Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 28.04.2016, Az.: 2 A 89/14

Abschneidekriterium; Beurteilungsgebiet; Bioaerosol; Biotop; Brandschutzkonzept; EuGH; FFH-Gebiet; Geruchsstunde; Gesamtbelastung; GIRL; Hofgehölz; Keime; Klagebefugnis; Landschaftsbestandteil; Lärmimmissionen; N-Deposition; Plausibilitätsprüfung; Putenmaststall; Schutzkriterien; Schwerlastverkehr; Sonderbeurteilung; Stickstoff; Stickstoffdeposition; Umweltverträglichkeitsprüfung; standortbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung; UVP; Vorprüfung des Einzelfalles; Waldeigentümer; Waldgebiet; Waldtyp; Wallhecke

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
28.04.2016
Aktenzeichen
2 A 89/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43543
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Klagebefugnis folgt auch in Fällen, die in den Anwendungsbereich des UmwRG fallen, nicht schon aus § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG. Mit dem BVerwG geht die Kammer weiterhin davon aus, dass § 4 Abs. 3 UmwRG allein die Sachprüfung innerhalb eines (schon aus anderen Gründen) zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens betrifft (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30/10 - juris).
2. Die Kammer schließt aus der Entscheidung des BVerwG vom 22.10.2015 (7 C 15/13, juris), dass eine Genehmigungsentscheidung, die aufgrund einer fehlerhaften UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf Antrag eines Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2 allein wegen dieses Fehlers aufzuheben ist, ohne dass es darauf ankäme, ob die verletzte Vorschrift der Gewährung materieller subjektiver Rechte dient (vgl. ebenso VG Freiburg, Beschluss vom 05.02.2016 - 4 K 2679 - juris und VG Kassel, Beschluss vom 04.04.2016 - 1 L 2532/15.KS - juris).
3. Prüfungsmaßstab der standortbezogenen UVP-Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 2 UVPG sind allein die Schutzkriterien in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG. Dies gilt auch, wenn die Genehmigungsbehörde die Vorprüfung anhand der Kriterien der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls durchgeführt hat (wie VG Kassel, a.a.O.).
4. Immissionseinträge oberhalb der Schwellenwerte in kleinere Waldbereiche, die kein besonders empfindliches Gebiet i.S.d. Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG darstellen und weder nach landesrechtlichen noch europarechtlichen Vorgaben innerhalb der standortbezogenen UVP-Vorprüfung zu berücksichtigen sind, bleiben im Rahmen der gerichtlichen Plausibilitätsprüfung nach § 3a Satz 4 UVPG unberücksichtigt. Denn auf allgemeine Umweltbeeinträchtigungen kommt es bei der standortbezogenen UVP-Vorprüfung gerade nicht an (vgl. VG Freiburg und VG Kassel, a.a.O.).

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich mit ihrer Klage gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Putenmaststalls.

Die Kläger sind jeweils Eigentümer der im Außenbereich gelegenen Grundstücke unter der im Rubrum genannten Anschrift, die mit Wohnhäusern bebaut sind.

Östlich des Grundstücks der Klägerin zu 1), jenseits der J. Straße, die dort von Nord nach Süd verläuft, befindet sich die Hofstelle der Beigeladenen auf dem Flurstück 58 der Flur 9, Gemarkung K.. Das Grundstück steht im Eigentum des Gesellschafters der Beigeladenen, Herrn L. M.. Bislang betreibt die Beigeladene auf der Hofstelle eine Putenmastanlage bestehend aus einer Maschinenhalle und zwei Stallgebäuden mit einem genehmigten Bestand von insgesamt 14.990 Mastputen. Das Grundstück des Klägers zu 2) befindet sich nordöstlich der genannten Hofstelle in ca. 550 m Entfernung zu den bestehenden Stallgebäuden. Die Entfernung von den bestehenden Stallgebäuden zum Wohnhaus der Klägerin zu 1) beträgt ca. 150 m.

Die Hofstelle der Beigeladenen liegt rund 1,4 km westlich der Ortschaft A-Stadt, rund 1,8 km nördlich des Renslager Kanals und des Wehdermühlenbaches, die zu dem FFH-Gebietssystem „Artländer Bäche“ gehören sowie rund 2,6 km nordwestlich des Hahnenmoores, das ein Naturschutzgebiet und ein FFH-Gebiet darstellt. Im Umkreis von einem Kilometer um die Hofstelle befinden sich drei weitere Tierhaltungsanlagen, welche der Schweine- und Rinderhaltung dienen. In rund 650 - 700 m Entfernung nördlich der Hofstelle der Beigeladenen befindet sich die Hofstelle N. (Schweinehaltung und Ferkelproduktion). Rund 800 m südlich der Hofstelle des Beigeladenen liegt der Hof O. mit Mastbullenhaltung und Kälberaufzucht. In rund 700 m Entfernung in südöstlicher Richtung befindet sich die Hofstelle P., ebenfalls mit Rinderhaltung. Sämtliche anderen Hofstellen in dem Gebiet dienen nicht mehr der Tierhaltung, sondern allein dem Wohnen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Umgebung wird auf die Beschreibung des Beurteilungsgebietes im Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 21.05.2012 Bezug genommen.

Am 26.09.2012 beantragte die Beigeladene bei dem Beklagten die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Neubau eines weiteren (dritten) Putenmaststalls mit 7.495 Tierplätzen auf dem o.g. Grundstück, der Tierbestand soll damit auf 22.485 Mastputen erweitert werden. Die Puten sollen ab einem Alter von 6 Wochen eingestallt und bis zum Alter von 20 - 22 Wochen gemästet werden und erreichen ein Endgewicht von ca. 21 kg. Die Be- und Entlüftung des Stalles erfolgt durch eine Unterdrucklüftungsanlage in Form einer Zentralabsaugung.

Im Genehmigungsverfahren legte die Beigeladene zahlreiche Gutachten vor, u.a. zwei Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer vom 21.05.2012 und 01.06.2013, eine artenschutzrechtliche Potenzialabschätzung, einen landschaftspflegerischen Begleitplan und ein Brandschutzkonzept.

Mit Schreiben vom 08.10.2012 bat die Klägerin zu 1) darum, am Genehmigungsverfahren beteiligt zu werden. Am 15.11.2012 erhob die (heutige) Prozessbevollmächtigte der Kläger, die ebenfalls unter der Anschrift des Klägers zu 2) wohnt, als Vertreterin einer Interessengemeinschaft gegen das Vorhaben der Beigeladenen zahlreiche Einwendungen. Zusammenfassend führte sie aus:

Das Vorhaben stehe im Widerspruch zu dem Ortsbild der Umgebung, da das Gebiet vor allem von kleineren Hofstellen geprägt sei, auf welchen keine Massentierhaltung stattfände. Die Anwohner der Anlage seien bereits durch die Emissionen der bestehenden zwei Putenställe, die keine Filter hätten, durch im Einzelnen genannte Immissionen beeinträchtigt. Das Vorhaben gefährde auch den teils Jahrhunderte alten Waldbestand in der Region und auf den umliegenden Hofstellen. Zudem sei zu befürchten, dass der Kot der Tiere, wenn er als Dünger verwendet werde, das Grundwasser mit Antibiotika verunreinigen würde. Auch erhöhe sich mit dem Bau eines dritten Stalls der Verkehr zu der Hofstelle deutlich, da mehr Masttiere angeliefert und abgeholt und mehr Futter geliefert werden müsse, so dass mit einer erheblichen Erhöhung von Lärmemissionen und Luftverunreinigungen durch den entstehenden weiteren Schwerlastverkehr zu rechnen sei. Die J. Straße sei nur eine kleine Kreisstraße, die durch das erhöhte Verkehrsaufkommen verstärkt belastet werde, was zu teuren Reparaturarbeiten an der Straße führen könne, welche die Allgemeinheit und die Anwohner zu zahlen hätten. Ebenso sei zu befürchten, dass der Wert der Grundstücke der Anwohner abnehme, da die erweiterte Mastanlage das Wohnen in der Region weniger attraktiv mache. Dies schrecke auch mögliche Urlauber ab, so dass die Anwohner keine Nebeneinkünfte durch die Vermietung von Zimmern oder Ferienwohnungen mehr erzielen könnten.

Am 16.11.2012 erteilte die Gemeinde A-Stadt ihr Einvernehmen mit dem Hinweis, dass etwaige Emissionen der Anlage möglichst gering gehalten werden sollten, um die Wohnbevölkerung nicht unnötig zu belasten.

Im Genehmigungsverfahren führte der Beklagten eine standortbezogene UVP-Vorprüfung des Einzelfalles durch und bat das Staatliche Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim um Überprüfung des von der Beigeladenen eingereichten Immissionsschutzgutachtens. Die Plausibilitätsprüfung vom 04.04.2013 kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die berechneten Geruchimmissionen in weiten Teilen nachvollziehbar sind. Bei einer Kontrollberechnung mit einer Rauhigkeitslänge von 0,2 anstatt 0,05 ergebe sich eine maximale Geruchsstundenhäufigkeit an den berücksichtigten Immissionsorten von 14 % anstatt 12 %. Die im Gutachten dargestellten Angaben zur Einhaltung der anzuwendenden Immissionswerte für Geruch seien jedenfalls dann plausibel, wenn der Nachweis der Übertragbarkeit für die verwendeten meteorologischen Daten erbracht werden könne und es zutreffe, dass neben den im Gutachten berücksichtigten tierhaltenden Betrieben keine weiteren Betriebe relevant auf die hier berücksichtigten Immissionsorte einwirkten. Auch die Berechnungsergebnisse für die Ammoniakimmission seien für den Ist- und Planzustand plausibel. Die Darstellung der Berechnungsergebnisse für die zu betrachtenden Waldbereiche sei jedoch nicht plausibel, da hier nur auf den Depositionsbeitrag des beantragten Vorhabens und nicht auf den der Gesamtanlage abgestellt worden sei. Die im Gutachten dargestellte Minderung der Stickstoffimmissionen für die FFH-Gebiete werde maßgeblich durch den Ansatz der Abgasfahnenüberhöhung verursacht, welche nur im Planzustand und nicht im Istzustand zur Anwendung komme.

Mit Schreiben vom 05.06.2013 erklärte die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, dass gegen das Vorhaben aus landwirtschaftlicher und düngerrechtlicher Sicht keine Bedenken bestünden, sofern der Vertrag über die Abnahme des anfallenden Putenmistes durch die Q. R. GmbH & Co.KG eingehalten werde, welchen die Beigeladene und die Q. R. GmbH&Co.KG am 10.02.2013 abgeschlossen hatten.

