Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.04.2014, Az.: 1 LA 60/13
Zumutung von Tierhaltungsgerüche an mehr als 20 v.H. der Jahresstunden
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 09.04.2014
- Aktenzeichen
- 1 LA 60/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 16678
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2014:0409.1LA60.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 14.01.2013 - AZ: 4 A 205/12
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG
- § 6 Abs. 3 BImSchG
- § 34 Abs. 3a BauGB
- § 35 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 BauGB
- § 5 Abs. 1 S. 2 BauNVO
Fundstellen
- AUR 2014, 316-318
- FStNds 2014, 570-576
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage, in welchen Fällen einem Wohnnachbarn Tierhaltungsgerüche an mehr als 20 v.H. der Jahresstunden zugemutet werden dürfen.
Tenor:
Der Antrag des Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 4. Kammer - vom 14. Januar 2013 zuzulassen, wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens; außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht
erstattungsfähig.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf
15.000,-- € festgesetzt.
Gründe
Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Bauschein aufgehoben, welchen der Zulassungsantragsteller dem Beigeladenen am 11. März 2008 für den Umbau seiner Tierhaltung erteilt hatte. Die Beteiligten streiten insbesondere um die Frage, ob die Vorbelastungen des klägerischen Wohngrundstücks durch die Vielzahl der in der näheren Umgebung vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebe trotz der für diese ergriffenen Maßnahmen zur Geruchsreduzierung noch immer so hoch ist, dass das Vorhaben des Beigeladenen erst bei weiterer Reduktion der Geruchsfrachten zugelassen werden könnte, oder ob die vom Beigeladenen gegenüber früherem Emissionsverhalten ergriffenen Maßnahmen ausreichen, um die weiterhin 20 v.H. der Jahresstunden überschreitenden Geruchsimmissionen dem Kläger zuzumuten.
Das mit seiner Schmalseite an die Ostseite der Dorfstraße grenzende, im Rubrum genannte Wohn- und Betriebsgrundstück des Beigeladenen wurde nach den Feststellungen, die der Gutachter E. von der Landwirtschaftskammer zur Vorbereitung seiner Begutachtungen der Immissionssituation getroffen hatte, wird folgt genutzt: In der Betriebseinheit (BE) 4 (langgestreckter Bau an der Nordgrenze des Grundstücks) waren 419 Mastschweine, in der BE 8 (straßenseitig, westlich des Wohnhauses) 120 Mastschweine, in der BE 14 (Südwestecke des Grundstücks) 100 Mastschweine und in der BE 9 (östlich des Wohnhauses und südlich der BE 4) 1.000 Hühner untergebracht. Inhalt des genehmigten Umbaus sind folgende Maßnahmen: Umbau der BE 4 bei Beibehaltung der Schweinemastzahl (419); keine Abluftreinigungsanlage. Die BE 5 und 6 sollen Nebengebäude mit Tanklager werden. In BE 9 sollen 230 Plätze für Mastschweine entstehen die BE 14 zum Schweinemaststall für 162 Plätze umgebaut, das Kartoffellager (BE 13) erweitert und in die BE 9, 14 und 15 (dieses Gebäude soll nördlich unmittelbar an BE 14 angrenzend errichtet werden) eine Abluftreinigungsanlage eingebaut werden.
Die Grundstücke der Beteiligten liegen in der unverplanten Ortslage Düste, welche am Kreuz der nordsüdlich verlaufenden Dorfstraße und der sie im nördlichen Bereich querenden Kreisstraße 51 gelegen ist. Dort sind zum einen noch 7 - 8 landwirtschaftliche Betriebe aktiv. Diese hatte der Beklagte 2005 mit der Folge überprüft, dass Nachtragsgenehmigungen für verschiedentlich anzutreffenden ungenehmigten Bestand sowie Bauscheine für die Erweiterung von Gebäuden und Tierbestand erteilt worden sind. Zum anderen sind dort mehrere nicht mehr landwirtschaftlich genutzte Bereiche anzutreffen. Zu diesen zählt das im Nordwestknie der genannten Straßenkreuzung gelegene Gebäude des Klägers sowie das im Südwestknie vorhandene Wohnhaus des Herrn F.. Ein weiteres nicht mehr landwirtschaftlich genutztes Anwesen eines Herrn G. liegt am Südrand der Ortschaft. Diese drei Eigentümer waren gegen mehrere Genehmigungen vorgegangen, welche für eine Reihe von landwirtschaftlichen Vorhaben erteilt worden waren. Das Verwaltungsgericht hatte diese und andere Klagen am 14. Januar 2013 mündlich verhandelt. Dort erklärten sich einige in Düste ansässige Landwirte bereit, weitere geruchsreduzierende Maßnahmen (u. a.: bessere Abdeckung der Güllebehältnisse; Einbau weiterer DLG-zertifizierter Abluftreinigungsanlagen; Stilllegung weiterer Betriebseinheiten) durchzuführen. Der Kläger hatte keine Bereitschaft erklärt, die von seinem Grundstück ausgehenden Gerüche noch weiter zu reduzieren, und darauf verwiesen, die von ihm durchgeführten Maßnahmen reduzierten die früher von ihm verursachten Geruchsfrachten um immerhin 66%. Außerdem hatte er darauf verwiesen, weitergehenden Schutz könne der Kläger nicht beanspruchen, weil sein Grundstück bis zum Jahre 1992 landwirtschaftlich genutzt worden sei.
