Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.06.2010, Az.: 8 LB 115/09

Vereinbarkeit des Verbotes einer vollständigen Abdeckung der Grabfläche von Urnengräbern mit allgemeinen Friedhofszwecken; Rechtmäßigkeit eines Verbotes der vollständigen Abdeckung einer Grabfläche bei Vorliegen eines legitimen Zweckes und deren Verhältnismäßigkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.06.2010
Aktenzeichen
8 LB 115/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 22602
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0615.8LB115.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 27.05.2008 - AZ: 1 A 29/08

Fundstelle

  • FStNds 2010, 731-736

Amtlicher Leitsatz

Das in einer Friedhofssatzung geregelte Verbot, die Grabfläche von Urnengräbern zu mehr als 50 v.H.mit einer Grababdeckung auszustatten, kann mit den allgemeinen Friedhofszwecken vereinbar sein, wenn die besondere Gestaltungsvorschrift durch einen legitimen Zweck, zum Beispiel die Ungeeignetheit des Friedhofsbodens für eine vollständige Grababdeckung, gedeckt und nicht unverhältnismäßig ist.

Tatbestand

1

Die Klägerin möchte die Grabstätte ihrer Eltern vollständig mit einer Grabplatte abdecken.

2

Die in den Jahren 1973 und 1993 verstorbenen Eltern der Klägerin sind auf dem E. Friedhof, einem Friedhof der Beklagten, in der Abteilung 15 in einem Urnenwahlgrab bestattet. Das Nutzungsrecht läuft bis zum Jahr 2033. Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2007 beantragte die Klägerin, ihr entsprechend dem beigefügten Angebot der F. GmbH & Co. KG die vollständige Grababdeckung der Grabstätte ihrer Eltern mit einer Steinplatte zu genehmigen. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Januar 2008 ab. Sie verwies auf § 21 Abs. 4 ihrer Friedhofssatzung, wonach lediglich 50% der Grabfläche mit einer Grabplatte abgedeckt werden dürften.

3

Hiergegen hat die Klägerin am 28. Januar 2008 Klage erhoben, die sie wie folgt begründet hat: § 21 Abs. 4 der Friedhofssatzung sei in ihrem Fall nicht einschlägig. Danach sei eine Grababdeckung von mehr als 50% nur deshalb verboten, um den Verwesungsvorgang nicht zu beeinträchtigen. Bei Urnengräbern finde aber keine Leichenverwesung statt. Unerheblich sei, ob sie diese Regelung gekannt habe, als sie sich auf das öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis mit der Beklagten eingelassen habe. Sie könne ihre Grabgestaltungswünsche auch nicht auf dem Friedhof der Jüdischen Gemeinde des ehemaligen Regierungsbezirks Osnabrück verwirklichen, denn nach der für diesen Friedhof geltenden Beerdigungs- und Friedhofsordnung dürften dort nur Juden und in Ausnahmefällen deren nichtjüdische Angehörige beerdigt werden.

4

Im Laufe des Klageverfahrens hat die Beklagte ihre Friedhofssatzung vom 28. März 2006 in der Fassung vom 20. März 2007 mit Wirkung ab 1. Mai 2008 geändert. Das Verbot der vollständigen Grababdeckung ist jetzt nicht mehr als allgemeine Gestaltungsvorschrift, sondern als besondere Gestaltungsvorschrift geregelt. Auf den Friedhöfen der Beklagten findet es bei Urnengräbern des G. Friedhofs in der Abteilung I P keine Anwendung mehr; für Urnengräber des E. Friedhofs gilt es nach wie vor.

5

Die Klägerin hat beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Januar 2008 festzustellen, dass sie berechtigt ist, das Urnenwahlgrab E. Friedhof, Abt. 15, u.a. 0673, entsprechend dem Angebot der F. GmbH & Co. KG vom 22. August 2007, Angebot Nr. 20071155, abzudecken, hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Januar 2008 zu verpflichten, ihr auf ihren Antrag im Schriftsatz vom 26. Oktober 2007 die Genehmigung zu erteilen, das Urnenwahlgrab E. Friedhof, Abt. 15, u.a. 0673, entsprechend dem Angebot der F. GmbH & Co. KG vom 22. August 2007, Angebot Nr. 20071155, abzudecken.

6

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie hat die Auffassung vertreten, das Verbot der vollständigen Grababdeckung für das Urnengrab der Eltern der Klägerin sei sowohl nach ihrer alten als auch nach ihrer neuen Satzung nicht zu beanstanden. Auch unter Geltung der alten Satzung habe die Klägerin ihre Grabgestaltungswünsche bereits auf einem anderen Friedhof in Osnabrück, nämlich auf dem Friedhof der Jüdischen Gemeinde, verwirklichen können. Ungeachtet dessen habe sich die Klägerin in Kenntnis der alten Friedhofssatzung auf das Grabnutzungsverhältnis eingelassen. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die begehrte Erlaubnis sei nach der Satzungsänderung ohnehin die neue Satzung, denn hier gehe es um ein Verpflichtungsbegehren, bei welchem auf die Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen sei.

