Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.06.2010, Az.: 12 LB 32/07

Fehlerhaftes Unterbleiben des förmlichen Genehmigungsverfahrens bei einer Nachbarklage nach § 10 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) als Grund für die Aufhebung der statt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erteilten Baugenehmigung; Standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls als Ausnahme zur vorgeschriebenen allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls als Grund für die Aufhebung der statt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erteilten Baugenehmigung; Betrachtung von Mängeln im Genehmigungsverfahren ohne Anknüpfung an materielle Rechtspositionen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
01.06.2010
Aktenzeichen
12 LB 32/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 28530
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0601.12LB32.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 10.10.2005 - AZ: 1 A 621/03

Fundstellen

  • BauR 2011, 1212
  • ZNER 2010, 506-511

Amtlicher Leitsatz

In der prozessualen Konstellation der Nachbarklage führt das fehlerhafte Unterbleiben des förmlichen Genehmigungsverfahrens nach§ 10 BImSchG allein nicht zur Aufhebung der statt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erteilten Baugenehmigung. Entsprechendes gilt auch, wenn für das angegriffene Vorhaben statt der vorgeschriebenen allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls durchgeführt wurde. Derartige Mängel im Genehmigungsverfahren können nicht ohne Anknüpfung an materielle Rechtspositionen betrachtet werden.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich als betroffene Grundstückseigentümer gegen eine der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen.

2

Die Kläger sind Eigentümer des im Außenbereich der Gemarkung I. gelegenen Grundstücks J. Weg 4. Der J. Weg verläuft zwischen der Landesstraße 113/K. straße 85 und der K. straße 12 etwa in Nord-Südrichtung. Das Grundstück der Kläger ist mit der sogenannten L. bebaut. Eine Baugenehmigung aus dem Jahre 1934 gestattete den Umbau der Mühle zu einem Wohnhaus. Die Kläger nutzen das Grundstück zeitweilig an Wochenenden und sind hier mit Nebenwohnsitz gemeldet. Östlich des J. Weges befindet sich eine aus 27 Windenergieanlagen bestehende Windfarm, die Ende der 1990er Jahre - nach Vortrag der Beigeladenen zu 1) in einem Umfang von 22 Anlagen vor dem 14. März 1999 - errichtet wurde. Die nächstgelegene Anlage dieses Komplexes hält zu der L. einen Abstand von etwa 600 m ein.

3

Die Beigeladene zu 1) stellte unter dem 13. Dezember 2001 einen Bauantrag für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen (WEA 1 und 2) des Typs M. 2 MW/76 mit einer Nabenhöhe von 60 m und einer Gesamthöhe von maximal 100 m (Rotordurchmesser 76 m) auf den westlich des klägerischen Grundstücks gelegenen Flurstücken 36 und 54/4 (spätere Bezeichnung: 37/2 und 54/6) der Flur 25 der Gemarkung I.. Zeitgleich stellte der Vorhabenträger N. einen Bauantrag für zweiöstlich der WEA 1 und 2 geplante Windenergieanlagen desselben Anlagentyps (WEA 3 und 4) und der Vorhabenträger O. für eine weitere, in nördlicher Richtung abgesetzte und nordwestlich des klägerischen Grundstücks geplante Windenergieanlage (WEA 5). Die Standorte der Windenergieanlagen der Beigeladenen zu 1) weisen Abstände von 2.000 m bzw. 1.600 m zur L. auf, die des Betreibers N. Abstände von ca. 1.150 m und 700 m und der Standort des Betreibers O. hält einen Abstand von etwa 500 m ein. Nördlich des Anlagenstandorts O. liegt in einem Abstand von etwa 550 m an der Straße P. (21) ein im Eigentum der Klägerin des Parallelverfahrens (12 LB 31/07) stehendes und von ihr bewohntes denkmalgeschütztes Wohngebäude (sog. Feldhof).

4

Zu den Bauunterlagen der drei genannten Bauanträge (für den sog. Windpark Q.) wurden u.a. eine Schallimmissionsprognose der R. (im Folgenden: S.) vom 14. Dezember 2001 und - als deren Überarbeitung - eine weitere Schallimmissionsprognose der S. vom 16. Juli 2002 eingereicht. Nach der Prognose vom 14. Dezember 2001 wurde für den Betrieb der fünf Windenergieanlagen unter Berücksichtigung einer Vorbelastung durch die 27 Windenergieanlagen des bestehenden Windparks östlich des J. Weges bezogen auf den Immissionspunkt 1 (L.) ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) (Gesamtschalldruckpegel 44,84 dB) ermittelt, wobei für den Anlagentyp M. ein Schallleistungspegel von 106 dB(A) bei einer Referenzwindgeschwindigkeit von 10 m/s bzw. 95% der Nennleistung in Ansatz gebracht wurde. Die Schallimmissionsprognose vom 16. Juli 2002 gelangte in Bezug auf den Immissionspunkt 1 zu einem Beurteilungspegel von 45,1 dB(A) (Gesamtschalldruckpegel 45,14 dB) unter Zugrundelegung eines Schallleistungspegels der geplanten Anlagen von 105 dB(A). Weiterhin wurde ein Schattenwurfgutachten der S. vom 13. Dezember 2001 vorgelegt, in dem zugrunde gelegt wurde, dass gemäß einer Empfehlung des damaligen Nds. Landesamtes für Ökologie (NLÖ) Schattenwurf nicht als kritisch zu beurteilen sei, wenn die gesamte (maximal denkbare) Beschattungszeit weniger als 30 Stunden im Jahr betrage. Die Zumutbarkeitsgrenze werde hier bereits durch die 27 Windenergieanlagen östlich des J. Weges an mehreren Immissionsorten erreicht.

5

Der Beklagte führte für das Vorhaben der Beigeladenen zu 1) sowie der Bauherrn N. und O. eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls durch, die unter dem 28. März 2002 zu dem Ergebnis gelangte, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund fehlender erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen der geplanten Windenergieanlagen nicht erforderlich sei. Das Ergebnis wurde am 11. April 2002 im Amtsblatt für den Landkreis T. öffentlich bekannt gemacht.

6

Im August 2002 beantragte die Firma U. (im Folgenden: V.) die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung von fünf weiteren Windenergieanlagen des Typs GE Windenergie 1.5 s mit jeweils einer Nabenhöhe von 64,7 m und einem Rotordurchmesser von 70,5 m auf Flurstücken nördlich der Anlagenstandorte für die geplanten WEA 1 und 2 der Beigeladenen zu 1) sowie der WEA 3 und 4 des Bauherrn N.. In Verbindung mit den geplanten Windenergieanlagen des Windparks Q. ging der Beklagte von kumulierenden Vorhaben im Sinne der §§ 3b Abs. 2, 3c Abs. 1 Satz 5 UVPG aus und führte eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls durch. Diese ergab, dass das vorgesehene Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht unterzogen werden müsse. Die entsprechende Feststellung vom 8. Oktober 2002 wurde am 17. Oktober 2002 im Amtsblatt für den Landkreis T. bekannt gemacht.

7

Am 30. Oktober 2002 erteilte der Beklagte die beantragte Baugenehmigung für das Vorhaben der Beigeladenen zu 1) und parallel dazu die Baugenehmigungen für die Vorhaben N. und O.. Die Baugenehmigungen wurden unter anderem mit Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz versehen. Für die im Einwirkungsbereich der genehmigten Anlagen befindlichen Wohnhäuser im Außenbereich bzw. in Dorf- und Mischgebieten wurden unter V. 3 unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Anlagen Immissionsrichtwerte in Höhe von 60 dB(A) (tagsüber von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) und 45 dB(A) (nachts von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) festgesetzt. Zum Gegenstand der Genehmigung wurden unter I. 17 der Nebenbestimmungen die mit dem baurechtlichen Antrag eingereichte Schallimmissionsprognose vom 14. Dezember 2001 sowie derenüberarbeitete Fassung vom 16. Juli 2002 gemacht. Außerdem wurde den Anlagenbetreibern aufgegeben, frühestens nach dreimonatigem Betrieb und spätestens 12 Monate nach Inbetriebnahme den Schallleistungspegel der genehmigten Anlagen zu vermessen und die Messergebnisse dem Beklagten vorzulegen. Für den Fall der Nichteinhaltung der Messwerte wurde die Nachtabschaltung der Anlagen angeordnet (V. 4 der Nebenbestimmungen). Weiterhin wurde unter V. 2 für die im Einwirkungsbereich der Anlagen gelegenen Wohnräume eine maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr und 30 Minuten pro Tag festgelegt. Die Schattenwurfzeiten der genehmigten Anlagen wurden auf Null reduziert, da der zulässige Wert durch die bereits vorhandenen 27 Windenergieanlagen östlich des J. Weges an mehreren Immissionsorten überschritten werde. Insoweit wurde die Ausrüstung der Windenergieanlagen mit einer Abschaltautomatik angeordnet.

8

Die Kläger legten gegen die Baugenehmigungen jeweils Widerspruch ein und beanstandeten, dass die Genehmigungsverfahren nicht nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz geführt worden seien und die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung unterblieben sei. Außerdem wurde die Verletzung materieller Rechtspositionen gerügt. Die Bezirksregierung W. wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2003 - der Prozessbevollmächtigten der Kläger zugestellt am 20. März 2003 - zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Wohngebäude der Kläger werde durch das streitige Vorhaben nicht unzumutbaren Immissionen ausgesetzt. Die festgesetzten Lärmrichtwerte von tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) seien nicht zu beanstanden, ihre Einhaltung sei durch die Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung hinreichend gesichert. Wegen der Vorbelastung durch Schattenwürfe der 27 vorhandenen Windenergieanlagen sei in der Baugenehmigung vorgesehen, dass durch Einbau einer Abschaltautomatik der Schattenschlag der streitigen Anlagen auf Null reduziert werde. Sonstige unzumutbare Beeinträchtigungen seien nicht zu erwarten.

