Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.06.2010, Az.: 13 LB 9/08

Wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Bewerbung eines industriell gefertigten Erzeugnisses aus Hähnchenfilets mit der Bezeichnung "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten" trotz Aufweisens eines erheblichen Zerkleinerungsgrads im Endprodukt; Vergleichbarkeit eines industriell gefertigten Erzeugnisses aus Hähnchenfilets mit einem traditionell handwerklich hergestellten Erzeugnis im Hinblick auf die Erwartungshaltung eines Durchschnittsverbrauchers

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.06.2010
Aktenzeichen
13 LB 9/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 21197
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0630.13LB9.08.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerwG - 05.04.2011 - AZ: BVerwG 3 B 79.10

Amtlicher Leitsatz

Ein industriell gefertigtes Erzeugnis aus Hähnchenfilets, das im Endprodukt aufgrund des Herstellungsprozesses einen - wenn auch unvermeidlichen - erheblichen Zerkleinerungsgrad aufweist, darf durch seine Bezeichnung nicht mit einem traditionell handwerklich hergestellten Erzeugnis gleichgesetzt werden, bei dem es zu einer solchen Zerkleinerung nicht kommt. Eine solche Bezeichnung (hier: "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten") ist irreführend, weil das Erzeugnis der dadurch hervorgerufenen Erwartung eines verständigen Durchschnittsverbrauchers nicht gerecht wird.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie bestimmte von ihr hergestellte Fleischerzeugnisse nicht mit einer irreführenden Bezeichnung in den Verkehr bringt.

2

Die Klägerin stellt Fleischerzeugnisse aus Hähnchen- und Putenfleisch her, die sie unter den Bezeichnungen "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten", "Puten-Filetstreifen, gebraten" und "Putenbrust, Natur" in den Verkehr bringt. Zur Herstellung der Erzeugnisse werden als Rohstoff in gekühlter bzw. gefrorener Form zugelieferte Hähnchen- und Putenbrüste verwendet, die als Ausgangsprodukt nicht zerschnitten oder zerkleinert werden. Die Hähnchen- bzw. Putenbrüste werden von Knorpel und Sehnen befreit, anschließend wird eine Lake injiziert, die alle Zusatzstoffe enthält ("Spritzpökelung"). In einem weiteren Produktionsschritt wird das noch rohe Fleisch ohne weitere Zugaben "getumbelt", also durch Drehen in einer großen Trommel mechanisch behandelt. Das Tumbeln führt zu Zerreißungen und in einem geringen Umfang zur Zerstörung des natürlich gewachsenen Gewebszusammenhangs, so dass die Hähnchen- bzw. Putenbrüste anschließend mit einer Eiweißschicht überzogen sind. Nach dem Tumbeln wird das Fleisch mittels einer Füllmaschine in einen Kunstdarm abgefüllt. Bei dem Füllvorgang kommt es durch das Füllrad der Füllmaschine zu weiteren Zerreißungen bzw. Zerstörungen des Gewebszusammenhangs. Die gefüllten Kunstdärme werden gekocht und anschließend abgekühlt. Nach Abziehen des Kunstdarms erfolgt eine Zerteilung in Streifen bzw. Aufschnittscheiben; die Streifen werden in einem weiteren Bearbeitungsschritt in einer Durchlauf-Friteuse frittiert und dann abgekühlt. Die von der Klägerin angewandte Herstellungstechnologie dient dazu, Filetstreifen bzw. Aufschnittscheiben von jeweils gleicher Größe produzieren zu können.

3

Das Ausmaß der Zerreißungen der einzelnen Fleischstücke und der Zerstörungen des Gewebszusammenhangs durch die mechanische Beanspruchung des Fleisches bei dem beschriebenen Herstellungsvorgang wird von den Beteiligten unterschiedlich beurteilt. Die Klägerin stellt etwa darauf ab, dass in dem in den Kunstdärmen befindlichen Zwischenprodukt nach dem Kochen und Abkühlen Abrieb oder brätartige Substanzen nicht zu erkennen seien (vgl. von der Klägerin vorgelegte Stellungnahme des C. -Instituts vom 7. Juni 2006, Bl. 300 d.A.). Die Beklagte sieht eine makroskopische bzw. grobsensorische Betrachtung hingegen nicht als ausreichend an, sondern verweist auf ihre durchgeführten Kontrollen und Untersuchungen. Im Jahre 2004 wurden Proben der Ausgangs- und Zwischenprodukte entnommen und dem Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - LAVES - zur Begutachtung zugeleitet. Das LAVES beanstandete die Bezeichnung der Erzeugnisse jeweils unter dem Gesichtspunkt, dass sie nicht aus Brustmuskulatur wie gewachsen bestünden, sondern aus zum Teil kleinen Fleischstücken mit einem erheblichen Anteil an brätartig fein zerkleinerter Substanz. Während nach dem Prozessschritt "Tumbeln" noch ein weitgehend intakter Gewebsverband vorhanden sei, fänden sich nach dem Abfüllen in den Kunstdarm zum Teil erbsengroße und zerfaserte Muskelfragmente. In der Kennzeichnung finde sich kein Hinweis darauf, dass es sich um ein zusammengesetztes Erzeugnis handele. Im Einzelnen wurden die nachfolgenden Kontrollen und Begutachtungen durchgeführt:

4

Am 3. Juni 2004 nahm das LAVES eine Stufenkontrolle bei der Herstellung des als "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten" bezeichneten Erzeugnisses vor. Im Untersuchungsbefund vom 17. November 2004 führte das LAVES in seiner Beurteilung zusammenfassend aus:

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"Unter "Hähnchenfiletstreifen" versteht man üblicherweise ein Erzeugnis aus Hähnchenbrustmuskulatur im natürlichen Gewebszusammenhang. Werden Hähnchenbrustfilets zu größeren Einheiten zusammengefügt, ist ebenfalls keine besondere Kenntlichmachung erforderlich. Aus der fotografischen Dokumentation der hier durchgeführten Stufenkontrolle wird deutlich, dass die verarbeiteten Hähnchenbrustfilets vor dem Abfüllen in den Kunstdarm einem Zerkleinerungsschritt unterzogen werden. Während das Zwischenprodukt "nach Tumbler" noch im natürlichen Zusammenhang war, wies das bereits abgefüllte Zwischenprodukt eine stark aufgefaserte Konsistenz und einen weitaus stärkeren Zerkleinerungsgrad auf. Demzufolge handelt es sich bei dem daraus entstehenden Erzeugnis nicht um "Hähnchenfiletstreifen", sondern um ein zerkleinertes und zusammengefügtes Produkt. Die Verkehrsbezeichnung "Hähnchenfiletstreifen" wäre demnach hier nicht zutreffend und müsste als irreführend i. S. von § 17 Abs. 1 Nr. 5 b des LMGB beurteilt werden." Weiterhin nahmen Lebensmittelkontrolleure des LAVES am 3. Juni 2004 und am 22. September 2004 jeweils eine Probe des Erzeugnisses "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten" im Betrieb der Klägerin. Das LAVES führte in dem entsprechenden Untersuchungsbefund vom 19. November 2004 aus:

"Sensorischer Befund: [...] Zahlreiche Pommes frites-große, frittierte Streifen, beigefarben, außen mit hellbrauner Bratkruste. Im Inneren: gegarte Muskulatur, zusammengesetzt (Stückgröße unterschiedlich), stellenweise mit brätartig fein zerkleinerten Bezirken. [...]

Lebensmittelrechtliche Beurteilung: Die untersuchte Probe besteht nicht aus Hähnchenbrustmuskulatur wie gewachsen, sondern aus zum Teil kleinen Fleischstücken mit einem erheblichen Anteil an brätartig fein zerkleinerter Substanz. In der Kennzeichnung befindet sich kein Hinweis darauf, dass es sich um ein zusammengesetztes Erzeugnis handelt. Die Bezeichnung "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten" wird als irreführend i. S. von § 17 Abs. 1 Nr. 5 b LMBG beanstandet. [...]"

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Des Weiteren wurde am 22. September 2004 eine Probe des Erzeugnisses "Puten-Filetstreifen, gebraten", im Betrieb der Klägerin genommen. Dazu hielt das LAVES im Untersuchungsbefund vom 19. November 2004 fest:

"Sensorischer Befund: [...] Zahlreiche Pommes frites-große Streifen, hellbraun, frittiert, gegart. Innen: beigefarbene Muskulatur vom Geflügel, aus Muskelstücken zusammengesetzt, stellenweise brätartig-vakuolige Säume. [...]

