Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.06.2010, Az.: 12 LB 213/07

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung einer Verlängerung der Geltungsdauer eines Bauvorbescheids; Aufrechterhaltung und Verlängerung eines Bauvorbescheids als immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid; Anwendbarkeit der Geruchsimmissions-Richtlinie auf immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.06.2010
Aktenzeichen
12 LB 213/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 22506
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0622.12LB213.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 18.11.2005 - AZ: 2 A 206/04

Fundstellen

  • BRS-ID 2010, 14-17
  • BauR 2010, 2093-2099
  • BauR 2011, 564
  • DVBl 2010, 1321
  • DÖV 2010, 946
  • FStNds 2010, 760-765
  • FStNds 2010, 765-770
  • NVwZ-RR 2010, 916-920
  • NordÖR 2010, 419-420

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Für die Beurteilung der Frage, ob die Geltungsdauer eines Bauvorbescheides verlängert werden kann, kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde bzw. - sofern sich ein Rechtsstreit über die Verpflichtung zur Verlängerung der Geltungsdauer anschließt - auf den der letzten Tatsacheninstanz an.

  2. 2.

    Ein Bauvorbescheid kann nicht als immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid aufrechterhalten und verlängert werden.

  3. 3.

    Zur Anwendbarkeit der Geruchsimmissions-Richtlinie auf immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen.

Tatbestand

1

Gegenstand des Verfahrens ist die Verlängerung der Geltungsdauer eines Bauvorbescheides über die planungsrechtliche Zulässigkeit (ohne Prüfung der Erschließung) des Neubaus eines Schweinemaststalles mit 700 Mastplätzen.

2

Der Kläger ist Eigentümer des ca. 140 m breiten und zwischen ca. 265 m (an der Nordseite) und 190 m (an der Südseite) tiefen, östlich an die &. in '. angrenzenden Grundstücks Nr. 4 (Gemarkung '., Flur 5, Flurstück 2/1). Das Grundstück ist neben einem Wohnhaus mit einem Stallgebäude, das der Kälberaufzucht dient, und einem Bullenmaststall sowie einem weiteren nicht der Tierhaltung dienenden Gebäude bebaut. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche des Klägers ist 18,7 ha groß.

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Unter dem 29. Juni 1998 ließ der Kläger durch ein Ingenieurbüro eine Bauvoranfrage über den Neubau eines Schweinemaststalles mit 700 Mastplätzen stellen. Nachdem die beigeladene Gemeinde mit Schreiben vom 10. August 1998 zunächst keine Bedenken gegen die Errichtung des beantragten Stalles erhoben hatte, bat sie mit Schreiben vom 24. September 1998, ihre vorherige Stellungnahme als gegenstandslos zu betrachten, weil sie es als ihre Pflicht ansehe, aufgrund der langfristig beabsichtigten baulichen Eigenentwicklung im unmittelbaren Ortskern das beantragte Bauvorhaben in dem geplanten Ausmaß abzulehnen. Zu dieser von ihr als Versagung des Einvernehmens verstandenen Erklärung gab sie unter dem 7. Dezember 1998 eine ergänzende Stellungnahme ab. Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 9. Dezember 1998 die Erteilung des beantragten Bauvorbescheides ab. Auf den Widerspruch des Klägers ersetzte die Bezirksregierung (. mit Bescheid vom 2. Juni 1999 das von der Beigeladenen verweigerte Einvernehmen und ordnete die sofortige Vollziehung der Ersetzung an. Zur Begründung heißt es darin: Das im Außenbereich der beigeladenen Gemeinde geplante Vorhaben sei privilegiert und ihm stünden öffentliche Belange nicht entgegen, denn schädliche Umwelteinwirkungen in Form von unzumutbaren Geruchsbelästigungen würden nicht hervorgerufen. Von der beigeladenen Gemeinde sei als Begründung für die Versagung des Einvernehmens die 55. Änderung des Flächennutzungsplans vorgebracht worden, durch die in einem Bereich östlich des geplanten Vorhabens, der teilweise durch die Immissionsschutzradien des geplanten Schweinestalls überlagert werde, eine Wohnnutzung dargestellt werden solle. Die Änderung des Flächennutzungsplans sei jedoch bisher nicht wirksam geworden und enthalte angesichts des Entwurfsstadiums keine dem Vorhaben entgegenstehende Darstellung. Im Bereich des Mindestabstandes nach der VDI-Richtlinie 3471 sei bisher keine unbeteiligte Wohnbebauung vorhanden. Andere dem Vorhaben entgegenstehende öffentliche Belange seien nicht ersichtlich. Daraufhin erteilte der Beklagte am 15. Juni 1999 den begehrten Bauvorbescheid, behielt aber die Prüfung der Erschließung des Grundstücks einem Bauantrag vor.

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Der Samtgemeindeausschuss der Samtgemeinde)., der die Beigeladene angehört, hatte bereits am 12. Mai 1998 die Aufstellung der am 14. April 2000 genehmigten und der Erschließung weiterer Wohnbauflächen dienenden 55. Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen. Am 28. August 2000 beschloss der Rat der Beigeladenen auf der Grundlage dieser Änderung die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 4, durch den der nördlich der Dorfstraße vorhandene, südöstlich an das Grundstück des Klägers angrenzende Siedlungsansatz u.a. in nordwestlicher Richtung baulich aufgefüllt und als allgemeines Wohngebiet festgesetzt werden sollte. Der Standort für den geplanten Stall liegt etwa 120 m von der Nordwestecke des Bebauungsplangebietes und 140 m vom nächstgelegenen Wohnhaus entfernt. Etwa 260 m südlich des Plangebietes befindet sich die Hofstelle eines größeren landwirtschaftlichen Betriebes, auf der Rinder und Schweine in größerem Umfang gehalten werden. Der Bauleitplanung legte die Beigeladene das Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer (. vom 21. Oktober 1999 zugrunde. Das Gutachten kommt zu der abschließenden Feststellung, dass ausgehend von dem Ergebnis der Ausbreitungsberechnung eine städtebauliche Nutzung des Plangebietes als allgemeines Wohngebiet (WA) aus immissionsschutzrechtlicher Sicht mit Ausnahme eines westlichen bis nordwestlichen Bereiches vertretbar sei, denn unter Berücksichtigung der spezifischen Standorteinflüsse (Windgeschwindigkeiten, -richtungen und -häufigkeiten) werde das zu WA-Gebieten tolerierbare Maß von 1 GE m³ in 3% der Jahresstunden im übrigen Plangebiet nicht überschritten. Der nach Maßgabe der VDI-Richtlinie 3471/3473 (Entwurf) zu geringe Abstand zwischen der nächstgelegenen landwirtschaftlichen Hofstelle des Klägers und dem Bebauungsplangebiet "An der Dorfstraße" könne demnach unterschritten werden.

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Der Kläger ließ diese Begutachtung durch Prof. Dr. *. überprüfen, der in seiner Beurteilung vom 22. April 2001 die Geruchsimmissions-Richtlinie zugrunde legte und zu dem Schluss kam, dass die 15%-Isoplethe (Belastung mit 1 GE/m³ in maximal 15% der Jahresstunden = Immissionswert von 0,15) bis an die Nordwestecke des vorgesehenen Plangebietes heranreiche und sich dann bis zu der im Plangebiet bereits vorhandenen westlichen Bebauung hin bis auf den für nach der Richtlinie für Wohngebiete geltenden Immissionswert von 0,10 abbaue, so dass die 10%-Isoplethe das vorgesehene Wohngebiet in dessen nordwestlichem Bereich etwa kreisförmig schneide. Bei einer weiteren Aufstockung des Schweinebestandes rage die 10%-Linie weit in die vorhandene Wohnbebauung hinein. Das bedeutet zusammenfassend, dass der Bebauungsplan "An der Dorfstraße" nur realisierbar sei, wenn durch eine geeignete Lüftungsanlage an dem Mastschweinestall mit 700 Plätzen eine Reduzierung der Immissionswerte im Plangebiet auf unter 10% der Jahresstunden für 1 GE/m³ ermöglicht werde.

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Am 23. April 2001 beschloss der Rat der Beigeladenen unter Zurückweisung der Anregungen des Klägers den Bebauungsplan Nr. 4 "Dorfmitte, Teil I" als Satzung.

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Der Kläger wandte sich sodann im Wege eines Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (1 MN 3290/01) und im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens (1 KN 2406/01) jeweils ohne Erfolg gegen diesen Bebauungsplan. In seinem Urteil vom 17. Oktober 2002 (1 KN 2406/01) hat der 1. Senat des erkennenden Gerichts ausgeführt, der Bebauungsplan leide nicht an Abwägungsmängeln, die seine Wirksamkeit in Frage stellten.