9

Die Kläger haben am 16. April 2003 Klage erhoben. Ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 23. Juni 2003 (2 B 299/03) ab; die dagegen erhobene Beschwerde hatte keinen Erfolg (vgl. Beschl. d. 1. Senats d. erkennenden Gerichts v. 26.11.2003 - 1 ME 206/03 -).

10

Während des Klageverfahrens - am 7. Juni 2005 - wurde die geforderte Nachvermessung einer der am Standort Q. genehmigten Anlagen durchgeführt. Nach dem Messbericht der Firma X. vom 24. Juni 2005 betrug der Schallleistungspegel der vermessenen Windenergieanlage bei 95% der Nennleistung und einer Referenzwindgeschwindigkeit von 9,69 m/s 103,8 dB(A) bzw. 104,1 dB(A) bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s.

11

Die Kläger haben zur Begründung der Klage geltend gemacht, die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung verletze sie in ihren Rechten. Die streitigen Windenergieanlagen bildeten zusammen mit den drei zeitgleich genehmigten Anlagen, den bereits vorhandenen 27 Anlagen östlich des J. Weges und den fünf Windenergieanlagen der Firma V. eine Windfarm mit der Folge, dass die Genehmigung in einem immissionsschutzrechtlichen Verfahren und erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erteilt werden dürfen. Wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden wäre, hätte diese zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Erteilung einer Genehmigung wegen Verletzung von drittschützenden Rechten nicht in Betracht komme. Die Errichtung von weiteren Windenergieanlagen führe zu einer vollständigen Zerstörung des Landschaftsbildes und einer Beeinträchtigung der als Baudenkmal anzusehenden L.. Darüber hinaus sei mit Lärmbeeinträchtigungen sowie Schattenwürfen auf ihrem Grundstück zu rechnen. Allein die Tatsache, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, verletze sie - die Kläger - in eigenen Rechten. Die der Baugenehmigung beigefügte Nebenbestimmung zur Begrenzung der Schattenwürfe biete in der Sache keinen ausreichenden Schutz. Die Nebenbestimmung sei nicht eindeutig und setze einen "Schattenschlag Null" nicht fest. Die zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen durch die streitigen Anlagen seien ebenfalls nicht hinnehmbar. Bereits die vorhandenen 27 Windenergieanlagen führten nach dem Prognosegutachten an ihrem Wohnhaus zu einer Vorbelastung von 44,6 dB(A), wobei noch nicht einmal der erforderliche Sicherheitszuschlag von 1 dB(A) berücksichtigt sei. Tatsächlich sei die Lärmbeeinträchtigung durch die 27 Windenergieanlagen noch höher einzuschätzen. Als Zusatzbelastung durch die streitigen Anlagen sei unter Berücksichtigung von Zuschlägen für Tonhaltigkeit bzw. Impulshaltigkeit der Geräusche sowie für Prognose-/Messungenauigkeit mit einem Wert von mindestens 47 dB(A) zu rechnen, welcher nicht zumutbar sei. Insoweit haben die Kläger auf ein von ihnen vorgelegtes Lärmschutzgutachten des Dipl.-Ing. Y. vom 3. Oktober 2002 verwiesen.

12

Die Kläger haben beantragt,

die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2002 zur Errichtung von fünf (Anm. d. Sen.: hier gemeint wohl zwei) Windkraftanlagen vom Typ M. MW/76 mit einer Gesamthöhe von maximal 100 Metern in der Form des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung W. vom 26. Februar 2003 aufzuheben.

13

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Sie sind dem Begehren der Kläger entgegengetreten. Die Beigeladene zu 1) hat ausgeführt, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei für ihr Vorhaben nicht erforderlich gewesen, die erforderliche Vorprüfung nach§§ 3a ff UVPG habe stattgefunden. Das Bauvorhaben führe nicht zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen oder Schattenwürfen auf benachbarten Grundstücken. Lärmbeeinträchtigungen durch Windkraftanlagen seien, wie sich anlässlich des Ortstermins der Kammer am 21. Juli 2005 gezeigt habe, an der L. nicht wahrnehmbar. Die anlagenbedingten Geräusche würden durch die Geräusche, die sich bei Wind durch den Baumbestand auf dem Grundstück der Kläger ergäben, vollständig überdeckt. Im Übrigen sei zu bedenken, dass die Kläger die L. offensichtlich nicht mehr oder jedenfalls nur nochäußerst gelegentlich zu Wohnzwecken nutzten.

15

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. Oktober 2005 abgewiesen. Die von den Klägern angegriffene Genehmigung sei zwar verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Aufgrund der Beantragung von insgesamt fünf Windkraftanlagen habe es gemäß § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6 ihres Anhangs einer Zulassung des Vorhabens nach den §§ 4 ff. BImSchG bedurft. Die verfahrensfehlerhaft zustande gekommene Genehmigung führe jedoch nicht zu einer Verletzung von Rechten der Kläger. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6 Spalte 2 ihres Anhangs in der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung sei für die insgesamt beantragten fünf Anlagen ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß § 19 BImSchG durchzuführen gewesen. Das Erfordernis eines Genehmigungsverfahrens nach § 10 BImSchG ergebe sich nicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) Doppelbuchst. aa) der 4. BImschV, denn die vom Beklagten durchgeführte standortbezogene Vorprüfung nach § 3c Abs. 1 UVPG habe ergeben, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müsse. Im vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren hätten die Kläger keine andere Stellung als in dem hier durchgeführten Baugenehmigungsverfahren. Die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach § 10 BImSchG sei auch nicht mit Blick auf die geplanten fünf Windenergieanlagen der V. geboten. Nach Nr. 1.6 Spalte 1 der 4. BImSchV unterlägen zwar Windfarmen mit sechs oder mehr Anlagen dem förmlichen Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG. Aus dem zeitlichen Ablauf der Genehmigungsverfahren ergebe sich jedoch, dass die Anlagen der V. nicht den Vorhaben der Beigeladenen zu 1) sowie der Betreiber N. und O. zugeordnet werden könnten. In dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren der V. sei die zu erwartende Vorbelastung durch die am 30. Oktober 2002 genehmigten Anlagen berücksichtigt worden, wobei in diesem Genehmigungsverfahren die Beeinträchtigung nachbarlicher Belange in einer Gesamtbetrachtung zu prüfen gewesen sei. Die Vorgehensweise des Beklagten habe deshalb nicht zu einer Verkürzung des Nachbarschutzes geführt. Das Erfordernis eines förmlichen Genehmigungsverfahrens nach§ 10 BImSchG ergebe sich darüber hinaus auch nicht aus der Vorbelastung der Einwirkungsbereiche durch die östlich des J. Weges errichteten 27 Windenergieanlagen. Die Regelung in Nr. 1.6 Spalte 1 der 4. BImSchV komme hier ebenfalls nicht zur Anwendung. Die fünf streitgegenständlichen Anlagen westlich des J. Weges stünden nicht in einem derartigen räumlichen Zusammenhang mit den vorhandenen 27 Anlagen, dass von einer Windfarm mit 32 Anlagen auszugehen sei. Vielmehr sei eine "zweite" Windfarm mit weniger als sechs Anlagen entstanden. Unter dem Gesichtspunkt der Lärmrelevanz sei davon auszugehen, dass die Einwirkungsbereiche der Anlagenkomplexe aneinandergrenzten, sich aber nicht berührten bzw. überschnitten. Gestützt werde diese Auffassung durch die - seitens der Gemeinde I. zur Beurteilung der geplanten Windenergieanlagen der V. in Auftrag gegebene - Schallimmissionsberechnung der Z. vom März 2003. In dieser werde die flächenhafte Berechnung der Schallimmissionen in dem Bereich um den Immissionspunkt "L." dargestellt. Aus der Grafik sei ersichtlich, dass der Anlagenkomplex westlich des J. Weges unter Einbeziehung aller zehn Anlagen am Immissionspunkt "L." rechnerisch einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) verursache, ebenso der Anlagenkomplexöstlich des J. Weges. Bei der Berechnung der Immissionspegel werde dabei von Mitwindbedingungen ausgegangen, so dass jede Anlage an jedem Immissionsort zu 100% in die Berechnung eingehe und es für bestimmte Windrichtungen zuÜberschätzungen des Beurteilungspegels kommen könne. Damit liege der tatsächlich mögliche Einwirkungsbereich der beiden Anlagenkomplexe unter 45 dB(A), so dass eine zusammenhängende Windfarm nicht vorliege.

16

Eine Rechtsverletzung der Kläger ergebe sich auch nicht unter europarechtlichen Gesichtspunkten daraus, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterblieben sei. Die auf der Grundlage des § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 1.6.3 der Anlage 1 durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls habe ergeben, dass das Gebiet, in dem das Vorhaben liege, nicht wesentlich in seiner ökologischen Empfindlichkeit beeinträchtigt werde bzw. keine nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten seien. Das Ergebnis dieser Prüfung sei nicht zu beanstanden. Auf die Frage, ob entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts und der Obergerichte - auch des Nds. Oberverwaltungsgerichts - der Bürger bei Unterlassen einer gebotenen Umweltverträglichkeitsprüfung dieses vor den nationalen Gerichten rügen könne mit der Folge, dass die Einhaltung von Verfahrensvorschriften des § 10 BImSchG entgegen dem bisherigen Verständnis drittschützenden Charakter entfalte, komme es daher nicht an.