Lebensmittelrechtliche Beurteilung: [...] Die untersuchte Probe besteht nicht aus Putenbrust-Muskulatur wie gewachsen, sondern aus zum Teil kleinen Fleischstücken, zusammengefügt, mit einem erheblichen Anteil an brätartig fein zerkleinerter Substanz. In der Kennzeichnung befindet sich kein Hinweis darauf, dass es sich um ein zusammengesetztes Erzeugnis handelt. Die Bezeichnung "Puten-Filetstreifen, gebraten" ist daher als irreführend i. S. von § 17 Abs. 1 Nr. 5 b LMBG zu beanstanden. [...]"

7

Ferner nahmen Lebensmittelkontrolleure des LAVES am 22. September 2004 eine Probe des Erzeugnisses "Putenbrust, Natur" im Betrieb der Klägerin. Das LAVES führte dazu im Untersuchungsbefund vom 19. November 2004 aus:

"Sensorischer Befund: [...] 8 runde Scheiben eines Kochpökelerzeugnisses (Durchmesser 9 cm, Dicke ca. 2 mm). Auf dem Anschnitt: linsen- bis halbpflaumengroße, blass-pökelrosafarbene Muskelstückchen, zusammengefügt. Reichlich brätartig fein zerkleinerte Eiweißsubstanz zwischen den Stücken [...]

Lebensmittelrechtliche Beurteilung:

  1. 1.U

    nter "Putenbrust aus zartem Putenfilet, schonend gegart" versteht man üblicherweise ein Erzeugnis aus Brustmuskulatur der Pute im natürlichen Zusammenhang. Bei der untersuchten Probe handelt es sich jedoch um ein kleinstückig zusammengefügtes Erzeugnis mit erheblichem Anteil an brätartig fein zerkleinerter Substanz. Die Verkehrsbezeichnung "Putenbrust natur aus zartem Putenfilet, schonend gegart" wird als irreführend i. S. von § 17 Abs. 1 Nr. 5 b des LMBG beanstandet. [...]

  2. 2..

    .. Da die untersuchte Probe u.a. lt. Kennzeichnung verschiedene Zusatzstoffe enthält, ist der Begriff "natur" nicht zulässig. [...]"

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Die Beklagte leitete unter Bezugnahme auf die Beanstandungen des LAVES gegen einen Beschäftigten der Klägerin Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen irreführender Bezeichnung der Erzeugnisse ein und hörte den Beschuldigten unter dem 29. November 2004 hierzu an. Auf Antrag der Klägerin wurden die Verfahren entsprechend § 154d StPO ausgesetzt, um den Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens abzuwarten.

9

Die Klägerin hat am 16. Dezember 2004 Feststellungsklage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot liege nicht vor. Es werde vielmehr die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung für ein Erzeugnis der vorliegenden Art im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung - LMKV - verwendet, weshalb eine Irreführung der Verbraucher ausscheide. Den Verbrauchern seien Erzeugnisse, die nach der von der Klägerin angewandten Herstellungstechnologie für das Erzeugnis "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten" produziert werden, unter dieser oder ähnlichen Bezeichnungen schon seit Jahren bekannt. Industriell gefertigte Produkte, bei denen einzelne Geflügelbrüste verarbeitet und einzeln in Filetstreifen oder Aufschnitt von unterschiedlicher Größe zerteilt werden und die in Fertigverpackungen angeboten werden, existierten demgegenüber nicht. Der Umstand, dass es zu Zerreißungen des Fleisches komme, so dass bei einer Analyse der Enderzeugnisse vereinzelt kleinere Fleischstücke und brätartige Substanz festgestellt werden können, sei technologisch unvermeidbar. Die Herstellungstechnologie sei wiederum zwingend erforderlich, um Erzeugnisse der vorliegenden Art überhaupt produzieren zu können. Es habe sich dementsprechend bereits eine Verkehrsauffassung gebildet, wonach unter dem Erzeugnis mit der Bezeichnung "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten" oder einer ähnlichen Bezeichnung ein Erzeugnis zu verstehen sei, das mit der vorliegenden Herstellungstechnologie produziert worden ist. Die von der Beklagten behauptete abweichende Verkehrsauffassung bestünde demgegenüber nicht. Selbst wenn man das Bestehen einer allgemeinen Verkehrsauffassung bestreite, verstieße das Erzeugnis "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten" nicht gegen das Irreführungsverbot. Sofern eine nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung für ein Lebensmittel nicht existiere, sei als Verkehrsbezeichnung eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung, die es dem Verbraucher ermögliche, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden, zu wählen. Eine solche beschreibende Verkehrsbezeichnung schwebe der Beklagten offensichtlich vor, wenn sie aufgrund einer Analyse des Endprodukts fordere, dass das Erzeugnis als zusammengesetztes Produkt kenntlich zu machen sei. Es sei aber ausreichend, dass für die Verbraucher ersichtlich sei, welches Ausgangsprodukt für die Herstellung des Erzeugnisses verwendet worden sei und durch welche Herstellungsschritte das fertige Endprodukt entstehe. Dabei sei es nicht geboten, den Verbrauchern den Herstellungsprozess in allen Einzelheiten zu erläutern. Hier sei durch die Bezeichnung für die Verbraucher ersichtlich, dass zur Herstellung des Erzeugnisses ganze Geflügelfilets verwendet werden. Auch könnten die Verbraucher ohne weiteres erkennen, dass nicht einzelne Hähnchenbrüste in Streifen geschnitten werden, weil dabei jeweils unterschiedlich große Streifen entstünden. Den Verbrauchern sei somit auch ohne explizite Erwähnung bewusst, dass zur Herstellung des Endprodukts mehrere Hähnchenbrüste verwendet werden, die zu einer größeren Einheit zusammengefasst werden. Die Vorstellung, der Verbraucher nehme an, zur Herstellung des Erzeugnisses würden jeweils Filetstreifen aus einer Hähnchen- bzw. Putenbrust "herausgestanzt", sei demgegenüber lebensfremd. Eine Verwechselungsgefahr mit solchen Erzeugnissen bestehe nicht, da sie aus industrieller Fertigung nicht existierten. Für den Verbraucher sei auch ohne weiteres ersichtlich, dass sich ein industriell hergestelltes Erzeugnis von einem solchen aus handwerklicher Herstellung unterscheide. Dass die genannten Erzeugnisse nicht als zusammengesetztes Produkt gekennzeichnet werden müssten, belege zudem der Vergleich mit Formfleischerzeugnissen, bei denen nach allgemeiner Verkehrsauffassung eine Kennzeichnung als zusammengesetzt erforderlich sei, um sie von in natürlichem Zusammenhang gewachsenem Fleisch abzugrenzen. Zwar würden bei den beanstandeten Erzeugnissen Fleischteile zusammengefügt, es handele sich dabei jedoch nicht um zerschnittene kleine Fleischstücke, sondern um ganze Hähnchen- bzw. Putenbrüste, die als solche isoliert verkehrsfähig seien. Nach den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuchs sei nicht jedes aus mehreren Fleischteilen zusammengefügte Erzeugnis als Formfleisch einzuordnen. Im Übrigen könne eine irreführende Wirkung einer Bezeichnung für ein Lebensmittel entfallen, wenn durch ihren andauernden, von den Behörden nicht effektiv unterbundenen Gebrauch die Verbrauchererwartung verändert worden sei. Infolge der jahrelangen Verwendung der Bezeichnung für entsprechende Erzeugnisse habe sich die Verbrauchererwartung längst verändert mit der Folge, dass eine irreführende Wirkung ausgeschlossen sei.

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Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Bezeichnungen der Erzeugnisse "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten", "Puten-Filetstreifen, gebraten" und "Putenbrust, Natur" nicht irreführend im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) - früher: § 17 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 lit. b LMBG - sind.