Mit dem angegriffenen Urteil, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Düste sei als faktisches Dorfgebiet anzusehen. Dafür gelte nach der GIRL ein Richtwert von 15 % der Jahresstunden. Dieser könne hier bis auf Geruchshäufigkeiten von 20 % der Jahresstunden erhöht werden. Tatsächlich sei das Grundstück des Klägers künftig jedoch mit mehr als 20 %, nämlich auch dann an 26,6 % der Jahresstunden von nachteiligen Gerüchen betroffen, wenn der Landwirt H. seinen Betrieb neu strukturiere. Unzumutbar hoch sei die künftige Belastung selbst dann, wenn man die Auswirkungen der in der mündlichen Verhandlung versprochenen Maßnahmen zur Geruchsreduktion berücksichtige. Deren Folgen habe der Gutachter auf eine Rückführung der Geruchsbeeinträchtigungen um 1 bis möglicherweise 2 % der Jahresstunden taxiert. Ein besonders gelagerter Ausnahmefall, in dem der Wert von 20 v.H um weitere 4,6 % der Jahresstunden überschritten werden dürfe, liege nicht vor. Zwar müsse nach dem Senatsurteil vom 25. Juli 2002 (- 1 LB 980/01 -, NVwZ-RR 2003, 24) derjenige, der als einziger aus der Gemeinschaft bislang einhellig Tiere Züchtender ausscheide, noch höhere Geruchsbeeinträchtigungen hinnehmen. Das gelte jedoch nicht (mehr), wenn dieser - wie hier - nicht vereinzelt geblieben sei, sondern weitere einst landwirtschaftlich genutzte Anwesen zu vorhabenunabhängigem Wohnen umgenutzt worden seien. Eine nach der Kammerrechtsprechung gerechtfertigte entsprechende Anwendung des Rechtsgedankens aus § 6 Abs. 3 BImSchG führe hier ebenfalls nicht zu einem dem Beigeladenen günstigen Ergebnis. Denn dieser habe nicht ausreichenden Umfangs über den Stand der Technik hinausgreifende, nämlich auch die BE 4 umfassende Maßnahmen zur Geruchsreduzierung unternommen. Der Einbau einer Abluftreinigungsanlage sei zwar mit erheblichen Kosten verbunden. Dafür erhalte der Beigeladene aber die Möglichkeit, trotz prekärer Vorbelastung der maßgeblichen Umgebung immerhin weitere 250 Schweine mästen zu können.
Hiergegen richtet sich der Zulassungsantrag des Beklagten, dem der Kläger entgegentritt und der Beigeladene mit dem Bemerken beipflichtet, die Abwehransprüche des Klägers seien zudem verwirkt.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn es dem Zulassungsantragsteller gelingt, einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage zu stellen (BVerwG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458, 1459 = NVwZ 2000, 1163 = NdsVBl. 2000, 244), dass sich hierdurch etwas am Ergebnis der angegriffenen Entscheidung ändert; dieses entscheidet. Der Erfolg des Rechtsmittels muss nicht wahrscheinlicher sein als der Misserfolg (BVerfG, B. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 = UPR 2004, 305 = NJW 2004, 2510). Das Zulassungsverfahren soll nicht das Berufungsverfahren vorwegnehmen (BVerfG, B. v. 21.1.2009 - 1 BvR 2524/06 -, NVwZ 2009, 515 = UPR 2009, 182 = JZ 2009, 850).
Das darzutun ist dem Beklagten nicht gelungen. Es liegt kein Sachverhalt vor, in dem es zu rechtfertigen wäre, das klägerische Grundstück mit höherer Häufigkeit als 20% der Jahresstunden mit Gerüchen zu belästigen. In seinem unveröffentlichten und daher nachfolgend ausführlicher wiedergegebenen Beschluss vom 8. November 2012 - 1 ME 128/12 - hatte der Senat zu dieser Problematik das Folgende ausgeführt:
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht zu der Auffassung gelangt, der mit dem angegriffenen Bauschein vom 20. Juli 2011 genehmigte Stall BE 2a werde Nachbarrechte des Antragstellers verletzen. Sein Ausgangspunkt, dieses Vorhaben müsse sich der Prüfung stellen, ob seine Nutzung Abwehransprüche des Antragstellers verletzt, d. h. diesen unzumutbaren Geruchsbeeinträchtigungen aussetzt, ist nicht zu beanstanden. Jedes hinzutretende Bauvorhaben/Bauwerk muss sich der Prüfung stellen, ob es mit den jetzt geltenden Bauvorschriften in der jetzt gegebenen Situation zu vereinbaren ist. Dass vor seiner Realisierung auf dem Baugrundstück oder in der Nachbarschaft im Wesentlichen die gleichen oder sogar leicht schlechtere Umstände herrschten, wie sie nach dem Neubau gegeben sein sollen, verhilft dem Neubau nicht gleichsam automatisch zur Baurechtmäßigkeit und Nachbarverträglichkeit. Schon die Existenz von Ausnahme-Regelungen wie § 6 Abs. 3 BImSchG und § 34 Abs. 3a BauGB (Fremdkörperregelungen) zeigt, dass grundsätzlich in jedem Baugenehmigungsverfahren neu zu beantworten ist, ob das Vorhaben mit den jetzt geltenden Rechtsvorschriften bzw. Vorstellungen über die Zumutbarkeit und die Vereinbarkeit mit konkurrierenden Nutzungen zu vereinbaren ist. Das wird etwa bei dem Parallelbeispiel deutlich, dass ein geschützter, geltendes Abstandsrecht aber verletzender Altbestand beseitigt und durch einen Neubau ersetzt werden soll. Dieser darf nicht, jedenfalls nicht ohne Weiteres (d. h. ohne spezielle Gesetzeshilfe, wie sie beispielsweise § 13 Abs. 1 Nr. 4 NBauO a. F. bot) in gleicher Weise die Grenzabstandsvorschriften verletzen, wie dies der Altbestand - und sei es wegen einer nach seiner Errichtung in Kraft getretener Gesetzesänderung - getan hatte. Es entspricht daher einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass sich auch bei Änderung von Anlagenteilen die Prüfung auf das erstreckt, was von der Anlage dann insgesamt an Belästigungen ausgeht und ob dies mit dem jetzt geltenden Baurecht zu vereinbaren ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.2.1977 - 4 C 9.75 -, DVBl. 1977, 770 = RdL 1977, 290).
