Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.11.2001, Az.: 16 Sa 1995/00
Freistellung für Betriebsratarbeit eines Lehrers an einer Privatschule
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 13.11.2001
- Aktenzeichen
- 16 Sa 1995/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 25255
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2001:1113.16SA1995.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Osnabrück - 27.09.2000 - AZ: 4 Ca 254/00
Fundstelle
- ZTR 2002, 146
Verfahrensgegenstand
Freistellung für Betriebsratarbeit für Lehrer an Privatschulen
Amtlicher Leitsatz
Für ein Betriebsratsmitglied, das Lehrer an einer Privatschule ist, kann für erforderliche Betriebsratsarbeit nur eine Freistellung in der Weise erfolgen, dass er in bestimmtem Umfang von der Unterrichtsverpflichtung entbunden wird.
Bei der Umrechnung von Unterrichtsstunden auf Zeitstunden/Minuten ist ein Vergleich anzustellen mit einer Arbeitskraft, die vollschichtig im Betrieb tätig ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Lehrer in der unterrichtsfreien Zeit tatsächlich weniger arbeitet, so dass ein Jahresvergleich erförderlich ist.
In dem Rechtsstreit
hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die Beratung vom 07.11.2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 27.09.2000, Az. 4 Ca 254/00, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt mit der Klage die Gewährung eines Freizeitausgleiches für außerhalb der Arbeitszeit geleistete Betriebsratsarbeit, begehrt darüber hinaus die Zahlung von Mehrarbeitszuschlägen.
Der ... 1951 geborene Kläger ist bei dem Beklagten seit dem 01.09.1994 als Lehrer im Sprachheilzentrum W. des Beklagten in B. ... beschäftigt. Der Kläger ist vollschichtig tätig und hat eine Unterrichtsstundenzahl von 26,5 zu leisten. Die Vergütung erfolgt gemäß Vergütungsgruppe III des Bundesmanteltarifvertrages für die Arbeiterwohlfahrt (BMT-AW II). In dem Betrieb sind ca. 110 bis 120 Mitarbeiter beschäftigt. Der Kläger ist einer von sechs vollzeitbeschäftigten Lehrern in der Schule, in der 42 Schüler unterrichtet werden. Daneben unterrichtet ein teilzeitbeschäftigter Lehrer. Insgesamt sind in dem Betrieb fünf Abteilungen vorhanden, eine Sprachheileinrichtung, eine Sprachheilkindertagesstätte, eine heilpädagogische Abteilung, die Verwaltung sowie die Schule, in der der Kläger tätig ist. Für die einzelnen Abteilungen des Betriebes bestehen unterschiedliche Betriebsschließungszeiten. Der Kindergarten schließt 30 Tage und der stationäre Sprachheilbereich schließt 35 Tage im Jahr. Für die Schule, an der der Kläger tätig ist, gelten die niedersächsischen Ferienzeiten als Schließungszeiten abzüglich von 5 Tagen für Fortbildung.
Der Kläger ist Mitglied des 5-köpfigen Betriebsrates. Er wurde bei den Betriebsratswahlen 1998 erstmals in den Betriebsrat gewählt und sodann zum. Vorsitzenden bestimmt. Die Parteien streiten über den Umfang der Freistellung des Kläger für seine Betriebsratstätigkeit. Der Beklagte wollte dem Kläger zunächst 4 Stunden zugestehen, der Kläger forderte 8 Stunden Freistellung. Verhandlungen über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung sind nicht erfolgreich abgeschlossen worden. Letztlich erfolgte ab 15.11.1999 eine Freistellung für 5 Unterrichtsstunden zuzüglich von 3 Stunden Doppelsteckung, was bedeutete, dass für den Fall, dass der Kläger Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen hatte, der gleichzeitig eingeteilte Lehrer den Unterricht allein bestritt. Diese Doppelsteckung wurde jedoch zum 24.02.2000 aufgehoben, so dass insgesamt nunmehr eine Freistellung ab diesem Zeitpunkt für insgesamt 8 Unterrichtsstunden besteht.
Der Kläger machte für geleistete Betriebsratstätigkeit einen Freizeitausgleich geltend, und zwar mit Schreiben vom 07.02., 14.02, 20.02., 28.02., 09.03. sowie 10.04.2000. Insoweit wird auf die Schreiben des Klägers (Bl. 5 bis 16 d. A.) verwiesen.