17

Die angefochtene Baugenehmigung verstoße der Sache nach nicht gegen das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Die von den Klägern gerügte Nichteinhaltung von Abstandsvorschriften zwischen den Anlagenkomplexen und die gerügte Nichtbeachtung des Denkmalschutzes für ihr Anwesen könnten einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht begründen. Insoweit seien Belange mit drittschützendem Charakter nicht betroffen. Durch die Baugenehmigung sei weiterhin sichergestellt, dass weder unzulässiger Schattenwurf noch unzumutbare Lärmimmissionen auf das Grundstück der Kläger einwirken könnten. Die diesbezüglich vorgebrachten Einwendungen der Kläger seien unbegründet. Ein Verstoß gegen das Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme ergebe sich auch nicht aus den optischen Beeinträchtigungen durch das genehmigte Vorhaben. Von den genehmigten Anlagen gehe eine rücksichtslose, d.h. erdrückende oder bedrängende Wirkung nicht aus, denn der geringste Abstand zwischen dem Anwesen der Kläger und den nächstgelegenen Windenergieanlagen betrageüber 500 m. Hinsichtlich des Gesamteindrucks aller 37 Anlagen sei festzuhalten, dass die optischen Beeinträchtigungen nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung durch den Bewuchs auf dem Anwesen der Kläger gemindert würden, auch wenn die Kläger nach einem gerichtlich geschlossenen Vergleich gehalten seien, die im Grenzbereich zur landwirtschaftlichen Fläche befindlichen Sträucher und Bäume alle zwei Jahre auf 4 m zurückzuschneiden. Aufgrund des vorhandenen Bewuchses sei der Blick jedenfalls von ebener Erde aus auf die Anlagen verstellt.

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Auf Antrag der Kläger, der am 29. November 2005 bei dem Verwaltungsgericht eingegangen ist, hat der vormals zuständige 1. Senat des erkennenden Gerichts mit Beschluss vom 6. Juli 2006 die Berufung zugelassen. Der Zulassungsantrag sei rechtzeitig gestellt worden, weil das Urteil des Verwaltungsgerichts dem Beklagten und dem Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 1) zwar am 19. bzw. 20. Oktober 2005, der Prozessbevollmächtigten der Kläger ausweislich des Empfangsbekenntnisses jedoch erst am 31. Oktober 2005 zugestellt worden sei. Die Aussagen des Empfangsbekenntnisses seien nicht durch geeigneten Gegenbeweis entkräftet worden. Die Berufung sei zuzulassen, weil die Rechtssache besondere rechtliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Frage aufweise, ob an der vom beschließenden Senat bisher vertretenen Auffassung, die gemeinschaftsrechtliche Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985 - UVP-Richtlinie -, geändert durch die Richtlinie 97/11/EG vom 3. März 1997, habe rein verfahrensrechtlichen Charakter und verleihe dem Nachbarn keinen Anspruch auf Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil v. 7.1.2004 - C 201/02 -, NVwZ 2004, 593, Rechtssache Wells), festzuhalten sei.

19

Unter Bezugnahme auf ihr Zulassungsvorbringen und im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholend machen die Kläger geltend: Die streitigen Windenergieanlagen würden mit den gleichzeitig genehmigten Anlagen der Betreiber N. und O. sowie den weiteren fünf Anlagen der Firma V. eine Windfarm bilden, für die das Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG durchzuführen gewesen sei. Noch während des laufenden Genehmigungsverfahrens für die fünf Anlagen des Windparks Q. hätten die Antragsunterlagen für die weiteren fünf Windenergieanlagen vorgelegen. Als unselbständiger Teil des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens habe eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Die Prüfschwelle für eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei bei der hier gegebenen Anhäufung von Windenergieanlagen gegeben, insoweit seien auch die errichteten 27 Windkraftanlagen östlich des J. Weges mit in die Betrachtung einzubeziehen. Die Einwirkungsbereiche des aus diesen Anlagen gebildeten Windparks und der streitigen Anlagen am Standort Q. würden sichüberschneiden im Sinne der "Windfarm"-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2004. Dies gelte insbesondere für die Beurteilung von Lärmimmissionen, aber auch im Hinblick auf Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes. Die Einbeziehung der vorhandenen Windenergieanlagen sei jedenfalls im Rahmen der durchgeführten Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich gewesen. Die streitige Baugenehmigung verletze sie, die Kläger, auch in materiellen Rechtspositionen, weil die genehmigten Windenergieanlagen zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen führten. Das im Genehmigungsverfahren vorgelegte Schallgutachten sei fehlerhaft, der darin prognostizierte Beurteilungspegel von 45,1 dB(A) sei - jedenfalls während der Nachtzeit - schon für sich gesehen nicht zumutbar und im Übrigen auch zu niedrig veranschlagt worden. Im Übrigen führe die Baugenehmigung zu einer Beeinträchtigung der L. als Baudenkmal.

20

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung vom 30. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung W. vom 26. Februar 2003 aufzuheben.

21

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

22

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt vor, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das streitige Vorhaben nach den Regelungen in § 3b Abs. 3 Satz 1 und 3 UVPG nicht erforderlich gewesen sei. In materieller Hinsicht könnten die Kläger sich nicht auf eine Verletzung denkmalschutzrechtlicher Belange berufen. Die L. sei im Verzeichnis der Kulturdenkmale des Landes nicht eingetragen, die Denkmalwürdigkeit des klägerischen Anwesens sei auch nicht zu erkennen. Erst recht fehle es an Anhaltspunkten für eine erhebliche Beeinträchtigung eines Baudenkmals.

23

Die Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie macht geltend, für ihr Vorhaben sei lediglich eine UVP-Vorprüfung erforderlich gewesen mit der Folge, dass auch kein förmliches Verfahren nach § 10 BImSchG, sondern nur das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG durchzuführen gewesen sei. Dass anstelle dieses Verfahrens ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt worden sei, verletze für sich gesehen Nachbarrechte der Kläger nicht. Soweit das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 21. April 2009 zur Frage des Drittschutzes denkmalschutzrechtlicher Belange Stellung genommen und dem Eigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes unter bestimmten Umständen eine Anfechtungsbefugnis in Bezug auf ein benachbartes Vorhaben zugesprochen habe, wenn das Vorhaben die Denkmalwürdigkeit des Anwesens möglicherweise erheblich beeinträchtige, könnten die Kläger daraus nichts für sich herleiten. Die Voraussetzungen für ein derartiges Abwehrrecht seien hier nicht gegeben.

25

Der Beigeladene zu 2), den der Senat im Berufungsverfahren beigeladen hat, stellt keinen Antrag. In seiner Stellungnahme vom 5. Mai 2010 führt er aus, bei der L. handele es sich um den Stumpf einer ehemaligen Windmühle. Aufgrund starker baulicher Veränderungen des Objekts fehle es diesem an der maßgeblichen denkmalbegründenden Bedeutung. Die L. sei deshalb auch zu keinem Zeitpunkt im Verzeichnis der Kulturdenkmale Niedersachsens geführt worden.

26

Der Senat hat die Örtlichkeiten am 1. Juni 2010 in Augenschein genommen. Wegen der Einzelheiten sowie des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

27

Die Berufung ist nach Zulassung durch den vormals zuständigen 1. Senat des Gerichts statthaft und auch sonst zulässig. Soweit der Antrag auf Zulassung der Berufung in dem Zulassungsbeschluss vom 6. Juli 2006 als rechtzeitig innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO gestellt angesehen worden ist, haben sich neue Erkenntnisse nicht ergeben. Demgemäß geht auch der erkennende Senat davon aus, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts noch nicht rechtskräftig geworden ist.

28

Die Begründung der Berufung genügt (noch) dem Erfordernis nach § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO. Mit Schriftsatz vom 2. August 2006 - innerhalb der einmonatigen Begründungsfrist - haben die Kläger auf ihre Anträge in dem Schriftsatz vom 29. November 2005 hingewiesen und geltend gemacht, die Berufung sei aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen begründet. Das Anliegen der Berufungsführer ist dadurch hinreichend zum Ausdruck gekommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.3.2004 - 4 C6.03 -, Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 124a Rdn. 68).

29

Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der vormaligen Bezirksregierung W. vom 26. Februar 2003 erhobene Anfechtungsklage der Kläger zu Recht abgewiesen. Die angefochtene Baugenehmigung ist zwar rechtswidrig erteilt worden, sie verstößt aber nicht gegen Vorschriften oder Grundsätze, die dem Nachbarschutz dienen, und verletzt die Kläger deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

30

Mit dem Verwaltungsgericht und insoweit auch in Übereinstimmung mit den Beteiligten ist davon auszugehen, dass für das zur Überprüfung gestellte Vorhaben der Beigeladenen zu 1) eine Baugenehmigung auf der Grundlage des § 75 NBauO nicht hätte erteilt werden dürfen, vielmehr hat es der Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens bedurft. Dies ergibt sich schon allein daraus, dass das Vorhaben der Beigeladenen zu 1) in einem engen räumlichen Zusammenhang mit dem Vorhaben der Betreiber N. und O. zu sehen ist und die zeitgleich gestellten Bauanträge für die fünf Windenergieanlagen auf die Genehmigung einer Windfarm im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 30.6.2004 - 4 C 9.04 -, BVerwGE 121, 182, 189 [BVerwG 30.06.2004 - 4 C 9.03]) gerichtet (gewesen) sind. Das Erfordernis einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zuvor nur dem baurechtlichen Genehmigungsvorbehalt unterfallenden Windenergieanlagen ist durch § 2 Abs. 1 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6 ihres Anhangs in der Fassung durch Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1950) mit Wirkung zum 3. August 2001 eingeführt worden. Es galt in seiner ursprünglichen Fassung für Windfarmen mit drei oder mehr Windkraftanlagen, wobei für Windfarmen mit drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen grundsätzlich nur eine Genehmigung in dem vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG einzuholen war, während Windfarmen mit sechs oder mehr Windkraftanlagen ein förmliches Genehmigungsverfahren im Sinne des § 10 BImSchG durchlaufen mussten (vgl. nunmehr unabhängig von dem Bestehen einer Windfarm auf die Höhe der einzelnen Anlage von mehr als 50 m abstellend: Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV in der seit dem 1.7.2005 geltenden Fassung der Verordnung vom 20.6.2005, BGBl. I S. 1687). Ob ein förmliches oder vereinfachtes Verfahren durchzuführen war, richtete sich unabhängig von der Zahl der Betreiber danach, ob drei bis fünf oder mehr Anlagen errichtet werden sollten. Nach dem gleichen Grundsatz war zu verfahren, wenn die Zahl der Anlagen nach und nach erhöht wurde. Außerhalb des Regimes des Immissionsschutzrechts konnten nach der Wertung des Verordnungsgebers zwei Windenergieanlagen errichtet werden. Trat mindestens eine dritte hinzu, so wurde hierdurch vorbehaltlich des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) der 4. BImSchV die Pflicht ausgelöst, in einem vereinfachten Verfahren im Sinne des§ 19 BImSchG eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung einzuholen. Wurde durch eine Erweiterung die Zahl sechs erreicht oderüberschritten, so war ein förmliches Verfahren im Sinne des§ 10 BImSchG durchzuführen. Für das Vorhandensein einer Windfarm war (und ist) dabei entscheidend der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind sie soweit voneinander entfernt, dass sich die nach der UVP-Richtlinie maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Von einer Windfarm ist mithin dann auszugehen, wenn drei oder mehr Windkraftanlagen einander räumlich so zugeordnet werden, dass sich ihre Einwirkungsbereicheüberschneiden oder wenigstens berühren (BVerwG, Urt. v. 30.6.2004, a.a.O.).