Selbst wenn die Verwirklichung des streitigen Vorhabens dazu führen sollte, dass der Hof des Beigeladenen die Nachbarschaft in geringerem oder gleichem Maße mit Gerüchen belastet, ist damit die Baurechtmäßigkeit und die Nachbarverträglichkeit des Neu-/Umbauvorhabens nicht eo ipso erwiesen. Vielmehr ist zu untersuchen, ob der Geruchsbeitrag, den der Stall BE 2a nun einmal leistet (und dessen Beitrag der Antragsteller auf der Grundlage der Äußerung des TÜV Nord vom 24.8.2012 auf <gewichtet> 12 % der Geruchsstunden veranschlagt; vgl. Bl. 332 d.GA), in der vorgegebenen Situation den Nachbarn, namentlich dem Antragsteller noch zugemutet werden kann.
Die Richtigkeit dieser Auffassung erweist sich auch daran, dass - worauf die Antragstellerseite zutreffend hinweist - mit früheren Baugenehmigungen, namentlich denjenigen aus dem Jahre 2004 dem Beigeladenen nicht abstrakt, d.h. unabhängig von damit genehmigten, ihren Immissionsbeitrag verursachenden Baulichkeiten und Nutzungen ein abstraktes Emiss-/Immissionsniveau auf unabsehbar lange Zeit genehmigt worden ist. Vielmehr erstreckt sich die Legalisierungswirkung (und im Falle der Unanfechtbarkeit von Bauscheinen dementsprechend die Duldungspflicht der Nachbarn) nur auf die Gebäude und Nutzungen, welche von diesen Baugenehmigungen er-/umfasst worden sind.
Das Hinzutreten der BE 2a ist in der gegenwärtigen Situation dem Antragsteller nicht zuzumuten. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 BauGB darf das streitige Vorhaben nicht zum Nachteil des Antragstellers zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen. Es darf mithin keine erheblichen Nachteile oder Belästigungen für die Nachbarschaft hervorrufen können (vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG).
Das Verwaltungsgericht hat auf Seite 8 des Beschlussabdrucks zutreffend dargelegt, die TA Luft stelle insoweit kein zureichendes Regelwerk für die Beurteilung zur Verfügung, weil sich diese auf Vorsorge -, das sind nicht die Gesichtspunkte beschränke, welche im Nachbarstreit allein ausschlaggebend sind. Auch die VDI-Richtlinie 3471 ist im Nahbereich, um den es sich hier handelt, nicht anzuwenden. Dementsprechend hat eine Sonderbeurteilung stattzufinden, bei der die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL), eingeführt durch gemeinsamen Runderlass vom 23.7.2009 (Nds.MinBl. 2009, 794) in vorzüglicher Weise heranzuziehen ist. Diese stellt nach verbreiteter Auffassung, welcher auch dieser Senat folgt, zwar keine Rechtsquelle dar und auch kein rechtlich verbindliches Regelwerk. Sie ist jedoch als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten anzusehen, welches auf den Erkenntnissen und den Erfahrungen von Sachverständigen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse beruhen auf fachwissenschaftlichen Gutachten und Untersuchungen; sie geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. zum Vorstehenden: OVG Münster, Urt. v. 20.9.2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = RdL 2008, 63 = BRS 71 Nr. 58, [...]Rdnrn. 57 f.; Urt. v. 25.3.2009 - 7 D 129/07.NE -, RdL 2009, 174 = BRS 74 Nr. 22, [...]Rdnr. 115; Nds.OVG, Urt. v. 22.6.2010 - 12 LB 213/07 -, RdL 2010, 347 = BRS 76 Nr. 161, [...]Rdnr. 47 ff.; Beschl. v. 26.6.2007 - 12 LA 14/07 -, RdL 2007, 240, [...]Rdnrn. 6 und 7).