Der Kläger begehrte darüber hinaus schon ab Oktober 1998 die Abgeltung von Überstunden. Insoweit wird auf seine Schreiben vom 30.10., 17.11., 01.12. und 18.12.1998 (Bl. 38 bis 41 d. A.) Bezug genommen. Die Parteien führten sodann weiteren Schriftverkehr über die Freistellung des Klägers. Insoweit wird auf den gesamten Schriftverkehr für den Zeitraum von März 1999 bis 09.02.2000 (Bl. 41 bis 64 d. A.) Bezug genommen. Dem Kläger wurde letztlich mitgeteilt, dass ihm eine weitergehende Befreiung nicht gewährt werden könne, allenfalls dann, wenn aufgrund unvorhergesehener Umstände Betriebsratsarbeit anfallen sollte.
Mit seiner am 28.04.2000 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass die Freistellung nicht ausreichend sei, die anfallende Arbeit für den Betriebsrat zu erledigen. Aufgrund der Ablehnung des Beklagten, weitere Freistellung zu gewähren, sei er gezwungen gewesen, Betriebsratsarbeit auch außerhalb der Arbeitszeit zu leisten. Dieses sei auch während der Ferien und auch während der unterrichtsfreien Zeit erforderlich gewesen. Der Einsatz der Mitarbeiter in verschiedenen Bereichen bei dem Beklagten bedinge eine differenzierte Organisation der Arbeitszeitgestaltung und Arbeitsorganisation.
Der Kläger hat deshalb mit der Klage die Gewährung von Freizeitausgleich im Umfang von 43,38 Unterrichtsstunden für in der Zeit vom 01.01.2000 bis 07.04.2000 außerhalb der Arbeitszeit geleisteter Betriebsratsarbeit verlangt. Diese Betriebsratsarbeit sei jedenfalls erforderlich gewesen. Insoweit wird auf die Aufstellung über den Inhalt der Betriebsratsarbeit für den Zeitraum vom 03.01. bis 07.04.2000 (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 24.07.2000, Bl. 87 bis 93 d. A.) sowie auf die Aufstellung der auf gewendeten Zeit für Betriebsratstätigkeit vom 07.01.1999 bis 23.07.1999 (ebenfalls Anlage zum Schriftsatz vom 24.07.2000, Bl. 94 bis 104 d. A.) sowie auf die dazugehörigen Unterlagen (Bl. 108 bis 176 d. A.) verwiesen.
Entsprechend der Aufstellung der Betriebsratsarbeit vom 03.01. bis 07.04.2000, vorletzte Seite (Bl. 92 d. A.) habe der Kläger deshalb 43,49 Unterrichtsstunden mehr geleistet außerhalb der Arbeitszeit. Dabei berechnet der Kläger die gewährte Freistellung in Minuten, wobei er von einer freigestellten Unterrichtsstunde von 45 Minuten zuzüglich 20 Minuten Vorbereitungszeit ausgeht, stellt die geleistete Betriebsratsarbeit in Minuten dem gegenüber und errechnet daraus den Anspruch auf Freizeitausgleich in Unterrichtsstunden (geleistete Betriebsratsarbeit minus Freistellung, Differenz durch 65 Minuten).
Nicht erfasst und dokumentiert seien dabei zahlreiche Gespräche, die auf dem Weg zum Parkplatz, am Parkplatz usw. mit Mitarbeitern geführt werden mussten, der Großteil der Zeiten vor Arbeitsbeginn, der zum Durchsehen der Post und für kleinere Kopiearbeiten genutzt worden sei sowie die Lektüre und das Studium arbeitsrechtlich relevanter Literatur, was fast ausschließlich in der Freizeit nachmittags ohne Zeitanrechnung durchgeführt worden sei.
Ferner hat der Kläger die Zahlung eines 25-prozentigen Mehrarbeitszuschlages für 47 Stunden nach einem Stundensatz von 32,82 DM brutto verlangt.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis 07.04.2000 außerhalb der Arbeitszeit geleisteter Betriebsratsarbeit Freizeitausgleich in Höhe von 43,38 Unterrichtsstunden zu gewähren,
- 2.