31

Für eine Genehmigung des Vorhabens der Beigeladenen zu 1) in einem Baugenehmigungsverfahren war danach kein Raum. Entgegen dem Verwaltungsgericht war auch nicht lediglich ein vereinfachtes Verfahren nach§ 19 BImSchG durchzuführen, vielmehr musste das Verfahren nach § 10 BImSchG durchlaufen werden. Dies ergibt sich allerdings nicht aus einem etwaigen räumlichen Zusammenhang der den Windpark Q. betreffenden Vorhaben mit dem auf die Errichtung von weiteren fünf Windenergieanlagen gerichteten Vorhaben der V.. Dass ein räumlicher Zusammenhang der beiden Anlagenkomplexe besteht, steht außer Frage und bedarf insoweit keiner Vertiefung. Der Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Anlagen der V. wurde aber erst im August 2002 gestellt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war das Genehmigungsverfahren für das Vorhaben der Beigeladenen zu 1) in diesem Zeitpunkt schon so weit fortgeschritten, dass es verfahrensrechtlich nicht mehr geboten war, das Genehmigungsverfahren mit demjenigen für die fünf weiteren Anlagen der V. zusammenzufassen und nunmehr - wegen des Überschreitens des Schwellenwerts von sechs oder mehr Anlagen - in das förmliche Genehmigungsverfahren für insgesamt zehn Windenergieanlagen überzuwechseln. Abgesehen von einem Prüfbericht des Baustatikers und einer vom Beklagten mit Schreiben vom 18. Juni 2002 angeforderten ergänzenden Stellungnahme zur Abarbeitung der Eingriffsregelung nach § 7 NNatSchG (Kompensation des Landschaftsbildes) lagen die Bauunterlagen im Wesentlichen bereits vor, insbesondere hatten die Beigeladene zu 1) sowie die Betreiber N. und O. zu den Umwelteinwirkungen ihrer fünf geplanten Anlagen die Schallimmissionsprognosen der S. vom 14. Dezember 2001 und 16. Juli 2002 sowie die Schattenwurfprognose der S. vom 13. Dezember 2001 - jeweils unter Berücksichtigung der vorhandenen 27 Windenergieanlagen östlich des J. Weges - eingereicht. Zur UVP-Pflichtigkeit der fünf Windenergieanlagen war eine standortbezogene Prüfung des Einzelfalls durchgeführt worden, aufgrund derer der Beklagte unter dem 28. März 2002 zu dem anschließend im Amtsblatt für den Landkreis T. am 11. April 2002 bekannt gemachten Ergebnis gelangt war, dass die Bauvorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssten. Der mit Schreiben vom 21. August 2002 gestellte Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die fünf geplanten Anlagen der V. hat bei dieser Sachlage dazu geführt, dass für die hinzugekommenen Anlagen ein eigenständiges Genehmigungsverfahren durchzuführen war, denn ansonsten wären die bisherigen Verfahrensschritte in dem Baugenehmigungsverfahren betreffend die hier streitigen Anlagen am Standort Q. in nicht zu rechtfertigender Weise entwertet worden. In dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für die fünf Windenergieanlagen der V. mussten die fünf Anlagen am Standort Q. lediglich als Vorbelastung berücksichtigt werden. Dies ist dann auch tatsächlich geschehen.

32

Das Erfordernis, das förmliche Genehmigungsverfahren nach§ 10 BImSchG durchzuführen, hat sich jedoch aus dem vorhandenen Bestand der 27 Windenergieanlagen östlich des J. Weges ergeben, denn die zur Genehmigung gestellten fünf Windenergieanlagen der Beigeladenen zu 1) sowie der Betreiber N. und O. stellen sich als Erweiterung dieses Windparks dar. Zwar beträgt der Abstand zwischen den nächstgelegenen Windenergieanlagen der beiden Anlagenkomplexe ca. 1.050 m und damit fast das 14-fache des Rotordurchmessers der am Standort Q. geplanten M. -Anlagen. Allein die erhebliche Entfernung zwischen den Anlagen schließt es aber nicht aus, beide Anlagenkomplexe als Teil einer einheitlichen Windfarm anzusehen. Für die räumliche Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es keine verbindlichen Bewertungsvorgaben. Das Bundesrecht gibt keine standardisierten Maßstäbe oder Rechenverfahren vor, die den Begriff der Windfarm in räumlich-gestalterischer Hinsicht für die Praxis konkretisieren und handhabbar machen. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht eine behördliche und zum Teil gerichtliche Praxis, wonach einÜberschneiden oder Berühren der Einwirkungsbereiche von zwei Windenergieanlagen regelmäßig verneint wird, wenn zwischen ihnen eine Entfernung von mehr als dem zehnfachen des Rotordurchmessers liegt, und desgleichen auch das Abstellen auf Abstände gemessen von dem geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche für nicht rechtssatzfähig erachtet (BVerwG, Beschl. v. 8.5.2007 - 4 B 11.07 -, BauR 2007, 1698). Welche der in der Praxis entwickelten Bewertungskriterien heranzuziehen seien, hänge vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die 27 Anlagen östlich des J. Weges zu einer (erstmaligen) erheblichen Anhäufung von Windenergieanlagen in dem Bereich I. /Q. geführt haben. Wie sich anhand des in den Akten befindlichen Kartenmaterials sowie der vorgelegten Fotografien ohne weiteres nachvollziehen lässt und sich nach dem bei der Ortsbesichtigung durch den Senat gewonnenen Eindruck bestätigt hat, wirken sich die Anlagen, was die Prägung und Belastung des Landschaftsbildes anbelangt, in der hier vorzufindenden flachen Landschaft auch westlich des J. Weges aus. Die streitigen Windenergieanlagen der Beigeladenen zu 1) sowie der Betreiber N. und O. verstärken und verlängern gleichsam die negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild in westlicher Richtung, was so - in diesem Umfang - nicht der Fall wäre, wenn es den vorhandenen Windpark mit 27 Windenergieanlagen nicht bereits gäbe. Davon abgesehen überschneiden sich die Einwirkungsbereiche der beiden Anlagenkomplexe auch hinsichtlich der Lärmimmissionen und Schattenwürfe. In den im Genehmigungsverfahren vorgelegten Schallimmissionsprognosen vom 14. Dezember 2001 und 16. Juli 2002 wurden die 27 vorhandenen Windenergieanlagen östlich des J. Weges jeweils - zu Recht - als Vorbelastung für die Beurteilung der an bestimmten Immissionspunkten zumutbaren und zu erwartenden Lärmimmissionen berücksichtigt; die Auswirkungen der fünf hinzukommenden Anlagen am Standort Q. wurden folgerichtig als Zusatzbelastung in die Berechnungen eingestellt. Für den Immissionspunkt 1 (L.) wurde nach der Prognose vom 16. Juli 2002 beispielsweise eine Vorbelastung von 43 dB(A), eine Zusatzbelastung von 41 dB(A) sowie eine Gesamtbelastung von 45,1 dB(A) ermittelt, für den Immissionspunkt 2 (Wohnhaus an der K. straße 12) waren es entsprechende Lärmpegel von 41,4 dB(A), 34,7 dB(A) und 42,3 dB(A) sowie für den Immissionspunkt 3 (Wohnhaus am J. Weg) Lärmpegel von 38,2 dB(A), 37,5 dB(A) und 40,9 dB(A). Bereits anhand dieser Werte wird die gegenseitige Beeinflussung der Anlagenkomplexe deutlich. Das Verwaltungsgericht hat für seine gegenteilige Auffassung darauf abgehoben, dass die Ermittlung der Beurteilungspegel in der Prognose vom 16. Juli 2002 - Entsprechendes gelte für die Schallimmissionsberechnung der Z. vom März 2003 - auf dem Einfließen sämtlicher Schallquellen in einem Richtungssektor beruhe (Mitwindberechnung), d.h. auf einer Situation, die am Immissionspunkt L., der zwischen den Windenergieanlagen westlich undöstlich des J. Weges liege, aus physikalischen Gründen nicht möglich sei. An dem Immissionspunkt könne der Beurteilungspegel von 45 dB(A) nicht erreicht werden. Soweit dabei (sinngemäß) unterstellt wird, die Einwirkungsbereiche von Windenergieanlagen könnten sich erst dann überschneiden bzw. berühren, wenn der Beurteilungspegel an einem bestimmten Immissionsort den nach der TA Lärm zugrunde zu legenden Immissionsrichtwert überschreitet, stellt das Verwaltungsgericht zu weitgehende Anforderungen, denn es legt als Maßstab eine Lärmsituation zugrunde, die immissionsschutzrechtlich unerwünscht ist. Auch wird zu einseitig die prognostische bzw. nachträglich ermittelte Lärmsituation an nur einem Immissionspunkt in den Blick genommen und vernachlässigt, dass andere Immissionspunkte nicht in vergleichbarer Weise zwischen den beiden Anlagenkomplexen gelegen sind. Beispielsweise am Immissionspunkt 3 erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass hier bei nördlichen Winden nicht nur unerhebliche Lärmimmissionen sowohl der Windenergieanlagen des Standortes Q. als auch der Anlagen östlich des J. Wegs einwirken. Dass sich die Einwirkungsbereiche der beiden Anlagenkomplexe überschneiden, hat sich weiterhin anhand der im Genehmigungsverfahren beigebrachten Schattenwurfprognose vom 13. Dezember 2001 gezeigt. In dieser wurde näher dargelegt, dass die fünf Windenergieanlagen des Standortes Q. an bestimmten Immissionsorten Schattenwürfe verursachen können, an anderen Immissionsorten demgegenüber ein Schattenschlag nicht zu erwarten sei (vgl. Tabelle 1). Darüber hinaus wurde in dem Gutachten festgestellt, dass die für Wohnnutzungen maximal zulässig erachteten Schattenwurfzeiten von 30 Stunden pro Jahr bereits durch die 27 Windenergieanlagen östlich des J. Weges an mehreren Immissionsorten erreicht werden. Demgemäß seien die Schattenwurfzeiten der fünf Windenergieanlagen westlich des J. Weges auf Null zu reduzieren. Das Ergebnis der Prognose belegt ein Überschneiden der entsprechenden Einwirkungsbereiche, so dass es angebracht ist, die streitigen Vorhaben der Beigeladenen zu 1) sowie der Betreiber N. und O. im Zusammenhang mit den bereits vorhandenen 27 Anlagen östlich des J. Weges zu sehen, d.h. als Erweiterung der dortigen Windfarm. Auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV (a.F.) ergab sich daraus das Erfordernis eines förmlichen Genehmigungsverfahrens nach§ 10 BImSchG.