8

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit ihrem Hauptantrag durch Urteil vom 27. Mai 2008 stattgegeben. Es hat den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2008 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin berechtigt sei, das Urnenwahlgrab ihrer Eltern mit einer Steinplatte vollständig abzudecken. Zur Begründung hat es ausgeführt:

9

Dem Gestaltungswunsch der Klägerin stehe § 21 Abs. 4 der Friedhofssatzung vom 28. März 2006 nicht entgegen. Diese Bestimmung sei rechtswidrig, soweit dort die vollständige Abdeckung von Urnengräbern verboten werde, denn hierdurch werde die Gestaltungsfreiheit der Klägerin hinsichtlich des Grabes ihrer Eltern in unzulässiger Weise eingeschränkt. Das Verbot diene weder der Verwirklichung des Friedhofszwecks, noch sei es durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Abdeckungen stünden der geordneten und würdigen Bestattung der Toten und einer ungehinderten Leichenverwesung innerhalb der Ruhezeiten nicht entgegen. Bei Urnengräbern stelle sich die Frage der Leichenverwesung auch gar nicht. Die Beklagte habe die Klägerin auch nicht auf die Nutzung des Jüdischen Friedhofs in Osnabrück verweisen können. Nach der für diesen Friedhof geltenden Beerdigungs- und Friedhofsordnung könnten dort nur Juden und in Ausnahmefällen deren nichtjüdische Angehörige beigesetzt werden. Eine Beisetzung der Asche von Verstorbenen sei außerdem ausdrücklich ausgeschlossen. Die während des Klageverfahrens in Kraft getretene und - da sie eine vollständige Grababdeckung von Urnengräbern auf einem anderen Friedhof der Beklagten zulasse - möglicherweise rechtmäßige Friedhofssatzung vom 1. April 2008 stehe dem Erfolg der Klage nicht entgegen, denn sie sei hier nicht anwendbar. Die Frage, welche Rechtsvorschriften der Prüfung eines Anspruchs zu Grunde zu legen seien, beurteile sich nach dem materiellen Recht, dem nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs oder einer Ermächtigungsgrundlage, sondern auch zu entnehmen sei, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Grundsätzlich seien zwar die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtsvorschriften anzuwenden. Dies könne aber in besonderen Situationen zu Schwierigkeiten führen. Ein solcher Fall liege hier vor. Die Eltern der Klägerin seien an einer Stelle beigesetzt, die sie sich selbst ausgesucht hätten. Der Klägerin sei die eigenhändige Pflege dieser Grabstelle erschwert und werde ihr demnächst unmöglich werden. Sie könne ihre Gestaltungswünsche nach der neuen Satzung in absehbarer Zeit nicht verwirklichen, weil danach eine vollständige Grababdeckung von Urnengräbern nur in der Abteilung I P des G. Friedfofs, nicht aber für das Grab ihrer Eltern zulässig sei. Ihren ursprünglichen Gestaltungswunsch, dem wegen der teilweisen Unwirksamkeit der Friedhofsatzung vom 28. März 2006 hätte Rechung getragen werden müssen, könnte sie nach der neuen Satzung nur durch eine Umbettung der Urnen ihrer Eltern verwirklichen. Dies sei ihr jedoch nicht zumutbar. Nach § 15 des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen vom 8. Dezember 2005 dürften Leichen und Aschenreste in Urnen außer in den bundesrechtlich geregelten Fällen vor Ablauf der Mindestruhezeit nur mit Genehmigung der unteren Gesundheitsbehörde ausgegraben oder umgebettet werden. Die Genehmigung dürfe nur erteilt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliege. Jenseits aller Pietätserwägungen stünde diese Vorschrift einer Umbettung entgegen. Weder die Gestaltungsvorstellungen der Klägerin noch das nachvollziehbare Bemühen der Beklagten, ihre Friedhöfe in überwiegendem Maße engeren Gestaltungsregeln zu unterwerfen, stellten mit Blick auf das hohe Schutzgut der Totenruhe einen wichtigen Grund für eine Umbettung dar.

10

Auf den Antrag der Beklagten hat der Senat die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zugelassen.