8

Bereits mit Schreiben vom 21. März 2002 hatte der Kläger beantragt, die Geltungsdauer des ihm erteilten Bauvorbescheides vom 15. Juni 1999 gemäß § 74 Abs. 2 i.V.m. § 77 NBauO zu verlängern. Mit Bescheid vom 28. Juni 2004 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Verlängerung des Bauvorbescheides "gemäß § 9 Abs. 2 i.V.m.§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG" ab. Der Betrieb des Klägers unterliege nunmehr den Regelungen desBundes-Immissionsschutzgesetzes, so dass der Antrag auf Verlängerung des Bauvorbescheides in einen Antrag nach § 9 Abs. 2 BImSchG umgedeutet worden sei. Gemäß der 4. Verordnung zur Durchführung des BImSchG, Anhang Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. a letzter Halbs. sei bei gemischten Tierbeständen die Summe der Vom-Hundert-Anteile zu addieren. Nach den Angaben des Klägers wolle er künftig 140 Rinder und 700 Mastschweine halten. Dies entspreche 140/250% der Grenze für Rinder (Buchst. ee) und 700/1.500% der Grenze für Mastschweine (Buchst. gg), zusammen somit 1.540/1.500 = 102,66% der Grenze für Spalte 2-Betriebe. Weiterhin werde die Grenze der Spalte 2 Buchst. b überschritten, da er insgesamt 173 Großvieheinheiten halten würde, was bei einer bewirtschafteten Fläche von 18,7 ha 9,3 GVE pro ha entspreche. Die Prüfung des Antrags habe ergeben, dass zur Beurteilung der Immissionssituation die Vorlage eines Gutachtens auf der Grundlage der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) erforderlich sei, weil die maßgeblichen Immissionsabstände (erforderlicher Abstand nach TA Luft = 237 m, vorhandener Abstand zur nächsten Wohnbebauung ca. 200 m) zur nächsten Wohnbebauung nicht eingehalten würden. In Fällen, in denen der volle Richtlinienabstand nach TA Luft (fast identisch mit der Abstandsberechnung nach der VDI-Richtlinie) nicht erfüllt sei, werde seitens des Beklagten eine Ausbreitungsberechnung nach der GIRL verlangt. Nach dem vom Kläger geforderten und mit Schreiben vom 20. November 2003 vorgelegten Gutachten auf der Grundlage der GIRL würden im südwestlich (gemeint wohl: südöstlich) vom Betrieb des Klägers liegenden Wohngebiet die zulässigen Immissionswerte im nordöstlichen (gemeint wohl: nordwestlichen) Teil um 5% der Jahresstunden überschritten. Zulässig sei in einem Wohngebiet eine Geruchswahrnehmung von 10% der Jahresstunden. Dieser Wert werde allein durch den Betrieb des Klägers wegen der Verursachung einer Geruchswahrnehmung von 15% der Jahresstunden deutlich überschritten. Das sei nicht zulässig.

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Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung (. mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2004 mit den gleichen Erwägungen als unbegründet zurück.

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Der Kläger hat am 17. November 2004 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Er habe sich gegen die heranrückende Wohnbebauung in dem Normenkontrollverfahren vehement gewehrt und darauf hingewiesen, dass es nicht sein könne, die Wohnbebauung lediglich an der VDI-Richtlinie, sein Vorhaben aber möglicherweise später an der Geruchsimmissions-Richtlinie zu messen. Gleichwohl habe das Oberverwaltungsgericht den Normenkontrollantrag abgelehnt und sei davon ausgegangen, dass die Anwendung der GIRL für nicht nach demBundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungspflichtige Anlagen nicht zwingend vorgeschrieben sei. Seinem Argument, dass der Beklagte die GIRL möglicherweise dennoch anwenden wolle, entgegne das Urteil, dass es im Ermessen der Behörde stehe, dies zu tun; es habe aber zugleich bemerkt, dass ein solcher Konflikt zwischen der Entscheidungsgrundlage der Gemeinde und der der Baubehörde nicht auf dem Rücken des Bürgers (Antragstellers) ausgetragen werden dürfe. Folgerichtig habe er bei seinem Antrag auf Verlängerung des Bauvorbescheides auch verlangt, dass der Beklagte sein Ermessen nunmehr auch entsprechend ausübe.

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Der Kläger hat unter dem 19. Mai 2005 bei dem Beklagten (Eingang am 23. Mai 2005) einen Bauantrag für den Neubau eines Maststalles für 696 Tiere gemäß Bauvorbescheid vom 15. Juni 1999 gestellt.

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Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 28. Juni 2004 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung (. vom 14. Oktober 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Geltungsdauer des ihm erteilten Bauvorbescheides vom 15. Juni 1999 um 4 Jahre zu verlängern.

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Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Er hat erwidert: Da die Errichtung des streitgegenständlichen Mastschweinestalles immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sei, greife für die Verlängerung des Vorbescheides § 9 BImSchG ein. Zur Beurteilung, ob hier schädliche Umwelteinwirkungen vorlägen, seien zunächst die TA Luft und die VDI-Richtlinie 3471 anzuwenden. Wenn sich mit diesen Mitteln jedoch noch kein eindeutiges Ergebnis feststellen lasse und weitere Bedenken hinsichtlich der Unschädlichkeit der Immissionen bestünden, sei eine Beurteilung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie erforderlich. Hier sei das Ermessen der Behörde bei der Entscheidung über die Verlängerung des Vorbescheides dahingehend intendiert gewesen, ein Gutachten nach den Grundsätzen der GIRL einzuholen, da aufgrund des Abstandes des angrenzenden Baugebietes, welches mit Bebauungsplan Nr. 4 "Dorfmitte, Teil I" der beigeladenen Gemeinde vom 23. April 2001 festgesetzt worden sei, zu dem beabsichtigten Schweinestall erhebliche Zweifel an der Unschädlichkeit der Umwelteinwirkungen bestanden hätten. Das Ergebnis des Gutachtens habe ergeben, dass es in der näheren Umgebung der beantragten Anlage zu einer erheblichen Belästigung für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft durch Überschreitung der zulässigen Höchstwerte nach der GIRL um 5% komme. Da dieses nicht zulässig sei, habe die Verlängerung des Vorbescheides abgelehnt werden müssen. Die Feststellung des 1. Senats in seinem Normenkontrollurteil vom 17. Oktober 2002, dass das Vorhaben des Klägers nicht immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sei, sei angesichts der Haltung von (seinerzeit) 59 Aufzuchtkälbern und 78 Mastbullen und der zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Fläche nicht zutreffend gewesen. Somit habe sie eine GIRL-Ausbreitungsberechnung fordern müssen.

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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

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Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18. November 2005 dem Klagebegehren stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe einen Anspruch auf die beantragte Verlängerung der Geltungsdauer des ihm unter dem 15. Juni 1999 erteilten Bauvorbescheides. Rechtsgrundlage für die Verlängerung sei § 9 Abs. 2 Halbs. 2 und Abs. 3 BImSchG in der zur Zeit geltenden Fassung. Die Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kämen zur Anwendung, weil die Genehmigung des geplanten Schweinemaststalles und damit auch die Verlängerung des diesbezüglichen Vorbescheides zur Zeit der mündlichen Verhandlung als dem für die Beurteilung des geltend gemachten Verpflichtungsbegehrens maßgeblichen Zeitpunkt den Bestimmungen dieses Gesetzes unterfalle. Bei der Tierhaltung des Klägers handele es sich um eine nach § 4 Abs. 1 BImSchG i.V.m. §§ 1 und 2 der 4. BImSchV und Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. b des dazugehörigen Anhangs genehmigungsbedürftige Anlage, für die das vereinfachte Genehmigungsverfahren im Sinne von § 19 BImSchG gelte. Dies komme danach unter anderem bei Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren mit Plätzen für mindestens 50 Großvieheinheiten (GV) oder mehr und mehr als 2 GV je ha der vom Inhaber der Anlage regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen zum Zuge; dabei entspreche eine GV einem Lebendgewicht von 500 kg je Haltungsperiode. Diese Voraussetzungen für die Durchführung eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens lägen hier vor. Der Kläger beabsichtige eine Anlage zur Aufzucht von Schweinen und Rindern mit mehr als 50 GV zu betreiben. Allein die Mastschweine, die der Kläger halten wolle, bildeten 42 GV je Haltungsperiode; hinzu kämen 78 Mastbullen und 59 Aufzuchtkälber, so dass die Grenze von 50 GV je Haltungsperiode überschritten werde. Auch die zweite Voraussetzung für die Genehmigungsbedürftigkeit der Anlage, das Überschreiten von 2 GV/ha der vom Kläger landwirtschaftlich genutzten Fläche, sei erfüllt, denn bei einer Größe der landwirtschaftlich genutzten Fläche des Klägers von 18,7 ha ergebe sich unter Berücksichtigung (lediglich) der Mindestanzahl von 50 GV ein Wert von rund 2,6 GV/ha. Dass der Bauvorbescheid ursprünglich aufgrund baurechtlicher Bestimmungen erteilt worden sei, habe für die Frage der Verlängerung seiner Gültigkeitsdauer wegen der inzwischen eingetretenen Genehmigungsbedürftigkeit der Anlage nach Maßgabe des Bundes-Immissionsschutzgesetzes rechtlich keine Relevanz; demzufolge sei der Verlängerungsantrag entsprechend umzudeuten gewesen.