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 385,64 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 04.05.2000 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass keine Betriebsratsarbeit erforderlich gewesen sei, was über die Freistellung von 8 Unterrichtsstunden hinausgegangen sei. Die Betriebsratsarbeit könne vielmehr während der Freistellungszeit erledigt werden. Es gebe keine Besonderheiten für eine erhöhte Tätigkeit des Betriebsrates, da die betriebliche Organisation bei dem Beklagten nicht ungewöhnlich sei. Im Übrigen werde bestritten, dass der Kläger im Zeitraum vom 01.01. bis 07.04.2000 anfallende Betriebsratsarbeit in vollem Umfang verrichtet habe.
Zudem sei der Kläger während der Schulferien vom Unterricht und einer Anwesenheitsverpflichtung befreit. Diese Begünstigung sei bei der Berechnung der Unterrichtsverpflichtung bereits berücksichtigt. Während des Urlaubs des Klägers habe sein Stellvertreter tätig werden müssen, da ansonsten eine Bevorzugung des Klägers vorliege.
Die Berechnung des Klägers einer Unterrichtsstunde mit 65 Minuten sei darüber hinaus falsch. Eine Unterrichtsstunde sei vielmehr mit 98 Minuten zu bewerten, wie sie aus einer Gegenüberstellung mit der Arbeitszeit eines vergleichbaren Arbeitnehmers ergebe. Dies folge daraus, dass die vertragliche Arbeitszeit von 38,5 Zeitstunden 26,5 Unterrichtsstunden entspreche. Hierbei seien die übrigen Aufgaben, die ein Lehrer neben der Unterrichtsverpflichtung wahrzunehmen habe, bereits berücksichtigt. Insoweit sei eine Pauschalierung vorgenommen worden. Ein vergleichbarer Arbeitnehmer leiste daher ca. im Jahr 7,7 Stunden pro Tag an 230 Arbeitstagen (260 Arbeitstage minus 30 Tage Urlaub), was 1.771 Zeitstunden entspreche. Bei ca. 11,4 Wochen Ferien leiste hingegen ein Lehrer 26,5 Unterrichtsstunden pro Woche mal 40,6 Wochen, was 1.075,9 Unterrichtsstunden entspreche. Eine Unterrichtsstunde entspreche somit 1,64 Zeitstunden, mithin 98 Minuten. Die Reduzierung um 8 Unterrichtsstunden bedeute auch eine Reduzierung der sonstigen Tätigkeit. Auch bei Teilzeitbeschäftigten erfolge eine Berücksichtigung allein über die rechnerische Halbierung der Unterrichtsstunden. Der Kläger sei deshalb bereits im Umfang von 8 Unterrichtsstunden mal 98 Minuten = 784 Minuten pro Woche freigestellt. Diese Zeit genüge, die erforderliche Betriebsratsarbeit zu erledigen. Die vom Kläger auf gelistete Betriebsratsarbeit sei deshalb bereits durch die gewährte Freistellung abgegolten.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 27.09.2000 wurde die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt und der Streitwert auf 1.809,37 DM festgelegt. Wegen des Inhalts des erstinstanzlichen Urteiles wird auf dieses (Bl. 213 bis 221 d. A.) verwiesen.
Dieses Urteil wurde dem Kläger am 12.10.2000 zugestellt. Hiergegen legte dieser am 09.11.2000 Berufung ein und begründete diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 11.01.2001 am 11.01.2001.
Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, er habe stichwortartig dargelegt, welche Tätigkeiten angefallen seien sowie dass zahlreiche Tätigkeiten nicht hätten erfasst werden können. Damit habe der Kläger seiner Verpflichtung genügt, die Erforderlichkeit der Tätigkeit darzustellen. Tatsächlich sei die Betriebsratstätigkeit in diesem Zeitraum auch erforderlich gewesen. Er habe als Betriebsratsvorsitzender einen eigenen Beurteilungs- und Ermessensspielraum und habe die jeweilige Tätigkeit als erforderlich ansehen dürfen. Er sei nicht verpflichtet, einzelne Überlegung hierzu darzustellen, da entsprechende stichwortartige Beschreibungen ausreichten.