33

Das Unterbleiben des förmlichen Genehmigungsverfahrens führt allein jedoch nicht zur Aufhebung der streitigen Baugenehmigung. In der hier gegeben prozessualen Konstellation der Nachbarklage entfaltet der Genehmigungsvorbehalt gemäß § 4 BImSchG für sich genommen keinen Drittschutz (BVerwG, Urt. v. 5.10.1990 - 7 C 55 u. 56.89 -, BVerwGE 85, 368 [BVerwG 05.10.1990 - 7 C 55/89]; weiterhin: Nds. OVG, Beschl. v. 12.5.2004 - 1 ME 349/03 -; Beschl. v. 20.9.2004 - 7 ME 233/03 -, NST-N 2004, 303; Beschl. v. 13.4.2005 - 9 ME 470/02 -; Urt. v. 26.4.2007 - 12 LB 8/07 -, ZNER 2007, 229; Urt. v. 18.7.2007 - 12 LC 56/07 -, [...]; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11.3.2005 - 10 B 2462/04 -, ZfBR 2005, 487; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.1.2005 - 8 A 11488/04 -, DÖV 2005, 615; Jarass, BImSchG, 7. Aufl., § 4 Rdn. 47b sowie (mit Einschränkungen für das förmliche Verfahren) § 10 Rdn. 130; Czajka, in: Feldhaus, BImSchR, Bd. 1 Teil I, § 10 BImSchG Rdn. 107 ff; Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, Rdn. 537; a. A. Dietlein, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, § 10 Rdn. 283; Hansmann, ebenda, § 20 Rdn. 90). Zwar dient das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren auch dazu, den Schutz der Nachbarschaft zu gewährleisten. Das zwingt aber nicht zu der Annahme, dass die Einhaltung des Verfahrens um seiner selbst Willen den Schutz potentiell betroffener Nachbarn bezweckt, unabhängig davon, ob konkret materielle Anforderungen zum Schutz der Nachbarn verletzt sind oder nicht. Das Verfahren dient dem Schutz Dritter nur insofern, als es gewährleisten soll, dass die materiell-rechtlichen Schutzvorschriften eingehalten werden (Urt. d. Sen. v. 26.4.2007, a.a.O.). Dies gilt in besonderem Maße für das vereinfachte Verfahren nach § 19 BImSchG (vgl. mit Blick auf den Ausschluss einzelner Beteiligungsrechte in Abs. 2 der Vorschrift: BVerwG, Urt. v. 5.10.1990, a.a.O.), im Übrigen aber auch für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren allgemein.

34

Die Kläger können sich weiterhin nicht mit Erfolg darauf berufen, das Vorhaben der Beigeladenen zu 1) habe nicht ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt werden dürfen. Auch insoweit können die Kläger allenfalls einen Verfahrensfehler rügen, der für sich gesehen den geltend gemachten Aufhebungsanspruch nicht begründen kann.

35

Der Beklagte hat für das Vorhaben der Beigeladenen zu 1) sowie der Betreiber N. und O. - wie dargelegt - eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls durchgeführt, die zu dem Ergebnis gelangte, dass die Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssten, weil das Gebiet, in dem die Vorhaben geplant seien, nicht wesentlich in seiner ökologischen Empfindlichkeit beeinträchtigt werde bzw. keine erheblichen Umwelteinwirkungen zu erwarten seien. Der Beklagte ist dabei davon ausgegangen, es handele sich um ein Projekt nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG, d.h. um ein Vorhaben betreffend die Errichtung und den Betrieb einer Windfarm mit drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen, und aus § 3c UVPG ergebe sich die Verpflichtung zur Durchführung der standortbezogenen Vorprüfung. Nach den zuvor gemachten Ausführungen erscheint dies nicht haltbar, weil die fünf Windenergieanlagen am Standort Q. sich als Erweiterung der Windfarm östlich des J. Weges darstellen. Insoweit musste die Vorprüfung des Einzelfalls nicht nach Maßgabe des § 3c Abs. 1 Satz 2 UVPG (a.F., nunmehr § 3c Satz 2), sondern gemäß § 3e Abs. 1 UVPG durchgeführt werden. Der Anwendungsbereich des § 3b Abs. 3 UVPG war demgegenüber - entgegen dem Beklagten und der Beigeladenen zu 1) - nicht eröffnet. Eine UVP-Pflicht besteht nach Maßgabe der Nr. 1.6 desAnhangs 1 zum UVPG erst für eine Windfarm mit 20 oder mehr Windkraftanlagen (Nr. 1.6.1), während für eine Windfarm mit sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen nach Nr. 1.6.2 eine allgemeine und für eine Windfarm mit drei bis weniger als sechs Anlagen nach Nr. 1.6.3 eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist. Nach § 3e Abs. 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn 1. in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder 2. eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c (Abs. 1) Satz 1und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; in die Vorprüfung sind auch frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung dieses Gesetzes keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist. Die 27 Windenergieanlagen östlich des J. Weges sind als bereits bestehendes UVP-pflichtiges Vorhaben im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Allerdings unterlagen sie im Zeitpunkt ihrer Genehmigung bzw. Errichtung noch nicht der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Nach den Hinweisen der Beigeladenen zu 1), denen der Beklagte durch Vorlage einer Liste über die in seinem Zuständigkeitsbereich vorhandenen Standorte für Windenergieanlagen einschließlich Genehmigungsdaten beigetreten ist, kann zugrunde gelegt werden, dass die 27 Anlagen sämtlich vor Inkrafttreten des Artikelgesetzes vom 27. Juli 2001 (am 3.8.2001), durch welches insoweit die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. einer Vorprüfung des Einzelfalls für in der Anlage 1 aufgeführte Vorhaben eingeführt wurde, genehmigt und errichtet wurden. Von den 27 Anlagen waren 22 zudem schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die UVP-Änderungsrichtlinie 97/11 EG am 14. März 1999 errichtet worden, so dass auch unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben davon auszugehen ist, dass die entsprechenden Anlagen einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zugeführt werden mussten. Allerdings steht dies der Anwendbarkeit des § 3e Abs. 1 UVPG nicht entgegen, denn die Vorschrift stellt für das bereits bestehende Vorhaben auf dessen UVP-Pflichtigkeit nach heutiger Gesetzeslage ab unabhängig davon, ob es tatsächlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wurde oder es im Zeitpunkt seiner Zulassung einer UVP-Pflicht nicht unterlag (vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., Band III, § 3e Rdn. 9 ff; Dienes, in: Hoppe, UVPG, 3. Aufl., § 3e Rdn. 8). Dass für die 27 Windenergieanlagen östlich des J. Weges mit Blick auf Nr. 1.6.1 des Anhangs zum UVPG nunmehr eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsste, steht außer Frage und bedarf insoweit keiner Vertiefung. Die Regelung in § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG betrifft Sachverhalte, in denen die Änderung oder Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens ihrerseits, d.h. ohne Einbeziehung des Grundvorhabens, die Schwellenwerte für Größe oder Leistung eines sog. "X-Vorhabens" nach Spalte 1 der Anlage 1 - hier Nr. 1.6.1 - erreicht oder überschreitet (Sangenstedt, a.a.O., Rdn. 15; Dienes, a.a.O., Rdn. 10). Um ein derartiges Vorhaben geht es hier nicht. Vielmehr war nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 durchzuführen und zu prüfen, ob die Erweiterung der vorhandenen Windfarm erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Zwar hat der Beklagte das Vorhaben der Beigeladenen zu 1) einer dahingehenden allgemeinen Vorprüfung nicht unterzogen, denn er hat - wie ausgeführt worden ist - eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c (Abs. 1) Satz 2 UVPG vorgenommen. Insoweit ist aber nicht zu erkennen, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung diese zu dem Ergebnis gelangt wäre, es sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Beide Arten der Vorprüfung sind wesentlich dadurch gekennzeichnet, dass im Rahmen einerüberschlägigen Vorausschau zu prüfen ist, ob bei dem Vorhaben mit erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu rechnen ist. Insoweit bestehen keine gravierenden Unterschiede (vgl. Sangenstedt, a.a.O.,§ 3c Rdn. 33 ff), die im vorliegenden Verfahren Anlass geben könnten, den Mangel als erheblich anzusehen. Davon abgesehen ist zu berücksichtigen, dass jedenfalls für das Vorhaben der V. eine allgemeine Vorprüfung (unter Hinweis auf § 3b Abs. 2 i.V.m.§ 3c Satz 5 UVPG) durchgeführt wurde, wobei die seinerzeit noch im Genehmigungsverfahren befindlichen fünf Windenergieanlagen des Standorts Q. mit in die Beurteilung einbezogen wurden. Auch vor dem Hintergrund dieser Vorprüfung, die ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt war, das vorgesehene Projekt müsse einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht unterzogen werden, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorprüfung im vorliegenden Fall zu einem abweichenden Ergebnis gelangt wäre, wenn statt der standortbezogenen eine allgemeine Vorprüfung durchgeführt worden wäre. In der hier gegebenen Konstellation einer (nur) fehlerhaften Durchführung der Vorprüfung liegt ein Verfahrensmangel vor, der isoliert betrachtet, d.h. ohne Beeinträchtigung materieller Rechtspositionen der Kläger, nicht zur Aufhebung der angefochtenen Baugenehmigung führen kann.