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Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Kennzeichnung von Fertigpackungen habe den Zweck, den Verbraucher ausreichend über die Beschaffenheit der Produkte zu informieren und Verwechselungen mit anderen Erzeugnissen zu vermeiden. Die Produkte "Hähnchen-Filetstreifen", "Puten-Filetstreifen" sowie "Putenbrust, Natur" der Klägerin seien beanstandet worden, weil es sich um aus zum Teil kleinen Stücken zusammengefügte Erzeugnisse handele, die zudem einen nicht unerheblichen Teil an brätartig fein zerkleinerter Eiweißsubstanz aufwiesen. Für derartige Erzeugnisse sei die gewählte Bezeichnung ohne Hinweis auf den zum Teil kleinstückigen Charakter nicht zulässig. Die Begriffe Hähnchen- bzw. Putenfilet seien dem Verbraucher durchaus bekannt und im Übrigen auch gesetzlich verankert. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Verbraucher Vorstellungen und Kenntnisse über den Herstellungsprozess im Einzelnen besäßen. Gerade aus diesem Grunde erwarte der Verbraucher aufgrund der Bezeichnung ein Erzeugnis, das aus Brustmuskulatur im natürlichen Zusammenhang bestehe. Maßgeblich für die Bezeichnung des Endproduktes sei nicht die Stückgröße vor Bearbeitungsbeginn, sondern der Erhalt des Gewebszusammenhangs nach der Bearbeitung. Die dem Kunstdarm entnommenen Stücke Brustmuskulatur seien einzeln nicht als Geflügelbrustfilet verkehrsfähig. Nicht vertretbar sei, dass allein unter dem Aspekt technologischer Notwendigkeit diese neuartigen Produkte mit einem handwerklich hergestellten Erzeugnis "Streifen aus Geflügelbrustmuskulatur, gebraten" gleichgesetzt würden. Die Argumentation, eine Verwechselungsgefahr mit anderen Erzeugnissen bestehe nicht, da es keine verwechselbaren Erzeugnisse gäbe, sei falsch. Es bestehe durchaus eine Verbrauchererwartung an "Puten- bzw. Hähnchenbrustfilet". Es sei davon auszugehen, dass dem Verbraucher unter der Bezeichnung eines ihm traditionell bekannten Produktes ein solches angeboten werden solle, das objektiv nicht mit diesem vergleichbar sei, dessen Unterschiede aber unter dem Aspekt technologischer Notwendigkeit als unbeachtlich beschönigt werden sollen.

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Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Februar 2006 abgewiesen und im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt: Die Bezeichnungen der Erzeugnisse "Hähnchen-Filetstreifen", "Puten-Filetstreifen" und "Putenbrust, Natur" seien geeignet, den Verbraucher über deren Beschaffenheit zu täuschen. Dies könne die Kammer unter Zugrundelegung des gemeinschaftsrechtlichen Verbraucherleitbilds ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. einer Verbraucherumfrage selbst beurteilen. Es entspreche nicht der allgemeinen Verkehrsauffassung, die Erzeugnisse der Klägerin als "Filetstreifen" zu bezeichnen. Bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch seien unter "Filetstreifen" die von einem natürlich gewachsenen Filet in Streifen geschnittenen Abschnitte zu verstehen. Im Hinblick auf das mit dem Begriff "Filet" verbundene besondere Qualitätsmerkmal entspreche es weder der allgemeinen Verkehrsauffassung noch der Verbrauchererwartung, die angeführten Erzeugnisse der Klägerin ebenfalls dem Begriff "Filet" zuzuordnen. Entsprechendes gelte für das Erzeugnis "Putenbrust, Natur". Auch insoweit entspreche es der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Verbrauchererwartung, dass es sich um ein Produkt handele, das vergleichbar einem Filet unmittelbar aus natürlich gewachsener Putenbrustmuskulatur, nicht aber aus einem aus teilweise kleinen Fleischstücken zusammengefügten Zwischenprodukt mit einem nicht unerheblichen Anteil an brätartig fein zerkleinerter Substanz hergestellt werde. Es könne demgegenüber nicht allein auf das Ausgangsprodukt der Herstellung abgestellt werden. Die nach der maschinellen Abfüllung in den Kunstdarm vorliegenden Fleischteile könnten nicht mehr als Geflügelfilets, sondern nur als Geflügelfleischstücke bezeichnet werden. Dass die Zerreißungen aufgrund des Herstellungsprozesses beim Abfüllen in einen Kunstdarm "technologisch zwingend" seien, rechtfertige keine andere Bewertung. Ob es sich bei den Erzeugnissen um Formfleisch handele, bedürfe keiner Entscheidung, da die Beklagte dies nicht zur Grundlage ihrer Beanstandung gemacht habe. Auch der Einwand der Klägerin, die Bezeichnung beschreibe das Lebensmittel zutreffend und weitere Kennzeichnungen seien nicht erforderlich, um dem Verbraucher zu ermöglichen, es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden, weil es solche auf dem Markt nicht gebe, greife nicht durch. Allein der Umstand, dass ein Lebensmittel, für das es nach allgemeiner Verkehrsauffassung eine übliche Bezeichnung gebe, noch nicht als Fertigprodukt industriell hergestellt werde, rechtfertige nicht die Verwendung dieser Bezeichnung für ein Produkt, das in seiner Beschaffenheit von der des anderen Lebensmittels wesentlich abweiche. Es sei wahrscheinlich, dass sich der Durchschnittverbraucher aufgrund der gewählten Bezeichnung des Erzeugnisses falsche Vorstellungen von dessen Beschaffenheit mache. Zwar könne der Verbraucher bei den Filetstreifen durch Sichtfenster in der Verpackung das Erzeugnis in Teilen betrachten. Aus dem Aussehen des Erzeugnisses könne aber nicht auf dessen tatsächliche Beschaffenheit als zusammengesetztes Fleischerzeugnis mit teilweise brätartig fein zerkleinerter Substanz geschlossen und auf diese Weise der Irrtum ausgeschlossen werden. Eine irreführende Wirkung der Bezeichnung sei auch nicht etwa entfallen, weil sich durch einen andauernden, von den Behörden nicht effektiv unterbundenen Gebrauch die Verbrauchererwartung verändert habe. Zum einen seien die Erzeugnisse behördlich beanstandet worden und zum anderen habe sich eine Veränderung der Verbrauchererwartung aufgrund des Zeitraums, in dem sich die Produkte auf dem Markt befinden, noch nicht ergeben.

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Der vor dem mit Wirkung vom 1. Januar 2008 erfolgten Übergang der Sache in die Zuständigkeit des entscheidenden Senats noch zuständige 11. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat auf Antrag der Klägerin vom 8. März 2006 mit Beschluss vom 26. September 2007 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Die Frage, ob die Bezeichnungen der von der Klägerin hergestellten Erzeugnisse "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten", "Puten-Filetstreifen, gebraten" und "Putenbrust, Natur" irreführend im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB sind, sei besonders schwierig zu beurteilen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