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Nach § 9 Abs. 2 Halbs. 2 BImSchG könne die Geltungsdauer eines Vorbescheides bis zu 4 Jahren verlängert werden; insoweit gelte nach Abs. 3 der Vorschrift u.a. § 6 des Gesetzes entsprechend. Nach Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift sei die Gültigkeitsdauer des Vorbescheides zu verlängern, wenn sichergestellt sei, dass die sich aus § 5 und einer aufgrund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt würden. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG seien genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden könnten (Schutzgebot) und dass Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen werde, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen (Vorsorgegebot). Zwar sei die Frage, ob schädliche Umwelteinwirkungen in diesem Sinne eintreten könnten, in derartigen Fällen grundsätzlich anhand der Regelungen der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - i.V.m. den einschlägigen DIN-Vorschriften und der in Niedersachsen als verbindlich eingeführten Ge-ruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - zu beurteilen. Das würde hier nach der auf diesen Grundlagen erarbeiteten Stellungnahme von Prof. Dr. *. zu dem Ergebnis führen, dass der nach Nr. 3 der GIRL für Wohngebiete einschlägige Immissionswert von 0,10 im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 4 deutlich überschritten werden würde und eine Verlängerung des dem Kläger erteilten Bauvorbescheides nicht in Betracht käme. Dieser Maßstab könne im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Beklagten jedoch keine Anwendung finden. Die dem Grunde nach gegebene Möglichkeit der Bauaufsichtsbehörde, die Zulässigkeit eines Bauvorhabens nach der GIRL und damit unter Berücksichtigung des in § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG enthaltenen Vorsorgegebotes oder aber nach Maßgabe des Schutzgebotes (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG), das weniger weiträumig bemessene Abstände zwischen dem jeweiligen Vorhaben und den benachbarten Wohngebäuden etc. erfordere, zu beurteilen, sei hier auf die Prüfung der Einhaltung des Schutzgebotes beschränkt. Das folge aus dem Umstand, dass die Beigeladene im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 4 - mangels entgegenstehender Anhaltspunkte mit Billigung des Beklagten - zur Ermittlung des notwendigen Abstandes zwischen dem Plangebiet und dem vom Kläger geplanten Schweinemaststall auf die VDI-Richtlinie 3471 i.V.m. der auf der Grundlage der VDI-Richtlinie 3782 durchgeführten Ausbreitungsberechnung und den sich daraus ergebenden "Schutz"-Abstand, nicht aber auf die auch das Vorsorgegebot berücksichtigende GIRL abgestellt habe. Wenn nunmehr gleichsam spiegelbildlich dieselbe bauplanungsrechtliche Konfliktsituation anlässlich der Frage einer etwaigen Verlängerung eines positiven Bauvorbescheides bezüglich dieses (im Bebauungsplanverfahren schon berücksichtigten) Schweinemaststalls zu beurteilen sei, könne kein anderer Maßstab gelten. Im Rahmen der Bauleitplanung dürfe hinsichtlich der Geruchsimmissionen kein anderes Prognosemodell verwendet werden als im bauaufsichtlichen Verfahren. Das gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Vorhaben des Klägers aufgrund der inzwischen eingetretenen Änderung der 4. BImSchV jetzt grundsätzlich der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren unterliege und der Beklagte in ständiger Übung nunmehr in immissionsschutzrechlichen Fällen, in denen auch über bauplanungsrechtliche Fragen zu entscheiden sei, die GIRL anwende. Dieser Konflikt dürfe "nicht auf dem Rücken des Bürgers ausgetragen werden" (Nds. OVG, Urt. v. 16.10.2002 - 1 KN 2406/01 -). Im Übrigen komme hier hinzu, dass die in Bezug auf die nach demBundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlagen grundsätzlich anzuwendende GIRL nach dem Abschnitt 1 der Nds. Verwaltungsvorschrift zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen (Gem. RdErl. d. MU, d. MFAS, d. ML u. MW v. 14.11.2000, Nds. MBl. 2001, 224) für den hier betroffenen Bereich der Landwirtschaft ohnehin nicht anzuwenden sei, wenn sich die auftretende Problemkonstellation nach der TA Luft sowie u.a. der VDI 3471 lösen lasse. Letzteres sei hier ausweislich der Ausbreitungsberechnung der Landwirtschaftskammer (. vom 21. Oktober 1999 der Fall. Auch dies spreche dafür, dass der Beklagte jedenfalls in der hier gegebenen Fallkonstellation von seiner sonst diesbezüglichen üblichen Verwaltungspraxis absehe. Daraus folge, dass bei der Beurteilung der Frage, ob es durch die Genehmigung der geplanten Schweinemastanlage zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG komme, auf das von der Landwirtschaftskammer (. unter dem 21. Oktober 1999 erstellte Immissionsschutzgutachten abzustellen sei. Danach ergebe sich innerhalb des Plangebietes eine durch das Vorhaben des Klägers bedingte Überschreitungshäufigkeit der Geruchsstoffkonzentration von 1 GE/m³ in maximal 3% der Jahresstunden. Eine derartige Belastung sei innerhalb eines allgemeinen Wohngebiets hinzunehmen. Aus diesem Grunde führe die geplante Tierhaltung nicht zu unzumutbaren Beeinträchtigungen in dem hier zu berücksichtigenden Umfeld. Anhaltspunkte dafür, dass der Verlängerung der Geltungsdauer des Vorbescheides andere Umstände entgegenstünden, seien nicht ersichtlich.

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Auf den Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 30. Mai 2007 (12 LA 7/07) die Berufung gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, weil der Beklagte in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise dargelegt habe, dass jedenfalls insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden, als er zur Verlängerung des dem Kläger erteilten Vorbescheides vom 15. Juni 1999 um vier Jahre verpflichtet worden sei.

19

Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte geltend: Bereits die Tenorierung des Urteils sei rechtsfehlerhaft, soweit das Verwaltungsgericht ihn verpflichtet habe, die Geltungsdauer des dem Kläger erteilten Vorbescheides um vier Jahre zu verlängern. Gemäߧ 9 Abs. 2 BImSchG sei die Geltungsdauer eines Vorbescheides zunächst auf zwei Jahre begrenzt, diese Frist könne auf insgesamt vier Jahre verlängert werden. Hingegen habe der Verpflichtungsausspruch des Verwaltungsgerichts zur Folge, dass der Vorbescheid auf insgesamt sieben Jahre zu verlängern wäre, denn der Bauvorbescheid habe bereits eine Laufzeit von drei Jahren gehabt. Hier sei nach Sinn und Zweck des Gesetzes allenfalls noch eine Verlängerung um ein Jahr in Betracht gekommen. Bei der durch den Kläger betriebenen Tierhaltungsform handele es sich nunmehr unstreitig um eine genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne desBundes-Immissionsschutzgesetzes, so dass auch das Vorsorgegebot zu beachten sei und nicht ausnahmsweise andere Maßstäbe (Anwendung der VDI-Richtlinie 3471) zu gelten hätten. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts bestünden auch erhebliche Zweifel, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfüllt seien, weil ohne den Einbau von entsprechenden lüftungstechnischen Apparaturen erhebliche Belästigungen und schädliche Umwelteinwirkungen für die angrenzende Wohnbebauung hervorgerufen würden. Die Entscheidung über die Verlängerung des Vorbescheides stehe überdies im Ermessen des Beklagten. Dass der seinerzeit ermessensfehlerfrei durch die Beigeladene erlassene Bebauungsplan aufgrund einer geänderten Gesetzeslage nunmehr zur Unzulässigkeit des Vorhabens des Klägers führe, sei Folge eben dieser geänderten Gesetzeslage. Es handele sich hier um eine übliche Folge der Einführung von verschärften Immissionsschutzvorschriften, deren Anwendung kein ausreichender Grund sei, um von intendiertem Ermessen, welches die Anwendung der GIRL nunmehr vorsehe, abzuweichen. Das Urteil stehe auch in erkennbarem Widerspruch zum Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Oktober 2002 (1 KN 2406/01). Zwar werde dort zutreffend ausgeführt, dass für die Bauleitplanung und das bauaufsichtliche Verfahren grundsätzlich dasselbe Prognosemodell zugrunde zu legen sei. Daraus ziehe das Verwaltungsgericht aber die falschen Schlüsse, soweit es außer Acht lasse, dass die Verwendung unterschiedlicher Prognoseentscheidungen hier auf einer zwischenzeitlich geänderten Rechtslage und Verwaltungspraxis beruhe. Mit der Formulierung "selbst wenn sich der Antragsteller in einem gerichtlichen Verfahren mit seinem Anspruch auf Verlängerung des Bauvorbescheides durchsetzen sollte, liegt es nahe, dass ein solcher Konflikt nicht auf dem Rücken des Bürgers ausgetragen werden darf ...", habe das Oberverwaltungsgericht schon deutlich signalisiert, dass es dem Verpflichtungsbegehen des Klägers auf Verlängerung des Bauvorbescheides wenig Aussicht auf Erfolg einräume. Mit "Bürger" im vorgenannten Sinne sei nicht der Kläger, sondern die vom emittierenden Betrieb des Klägers betroffenen Nachbarn des angrenzenden allgemeinen Wohngebietes gemeint. Des Weiteren mangele es dem Kläger am erforderlichen Rechtsschutzinteresse, denn er habe seit Erteilung des Vorbescheides bis heute keinerlei ernstliche Anstalten unternommen, sein Vorhaben mit dem gebotenen Nachdruck voranzutreiben, so dass sich unweigerlich der Eindruck aufdrängen müsse, dass er ohnehin nicht beabsichtige, sein Vorhaben zu realisieren.