Der Beklagte habe sich auch endgültig geweigert, eine über 8 Stunden hinausgehende Betriebsratsarbeit zu ermöglichen. Dies ergebe sich aus zahlreichen Schreiben des Beklagten, inbesondere vom 02.11.1999 (Bl. 49 bis 51 d. A.) sowie vom 09.02.2000 (Bl. 60 bis 64 d. A.) sowie aus den Schriftsätzen des Beklagten vom 22.05.2000 und 21.08.2000.
Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung vom 09.01.2001 (Bl. 234 bis 242 d. A.) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 27.09.2000, Az. 4 Ca 254/00, abzuändern und
- 1.
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für im Zeitraum vom 01.01. bis 07.04.2000 außerhalb der Arbeitszeit geleistete Betriebsratstätigkeit Freizeitausgleich in Höhe von 43,38 Unterrichtsstunden zu gewähren,
- 2.
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 385,64 DM brutto nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 04.05.2000 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 14.02.2001. Hierauf wird verwiesen (Bl. 250 bis 254 d. A.).
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Beschwerdewert in dieser vermögensrechtlichen Streitigkeit übersteigt 1.200,00 DM. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, 518, 519 ZPO).
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Freizeitausgleich noch auf Vergütung von Mehrarbeitszuschlägen.
Gemäß § 37 BetrVG führen die Mitglieder des Betriebsrates ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Sie sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebes zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen war. Diese Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.
Diese Voraussetzungen liegen für die geleistete Betriebsratstätigkeit des Klägers im Zeitraum vom 01.01. bis 07.04.2000 nicht vor.
Entsprechend diesem Grundsatz der Ehrenamtlichkeit gemäß § 37 Abs. 1 BetrVG folgt, dass dem Betriebsratsmitglied im Rahmen des Lohnausfallprinzipes nur dasjenige Entgelt zustehen soll, das er verdient hätte, wenn er anstelle der Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht hätte. Eine Vergütung für Betriebsratstätigkeit, die nur aufgrund des Amtes erbracht worden ist, ist damit ausgeschlossen. Im Interesse der persönlichen Unabhängigkeit des Betriebsrates soll verhindert werden, dass entgegen dem Ehrenamtsprinzip ein Betriebsratsmitglied zusätzliche Vergütungsansprüche oder Freizeitausgleiche erwerben kann.
Dieses bedeutet, dass die Amtsführung als Ehrenamt grundsätzlich den ersatzlosen Einsatz von Freizeit beinhaltet, soweit nicht das Gesetz aufgrund spezieller Regelungen einen Ausgleich vorsieht (so Urteil des BAG vom 27.06.1990 in Der Betrieb 1991, Seite 49, BAG, Urteil vom 05.03.1997 in DB 98, 373, BAG, Urteil vom 08.03.2000, Az. 7 AZR 136/99, noch nicht veröffentlicht).
Die Ausnahmevorschrift des § 37 Abs. 3 BetrVG findet vorliegend nicht Anwendung, da nicht davon auszugehen ist, dass der Kläger erforderliche Betriebsratstätigkeit auch außerhalb der Arbeitszeit verrichtet hat.
Auszugehen ist dabei von der individuellen Arbeitszeit des Klägers, der vollschichtig tätig ist und damit gemäß dem BMT-AW II in Verbindung mit dem Zusatztarifvertrag vom 01.11.1978 zum BMT-AW II eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden ausschließlich der Pausen zu verrichten hatte.
§ 11 des BMT-AW II lautet in Auszügen wie folgt:
(1)
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit wird durch einen Zusatztarifvertrag vereinbart.(2)
Die tägliche Arbeitszeit wird durch Dienstpläne geregelt. Dies gilt auch für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaftsregelungen. Die Dienstpläne sind, soweit es mit den Interessen der Betreuten vereinbar ist, so aufzustellen, dass lange Unterbrechungen der Arbeitszeit vermieden werden.(3)
Für Jugendliche gelten die Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes.(4)
Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist in der Regel ein Zeitraum von 26 Wochen zugrunde zu legen.
...
§ 1 des Zusatztarifvertrages lautet wie folgt:
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen in allen Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt 38 1/2 Stunden.
...