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Zur Begründung der Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen. Sie führt u.a. aus: Bei der Prüfung der Frage, ob die Bezeichnungen unter Zugrundelegung der "berechtigten Verbrauchererwartung" irreführend sind, hätten sich die Mitglieder der entscheidenden Kammer gleichsam in den durchschnittlich informierten Verbraucher hineinversetzen müssen. Es sei jedoch offensichtlich, dass die Kammermitglieder die Angelegenheit nicht mehr aus der Sicht eines durchschnittlich informierten Verbrauchers betrachtet hätten, sondern durch zahlreiche Stellungnahmen, Gutachten und Lichtbilder über das Maß eines durchschnittlich informierten Verbrauchers hinaus vorinformiert gewesen seien; das Gericht habe deshalb die Klage unter Anwendung eines streng juristischen Täuschungsbegriffs abgewiesen. Die subjektive Seite der Verkehrsauffassung dürfe aber nicht anhand einer gekünstelten Verbrauchererwartung, die unter dem Eindruck weitergehender Sach- und Rechtskenntnisse stehe, gebildet werden. Der durchschnittlich informierte Verbraucher mache sich regelmäßig über die Größe der verwendeten Fleischstücke, das Herstellungsverfahren sowie den geringfügig vorhandenen brätartigen Abrieb keine Gedanken. Verbraucher machten sich keine genaue Vorstellung davon, welche Zusammensetzung ein als Hähnchenfiletstreifen oder ähnlich bezeichnetes Erzeugnis habe. Sie vertrauten vielmehr darauf, dass ein unter dieser Bezeichnung in Fertigpackungen in den Verkehr gebrachtes Erzeugnis die für ein industriell gefertigtes Lebensmittel mit einer solchen Bezeichnung übliche Beschaffenheit aufweise und mit der aktuell üblichen Herstellungstechnologie produziert werde. Wer sich keine Vorstellung von der Wirklichkeit mache, könne aber auch nicht getäuscht werden. Auch bei einem "aufmerksamen und verständigen Verbraucher" sei eine Täuschung nicht zu erwarten. Ein solcher Verbraucher erkenne, dass eine Fertigpackung mit durchweg gleichartigen Fleischstücken in unnatürlich gleichmäßigen Formen kein im Zusammenhang gewachsenes Fleisch sein könne. Den Verbrauchern sei ohne explizite Erwähnung bewusst, dass zur Herstellung der Produkte mehrere Hähnchen- bzw. Putenbrüste verwendet und zu einer größeren Einheit zusammengefasst werden, weil es sich um Filetstreifen von einheitlicher Größe und Form bzw. Aufschnittscheiben von einheitlichem Kaliber handele. Der durchschnittliche Verbraucher interessiere sich zudem regelmäßig nur dafür, ob ein Produkt anderen gleichartigen Produkten qualitätsmäßig entspreche. Da jedoch in der gesamten industriellen Fleischverarbeitung schon seit Jahrzehnten mit dem von der Klägerin angewendeten technologischen Verfahren gearbeitet werde und auch das Fleischerhandwerk entsprechende Produkte aus industrieller Fertigung zukaufe, seien dem Verbraucher unter der streitgegenständlichen oder ähnlichen Bezeichnung Produkte mit gleicher Beschaffenheit bekannt. Das Verwaltungsgericht habe bei seiner Beurteilung verkannt, dass die eigene Sachkunde des Gerichts nicht maßgeblich sein könne, wenn für die Beurteilung einer bestehenden Verkehrsauffassung in objektiver Hinsicht besonderes Fachwissen und besonderes tatsächliches Wissen erforderlich sei und/oder die ins Auge gefasste Feststellung durch die Feststellungen anerkannter Sachverständiger in Zweifel gezogen werde. Für die Beurteilung der Verkehrsauffassung seien spezielle Fachkenntnisse über die im Rahmen der industriellen Herstellung von Fleischerzeugnissen übliche Herstellungstechnologie erforderlich, über die ein Laie nicht verfüge; daher sei eine sachverständige Begutachtung erforderlich. Selbst wenn man davon ausginge, dass anfänglich die Verkehrsauffassung bestanden hätte, dass entsprechend gekennzeichnete Erzeugnisse aus vollständig in natürlichem Zusammenhang belassenem Fleisch bestehen müssten, habe sich diese Verkehrsauffassung unlängst gewandelt. Produkte wie die streitgegenständlichen Erzeugnisse würden bereits seit Jahrzehnten ausschließlich mit der beschriebenen Herstellungstechnologie verarbeitet, die zu geringfügigen Zerreißungen und Abrieb führt. Erzeugnisse, die nach alter handwerklicher Herstellungsweise produziert und dann in Fertigpackungen vertrieben werden, existierten demgegenüber schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Im Übrigen sei eine etwaige irreführende Wirkung entfallen, weil durch einen andauernden, von den Behörden nicht effektiv unterbundenen Gebrauch die Verbrauchererwartung verändert worden sei. Auch wenn einer entsprechenden Auffassung die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches entgegenstünden, sei dies nicht maßgeblich, weil es sich dabei um keine allgemein verbindlichen Rechtsnormen handele. Ein beschreibender Zusatz würde sogar eine Verwechslungsgefahr mit Formfleisch zur Folge haben, um das es sich bei den hier in Rede stehenden Erzeugnissen unstreitig nicht handele. Die Stiftung Warentest als der bekannteste und wichtigste Verbrauchertest habe im Übrigen die getesteten Erzeugnisse zwar unter vielen Aspekten kritisiert, deren Kennzeichnung aber gerade nicht in Frage gestellt.

16

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 15. Februar 2006 zu ändern und festzustellen, dass die Bezeichnungen der Erzeugnisse "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten", "Puten-Filetstreifen, gebraten" und "Putenbrust, Natur" nicht irreführend im Sinne des§ 11 Abs. 1 Satz 1 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) - früher: § 17 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 lit. b LMBG - sind.

17

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

18

Sie macht u.a. geltend: Der Vorwurf der Klägerin, dass die Kammer im Verlaufe des Verfahrens vorinformiert worden sei und somit die Angelegenheit nicht mehr aus der Sicht eines durchschnittlich informierten Verbrauchers betrachtet hätte, greife nicht durch, weil ein Gericht generell den Fakten nicht uninformiert und laienhaft gegenüberstehen könne. Es treffe nicht zu, dass der Verbraucher keine bestimmte Vorstellung von dem Erzeugnis habe, dass er erwerbe. Es sei zudem verwirrend, wenn der Verbraucher von der Klägerin einerseits als ahnungslos und andererseits als äußerst fachkundig dargestellt werde, weil er aus der gleichmäßigem Größe der Streifen und dem Kaliber des Aufschnitts folgern könne, dass es sich nicht um Fleisch im natürlichen Zusammenhang handele. Selbst ein besonders interessierter und verständiger Verbraucher sei nicht in der Lage, nach dem Aussehen des Produktes zu beurteilen, ob es sich um Geflügelfleisch im natürlichen Zusammenhang oder um ein aus zum Teil kleinen Stücken zusammengefügtes Produkt handele. Die Begriffe "Hähnchenfilet" bzw. "Putenfilet" seien in den Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch verankert und dem Verbraucher durchaus bekannt. In den Vermarktungsnormen seien die korrekten Bezeichnungen für jedes Geflügelfleischteilstück definiert. Da sich der Begriff "Streifen" üblicherweise auf den Zuschnitt beziehe und "gebraten" auf die Zubereitungsart, werde jeder durchschnittlich informierte Verbraucher anhand der Verkehrsbezeichnung eine konkrete Vorstellung entwickeln, nämlich dass es sich um in Streifen geschnittene und gebratene bzw. frittierte Brustfilets von Huhn bzw. Pute handele. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, erwarte der Verbraucher sicherlich nicht ein aus zerfetzten Stückchen zusammengefügtes Erzeugnis, das zu einem Viertel bis zu einem Drittel aus fein zerkleinertem und strukturlosem Eiweißschaum bestehe. Die eigentliche Frage sei daher, ob ein mehr oder weniger stark zerkleinertes und dann wieder zusammengefügtes Erzeugnis unter derselben Verkehrsbezeichnung wie das ursprüngliche Rohmaterial ohne Hinweis auf den Zerkleinerungsgrad in den Verkehr gebracht werden dürfe. Diese Frage werde durch die Beschreibung von "Formfleisch" in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches eigentlich bereits beantwortet. Die Herstellungstechnologie der streitgegenständlichen Produkte weise zum Formfleisch durchaus Ähnlichkeiten auf. Im Gegensatz zur Formfleischherstellung finde jedoch keine Zerkleinerung des Rohmaterials vor dem Tumbeln statt; stattdessen werde das Fleisch während des Tumbelns und auch danach aufgefasert und zerrissen. Die Folge sei, dass die fertigen Erzeugnisse nicht einmal die Anforderungen erfüllten, die an Formfleisch zu stellen seien. Es sei nicht plausibel, dass ein Formfleischprodukt, das bestimmte Mindestanforderungen erfüllen müsse, als Formfleischerzeugnis bezeichnet werden müsse, ein Erzeugnis dagegen, dass die Anforderungen an Formfleisch nicht erfülle, ohne jeglichen Hinweis auf den Zerkleinerungsgrad unter der Bezeichnung des traditionellen Produktes in den Verkehr gebracht werden dürfe. Mechanisch stark behandelte Geflügelfleischerzeugnisse seien im Übrigen nicht schon seit Jahrzehnten im Handel, sondern in nennenswertem Umfang erst seit einigen Jahren. Eine von den Empfehlungen des Arbeitskreises der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und der vom Tier stammenden Lebensmittel tätigen Sachverständigen - ALTS - und von den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches abweichende Verkehrsauffassung habe sich nicht gebildet. Das Argument der Klägerin, dass nach handwerklicher Herstellungsweise produzierte und in Fertigpackungen industriell hergestellte Erzeugnisse schon seit Jahrzehnten nicht mehr existierten, treffe weder zu noch sei dies relevant. Man könne nicht bei in Fertigverpackungen angebotenen Erzeugnissen automatisch eine andere Verkehrsauffassung zugrunde legen als bei traditionell hergestellten und lose verkauften Lebensmitteln. Auch wenn die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches nicht den Charakter von Rechtsnormen oder Verwaltungsrichtlinien besäßen, stellten sie die vorrangige Auslegungshilfe für die Frage dar, ob eine Irreführung vorliege. Es sei in diesem Zusammenhang festzustellen, dass bisher kein Antrag an die Leitsatzkommission gestellt worden sei, der auf eine Aufnahme der strittigen Erzeugnisse in die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs abziele. Solange eine neue Definition für ein bekanntes Produkt nicht formuliert werde, müsse die alte Verkehrsauffassung als gültig angesehen werden. Die Wertung der Stiftung Warentest lasse keine andere Beurteilung zu.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Feststellungsklage, soweit das Verfahren nicht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist - dies bezieht sich auf den ursprünglichen Streitpunkt, ob bei dem Erzeugnis "Putenbrust, Natur" auch gegen § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG verstoßen worden ist -, zu Recht als unbegründet abgewiesen.