20

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 18. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

21

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise festzustellen,

dass die von ihm beantragte Verlängerung des Bauvorbescheides bis 15. Juni 2006 hätte erteilt werden müssen.

22

Er erwidert: Die Tenorierung und die Entscheidung in der Sache stellten sich als richtig dar. Es sei konsequent gewesen, bei der Verlängerung des Vorbescheides den "vollen" im Rahmen des § 9 BImSchG möglichen Zeitraum zuzusprechen. Es sei auch keine Erledigung eingetreten. Nach derzeitigem Stand des Verfahrens sei wegen der Hemmung des Fristablaufs des Bauvorbescheides die Geltungsdauer nicht abgelaufen. Zwar entfalle die Bindungswirkung mit Ablauf der Geltungsdauer des Vorbescheides, das setze jedoch die vollumfängliche Wirksamkeit desselben voraus. Daran fehle es nicht nur bei einer Anfechtung durch einen Nachbarn, sondern auch dann, wenn die Erlassbehörde selbst die Wirksamkeit des Vorbescheides negiere und rechtzeitig vor Fristablauf ein Verlängerungsantrag gestellt worden sei. Durch die rechtswidrige Weigerung des Beklagten, den Bauvorbescheid zu verlängern, werde ein rechtlicher/tatsächlicher Schwebezustand erzeugt, der es dem Berechtigten verwehre, die aus dem Bescheid resultierende Rechtsposition wahrzunehmen. Die Genehmigungsvoraussetzungen hätten sich zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht zu seinem - des Klägers - Nachteil geändert. Der Beklagte sei sich über die bevorstehende Änderung des Bebauungsplans bereits bei Erteilung des Bauvorbescheides im Klaren gewesen. Somit dürfe eine erneute grundsätzliche Überprüfung der Rechtslage bei der bloßen Verlängerung des Vorbescheides nicht stattfinden. Es sei deshalb unter Billigkeitsgesichtspunkten auch nicht gerechtfertigt, ihn - wie z.B. mit Schreiben vom 30. Juni 2005 geschehen - aufzufordern, einen Antrag nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz vorzulegen, da ansonsten die Ablehnung des gestellten Bauantrages erfolgen werde. Über seinen Bauantrag sei nach wie vor nicht entschieden worden. Werde vor Ablauf der Geltungsdauer des Vorbescheides ein Genehmigungsantrag gestellt, so bestehe dessen Bindungswirkung - auch im Rahmen des Verfahrens nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz - fort. Der Beklagte müsse sein Ermessen unter verständiger Würdigung seiner - des Klägers - Rechtsposition und unter Berücksichtigung des Urteils des 1. Senats vom 16. Oktober 2002 (1 KN 2406/01) dahingehend ausüben, eine Überprüfung der materiellen Voraussetzungen über den von ihm vorgetragenen und gesteckten Rahmen hinaus zu seinen Lasten zu unterlassen. Es bestehe auch ein Anspruch auf Verlängerung des Bauvorbescheides, denn die materiellen Voraussetzungen seien gegeben. Die geplante Erweiterung unterliege nicht den Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Mit der geplanten Erweiterung um einen Stall für 700 Mastschweine bewege sich das Vorhaben unterhalb der Schwelle von 50 Großvieheinheiten. Das in dem Bebauungsplan festgesetzte allgemeine Wohngebiet liege am Rande zum Außenbereich, so dass stärkere Geruchsbelastungen hinzunehmen seien. Er habe seine Planungen auch zu einem Zeitpunkt betrieben, zu dem das Wohngebiet nicht planungsrechtlich festgesetzt gewesen sei. Wenn die genannte Entscheidung des 1. Senats zu dem Ergebnis gelangt sei, dass sein - des Klägers - Vorhaben mit der heranrückenden Wohnbebauung vereinbar sei, so dürfe im Hinblick auf die Verlängerung des Bauvorbescheides nicht von anderen Voraussetzungen ausgegangen werden. Dies gelte insbesondere unter dem Gesichtspunkt des überwirkenden Bestandsschutzes. Dieser schließe insbesondere betriebswirtschaftlich sinnvolle und/oder immissionsschutzrechtlich oder sonst notwendige Erweiterungen nicht aus, soweit sich der Gebietscharakter dadurch - wie hier - nicht ändere. Sollte die Bindungswirkung des Bauvorbescheides am 15. Juni 2006 entfallen sein, so sei das Fortsetzungsfeststellungsbegehren statthaft und begründet. Die Feststellung habe präjudizielle Wirkung im Hinblick auf den Bauantrag, aber gegebenenfalls auch im Hinblick auf Schadensersatzforderungen aufgrund der langen Verzögerung.

23

Die Beigeladene stellt keinen Antrag und hat sich nicht geäußert.

24

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die vom Senat zugelassene und auch sonst statthafte Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. November 2005 ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 28. Juni 2004 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung (. vom 14. Oktober 2004 zu Unrecht verpflichtet, die Geltungsdauer des dem Kläger erteilten Vorbescheides vom 15. Juni 1999 um vier Jahre zu verlängern. Die auf dieses Ziel gerichtete Klage ist zulässig, aber unbegründet (I.). Auch der im Berufungsverfahren gestellte Hilfsantrag des Klägers festzustellen, dass die beantragte Verlängerung des Bauvorbescheides bis zum 15. Juni 2006 hätte erteilt werden müssen, hat keinen Erfolg (II.).

26

I.

Dem Kläger kann das Rechtsschutzinteresse an der Fortführung des Verfahrens nicht abgesprochen werden. Zwar macht der Beklagte insoweit geltend, der Kläger habe seit Erteilung des Vorbescheides im Jahre 1999 keinerlei ernstliche Anstalten unternommen, um sein Vorhaben mit dem gebotenen Nachdruck voranzutreiben, so dass sich der Eindruck aufdrängen müsse, er wolle es ohnehin nicht realisieren. Der Kläger hat aber - zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - erklärt, sein Interesse an der Durchführung des Erweiterungsvorhabens bestehe nach wie vor. Unter diesen Umständen und im Hinblick auf die bislang ungeklärte Rechtslage ist ein Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Fortführung des Verfahrens nicht zu verneinen.

27

Einen Anspruch auf die begehrte Verlängerung der Geltungsdauer des Vorbescheides hat der Kläger aber nicht.

28

1.

Gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 NBauO wird der Bauvorbescheid ungültig, wenn nicht innerhalb von drei Jahren nach seiner Erteilung der Bauantrag gestellt wird. Gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 NBauO gelten jedoch die §§ 71 bis 73, 75 und 77 Sätze 2 bis 4 sinngemäß. Das bedeutet u.a., dass die Dreijahresfrist auf schriftlichen Antrag um jeweils höchstens drei Jahre verlängert werden kann und die Verlängerung auch rückwirkend möglich ist, wenn der Antrag vor Fristablauf bei der Bauaufsichtsbehörde eingegangen ist (§ 77 Satz 3 und 4 NBauO). Der Gesetzgeber hat damit ausdrücklich angeordnet, dass auch eine Verlängerung eines durch Fristablauf an sich erloschenen Bauvorbescheides noch möglich ist. Er hat damit der Überlegung Rechnung getragen, dass dem Bauherrn das mit der Dauer des Verlängerungsverfahrens verbundene Risiko des Fristablaufs nach Antragstellung nicht aufgebürdet werden darf, weil die Bearbeitungsdauer in den Verantwortungsbereich der Bauaufsichtsbehörde fällt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 6.1.1995 - 1 L 457/93 -, BRS 57 Nr. 194 = NVwZ-RR 1995, 246; Schmaltz, in: Große-Suchsdorf/Lindorff/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 8. Aufl., § 77 Rdn. 18). Da der mit Schreiben vom 21. März 2002 gestellte Antrag des Klägers, die Geltungsdauer des ihm erteilten Bauvorbescheides vom 15. Juni 1999 gemäß § 74 Abs. 2 i.V.m. § 77 NBauO zu verlängern, am 22. März 2002 bei dem Beklagten eingegangen ist, ist der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Geltungsdauer des Bauvorbescheides gestellt worden und erfüllt damit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 77 Satz 3 und 4 NBauO.

29

Ein Hinderungsgrund besteht insoweit auch nicht deshalb, weil die ursprüngliche Geltungsdauer des Vorbescheides bereits im Juni 2002 und selbst die mit dem angefochtenen Urteil verfügte Verlängerung im Juni 2006 abgelaufen wäre. Wird ein Verlängerungsantrag rechtzeitig gestellt, so hemmt dieser den Ablauf der Frist der Geltungsdauer. Diese Wirkung tritt auch insoweit ein, als der die Verlängerung begehrende Kläger gegen die Verweigerung der Verlängerung des Vorbescheides Widerspruch einlegt und Verpflichtungsklage erhebt. Da die Frist rückwirkend verlängert werden kann, bleibt auch in diesem Fall die Möglichkeit erhalten, die Geltungsdauer des Vorbescheides bis zur unanfechtbaren Entscheidung über den Rechtsbehelf zu verlängern (vgl. nur Kolbeck, Bauvoranfrage und Bauvorbescheid, 1. Aufl. 2010, S. 294). Unter diesen Umständen kann dahinstehen, welche Bedeutung es hat, dass der Kläger während der vom Verwaltungsgericht verfügten Verlängerungsfrist mit Schreiben vom 19. Mai 2005 - beim Beklagten eingegangen am 23. Mai 2005 - einen Bauantrag gestellt hat, zu dieser Zeit das Vorhaben aber immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig war.