Am 20.06.2013 teilte die Landwirtschaftskammer Niedersachsen dem Beklagten mit, dass das sog. Abschneidekriterium von 5 kg N je Hektar und Jahr in Bezug auf die nördlich des Anlagenstandortes befindliche Laubwaldfläche überschritten werde. Der maximale N-Eintrag betrage hier rund 9 kg N je Hektar und Jahr. Ein Vergleich des Ist- mit dem Planzustand zeige aber, dass sich der Stickstoffeintrag im Planzustand um rund 60 % verringern werde, da die N-Deposition vor dem geplanten Vorhaben höher liege, als nach dessen Fertigstellung.

Im Rahmen der standortbezogenen UVP-Vorprüfung kam der Beklagte im Genehmigungsverfahren zu dem Ergebnis, dass es durch das Bauvorhaben zwar Beeinträchtigungen geben werde. Diese würden aber durch die geplanten Gegenmaßnahmen auf einem niedrigen Niveau gehalten. Die naturschutzrechtlichen, wasserschutzrechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Vorschriften würden eingehalten, weshalb das Bauvorhaben zulässig sei.

Daraufhin erteilte der Beklagte der Beigeladenen am 21.08.2013 die beantrage immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Neubau eines Putenmaststalls mit 7.495 Stallplätzen. Die Genehmigung enthält zahlreiche Auflagen, darunter Vorgaben zur Art der Lüftungsanlagen, der Lage und Höhe der Abluftaustrittsöffnung und der Abluftaustrittsgeschwindigkeit (vgl. Nr. 5 bis 8 der immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen). Diese Auflagen betreffen auch die vorhandenen Ställe. Die Antragsunterlagen sowie die vorgelegten Gutachten werden zum Gegenstand der Genehmigung gemacht. Der Bescheid enthält in seiner Begründung eine ausführliche immissionsschutzrechtliche Bewertung, auf die Bezug genommen wird. In der darin enthaltenen zusammenfassenden Beurteilung des Vorhabens wird weiter ausgeführt, dass nach überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der maßgeblichen Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu erwarten seien und eine Umweltverträglichkeitsprüfung deshalb nicht notwendig gewesen sei.

Am 20.09.2013 legte die Prozessbevollmächtigte der Kläger u.a. im Namen der Kläger Widerspruch gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung ein. Zu dessen Begründung bezog sie sich auf ihre Stellungnahme vom 15.11.2012 und führte ergänzend aus:

Die Brandschutzauflage im Genehmigungsbescheid sei unzureichend, da die Tiere in dem vorgesehenen Zeitraum nicht gerettet werden könnten. Dies liege vor allem daran, dass keiner der Gesellschafter auf dem Gelände der Mastanlage wohne und kein Frühwarnsystem existiere, um im Falle eines Brandes zu gewährleisten, dass zeitnah mit der Rettung der Tiere begonnen werde. Auch sei die Straße, an der die Ställe lägen, nicht breit genug, um Löschfahrzeugen eine problemlose Zufahrt zu gewährleisten. Daher habe der Beklagte ein gutachterliches Brandschutzkonzept von der Beigelanden fordern müssen.

Auch sei zu befürchten, dass die Beigeladene entgegen der Auflage unter Punkt 11 auf der Hofstelle Mist lagern werde, weil dies bereits im Rahmen des Betriebes der zwei bestehenden Ställe vorgekommen sei. Eine entsprechende Kontrolle sei nicht sichergestellt. Dies gelte auch für den Schutz vor Keimen. Ferner sei das Vorhaben im Außenbereich nicht als landwirtschaftlicher Betrieb nach § 201 BauGB privilegiert, da der Tierbestand nicht aus eigener Produktion ernährt werden könnte. Es handele sich um eine gewerbliche Tierhaltung.

Die Vorbelastung insbesondere des Grundstücks des Klägers zu 2) (sog. Hof S.), auf dem sich drei Haushaltungen befänden, sei unzureichend berücksichtigt worden, obwohl er in Hauptwindrichtung des Vorhabens liege und darüber hinaus den Emissionen der Hofstelle T. (Rindermast) und der Hofstelle N. (Sauen- und Schweinezucht) ausgesetzt sei.

Im Gutachten der Landwirtschaftskammer zur Stickstoff- und Ammoniakbelastung sei nicht ausreichend dargelegt worden, von welchem Alter bzw. Gewicht der Tiere ausgegangen worden sei, was aber erheblich sei, da sich die Emissionen der Tiere abhängig vom Alter änderten.

Auch die Beurteilung der Schwebstaubimmissionen sei fehlerhaft, da Werte aus den Messjahren 2008 bis 2010 herangezogen und daraus ein Mittelwert der Vorbelastung gebildet worden sei, welcher nicht berücksichtige, dass die Werte generell anstiegen.

Das Gutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 01.06.2013 sei auch deshalb zu bemängeln, weil nur die Zusatzbelastung durch das streitgegenständliche Vorhaben bewertet werde und nicht die Gesamtbelastung, die von allen drei Ställen ausgehe.

Zusätzlich habe im Rahmen der Schwebstaubbegutachtung auch geklärt werden müssen, inwiefern der Staub durch mögliche Keime der Anlage belastet sei. Derartige Keime könnten zu erheblichen Gesundheitsschädigungen der Anwohner führen. Dies wird weiter ausgeführt. Die Kläger legten zudem eine Analyse der Ärzte Dr.med. Fein und Kollegen aus Januar 2011 mit dem Titel „Gesundheitsgefährdungen durch Hähnchenmastanlagen“ vor und eine „Stellungnahme zum Erweiterungsbau einer Geflügelmastanlage“ vom 01.11.2013 der Klägerin zu 1), die sich mit der zunehmenden Zahl an MRSA-Erkrankungen befasst und auf die jeweils Bezug genommen wird. Im Genehmigungsverfahren sei zu Unrecht kein weiteres Feinstaubgutachten eingeholt worden. Es bleibe ungeklärt, inwieweit das Vorhaben mit Keimen belasteten Feinstaub emittiere.

Auch der Baumbestand auf den umliegenden Hofstellen, insbesondere der Hofstelle S. des Klägers zu 2), sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Immissionen - vor allem Stickstoff und Ammoniak - führten zu einer Gefährdung der Jahrhunderte alten Bäume, die bereits kleine Wälder darstellten.

Mit Bescheid vom 08.01.2014, der Prozessbevollmächtigten der Kläger am 10.01.2014 zugegangen, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:

Das Vorhaben verletze keine drittschützenden Rechte der Kläger. Insbesondere die im Bescheid enthaltenen Auflagen nach § 12 BImSchG stellten den Schutz der Anwohner vor Immissionen ausreichend sicher.

Sofern brand- und naturschutzrechtliche Aspekte gerügt würden, könnten sich die Kläger mangels drittschützender Wirkung nicht darauf berufen. Dies gelte vor allem für den Einwand, die rechtzeitige Rettung der Tiere sei nicht gewährleistet.

Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genehmigt. Es komme somit weder auf die Voraussetzungen des § 201 BauGB noch darauf an, ob der Betreiber auf der Hofstelle wohne. Die Beigeladene habe durch die sukzessive Antragsstellung auch ihre rechtliche Position nicht verbessern können, da gutachterlich jeweils die Vor- und Zusatzbelastung Berücksichtigung gefunden habe.

Eine signifikante Erhöhung des Verkehrs sei nicht zu erwarten. Die ausreichende Erschließung des Vorhabens sei gesichert. Auch dieser Aspekt sei im Übrigen nicht drittschützend.

Soweit die Kläger eine nicht der Genehmigung entsprechende Mistlagerung befürchteten, lägen derzeit keine dahingehenden Anhaltspunkte vor. Werde ein Verstoß festgestellt, könne im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Vorgaben dagegen vorgegangen werden.

Die Vorbelastung durch Immissionen sei im Einwirkbereich des Vorhabens zutreffend ermittelt worden. Die Hofstelle T. liege außerhalb dieses Einwirkungsbereiches und habe daher nicht einbezogen werden müssen. Die gutachterlich angesetzten Emissionsfaktoren seien nicht zu beanstanden. So sehe die VDI-Richtlinie 3894 nicht vor, die Entwicklungsstadien der Tiere zu berücksichtigen.

Der im Außenbereich geltende Grenzwert von 20 % der Jahresgeruchsstunden werde an jedem Wohnhaus eingehalten. Auch die Grenzwerte für Stickstoff und Ammoniak würden eingehalten. Insgesamt verringerten sich die Immissionen im Planzustand, da die Abluftkamine im Vergleich zum Ist-Zustand erhöht würden. Dies gelte auch für den Stickstoffeintrag in den Wald, der deutlich abnehme. Die entsprechenden Festlegungen für die Abluftführung seien als Auflage Bestandteil der Genehmigung.

Die Einzelgehölze auf den Hofstellen seien nicht wie Waldflächen als stickstoffempfindliches Ökosystem zu berücksichtigen, sondern deren Schutz sei durch die Grenzwerte zum Schutz der Anwohner ausreichend gewährleistet. Eine gesonderte Betrachtung dieser Bäume sei gesetzlich nicht geboten.

Soweit die Kläger einen Wertverlust ihrer Grundstücke befürchteten, sei dieser nicht vom Schutz des Eigentums nach Art. 14 GG umfasst. Entsprechend sei dieser Umstand im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zutreffend nicht zu berücksichtigen gewesen.

Entgegen der Annahme der Kläger sei bei der Berechnung der Tierzahl von der Gesamtzahl der Puten der drei Ställe ausgegangen worden. Lediglich die Tabelle auf S. 8 des Immissionsschutzgutachtens vom 01.06.2013 enthalte unzutreffend die Tierzahl nur eines Stalles. Tatsächlich sei aber die Belastung jedoch für alle Anlagen berechnet worden. Dabei seien auch die zusätzlichen Belastungen durch andere Hofstellen berücksichtigt worden.

Die getroffenen Hygienemaßnahmen seien auch ausreichend, um sicherzustellen, dass keine Keime durch das in der Anlage arbeitende Personal nach außen getragen würden. Dies sei die Hauptquelle für die Entstehung einer Gefahr durch Keime. Soweit die Widerspruchsführer in diesem Zusammenhang bemängelten, dass der Einwand des Gesundheitsdienstes Osnabrück hinsichtlich der Veränderbarkeit der Einrichtungen entsprechend der technischen Entwicklung nicht berücksichtigt worden sei, sei dies unerheblich, da die Auflagen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ohnehin erweitert bzw. nachträglich angeordnet werden könnten, so dass durch die fehlende Auflage lediglich ein Kostenrisiko für die Beigeladene entstehen könnte, sollten technische Erweiterungen nötig sein. Sofern eine Gefahr der Verbreitung von Keimen durch Feinstaub überhaupt bestehe, was zum jetzigen Zeitpunkt wissenschaftlich nicht erwiesen sei, werde ein ausreichender Schutz durch die Einhaltung der Grenzwerte der Staubbelastung der Luft (PM-10 und PM-2,5) erreicht. Denn Keime lagerten sich an Staubpartikel an, so dass Feinstaubberechnungen geeignet seien, auch die Bioaerosolbelastung darzustellen. Es sei davon auszugehen, dass keine umwelthygienisch inakzeptablen Belastungen zu erwarten seien, wenn die Summe der von der neuen Anlage und den vorhandenen Emittenten im Umkreis von 1 km ausgehenden Immissionen an den relevanten Aufpunkten die Irrelevanzwerte von 1,2 µg/m³ bzw. 0,75 µm³ unterschreite. Diese Unterschreitung ergebe sich nach dem Immissionsschutzgutachten auch für die Hofstelle S. des Klägers zu 2). Es sei auch sachgerecht, Mittelwerte in Bezug auf die PM-10-Emissionen aus den Jahren 2008-2010 zu bilden, da die Werte grundsätzlichen Schwankungen ausgesetzt seien und ein Anstieg über drei Jahre keine Aussagekraft habe, die einer Mittelung der Werte entgegen stünde. Im Jahr 2012 seien die Werte sogar gesunken.