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Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Inverkehrbringen der von der Klägerin so bezeichneten Erzeugnisse "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten", "Puten-Filetstreifen, gebraten" und "Putenbrust, Natur" gegen das Irreführungsverbot nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB - früher: § 17 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b LMBG - verstößt. Nach§ 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Nach Satz 2 Nr. 1 dieser Vorschrift liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden. Nähere Vorgaben für die Kennzeichnung von Lebensmitteln in Fertigpackungen enthält die Verordnung über die Kennzeichnung von Lebensmitteln - LMKV -. Lebensmittel in Fertigpackungen dürfen gemäß § 3 Abs. 1 LMKV gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn u.a. die Verkehrsbezeichnung nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 bis 4 LMKV angegeben ist. Nach § 4 Abs. 1 LMKV ist die Verkehrsbezeichnung die in Rechtsvorschriften festgelegte Bezeichnung, wenn eine solche fehlt, ist es (1.) die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung oder (2.) eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung, die es dem Verbraucher ermöglicht, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden.

22

Eine in Rechtsvorschriften festgelegte Bezeichnung im Sinne von § 4 Abs. 1 LMKV existiert für die in Rede stehenden Geflügelfleischprodukte der Klägerin ebenso wenig, wie eine nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV (dazu unten 1.). Soweit es in den mithin zu prüfenden weiteren Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV und des § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 LFGB auf eine maßgeblich nach der Verbrauchererwartung zu beurteilende Verkehrsauffassung ankommt, konnte das Verwaltungsgericht und kann der Senat eine eigene Beurteilung vornehmen, ohne zuvor ein gegebenenfalls auf einer Verbraucherumfrage beruhendes Sachverständigengutachten einholen zu müssen (2.). Der Senat ist der Ansicht, dass die von der Klägerin gewählten Bezeichnungen für ihre in Rede stehenden Erzeugnisse bei einer Auslegung nach der Verkehrsauffassung geeignet sind, bei den in Frage kommenden Verbrauchern eine falsche Vorstellung über die tatsächlichen Verhältnisse hervorzurufen und somit gegen das Irreführungsverbot verstoßen. Die im Produktionsprozess zerkleinerten und dann wieder zusammengefügten Fleischstücke dürfen nicht unter derselben Verkehrsbezeichnung wie das Rohmaterial "Hähnchenfilets" bzw. "Putenfilets" mit den verwendeten Zusätzen "Streifen, gebraten" bzw. "Brust, Natur" und ohne jeglichen Hinweis auf die produktionsbedingt erfolgende Zerkleinerung und anschließende Zusammenfügung in den Verkehr gebracht werden (3.). Eine Irreführung ist schließlich auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich die Verkehrsauffassung dadurch verändert hätte, dass behördlicherseits die Verwendung der von der Klägerin gewählten Bezeichnung nicht effektiv unterbunden worden wäre (4.). Im Einzelnen:

23

1.

Ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil für die in Rede stehenden Erzeugnisse eine in Rechtsvorschriften festgelegte Bezeichnung oder die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung verwendet würde.

24

a)

Eine in einer Rechtsvorschrift festgelegte Bezeichnung im Sinne von § 4 Abs. 1 LMKV existiert für die in Rede stehenden Erzeugnisse der Klägerin nicht. Festgelegt sind Bezeichnungen nur dann, wenn ihre Verwendung bindend vorgeschrieben ist. Bezeichnungen, die zwar in Rechtsvorschriften aufgeführt sind, deren Verwendung jedoch nicht verbindlich bestimmt ist, erfüllen diese Voraussetzung nicht (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: November 2009, C 110, § 4 LMKV Rdnr. 6).

25

aa)

Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben bestanden in der Verordnung (EWG) Nr. 1906/90 des Rates über Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch und der darauf beruhenden Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 1538/91 der Kommission zunächst nur für rohes Geflügelfleisch, das in frischer, gefrorener oder tiefgefrorener Form vermarktet wird (vgl. Art. 2 Nr. 1 VO (EWG) Nr. 1906/90). In Art. 1 Nr. 2 Buchst. k) VO (EWG) Nr. 1538/91 war für Erzeugnisse gemäß Art. 1 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1906/90 - also für Schlachtkörper von Geflügel und deren Teilstücke - bestimmt, dass es sich bei einem "Brustfilet" - andere als "Filet" zu bezeichnende Teilstücke gibt es bei Geflügel nicht - um die "ganze oder halbe entbeinte Brust, d.h. ohne Brustbein und Rippen" handelt, wobei bei Putenbrust das Filet auch ausschließlich aus innerem Brustmuskel (pectoralis profundus) bestehen darf. Für nicht mehr rohes Geflügelfleisch galten diese Definitionen nicht unmittelbar, so dass sich dadurch auch keine bindend vorgeschriebene Verkehrsbezeichnung ergeben konnte, wenngleich sie bei der Frage der Verwendung einer irreführenden Bezeichnung bzw. der Verbrauchererwartung in Bezug auf verarbeitetes Geflügelfleisch nicht ausgeblendet werden dürfen. Letzteres ergibt sich schon daraus, dass nach Art. 3 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1538/91 die Verkehrsbezeichnungen von Geflügelfleisch den Definitionen in Art. 1 dieser Verordnung unter Angabe der Geflügelart zu entsprechen hatten und bei Geflügelteilstücken - also etwa beim Filet - die Artenbezeichnungen durch Zusätze ergänzt werden konnten, wenn es dadurch nicht zu einer Irreführung bzw. einer Verwechselungsgefahr kommt. Zwar lassen sich aus diesen Vorgaben keine unmittelbaren Schlussfolgerungen für die Frage ableiten, welche Bezeichnung die klägerischen Erzeugnisse tragen müssen oder dürfen. Jedenfalls handelt es sich bei den von der Klägerin gewählten Bezeichnungen nicht um solche, die sich aus den Vermarktungsnormen als zutreffend ableiten ließen.

26

bb)

Die genannten Vermarktungsnormen sind mittlerweile durch die VO (EG) Nr. 1234/2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie durch die Durchführungsbestimmungen zu den Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch in der VO (EG) Nr. 543/2008 abgelöst worden, ohne dass sich daraus Änderungen ergeben hätten, die für den vorliegenden Rechtsstreit von wesentlicher Relevanz sein könnten. Erst mit der am 1. Mai 2010 in Kraft getretenen letzten Änderung der VO (EG) Nr. 1234/2007 durch die VO (EG) Nr. 1047/2009 ist der Anwendungsbereich der Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch auf "Fleischzubereitungen" und "Fleischerzeugnisse" ausgedehnt worden. In Anhang XIV Teil B Abschnitt II Nrn. 5 bis 7 VO (EG) Nr. 1234/2007 sind seitdem "Geflügelfleischzubereitungen", "Zubereitungen aus frischem Geflügelfleisch" und "Geflügelfleischerzeugnisse" rechtlich definiert. Zubereitungen aus Geflügelfleisch werden nach Anhang XIV Teil B Abschnitt III Nr. 2 VO (EG) Nr. 1234/2007 in frischem, gefrorenem oder tiefgefrorenen Zustand vermarktet, so dass eine andere Vermarktungsform mithin nur für "Geflügelfleischerzeugnisse" vorgesehen ist. Der Senat vermag für die Entscheidung des Rechtsstreits auf diese jüngst erfolgten Änderungen der Rechtslage allerdings nicht maßgeblich abzustellen. Zum einen war diese Rechtslage weder Anlass der erhobenen Feststellungsklage noch kann der Senat erkennen, dass es aufgrund der jüngst geänderten Bestimmungen zwischen den Beteiligten überhaupt bereits zu einem hinreichend konkretisierten und damit feststellungsfähigen Rechtsverhältnis gekommen wäre. Zum anderen fehlt es zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung an geänderten Durchführungsvorschriften in der VO (EG) Nr. 543/2008, so dass noch offen ist, ob und inwieweit sich aus den ergänzten Definitionen und Vermarktungsformen in der VO (EG) Nr. 1234/2007 Änderungen im Hinblick auf zwingend zu verwendende Verkehrsbezeichnungen ergeben werden. Tendenziell dürften sich die jüngst erfolgten Rechtsänderungen aber nicht dergestalt zu Gunsten der Klägerin auswirken, dass künftig die von ihr gewählten Bezeichnungen unbeanstandet bleiben könnten.

