Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.07.1994, Az.: 2 Sa 1258/93 E

Zur richtigen Eingruppierung einer staatlich geprüften Kinderpflegerin; Abgrenzung von den Aufgaben einer Erzieherin; Anwendbarkeit von Tarifmerkmalen auf die jeweiligen Arbeitsvorgänge

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
06.07.1994
Aktenzeichen
2 Sa 1258/93 E
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1994, 10739
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1994:0706.2SA1258.93E.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Nienburg - 26.05.1993 - AZ: 1 Ca 1063/92 E

Prozessführer

...

Prozessgegner

...

In dem Rechtsstreit
hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 06.07.1994
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Voigt
und die ehrenamtlichen Richter Howe und Böhm
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 26.05.1993 - 1 Ca 1063/92 E - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die richtige Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Klägerin ist staatlich geprüfte Kinderpflegerin. Sie hat eine dreijährige Berufsausbildung an der Fachhochschule in Vollzeitform absolviert. Die Ausbildung bestand aus einer zweijährigen überwiegend schulischen Ausbildung (mit sechsmonatigem Praktikum pro Jahr) und einem einjährigen von der Fachhochschule betreuten Berufspraktikum. Die Ausbildung beinhaltete, wie die Erzieherinnenausbildung, methodisch-didaktische Übungen im Kindergarten.

3

Die Klägerin steht seit dem 01.07.1980 in einem Arbeitsverhältnis zu dem Beklagten. Nach dem Arbeitsvertrag vom 01.07./09.07.1980 wurde sie als "Zweitkraft" für die Tagesbildungsstätte des Beklagten in ... eingestellt. Sie ist im Sonderkindergarten eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarungen die Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT, VkA) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung.

4

Die Klägerin bezieht Vergütung aus der Vergütungsgruppe VI b BAT der Anlage 1 a zum BAT (VkA) Teil 2 G (Angestellte im sozialen Erziehungsdienst). Die Klägerin betreut gemeinsam mit einer Gruppenleiterin, die ausgebildete Erzieherin ist, eine Kindergruppe. Die in dieser Gruppe betreuten Kinder sind Behinderte im Sinne des § 39 BSHG.

5

Bei Abwesenheit der Gruppenleiterin aufgrund Urlaub oder Erkrankung übernimmt die Klägerin die Funktion der Gruppenleiterin.

6

Mit ihrer am 25.11.1992 vor dem Arbeitsgericht Nienburg erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß ihr Vergütung aus der Vergütungsgruppe V c BAT der Anlage 1 a zum BAT (VkA Teil II G) zusteht.

7

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie sei "sonstige Angestellte" im Sinne der Tarifgruppe V c Fallgruppe 5 der Anlage 1 zum BAT (VkA). Sie sei zwar formal als "Zweitkraft" eingestellt und tätig, erbringe aber die Tätigkeiten einer Erzieherin in einer heilpädagogischen Gruppe mit geistigbehinderten Kindern mit unterschiedlichen Behinderungen. Zwischen ihrer Tätigkeit und der Tätigkeit der Erzieherin gebe es keinen Unterschied. Sie wirke ebenso bei pflegerischen wie bei pädagogischen Maßnahmen in der Betreuung der Kinder mit, ebenso wie bei der langfristigen Gesamtplanung der Arbeit. Gleichwertige Fähigkeiten wie sie bei einer Erzieherin vorhanden sind, habe sie durch langjährige Berufserfahrung erworben. Schwerpunkt ihrer Arbeit sei der lebenspraktische Bereich, das Sozial verhalten, die Wahrnehmungserziehung. Sprachförderung, Erziehung zum Spiel und Bewegungserziehung. Steigerung des Selbstvertrauens, Integrationsförderung und das Verhalten in Konfliktsituationen, die Durchführung von Elternabenden. Fallgespräche mit der Gruppenleiterin und Fachkräften, Einarbeitung von Praktikanten, Vertretung der Gruppenleiterin und Vertretung in anderen Gruppen, Erstellen von Entwicklungsberichten und die Erstellung einer langfristigen Gesamtplanung. Die Arbeit mit den Kindern stelle eine Kombination aus pädagogischem und pflegerischem Gebiet dar. Sie leite die Kinder unter Einsatz pädagogischer Mittel im Bereich der Körperhygiene und des Sozialverhaltens an, leite und beaufsichtige das Freispiel, bringe selbständiges Handeln in lebenspraktischen Bereichen, beispielsweise beim Essen, bei, führe Einzelförderungen durch im Bereich der Sprachtherapie und Krankengymnastik sowie der sensomotorischen Integration. Sie erteile Sportstunden in der Turnhalle und erstelle für jedes Kind Förderpläne in Zusammenarbeit mit der Gruppenleitung.