In Rede steht die Nachbarverträglichkeit des Stalles BE 2a in einem Bereich, der entweder als Dorfgebiet oder aber als Bereich einzustufen ist, in dem getrennt durch die F. Straße intensivere landwirtschaftliche Nutzung östlich der Straße auf sehr verbreitete nicht mehr landwirtschaftliche, allgemeine Wohnnutzung unmittelbar westlich von ihr trifft. Dass das Antragsteller-Wohnhaus den nördlichen Abschluss einer ganzen Reihe solcher Wohngebäude darstellt, zeigen u. a. der Plan Bl. 231 der Beiakte B sowie Bild und Eintragung auf Seite 23 des Gutachtens H. vom 20. Dezember 2010 (Bl. 130 der Beiakte C). Selbst in dem für den Beigeladenen voraussichtlich vorteilhafteren Fall, nämlich der einheitlichen Einordnung dieses Gebiets als Dorfgebiet unter Einschluss beider Straßenseiten fügt das angegriffene Vorhaben (BE 2a) dem Wohngrundstück des Antragstellers Geruchshäufigkeiten zu, die dieser in dieser Situation nicht mehr hinnehmen muss. Ausgangspunkt der Überlegungen hat zu sein, dass die GIRL in ihrer Nr. 3.1 Tabelle 1 in Dorfgebieten (nunmehr) ebenfalls einen Wert von 15 % der Jahresstunden Häufigkeiten zuordnet. Aus den Erläuterungen zu Nr. 3.1 der GIRL (Nds.MinBl. S. 806, rechte Spalte oben) ergibt sich, dass mit diesem Wert bereits dem Umstand Rechnung getragen wird/werden soll, dass Dorfgebiete der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, daneben auch dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben dienen und dort auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. In begründeten Einzelfällen soll es dieser Erläuterung zufolge allerdings zulässig sein, zwischen Dorfgebieten und dem Außenbereich Zwischenwerte zu bilden, was zu Werten von bis zu 0,20 am Rand des Dorfgebietes führen könne.
All das ist - wie oben angeführt - nicht gleichsam rechtssatzartig, sondern unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der in Rede stehenden näheren Umgebung anzuwenden. Schon nach dem Wort der Erläuterungen allerdings fällt es nicht ganz leicht, zugunsten des angegriffenen Vorhabens die Möglichkeit eröffnet zu sehen, die Orientierungswerte von 15 auf 20 % der Jahresgeruchsstunden zu erhöhen. Denn die BE 2a soll zwar - darin sind sich die Beteiligten offenbar alle einig - im Außenbereich verwirklicht werden. "Am Rande des Dorfgebiets" liegen indes möglicherweise nur der Hof des Beigeladenen und die südlich davon gelegenen landwirtschaftlichen Ställe, nicht jedoch die Wohnbebauung westlich der F. Straße.
Selbst wenn man dies anders sähe, und die Rechtsprechung zu früheren Fassungen der GIRL (ohne eigenen Immissionswert für Dorfgebiete) heranzöge, wäre hier eine Überschreitung des Jahresgeruchsstundenwertes von 0,2 nicht zu rechtfertigen. Zu Zeiten, in denen die Geruchsimmissionsrichtlinie einen gesonderten Wert für Dorfgebiete nicht aufwies, rechtfertigte man die Möglichkeit, die zumutbare Geruchshäufigkeit grundsätzlich auf bis zu 20% der Jahresstunden erhöhen zu können, mit der Überlegung, der Richtliniengeber habe keine starre, gleichsam mathematische Grenze für die Zumutbarkeit von Tierhaltungsgerüchen aufstellen, sondern die GIRL dem Rechtsanwender mit der Maßgabe an die Hand geben wollen, zu prüfen, ob "nach Lage der Dinge" eine Ausschöpfung des Korridors zwischen 15 und 20 % der Jahresgeruchsstunden angezeigt oder - auch das kam als umgekehrter Fall ernstlich in Betracht - nicht sogar der Wert von 15 % der Jahresstunden nicht einmal sollte erreicht werden dürfen (vgl. OVG Münster, Urt. v. 20.9.2007 - 7 A 1434/06 -, a.a.O., [...]Rdnr. 51; Nds. OVG, Beschl. v. 26.6.2007 - 12 LA 14/07 -, a.a.O., [...]Rdnr. 14). Maßgeblich hatte danach insbesondere zu sein, in welchem Verhältnis landwirtschaftliche und nicht landwirtschaftliche, d.h. allgemeine Wohnnutzung in dem fraglichen Bereich einander gegenüberstanden. Das konnte einerseits je nach Mischungsverhältnis und Windrichtungen zur Folge habe, dass die landwirtschaftliche Nutzung als auf dem Rückzug begriffen anzusehen und ihr damit geringere Geruchshäufigkeiten einzuräumen war, als sie der Wert von 15 % der Jahresstunden vermeintlich eindeutig verheißt. Dies konnte im umgekehrten Falle, in dem landwirtschafsunabhängiges Wohnen in einem kleinen Bereich nur dadurch als Einzelfall entstanden war, dass ein bislang landwirtschaftlichem Wohnen gewidmetes Gebäude aus der Solidargemeinschaft der Tierhalter einseitig ausschied, Geruchshäufigkeiten deutlich über 30 oder gar 50 % der Jahresstunden als noch zumutbare Geruchsbelastung zur Folge haben (vgl. Senatsurt. v. 25.7.2002 - 1 LB 980/01 -, RdL 2002, 313 = NVwZ-RR 2003, 24 = AUR 2003, 58).