Auch hätten im Einzelnen näher benannte Studien keine Hinweise auf eine erhöhte Zahl von Atemwegserkrankungen in der Nähe von Tiermastanlagen gezeigt. Eine gesetzliche Ermächtigung, den Einbau von Filteranlagen für Mastgeflügel zu fordern, gebe es derzeit nicht. Beim ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage seien daher keine gesundheitlichen Gefahren für die Anwohner zu erwarten.

Die Vorschriften zu naturschutzrechtlichen Ausgleichs-und Kompensationsmaßnahmen hätten keinen drittschützenden Charakter.

Dagegen haben die Kläger am 10.02.2014 Klage erhoben.

Zu deren Begründung führen sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages ergänzend aus:

Das Vorhaben sei nach Anlage 1 des UVPG vorprüfungspflichtig. Die vom Beklagten durchgeführte UVP-Vorprüfung habe aber zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei. Denn entgegen der Annahme des Beklagten werde sich die zu erwartende Ammoniakkonzentration und der Stickstoffeintrag in der Umgebung des Vorhabens ihrer Auffassung nach um ein Drittel erhöhen und nicht um 60 % verringern. Die in den Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer angesetzten Ausgangswerte seien fiktiv und stimmten nicht mit der tatsächlichen Belastung durch das bereits realisierte Vorhaben überein. Die von den bereits zuvor genehmigten Ställen ausgehende Belastung sei nämlich deutlich höher, als die fiktiven Zahlen dies darstellten. Dies liege daran, dass die Beigeladene noch in der Bauphase der zwei Putenmastställe eine geänderte Lüftungsanlage genehmigt bekommen und auch eingebaut habe. Das Immissionsschutzgutachten, das im Jahr 2011 in Bezug auf die ersten beiden Ställe vorgelegt worden sei, gehe jedoch noch von einer anderen Lüftungsanlage aus. Insofern werde hier nicht der Ist-Zustand mit dem Soll-Zustand verglichen, sondern man gehe bereits von einem fiktiven Zustand aus und vergleiche diesen mit dem Soll-Zustand. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ein dritter Stall mit der gleichen Lüftungsanlage wie in den beiden anderen Ställen die Emissionen verringern könne. Es könne jedenfalls nicht an der vom Beklagten erläuterten Erhöhung der Abluftkamine liegen, da diese bereits im Ist-Zustand vorhanden sei und sich die Situation insofern nicht verbessere.

Die neuere Stellungnahme der Landwirtschaftskammer über die N-Deposition im Bereich des nordöstlich gelegenen Waldes sei ebenso wenig nachvollziehbar, da der Gutachter seinen Rechenweg nicht dargelegt habe. In jedem Fall liege der Stickstoffeintrag auf der besagten Waldfläche über dem Grenzwert von 5 kg N pro Hektar und Jahr, was bereits die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich mache.

Nach den Vorgaben der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) habe auch die Hofstelle T. außerhalb des 1000 m-Radius um das Vorhaben berücksichtigt werden müssen, da sich die hiervon ausgehenden Immissionen jedenfalls auf die Hofstelle S. des Klägers zu 2) auswirkten. Auch das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt habe in seiner Stellungnahme vom 04.04.2013 ausgeführt, die Vorgehensweise zur Festlegung des Untersuchungsgebietes sei aus fachlicher Sicht nicht plausibel.

Der zu erwartende Schwerlastverkehr sei entgegen der Ansicht des Beklagten auch unter drittschützenden Gesichtspunkten zu beachten, da dieser der Anlage unmittelbar zuzurechnen sei. Entsprechend müssten die Lärmimmissionen und die möglichen Luftverunreinigungen durch den Verkehr berücksichtigt werden.

Schließlich habe es der Beklagte versäumt, den Kritikpunkten aus der Stellungnahme des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim vom 04.04.2013 nachzugehen.

Die Kläger beantragen,

die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 21.08.2013 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 08.01.2014 aufzuheben

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrages führt er ergänzend aus:

Die UVP-Vorprüfung habe zutreffend ergeben, dass keine UVP durchzuführen sei. Die von den Klägern aufgestellte Behauptung, die Immissionen würden um ein Drittel ansteigen, sei unsubstantiiert und entbehre jeder Grundlage. Es dürfe hier nicht verkannt werden, dass es sich um ein Vorhaben im Außenbereich handele; dieser diene dazu, privilegierte Vorhaben unterzubringen. Die im Außenbereich vorhandene Wohnnutzung sei deutlich weniger schutzwürdig und schutzbedürftig.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, drittschützende Rechte der Kläger würden nicht verletzt. Präkludierte Einwendungen müsse das Gericht nicht prüfen.

Entgegen der Ansicht der Kläger bestehe hier keine Pflicht zur Durchführung einer UVP seitens des Beklagten. Allein die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles, die durchgeführt und deren Ergebnis auch öffentlich bekannt gemacht worden sei, sei erforderlich. Die UVP-Vorprüfung sei durch das Gericht gemäß § 3a Satz 4 UVPG auch nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich auf ihre Nachvollziehbarkeit hin. Ferner habe das Gericht zu prüfen, ob die Vorgaben des § 3c UVPG eingehalten worden seien. Die hier durchgeführte Vorprüfung halte der gerichtlichen Kontrolle stand. So habe sich der Beklagte zahlreiche Gutachten vorlegen lassen und könne sich auch auf die eigene Sachkunde stützen. Zudem komme dem Beklagten hinsichtlich der Frage, welche Unterlagen er zur Prüfung benötige, ein Einschätzungsspielraum zu.

Selbst wenn zu Unrecht eine UVP unterblieben wäre, stelle dies lediglich einen Verfahrensfehler dar, der keinen Aufhebungsanspruch der Kläger zu begründen vermöge. Denn die Kläger hätten nicht geltend gemacht, dass und wie sich die Nichtdurchführung einer UVP auf ihre eigene materielle Rechtsposition auswirke.

Die Einwendungen der Kläger gegen die Immissionsschutzgutachten erfüllten darüber hinaus schon nicht die inhaltlichen Anforderungen, um ein Sachverständigengutachten zu erschüttern. Wenn Gutachten, wie hier, umfassend und widerspruchsfrei seien, genüge es nicht, einzelne Punkte unsubstantiiert zu bestreiten. Zudem legten die Kläger nicht dar, zu welchen anderen konkreten Ergebnissen ihre vermeintlich richtige Auffassung führte.

Die Gutachter seien auch zutreffend vom genehmigten Bestand ausgegangen. Sollte die tatsächliche Situation hiervon abweichen, sei dies unerheblich, da nur der genehmigte Bestand maßgeblich sei.

Der Einwand, die Kläger seien unzumutbar durch Ammoniak- und Stickstoffimmissionen belastet, sei weder substantiiert noch zutreffend. Auch die Nichteinbeziehung des Hofes T. sei unerheblich, da dieser außerhalb des Einwirkungsbereiches des geplanten Vorhabens liege.

Die fehlende Berücksichtigung von Waldstücken sei auch unerheblich, da die Kläger nicht geltend gemacht hätten, Waldeigentümer zu sein und sich auf naturschutzrechtliche Vorgaben mangels drittschützender Wirkung nicht berufen könnten.

Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger unzumutbar durch zusätzliche An- und Abfahrten zum Vorhaben beeinträchtigt würden, lägen nicht vor. Eine etwa fehlende Erschließung sei im Übrigen nicht drittschützend.

Auf Nachfrage des Gerichts hat der Gutachter Wehage der Landwirtschaftskammer seine Stellungnahme von 20.06.2013 weiter erläutert: Die Ausführungen zu den N-Depositionen beruhten nicht auf neuen Ausbreitungsberechnungen, sondern auf den bereits vorliegenden Berechnungen, die schon Gegenstand des im Genehmigungsverfahren erstellten Immissionsschutzgutachtens gewesen seien. Die N-Deposition in den Wald sei aus der bereits ermittelten Ammoniakdeposition, die bei der vorausgegangenen Ausbreitungsberechnung ermittelt worden sei, durch Umrechnung abgeleitet worden. Diese Vorgehensweise ergebe sich auch aus einem Erlass des MU vom 17.06.2013 und einer wissenschaftlichen Abhandlung der Autoren Straub/Hebbinghaus/Sowa und Wurzler aus dem Jahr 2013.

Mit Schriftsatz vom 18.04.2016 hat der Beklagte weitere Unterlagen zur standortbezogenen Vorprüfung der Umweltverträglichkeit vorgelegt, die auch eine Zusammenfassung des Ergebnisses der UVP-Vorprüfung beinhalten. Darin wird (erstmals) eine südlich des Vorhabens befindliche Wallhecke, die aus Weiden und Erlen besteht, genannt. Eine weitere Ergänzung der standortbezogenen UVP legte der Beklagte am Tag vor der mündlichen Verhandlung vor. Darin wurde die Dokumentation der UVP um den Betrieb T. erweitert. Auf Bitten des Gerichts hatte der Beklagte die Gesamtbelastung an der Hofstelle des Klägers zu 2) (Hof S.) unter Berücksichtigung der Rinderhaltung auf dem Hof T. berechnen lassen. Danach erreicht die Geruchsbelastung am Wohnhaus des Klägers zu 2) 8 % der Jahresstunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die ergänzenden Unterlagen Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig.

Die Kläger sind insbesondere klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO. Sie können geltend machen, in eigenen drittschützenden Rechten verletzt zu sein. Legt, wie hier, ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen eine einen anderen begünstigende behördliche Entscheidung ein, muss der Dritte geltend machen, in drittschützenden Rechten verletzt zu sein. § 42 Abs. 2 VwGO verlangt nicht das Vorliegen der geltend gemachten Rechtsverletzung, sie muss nur möglich erscheinen. Nur wenn offensichtlich und eindeutig subjektive Rechte nicht verletzt sein können, wird die Klagebefugnis verneint (vgl. in st. Rspr, statt vieler BVerwG, Urteil vom 30.03.1995 - 3 C 8/94 - juris, m.w.N.).