8

Die Ausschlußfrist des § 70 BAT für die Geltendmachung der vorliegenden Ansprüche sei von ihr gewahrt. Der neue Tarifvertrag für den sozialen Erziehungsdienst vom 24.04.1991, gültig ab 01.01.1991, sei erst am 22.08.1991 im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht worden. Die Geltendmachung mit Schreiben vom 13.02.1992 wahre daher die sechsmonatige Ausschlußfrist, denn die Tarifvertragsparteien hätten ausdrücklich vereinbart, daß die Ausschlußfrist frühestens mit dem Erscheinungsdatum der amtlichen Veröffentlichung im Ministerialblatt zu laufen beginne.

9

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 01.01.1991 die Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) vom 24.04.1991, gültig ab dem 01.01.1991, zu zahlen und die rückständigen Differenznettobeträge zwischen der Vergütungsgruppe VI b und der Vergütungsgruppe V c mit jeweils 4 % Zinsen ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu verzinsen.

10

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Der Beklagte hat behauptet, er habe in den vergangenen Jahren und Monaten stets auf Beachtung der Unterscheidung in den Kompetenzen zwischen der Gruppenleitung (Erzieherin) und der Zweitkraft (Krankenpflegerin) gedrungen. Insoweit habe er eine entsprechende Stellenbeschreibung erstellt (Bl. 109 der Akte).

12

Deswegen seien die Ansprüche der Klägerin teilweise verfallen, da sie die Ausschlußfrist des § 70 nicht beachtet habe. Der seit dem 01.01.1991 geltende Tarifvertrag für Angestellte im sozialen Erziehungsdienst sei seit Sommer 1991 bekannt.

13

Das Arbeitsgericht Nienburg hat der Klage mit seinem Urteil vom 26.05.1993 entsprochen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin übe dieselben Tätigkeiten aus wie eine Gruppenleiterin. Die Gruppenleiterin sei Erzieherin. Die Klägerin habe durch ihre langjährige Tätigkeit Fähigkeiten erworben, wie sie eine Erzieherin aufgrund ihrer Ausbildung besitze. Bei der Tätigkeit der Klägerin handele es sich nicht um eine bloße pflegerische Tätigkeit, sondern um eine erzieherische. Die Klägerin übe auch besonders schwierige Tätigkeiten im Sinne der Fallgruppe 5 der Vergütungsgruppe V c in Verbindung mit der Protokollnotiz 6 b aus, denn sie habe ihre Arbeiten unstreitig in Gruppen von Behinderten im Sinne des § 39 BSHG zu leisten.

14

Gegen das dem Beklagten am 23.07.1993 zugestellte Urteil hat dieser am 29.07.1993 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen Berufung eingelegt, die er am 26.08.1993 begründet hat.

15

Der Beklagte ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die Tatbestandsmerkmale der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 5 der Anlage 1 a zum BAT (VkA Teil II G) nicht hinreichend gewürdigt. Die Klägerin müsse Fähigkeiten und Erfahrung haben, die denen einer Erzieherin gleichwertig seien, während Erfahrungen durch langjährige Tätigkeit erworben werden könnten, bedürfe es hinsichtlich der Fähigkeiten der theoretischen Ausbildung. Ansonsten sei die tarifliche Differenzierung sinnlos. Im übrigen habe die Klägerin erst durch den Hinweis des Arbeitsgerichts dargelegt, daß sie die Forderung rechtzeitig geltend gemacht habe.