11

Zur Begründung der Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr Vorbringen aus dem Zulassungsverfahren wie folgt: Nach der Grundregel, wonach bei einem Streit um einen Anspruch das im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht zu Grunde zu legen sei, sei hier die neue Friedhofssatzung die maßgebliche Rechtsgrundlage. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei auch nicht ausnahmsweise auf einen anderen Zeitpunkt abzustellen. Die angeblich besonders schwierige Situation der Klägerin rechtfertige keine Ausnahme. Die Klägerin habe bereits nicht überzeugend dargelegt, dass ihr die Pflege des Grabes ihrer Eltern aus persönlichen Gründen nicht (mehr) möglich sei. Selbst wenn sie nach der alten Satzung das Grab ihrer Eltern hätte vollständig abdecken dürfen, könne sie sich hierauf nicht (mehr) berufen, weil sie von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht habe. Nach der neuen Friedhofssatzung sei der Klägerin eine vollständige Abdeckung der Grabstelle ihrer Eltern nicht gestattet. Eine vollständige Grababdeckung sei nur möglich, wenn sie die Urnen auf einen anderen Friedhof der Beklagten umbette. Hierfür liege auch die notwendige Genehmigung des Gesundheitsamtes vor, was das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt habe. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, hier fehle es an einem wichtigen Grund für die Umbettung, sei deshalb unerheblich. Aber auch nach der alten Friedhofsatzung hätte die Klägerin das Grab ihrer Eltern nicht vollständig abdecken dürfen. Das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend begründet, warum das Verbot in § 21 Abs. 4 Friedhofssatzung a.F. rechtswidrig gewesen sei. Es habe nur den Gestaltungswillen der Klägerin, nicht aber auch die Interessen der Beklagten berücksichtigt. Das in § 21 Abs. 4 Friedhofssatzung a.F. geregelte umfassende Verbot einer vollständigen Grababdeckung sei durch den Friedhofszweck der geordneten und würdigen Bestattung der Toten und die Gewährleistung einer ungehinderten Leichenverwesung innerhalb der Ruhezeit gerechtfertigt gewesen. Die durch das Verbot beabsichtigte möglichst einheitliche Grabgestaltung diene der würdigen Bestattung der Toten. Auch bei einer Feuerbestattung sei zu gewährleisten, dass die sterblichen Überreste samt der Urnenkapsel während der Ruhezeit vergehen könnten. Der Friedhofträger habe schließlich auch ein Interesse an der Aufrechterhaltung eines funktionierenden Ökosystems. Infolge der Versiegelung sei ein Pflanzenwachstum aber nur noch beschränkt möglich.

12

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 27. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

14

Sie hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für zutreffend, bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzt dies wie folgt: Bei der Bestimmung des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkts sei auch das für die Wirksamkeit besonderer Gestaltungsvorschriften notwendige Wahlrecht zwischen Grabstätten mit und ohne besondere Gestaltungsvorschriften von Bedeutung. Dieses Wahlrecht müsse von den Grabnutzungsberechtigten auch tatsächlich ausgeübt werden können. Nach der neuen Satzung habe die Klägerin tatsächlich keine Wahlmöglichkeit. Die Nutzung einer jetzt gestaltungsfreien Grabstelle würde eine Umbettung erfordern, für die der nach dem Friedhofrecht notwendige wichtige Grund fehle. Eine Umbettung würde auch gegen den Willen der Verstorbenen verstoßen, die sich die jetzige Grabstelle zu Lebzeiten selbst ausgewählt hätten. Bei der Grabauswahl hätten die Verstorbenen kein Wahlrecht zwischen Grabstellen mit und ohne besondere Gestaltungsvorschriften gehabt, denn gestaltungsfreie Grabstellen habe es damals nicht gegeben. Unabhängig davon sei das nach der neuen Satzung für das Grab ihrer Eltern fortbestehende Verbot der Ganzabdeckung nicht haltbar, denn hierfür gebe es keine triftigen Gründe. Die Beklagte widerspreche sich selbst, wenn sie auf der einen Seite vortrage, die notwendige Zersetzung der Urnenkapseln und der Asche würden durch eine Ganzabdeckung verhindert, während sie auf der anderen Seite erkläre, eine Umbettung sei bei Urnenresten aufgrund des fehlenden (Leichen-) Verwesungsprozesses ohnehin weitgehend unproblematisch. Es sei auch nicht ersichtlich, dass durch eine Versiegelung der streitbefangenen Grabstätte das Ökosystem auf dem Friedhof nachhaltig gestört werde. Im Übrigen habe die Beklagte offensichtlich übersehen, dass sie nach § 33 Friedhofssatzung n.F. im Ermessenswege eine vollständige Grababdeckung hätte zulassen können. Sie müsste bei ihrer Ermessensausübung nämlich zu Gunsten der Klägerin berücksichtigen, dass dieser nach der alten Friedhofssatzung das Recht zugestanden habe, das Grab ihrer Eltern vollständig mit einer Grabplatte abzudecken.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A und B) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassene und fristgerecht begründete Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2008 zu Unrecht aufgehoben und zu Unrecht festgestellt, dass die Klägerin berechtigt sei, das Urnenwahlgrab ihrer Eltern vollständig mit einer Grabplatte abzudecken.