Die Kläger machen hier in erster Linie die Verletzung des (drittschützenden) § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG geltend. Danach sind genehmigungsbedürftige Anlagen u.a. so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Schädliche Umwelteinwirkungen sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Beeinträchtigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG).

Die Kläger befürchten aufgrund der oben dargestellten räumlichen Nähe zum streitigen Vorhaben insbesondere eine unzumutbare Beeinträchtigung durch Geruch, Ammoniak/Stickstoff, Feinstaub und Keime. Im Hinblick auf diese Immissionen ist eine erhebliche Beeinträchtigung jedenfalls nicht von vornherein und offensichtlich zu verneinen, weshalb die Klagebefugnis zu bejahen ist.

Die Kammer folgt hingegen nicht der (neueren) Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen, wonach die Klagebefugnis in Fällen, die in den Anwendungsbereich des UmwRG fallen, bereits aus § 4 Abs. 3, Abs. 1 UmwRG i.V.m. § 3a Satz 4 UVPG im Lichte der UVP-Richtlinie und des Art. 9 Abs. 2 Aarhus-Konvention folgt (vgl. Beschluss vom 18.12.2015 - 8 B 400/15 - juris; Urteil vom 25.02.2015 - 8 A 959/10 - juris). Vielmehr geht die Kammer - ihrer bisherigen Rechtsprechung folgend (vgl. Beschluss vom 12.09.2013 - 2 B 29/12 - n.v.) mit dem BVerwG auch weiterhin davon aus, dass § 4 Abs. 3 UmwRG allein die Sachprüfung innerhalb eines (schon aus anderen Gründen) zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens betrifft (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 30/10 - juris; ebenso Beschluss vom 27.06.2013 - 4 B 37/12 - juris; ebenso VG Freiburg, Beschluss vom 05.02.2016 - 4 K 2679/15 - juris; dem folgend VG Kassel, Beschluss vom 04.04.2016 - 1 L 2532/15.KS - juris).

Zwar gilt § 4 Abs. 1 UmwRG gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO. Damit wird auch Individualklägern ein subjektives Recht auf Durchführung einer „erforderlichen“ UVP eingeräumt. Die Vorschrift ist jedoch nicht geeignet, eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zu statuieren. Innerhalb eines - wie hier - bereits zulässigen Rechtsbehelfs erweitert die Norm damit jedoch den Prüfungsumfang (dazu sogleich unter II.2.).

II.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Kläger werden weder in drittschützenden Rechten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (dazu unter 1.) verletzt noch haben sie einen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b) und Satz 2 UmwRG i.d.F. vom 08.04.2013 (BGBl. I, 753), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 20.11.2015 (BGBl. I, 2069) i.V.m. § 3 a Satz 4 UVPG (dazu unter 2).

1. Die angefochtene Genehmigung findet ihre rechtliche Grundlage in den §§ 4, 6, 19 BImSchG i.V.m. § 1 der 4. BImSchV und Nr. 7.1.4.2 der Spalte 2 des Anhang 1 der 4. BImSchV (i.d.F. vom 02.05.2013). Danach ist einem Antragsteller eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung (nur dann) zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt sind. Nachbarschutz können die Kläger hier aus dem Schutzgebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG herleiten, wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen (§ 3 Abs. 1 BImSchG) und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

a. Im Hinblick auf die von der genehmigten Anlage ausgehenden Geruchsimmissionen ist aufgrund des von der Landwirtschaftskammer erstellten Immissionsschutzgutachtens vom 21.05.2012 nicht davon auszugehen, dass die Kläger unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt werden. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Erwägungen:

Das Immissionsschutzgutachten nimmt zu Recht eine Sonderbeurteilung nach der GIRL in der Fassung des Gem. RdErl. vom 23.07.2009 (Nds. MBl. Nr. 36/2009, S. 794 ff) vor. Zwar bieten die TA Luft und die Abstandsregelungen der VDI-Richtlinie 3471 bzw. 3472 ebenfalls Anhaltspunkte für die Erheblichkeit von Geruchsbelästigungen im Bereich der Landwirtschaft (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.05.2006 - 7 ME 6/06 - juris). Unter anderem dann jedoch, wenn die Abstände der TA Luft bzw. die der genannten VDI-Richtlinien nicht eingehalten werden und/oder schädliche Umwelteinwirkungen durch die kumulative Wirkung von verschiedenen Geruchsquellen zu befürchten sind, hat eine Sonderbeurteilung nach der GIRL zu erfolgen (vgl. Auslegungshinweis zu Nr. 1 der GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich - Abstandsregelungen“; ebenso Nds. OVG, Urteil vom 22.06.2010 - 12 LB 213/07 - juris). Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich einer Prognose, bei der aus der Vor- und Zusatzbelastung im Wege der Ausbreitungsberechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird (vgl. Nr. 4.6 GIRL). Die GIRL sieht in Nr. 3.1 Tabelle 1 Immissionswerte für verschiedene Nutzungsgebiete - Wohn-/Mischgebiet, Gewerbe-/Industriegebiete und Dorfgebiete - mit maximal 0,15 vor. Dies entspricht einer relativen flächenbezogenen Häufigkeit der Geruchsstunden von 15 % der Jahresstunden. Ein zu beachtender Immissionswert für den Außenbereich ist in der GIRL nicht ausdrücklich geregelt. Die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 weisen jedoch darauf hin, dass bei der Zuordnung von Immissionswerten eine Abstufung entsprechend der Baunutzungsverordnung nicht sachgerecht ist. Aus diesem Grund ist danach bei einer Geruchsbeurteilung nach der GIRL jeweils die tatsächliche Nutzung zugrunde zu legen. Zudem sind in speziellen Fällen auch andere Zuordnungen als die in Tabelle 1 der GIRL aufgeführten möglich. So sind in begründeten Einzelfällen Zwischenwerte zwischen Dorfgebiet und Außenbereich möglich, was zu Werten von bis zu 0,20 am Rand des Dorfgebietes führen kann. Da Bauvorhaben im Außenbereich entsprechend § 35 Abs. 1 BauGB nur ausnahmsweise zulässig sind und das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden ist, ist es laut GIRL unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalles bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich darüber hinaus möglich, einen Wert bis zu 0,25 - 25 % der Jahresgeruchsstunden - für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen. Die hierzu entwickelte Rechtsprechung des Nds. OVG geht sogar noch weit darüber hinaus: Danach stellt nämlich der Wert von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich keine absolute Obergrenze dar. Zumutbar können abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls, insbesondere der eigenen Emissionssituation, sogar Werte von 50 % und möglicherweise auch darüber hinaus sein (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 28.08.2015 - 12 LA 120/14 - juris, mit Hinweis auf Nds. OVG, Urteil vom 09.06.2015 - 1 LC 25/14 -, AUR 2015, 275, juris, 2. Leitsatz; Urteil vom 26.11.2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464, juris Rdn. 37; Urteil vom 25.07.2002 - 1 LB 980/01 -, juris Rdn. 16; Beschluss vom 6.3.2013 - 1 ME 205/12 -, juris Rdn. 41; BayVGH, Beschluss vom 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 -, juris; vgl. Urteil vom 12.11.2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rdn. 50 ff. m.N.; Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL i.d.F. der LAI v. 29.2.2008, Nds. MBl. 2009 S. 803 ff., 805 - Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich, Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen -).

Diese Grundsätze gelten nach der zitierten Rechtsprechung auch dann, wenn auf einem Grundstück im Außenbereich die Landwirtschaft aufgegeben wurde und ein Übergang vom privilegierten zum allgemeinen Wohnen erfolgt ist. In einem solchen Fall des Ausscheidens aus der Schicksalsgemeinschaft der Landwirte ist das vormalig landwirtschaftlich genutzte Grundstück im Außenbereich weiterhin mit einer nachwirkenden Pflicht zur besonderen Rücksichtnahme auf benachbarte landwirtschaftliche Betriebe belastet (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26.11.2014 - 1 LB 164/13 - juris).

Die Landwirtschaftskammer nimmt hier zutreffend an, dass es sich um ein Außenbereichsvorhaben handelt. Sie hat auch nachvollziehbar die Gesamtbelastung (vgl. Nr. 4.6 GIRL) ermittelt. Danach ergibt sich, wie oben bereits erläutert, die Kenngröße der Gesamtbelastung IG aus der Addition der Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung. Im Fall der Beurteilung der Geruchsimmissionen durch Tierhaltungsanlagen ist eine belästigungsrelevante Kenngröße IGb zu berechnen und diese anschließend mit den Immissionswerten nach Tabelle 1 zu vergleichen, wobei auch auf die Einzelfallbetrachtung nach Nr. 5 der GIRL verwiesen wird.

Diese Vorgaben berücksichtigend hat die Landwirtschaftskammer zunächst die Vorbelastung bestimmt und zutreffend sämtliche im Beurteilungsgebiet umliegenden Hofstellen mit Tierhaltung als Emittenten berücksichtigt. Soweit die Kläger hier unter Bezugnahme auf die Plausibilitätsprüfung des Staatl. GAA Hildesheim einwenden, die Fassung des Beurteilungsgebietes sei nicht plausibel, vermag die Kammer diesem Einwand nur bedingt zu folgen. Nach Nr. 4.4.2 der GIRL ist das Beurteilungsgebiet die Summe der Beurteilungsflächen, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der nach Nr. 2 der GIRL ermittelten Schornsteinhöhe entspricht. Als kleinster Radius sind allerdings 600 m zu wählen. Ausgehend von der hier genehmigten Schornsteinhöhe von 13 m ergäbe sich ein Radius von nur 390 m, den der Gutachter zutreffend erweitert hat. Er hat auch nicht lediglich den Mindestabstand zugrunde gelegt, sondern wegen weiterer im näheren Umkreis vorhandener Tierhaltungsanlagen (die Hofstellen N., P. und O.) einen Radius von 1000 m gewählt. Denn die Regelung schließt nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebietes im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Umständen ein weiterer Prüfungsbedarf erkennbar ist. Die Bestimmung des Beurteilungsgebietes ist damit sachgerecht und an den Umständen des Einzelfalles orientiert erfolgt; sie obliegt der Behörde im Rahmen ihres behördlichen Einschätzungsspielraumes. Allerdings sind nach den Vorgaben der GIRL auch alle Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebietes befinden und relevant auf dieses einwirken. Dies ergibt sich aus Nr. 4.1 Abs. 2 der GIRL, die vorsieht, dass im Falle der rechnerischen Ermittlung der vorhandenen Belastung alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind (vgl. dazu auch Nds. OVG, Beschluss vom 18.07.2012 - 12 LA 114/11 - juris).