30

2.

Die begehrte Verlängerung der Geltungsdauer des Bauvorbescheides scheitert hiernach nicht an formellen Voraussetzungen, kommt aber aus materiell-rechtlichen Gründen nicht in Betracht. Die Verlängerung der Geltungsdauer eines Bauvorbescheides ist an die gleichen Voraussetzungen wie die Neuerteilung gebunden, weil die Verlängerung der Geltungsdauer in der Sache nichts anderes bedeutet als die Erteilung eines neuen Vorbescheides, wenn auch unter erleichterten Verfahrensbedingungen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 6.1.1995, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.12.1987 - 11 A 1942/87 -, BRS 47 Nr. 140 = DÖV 1988, 842; Schmaltz, a.a.O., Rdn. 15; Kolbeck, a.a.O., S. 291; jew. m.w.N.). Sinn und Zweck der zeitlich begrenzten Geltungsdauer ist eine Abwägung der Schutzbedürftigkeit des Bauinteressenten, der für die Planung und Vorbereitung des Vorhabens eine gewisse Zeit benötigt, mit dem öffentlichen Interesse an einer Anpassung der Entscheidung an veränderte sachliche und rechtliche Verhältnisse. Mithin hat der Gesetzgeber die Schutzbedürftigkeit des Bauherrn hinsichtlich seines Vertrauens auf einen Fortbestand des Bauvorbescheides auf die Geltungsdauer beschränkt. Daraus folgt auch, dass die Behörde bei der Entscheidung über die Verlängerung der Geltungsdauer nicht an ihre bisherige positive rechtliche Beurteilung gebunden ist, sondern sie dabei ebenso "frei" wie bei der erstmaligen Erteilung des Bauvorbescheides handeln kann (vgl. bereits OVG Lüneburg, Urt. v. 25.8.1976 - 1 OVG A 7/75 -, AgrarR 1977, 183). Die Bauaufsichtsbehörde ist bei der Verlängerung auch nicht an die in dem ursprünglichen Bauvorbescheid vertretene Rechtsansicht gebunden. Sie kann trotz unveränderter Sach- und Rechtslage zu einer anderen Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens gelangen, denn der Bauherr ist nur für die Geltungsdauer des Bauvorbescheides vor einer solchen Änderung geschützt (vgl. Schmaltz, a.a.O., Rdn. 15). Das bedeutet nicht nur, dass eine Bindung nicht besteht, soweit der Vorbescheid ursprünglich rechtswidrig erteilt worden ist, vielmehr hat die zuständige Behörde auf den Verlängerungsantrag in einem neuen Verfahren über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem nunmehr geltenden Recht zu entscheiden und dabei auch eine eingetretene Änderung der Sach- oder Rechtslage zu berücksichtigen. Dem Umstand, dass seitens der Bauaufsichtsbehörde bereits im Vorbescheidsverfahren eine Entscheidung über die zur Prüfung gestellten Fragen getroffen worden ist und daher die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse sowie die sich in diesem Zusammenhang stellenden Fragen jedenfalls nach dem Stand der damaligen Entscheidung bekannt sind, wird dadurch Rechnung getragen, dass über den Verlängerungsantrag in einem modifizierten vereinfachten Verfahren entschieden werden kann.

31

3.

Mit Blick auf die Rechtsnatur der Entscheidung über die Verlängerung der Geltungsdauer ist mit der ganz überwiegenden Auffassung auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde bzw. - sofern sich ein Rechtsstreit über die Verpflichtung zur Verlängerung der Geltungsdauer anschließt - auf den der letzten Tatsacheninstanz abzustellen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.12.1987, a.a.O.; OVG Bremen, Urt. v. 14.3.1989 - 1 BA 39/88 -, BRS 49 Nr. 112; Kolbeck, a.a.O., S. 292 f; in diesem Sinne wohl auch der 1. Senat des Nds. OVG in seinem Urteil vom 6.1.1995, a.a.O.). Das entspricht der Regel, dass bei Verpflichtungsbegehren der Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung bzw. bei einem anschließenden Rechtsstreit der der letzten Tatsacheninstanz als maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussichten anzusehen ist. Hat sich also etwa die Sach- oder Rechtslage geändert mit der Folge, dass ein Bauvorbescheid nicht mehr erteilt werden kann, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Verlängerung (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.12.1987, a.a.O.; Bay.VGH, Urt. v. 30.4.1993 - 1 B 91.2198 -, NVwZ 1994, 307). Das gilt im Übrigen auch, wenn sich die Sach- und Rechtslage zwar nicht geändert hat, die Behörde inzwischen aber eine andere Rechtsauffassung gewonnen hat (OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; Bay.VGH, a.a.O.).

32

Die Beurteilung, ob die Sach- und Rechtslage gleich geblieben ist und die Voraussetzungen für die Erteilung eines Bauvorbescheides nach wie vor vorliegen oder ob sich die Sach- und Rechtslage inzwischen gegenüber der im Zeitpunkt der Bescheiderteilung geändert hat und damit die Voraussetzungen für die Erteilung des Bauvorbescheides weggefallen sind, soll allerdings nach einer vereinzelt gebliebenen Auffassung im Hinblick auf den Zeitraum der (ursprünglich) beantragten Geltungsverlängerung getroffen werden (so VG Kassel, Urt. v. 16.6.2004 - 2 E 1547/01 -, [...]). Diese Auffassung ist jedoch nicht mit der Notwendigkeit zu vereinbaren, dass die Bauaufsichtsbehörde aufgrund eines Verlängerungsantrags das Vorhaben daraufhin zu überprüfen hat, ob es nach wie vor dem maßgeblichen öffentlichen Recht entspricht. Dafür ist auch bei Verlängerung eines Bauvorbescheides entscheidend die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Verlängerungsantrag, weil für die Verlängerung in der Sache die gleichen Anforderungen gelten wie für die erstmalige Erteilung. Die Bauaufsichtsbehörde hat also insbesondere zu prüfen, ob es zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage gekommen ist und dies zu einer abweichenden Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens führt. Angesichts des Sinn und Zwecks der zeitlichen Begrenzung der Geltungsdauer können im Rahmen der Verlängerung veränderte Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht unberücksichtigt bleiben. Dazu gehören nicht nur neue rechtliche Anforderungen, sondern auch veränderte technische Erkenntnisse oder Erfahrungen sowie eine geänderte Rechtsprechung oder Verwaltungspraxis. Unter diesem Blickwinkel kann bei der Verlängerung der Geltungsdauer nicht lediglich die in dem Zeitraum von der Erteilung bis zur Entscheidung über die Verlängerung geltende Sach- und Rechtslage oder - bei späterer gerichtlicher Beurteilung - die Sach- und Rechtslage in dem Zeitraum, auf den sich die Verlängerung der Geltungsdauer erstrecken soll, zugrunde gelegt werden. Der Gesetzeszweck erfordert kein Abweichen von der Regel, die bei Verpflichtungsbegehren den Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung bzw. bei einem anschließenden Rechtsstreit den der letzten Tatsacheninstanz als maßgeblichen Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussichten (hier für den Antrag auf Verlängerung der Geltungsdauer des Bauvorbescheides) annimmt. Andernfalls müsste bei einem - möglicherweise wiederholten - Verlängerungsantrag eine frühere Rechtslage geprüft und auf ihrer Grundlage der Bauvorbescheid erteilt werden, obwohl dies nach geltendem Recht nicht möglich wäre. Die Interessen des Bauherrn rechtfertigen eine derartige Handhabung nicht. Die Geltungsdauer des Bauvorbescheides hat - wie dargelegt - den Zweck, dem Bauinteressenten für die Vorbereitung des Bauvorhabens eine gewisse Zeit zur Verfügung zu stellen, in der er geänderten öffentlich rechtlichen Vorschriften, einer geänderten Sachlage oder neuen Erkenntnissen der Baugenehmigungsbehörde keine Rechnung tragen muss. Der ihm eröffnete Entscheidungszeitraum ist jedoch von vornherein erkennbar auf drei Jahre begrenzt. Ein weitergehender Schutz des Bauherrn ist nicht geboten. Angesichts der beim Antrag auf Fristverlängerung eröffneten materiellen Prüfungskompetenz der Bauaufsichtsbehörde sprechen keine durchgreifenden Gründe dafür, diese Kompetenz auf die Prüfung der Änderung der Sach- oder Rechtslage seit Erteilung des ersten Bauvorbescheides oder der Beeinträchtigung gewichtiger gegenläufiger Interessen zu beschränken. Die einer Neuerteilung des Bauvorbescheides gleichkommende Verlängerung seiner Geltungsdauer muss die feststellende Wirkung dieses Bescheides, die die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit den geprüften Rechtsnormen zum Gegenstand hat, in Rechnung stellen. Damit wäre eine allein auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum bezogene Beurteilung, die hingegen an der aktuellen Rechtslage vorbeiginge, nicht zu rechtfertigen (vgl. insbesondere OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.12.1987, a.a.O.).