36

Mit den Rechtsfolgen einer (vollständigen) Nichtdurchführung einer erforderlichen Vorprüfung hat der Senat sich bereits in seinem Urteil vom 26. April 2007 (a.a.O.) näher befasst. Der Senat hat darin ausgeführt, dass das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung - und deshalb erst recht die Nichtdurchführung einer Vorprüfung - allenfalls einen Verfahrensfehler darstellen könne, der als solcher einen Aufhebungsanspruch eines Dritten eigenständig nicht zu begründen vermöge. Wenn der Betroffene nicht vortrage, dass und gegebenenfalls wie sich die Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auf seine materielle Rechtsposition ausgewirkt haben könne und dies auch sonst nicht ersichtlich sei, habe es damit sein Bewenden. In dem gegen das Urteil des Senats geführten Verfahren auf Zulassung der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht diese Rechtsprechung nicht beanstandet und in seinem Beschluss vom 21. Januar 2008 (- 4 B 35.07 -, ZfBR 2008, 278) ausgeführt, die UVP-Richtlinie und die zu ihrer Umsetzung ergangenen nationalen Rechtsvorschriften beschränkten sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung, ohne das Umweltrecht materiell anzureichern. Unterbleibe eine rechtlich gebotene Umweltverträglichkeitsprüfung, folge allein aus diesem Umstand nicht, dass der Zweck der gesetzlichen Regelung nicht erreicht werde und eine Abwägungsentscheidung rechtswidrig sei (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.1.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238; Urt. v. 23.4.1997 - 11 LA 7.97 -, BVerwGE 104, 337 [BVerwG 23.04.1997 - 11 A 7/97]; Urt. v. 13.12.2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83; ferner aus der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts: Beschl. v. 11.2.2004 - 8 LA 206/03 -, NVwZ-RR 2004, 407; Beschl. v. 27.7.2006 - 9 ME 128/03 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 7.1.2004 - 22 B 1288/03 -, NVwZ-RR 2004, 408; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 29.10.2008 - 1 A 11330/07 -, DVBl. 2009, 390 unter Abgrenzung zu OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 25.1.2005 - 7 B 12114/04. OVG, NVwZ 2005, 1208 [OVG Rheinland-Pfalz 25.01.2005 - 7 E 12117/04]). Weiterhin hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass jedenfalls für Projekte, für die das Genehmigungsverfahren vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 (Amtsblatt EG L 156, S. 17) eingeleitet worden sei, d.h. bis zum 25. Juni 2005, auch das Gemeinschaftsrecht nicht gebiete, eine Baugenehmigung wegen des Unterlassens einer unterstellt rechtlich gebotenen - in jenem Verfahren standortbezogenen - Vorprüfung aufzuheben, wenn es keine konkreten Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Behörde eine andere Entscheidung getroffen hätte, wenn eine förmliche Vorprüfung des Einzelfalls für das Projekt durchgeführt worden wäre. Das sei auch im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, insbesondere das Urteil vom 7. Januar 2004 (a.a.O.), derart offenkundig, dass auch unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Gemeinschaftsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Gemeinschaft für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibe. Soweit das Bundesverwaltungsgericht sich in seinem Urteil vom 20. August 2008 (- 4 C 11.07 -, ZfBR 2008, 790) zur Frage der Nachholbarkeit einer unterbliebenen UVP-Vorprüfung geäußert hat, hat es sich von dieser Rechtsprechung nicht distanziert und - entgegen der Auffassung der Kläger - einen einklagbaren Abwehranspruch eines betroffenen Dritten gegen ein UVP-pflichtiges Vorhaben wegen einer (nur) fehlerhaften Durchführung der Vorprüfung (weiterhin) nicht anerkannt (vgl. Gatz, a.a.O., Rdn. 540). Vielmehr hat es ausdrücklich offengelassen, inwieweit bundes- oder gemeinschaftsrechtliche Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung drittschützend sind. Mit Blick auf diese höchstrichterlichen Ausführungen besteht für den Senat kein Anlass, in der hier gegebenen Konstellation einer durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls anstelle der gebotenen allgemeinen Vorprüfung zu einer abweichenden Beurteilung zu gelangen. Auch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2816) - URG -, namentlich dessen§ 4 Abs. 1 Satz 1 - kann der Rechtsverfolgung der Kläger insoweit nicht zum Erfolg verhelfen. Denn das URG gilt nach derÜbergangsvorschrift des § 5 Halbs. 1 für Verfahren im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1, die erst nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Auf das streitige Vorhaben der Kläger ist es dementsprechend noch nicht anwendbar (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 21.1.2008, a.a.O., Urt. v. 20.8.2008, a.a.O.).

37

Da die aufgezeigten Mängel im Genehmigungsverfahren nach alledem nicht ohne Anknüpfung an materielle Rechtspositionen der Kläger betrachtet werden können, ist für den Misserfolg der Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2002 maßgeblich, dass die Genehmigung zu einer Verletzung materieller Rechte, welche auch dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind, nicht führt. Auszugehen ist davon, dass das streitige Vorhaben der Beigeladenen zu 1) insbesondere keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne der §§ 3 Abs. 1 und 2 BImSchG, 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB auf dem benachbarten Grundstück der Kläger verursacht. Eine Verletzung der nachbarschützenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG bzw. des baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme lässt sich danach nicht feststellen.