Die insoweit nachgeholte Berechnung der Gesamtbelastung unter Einbeziehung der Hofstelle T. zeigt jedoch, dass deren Berücksichtigung sich hier nicht erheblich auf die Gesamtbelastung auswirkt. Während das Gutachten vom 21.05.2012 Belastungen von 7-8 % Jahresgeruchsstunden auf dem Grundstück des Klägers zu 2) errechnet (vgl. Anlage III B), kommt die erneute Berechnung unter Einbeziehung der genannten Hofstelle zu einer Gesamtbelastung von 8 % der Jahresgeruchsstunden. Das Ergebnis ist auch plausibel. Der genehmigte Rinderbestand auf der Hofstelle T. beträgt nach Angaben des Beklagten 504 Mastbullen. Die anhand des in der mündlichen Verhandlung von den Klägern vorgelegten Zeitungsartikels dem Hof T. -U. zusätzlich zugeordneten 1000 Schweinemastplätze sind zutreffend nicht berücksichtigt worden, weil sie nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten und der Beigeladenen nicht auf der Hofstelle selbst sondern ca. 7 km von der Hofstelle entfernt liegen. Die auf dem Hof befindliche Biogasanlage verursacht laut der im Genehmigungsverfahren eingeholten Immissionsprognose einen unter der 2 %-Irrelevanzschwelle liegenden Beitrag zu den Geruchsimmissionen. Der Kammer erscheint das Ergebnis auch deshalb plausibel, weil das Grundstück des Klägers zu 2) selbst in einer Entfernung von über 500 m südwestlich der Hofstelle T. und damit gerade entgegen der Hauptwindrichtung liegt.

Eine erhebliche und damit unzumutbare Beeinträchtigung des Klägers zu 2) durch Geruchsimmissionen erscheint damit ausgeschlossen. Das gleiche gilt im Ergebnis für das Wohnhaus der Klägerin zu 1). Abgesehen davon, dass sie aufgrund der Entfernung und Lage zur Hofstelle T. von den dortigen Emissionen nicht betroffen ist, liegen die dort zu erwartenden Jahresgeruchsstunden bei 12 % in der Plansituation. Wenn man, entsprechend der Kritik des Staatlichen GAA Hildesheim, eine andere Rauhigkeitslänge, nämlich 0,2 m ansetzte, käme man nach den dortigen Ausführungen auf einen Wert von 14 %, der immer noch deutlich unter dem im Außenbereich hinzunehmenden Wert von 25 % der Jahresgeruchsstunden liegt.

Die im Übrigen geäußerte Kritik am Immissionsschutzgutachten greift nicht durch. Vorauszuschicken ist, dass es für die Kritik an Gutachten regelmäßig nicht genügt, wenn der Nachbar einzelne Punkte erstatteter Gutachten kritisiert, ohne - was ihm obliegt - zugleich anzugeben, was sich bei Vermeidung der gerügten Fehler im Einzelnen am Ergebnis ändern würde. So reicht es erst recht nicht aus, einzelne Ansatzpunkte als fehlerhaft zu rügen, ohne zugleich plausibel zu machen, dass die vermeintlichen Fehler mehr als marginale Auswirkungen auf das Gesamtergebnis haben können (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 06.03.2013 - 1 ME 205/12 - juris, m.w.N.). Auch die theoretische Möglichkeit, bestimmte Prognosewerte würden sich ändern, wenn bestimmte Grundannahmen geändert würden, genügt nicht (vgl. Nds. OVG, a.a.O.). Aus diesem Grund ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte dem Einwand aus der Plausibilitätsprüfung im Hinblick auf die Meteorologie nicht weiter nachgegangen ist. Im Übrigen ist die Wahl der Wetterstation Diepholz, die im Gutachten als Bezugsstation für den Vorhabenstandort herangezogen worden ist, nicht zu beanstanden, weil die Landwirtschaftskammer nachvollziehbar ausführt, warum sie diese Station gewählt hat. Der Kammer ist zudem aus zahlreichen Verfahren bekannt, dass die Landwirtschaftskammer, wie ausgeführt, regelmäßig den Deutschen Wetterdienst (DWD) für die Selektion einer repräsentativen Wetterstation einschaltet und daraus ihren Erfahrungsschatz generiert.

Auch dem Einwand, das Gutachten berücksichtige nicht die Entwicklungsstadien der Tiere, ist der Beklagte zu Recht entgegengetreten. So orientiert sich die Landwirtschaftskammer zutreffend an den in der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 vorgegebenen Emissionsfaktoren für die zu berücksichtigende Tierhaltung, was rechtlich nicht zu beanstanden ist und im Übrigen auch vom Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim im Rahmen der Plausibilitätsprüfung als plausibel bestätigt wird.

b. Sofern die Kläger rügen, die nördlich des Vorhabens gelegene Waldfläche werde erheblich mit Stickstoffimmissionen belastet, steht ihnen diesbezüglich kein Rügerecht zu. Da sie nicht geltend machen, Waldeigentümer zu sein, können sie mit diesem Einwand nicht gehört werden. Dieser Einwand wird auch nicht dadurch rügefähig, dass das Vorhaben einer UVP-Vorprüfungspflicht unterliegt (dazu ausführlich unter 2.).

Im Hinblick auf den von den Klägern geltend gemachten schützenswerten Baumbestand u.a. auf der Hofstelle S. haben sie schon nicht darlegen können, dass es sich bei dem Baumbestand um Wald im Sinne des NWaldLG und damit um ein stickstoffempfindliches Ökosystem handelt. Ausweislich der unter google-maps und bingmaps verfügbaren Luftbilder ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass es sich lediglich um sog. Hofgehölze handelt, die bereits nach § 2 Abs. 7 Nr. 2 NWaldLG nicht unter den Waldbegriff fallen. Damit sind sie, wie auch die in der mündlichen Verhandlung angeführten weiteren Pflanzen auf der Hofstelle S., keine nach der TA Luft vor erheblichen Nachteilen durch Ammoniak und Stickstoff geschützten empfindlichen Pflanzen und Ökosysteme (vgl. auch Hansmann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band IV, NR. 4.8, Rn. 47).

c. Auch unter Brandschutzgesichtspunkten ist eine Verletzung drittschützender Rechte nicht zu verzeichnen. Die Kläger rügen, es gebe kein tragfähiges Brandschutzkonzept im Hinblick auf die Tierrettung, Flucht- und Evakuierungsmöglichkeiten, insbesondere kein Frühwarnsystem. Wie die Kammer bereits in anderen Verfahren (vgl. Urteil vom 19.11.2010 - 2 A 163/09 - V.n.b.) entschieden hat, dient ein Brandschutzkonzept zuvörderst dem Tier- und nicht dem Nachbarschutz. In § 14 Abs. 1 Satz 1 NBauO 2012 heißt es: "Bauliche Anlagen müssen so errichtet (…) und so angeordnet, beschaffen und für ihre Benutzung geeignet sein, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind." Bei dieser Norm handelt es sich um eine allgemeine Brandschutz- bzw. Rahmenvorschrift, die durch Einzelanforderungen an verschiedenen Stellen der NBauO und in Spezialbestimmungen präzisiert wird (vgl. Kammeyer/Dorn, in: Große-Suchsdorf, NBauO, Kommentar, 9. Aufl., § 14, Rn. 1). Selbst wenn man der Formulierung "der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird" einen nachbarschützenden Inhalt entnehmen wollte (so offenbar die o.g. Kommentierung, a.a.O., Rn. 1b), weil sie mit der Formulierung "Ausbreitung" (auch) das Übergreifen von Feuer auf die Nachbarschaft verhindern will, darf die vorliegende Konstellation nicht außer Acht gelassen werden. Hier geht es nicht um eine dichte innerstädtische Bebauung, bei der ein Übergreifen eines Brandes auf ein benachbartes Wohnhaus durchaus in kürzester Zeit vorkommen kann, sondern - bezogen auf die Klägerin zu 1) - vielmehr um eine gut 100 m vom genehmigten Stallkomplex entfernt gelegene Wohnbebauung im Außenbereich. Im Übrigen stützen die Kläger selbst ihren Einwand nicht auf die Befürchtung, das Feuer könne auf ihre Wohnhäuser überspringen, sondern fokussieren sich auf die ihrer Ansicht nach unzulängliche Tierrettung, die sie aber unter Drittschutzaspekten gerade nicht mit Erfolg geltend machen können. Abgesehen davon macht die angefochtene Genehmigung das vom Beigeladenen zuletzt am 12.11.2012 überarbeitete Brandschutzkonzept zum Gegenstand derselben.

d. Soweit die Kläger auch auf eine befürchtete Beeinträchtigung durch Keime bzw. Bioaerosole abstellen, dringen sie damit nicht durch. Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass die Kläger Gefahren in Form von Bioaerosolen zu erwarten haben. Immissions- oder Emissionswerte sieht die TA Luft insoweit nicht vor. Es gibt bislang auch sonst keine wissenschaftlichen Untersuchungen und Erkenntnisse über Grenz- oder Orientierungswerte für die Entstehung einer konkreten Gesundheitsgefahr für Menschen, welche die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. Insoweit folgt die Kammer der Rechtsprechung des Nds. OVG (vgl. Beschluss vom 13.03.2012 - 12 ME 270/11 - juris unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 09.08.2011 - 12 LA 55/10 - juris), wonach die den Nachbarn schützende immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG als Instrument der Gefahrenabwehr insoweit nicht eingreift, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Vielmehr ist die Vermeidung von erhöhten Bioaerosolkonzentrationen den Vorsorgeanforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen (vgl. zuletzt ebenso OVG NW, Beschluss vom 31.03.2016 - 8 B 1341/15 - juris m.w.N.). Daran vermögen auch die von den Klägern, insbesondere der Klägerin zu 1), vorgelegten Ausführungen zu multiresistenten Keimen nichts zu ändern. Zur weiteren Begründung wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid des Beklagten Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Die Kammer folgt insbesondere den Ausführungen des Beklagten zum Zusammenhang der Bioaerosolproblematik und der Betrachtung der Feinstäube. Hier werden ausweislich des nachvollziehbaren und nicht substantiiert angegriffenen Gutachtens der Landwirtschaftskammer vom 01.06.2013 die Irrelevanzwerte für PM-10 und PM-2,5- Stäube eingehalten. Auch insoweit wird wegen der weiteren Begründung auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Sofern die Kläger in diesem Zusammenhang eine befürchtete Belastung des Grundwassers mit Dung/Gülle durch die vermehrte Putenzahl rügen, dringen sie auch damit nicht durch. Denn zum einen sieht die Genehmigung eine Mistlagerung weder auf dem Vorhabengrundstück noch in der näheren Umgebung vor, sondern verbietet diese unter Ziffer 11 der Auflagen des FD Immissionsschutz sogar ausdrücklich. Eine dennoch durchgeführte Mistlagerung bewegte sich mithin außerhalb des genehmigten Vorhabens und wäre damit in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Vielmehr wäre einem solchen Verhalten im Rahmen von Überwachungsmaßnahmen ordnungsrechtlich nachzugehen. Abgesehen davon beinhaltet die Genehmigung die Verpflichtung, den gesamten anfallenden Putenmist als Wirtschaftsdünger an die Anton Knoll GmbH & Co.KG abzugeben (vgl. Nr. 2 der Nebenbestimmungen der Landwirtschaftskammer). Im Genehmigungsverfahren hat die Beigeladene auch einen entsprechenden Vertrag mit der genannten Gesellschaft über die Abgabe und Vermittlung von organischen Nährstoffeinträgen vorgelegt.