17

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

18

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klage trotz des Subsidiaritätsgrundsatzes des § 43 Abs. 2 VwGO mit dem als Hauptantrag verfolgten Feststellungsbegehren oder mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag zulässig ist. Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Genehmigung der vollständigen Grababdeckung durch Erlass eines Verwaltungsaktes abgelehnt, was für den Vorrang der Verpflichtungsklage spricht. Geht es der Klägerin allerdings um die Feststellung, dass ihr das geltend gemachte Recht auch ohne Genehmigung zusteht, wäre die Feststellungsklage die richtige Klageart (Kopp, VwGO, Komm.,16. Auflage 2009, § 43 Rn. 11, 29). Die Feststellungsklage wäre auch dann zulässig, wenn man der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt, eine Feststellungsklage gegenüber öffentlich-rechtlichen Körperschaften sei ohnehin stets zulässig, weil diese auch eine bloße gerichtliche Feststellung beachten und die gebotenen Konsequenzen ziehen würden (Eyermann/Schmidt, VwGO, Komm, 12. Auflage 2006, BVerwG, Urteil v. 27. Oktober 1970 - VI C 8.69 -, [...]). Auf diese Fragen kommt es jedoch nicht an, denn die Klage ist - ob als Verpflichtungs- oder Feststellungsklage - ohnehin unbegründet.

19

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, das Grab ihrer Eltern vollständig mit einer Grabplatte abzudecken.

20

Maßgebliche Rechtsgrundlage ist die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende, am 1. Mai 2008 in Kraft getretene Satzung über die Benutzung der Friedhöfe der Beklagten - Friedhofssatzung - vom 1. April 2008 (Amtsbl. 2008, S. 23) - FS n.F. - und nicht, wie das Verwaltungsgericht meint, die bis zum 30. April 2008 geltende Friedhofssatzung vom 28. März 2006 (Amtsbl. 2006, S. 15 ff.), geändert durch Satzung vom 20. März 2007 (Amtsbl. 2007, S. 30) - FS a.F..

21

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Frage nach dem maßgebenden Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage das materielle Recht ausschlaggebend. Aus dem Prozessrecht ergibt sich lediglich, dass ein Kläger im verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit mit einem Aufhebungsbegehren ebenso wie mit einem Verpflichtungsbegehren nur dann durchdringen kann, wenn er im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die erstrebte Aufhebung des Verwaltungsaktes (§ 113 Abs. 1 VwGO) bzw. auf die erstrebte Leistung (§ 113 Abs. 4 VwGO) hat. Dem materiellen Recht sind nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen des Anspruchs selbst, sondern auch die Antwort auf die Frage zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Dabei ist es in der Regel so, dass bei Anfechtungsklagen auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung und bei Verpflichtungsklagen - wie auch bei Feststellungsklagen - auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist. Dies folgt daraus, dass Gegenstand des Anfechtungsrechtsstreits regelmäßig die Rechtmäßigkeit des Behördenhandelns ist, während es bei Verpflichtungs- und Feststellungsklagen darum geht, ob ein Anspruch bei Abschluss des gerichtlichen Verfahrens besteht (BVerwG, Urteile v. 13. Dezember 2007 - 4 C 9/07 -; v. 31. März 2004 - 8 C 5/03; v. 20. März 1996 - 6 C 4/95 -; v. 1. Dezember 1989 - 8 C 17/87 - ; v. 3. November 1987 - 9 C 254/86 -; v. 12. September 1980 - IV C 74.77 -; v. 21. März 1976 - IV C 80.74 - und Beschluss v. 21. Dezember 1989 - 7 B 21/89 -; alle Entscheidungen veröffentlicht in [...]; Eyermann/Schmidt, VwGO, Komm, 12. Auflage 2006, § 113, Rn. 45 ff., Kopp, a.a.O., § 113 Rn., 217 ff., Redeker/von Oertzen, VwGO, Komm., 15. Auflage 2010, § 108, Rn. 16 ff., Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Komm., 2. Auflage 2006, § 113, Rn. 90 ff.). Danach kommt es nicht darauf an, ob die Verpflichtungs- oder die Feststellungsklage die richtige Klageart ist, denn der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für die Sach- und Rechtslage ist bei beiden derselbe.

22

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist auch nicht ausnahmsweise auf die frühere Rechtslage abzustellen. Hier ist keine der Fallgruppen betroffen, bei denen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von dem o. g. Grundsatz abzuweichen ist (s. hierzu Überblick bei: Kopp, a.a.O., § 113, Rn. 220 ff. und Wolff, in: Sodan/Ziekow, a.a.O. § 113, Rn. 128 ff.). Die vom Verwaltungsgericht als maßgeblich angesehene persönliche Situation der Klägerin stellt keinen Ausnahmefall dar.