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Was den Schutz vor unzumutbaren Lärmimmissionen betrifft, ist in der Rechtsprechung (vgl. Urt. d. Sen. v. 26.4.2007, a.a.O., und Beschl. d. Sen. v. 17.9.2007 - 12 ME 38/07 -, BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 102; ferner aus der Rspr. d. erk. Gerichts: Beschl. v. 13.4.2005 - 9 ME 470/02 - und Beschl. v. 23.11.2005 - 1 ME 174/05 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.4.2002 - 10 B 43/02 -, NWVBl. 2003, 29; OVG Greifswald, Beschl. v. 8.3.1999 - 3 M 85/98 -, NVwZ 1999, 1238; OVG Hamburg, Urt. v. 29.4.2004 - 2 Bf 132/00 -, NVwZ-RR 2005, 707; OVG Magdeburg, Beschl. v. 12.9.2005 - 2 M 15/07 -, ZNER 2005, 339) anerkannt, dass die Messung und Bewertung der Lärmauswirkungen von Windenergieanlagen in Anlehnung an die Regelungen der auf der Grundlage des§ 48 BImSchG erlassenen TA Lärm (vom 26.8.1998, GMBl. S. 503) zu erfolgen hat und für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen die in Nr. 6.1 der TA Lärm aufgeführten Immissionsrichtwerte einschlägig sind. Die TA Lärm entfaltet als allgemeine Verwaltungsvorschrift normkonkretisierende Wirkung und legt ein einheitliches Ermittlungs- und Beurteilungssystem zur Feststellung der maßgeblichen Geräuschkenngrößen sowie bestimmte Immissionsrichtwerte als Zumutbarkeitsmaßstab fest. Sie ist für die Verwaltungsbehörde und auch für die Verwaltungsgerichte grundsätzlich verbindlich (BVerwG, Urt. v. 20.12.1999 - 7 C 15/98 -, BVerwGE 110, 216; Urt. d. Sen. v. 14.2.2007 - 12 LC 37/07 -, NordÖR 2007, 269). Für Wohngebäude im Außenbereich ist dabei auf die für Kern-, Dorf- und Mischgebiete nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) der TA Lärm einschlägigen Werte von 60 dB(A)/tags und 45 dB(A)/nachts abzustellen (vgl. nur Urt. d. Sen. v. 26.4.2007, a.a.O.). Der Beklagte hat in der Baugenehmigung vom 30. Oktober 2002 unter V. 3 der Nebenbestimmungen verfügt, dass beim Betrieb der genehmigten Windenergieanlagen die genannten Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) bzw. 45 dB(A) für die im Einwirkungsbereich der Anlagen befindlichen Wohnhäuser im Außenbereich bzw. in Dorf-/Mischgebieten unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Anlagen einzuhalten seien. Unter V. 4 wurde weiterhin eine Vermessung des Schallleistungspegels des hier installierten Anlagentyps durch einen Sachverständigen frühestens drei Monate nach Aufnahme des Betriebs und spätestens zwölf Monate nach Inbetriebnahme der Anlagen aufgegeben. Für den Fall, dass die Richtwerte nicht eingehalten werden, wurde die Nachtabschaltung der Windenergieanlagen zur Auflage gemacht. Darüber hinaus wurden unter I. 17 der Nebenbestimmungen die Schallimmissionsprognosen vom 14. Dezember 2001 und 16. Juli 2002 zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt. Durch diese Bestimmungen hat der Beklagte hinreichend sichergestellt, dass beim ordnungsgemäßen Betrieb der streitigen Windenergieanlagen unzumutbare Lärmimmissionen auf das benachbarte Grundstück der Kläger nicht einwirken. Nach der (überarbeiteten) Schallimmissionsprognose vom 16. Juli 2002 kann davon ausgegangen werden, dass die vorgegebenen Immissionsrichtwerte an den betreffenden Immissionspunkten auch tatsächlich eingehalten werden. Für den Immissionspunkt 1 (L.) wurde als Vorbelastung durch die 27 Windenergieanlagen ein Lärmpegel von 43 dB(A), als Zusatzbelastung durch die fünf geplanten Anlagen am Standort Q. ein Lärmpegel von 41 d(B)A und ein Gesamt-(Beurteilungs-)Pegel von 45,1 dB(A) ermittelt. Eine nicht hinnehmbare Überschreitung des Immissionsrichtwertes für die Nacht von 45 dB(A) ist danach nicht zu erwarten. Ob das prognostizierte Überschreiten des Wertes um 0,1 dB(A) schon deshalb als unschädlich anzusehen ist, weil es bei einer Rundung des Pegelwertes auf volle Dezibelwerte nicht zum Ausdruck käme, kann hier dahinstehen. Jedenfalls ist zu berücksichtigen, dass in der Prognose für sämtliche der 27 Windenergieanlagen östlich des J. Weges sowie der fünf geplanten Anlagen am Standort Q. bezogen auf die jeweiligen Immissionspunkte eine Mitwindsituation zugrunde gelegt wurde. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angemerkt, dass diese Beurteilungsgrundlage gerade in Bezug auf das Grundstück der Kläger, welches zwischen den beiden Anlagenkomplexen gelegen ist, den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspricht und deshalb von einem tatsächlich niedrigeren Beurteilungspegel an dem Immissionspunkt ausgegangen werden kann. Hinzu kommt, dass die Prognose vom 16. Juli 2002 auf einem vom Hersteller für den Anlagentyp garantierten Schallleistungspegel von 105 dB(A) - bei Windgeschwindigkeiten von 10 m/s bzw. 95% der Nennleistung - basiert, während bei der Nachvermessung des Anlagentyps vom 24. Juni 2005 ein niedrigerer Schallleistungspegel von 104,1 dB(A) bei einer Windgeschwindigkeit von 10m/s bzw. 103,8 dB(A) bei 95% Nennleistung (=9,69 m/s) festgestellt wurde. Auch diese Abweichung lässt darauf schließen, dass der Beurteilungspegel an dem Wohngebäude der Kläger tatsächlich niedriger einzuschätzen ist als in der Prognose vom 16. Juli 2002. Die Schallimmissionsberechnung der Z. vom März 2003 widerspricht dieser Annahme nicht. Diese Berechnung ist erstellt worden zur Beurteilung der Lärmimmissionen durch die weiterhin geplanten Windenergieanlagen der V., d.h. unter Berücksichtigung der 27 Anlagenöstlich des J. Weges sowie der fünf Anlagen am Standort Q. als Vorbelastung und auch der fünf weiteren Anlagen als Zusatzbelastung. Insoweit erklärt es sich und widerspricht der im vorliegenden Verfahren erstellten Schallimmissionsprognose vom 16. Juli 2002 nicht, dass hier für den Immissionspunkt L. (IO 8) ein Beurteilungspegel von 45,5 dB(A) bzw. 45,3 dB(A) ermittelt wurde. Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass nach Nr. 3.2.1 Abs. 3 der TA Lärm (vgl. dazu Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, a.a.O., Bd. 3, B 3.6 Nr. 3 Rn. 33) für die zu beurteilende Anlage die Genehmigung wegen einerÜberschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 aufgrund der Vorbelastung dann nicht versagt werden soll, wenn dauerhaft sichergestellt ist, dass die Überschreitung nicht mehr als 1 dB(A) beträgt. Auch mit Blick auf diese Regelung, die ihrem Inhalt nach die Zumutbarkeitsgrenze für einwirkende Geräuschimmissionen an betroffenen Immissionsorten erhöht, begegnet der in der Prognose vom 16. Juli 2002 ermittelte Wert von 45,1 dB(A) keinen durchgreifenden Bedenken.

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Die von den Klägern geäußerte Kritik an den genannten Schallimmissionsprognosen und an der Nachvermessung des hier installierten Anlagentyps vom 24. Juni 2005 ist unbegründet. Insoweit wiederholen die Kläger im zweiten Rechtszug im Wesentlichen nur ihre bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Bedenken, mit denen sich das Verwaltungsgericht überzeugend auseinandergesetzt hat. Der Senat macht sich die diesbezüglichen Feststellungen in dem angegriffenen Urteil zu eigen und verweist auf sie (§ 130b Satz 2 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat ausführlich begründet, dass die Nachvermessung des genehmigten Anlagentyps vom 24. Juni 2005 verwertbar sei und hinreichende Rückschlüsse auf das Lärmverhalten der streitigen Windenergieanlagen zulasse. Soweit bei der Nachvermessung - wie zuvor bei den Schallimmissionsprognosen - das Geräuschverhalten bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s und bei einem Betrieb entsprechend 95% der Nennleistung zugrunde gelegt wurde, hat das Verwaltungsgericht dies zu Recht nicht beanstandet, weil der so definierte Betriebswert allgemein als hinreichende Näherung für dasjenige gilt, was die höchsten Beurteilungspegel erzeugt (vgl. auch Beschluss des 1. Senats des erkennenden Gerichts vom 26.11.2003, a.a.O.). Bei deutlich höheren Windgeschwindigkeiten ist auch damit zu rechnen, dass die Anlagengeräusche durch windinduzierte Hintergrundgeräusche verdeckt werden. Dies wird auch in dem von den Klägern vorgelegten Gutachten Y. vom 3. Oktober 2002 nicht grundlegend anders gesehen. Das Verwaltungsgericht ist weiterhin auf die Besonderheiten der hier in den Anlagen eingebauten CombiStall-Steuerung eingegangen, durch die eine Leistungsregulierung mittels Veränderung der Anstellwinkel der Rotorblätter bewirkt werden kann, wobei die jeweiligen Vorteile von "Stall"- und "Pitch"-Steuerungen miteinander kombiniert werden. Auch dagegen ist nichts zu erinnern. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ferner angemerkt, dass Zuschläge für Serienstreuung sowie für Tonhaltigkeit und Impulshaltigkeit der Anlagen in den Schallimmissionsprognosen nicht veranschlagt werden mussten, weil insoweit auf die durchzuführende Nachvermessung des Anlagentyps verwiesen werden konnte, die Aufschluss über die tatsächliche Höhe des Schallleistungspegels erbringen sollte und auch tatsächlich erbracht hat in dem Sinne, dass derartige Zuschläge nicht vorzunehmen gewesen sind. Für den Ansatz eines Zuschlags für Prognoseunsicherheit bestand mit Blick auf die Nachvermessung des Anlagentyps ebenfalls kein Raum. Davon abgesehen ist ein pauschaler Sicherheitszuschlag ohnehin mit Zurückhaltung zu betrachten, weil er geeignet sein kann, den Genehmigungsanspruch des Anlagenbetreibers, der bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Genehmigung besteht, zu konterkarieren (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 12.9.2005 - 2 M 15/05 -, ZNER 2005, 339; Urt. des Senats v. 26.4.2007, a.a.O.; Ohms, DVBl 2003, 958, 960 f.).Mit Blick auf die zuvor dargelegten Erkenntnisse (zur Mitwindsituation am Immissionspunkt L. und zum nachvermessenen Schallleistungspegel der M. -Anlagen) wäre im Übrigen selbst dann, wenn zugunsten der Kläger ein Zuschlag für Prognoseunsicherheit von bis zu 1 dB(A) in Ansatz gebracht würde, unter Berücksichtigung der Bestimmung in Nr. 3.2.1 Abs. 3 der TA Lärm noch immer eine unzumutbare Lärmbeeinträchtigung auf dem Grundstück der Kläger nicht festzustellen. Zu dem Gutachten Y. hat das Verwaltungsgericht im Übrigen zu Recht angemerkt, dieses sei schon deshalb nicht aussagekräftig, weil es unter Einschluss der fünf Windenergieanlagen der V. erstellt worden sei. Dieser Anlagenkomplex war - wie dargestellt - in den Genehmigungsverfahren für die fünf Anlagen am Standort Q. nicht mit einzubeziehen, folglich auch nicht die von den hinzugekommenen Anlagen ausgehenden Immissionen. Im Übrigen wurde in dem Gutachten Y. für die M. -Anlagen ein Schallleistungspegel von 107 dB(A) zugrunde gelegt, d.h. ein Pegel, der gemäß der Nachvermessung durch die Firma X. als deutlich zu hoch erscheint. Auch wurden in dem Gutachten für die AA. - und AB. -Windenergieanlagen des Anlagenkomplexes östlich des J. Weges erhöhte Schallleistungspegel von 103 dB(A), 105,5 dB(A), 105,9 dB(A) und 104, 4 dB(A) zugrunde gelegt und insoweit auf vorliegende bzw. nicht vorliegende schalltechnische Vermessungen verwiesen. Dem ist entgegenzuhalten, dass in der Schallprognose vom 16. Juli 2002 - d.h. bereits zuvor - die mit Schreiben des Beklagten vom 20. Juni 2002 mitgeteilten und auf entsprechende Schallpegelmessungen gestützte - niedrigere - Schallleistungspegel von 101,8 dB(A), 103,5 dB(A), 103,9 dB(A) und 103,4 dB(A) für diese Anlagen in Ansatz gebracht wurden. Das Gutachten Y. verhält sich zu diesen Pegelwerten nicht und vermag deshalb den im Wesentlichen nur pauschal gebliebenen Vortrag der Kläger, die Vorbelastung durch die 27 Anlagen östlich des J. Weges sei im hier streitigen Genehmigungsverfahren zu niedrig angesetzt worden, nicht in belastbarer Weise zu stützen. Soweit die 27 Anlagen höhere als in den entsprechenden Genehmigungsverfahren zugrunde gelegte Lärmimmissionen verursachen sollten, bestünde im Übrigen Anlass, dagegen einzuschreiten. Ein den Genehmigungen nicht entsprechender, d.h. unzulässiger Betrieb dieser Anlagen könnte aber nicht dazu führen, den Genehmigungsanspruch der Beigeladenen zu 1) zu verkürzen.