Gleiches gilt im Ergebnis für die in der mündlichen Verhandlung gerügte Lagerung von verendeten Puten in offenen Behältern. Soweit ein solches Vorgehen tatsächlich stattfindet, widerspricht es der Genehmigung. Auflage Nr. 2 des Veterinärdienstes sieht ausdrücklich die Aufbewahrung toter Tiere in geschlossenen Spezialbehältern vor, so dass ein Verstoß im Rahmen der Überwachung ordnungsrechtlich zu verfolgen wäre.

e. Durch den aus der genehmigten Ausweitung der Putenmast entstehenden Schwerlastverkehr ist keine erhebliche Beeinträchtigung zu erwarten. Soweit die Kläger dazu vortragen, dass durch die größere Zahl an Masttieren auch eine Zunahme des Transportverkehrs zu erwarten sei, da mehr Tiere transportiert und auch eine größere Menge an Dünger und Futter abgeholt bzw. geliefert werden müsse, und durch die hierfür nötigen Schwerlasttransporter eine Zunahme von Lärmimmissionen auf dem Grundstück der Klägerin zu 1) sowie mögliche Verunreinigungen der Luft durch Ruß und Staub und eine erhöhte Abnutzung der Straße zu erwarten seien, führt dies nicht zum Erfolg ihrer Klage.

Die Kläger tragen selber vor, dass im Schnitt 2,7 Umsetzungen pro Jahr vorkommen, was auch den im Immissionsschutzgutachten vom 21.05.2012 angesetzten 110-120 Masttagen entspricht. Zwei bis drei Transporte der Tiere mehr als bislang pro Jahr stellen keine erhebliche Erhöhung des Verkehrs dar. Von einer unzumutbar ansteigenden Verkehrsmehrbelastung ist auch nicht aufgrund der Anlieferung von mehr Futter oder Einstreu der Ställe bzw. der Abholung des Mistes auszugehen. Hier ist schon nicht substantiiert vorgetragen, ob überhaupt eine Zunahme an Verkehr entstehen wird, oder ob die Anlieferung von mehr Streu und Futter bzw. die Abholung von mehr Mist nicht im Rahmen der ohnehin stattfindenden Transporte des Bedarfes der zwei schon bestehenden Ställe stattfinden kann. Selbst wenn man von tatsächlich notwendig werdenden Mehrtransporten ausginge, vermag die Kammer unter Berücksichtigung der Außenbereichslage der klägerischen Grundstücke eine erhebliche Belästigung nicht zu erkennen.

Sofern die Kläger in diesem Zusammenhang die fehlende Aufnahmefähigkeit der Zufahrtsstraße rügen, handelt es sich dabei um eine Frage der ausreichenden Erschließung des Vorhabens, die nicht drittschützender Natur ist.

Im Übrigen stellt die Genehmigung mit Ziffer 13 der Nebenbestimmungen des FD Immissionsschutz sicher, dass tags der für den Außenbereich zutreffend gewählte Immissionsrichtwert von 60 dB(A) und nachts von 45 dB(A) nicht überschritten werden darf. Anhaltspunkte dafür, dass diese Auflage von vornherein nicht einhaltbar wäre und damit ins Leere ginge, machen die Kläger nicht geltend und sind auch nicht ersichtlich. Auch der in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragene Einwand, das Geräusch der Lüftungsanlage sei teilweise deutlich zu hören und sehr laut, ist nicht substantiiert genug, die Kammer an der Einhaltung der vorgenannten Immissionsrichtwerte zweifeln zu lassen.

f. Soweit die Kläger behaupten, durch die mit dem Vorhaben verbundenen Immissionen werde der Wert ihrer Grundstücke sinken, vermag dies keinen Rechtsverstoß, etwa gegen Art. 14 Abs. 1 GG, zu begründen.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung - gleiches gilt für Genehmigungen nach dem BImSchG - für sich genommen keinen Maßstab dafür bilden, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebotes zumutbar sind oder nicht. Es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass der Einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu werden. Unter dem Gesichtspunkt der Wertminderung kommt daher ein Abwehranspruch nur dann in Betracht, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13.11.1997 - 4 B 195.97 -, BRS 59 Nr. 177).

g. Schließlich können die Kläger auch mit dem Einwand, das Vorhaben stehe im Widerspruch zum Ortsbild und stelle kein nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben dar, nicht gehört werden, weil diese Fragen keine drittschützenden Rechte, sondern allenfalls die objektive Rechtmäßigkeit der Genehmigung betreffen.

2. Die Kläger haben auch keinen Aufhebungsanspruch nach den Vorschriften des UmwRG.

Das UmwRG ist anwendbar. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG in der hier maßgeblichen Fassung (s.o. unter II.) findet das Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen i.S.v. § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen kann. Die von den Klägern angegriffene Genehmigung ist eine Entscheidung i.S.d. § 2 Abs. 3 UVPG. Gemäß § 3b Abs. 3 Satz 1, § 3c Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 7.4.3 der Anlage 1 zum UVPG ist eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles erforderlich, da durch die Erweiterung der Putenmast der Beigeladenen erstmals der maßgebliche Größenwert von 15.000 Plätzen erreicht bzw. überschritten wird. Damit „kann“ i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG die Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen (vgl. zu dieser Auslegung ausführlich Beschluss der Kammer vom 21.12.2011 - 2 B 16/11 - juris, ebenso Schieferdecker, in Hoppe/Beckmann, UmwRG, Kommentar, § 1 Rn. 22 f).

In zeitlicher Hinsicht ergibt sich die Anwendbarkeit der aktuellen Fassung des UmwRG aus § 5 Abs. 1 UmwRG. Danach gilt das Gesetz für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, die nach dem 25.06.2005 ergangen sind oder hätten ergehen müssen. Die in der Vorgängerfassung des Gesetzes noch existente Übergangsregelung in § 5 Abs. 4 UmwRG wurde mit der Neufassung gestrichen.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG u.a. verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des UVPG erforderliche UVP oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalles zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Dies gilt nach Satz 2 der Norm auch dann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG entspricht. Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dieser Aufhebungsanspruch auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO und somit grundsätzlich auch für die Kläger als natürliche Personen i.S.v. § 61 Nr. 1 VwGO.

a. Grundsätzlich können die Kläger die Aufhebung der Genehmigung auch unabhängig davon verlangen, ob die verletzte Vorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dient. Das BVerwG hat dazu in der Folgeentscheidung zur sog. Altrip-Entscheidung des EuGH (Urteil vom 07.11.2013 - C 72/12 - juris) folgendes ausgeführt:

„Die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 UmwRG gilt in erster Linie für die umweltrechtliche Verbandsklage; sie ist aber gemäß 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die Verfahrensfehler auch insoweit unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zur Begründetheit der Klage führen. Hieraus folgt, dass eine Genehmigungsentscheidung, die ohne die hierfür erforderliche UVP oder UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf die Klage eines gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugten Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG allein wegen dieses Fehlers aufzuheben ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33 Rn. 21 f., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 41 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 34; Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2014, juris Rn. 10). Für Genehmigungsentscheidungen, die an einem Verfahrensfehler leiden, auf den § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG in unionsrechtskonformer Auslegung zu erstrecken ist, kann nichts anderes gelten. Ob der Verzicht auf den nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Zusammenhang zwischen der Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung und der Verletzung in eigenen Rechten unionsrechtlich geboten ist (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:EU:C:2015:683], Kommission/Deutschland - Rn. 63 f.), ist angesichts der in § 4 Abs. 3 UmwRG getroffenen Grundentscheidung des nationalen Gesetzgebers für die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO ohne Bedeutung“ (Urteil vom 22.10.2015 - 7 C 15/13 - juris).

Daraus schließt die Kammer, dass eine Genehmigungsentscheidung, die aufgrund einer fehlerhaften UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf Antrag eines Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2 allein wegen dieses Verfahrensfehlers aufzuheben ist, ohne dass es darauf ankäme, ob die verletzte Vorschrift der Gewährung materieller subjektiver Rechte dient (vgl. VG Freiburg, a.a.O.; ebenso jüngst VG Kassel, Beschluss vom 04.04.2016 - 1 L 2532/15.KS - juris).

b. Die vorliegend durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit entspricht jedoch den Anforderungen des § 3c Satz 2 UVPG und ist - gemessen am Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG - hinreichend nachvollziehbar und plausibel.

aa. Der Prüfungsmaßstab für die UVP-Vorprüfung ergibt sich aus § 3c UVPG: Gemäß § 3c Satz 1 UVPG ist eine UVP für ein Vorhaben, für das in Anlage 1 zum UVPG lediglich eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, nur dann durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Satz 2 der Norm beschränkt die Prüfung bei der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles auf die in Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien: Wenn für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung - wie hier - eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles vorgesehen ist, gilt Gleiches, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Satz 3 der Norm bestimmt, dass bei den Vorprüfungen zu berücksichtigen ist, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden. Satz 6 verlangt die Dokumentation der Durchführung und des Ergebnisses der Vorprüfung.