27

b)

Entgegen der Auffassung der Klägerin existieren für ihre in Rede stehenden Geflügelfleischprodukte keine nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblichen Bezeichnungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV, die sich mit den von ihr gewählten Bezeichnungen decken würden. Eine Bezeichnung ist nur dann als üblich im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen, wenn aufgrund der allgemeinen Verkehrsauffassung die Zuordnung des Lebensmittels zu dieser Bezeichnung eindeutig ist (Zipfel/Rathke, a.a.O., C 110, § 4 LMKV Rdnr. 10). Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuchs Bezeichnungen für Lebensmittel definiert werden. In einer solchen Situation kann in der Regel auf eine übliche Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels geschlossen werden (Zipfel, Rathke, a.a.O., C 110 § 4 LMKV Rdnr. 8). Die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung muss damit gleichsam so verfestigt sein, dass sie einer "Verrechtlichung" der Bezeichnung bereits nahe kommt. Dies kann für die hier in Rede stehenden Erzeugnisse der Klägerin nicht festgestellt werden. Geflügelfleischprodukte der in Rede stehenden Art existieren nach eigener Darstellung der Klägerin überhaupt erst seit der Jahrtausendwende. Sie wurden bislang weder abschließenden Regelungen in den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zu Geflügelvermarktung zugeführt, noch enthalten die Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuchs ausdrückliche Regelungen dazu. Dass es schon seit deutlich längerer Zeit entsprechende industriell gefertigte Produkte aus anderem Fleisch als Geflügelfleisch gibt - etwa Kochschinken -, vermag daran nichts zu ändern.

28

2.

Prüfungsbedürftig sind demnach die (speziell) für Fertigpackungen einschlägige Kennzeichnungsvorgabe in § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV und das (allgemeine) Irreführungsverbot des § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 LFGB. Bei der Prüfung beider Regelungen kommt es maßgeblich auf eine nach der Verbrauchererwartung zu beurteilende Verkehrsauffassung zu der gewählten Bezeichnung an. Hinsichtlich der Frage, ob eine Bezeichnung, Marke oder Werbung möglicherweise irreführend ist, ist darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die betreffende Aussage wahrscheinlich auffassen wird. Der Europäische Gerichtshof hat insoweit zum Ausdruck gebracht, dass die Gerichte in der Regel selbst beurteilen können, ob eine Bezeichnung für den angeführten Durchschnittsverbraucher irreführend ist. Das Gemeinschaftsrecht verbietet dem nationalen Gericht indessen nicht, nach Maßgabe seines nationalen Rechts durch Sachverständigengutachten oder eine Verbraucherbefragung zu ermitteln, wie der Referenzverbraucher die betreffende Angabe wahrscheinlich auffassen wird, wenn es besondere Schwierigkeiten hat, zu beurteilen, ob eine Angabe irreführen kann (EuGH, Urt. v. 16.07.1998 - C-210/96 -, [...]). Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass sich die Tatsachengerichte bei den entsprechenden tatsächlichen Feststellungen der nach dem Prozessrecht vorgesehenen Methoden bedienen, so dass das Gericht grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, ob ein Sachverständigengutachten erforderlich ist oder ob es sich die im einzelnen Verfahren nötige Sachkunde selbst zutraut. Es verletzt seine Aufklärungspflicht nur, wenn es sich eine ihm unmöglich zur Verfügung stehende Sachkunde zuschreibt oder seine Entscheidungsgründe auf mangelnde Sachkunde schließen lassen (Beschl. v. 18.10.2000 - 1 B 45.00 -, [...] Rdnr. 5). Entgegen der Auffassung der Klägerin konnte das Verwaltungsgericht und kann auch der Senat im Berufungsverfahren unter Anwendung dieser Maßstäbe eine eigene Beurteilung vornehmen, ohne zuvor ein gegebenenfalls auf einer Verbraucherumfrage beruhendes Sachverständigengutachten einzuholen. Besondere Schwierigkeiten, die ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der Verkehrsauffassung erforderlich machen würden, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Auffassung der Klägerin, dass für die Beurteilung der Verkehrsauffassung vorliegend spezielle Fachkenntnisse über die im Rahmen der industriellen Herstellung von Fleischerzeugnissen übliche Herstellungstechnologie und damit ein Sachverständigengutachten erforderlich seien, überzeugt nicht. Es kommt nämlich im Hinblick auf die - hier ersichtlich maßgebliche - Verbrauchererwartung gerade nicht darauf an, wie sich die Herstellung der in Rede stehenden Erzeugnisse mit ihren technologischen Notwendigkeiten für einen Fachmann darstellt, sondern was der Referenzverbraucher erwartet oder erwarten kann, wenn er die in Rede stehenden Endprodukte "in den Händen hält". Diese Beurteilung ist dem Senat indessen durchaus möglich. Es kommt bei einer solchen Beurteilung aber nicht auf die Erwartung der entscheidenden Richter in ihrer Eigenschaft als Verbraucher an, sondern auf eine davon abstrahierte Sichtweise eines Referenzverbrauchers, in den sich die entscheidenden Richter hineinzuversetzen haben. Aus diesem Grund geht die Argumentation der Klägerin fehl, das Gericht dürfe aufgrund seiner im Verfahren gewonnenen Informationen über den Sachverhalt und seines rechtlichen Vorverständnisses nicht mehr aus eigener Sachkunde eine Entscheidung treffen. Das entscheidende Gericht hat sich letztlich nur in einen Durchschnittsverbraucher hineinzuversetzen und dessen Erwartungshaltung nachzuvollziehen. Da es einen "Durchschnittsverbraucher" als solchen nicht gibt, sondern dieser lediglich ein gedankliches Konstrukt ist, kann das "Hineinversetzen in einen Durchschnittsverbraucher" bei Lichte betrachtet nur dergestalt erfolgen, dass das Gericht seiner Entscheidung das Ergebnis einer "hypothetischen Verbraucherumfrage" zugrunde legt. Im Übrigen vermag der Senat die Argumentation der Klägerin nicht nachzuvollziehen, wenn sie einerseits geltend macht, das entscheidende Gericht dürfe die Sache nicht vorinformiert entscheiden, während sie andererseits fordert, dass ein Sachverständigengutachten einzuholen ist. Ein solches Sachverständigengutachten würde eine eigene Überzeugungsbildung des Senats nicht ersetzen können und würde letztlich eine weitere "Vorinformation" des Gerichts zur Folge haben, die die Klägerin gleichzeitig für die gerichtliche Entscheidungsfindung als hinderlich betrachtet.

29

3.

Ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 1 LFGB liegt nach Überzeugung des Senats vor, weil die Bezeichnung und Aufmachung der in Rede stehenden Erzeugnisse zur Täuschung über deren tatsächliche Beschaffenheit und ihre Art der Herstellung geeignet sind. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV muss eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung vorliegen, die es dem Verbraucher ermöglicht, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden. Auch diese Voraussetzungen werden im Hinblick auf die in Rede stehenden Erzeugnisse von der Klägerin nicht erfüllt. Die im Produktionsprozess zerkleinerten und dann wieder zusammengefügten Fleischstücke dürfen nicht unter derselben Verkehrsbezeichnung wie das Rohmaterial "Hähnchenfilets" bzw. "Putenfilets" mit den verwendeten Zusätzen "Streifen, gebraten" bzw. "Brust, Natur" und ohne jeglichen Hinweis auf die produktionsbedingt erfolgende Zerkleinerung und anschließende Zusammenfügung in den Verkehr gebracht werden. Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde:

30

Zur Ermittlung der Bedeutung der Bezeichnung eines Lebensmittels ist der Eindruck entscheidend, den diese nach ihrem Wortsinn, dem allgemeinen Sprachgebrauch und der allgemeinen Lebenserfahrung auf die in Betracht kommenden Verbraucher macht, und die Vorstellungen, die sie in ihnen hervorruft. Hierbei wird nicht die Feststellung einer tatsächlichen Täuschung eines Verbrauchers vorausgesetzt, sondern es genügt bereits die Eignung zur Täuschung. Bei der Beurteilung, ob die betreffende Bezeichnung des Lebensmittels geeignet ist, den Käufer unter Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB und gegen die dieser Norm zugrunde liegende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) i) der Richtlinie 2000/13/EG irrezuführen, ist - wie bereits dargelegt - darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die Bezeichnung wahrscheinlich auffassen wird (vgl. etwa EuGH, Urt. v. 16.07.1998 - C-210/96 -, [...] Rdnr. 37; BVerwG, Beschl. v. 18.10.2000 - 1 B 45.00 -, [...] Rdnr.4). Bei der Beurteilung, ob die gewählte Bezeichnung eines Lebensmittels zur Täuschung des Verbrauchers geeignet ist, verbietet sich aber eine isolierte Betrachtung der Bezeichnung des Lebensmittels, sondern es sind die weiteren Angaben auf der Verpackung und die Gesamtaufmachung des Lebensmittels mit einzustellen. Dies folgt daraus, dass nicht nur die Bezeichnung als solche, sondern auch Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften des Erzeugnisses eine Täuschungseignung zu begründen vermögen und es mithin auf die Gesamtaufmachung ankommt. Hiernach ist für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher eine Täuschung über Art oder Beschaffenheit eines Lebensmittels durch dessen Bezeichnung zu verneinen, wenn für diesen ohne weiteres aus anderen auf der Verpackung befindlichen Angaben zu dem Produkt ein entsprechender Irrtum auszuschließen ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1992 - 3 C 33.89 -, [...] Rdnr. 40; Zipfel/Rathke, a.a.O., C 102, § 11 LFGB, Rdnr. 77).