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Mit dem Einwand der Kläger, in die vorgelegten Schallimmissionsprognosen sei in unzulässiger Weise ein Bodendämpfungsmaß eingeflossen, hat sich bereits der 1. Senat des erkennenden Gerichts in seinem Beschluss vom 26. November 2003 befasst. Er hat ausgeführt, die Sorgen der Antragsteller (und jetzigen Kläger), atmosphärische Besonderheiten könnten zu einer bisher nicht berücksichtigten Lärmzunahme führen, seien nicht berechtigt. Wie sich aus Nr. 2.3 "Die Ausbreitungsberechnung der TA-Lärm" des Materialienbands Nr. 63 des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen (Windenergieanlagen und Immissionsschutz, Mai 2002) ergebe, seien die berechneten Immissionspegel bei frequenzselektiven Ausbreitungsrechnungen für hoch liegende breitbandige Quellen - wie z.B. Windenergieanlagen - bei Abständen bis zu 500 m um bis zu 4 dB(A) niedriger als die Rechenergebnisse nach dem "alternativen Verfahren" zur Berechnung A-bewerteter Schalldruckpegel der DIN ISO 9613-2, Abschnitt 7.3.2, weil das frequenzselektive Ausbreitungsrechenverfahren die Bodendämpfung für hoch liegende Schallquellen bei Schallausbreitung über Äcker und Wiesen überschätze. Nach den Erfahrungen des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen führe die Rechnung nach dem "alternativen Verfahren" zu prognostizierten Immissionspegeln, die in den genannten Fällen geringfügig oberhalb der gemessenen Werte - und damit auf der sicheren Seite - lägen. Das der angefochtenen Baugenehmigung zugrunde liegende Gutachten vom 16. Juli 2002 errechne die Prognosewerte nach dem alternativen Verfahren (S. 11), so dass die Befürchtung der Antragsteller nicht berechtigt sei. Für eine hiervon abweichende Beurteilung sieht der erkennende Senat keinen Anlass. Vielmehr ist auch nach der Rechtsprechung des Senats das Prognoseverfahren nach der DIN ISO 9613-2 zur Beurteilung der Geräuschimmissionen durch Windkraftanlagen grundsätzlich geeignet (vgl. Urt. v. 20.3.2007, a.a.O.). Auf diese DIN-Vorschrift wird in der TA Lärm ausdrücklich verwiesen (vgl. nur deren Anhang A.1.2, A.1.4 und A.2.3.4) und auch in der Empfehlung "Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windenergieanlagen" des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 8./9. März 2005 wird auf sie Bezug genommen. Durch ihre Heranziehung werden meteorologische Korrekturen und Schalldämpfungen bei entsprechenden Schallprognosen standardmäßig berücksichtigt. Dagegen ist nichts zu erinnern.

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Die angefochtene Baugenehmigung enthält weiterhin hinreichende Vorkehrungen dagegen, dass das Grundstück der Kläger schädlichen Umwelteinwirkungen in der Gestalt unzumutbarer periodischer Schattenwürfe der streitigen Windenergieanlagen ausgesetzt wird. Unter I. 16 der Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung wurde die Schattenwurfprognose vom 13. Dezember 2001 zum Bestandteil der Genehmigung gemacht und es wurde unter V. 2 für die im Einwirkungsbereich der Anlagen gelegenen Wohnräume ein Immissionswert für die astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr und 30 Minuten pro Tag festgelegt. Da der Wert schon durch die bestehenden Anlagen - gemeint sind die 27 Windenergieanlagen östlich des J. Wegs - an mehreren Immissionsortenüberschritten werde, wurde sogleich verfügt, dass die Schattenwurfzeiten der genehmigten Anlagen auf Null zu reduzieren und die Windenergieanlagen mit einer entsprechenden Abschaltautomatik auszurüsten seien. Die Nebenbestimmungen sind insoweit eindeutig und gewährleisten, dass auf das Grundstück der Kläger Schattenwürfe der hier streitigen Anlagen nicht einwirken. Dazu haben überdies der Beklagte und die Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 21. Juli 2005 ergänzend eindeutige Erklärungen abgegeben. Der weitere Zusatz in den Nebenbestimmungen, bei Einsatz einer Abschaltautomatik dürfe die meteorologische Beschattungsdauer unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Anlagen von acht Stunden pro Jahr und 30 Minuten pro Tag nicht überschritten werden, ändert daran nichts. Der Zusatz geht unter den hier gegebenen Umständen vielmehr ins Leere und könnte erst dann zum Tragen kommen, wenn sich der Bestand der zuvor errichteten 27 Windenergieanlagen reduzieren sollte. Auch in diesem - derzeit nicht absehbaren - Fall wäre die Auflage, die Schattenwurfzeiten der hier streitigen Anlagen auf Null zu reduzieren, allerdings nicht gegenstandslos und müsste gegebenenfalls geändert werden. Dies zu prüfen, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

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Dass die streitigen Windenergieanlagen auch aus sonstigen Gründen nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen, hat das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt. Auch insoweit kann auf die diesbezügliche Begründung in dem erstinstanzlichen Urteil verwiesen werden. Die Windenergieanlagen vermitteln nicht den Eindruck, als werde das betroffene Grundstück der Kläger erdrückt oder in vergleichbarer Weise unzumutbar bedrängt. Hiervon konnte sich der Senat anlässlich der Besichtigung der Örtlichkeiten in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Zwar sind schon die 27 Anlagen östlich des J. Weges in der hier vorzufindenden flachen und offenen Landschaft weithin sichtbar, sie halten aber zu dem Grundstück der Kläger Abstände von zumindest 600 m - größtenteils deutlich mehr - ein. Die inzwischen errichteten fünf Windenergieanlagen am Standort Q. haben dazu geführt, dass das Landschaftsbild weitere Beeinträchtigungen westlich des J. Weges erfahren hat. Allerdings sind auch die Abstände dieser Anlagen zum Grundstück der Kläger so groß, dass von einer rücksichtslosen Bedrängnis keine Rede sein kann. Wie dargelegt, weist die Windenergieanlage des Betreibers O. einen Abstand von etwa 550 m auf, die streitigen Windenergieanlagen der Beigeladenen zu 1), auf deren Wirkung es vorliegend allein ankommt, sind in einer noch größeren Entfernung von 2.000 m bzw. 1.600 m genehmigt und errichtet worden. Hinzu kommt, dass das Mühlengebäude der Kläger nach dem bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Eindruck mit dichtem Baum- und Strauchbewuchs umgeben ist, welcher vom J. Weg aus den Blick auf das Gebäude vollständig versperrt und auch umgekehrt Sichtbeziehungen vom Grundstück der Kläger auf die Windenergieanlagen erheblich einschränkt. Dieser Eindruck mag in den laubfreien Jahreszeiten zwar gemindert sein und relativiert sich zudem, wenn von den oberen Geschossen des Mühlengebäudes in die Landschaft geblickt wird. Auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes lässt sich aber nicht feststellen, dass die vom Grundstück der Kläger wahrnehmbaren Windenergieanlagen - erst recht die streitigen Windenergieanlagen der Beigeladenen zu 1) - über eine nicht abwehrfähige Beeinträchtigung des Blickes in die freie Landschaft hinaus eine erdrückende oder vergleichbar rücksichtslose Wirkung haben.

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Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das streitige Vorhaben führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung ihres Baudenkmals. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21. April 2009 (- 4 C 3.08 -, BVerwGE 133, 347) den Belangen des Denkmalschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB unter bestimmten Umständen drittschützende Wirkung zugesprochen und dem Eigentümer eines Kulturdenkmals ein Abwehrrecht gegen ein benachbartes Vorhaben zugebilligt hat, wenn das Vorhaben die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens möglicherweise erheblich beeinträchtigt, bedarf dies im vorliegenden Fall keiner Vertiefung (vgl. dazu Urt. d. Senats in dem Parallelverfahren 12 LB 31/07 vom 1.6.2009). Denn nach der Stellungnahme des Beigeladenen zu 2) vom 5. Mai 2010 ist die L. der Kläger nicht als Kulturdenkmal anzusehen. Nach der fachkundigen Bewertung des Beigeladenen zu 2), der sich der Senat anschließt und der die Kläger nicht mehr entgegengetreten sind, ist die historische Funktion der L. aufgrund der starken baulichen Veränderungen nur noch unvollständig überliefert, so dass es an einer maßgeblichen denkmalbegründenden Bedeutung fehlt. Die Anforderungen, die § 3 Abs. 2 NDSchG an das Vorliegen eines Baudenkmals stellt, werden hier nicht erfüllt.