33

Auch umgekehrt ist ein überzeugender Grund dafür, einen Verlängerungsantrag unter Berufung auf die frühere Rechtslage abzulehnen, obwohl bei aktueller Betrachtung das Begehren Erfolg haben müsste, nicht erkennbar. Denn auch im Falle einer begehrten Neuerteilung des Bauvorbescheides müsste zweifelsfrei auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch die Behörde bzw. in einem Streitverfahren durch das Gericht abgestellt werden. Soweit das VG Kassel darauf hingewiesen hat, dass es sich bei der Verlängerung der Geltungsdauer eines bereits erteilten Vorbescheids um einen anderen Streitgegen-stand als bei der Neuerteilung handele, weil die Verlängerung nach der hess. Landesbauordnung jeweils höchstens für ein Jahr ausgesprochen werden könne und es sich insoweit um eine Ermessensentscheidung handele, überzeugt auch diese Argumentation nicht. Sie trifft auch die niedersächsische Rechtslage nicht. Danach ist die Geltungsdauer des Bauvorbescheides zunächst auf drei Jahre beschränkt (§ 74 Abs. 2 Satz 1 NBauO) und kann sie (jeweils höchstens) um denselben Zeitraum verlängert werden (§ 77 Satz 3 NBauO). Die Verlängerung der Geltungsdauer als solche steht auch nicht im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde. Vielmehr hat der Bauherr ebenso wie auf die Erteilung eines Bauvorbescheides auch einen Rechtsanspruch auf die Verlängerung des Bauvorbescheides, wenn das Vorhaben in dem Umfang, in dem es zur Prüfung gestellt worden ist, dem nunmehr geltenden öffentlichen Baurecht entspricht (Nds. OVG, Urt. v. 6.1.1995, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.12.1987, a.a.O.; Schmaltz, a.a.O., § 77 NBauO Rdn. 15, § 74 NBauO Rdn. 10; Kolbeck, a.a.O., S. 290). Dass der Bauaufsichtsbehörde eingeräumte Ermessen bezieht sich demgegenüber nur auf Fragen der Verfahrensabwicklung; so mag die Behörde berechtigt sein, vom Bauinteressenten in Zweifelsfällen die neuerliche Vorlage von Bauantragsunterlagen bis hin zur erneuten Antragstellung zu fordern. Darüber hinaus erstreckt sich das Ermessen auf die zu gewährende Fristlänge (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.12.1987, a.a.O.).

34

4.

Hier verhält es sich so, dass die von dem Kläger begehrte Verlängerung der Geltungsdauer des Bauvorbescheides im maßgeblichen Zeitpunkt der Senatsentscheidung nach Baurecht zu beurteilen ist und nicht daran scheitert, dass das streitige Vorhaben der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit unterliegt. So lag es allerdings noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, während bei Erteilung des ursprünglichen Bauvorbescheides am 15. Juni 1999 das Vorhaben nicht der Genehmigungspflicht nach demBundes-Immissionsschutzgesetz unterfiel.

35

Das ergibt sich im Einzelnen aus Folgendem: Eine Genehmigungspflicht nach Immissionsschutzrecht beruht auf § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i.V.m. der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV), dort §§ 1 und 2, sowie dem Anhang, hier Nr. 7.1. Zur Zeit der Erteilung des Bauvorbescheides im Jahre 1999 waren erst Anlagen zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Schweinen mit 2.000 Mastschweineplätzen (Schweine von 30 kg oder mehr Lebendgewicht) immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig (Nr. 7.1 Buchst. e des Anhangs in der seinerzeit maßgeblichen Fassung). Darunter fiel das Vorhaben des Klägers mit 700 Mastschweineplätzen ersichtlich nicht.

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Durch das Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 - sog. Artikelgesetz - (BGBl. I S. 1950) wurden weitergehende Genehmigungserfordernisse eingeführt. Danach waren Anlagen zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Schweinen mit 1.500 bis weniger als 2.000 Mastschweineplätzen (Schweine von 30 kg oder mehr Lebendgewicht) nach Nr. 7.1 Spalte 2 des Anhangs genehmigungsbedürftig sowie Anlagen zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern mit 250 bis weniger als 350 Rinderplätzen und 300 bis weniger als 1.000 Kälberplätzen (Nr. 7.1. Spalte 2 Buchst. a Doppelbuchst. gg bzw. ee und ff). Bei gemischten Beständen waren die Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die vorgenannten Platzzahlen jeweils ausgeschöpft werden, zu addieren; erreichte die Summe der Vom-Hundert-Anteile einen Wert von 100, war ein Genehmigungsverfahren durchzuführen. Genehmigungspflichtig waren danach auch Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren mit Plätzen für 50 Großvieheinheiten oder mehr und mehr als 2 Großvieheinheiten je Hektar der vom Inhaber der Anlage regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Fläche, wobei eine Großvieheinheit einem Lebendgewicht von 500 kg je Haltungsperiode entsprach (Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. b).

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Unter Heranziehung dieser Rechtsgrundlagen hat der Beklagte mit Ablehnungsbescheid vom 28. Juni 2004 die Auffassung vertreten, dass das geplante Vorhaben nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftig sei und dies sowohl nach Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. a (Addition der Summe der Vom-Hundert-Anteile bei gemischten Tierbeständen) als auch nach Spalte 2 Buchst. b bejaht. Im Ansatz hat der Beklagte zu Recht auch auf den Gesamtbetrieb abgestellt, denn nach§ 1 Abs. 5 der 4. BImSchV bedarf die gesamte Anlage der Genehmigung, wenn die maßgebende Anlagengröße erstmalig durch Erweiterung einer bestehenden - nicht genehmigungsbedürftigen - Anlage überschritten wird. Hinsichtlich der Berechnung nach Buchst. a hat der Beklagte allerdings angenommen, der Kläger wolle zukünftig 140 Rinder und 700 Mastschweine halten. Das beruht offenbar auf Angaben, die der Kläger selbst in einer Übersicht vom 26. April 2000 gemacht hatte, wobei dort allerdings differenziert wird hinsichtlich der Rinderhaltung zwischen 100 Rindern und 40 Mastkälbern. Demgegenüber geht sowohl das Gutachten der Landwirtschaftskammer (. aus dem Jahre 1999 als auch die gutachterliche Stellungnahme von Prof. *. aus dem April 2001 von einem Besatz mit 59 Kälbern und 78 Mastbullen aus. Legt man diese Zahlen zugrunde, so kommt man zu Anteilen von 295/1.500 der Grenze für Kälber, von 468/1.500 der Grenze für Mastbullen und 700/1.500 der Grenze für Mastschweine, also insgesamt 1.463/1.500 in der Addition. Danach wird ein Wert von 100 nicht erreicht. Anders verhielte es sich indes nicht nur dann, wenn man der Berechnung des Beklagten folgte, sondern auch, wenn man bei den 140 Rindern, die der Beklagte zugrunde gelegt hat, nach Kälbern (= 40) und Mastbullen (= 100) - wie in der Übersicht des Klägers vom 26. April 2000 - differenzieren würde. Danach ergäben sich Vom-Hundert-Anteile in Höhe von 200/1.500 bei Kälbern, 600/1.500 bei Mastbullen und 700/1.500 bei Mastschweinen, also in der Addition 1.500/1.500, so dass ein Wert von 100 erreicht würde.

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Die vorgenannten Unstimmigkeiten können letztlich dahingestellt bleiben, weil die vormalige Genehmigungsbedürftigkeit nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz von dem Beklagten jedenfalls zu Recht nach Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. b angenommen worden ist. Da bereits 700 Mastschweine 84 Großvieheinheiten ergeben (700 x 0,12 = 84,0; vgl. dazu auch das Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer (. vom 21.10.1999) und daraus bei einer landwirtschaftlichen Fläche von 18,7 ha ein Wert von mehr als 2 Großvieheinheiten je Hektar, nämlich 4,5 GV/ha, folgt, war die Genehmigungsbedürftigkeit nach dieser Regelung zweifelsfrei.

39

Indes ist die Genehmigungsbedürftigkeit nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz inzwischen nicht mehr gegeben. Der Anlagenkatalog des Anhangs zur 4. BImSchV ist durch Art. 3 des Gesetzes zur Reduzierung und Beschleunigung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vom 23. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2470), der sogenannten Beschleunigungsnovelle 2007, verändert und der Umfang der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit reduziert worden. Die Neuregelung ist seit dem 24. Oktober 2007 in Kraft. Danach ist die Regelung in Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. b aufgehoben worden. Die Mengenschwellen bei Anlagen zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Mastschweinen sind zwar unverändert geblieben (jetzt Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. g), die Mengenschwellen bei Anlagen zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern sind jedoch heraufgesetzt worden, so dass eine Genehmigungsbedürftigkeit (im vereinfachten Verfahren) nur noch bei 600 oder mehr Rinderplätzen nach Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. e und 500 oder mehr Kälberplätzen nach Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. f besteht. Danach wird auch bei Addition der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die sogenannten Platzzahlen jeweils ausgeschöpft werden, in keinem Fall und nach keiner Berechnungsmethode eine Summe der Vom-Hundert-Anteile mit einem Wert von 100 erreicht, so dass nach heutiger Betrachtung ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren nicht (mehr) durchzuführen ist. Unterfällt das Vorhaben somit (wieder) dem baurechtlichen Regime, so ist bei einer auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abstellenden Beurteilung eine Verlängerung der Geltungsdauer des dem Kläger erteilten Bauvorbescheides nicht von vornherein ausgeschlossen.