23

Ein solcher liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vor, wenn sich aus der Regelung selbst - nach ihrem Wortlaut, im Wege der Auslegung nach Sinn und Zweck oder im Hinblick auf ihre Entstehungsgeschichte - bzw. aus der Natur der Sache ergibt, dass ausnahmsweise ohne ausdrückliche Übergangsregelung auf einen anderen Zeitpunkt abzustellen ist (Redeker/von Oertzen, a.a.O. § 108 Rn. 23; Kopp, a.a.O. § 113 Rn. 220 ff. ; BVerwG, Urt. v. 20. März 1996, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es geht nicht um einen Anspruch oder ein Recht, dessen gesetzliche Tatbestandsvoraussetzungen (nur) zu einem bestimmten Zeitpunkt (der Antragstellung oder der Entscheidung der Verwaltung) vorliegen müssen, so dass deshalb - wie das Bundesverwaltungsgericht z.B. mit Blick aufArt. 12 GG bei Anträgen auf Berufszulassung angenommen hat (Kopp, a.a.O., § 113 Rn. 223, BVerwG; Urteil v. 14. März 1961 - I C 48.57 - , [...]) - auf die zu diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage abzustellen wäre. Im Gegenteil möchte die Klägerin dauerhaft und auch in Zukunft das Grab ihrer Eltern vollständig mit einer Grabplatte abdecken, so dass es auf die aktuelle Rechtslage ankommt.

24

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch nicht mit Blick auf § 20 Abs. 1 FS n.F. auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen. Nach dieser Vorschrift besteht die Möglichkeit, zwischen Grabstätten, für die die allgemeinen Gestaltungsvorschriften und Grabstätten, für die zusätzlich die besonderen Gestaltungsvorschriften gelten, zu wählen. Die Klägerin irrt, wenn sie meint, dieses Wahlrecht habe für das Grab ihrer Eltern tatsächlich nicht bestanden, weshalb die besondere Gestaltungsvorschrift des § 22 Abs. 8 Satz 1 n.F. keine Anwendung finden dürfe. Im Jahr 1973, als die Mutter der Klägerin das Grabnutzungsrecht an dem streitbefangenen Grab erwarb, galt die Friedhofssatzung vom 3. März 1970. Nach § 18 dieser Satzung konnte auch damals bereits zwischen Grabstätten mit besonderen und ohne besondere Gestaltungsvorschriften gewählt werden. Die Mutter der Klägerin hat damals offensichtlich eine Grabstätte mit besonderen Gestaltungsvorschriften gewählt, denn die streitbefangene Grabstätte ist nicht in § 20 Abs. 2 FS n.F. unter den Grabstätten aufgeführt, für die nur die allgemeinen Gestaltungsvorschriften gelten.

25

Nichts anderes ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des in § 22 Abs. 8 Satz 1 FS n.F. geregelten Verbots der vollständigen Grababdeckung bei Urnengräbern. Nach der Vorgängerregelung in § 21 Abs. 4 FS a.F. durften Abdeckungen durch Grabausstattungen wie u.a. Grabplatten bei Urnengräbern ebenfalls 50% der zu gestaltenden Grabfläche nicht überschreiten. Der Unterschied dieser beiden Vorschriften besteht darin, dass es sich bei § 22 Abs. 8 Satz 1 FS n.F. um eine besondere Gestaltungsvorschrift handelt, die nicht für alle Gräber auf den Friedhöfen der Beklagten gilt (§ 20 Abs. 2 Satz 1 FS n.F.), während § 21 Abs. 4 Satz 1 FS a.F. als allgemeine Gestaltungsvorschrift uneingeschränkt für alle Gräber galt (§ 20 Abs. 2 Satz 2 FS a.F.). Mit der Umwandlung des Verbots von einer allgemeinen in eine besondere Gestaltungsvorschrift wollte die Beklagte das nach der alten Satzung möglicherweise rechtswidrige, weil uneingeschränkt geltende Verbot im rechtlich zulässigen Rahmen aufrecht erhalten. Die neue Regelung gibt deshalb keinen Anlass zu der Annahme, dass nach der Friedhofssatzung a.F. eventuell - unbeabsichtigt - entstandene Ansprüche weiterbestehen sollen.