Eine danach vorzunehmende Würdigung ergibt, dass in der hier gegebenen Sachlage jedenfalls der Wert von 20 % der Jahresstunden nicht überschritten werden kann. Die Bereiche westlich und östlich der F. Straße sind aller Voraussicht nach als Einheit, dabei als Innenbereich zu würdigen. Hier dominiert die landwirtschaftliche Nutzung nicht (mehr) in einem Maße, welches eine Übertragung der Grundsätze rechtfertigte, welche der Senat in seinem Urteil vom 25. Juli 2002 (- 1 LB 980/01 -, aaO) entwickelt hatte. Vielmehr ist jedenfalls nach den bislang vorliegenden Unterlagen anzunehmen, dass die aus etwa acht Gebäuden bestehende Reihe von Wohnhäusern, die westlich der F. Straße steht und deren nördlichen Abschluss das des Antragstellers bildet, nicht mehr "landwirtschaftlichem"; sondern "allgemeinem" Wohnen dient. Damit ist im unmittelbaren Umfeld des Beigeladenenbetriebes Wohnbebauung eines Umfangs entstanden, welches das Gewicht des Interesses, auf landwirtschaftliche Tierhaltung besonderen Umfangs Rücksicht nehmen zu sollen, deutlich mildert. Landwirtschaftliche Tierhaltung kann hier daher gerade nicht mehr mit besonderem Akzent Anspruch darauf erheben, zulasten der Wohnbebauung vorrangig Rücksichtnahme, d. h. Hinnahme von Geruchshäufigkeiten beanspruchen zu können, welche über 20% der Jahresstunden liegen.
Diese Einschätzung steht nicht im Widerspruch zur Senatsentscheidung vom 10. November 2009 (- 1 LB 45/08 -, BauR 2010, 195 = BRS 74 Nr. 185 = RdL 2010, 43). In dieser Entscheidung (vgl. [...]Rdnr. 67) ist zwar eine Vielzahl von Entscheidungen aufgelistet, in denen benachbarten Wohngebäuden deutlich höhere Geruchshäufigkeiten als 50 % der Jahresstunden zugemutet worden waren. Diese "Prozentzahlen" können jedoch nicht unbesehen auf jedwede Sachlage übertragen werden. Eine Rechtsprechungsübersicht ergibt folgendes Bild:
Die Entscheidung des OVG Münster vom 20.9.2007 (- 7 A 1434/06 -, a.a.O., [...]Rdnr. 63) betraf einen Bereich, in dem Wohnungen auf einem Areal realisiert werden sollten, das - anders als hier - durch landwirtschaftliche Nutzung mit beachtlicher Tierhaltung geprägt war. Der Baden-Württembergische VGH hatte in seinem Urteil vom 4. März 2009 (- 3 S 1467/07 -, RdL 2011, 346 = BRS 74 Nr. 164) für ein faktisches Dorfgebiet angenommen, in begründeten Einzelfällen dürfe die Jahresgeruchsstundenzahl auf 20 % der Jahresstunden gesteigert werden. Das sei dort hinsichtlich eines Wohngebäudes (nur deshalb) anzunehmen, weil dieses seit je dem betrieblichen Wohnen, d.h. einer Hofstelle als Unterkunft gedient habe. Das entspricht dem im Senatsurt. v. 25. Juli 2002 (- 1 LB 980/01 -, a.a.O.) hervorgehobenen Umstand, dass die einseitige Aufgabe landwirtschaftlich bezogenen Wohnens in einer im Übrigen ausschließlich und intensiv landwirtschaftlich geprägten Umgebung den Schutzanspruch herabsetzen kann. Das ist hier angesichts des Umstandes, dass das Wohnhaus des Antragstellers den nördlichen Abschluss einer ganzen Reihe nicht mehr landwirtschaftlichem Wohnen dienender Gebäude darstellt, nicht übertragungsfähig. Die Entscheidung des OVG Münster vom 25. März 2009 (- 7 D 129/07.NE -, a.a.O., [...]Rdnr. 126) betraf ein Haus, das im Außenbereich gelegen war und nicht landwirtschaftlich bezogenem Wohnen diente. Das ist hier anders, weil das Grundstück des Antragstellers in die Innenbereichssatzung einbezogen worden, deswegen grundsätzlich mit einem allgemeinen Wohngebäude zu nutzen ist und deswegen andere, höhere Schutzansprüche stellen kann. Vom OVG Münster (25.3.2009) wurde ein Maß von über 25 % der Geruchsstunden nur im Wege einer Mittelwertbildung für noch zumutbar angesehen, im Übrigen aber (s. Rdnr. 121 bei [...]) akzentuiert, sei das Maß des Zumutbaren durch die Vorbelastung bereits erreicht, könne dies dazu führen, dass ein landwirtschaftliches Neubauvorhaben eben nicht mehr ausgeführt werden könne. Gleichfalls nur ein Außenbereichsvorhaben betraf der vom OVG Münster im Beschluss vom 16. März 2009 (- 10 A 259/09 -, nur [...], dort Rdnr. 20 f.) entschiedene Fall. In seiner Entscheidung vom 12. November 2008 (- 12 LB 14/07 -, a.a.O.) hatte der 12. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts akzentuiert, nur in ganz besonderen Fällen sei es zulässig, Wohngebäuden Geruchsfrachten von über 20 % der Jahresstunden zuzumuten, und dies in einer Sachlage angenommen, in der lediglich konkurrierende landwirtschaftliche, gleichfalls im Außenbereich liegende Betriebe von den Gerüchen betroffen waren. Das ist hier im Wesentlichen anders. Zugunsten des angegriffenen Vorhabens ficht damit auch nicht die Entscheidung des OVG Münster vom 12. August 2008 (- 10 A 1666/05 -, nur [...], dort Rdnr. 19). Diese betraf "landwirtschaftsbezogenes Wohnen" in einem Bereich, welcher durch Bebauungsplan als Fläche für die Landwirtschaft festgesetzt gewesen war.
