütung des Klägers und seiner zweier Kollegen an die finanzielle Ausstattung im BBE-Bereich anpassen sollen. Bis 31.3.2000 seien die vorhandenen 2,13 Stellen mit 3 Lehrkräften und entsprechender Bezahlung besetzt gewesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Anhörung des Betriebsrats durch uneidliche Vernehmung der Zeugin Z. und über die Behauptung des Beklagten, die Kalkulation der Bundesanstalt für Arbeit lasse im BBE-Bereich nur eine Vergütung nach der Verg.Gr. IV a BAT zu, durch uneidliche Vernehmung des Zeugen V.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Vernehmungsniederschrift ergänzend Bezug genommen.
Gründe
I.
Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Kläger hat sich ausführlich mit den Entscheidungsgründen des Urteils des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt und ist ihnen entgegengetreten. Damit ist seine Berufung zulässig.
II.
Die Berufung des Klägers ist begründet.
1.
Die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers durch die Änderungskündigung vom 28.12.1999 ist sozial nicht gerechtfertigt (§§ 2, 1 Abs. 2 KSchG). Nachdem der Kläger die Änderungen der Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung angenommen hatte und damit der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses feststeht, hängt die Wirksamkeit der Änderungskündigung von der sozialen Rechtfertigung der Vertragsänderung ab. Bei dieser betriebsbedingten Änderungskündigung ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlass zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (BAG, Urteil vom 20.8.1998 2 AZR 84/98AP Nr. 50 zu § 2 KSchG 1969).
Ist davon auszugehen, dass mit dem Abschluss der "Betriebsvereinbarung über Interessenausgleich und Sozialplan OBS-Projekt" am 22.12.1999 der Überhang von Lehrern durch anteilige Stellenkürzungen an den verringerten Bedarf angepasst war und durch Erhöhung der Unterrichtsstunden einerseits und den Wegfall der Zusatz Versorgung andererseits die künftige Finanzierbarkeit im OBS-Bereich hergestellt war und demzufolge der Kläger, der die ihm angebotene Vertragsänderung ausgeschlagen hatte, seine Versetzung in den BBE-Bereich billigerweise hinnehmen musste, so erweist sich die dem Kläger zum 1.4.2000 angetragene Absenkung seiner Vergütung von Verg.Gr. III BAT auf die VergGr. IV a BAT als sozial nicht gerechtfertigt. Zwar kann Unrentabilität eines Betriebes für sich genommen eine Beendigungskündigung nicht sozial rechtfertigen. Erst eine aus diesem Anlass getroffene unternehmerische Entscheidung, die sich auf den Arbeitsplatz auswirkt, kann die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingen. Eine Änderungskündigung kann aber schon dann gerechtfertigt sein, wenn die Unrentabilität eines Betriebes einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen entgegensteht, wenn also durch die Senkung von Personalkosten die Stilllegung des Betriebs oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und soll und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind.
Bei der Prüfung, ob ein dringendes betriebliches Erfordernis zu einer Änderung der Arbeitsbedingungen besteht, ist auf die wirtschaftliche Situation des Gesamtbetriebs abzustellen. Der Arbeitgeber braucht mit dem Ausspruch der Änderungskündigung allerdings nicht zu warten bis zum Insolvenzfall. Prüfungsmaßstab ist, ob die schlechte Ertragslage einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen entgegensteht. Weil bei der betriebsbedingten Änderungskündigung zur Entgeltsenkung der Arbeitgeber nachhaltig in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreift, wenn er die vereinbarte Vergütung reduziert, sind an die Dringlichkeit besondere Anforderungen zu stellen. Die Dringlichkeit des Eingriffs in das Leistungsgefüge ist nur dann begründet, wenn bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder zur Schließung des Betriebs führen. Regelmäßig setzt eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft.
Bei der Prüfung, ob der Kläger die ihm angebotene Entgeltkürzung billigerweise hinnehmen musste, war allerdings auch zu berücksichtigen, dass die außerhalb im Bereich "Arbeit und Leben" beschäftigten Lehrer niedrigere Vergütungen erhalten und die im OBS-Bereich beschäftigten Lehrer neben der Erhöhung der Unterrichtsstundenzahl ihre Zusatzversorgung in der Zukunft eingebüßt haben, so dass ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht erkennbar ist.
Gleichwohl brauchte der Kläger die Absenkung seiner vertraglich vereinbarten Vergütung billigerweise nicht hinzunehmen. Denn die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass ab 1.4.2000 die Fortzahlung der vereinbarten Vergütung nach Verg.Gr. III BAT unzulässig sei und dem Beklagten erhebliche Verluste gebracht hätte im Sinne einer Existenzgefährdung des Betriebs. Denn zu der zum 15.7.2000 endenden BBE-Maßnahme, innerhalb der der Kläger ausschließlich eingesetzt wurde, hatte die dem Zeugen V. vorangegangene Projektleiterin eine Kalkulation der Lehr er Vergütung nach Verg.Gr. III BAT unter Einbeziehung der Mietkosten vorgenommen. Der Zeuge hat dann ab September 2000 eine nachfolgende BBE-Maßnahme mit Lehrervergütungen nach VergGr. IV a BAT kalkuliert und dabei Kosten für Miete und Büronutzung "realistisch" angesetzt. Nach seiner Aussage hat die im Oktober 1999 begonnene und zum 15.7.2000 ausgelaufene BBE-Maßnahme ohne Verlust abgeschlossen.
Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Er berichtete unvoreingenommen über die bei seiner Tätigkeit als Projektleiter erlangten Erkenntnisse. Der Beklagte ist dieser Aussage auch nicht entgegengetreten.
Danach ist aber nicht erwiesen, dass die Fortzahlung der Vergütung im BBE-Bereich über den 31.3.2000 hinaus etwa bis zum Auslaufen der Maßnahme am 15.7.2000 den Beklagten in eine Existenzkrise gebracht hätte und nicht finanzierbar gewesen wäre. Denn diese Vergütung entsprach, wie der Zeuge bekundet hat, der Kalkulation, wenn diese auch hinsichtlich des Ansatzes für Miete und Büronutzung knapp bemessen war. Andererseits ergibt sich aus der Aussage, dass die Bundesanstalt für Arbeit keine Vergütungsobergrenzen festgelegt hat, sondern ihre Mittel Zuweisung eine kalkulierte Lehrervergütung bis zur Grenze der Verg.Gr. III BAT zuließ. Dass die Kalkulation der Projektleiterin S. grob fehlerhaft oder unvertretbar gewesen wäre, hat der Zeuge nicht bekundet. Andernfalls hätte die Maßnahme auch nicht ohne Verlust abgeschlossen werden können. Die ab 1.4. bis 15.7.2000 abgesenkte Vergütung für den Kläger und seinen beim Beklagten verbliebenen Kollegen erbrachte gegenüber der Kalkulation der BBE-Maßnahme nur eine verhältnismäßig geringfügige Kostenersparnis. Daran hätte auch ein Verbleiben des Kollegen Engelbrecht des Klägers wenig geändert.
War ab September 2000 auf Grund einer geänderten "realistischen" Kalkulation nur noch eine Lehrervergütung nach VergGr. IV a BAT zahlbar, bedurfte es noch keiner Vergütungsabsenkung zum 1.4.2000. Diese war zu diesem Zeitpunkt verfrüht, also nicht dringlich. Der Kläger brauchte diese Entgeltkürzung zum 1.4.2000 nicht billigerweise hinzunehmen.
2.
Die Änderungskündigung scheitert aber auch an § 102 Abs. 1 BetrVG, wonach der Betriebsrat vor Ausspruch einer Kündigung zu hören ist und eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Bei der Änderungskündigung gehören zur Anhörung neben den Angaben zur Person, der Art und der Frist der Kündigung auch die Gründe der einzelnen zu ändernden Arbeitsbedingungen nach dem Änderungsangebot, woraus der Betriebsrat erst ersehen kann, ob dem Arbeitnehmer tatsächlich die am wenigsten einschneidende Änderung des Vertragsinhalts angeboten werden soll. Dabei muss der Arbeitgeber die für die Bewertung und den Ausspruch der Kündigung maßgeblichen Tatsachen angeben (BAG, Urteil vom 13.7.78 2 AZR 717/76AP Nr. 17 zu § 102 BetrVG 1972). Teilt er nicht alle Umstände mit, kann die Änderungskündigung nur auf die dem Betriebsrat mitgeteilten Gründe gestützt werden. Nicht mitgeteilte Gründe können später nicht mehr nachgeschoben werden.
Enthält die Änderungskündigung aber auch eine Gehaltsabsenkung, sind dem Betriebsrat die nach Auffassung des Arbeitgebers dafür maßgeblichen Gründe mitzuteilen (BAG AP Nrn. 2, 14, 31 zu § 2 KSchG 1969, AP Nr. 53 zu § 102 BetrVG 1972). Die Mitteilung der Tatsache der beabsichtigten Absenkung allein reicht nicht aus.
Das Anhörungsschreiben vom 23.12.1999 und die Entwürfe der Kündigungsschreiben enthalten keine Gründe für die beabsichtigte Gehaltsabsenkung, auch nicht die auf Anforderung des Betriebsrats vorgelegte Aktennotiz zur Sozialauswahl. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil bis dahin im OBS- und BBE-Bereich unterschiedslos Vergütung nach VergGr. III BAT gezahlt wurde und der Betriebsrat aus dem Sozialplan und den Vorstandsbeschlüssen des Beklagten, soweit sie vorliegen, nicht entnehmen konnte, warum nach Auffassung des Beklagten die Vergütung im BBE-Bereich reduziert werden sollte. Auch die Vernehmung der Zeugin Z. blieb bezüglich der Mitteilung der Gründe für die beabsichtigte Gehaltsabsenkung unergiebig.
Nach dem Vorstandsbeschluss vom 23.11.1999 sollten die BBE-Maßnahmen nicht wegen Unwirtschaftlichkeit auslauten, sondern weil sie keine Dauerbeschäftigung sicherten. Sie wären nämlich davon abhängig, dass ausreichend Teilnehmer für die Maßnahmen gewonnen werden konnten.
3.
Der Beschäftigungsanspruch des Klägers verpflichtet den Beklagten, den Kläger gem. den vereinbarten, unveränderten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen (BAG AP Nrn. 2, 3, 4, 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Denn die Änderungskündigung ist unwirksam und überwiegende Schutzwerte Interessen des Beklagten stehen der Beschäftigung nicht entgegen.
III. Gemäß § 91 ZPO hat der Beklagte als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat die Kammer die Revision zugelassen.