26

Der weitere vom Bundesverwaltungsgericht angenommene Ausnahmefall liegt ebenfalls nicht vor. Danach ist, um geschützten Besitzstand zu wahren, nach allgemeinen Grundsätzen des intertemporären Rechts altes Recht anzuwenden, (Kopp, a.a.O., § 113, Rn. 226; BVerfG, Entscheidung v. 15. Februar 1967 - 1 BvR 569/62 -, [...]; BVerwG, Urteil v. 12. September, a.a.O.). Die Klägerin kann sich nicht erfolgreich auf den Schutz eines Besitzstandes berufen. Selbst wenn ihr nach der alten Friedhofssatzung das Recht auf vollständige Grababdeckung zugestanden haben sollte, so hat sie hiervon keinen Gebrauch gemacht. Nichts anderes folgt daraus, dass sie ihren Genehmigungsantrag noch unter Geltung der alten Friedhofssatzung gestellt hat. In den Fällen, in denen noch kein begünstigender Verwaltungsakt ergangen ist, sondern ein solcher erst mit der Verpflichtungsklage erreicht werden soll, rechtfertigt die Tatsache allein, dass der Verwaltungsakt nach damaliger Rechtslage hätte erlassen werden müssen, wenn die Beklagte rechtmäßig gehandelt hätte, nicht, dass auch das Gericht auf die Verpflichtungsklage noch so entscheiden kann und muss (Kopp, a.a.O., § 113 Rn. 227, BVerwG, Urteil v. 13. Dezember 2007 - 4 C 9/07 -, 3. November 1994, a.a.O.).

27

Der Klägerin kommt auch nach den Grundsätzen über die echte oder unechte Rückwirkung von Gesetzen kein Vertrauensschutz in die alte Rechtslage zu (Kopp, a.a.O., § 113, Rn. 228, BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 -1 BvR 79/70, 1 BvR 278/70, 1 BvR 282/70 -, [...]). § 22 Abs. 8 Satz 1 FS n.F. bewirkt eine unechte Rückwirkung, da diese Vorschrift auch für die im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bereits bestehenden Grabnutzungsverhältnisse gilt und hierdurch die nach Art 2 Abs. 1 GG geschützte Handlungsfreiheit der Grabnutzungsberechtigten nachträglich einschränkt (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977, a.a.O.). Solche unechten, rückwirkenden Regelungen sind grundsätzlich zulässig. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kann zwar je nach Lage der Verhältnisse im einzelnen Fall der Regelungsbefugnis Schranken setzen (BVerfG, Urteil v. 8. Februar 1977, a.a.O.); bei der Klägerin konnte aber kein schutzwürdiges Vertrauen in die alte, ggfs. günstigere Rechtslage entstehen. Denn auch nach der bisherigen Regelung in § 21 Abs. 4 Satz 1 FS a.F. war bei Urnengräbern eine Grababdeckung von mehr als 50% verboten.

28

Der Klägerin kommt aber auch deshalb kein Vertrauensschutz zu, weil sie als Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter das Grabnutzungsrecht ohnehin nur auf Grundlage der jeweils gültigen Friedhofssatzung ausüben kann. Nach der von der Beklagten vorgelegten Urkundendurchschrift über den Erwerb des Grabnutzungsrechts an dem streitbefangenen Grab wurde der Mutter der Klägerin das Grabnutzungsrecht nach den Bestimmungen der jeweils gültigen Friedhofssatzung der Beklagten verliehen. Damit hatte diese sich auf die Möglichkeit künftiger Änderungen der Friedhofssatzung eingelassen, was sich die Klägerin als Rechtsnachfolgerin zurechnen lassen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 1990 - 7 B 140/90 -, [...]). Nur ausnahmsweise hat der Nutzungsberechtigte aus Gründen des Vertrauensschutzes einen Anspruch darauf, seine Gestaltungsvorstellungen im Widerspruch zu den bestehenden Vorschriften auf dem bisher genutzten Friedhof zu verwirklichen. Dies gilt dann, wenn bei einer vorherigen Belegung der Grabstätte die nunmehr zu beachtenden Bestimmungen noch nicht galten und von der früher bestehenden Gestaltungsfreiheit auch tatsächlich Gebrauch gemacht worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 8. April 2009 - 8 LA 6/09 -, nicht veröffentlicht). Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, weil die Grabstätte bisher nie vollständig mit einer Grabplatte abgedeckt war.

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Nach der aktuell geltenden Friedhofssatzung steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Dem steht die besondere Gestaltungsvorschrift des § 22 Abs. 8 Satz 1 FS n.F. entgegen. Danach dürfen Abdeckungen durch Grabausstattungen wie Grabplatten, Trittplatten, Kissensteine, Lampensockel, Einfassungen sowie Kies auf luftundurchlässigen Unterlagen bei Urnengräbern 50% der zu gestaltenden Grabfläche nicht überschreiten. Diese Vorschrift gilt auch für die Grabstätte der Eltern der Klägerin, denn diese zählt nach § 20 Abs. 2 Satz 1 FS n.F. nicht zu den Grabstätten, für die nur die allgemeinen Gestaltungsvorschriften gelten. § 20 Abs. 2 Satz 1 FS n.F. schließt für den E. Friedhof nur Wahlgrabstätten (§ 6 FS n.F. ) einzelner Abteilungen, nicht aber auch Urnenwahlgrabstätten (§ 9 FS n.F.) von der Anwendung der besonderen Gestaltungsvorschriften aus.