Mit den in § 3c Satz 2 UVPG angesprochenen „Schutzkriterien“ verweist die Regelung auf die in Nr. 2.3 der Anlage 2 genannten Merkmale, die die Belastbarkeit der Schutzgüter im Hinblick auf die ökologische Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Standortes kennzeichnen (vgl. Sangenstedt, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Bd. 1, § 3c, Rn. 33, ebenso VG Freiburg, Beschluss vom 05.02.2016, a.a.O. und VG Kassel, Beschluss vom 04.04.2016, a.a.O. unter Bezugnahme auf BayVGH, Beschluss vom 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 - juris; im Ergebnis ebenso VG Hannover, Urteil vom 11.12.2014 - 12 A 5865/13 - juris). In Nr. 2.3 findet sich die gesetzliche Definition der Schutzkriterien. Diese treten klar abgegrenzt neben die in Nr. 2.1 der Anlage 2 ebenfalls einer gesetzlichen Begriffsbestimmung zugeführten „Nutzungskriterien“ und die in der Nr. 2.2 definierten „Qualitätskriterien“ (vgl. BayVGH, Beschluss vom 10.12.2015, a.a.O.; VG Kassel, a.a.O.). Die in den Nummern 2.1 bzw. 2.2 der Anlage 2 zum UVPG erwähnten Nutzungs- und Qualitätskriterien sind damit nicht heranzuziehen. Fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass das Vorhaben nachteilige Auswirkungen auf von der Nummer 2.3 dieser Anlage erfasste Gebiete oder Einzelobjekte haben kann, kann die Vorprüfung bereits an dieser Stelle beendet werden (vgl. Bay VGH, Beschluss vom 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.03.2015 - 2 L 184/10 - juris). Ausschlaggebend für die Notwendigkeit einer UVP ist dabei nicht der abstrakte Umstand, dass ein Terrain mit rechtlich anerkanntem Schutzstatus tangiert wird, sondern die Unvereinbarkeit des Vorhabens mit den konkreten Festsetzungen der Schutzgebietsausweisung. Die im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung zu untersuchenden erheblichen Umweltauswirkungen sind damit an einem gebietsbezogenen Maßstab zu beurteilen (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 15.09.2015 - AN 11 K 15.00630 - juris). Wie in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG hervorgehoben wird, kommt es auf Art und Umfang des dem betreffenden Gebiet jeweils zugewiesenen Schutzes an. Damit führt nicht jede mögliche Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Schutzgebietes automatisch zur UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens. Erfasst werden nur Vorhaben, die eine Gefährdung der spezifischen ökologischen Schutzfunktionen befürchten lassen (vgl. Sangenstedt, a.a.O.).

Wie der Begriff "Vorprüfung" bereits deutlich macht, ist im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nicht das zu leisten, was Gegenstand einer UVP wäre. Es ist lediglich zu klären, ob eine UVP überhaupt erforderlich ist (vgl. Gassner, in: UVPG, Kommentar, § 3c Rn. 8). Auch der Begriff "überschlägige Prüfung" macht deutlich, dass es lediglich um eine summarische Prüfung geht. Eine ins Detail gehende Untersuchung, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen tatsächlich vorliegen, soll erst mit der eigentlichen UVP vorgenommen werden (vgl. OVG NRW, Urteil vom 03.12.2008 - 8 D 19/07 - juris, mit Hinweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drs. 14/4599, S. 95; Beschluss der Kammer vom 21.12.2011 - 2 B 16/11 - juris).

bb. Gemäß § 3a Satz 4 UVPG unterliegt die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auch auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (zur Erheblichkeit: BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352-369, juris, Rn. 26; BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 -, BVerwGE 130, 83-112, juris, Rn. 34; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 -, juris, Rn. 20). Anknüpfend an die der zuständigen Behörde in § 3a Satz 4 UVP eingeräumte Beurteilungsermächtigung bestimmt § 4a Abs. 2 UmwRG, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob (1.) der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, (2.) die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, (3.) das anzuwendende Recht verkannt wurde oder (4.) sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 32 f.; OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015 - 8 A 959/10 -, juris, Rn. 121-123; ebenso BayVGH, Beschluss vom 08.06.2015 - 22 CS 15.686 -, juris, Rn. 40 unter Bezugnahme auf § 3a Satz 4 UVPG i.V.m. § 3c UVPG).

Nach ständiger Rechtsprechung steht den Behörden dementsprechend grundsätzlich zum einen eine Einschätzungsprärogative im Hinblick auf die Frage zu, ob die vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen (und die eigenen Informationen der Behörde) eine geeignete Grundlage bieten, um unverzüglich (§ 3a Satz 1 UVPG) aufgrund über-schlägiger Prüfung über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens entscheiden zu können - wobei sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen darf (BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 -, BVerwGE 150, 92-101, juris, Rn. 18; BayVGH, Beschluss vom 20.08.2014 - 22 ZB 14.94 -, juris, Rn. 11; VG Minden, Urteil vom 11.03.2015 - 11 K 3061/13 -, juris, Rn. 157). Die richterliche Kontrolle der negative Feststellung nach einer Vorprüfung beschränkt sich zudem inhaltlich auf die Frage, ob die Behörde bei ihrer Einschätzung die in der Anlage 2 - hier Nr. 2.3 - zum UVPG aufgeführten Kriterien berücksichtigt hat (vgl. § 3c Satz 2 UVPG) und aufgrund der ihr obliegenden überschlägigen Prüfung insgesamt zu einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, naturschutzfachlich nachvollziehbaren und in diesem Sinne vertretbaren Ergebnis gelangt ist (Beschluss der Kammer vom 21.12.2011 - 2 B 16/11 - juris; ausführlich ebenso Urteil der 3. Kammer des Gerichts vom 29.07.2015 - 3 A 46/13 - juris). Die Kontrolle der „Nachvollziehbarkeit“ des Ergebnisses der UVP-Vorprüfung (§ 3a Satz 4 UVPG) bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (VGH BW, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl 2012, 1506, juris, m.w.N.; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 -, juris; vgl. Urteil der 3. Kammer des Gerichts vom 29.07.2015, a.a.O.).

cc. Diese Maßstäbe zugrunde legend ist die vom Beklagten durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles gemessen an den Kriterien der Anlage 2 Nr. 2.3 des UVPG nicht zu beanstanden.

Zwar hat der Beklagte in der als standortbezogenen Vorprüfung bezeichneten UVP-Vorprüfung sämtliche Kriterien der Anlage 2 des UVPG in den Blick genommen. Dies ist ihm auch nicht verwehrt. Selbst wenn der Beklagte irrtümlich von einer Pflicht zur Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles ausgegangen wäre, könnten die Kläger dagegen nichts erinnern.

Von dem Prüfungsmaßstab der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles ausgehend, sind jedenfalls keine der o.g. Fehler ersichtlich. Die - von den Klägern im Übrigen nicht gerügte - Dokumentation der Vorprüfung, die der Beklagte ursprünglich in verschiedenen Dokumenten, nachgereicht in einem zusammenhängenden Dokument, durchgeführt hat, genügt den Anforderungen des § 3c Satz 6 UVPG und orientiert sich jedenfalls an dem „Leitfaden zur Vorprüfung des Einzelfalles im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflicht von Projekten“ des BLAK UVP vom 14.08.2003 bzw. an der Arbeitshilfe zur Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflicht von Projekten nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) und dem Niedersächsischen Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (NUVPG) aus dem Jahr 2012.

Im Hinblick auf die in Nr. 2.3 genannten Schutzkriterien „Belastbarkeit der Schutzgüter unter besonderer Berücksichtigung folgender Gebiete und von Art und Umfang des ihnen jeweils zugewiesenen Schutzes“ hat der Beklagte unter Rückgriff auf die vom Beigeladenen vorgelegten Immissionsschutzgutachten alle unter Nr. 2.3 Anlage 2 zum UVPG genannten Schutzkriterien auf ihr Vorliegen und ihre Relevanz für das zur Genehmigung gestellte Vorhaben überprüft. Die Feststellungen zu den Schutzgebieten nach Nr. 2.3.1 bis 2.3.10 sind nachvollziehbar und plausibel. Zwar befinden sich, was der Beklagte auch gesehen hat, in einer Entfernung von rund 1800 m südöstlich des Vorhabens zwei Fließgewässer, der Renslager Kanal und der Wehdermühlenbach, die zu dem FFH-Gebietssystem „Artländer Bäche“ gehören und ein sog. Natura 2000-Gebiet darstellen. Abschnittsweise entlang der Artländer Bäche finden sich prioritäre Biotoptypen, namentlich die Erlen-(Eschen)-Quellwälder und Birkenbruchwälder, die wichtige Funktionen erfüllen und Lebensgemeinschaften beherbergen, die für die Artländer Bäche typisch sind. Rund 2600 m südöstlich liegt das Hahnenmoor, das ebenfalls ein FFH-Gebiet sowie ein Naturschutzgebiet darstellt. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der Beschreibung des Beurteilungsgebietes im Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer vom 21.05.2012. Im Hinblick auf diese geschützten Gebiete kommt das Gutachten, auf das sich der Beklagte stützt, in Anlage V zu dem Ergebnis, dass - bedingt durch die emissionsmindernden Maßnahmen (Erhöhung der Abluftführung an sämtlichen Ställen und der Abluftgeschwindigkeit - im Bereich der FFH-Gebiete nicht mit einer weiteren Zunahme der N-Deposition zu rechnen ist und eine Beeinträchtigung der FFH-Gebiete durch das Vorhaben auszuschließen ist. Dagegen haben die Kläger keine substantiierten Einwände erhoben.

Das nördlich des Vorhabenstandortes befindliche (kleinere) Waldstück, das auch nach der aktualisierten Berechnung der Stickstoffdeposition des Gutachters Wehage vom 20.06.2013 trotz einer signifikanten Verringerung der Stickstoffeinträge noch mit einem Wert von 9 kg N/ha und Jahr beaufschlagt wird, stellt kein besonders empfindliches Gebiet i.S.d. Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG dar und ist auch weder nach landesrechtlichen noch nach europarechtlichen Vorgaben innerhalb der standortbezogenen UVP-Vorprüfung zu berücksichtigen. Denn bei diesem Waldabschnitt handelt es sich den unbestrittenen Angaben des Beklagten zufolge weder um einen der in § 30 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG genannten Waldtypen und damit nicht um ein gesetzlich geschütztes Biotop (vgl. insoweit Anlage 2 Nr. 2 c) 9. Spiegelstrich zum NUVPG) noch um ein „Waldgebiet“ i.S.d. Nr. 2 des Anhangs III der UVP-Richtlinie. Der Zusammenhang mit den übrigen unter lit c) genannten besonders empfindlichen Gebieten - „Küstengebiete“, „Feuchtgebiete“, „Bergregionen“, „Reservate“, „Naturparks“ - im Sinne einer tatbestandseinheitlichen Auslegung zeigt, dass diese allesamt ein gewisses Gewicht und eine gewisse Größe und Bedeutung aufweisen, weshalb die Einbeziehung jeglichen Waldes i.S.d. NWaldLG, sei er auch noch so klein, jedenfalls im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung - anderes mag für die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles gelten - nicht gerechtfertigt erscheint. Im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG ist - wie oben bereits ausgeführt - zu berücksichtigen, dass das Erfordernis einer UVP stets einen Bezug zwischen den betroffenen Umweltbelangen und den Schutzkriterien im Sinne von Nr. 2.3 Anlage 2 UVPG voraussetzt. Folglich sind mögliche Beeinträchtigungen im Rahmen dieser Prüfung nur dann relevant, wenn dadurch eine Gefährdung gerade spezifischer ökologischer Schutzfunktionen i.S. einer Unvereinbarkeit mit konkreten Festsetzungen der einschlägigen Schutzgebietsausweisung zu befürchten ist (vgl. VG Freiburg, a.a.O; ebenso VG Kassel. a.a.O.). Auf andere, bzw. allgemeine Umweltbeeinträchtigungen kommt es bei der standortbezogenen UVP-Vorprüfung gerade nicht an (vgl. VG Freiburg, a.a.O.; VG Kassel, a.a.O., m.w.N.). Sähe man dies anders, liefe letztlich die gesetzlich vorgegebene und mit dem Europarecht vereinbare (dazu unter dd.) Unterscheidung zwischen der standortbezogenen Vorprüfung und der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles leer.