Zum Vorteil des angegriffenen Vorhabens wird aller Voraussicht nach auch nicht das sog. Irrelevanzkriterium (Nr. 3.3 der GIRL) gereichen. Nach den Erläuterungen zu dieser Nummer (Nds.MinBl. 2009, 807) kann das Irrelevanzkriterium auch bei Erweiterung einer Anlage unter gleichzeitiger Durchführung von Immissionsminderungsmaßnahmen nur unter der Voraussetzung eingreifen, dass der Immissionswert eingehalten wird (es folgt ein Verweis auf den Auslegungshinweis zu Nr. 4.2 der GIRL). Selbst für den Außenbereich gilt nach dem Unterpunkt "Anwendung des Irrelevanzkriteriums im Außenbereich", eine uneingeschränkte Anwendung des Irrelevanzkriteriums durch Beschränkung der Betrachtung auf das jeweils hinzutretende Vorhaben würde zum Nachteil schutzbedürftiger Bebauung beträchtliche Kumulationswirkungen nach sich ziehen können. Erfahrungen aus der Praxis belegten, dass Immissionswertüberschreitungen in diesen Fällen nicht auszuschließen seien. Zur Vermeidung übermäßiger Kumulationen sei daher stets zu prüfen, ob bei der bereits vorhandenen Bebauung noch ein zusätzlicher Beitrag von 0,02 toleriert werden könne. Das ist hier - wie dargestellt - nicht der Fall. Denn die Toleranzschwelle darf hier jedenfalls 0,2 nicht überschreiten, tut dies jedoch auch in dem vom Gutachter H. betrachteten günstigsten Fall, um 0,046.
Der Umstand der Vorbelastung war vorstehend bereits gewürdigt worden. Er rechtfertigt es für sich genommen nicht, durch Novationen von Genehmigungen diesen Zustand auf unabsehbare lange Zeit zu prolongieren. Genehmigt wurde nämlich mit vorangegangenen Bauscheinen nicht eine abstrakte, die Nachbarschaft auf unabsehbar lange Zeit zur Hinnahme erheblicher Geruchslasten verpflichtende "Immissionssituation", sondern jeweils nur ein ganz bestimmtes Vorhaben. Wird eines von diesen beseitigt, so kann das auch/sogar für einen "Ersatzbau" nachteilige Folgen haben. Darin liegt entgegen der Annahme des Antragsgegners und des Beigeladenen kein eindeutig "kontraproduktives" Element. Es mag zwar sein, dass bei kurzfristiger Betrachtung der gegenwärtige Zustand durch Beibehaltung der "schlechteren" Stallungen aufrechterhalten wird, obwohl mit dem Vorhaben eine - leichte - Verbesserung verbunden sein würde. Die vorstehend skizzierte Rechtsauffassung hat indes mittelfristig zur Folge, dass sich ein Landwirt zu dauerhafter und energischer Reduktion der Geruchseinträge wird verstehen müssen. Der Beigeladene hebt (in anderem Zusammenhang) selbst hervor, er sei auf das streitige Vorhaben aus betrieblichen Gründen dringend angewiesen. Das entspricht einer allgemeinen Beobachtung, wonach der Markt einen gewissen Anpassungsdruck ausübt. Ist der Tierhalter mithin auf längere Sicht verpflichtet, seine Betriebsweise umzustellen, wird auf diese Weise das vom Gesetz Gewollte, nämlich erreicht, dass sich die Wohnverhältnisse in einem Gebiet dem Zuträglichen wieder annähern, was zuvor nicht in diesem Maße beobachtet worden war und nicht zu erreichen wäre, folgte man den Betrachtungsweisen der Beschwerdeführer.
Der Beigeladene kann nicht mit Erfolg daraus verweisen, er sei nicht allein für das Maß der Geruchsgesamtbelastung verantwortlich. Der Antragsgegner hatte zwar auf Seite 2 seiner Beschwerdebegründung vom 1. August 2012 mit den Betrieben Menzel, Rohlfing und Riefe die drei weiteren Betriebe, die hier tätig sind, bezeichnet. Abgesehen davon, dass nach den dabei mitgeteilten Mastplatzzahlen der Beigeladene den größeren Teil der Tiere hält und damit auch an Geruchsfrachten verursachen dürfte, hat er "nun einmal" die Folgen zu tragen, dass sein Baugrundstück in dieser Umgebung liegt. Dies ist die "Situationsgebundenheit", welche nach der GIRL zu berücksichtigen ist und die er in seiner Beschwerdebegründung allein zulasten des Antragstellers in Stellung zu bringen versucht, in umgekehrter Weise aber auch sein Grundstück betrifft.