40

5.

Einer Verlängerung der Geltungsdauer des Bauvorbescheides stehen aber sachliche Hinderungsgründe entgegen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Beklagte materiell-rechtlich nicht verpflichtet, die Geltungsdauer des dem Kläger erteilten Bauvorbescheides zu verlängern. Eine Verlängerung um vier Jahre - wie tenoriert - kommt erst recht nicht in Betracht.

41

Gemäß § 74 Abs. 1 ist für eine Baumaßnahme auf Antrag über einzelne Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbständig beurteilt werden können, durch Bauvorbescheid zu entscheiden. Das gilt auch für die - hier vom Kläger gestellte - Frage, ob eine Baumaßnahme nach städtebaulichem Planungsrecht zulässig ist (§ 74 Abs. 1 Satz 2 NBauO). Das im Außenbereich gelegene und privilegierte Vorhaben des Klägers (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) ist planungsrechtlich zulässig, wenn ihm öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Eine Unvereinbarkeit in diesem Sinn liegt nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann. Inhaltlich wird § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ausgefüllt durch § 22 BImSchG (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.9.1983 - 4 C 71.73 -, BVerwG 68, 58, 60 f; Roßnagel, in: GK-BImSchG, § 22 Rdn. 169). § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG gibt dem Betreiber einer nicht nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftiger Anlage u.a. auf, diese so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik nicht vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG alle Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft hervorzurufen. Die in § 22 Abs. 1 BImSchG geregelten Grundpflichten dienen dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne der Gefahrenabwehr, erfassen hingegen Maßnahmen der Vorsorge gegen solche Einwirkungen nicht (vgl. nur Jarass, BImSchG, 8. Aufl., § 22 Rdn. 22 m.w.N.). Als auf § 48 BImSchG beruhende Verwaltungsvorschrift hat die TA Luft eine normkonkretisierende Funktion, wobei allerdings der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen in dieser Verwaltungsvorschrift nicht geregelt ist, sondern Regelungen nur unter Vorsorgegesichtspunkten getroffen werden (Nr. 1 Abs. 3 TA Luft). Mangels gesetzlicher oder untergesetzlicher Vorschriften ziehen Verwaltungspraxis und Verwaltungsgerichte unter Beachtung der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls auch im Übrigen technische Regelwerke heran, die das Spannungsfeld zwischen hinzunehmender Beeinträchtigung und erheblichen Belästigungen, allerdings ebenfalls nur unter Vorsorgegesichtspunkten, regeln. Hierzu zählt - soweit es wie hier um Gerüche aus der Haltung von Schweinen geht - die VDI-Richtlinie 3471 (Immissionsminderung Tierhaltung - Schweine), die in Nr. 3.2 Regelungen für den von der Anlage zur nächsten Wohnbebauung einzuhaltenden Abstand trifft, der sich nach der Anzahl der Tiere in den Ställen (bemessen in Großvieheinheiten) und der erreichten Bewertungsstufe der Tierhaltung bestimmt. Bei dem hier anzusetzenden Tierbesatz des Klägers beträgt der Mindestabstand nach der VDI-Richtlinie 3471 nach dem Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer (. vom 21. Oktober 1999 rund 230 m. Ein ähnlicher Abstand ergibt sich, wenn man die Mindestabstandskurve in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft zugrunde legt. Da nach dem genannten Gutachten von der westlichen Grenze des Plangebietes zu den Immissionsquellen des geplanten Stallgebäudes ein Abstand von (allenfalls) ca. 140 m besteht, werden die erforderlichen Mindestabstände bei weitem nicht eingehalten. Unter diesen Umständen fordert der Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis - wie er auf Nachfrage bestätigt hat - auch in Fällen, in denen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit nicht besteht, eine Beurteilung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL). Das ist, da die Genehmigungsfähigkeit nicht mit der Einhaltung der erforderlichen Abstände begründet werden kann, gerichtlich nicht zu beanstanden.

42

Die Geruchsimmissions-Richtlinie kann als Entscheidungshilfe, ob Geruchsbelästigungen im Sinne von § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG bzw. § 35 Abs. 3 BauGB und § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 BImSchG erheblich sind, herangezogen werden. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat sowohl die VDI-Richtlinie 3471 als auch die GIRL zwar als rechtlich nicht verbindliche Regelwerke bezeichnet, die keine Rechtsquellen darstellten, aber weiter ausgeführt, beide Regelwerke enthielten technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhten und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten hätten (Beschl. v. 7.5.2007 - 4 B 5.07 -, BRS 71 Nr. 168, vgl. ferner Senat, Urt. v. 12.11.2008 - 12 LB 17/07 -, [...]). Die Geruchsimmissions-Richtlinie ist in der aktuellen Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 durch Gemeinsamen Runderlass des MU, des MS, des ML und des MW vom 23. Juli 2009 in Niedersachsen für die Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen eingeführt worden (Nds. MBl 2009, S. 794). Danach ist die GIRL zur Sicherstellung eines einheitlichen Vollzugs bei der Erteilung von Genehmigungen nach den §§ 4 ff BImSchG sowie bei der Überwachung nach § 52 BImSchG zugrunde zulegen. Für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen kann die GIRL sinngemäß angewandt werden (vgl. Nr. 1 Abs. 2 des Einführungserlasses sowie Nr. 1 Abs. 4 GIRL, ferner die Begründung und Auslegungshinweise (Anlage 2 zum Einführungserlass), dort zu Nr. 1 GIRL "Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen" (a.a.O., S. 806). Was das Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich und die Beurteilung von Tierhaltungsanlagen angeht, so bestimmt die GIRL, dass die Genehmigungsbehörde das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen mit der Einhaltung des Abstandsdiagramms (Nr. 5.4.7.1 TA Luft) begründen kann, sofern nicht die besonderen Umstände des Einzelfalls eine andere Vorgehensweise erfordern. Bei nicht genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen kann in derartigen Fällen die Genehmigungsbehörde die Entscheidung auf die Einhaltung der Abstände nach den entsprechenden Richtlinien - hier VDI 3471 - gründen (Nr. 1 Abs. 5 GIRL). Die Mindestabstände derTA Luft (Nr.5.4.7.1) und die nicht halbierten Abstände der Richtlinie(n) VDI 3471 (und VDI 3472 - Tierhaltung Hühner) sind in der Regel gegenüber Wohngebieten einzuhalten. Bei Nichteinhaltung der Abstände ist in der Regel eine Ermittlung der Kenngrößen und Beurteilung nach den Nrn. 4 ff GIRL durchzuführen (vgl. Begründungs- und Auslegungshinweise zu Nr. 1 "Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich, a.a.O., S. 805). Entsprechende Regelungen enthielt bereits die Geruchsimmissions-Richtlinie in der Fassung des LAI vom 21. September 2004, in Niedersachsen eingeführt durch Gemeinsamen Runderlass des MU, des MS, des ML und des MW vom 30. Mai 2006 (Nds. MBl. 2006, S. 657) sowie die Geruchsimmissions-Richtlinie in der Fassung des LAI vom 13. Mai 1998, in Niedersachsen eingeführt durch Gemeinsamen Runderlass des MU, des MFAS, des MI und des MW vom 14. November 2000 (Nds. MBl 2001, S. 224).

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Hier hat der Kläger selbst in dem Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan der Beigeladenen eine auf der Grundlage der GIRL (in der damaligen Fassung) erstellte gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. *. vorgelegt, wonach der Immissionswert für Wohngebiete von 0,10 im Falle der geplanten Betriebserweiterung nicht eingehalten wird. Daran änderte sich im Ergebnis auch dann nichts Entscheidendes, wenn man mit dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 26.4.2007 - 7 D 4/07.NE -, [...]) im Bereich eines an den Außenbereich angrenzenden Wohngebietes die Bildung eines Zwischenwertes von 0,13 und damit eines Wertes, der zwischen dem Immissionswert für Wohn- und Dorfgebiete - für letztere sieht die GIRL 2009 einen Immissionswert von 0,15 vor - liegt, als zumutbar in Betracht ziehen würde. Denn auch dieser Wert wird in dem festgesetzten Wohngebiet überschritten. Davon abgesehen ist zweifelhaft, ob die Stellungnahme von Prof. *. die zu erwartenden Immissionen vollständig erfasst, weil sie sich auf eine Betrachtung der Geruchsbelastungen durch den Betrieb des Klägers beschränkt, sich aber nicht zu sonstigen Quellen verhält. Für die Notwendigkeit, eine (vollständige) Beurteilung auf der Grundlage der GIRL in aktueller Fassung vorzunehmen, lässt sich aber anführen, dass die Ortslage geruchsvorbelastet ist. Zwar soll nach den Ausführungen des 1. Senats in seinem Urteil vom 16. Oktober 2002 (- 1 KN 2406/01 -, RdL 2003, 5) der ca. 260 m südlich des Baugebiets gelegene landwirtschaftliche Betrieb +. den vollen Richtlinienabstand der VDI 3471 einhalten, gleichwohl deutet die bestehende Geruchsvorbelastung - möglicherweise auch durch weitere Emittenten - auf ein Konfliktpotential hin, das Anlass gibt, das Erweiterungsvorhaben des Klägers einer näheren Untersuchung zu unterziehen. Ob das Vorhaben unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere bei Einbau einer Abluftreinigungsanlage oder im Fall einer Verkleinerung, genehmigungsfähig ist, kann dahingestellt bleiben, denn der Kläger hat dazu keine Angaben gemacht und die Durchführung seines Vorhabens auch nicht an die Vornahme emissionsmindernder Maßnahmen gebunden. Er vertritt vielmehr im Hinblick auf die Begutachtung durch die Landwirtschaftskammer (. die Auffassung, dass die GIRL zur Beurteilung nicht herangezogen werden dürfe und er sich daraus ergebenden strengeren Anforderungen nicht unterliege. Dem ist aus den genannten Gründen nicht zu folgen.