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§ 22 Abs. 8 Satz 1 FS n.F. beschränkt die Klägerin nicht in unverhältnismäßiger Weise in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG, die auch das Recht umfasst, über Bestattungsart, Gestaltung und Pflege der Grabstätten von Angehörigen grundsätzlich selbst zu entscheiden. Die Gestaltungsfreiheit der Friedhofsbenutzer findet ihre Grenze von vornherein in solchen Gestaltungsvorschriften, die dem allgemeinen Zweck des Friedhofs dienen, eine würdige, die Totenandacht nicht störende Grabgestaltung zu gewährleisten (BVerwG, Urteil v. 13. Mai 2004 - 3 C 46/03 - m. w. H., [...]; Senatsurteil v. 27. September 1995 - 8 C 1219/93 -, NVwZ 1996, S. 810 f. [OVG Niedersachsen 27.09.1995 - 8 L 1219/93]). Zur Verwirklichung dieses Zwecks ist das Verbot der vollständigen Grababdeckung bei Urnengräbern allerdings nicht erforderlich; durch eine vollständige Grababdeckung wird die Totenandacht nicht gestört. Dem Friedhofsträger ist es freilich nicht verboten, weitergehende Vorschriften über die Grabgestaltung zu erlassen, die zwar durch die allgemeinen Friedhofszwecke nicht gefordert, aber mit ihnen vereinbar sind, sofern diese besonderen Gestaltungsvorschriften durch einen legitimen Zweck gedeckt und nicht unverhältnismäßig sind (BVerwG, Urteil v. 13. Mai 2004, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 26. April 2005 - 8 LA 296/04 -, [...]; Senatsbeschlüsse v. 8. April 2009 - 8 LA 6/09 - und v. 11. Mai 2007 - 8 ME 30/07 -, nicht veröffentlicht).

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Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte möchte mit dem in § 22 Abs. 8 Satz 1 FS n.F. geregelten Verbot, die Grabfläche von Urnengräbern zu mehr als 50% mit einer Grababdeckung auszustatten, das Andenken an die Toten durch eine einheitliche Grabgestaltung in besonderer Weise würdigen. Nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung sind die Bodenverhältnisse in dem Bereich des E. Friedhofs, in dem die Grabstätte der Eltern der Klägerin gelegen ist, für eine vollständige Grababdeckung ungeeignet. Bei einer höheren Bodenversiegelung finde kein ausreichender Luft- und Wasseraustausch im Boden statt, um bei Erdbestattungen die Leichenverwesung und Verrottung des Sarges und bei Feuerbestattungen das Vergehen von Asche und Urne innerhalb der Mindestruhezeiten zu gewährleisten (vgl. hierzu Horn, Niedersächsisches Bestattungsgesetz, 2. Auflage 2009, S. 157). Zwar hat die Beklagte dies nicht belegt; ein Gutachten ist aus Kostengründen nicht eingeholt worden. Der Senat hat jedoch keine Veranlassung, diese von der Friedhofsverwaltung der Beklagten gewonnene Einschätzung in Frage zu stellen. Auch die Klägerin hat die Richtigkeit nicht angezweifelt. Demnach verfolgt die Beklagte mit dem Verbot in § 22 Abs. 8 Satz 1 FS n.F. legitime Zwecke im Sinne der zitierten Rechtsprechung.

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Das zur Verwirklichung dieser Zwecke erlassene Verbot ist auch nicht unverhältnismäßig. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat aufgrund einer Güterabwägung zwischen der Handlungsfreiheit der Klägerin und dem Friedhofsgestaltungsrecht der Beklagten. Das von der Handlungsfreiheit umfasste Recht der Klägerin, das Grab ihrer Angehörigen entsprechend ihren Vorstellungen zu gestalten, wird durch das streitbefangene Verbot in einem so geringen Maße beeinträchtigt, dass es gegenüber dem Gestaltungsrecht des Friedhofträgers zurückzutreten hat. Die mit einer vollständigen Grababdeckung in der Regel beabsichtigte Erleichterung der Grabpflege kann nach der neuen Friedhofssatzung auch ohne eine solche Abdeckung erreicht werden. Die Klägerin kann nach § 22 Abs. 8 Satz 1 FS n.F. jedenfalls 50% der Grabfläche mit einer Grabplatte abdecken und die verbleibenden 50% - wie von der Beklagten vorgeschlagen - mit luftdurchlässigem Kies abdecken oder mit Bodendeckern bepflanzen. Bei dieser Grabgestaltung wäre eine Grabpflege nur noch in geringem Umfang notwendig. Dies gilt insbesondere bei einer Bepflanzung mit Bodendeckern, die ab einer bestimmten Größe den Unkrautwuchs fast vollständig verhindern.