Für Lehrer an Schulen finden sich in den tariflichen Vorschriften keine gesonderten Arbeitszeitregelungen. Übereinstimmend gehen die Parteien davon aus, dass eine Unterrichtsstundenzahl von 26,5 Stunden der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden entsprechen. Die Differenz von 38,5 Stunden zu 26,5 Unterrichtsstunden ist für weitere Tätigkeiten des Lehrers vorgesehen, insbesondere für die Vorbereitungszeiten, Dienstbesprechungen, Fallbesprechungen, Konferenzen, Elternarbeit, Klassenfahrten, Verwaltung, Koordination, Schulveranstaltungen, Schulpausen, Fortbildung, Betriebsversammlungen, Klassenleitertätigkeiten etc.
Wenn der Kläger deshalb mit 8 Stunden pro Woche vom Unterricht freigestellt worden ist, so ist die tatsächliche Freistellung nicht in gleicher Höhe erfolgt, sondern im Verhältnis der Normalarbeitszeit zur tatsächlichen Arbeitszeit im Rahmen seiner Tätigkeit als Lehrer. Hierbei ist aber insbesondere zu berücksichtigen, dass nach dem Tarifvertrag der Kläger einen Anspruch auf 30 Tage Erholungsurlaub hat, tatsächlich aber ca. 11,4 Wochen unterrichtsfreie Zeit im Jahr hat. Die unterrichtsfreie Zeit ist nicht mit einem Urlaub gleichzusetzen. Die Arbeitszeit der Lehrer ist so geregelt, dass diese während der Schulzeit ein bestimmtes Stundenkontingent zu unterrichten haben und die hiermit zusammenhängenden Tätigkeiten verrichten müssen. Während der Ferienzeit ist jedoch zu unterscheiden zwischen der Urlaubszeit von 30 Tagen und der sonstigen unterrichtsfreien Zeit, die sich tatsächlich als Arbeitszeit darstellt. Die über 30 Tage hinausgehende Zeit in den Ferien soll dazu dienen, Unterrichtsvorbereitungen vorzunehmen, Fort- und Weiterbildung durchzuführen, sei es im Eigenstudium oder durch externe Schulungsmaßnahmen, Arbeiten zu korrigieren, Bewertungen der Schüler vorzunehmen oder sonstige schulische Aktivitäten vorzubereiten. Während der unterrichtsfreien Zeit ist der Kläger deshalb weiterhin als Betriebsratsvorsitzender tätig, lediglich zu den Zeiten, zu denen er seinen Urlaub nimmt, also maximal für 30 Tage, ist er an der Betriebsratstätigkeit verhindert.
Das Verhältnis der Normalarbeitszeit zu der Arbeitszeit des Lehrers kann deshalb nur dann ordnungsgemäß festgestellt werden, wenn die unterrichtsfreie Zeit, soweit sie Arbeitszeit ist, mit einbezogen wird. Insoweit ist der Berechnung des Beklagten zu folgen, nach der ein vergleichbarer Arbeitnehmer 7,7 Stunden pro Tag an 230 Arbeitstagen, also im Jahr 1.771 Zeitstunden, verrichtet. Eine solche Arbeitszeit muss der Kläger auch erreichen. Bei 11/4 Wochen Ferien im Jahr leistet ein Lehrer bei 26,5 Unterrichtsstunden pro Woche, also in 40,6 Wochen 1.075,9 Unterrichtsstunden. Damit entspricht eine Unterrichtsstunde ca. 1,64 Zeitstunden, mithin 98 Minuten. Es ist deshalb nicht zutreffend, wenn der Kläger seine Freistellungszeit mit 65 Minuten pro Unterrichtsstunde berechnet, da er dabei außer Acht lässt, dass im Übrigen eine Pauschalierung vorgenommen worden ist bezüglich der weiteren Tätigkeiten, die ein Lehrer neben der Unterrichtstätigkeit zu verrichten hat.