Die Ausführungen zur Betroffenheit des Waldes gelten im Ergebnis auch für die von den Klägern behauptete fehlende Berücksichtigung von Waldbeständen auf den umliegenden Hofstellen, insbesondere der Hofstelle S.. Zum einen haben die Kläger - wie oben ausgeführt - schon nicht darlegen können, dass es sich bei dem Baumbestand auf der Hofstelle um Wald im Sinne des NWaldLG handelt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1) verwiesen. Zum anderen stellen die dortigen Gehölze jedenfalls keine Waldgebiete i.S.d. Anhangs III der UVP-Richtlinie dar. Schon aus diesem Grund kommt es an dieser Stelle nicht auf den Einwand der Kläger an, das Beurteilungsgebiet sei zu klein gewählt worden und der Beklagte habe zu Unrecht die nordöstlich des Hofes S. gelegene Hofstelle T. bei der Betrachtung der Vorbelastung unberücksichtigt gelassen.

Im Übrigen können die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, die Ammoniak- und Stickstoffbelastung liege in der Plansituation um ein Drittel höher als im Ist-Zustand. Dabei handelt es sich um eine derart unsubstantiierte und ins Blaue hinein geäußerte Behauptung, dass ihr - auch nach den oben genannten Anforderungen für die Kritik an Gutachten - nicht nachzugehen ist. Die Kläger setzen sich nämlich weder mit den inhaltlich im Einzelnen begründeten Ergebnissen des Immissionsschutzgutachtens auseinander noch vermag die bloße Behauptung die Plausibilität des Gutachtens zu erschüttern. Auch der in der mündlichen Verhandlung erneut vorgetragene Einwand, die zwei vorhandenen Putenmastställe verfügten schon seit längerem über die in der Genehmigung vorgesehenen Abluftanlagen mit entsprechender Höhe und könnte somit nicht als Ist-Zustand angenommen werden, führt nicht zum Erfolg. Denn entscheidend ist vorliegend nicht der Grad an Verbesserung der Immissionssituation, sondern die gutachterlich prognostizierte Gesamtbelastung im Planzustand, die - wie gesagt - im Hinblick auf die Stickstoffbelastung des Waldes hier von den Klägern nicht rügefähig ist.

Soweit der Beklagte im Rahmen der nachgebesserten UVP-Vorprüfung (erstmals) die Beeinträchtigung der südlich des Vorhabens befindlichen Wallhecke prüft - der genaue Standort ergibt sich aus der Anlage 2 zur ergänzten UVP-Vorprüfung vom 13.04.2016 -, die über § 22 Abs. 3 Satz 1 LAGBNatSchG als geschützter Landschaftsbestandteil i.S.d. § 29 BNatSchG gesetzlich geschützt ist, ist diese zwar im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung über Nr. 2 lit. c) 8. Spiegelstrich Gegenstand der Vorprüfung. Der Beklagte hat jedoch in der nachgebesserten UVP-Vorprüfung nachvollziehbar ausgeführt, dass diese mit einem CL-Wert von 20 - 30 kg nicht besonders stickstoffempfindlich ist, weil sie großteils aus Weiden und Erlen besteht und durch das Vorhaben ausweislich der ergänzenden Immissionsprognose in Bezug auf Stickstoff vom 20.06.2013 lediglich Einträge unter 5 kg N/ha und Jahr, mithin Einträge unterhalb des sog. Abschneidekriteriums zu erwarten sind. Dies haben auch die Kläger nicht beanstandet.

dd. § 3c Satz 2 UVPG mit der daraus folgenden eingeschränkten Prüfung der Anlage 2-Kriterien ist auch unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben, hier der UVP-Richtlinie (Richtlinie 2011/92/EU), nicht zu beanstanden. Das VG Hannover hat unter Bezugnahme auf das OVG Schleswig dazu bereits ausgeführt:

§ 3 c Satz 2 UVPG ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht europarechtswidrig, soweit es für Vorhaben in der Größe der vom Beigeladenen geplanten Stallanlage lediglich eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorsieht, die den Prüfungsumfang auf die in der Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien beschränkt. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) sieht zunächst nur für die in Anhang I der Richtlinie aufgeführten Vorhaben - die Richtlinie verwendet durchgehend den Begriff „Projekte“ - zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor. Nr. 17 Buchst. a) des Anhangs I der Richtlinie beschränkt die Genehmigungspflicht für Anlagen zur Intensivtierhaltung von Hennen auf solche mit mehr als 60.000 Plätzen. Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie werden die in Anhang II der Richtlinie genannten Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, wenn dies nach Auffassung des jeweiligen Mitgliedstaates erforderlich ist. Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie treffen die einzelnen Mitgliedstaaten diese Entscheidung im Einzelfall (Buchst. a) oder stellen Kriterien und/oder Schwellenwerte auf, anhand derer bestimmt werden kann, welche von den fraglichen Vorhaben einer Prüfung unterzogen werden sollen (Buchst. b). Das in Art. 4 Abs. 2 eröffnete Ermessen wird lediglich begrenzt durch Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie, nach dem Vorhaben, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, grundsätzlich einer Genehmigungspflicht zu unterwerfen sind. Diesen Vorgaben der UVP-Richtlinie aber entspricht das UVPG (so bereits OVG Schleswig, Urteil vom 08.03.2013 - 1 LB 5/12 -, juris Rn. 42). So gliedert sich die Anlage 1 zum UVPG zunächst in Arten von Vorhaben und unterscheidet sodann die verschiedenen Arten anhand von Schwellenwerten, nach denen sich eine UVP-Pflicht oder entweder eine allgemeine oder aber eine standortgebundene Vorprüfungspflicht ergibt. Dabei hat der nationale Gesetzgeber das ihm in Art. 4 Abs. 2 eröffnete Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Soweit er in der Anlage 1 zum UVPG nach Vorhabenart (z.B. Intensivhaltung von Hennen) und Größe (Tierplatzzahlen) differenziert, hat er sich in den in Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie bestimmten Ermessensgrenzen bewegt und die in Anhang III der Richtlinie genannten Auswahlkriterien berücksichtigt. Auch mit seiner Entscheidung, bestimmte Anlagen noch als Vorhaben mit geringer Größe im Sinne des § 3 c Satz 2 UVPG einzuordnen mit der Folge, dass lediglich eine standortbezogene Vorprüfung anhand der in Anlage 2 Nr. 2 genannten Schutzkriterien durchzuführen ist, hat er - entgegen der Ansicht der Klägerin - sein Ermessen nicht überschritten. Ein Mitgliedstaat überschreitet diese Ermessensgrenzen nur dann, wenn er die Kriterien und/oder Schwellenwerte so festlegt, dass nur die Größe, nicht aber die Art und der Standort von Vorhaben berücksichtigt werden, oder in der Praxis alle Vorhaben einer bestimmten Art von vornherein von der Pflicht zur Untersuchung ihrer Auswirkungen ausgenommen sind. Letzteres stellt allerdings wiederum dann keine Verletzung der Ermessensgrenzen dar, wenn aufgrund einer Gesamtbeurteilung aller ausgenommenen Vorhaben davon ausgegangen werden kann, dass bei ihnen nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 08.03.2013 - 1 LB 5/12 -, juris Rn. 41 ff., unter Bezugnahme auf das „Irland-Urteil“ des EuGH vom 21.09.1999 - C - 392/96 -, ZUR 2000, 284 ff. zu der Vorgängerrichtlinie 85/337/EWG vom 27.06.1985). Hiervon ausgehend lässt der von der Klägerin an dieser Stelle gerügte Ausschluss der unter Nr. 1 der Anlage 2 angeführten Vorhabenmerkmale nicht erkennen, dass der Ermessensspielraum überschritten worden ist. Die Annahme des Gesetzgebers, dass bei einem Vorhaben mit geringer Größe erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen jedenfalls nicht aufgrund der in Nr. 1 der Anlage 2 genannten anlagenbezogenen Merkmale, sondern lediglich wegen des Standortes der Anlage zu erwarten sind, ist nachvollziehbar. So ist es für die Kammer in Hinblick auf beispielsweise einen Legehennenstall mit weniger als 40.000 Tierplätzen plausibel anzunehmen, dass in einem solchen Betrieb Abfall nur in einem Umfang anfällt, der keiner besonderen Berücksichtigung im Rahmen einer UVP-Vorprüfung bedarf. Im Übrigen hat auch das Bundesverwaltungsgericht bisher keine Zweifel an der Europarechtskonformität der Beschränkung auf eine lediglich standortgebundene Vorprüfung nach § 3 c Satz 2 UVPG geäußert (zuletzt Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 -, juris; ohne Zweifel auch Dienes in Hoppe/Beckmann, UVPG, Kommentar 4. Aufl. 2012, § 3 c Rn. 16) “ (Urteil vom 11.12.2014, a.a.O.).

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 15.10.2015 - C-137/14 - juris) an. Auch der Umstand, dass bestimmte ökologisch empfindliche Lebensräume, die in Nr. 2 des Anhangs III der UVP-Richtlinie aufgeführt sind (so z.B. Feucht- und Küstengebiete, Bergregionen und Waldgebiete), in Anlage 2 nicht ausdrücklich erwähnt werden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn solche Lebensräume liegen zu einem großen Teil in ausgewiesenen Schutzgebieten, die der Kriterienkatalog in Nr. 2.3 der Anlage 2 erfasst. Soweit die betreffenden Lebensräume keinem der dort ausdrücklich genannten Schutzgebiete zugeordnet werden können, ist ihre Berücksichtigung im Rahmen der Anlage 2 gewährleistet. Denn die Aufzählung in Nr. 2 hat keinen abschließenden Charakter und ist damit auch einer europarechtskonformen Auslegung zugänglich. Ergänzt und weiter ausgefüllt werden kann der Kriterienkatalog auch durch Bestimmungen innerhalb der UVP-Gesetze der Länder, hier das NUVPG (vgl. Sangenstedt, a.a.O., Rn. 22, m.w.N.), was die Kammer vorliegend auch berücksichtigt hat.

c. Die weiteren Angriffspunkte der Kläger im Hinblick auf weitere vom Vorhaben ausgehende Immissionen, die Verkehrszunahme, Keime etc. stellen schon keine im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles zu berücksichtigenden Kriterien dar, weshalb ein Aufhebungsanspruch der Genehmigung wegen einer fehlerbehafteten UVP-Vorprüfung hieraus nicht hergeleitet werden kann. Wie oben bereits ausgeführt, ergibt sich daraus auch keine unzumutbare Beeinträchtigung der Kläger.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene sich mit ihrer (erfolgreichen) Antragstellung einem eigenen Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat, waren ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.