Das heißt:
Der in der GIRL für Dorfgebiete genannte Regel-Orientierungswert von 15 % der Jahresstunden berücksichtigt bereits zum Nachteil sonstigen Wohnens, dass in Dorfgebieten auf landwirtschaftliche Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Schon die Anwendung eines Wertes von 20 % der Jahresstunden stellt in Dorfgebieten nicht die Regel, sondern einen in Einzelfällen zu begründenden Sachverhalt dar. Den anzunehmen kommt etwa in Betracht, wenn das Schutz suchende Grundstück am Rande des Dorfgebiets zum Außenbereich liegt, in dem landwirtschaftliche Betriebe wegen § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB - anders als sonstige Wohnnutzung - bevorzugt zugelassen werden können. Eine noch weitergehende Überschreitung des erhöhten Orientierungswertes von bis zu 20 % der Jahresstunden zum Nachteil sonstiger Wohnnutzung ist nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen statthaft. Solche können etwa vorliegen, wenn beide konkurrierenden Vorhaben im Außenbereich liegen und entweder tierhaltungsbezogenes Wohnen Schutz reklamiert oder das Schutz beanspruchende Wohnen dort bislang Einzelfall, d. h. Fremdkörper geblieben ist. Um einen solchen Sachverhalt geht es hier nicht. Es mag sein, dass in Düste sonstiges Wohnen und landwirtschaftliche Tierhaltung nicht in der Weise aufeinandertreffen, wie dies im Sachverhalt des Beschlusses vom 8. November 2012 - 1 ME 128/12 - anzutreffen war. Dort hatten auf einer nicht unbeträchtliche Strecke westlich der Straße, welche die Ortschaft gleichfalls von Nord nach Süd durchschnitt, immerhin etwa acht in Reihe stehende Wohngebäude landwirtschaftlichen Nutzungen an ihrer Ostseite gegenüber gestanden.
Dahinter bleibt der hier zu beurteilende Sachverhalt zurück. Es ist aber auch nicht (mehr) so wie in dem Weiler, welchen der Senat in seinem Urteil vom 25. Juli 2002 (- 1 LB 980/01 -, NVwZ-RR 2003, 24) zu beurteilen gehabt hatte. Aus der Gemeinschaft ("Weiler") der einst sechs dort tätigen landwirtschaftlichen Betriebe war nur ein einziger ausgeschert. Außerdem hatte dieser es hingenommen, dass nur ein Jahr nach der Aufgabe landwirtschaftlicher Tätigkeit und landwirtschaftlich motivierten Wohnens für einen der fünf verbliebenen Höfe eine Genehmigung für Tierhaltungen erteilt worden war; erst gegen eine vier Jahre später erteilte hatte er sich dann zur Wehr gesetzt.
Das ist hier nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, welche das Zulassungsantragsvorbringen nicht in ernstliche Zweifel zieht, anders. Immerhin gleich an zwei Ecken des zentralen Straßenkreuzes (Düste [K 51] - Dorfstraße) haben sich zwei landwirtschaftsunabhängige Wohnnutzungen etabliert. Die auf dem klägerischen Grundstück vollzogene Umwandlung ist daher nicht vereinzelt geblieben und damit nicht mehr als Fremdkörper einzustufen. Vielmehr hat sich hier ein - wenn auch noch kleiner - Schwerpunkt sonstigen Wohnens entwickelt. Damit ist das sonstige Wohnen auf dem klägerischen Grundstück auch nicht - wie in dem Sachverhalt, welchen der Senat in dem vom Beklagten zitierten (und ebenfalls unveröffentlichten) Beschluss vom 6. März 2013 (1 ME 205/12) behandelte - von landwirtschaftlicher Nutzung regelrecht umzingelt. Vielmehr hat sich ihm am Südwestknie der genannten Straßenkreuzung ein weitere nicht tierhaltungsgebundene Wohnnutzung zugesellt. Dies wird ergänzt um die Wohnnutzung des Herrn G. am Südrand der Ortschaft, der in anderem Zusammenhang ebenfalls als Kläger gegen die Genehmigung von Tierhaltungsanlagen aufgetreten war. Insgesamt hat sich damit zwar noch kein Gleichgewicht von Wohn- und landwirtschaftlicher Nutzung, namentlich Tierhaltung entwickelt, wohl aber eine Sachlage, in der sonstiges Wohnen nicht mehr vereinzelt, d. h. als Fremdkörper anzusehen ist.
Es kommt hinzu, dass nach den vom Verwaltungsgericht getroffenen, mit dem Zulassungsantrag nicht in ernstliche Zweifel gezogenen Feststellungen anders als im sog. Weiler-Fall der Kläger nach Aufgabe landwirtschaftlicher Nutzung (1992) keine Genehmigungen für Tierhaltungsanlagen des Beigeladenen hingenommen hatte.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu diesem "Weiler-Fall" (1 LB 980/01) und zu dem vom Senat zum Aktenzeichen 1 ME 205/12 (B. v. 6.3.2013) entschiedenen Fall besteht darin, dass die dort zu beurteilenden Situationen im Außenbereich lagen, nach der mit Zulassungsangriffen nicht zureichend attackierten Annahme des Verwaltungsgerichts der hier zu würdigende Bereich hingegen als unverplanter Bereich anzusehen ist, der gem. § 34 Abs. 2 BauGB iVm. § 5 BauNVO als Dorfgebiet anzusehen ist. Damit kann der Kläger grundsätzlich beanspruchen, dieses auch baulich nutzen zu dürfen. Das hindert den Beigeladenen zwar nicht, die gebotene Rücksicht auf seine schützenswerten Belange verlangen zu dürfen. Doch ist das Korsett, in das § 34 Abs. 2 BauGB die Nutzungsmöglichkeiten der in einem Dorfgebiet gelegenen Grundstücke "presst", zu Lasten des Beigeladenen enger, als wenn die Grundstücke im Außenbereich lägen. Denn auch in einem hinsichtlich der Nutzungsart nach § 5 BauNVO zu beurteilenden Bereich gilt, dass grundsätzlich alle dort zulässigen Nutzungen ausgeübt werden dürfen, einem Grundstückseigentümer mithin nicht abverlangt werden kann, sein Grundstück praktisch ungenutzt zu lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.12.1982 - 4 C 28.81 -, DVBl. 1983, 349 = NJW 1983, 2460 = BRS 39 Nr. 57). Auch sonstiges, d. h. vorhabenunabhängiges Wohnen ist in einem Dorfgebiet zulässig und ist nach der Würdigung der GIRL trotz des Favorisierung durch § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO grundsätzlich nur mit 15 % der Jahresgeruchsstunden zu belästigen.