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Die gegenteilige Auffassung lässt sich auch nicht mit den Erwägungen begründen, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts sind bereits insofern widersprüchlich, als das Gericht einerseits darauf hinweist, die Bauaufsichtsbehörde sei hier auf die Prüfung der Einhaltung des Schutzgebotes beschränkt, andererseits aber die GIRL nicht heranziehen will. Anders als die nur das Vorsorgegebot konkretisierende TA Luft und die VDI-Richtlinie 3471 stellt die GIRL gerade Maßstäbe zur Verfügung, um die Zumutbarkeitsgrenze nach Maßgabe des Schutzgebotes zu bestimmen. Soweit das Verwaltungsgericht meint, im bauaufsichtlichen Verfahren dürfe kein anderes Prognosemodell verwandt werden als im Rahmen der Bauleitplanung und sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des 1. Senats vom 16. Oktober 2002 (a.a.O.) stützt, vermag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen. Die in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen stellen eine Fehlinterpretation der Normenkontrollentscheidung des 1. Senats dar. In jenem Urteil wird bereits ausgeführt, es möge zutreffen, dass - wie der Kläger vorgetragen hat - die zuständige Bauaufsichtsbehörde auch bei Ställen, die nicht nach der 4. BImSchV genehmigungspflichtig sind, inzwischen die GIRL regelmäßig zugrunde lege und dementsprechend einen größeren Abstand von der Wohnbebauung verlange und dies nach der Stellungnahme von Prof. Dr. *. zu dem Ergebnis führen würde, dass der Kläger unter Berücksichtigung der GIRL nicht mit einer Verlängerung seines Bauvorbescheides rechnen könnte. Daran schließt der 1. Senat lediglich eine Hilfserwägung an und führt aus, selbst wenn sich der Kläger in einem gerichtlichen Verfahren mit seinem Anspruch auf Verlängerung des Bauvorbescheides durchsetzen sollte, liege es nahe, dass ein solcher Konflikt nicht auf dem Rücken des Bürgers ausgetragen werden dürfe "und daher im Rahmen der Bauleitplanung kein anderes Prognosemodell für Geruchsimmissionen verwendet werden darf als im bauaufsichtlichen Verfahren". Das heißt aber nicht, dass der Kläger im bauaufsichtlichen Verfahren keinesfalls strengeren Anforderungen unterliegen darf, als sie im Bauleitplanverfahren gestellt worden sind. Vielmehr hebt der 1. Senat ausdrücklich auf den Schutz "des Bürgers" und damit der Nachbarschaft in dem benachbarten Wohngebiet ab, was grundsätzlich die Notwendigkeit begründe, dass die Gemeinde im Bauleitplanverfahren eine allgemeine Praxis der zuständigen Bauaufsichtsbehörde berücksichtige. Nur weil im damaligen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 23. April 2001, sechs Wochen nach Veröffentlichung der GIRL, der Konflikt noch nicht absehbar gewesen sei und die Gemeinde damals davon habe ausgehen dürfen, dass sich die Bauaufsichtsbehörde mit dem vorhandenen Gutachten der Landwirtschaftskammer für den Schweinestall des Klägers begnügen würde, dass sie - die Gemeinde (richtig: die Samtgemeinde).) - im Bauleitplanverfahren eingeholt hatte, hat der 1. Senat durchgreifende Bedenken gegen die Bauleitplanung nicht erhoben. Daraus folgt aber nicht, dass der Beklagte im bauaufsichtlichen Verfahren und unter Vernachlässigung des gebotenen Schutzes der Nachbarschaft verpflichtet wäre, den vor Inkrafttreten der Bauleitplanung erteilten Bauvorbescheid unter den veränderten Umständen zu verlängern und den gebotenen Schutz der Nachbarschaft trotz drohender schädlicher Umwelteinwirkungen zurückzustellen.

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II.

Der Kläger vermag auch mit seinem Hilfsantrag festzustellen, dass die von ihm beantragte Verlängerung des Bauvorbescheides bis zum 15. Juni 2006 hätte erteilt werden müssen, nicht durchzudringen. Es ist schon - wie ausgeführt - nicht zu erkennen, dass, wie der Fortsetzungsfeststellungsantrag voraussetzt, insoweit eine Erledigung eingetreten ist. Für ein derartiges Fortsetzungsfeststellungsbegehren muss zudem ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung vorliegen. Unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität der Feststellung für die Geltendmachung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen lässt sich das Feststellungsinteresse bejahen, wenn der Kläger eine in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallende Amtshaftungs- oder Entschädigungsklage bereits erhoben hätte oder ein solcher Prozess hinreichend sicher zu erwarten ist. Diese Voraussetzungen sind (bisher) nicht erfüllt. Der Kläger hat einen solchen Prozess lediglich unsubstantiiert angekündigt ("präjudizielle Wirkung im Hinblick auf den Bauantrag, aber ggf. auch im Hinblick auf Schadensersatzforderungen"); damit hat er nicht einmal behauptet, einen derartigen Prozess im Falle des Unterliegens konkret zu beabsichtigen.

46

Ob der Fortsetzungsfeststellungsantrag mithin bereits unzulässig ist, kann aber letztlich dahinstehen, denn er ist jedenfalls unbegründet. Der Beklagte hätte dem Antrag, die Geltungsdauer des Bauvorbescheides zu verlängern, auch bis zum 15. Juni 2006 nicht stattgeben müssen. Die vorgenannten Gründe stehen auch diesem Anspruch entgegen. Darüber hinaus unterlag das Vorhaben zum damaligen Zeitpunkt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht. Unter diesen Umständen bestand ein Anspruch auf Verlängerung des Bauvorbescheides, die der Sache nach einer Neuerteilung gleichkommt, nicht. Die "Lösung" des Verwaltungsgerichts, den vom Kläger gestellten Antrag, den Beklagten zu verpflichten, die Geltungsdauer des ihm erteilten Bauvorbescheides (um vier Jahre) zu verlängern, in einen Antrag auf Verlängerung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides umzudeuten und diesem Antrag stattzugeben, erscheint bereits angesichts der für die Erteilung und Verlängerung eines Bauvorbescheides auf der einen Seite und der Erteilung und Verlängerung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides auf der anderen Seite bestehenden Voraussetzungen wenig überzeugend. So erfordert die Erteilung des immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides nicht nur die abschließende Prüfung im Hinblick auf die einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen bzw. den Standort der Anlage, die mit dem Vorbescheid abschließend beurteilt werden sollen, sondern auch eine vorläufige Gesamtbeurteilung, die sich auf die Auswirkungen der geplanten Anlage insgesamt beziehen muss. Eine derartige Prüfung ist bei Erteilung des Bauvorbescheides naturgemäß nicht angestellt worden und setzt auch die Vorlage weitergehender Antragsunterlagen (vgl. §§ 3, 23 der 9. BImSchV) voraus. Auch die unterschiedliche Geltungsdauer eines Bauvorbescheides im Vergleich zu einem immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid führte insoweit zu kaum lösbaren Problemen. So wird der Bauvorbescheid ungültig, wenn nicht innerhalb von drei Jahren nach seiner Erteilung der Bauantrag gestellt wird, und kann die Frist auf schriftlichen Antrag um jeweils höchstens drei Jahre verlängert werden (§ 74 Abs. 2, § 77 Satz 3 NBauO). Demgegenüber wird der immissionsschutzrechtliche Vorbescheid unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antragbis auf vier Jahre verlängert werden (§ 9 Abs. 2 BImSchG). Dabei handelt es sich nach dem Wortlaut der Norm um eine Höchstfrist. Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, die Geltungsdauer des (bereits drei Jahre geltenden) Bauvorbescheides nach § 9 Abs. 2 BImSchGum vier Jahre zu verlängern. Dafür fehlt es offensichtlich an einer Rechtsgrundlage. Das alles spricht dafür, dass ein Bauvorbescheid keinesfalls als immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid aufrechterhalten und verlängert werden kann. Eine derartige Konstruktion und Rechtswirkung bedürfte vielmehr einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, wie sie der Gesetzgeber etwa für in der Vergangenheit erteilte Baugenehmigungen für Windkraftanlagen in § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG geschaffen hat.