31

Zur Ermittlung der Erwartung eines (verständigen) Durchschnittsverbrauchers dienen u.a. die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs, in denen auf der Grundlage des § 15 LFGB Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel von Bedeutung sind, beschrieben werden. Sie haben zwar keine Rechtsnormqualität, stellen aber "Sachverständigengutachten von besonderer Qualität" und damit wesentliche Auslegungshilfen dar. Als solche begründen sie eine Vermutungswirkung dafür, was der Verbraucher von einem nach Herstellung, Beschaffenheit und sonstigen Merkmalen in den Leitsätzen beschriebenen Lebensmittel erwartet (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 10.12.1987 - 3 C 18.87 -, [...] Rdnr. 34; OVG NRW, Beschl. v. 15.03.2010 - 13 A 1038/07 -, [...] Rdnr. 6) a) Der Senat ist davon überzeugt, dass ein Großteil der Verbraucher aufgrund der Bezeichnung der Erzeugnisse als "Filetstreifen, gebraten" ohne weiteres die Vorstellung entwickelt, dass es sich bei den Produkten um solche handelt, bei dem ganze Filetstücke in Streifen geschnitten und anschließend gebraten werden. Der Begriff des "Brustfilets" als solcher ist im Zusammenhang mit Geflügelfleisch nach Auffassung des Senats jedem durchschnittlichen Verbraucher durchaus ein Begriff. Zudem ist dieser Begriff im Hinblick auf rohes Geflügelfleisch rechtlich definiert (vgl. 1. a)). Auch in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs wird der Begriff "Filet" unter Nr. 2.501 näher umschrieben. Danach handelt es sich bei Filet vom Geflügel um die von Haut und Knochen befreite ("filetierte") Brustmuskulatur. Bereits diese bestehenden rechtlichen und sachverständigen Wertungen für Geflügelfleisch schlagen nach der Überzeugung des Senats auf die Vorstellung des Durchschnittsverbrauchers durch, die er sich von einem als "Filetstreifen, gebraten" bezeichneten Produkt macht. Der Verbraucher kann anhand dieser Bezeichnung nicht erkennen, dass es sich tatsächlich um Erzeugnisse handelt, die aus einer Vielzahl von in einem nicht unerheblichen Umfang zerkleinerten und sodann wieder zusammengefügten Filetfleischstücken bestehen, die erst anschließend in Streifen geschnitten und dann frittiert werden. Ein weiterer, aber schon ein beträchtlich geringerer Anteil der Verbraucher, der sich vertiefte Gedanken über die Möglichkeiten und Grenzen der industriellen Fertigung von Fleischerzeugnissen im Vergleich mit traditioneller handwerklicher Erzeugung gemacht hat, wird nach Einschätzung des Senats mit der Bezeichnung "Filetstreifen, gebraten" möglicherweise die Vorstellung verbinden, dass die Filetstreifen nicht unmittelbar aus einzelnen Filetstücken geschnitten werden, sondern aus zunächst direkt zu größeren Einheiten zusammengefügten ganzen Filets gewonnen werden. Jedenfalls ist nach Auffassung des Senats nur ein verschwindend geringer Anteil von Verbrauchern denkbar, der aus der Bezeichnung "Filetstreifen, gebraten" darauf schließt, dass es sich um ein Produkt handelt, dessen Herstellungsmethode dazu führt, dass die einzelnen Filets in einem nicht unerheblichen Umfang zerkleinert und wieder zusammengefügt werden. Letzteres gilt nach Auffassung des Senats auch für das von der Klägerin so bezeichnete Erzeugnis "Putenbrust, Natur". Auch insoweit wird sich aufgrund der Bezeichnung allenfalls ein verschwindend geringer Anteil der Verbraucher vorstellen, dass es sich um ein Produkt handelt, das vergleichbar einem Filet unmittelbar aus natürlich gewachsener Putenbrustmuskulatur, nicht aber aus einem aus teilweise kleinen Fleischstücken zusammengefügten Zwischenprodukt mit einem nicht unerheblichen Anteil an brätartig fein zerkleinerter Substanz hergestellt wird. Zwar mag es - worauf die Klägerin abstellt - auch Verbraucher geben, die sich infolge einer bestimmten Bezeichnung über die Herstellung eines Produkts keinerlei Gedanken machen. Auf solche Verbraucher ist aber nach dem heranzuziehenden Verbraucherleitbild gerade nicht abzustellen. Die Argumentation der Klägerin, dass derjenige, der sich keine Vorstellungen macht, auch nicht getäuscht werden könne ("ignorantia facti"), geht deshalb nach Auffassung des Senats ins Leere.

32

b)

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann auch nicht entscheidend darauf abgestellt werden, dass als Ausgangsprodukt der Herstellung ganze Filets von Hähnchen und Pute verwendet werden. Es kommt nicht auf den verwendeten Rohstoff an, sondern auf das (verpackte) Endprodukt, dessen Bezeichnung und die damit verbundene Verbrauchererwartung. Die Auffassung der Klägerin würde darauf hinauslaufen, dass für ihr zerkleinertes und wieder zusammengefügtes Fleischprodukt die gleiche Verkehrsbezeichnung verwendet werden dürfte, wie für das verwendete Ausgangsprodukt, das (nur) in Streifen geschnitten wird. Dies käme aber nur in Betracht, wenn bei den klägerischen Produkten noch vor der Zerteilung in Streifen noch Material vorliegen würde, das als "Filet" bezeichnet werden könnte. Das ist aber nicht der Fall, da zwar nicht durch das "Tumbeln", wohl aber durch die Abfüllung in den Kunstdarm und das anschließende Kochen ein erheblicher Zerkleinerungsprozess stattfindet. Dass die Zerkleinerung technologisch unvermeidlich ist und dass es - wie die Klägerin geltend macht - direkt aus Gefügelfilets geschnittene Streifen aus industrieller Fertigung in Fertigpackungen nicht (mehr) gibt, sondern lediglich aus traditioneller handwerklicher Fertigung außerhalb von Fertigpackungen, schließt eine Irreführung nicht aus. Es ist auch keineswegs so, dass der gewählten Bezeichnung deshalb genug Unterscheidungskraft im Sinne von§ 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV zukommt, weil es aus industrieller Fertigung keine Erzeugnisse gibt, die die Merkmale eines traditionell handwerklich hergestellten Erzeugnisses aufweisen. Es wird infolge dieser Umstände nach Auffassung des Senats im Gegenteil sogar bestätigt, dass die Bezeichnung "Filetstreifen, gebraten" zur Täuschung über die Beschaffenheit und die Art der Herstellung geeignet ist. Letztlich werden nämlich mit der gewählten Bezeichnung die industriell gefertigten Erzeugnisse, die im Endprodukt aufgrund des Herstellungsprozesses einen - wenn auch unvermeidlichen - erheblichen Zerkleinerungsgrad aufweisen, mit traditionell handwerklich hergestellten Erzeugnissen gleichgesetzt, bei denen das nicht so ist. Entsprechendes gilt für das von der Klägerin so bezeichnete Erzeugnis "Putenbrust, Natur".

33

c)

Ob es sich bei den Erzeugnissen um Formfleisch im Sinne der Nr. 2.19 der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs handelt und sie deshalb mit einer entsprechenden Kennzeichnung hätten versehen werden müssen oder können, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Die Beklagte hat die Erzeugnisse der Klägerin unter diesem Aspekt nämlich nicht beanstandet. Gleichwohl ist nicht gänzlich unbedeutend, dass die Beklagte - unwidersprochen - darauf hingewiesen hat, dass eine Bezeichnung der klägerischen Produkte als Formfleisch deshalb nicht in Betracht komme, da (nicht einmal) die an Formfleisch zu stellenden Anforderungen erfüllt werden, weil der Anteil von Muskelabrieb über den für Formfleisch als limitierend angegebenen 10% liege und auch die Forderung nicht erfüllt sei, dass der Gewebeverband der verwendeten Fleischstücke im Wesentlichen erhalten bleibe. Jedenfalls bei dem prozentualen Anteil des Muskelabriebs stellen die Leitsätze ersichtlich auf das Endprodukt ab. Erfüllen die Erzeugnisse der Klägerin nicht die Voraussetzungen für Formfleisch, ist es umso mehr irreführend, für sie die Bezeichnung für traditionell handwerklich hergestellte Erzeugnisse zu verwenden, bei deren Herstellung es zu einem nennenswerten Muskelabrieb nicht kommt.