Die Ausführungen zur Anwendung von § 6 Abs. 3 BImSchG greift die Zulassungsantragsbegründung ohne Aussicht auf Erfolg an. In seinen unveröffentlichten Beschlüssen vom 8. November 2012 - 1 ME 128/12 - und vom 6. März 2013 - 1 ME 205/12 - hatte der Senat die vom Verwaltungsgericht vertretene (mittlerweile vom OVG Münster, B. v. 23.4.2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 unterstützte) Auffassung abgelehnt, diese Vorschrift bzw. ein ihr zu entnehmender Rechtsgedanke sei als Teil des Gebots der Rücksichtnahme zum Vorteil des Tierhalters zu berücksichtigen. Die Senatsauffassung, welche durch das Zulassungsantragsvorbringen nicht in ernstliche Zweifel gezogen wird, sieht die "Verbesserungsgenehmigung" (§ 6 Abs. 3 BImSchG) als nicht verallgemeinerungsfähige Sonderregelung an und geht gerade nicht dahin, es dem Tierhalter zu gestatten, seinen Tierbestand neu zu ordnen und dabei - wenngleich deutlich geringeren Umfangs als bislang - die Orientierungswerte der GIRL weiterhin zu überschreiten. Dahinter steckt der Gedanke, es stelle nur vordergründig, d. h. nur kurz- bis mittelfristig für sonstige Wohnbebauung einen Vorteil dar, nicht mehr so stark wie bisher mit Gerüchen belästigt zu werden. Denn die daraufhin erhaltene Baugenehmigung verlängere den Zustand, in dem diese Orientierungswerte überschritten werden. In der Erkenntnis, über kurz oder lang werde der Tierhalter ohnedies neue Vorhaben zur Genehmigung stellen müssen, mutet ihm der Senat vielmehr zu, das erst in einer Situation tun zu dürfen, in der die Orientierungswerte eingehalten werden. Dass dies entweder Aussiedlung des einen oder anderen Tierhalters oder ein Zusammenwirken aller Tierhalter erfordert, welche auf die Grundstücke sonstigen, d. h. vorhabenunabhängigen Wohnens einwirken, liegt auf der Hand. Die hier zu behandelnde Sachlage zeigt aber, dass ein "konzertiertes" Verhalten mehrerer/aller Tierhalter durchaus vorstellbar und es dabei möglich ist, die Geruchsfrachten auf ein sonstigem Wohnen noch erträgliches Maß zurückzuführen. Dabei mag den Tierhaltern zugute kommen, eine Situation zu reklamieren, welche eine Überschreitung des GIRL-Regelwertes von 15% um weitere 5 % der Jahresstunden auf insgesamt 20% ermöglicht. Ist aber die Solidargemeinschaft "tierhaltenden Wohnens" durch Ausscherung nicht nur eines Vereinzelten ("Fremdkörpers") gekündigt, muss sich diese als "Sanierungsgemeinschaft" fortsetzen, soll der Standort erhalten bleiben. Die - wie zuzugeben ist: voraussichtlich mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbundenen - Bemühungen des Beigeladenen zur Geruchsreduktion mögen dabei beachtlich sein. Sie ändern aber nichts an der Lagegebundenheit seines Eigentums. Dieses wird geprägt durch weiterhin immissionstechnisch nicht neutrale Nachbarschaft, außerdem dadurch, dass sich das nähere Umfeld - und sei es ohne Baugenehmigung - nun einmal in dieser Weise so verändert hat.
Die Vorbelastungen hatten der Beigeladene und weitere Tierhalter in diesem Bereich nach den vom Verwaltungsgericht übernommenen Feststellungen des Gutachters E. (Landwirtschaftskammer Niedersachsen), welchen der Beklagte nicht substantiiert entgegentritt, ohne Baugenehmigung(en) bewirkt. Durchgreifender Anlass, dem Beigeladenen den "Bonus" der Geruchsvorbelastung als "Malus" der Wohnnutzung des Klägers nur wegen der fehlenden Genehmigung der 1992 bewirkten Nutzungsumwandlung zu belassen, besteht daher nicht.
Dass nach den neuerlichen mit der Zulassungsantragsbegründung vorgelegten Berechnungen die Jahresrate "nur" noch 22 - 24% der Jahresstunden betragen soll, verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Auch das liegt mehr als nur "irrelevant" über dem "erweiterten" Orientierungswert von 20 %.
Der vom Beigeladenen aufgeworfene Gedanke der Verwirkung kann nicht durchdringen. Es wäre Sache des Beigeladenen gewesen, diesen im Zusammenhang mit einem eigenem Zulassungsantrag oder dem des Beklagten fristgerecht (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) zur Geltung zu bringen. Das ist nicht geschehen.
Weitere Ausführungen zum Zulassungsantrag sind nicht veranlasst.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 iVm. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).