Zwar stellt sich die Situation so dar, dass auch ein Lehrer, der teilweise von der Unterrichtsverpflichtung befreit ist bzw. auch ein teilzeitbeschäftigter Lehrer bestimmte Aufgaben zu erfüllen hat, die sich nicht im prozentualen Verhältnis der tatsächlich durchgeführten Arbeitszeit reduzieren. Hierbei handelt es sich insbesondere um Dienstbesprechungen, Konferenzen, Schulveranstaltungen und Fortbildungsmaßnahmen. Dieses muss aber bei der Berechnung unberücksichtigt bleiben. Es ist vielmehr Aufgabe der Lehrerkonferenz, eine gerechte Unterrichtsverteilung vorzunehmen und dabei auch zu berücksichtigen, dass teilzeitbeschäftigte Lehrer bzw. teilfreigestellte Lehrer überproportional an bestimmten Aufgaben beteiligt sind. Dieses kann in der Weise geschehen, dass dieser Lehrer in bestimmten Schuljahren von Aufgaben entbunden wird wie der Klassenleitertätigkeit oder der Klassenfahrten. Eine Möglichkeit, dieses bei der Berechnung der tatsächlichen Arbeitszeit einzubeziehen, besteht nicht, zumal dieses für jedes Schuljahr entsprechend dem Einsatz des Lehrers neu bestimmt werden müsste.
Hieraus ergibt sich die Konsequenz, dass der Kläger tatsächlich in größerem Umfange freigestellt worden ist, als er dieses in seiner Klage errechnet hat. Die gewährte Freistellung pro Unterrichtsstunde ist deshalb bei einer Umrechnung in Minuten mit jeweils 98 Minuten vorzunehmen, so dass der Kläger tatsächlich wie folgt freigestellt worden ist:
03.01. | bis | 08.01. | 0 | Minuten |
---|---|---|---|---|
10.01. | bis | 15.01. | 784 | '' |
17.01. | bis | 22.01. | 882 | '' |
24.01. | bis | 29.01. | 784 | '' |
31.01. | bis | 05.02. | 490 | '' |
07.02. | bis | 12.02. | 882 | '' |
14.02. | bis | 19.02. | 588 | '' |
21.02. | bis | 26.02. | 784 | '' |
28.02. | bis | 04.03. | 784 | '' |
06.03. | bis | 11.03. | 784 | '' |
13.03. | bis | 18.03. | 784 | '' |
20.03. | bis | 25.03. | 784 | '' |
27.03. | bis | 01.04. | 686 | '' |
03.04. | bis | 08.04. | 490 | '' |
Stellt man nunmehr die geleistete Betriebsratsarbeit in Minuten dem gegenüber, so ergeben sich für die Wochen vom 03.01. bis 08.01., vom 17.01. bis 22.01., vom 31.01. bis 05.02., vom 07.02. bis 12.02. sowie vom 03.04. bis 08.04.2000 Plusminuten beim Kläger, in den übrigen Wochen Minusminuten.
Insgesamt stehen dabei 1.281 Plusminuten 1.572 Minusminuten gegenüber, so dass sich insgesamt eine ausreichende Freistellung für den Kläger in diesem Zeitraum ergeben hat. Dabei ist die Berechnung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht pro Woche vorzunehmen, sondern gemäß § 11 Abs. 4 BMT-AW II im Zeitraum von 26 Wochen, also einem halben Jahr.
Es ist aus dem Vortrag nicht ersichtlich, dass der Kläger tatsächlich in diesem Zeitraum nach der nunmehr vorgenommenen Berechnung Betriebsratsarbeit außerhalb der Arbeitszeit geleistet hat, so dass insgesamt gesehen die Betriebsratsarbeit durch die pauschale Freistellung abgegolten worden ist. Damit steht dem Kläger auch ein Freizeitausgleich nicht zu, ebenso wenig wie eine Mehrarbeitsvergütung.
Auf die Frage, ob die Ausübung der Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der individuellen Arbeitszeit erfolgte, sowie auf die Frage, ob es sich um erforderliche Betriebsratstätigkeit handelte, kommt es deshalb nicht mehr an. Sofern der Kläger darauf hinweist, dass bestimmte Tätigkeiten nicht erfasst oder dokumentiert worden seien, so können diese auch vorliegend keine Berücksichtigung finden, da sie mangels ausreichender Konkretisierung in die Arbeitszeitberechnung nicht aufgenommen werden können.
Nach alledem ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO in Verbindung mit § 64 Abs. 6 ArbGG.
Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.