34

d)

Dieser Befund deckt sich mit den Kennzeichnungsempfehlungen, die der Arbeitskreis der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und der vom Tier stammenden Lebensmittel tätigen Sachverständigen - ALTS - bereits im Jahre 2004 beschlossen hat. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass dort wie folgt im Hinblick auf Kochpökelerzeugnisse vom Geflügel differenziert worden sei:

35

Erzeugnisse aus ganzen Brustfilets mit intaktem Gewebeverband.

36

Formfleischerzeugnisse, Erzeugnisse aus Brustfilet mit intensiver mechanischer Vorbehandlung und Muskelabrieb unter 10 Vol.%. Die Kennzeichnung erfolgt gemäß Leitsatz Nr. 2.19.

37

Erzeugnisse eigener Art (Aliud), Erzeugnisse aus Brustfilet mit intensiver mechanischer Vorbehandlung und Muskelabrieb über 10 Vol.%. Die Beschreibung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV (Anlage 1).

38

Diese Differenzierung hält der Senat für sinnvoll. Bei den hier in Rede stehenden Erzeugnissen der Klägerin handelt es sich offenbar um ein "Aliud" im Sinne der Kennzeichnungsempfehlungen, also weder um Erzeugnisse aus ganzen Brustfilets mit intaktem Gewebeverband noch um Formfleischerzeugnisse.

39

e)

Die nach den vorstehenden Ausführungen zur Täuschung und damit zur Irreführung geeignete Bezeichnung der klägerischen Erzeugnisse wird auch nicht durch die sonstige Aufmachung der in Rede stehenden Produkte wieder beseitigt. Zwar kann der Verbraucher durch nicht bedruckte oder mit Etiketten versehene Teile der Klarsichtverpackungen die Erzeugnisse in Teilen betrachten. Da die so bezeichneten "Filetstreifen" nach dem Zuschneiden frittiert ("gebraten") werden und infolge dessen eine Bratkruste aufweisen, kann ein verständiger Verbraucher aus dem Aussehen des Erzeugnisses aber nicht auf dessen tatsächliche Beschaffenheit als zusammengesetztes Fleischerzeugnis mit teilweise brätartig fein zerkleinerter Substanz schließen und auf diese Weise den Irrtum ausschließen. Der von der Klägerin angeführten Argumentation, dass die "Filetstreifen" aufgrund ihrer erkennbaren (überwiegend) einheitlichen Größe nur den Schluss zuließen, dass diese nicht direkt aus einem Filetstück geschnitten sein könnten, vermag der Senat nicht zu folgen. Es erscheint durchaus nicht - wie die Klägerin meint - lebensfremd, dass Streifen einheitlicher Größe unmittelbar aus ganzen Filetstücken gewonnen werden, auch wenn es sich um ein Produkt in einer Fertigpackung handelt. Der Durchschnittsverbraucher kann sich nämlich nach Einschätzung des Senats sehr wohl vorstellen, dass für das Produkt ganze Filetstücke - auch maschinell - direkt in gleich große Stücke geschnitten werden und die dafür nicht verwendbaren Teile der Filets für andere Produkte - etwa für Wurst - verwendet werden. Im Übrigen ist auch nicht verständlich, wieso es an entsprechenden verbalen Hinweisen auf eine Zerkleinerung und Zusammenfügung auf den Verpackungen gänzlich fehlt, wenn sich dies nach Auffassung der Klägerin ohnehin aus dem erkennbaren Zustand der "Filetstreifen" aufdrängen soll. Es wird im Gegenteil nach Auffassung des Senats durch die Verwendung der Bezeichnung "Filetstreifen" ohne jeglichen Hinweis auf Zerkleinerung und Zusammenfügen suggeriert, dass es sich direkt um in Streifen geschnittene Filets handelt, weil dies eine höhere Qualitätsanmutung hat, als diejenige, die die in Rede stehenden Erzeugnisse tatsächlich aufweisen. Entsprechendes gilt nach Auffassung des Senats letztlich auch für das Produkt "Putenbrust, Natur" in Form von Aufschnittscheiben. Da dieses Produkt nur teilweise sichtbar ist, ist nicht ohne Weiteres erkennbar, dass es sich auch hierbei um ein Produkt aus zerkleinerten und zusammengefügten Filets mit teilweise brätartig fein zerkleinerter Substanz handelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es auch für einen durchschnittliche informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher schwierig ist, ein Erzeugnis in Form von Aufschnitt vom Stück Muskulatur wie gewachsen von einem aus zusammengefügten Fleischteilen allein anhand der äußeren Erscheinung - Aussehen und Form des Aufschnitts - zu unterscheiden. Da zudem das Produkt nur zu einem geringen Teil sichtbar ist, lässt sich hierdurch ein Irrtum über Beschaffenheit und Qualität des Lebensmittels nicht hinreichend ausschließen.

40

4.

Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Argumentation der Klägerin nicht durchgreift, eine angenommene Irrführung sei entfallen, weil sich durch einen andauernden, von den Behörden nicht effektiv unterbundenen Gebrauch der verwendeten Bezeichnungen die Verbrauchererwartung mittlerweile verändert habe. Die Klägerin nimmt insoweit Bezug auf eine in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes getroffene Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 20.09.2004 - 25 CS 03.914 -, [...]), die dadurch gekennzeichnet ist, dass eine in einem vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren als irreführend erkannte Bezeichnung von den Lebensmittelbehörden trotz ihres Prozesserfolgs aufgrund einer zweifelnden Anfrage der Europäischen Kommission nicht unterbunden wurde und die fragliche Bezeichnung bereits seit mehr als zehn Jahren Verwendung gefunden hatte. Eine vergleichbare Konstellation liegt hier schon nicht vor. Die von der Klägerin gewählten Bezeichnungen ihrer in Rede stehenden und überhaupt erst seit dem Jahre 2000 vermarkteten Erzeugnisse wurden im Jahre 2004 behördlich beanstandet, diese Beanstandungen und die damit verbundenen Ordnungswidrigkeitenverfahren sind gerade Anlass für die vorliegende Feststellungsklage gewesen, bei der eine obergerichtliche Klärung nunmehr erfolgt. Maßgeblicher Zeitpunkt für das im Hinblick auf die Ordnungswidrigkeitenverfahren betriebene Klageverfahren ist daher der Zeitraum der Beanstandungen, so dass allenfalls von einer vierjährigen Marktpräsenz ausgegangen werden kann. Auch wenn man berücksichtigt, dass die Klägerin an dem Ergebnis der Feststellungsklage (zudem) ihr künftiges Verhalten ausrichten will, könnte ihr nach Auffassung des Senats nicht zugute kommen, dass sie in der Zeit zwischen Klageerhebung und Entscheidung über die Klage an der Bezeichnung und Aufmachung der in Rede stehenden Produkte nichts geändert hat und die Beklagte keine mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung versehene Untersagungsverfügung erlassen hat. Würde man dies zulassen, könnte die Klägerin in tatsächlicher Hinsicht trotz vorliegender Beanstandungen "Fakten schaffen". Ebenso wenig kann sich die Klägerin im Hinblick auf eine Veränderung der Verkehrsauffassung mit Erfolg auf einen Testbericht der "Stiftung Warentest" aus dem Jahre 2007 (Zeitschrift "Test" August 2007, S. 22 - 27, vgl. Bl. 509 ff. d.A.) berufen, in dem die Bezeichnung von Kochschinkenprodukten nicht beanstandet worden sei. Zum einen bezieht sich dieser Testbericht nicht auf Geflügelfleischprodukte, sondern auf Schweinefleischprodukte. Zum anderen ist die "Stiftung Warentest" weder eine für die Lebensmittelüberwachung zuständige Behörde noch können aus dem Umstand, dass sie sich zur rechtlichen Zulässigkeit einer von einem Marktteilnehmer gewählten Verkehrsbezeichnung nicht geäußert hat, maßgebliche Schlussfolgerungen gezogen werden.