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Der Senat teilt auch nicht die Einschätzung der Klägerin, im Gegensatz zu dieser Grabgestaltung würden bei einer vollständigen Grababdeckung praktisch keine Laubarbeiten mehr anfallen. Nach den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos ist das streitbefangene Grab von vielen Laubbäumen umstanden. Soweit die Klägerin meint, sie könne durch eine in Schräglage aufgebrachte Grabplatte den Laubbefall der Grabstätte ihrer Eltern vollständig verhindern, weil das Laub von der Grabplatte auf die Friedhofswege hinunterrutschen würde, überzeugt dies den Senat nicht. Bei den in Niedersachsen eher feuchten Witterungsverhältnissen wird herab fallendes Laub auch auf einer schräg aufgebrachten Grabplatte liegenbleiben.

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Die bei einer 50%igen Grababdeckung und einer Bepflanzung der weiteren 50% der Grabfläche mit Bodendeckern oder der Abdeckung mit Kies noch verbleibende Grabpflege kann die Klägerin - wie auch jetzt bereits - ohne Weiteres einer Gärtnerei übertragen. Mehr als eine Grundpflege wäre dabei nicht notwendig. Die dabei entstehenden, eher geringen Kosten können nicht als unverhältnismäßige Belastung angesehen werden.

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Demnach kommt es nicht mehr darauf an, ob das Verbot der vollständigen Grababdeckung bei Urnengräbern auch deshalb rechtmäßig ist, weil die Klägerin zur Verwirklichung ihres Gestaltungswunsches auf den G. Friedhof ausweichen könnte, wo gem. § 20 Abs. 2 Satz 1, letzter Spiegelstrich FS n.F. in der Abteilung I P für Urnenwahlgrabstätten und Urnenreihengrabstellen nur die allgemeinen Gestaltungsvorschriften des § 21 FS n.F. gelten (vgl. Senatsbeschluss vom 26. April 2005, a.a.O.; Senatsbeschlüsse vom 8. April 2009 und 11. Mai 2007, jeweils a.a.O.). Deshalb kann hier auch offen bleiben, ob der Klägerin ein Ausweichen auf den G. Friedhof zumutbar ist, weil hierfür eine Umbettung der Urnen ihrer Eltern notwendig wäre.

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Der Klägerin steht auch nach § 33 FS n.F. kein Anspruch darauf zu, die Grabstätte ihrer Eltern vollständig abzudecken. Nach dieser Vorschrift kann die Beklagte Ausnahmen von den Regelungen der Satzung zulassen, wenn dies der Vermeidung einer unbilligen Härte dient oder im öffentlichen Interesse liegt und nicht dem Zweck der Satzung entgegensteht. Eine überprüfbare Ermessensentscheidung nach dieser Vorschrift hat die Beklagte nicht getroffen. Dies ist jedoch unschädlich, weil ein Ermessen nicht eröffnet ist. Denn es fehlt bereits an dem Tatbestandsmerkmal der hier allein in Betracht kommenden unbilligen Härte. Diese setzt voraus, dass es sich um einen Sachverhalt handelt, der sich im Verhältnis zu den vom Gesetz erfassten Regelfällen als Sonderfall darstellt (BVerwG, Urteil v. 22. Mai 1992 - 8 C 50/90 - m. w. H., [...]). Die Situation der Klägerin unterscheidet sich nicht von der Situation all derjenigen, im Zeitpunkt der Satzungsänderung an einer Urnenwahlgrabstätte oder Urnenreihengrabstelle Grabnutzungsberechtigten, für deren Grabstätten oder Grabstellen neben den allgemeinen Gestaltungsvorschriften nach § 21 FS n.F. zusätzlich die besonderen Gestaltungsvorschriften des § 22 FS n.F. gelten und deren Grabstätten oder Grabstellen nicht in der Abteilung I P des G. Friedhofs liegen. Auch diese können die Grabflächen ihrer Grabstätten oder Grabstellen nur vollständig abdecken, wenn sie die Urnen in die Abteilung I P des G. Friedhofs umbetten. Dies dürfte die meisten dieser Grabnutzungsberechtigten betreffen, denn nach § 20 Abs. 2 FS n.F. gibt es nur einen - von insgesamt elf von der Beklagten betriebenen Friedhöfen - Friedhof, und dort auch nur eine Abteilung, in der für Urnenwahlgrabstätten und Urnenreihengrabstellen nur die allgemeinen Gestaltungsvorschriften nach § 21 FS n.F. gelten.