16

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 26.05.1993 - 1 Ca 1063/92 E - abzuändern und die Klage abzuweisen.

17

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

18

Die Klägerin trägt vor, sie arbeite in einer heilpädagogischen Gruppe für geistig behinderte Kinder im Sinne des § 39 BSHG. Dort bestehe ihre Tätigkeit darin, geistig behinderten Kindern zur Selbstverwirklichung und zu sozialem Gemeinschaftsverhalten anzuleiten und zu erziehen.

19

Im übrigen verteidigt die Klägerin das erstinstanzliche Urteil. Sie ist der Auffassung, daß sie nicht lediglich unterstützend für die Gruppenleiterin tätig sei, sondern eigene pädagogische Arbeit verrichte. Deshalb sei auch die "Stellenbeschreibung des Beklagten", die von Mitwirkung, Teilnahme und Beteiligung ausgehe, unzutreffend. Theoretische Fähigkeiten habe sie im übrigen durch den Besuch von fünf Fortbildungsveranstaltungen erworben.

20

wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung vom 26.08.1993 und die Berufungserwiderung vom 22.09.1993 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

21

I.

Die Berufung des Beklagten ist statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig. §§ 518, 519 ZPO, 64, 66 ArbGG.

22

II.

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht Nienburg hat der Klage zu Recht entsprochen. Die erkennende Kammer schließt sich den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts an.

23

Die Klägerin erstrebt mit ihrer Eingruppierungsfeststellungsklage Vergütung aus der Vergütungsgruppe V c BAT (VkA). Feststellungsklagen dieser Art. sind im Eingruppierungsprozeß des öffentlichen Dienstes allgemein üblich und begegnen keinen prozeßrechtlichen Bedenken (vgl. BAG, Urteil vom 11.11.1992 - 4 AZR 83/92 - in AP 166 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

24

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden unstreitig die Vorschriften des BAT Anwendung. Die Entscheidung hängt deshalb davon ab, ob die die Hälfte der Arbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge die Tarifmerkmale der begehrten Vergütungsgruppe V c entsprechen, § 22 Abs. 1, Abs. 2 unter Absatz 1 unter Absatz 2 Satz 1 BAT.

25

Dabei ist nach der Rechtsprechung des BAG unter einem Arbeitsvorgang in diesem Sinne die unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und Berücksichtigung einer sinnvollen vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbar und rechtlich selbständig zu beurteilende Arbeitseinheit zu verstehen, die zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führt (BAG, Urteil vom 19.03.1986, 16.04.1986 und 12.11.1986 AP Nr. 116, 120 und 129 zu §§ 22, 23 BAt 1975). Insofern ist jeder Arbeitsvorgang als solcher zu bewerten und darf hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden. Dabei soll die Bewertung der Tätigkeiten anhand des kleinsten bei natürlicher und vernünftiger Beurteilung abgrenzbaren Teils der gesamten Tätigkeit erfolgen. Die Abgrenzung ergibt sich damit aus dem jeweiligen konkreten Arbeitsergebnis, zu dem der Arbeitsvorgang führen soll. Allerdings muß es sich nicht unbedingt um den kleinstmöglichen abgrenzbaren Teil einer Tätigkeit handeln, vielmehr ist von dem von dem Angestellten im Einzelfall zu erbringenden Arbeitsergebnis auszugehen (BAG vom 07.12.1977, AP Nr. 1 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

26

Die Parteien dieses Rechtsstreits haben den Begriff des Arbeitsvorgangs nicht mehr problematisiert. Dies hat auch das erstinstanzliche Gericht nicht getan. Die Kammer geht auch deshalb davon aus, daß die gesamte Tätigkeit der Klägerin als Betreuungstätigkeit der ihr anvertrauten behinderten Kinder zu einem Arbeitsvorgang zusammenzufassen ist (BAG AP Nr. 155 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Entsprechend ist von einer einheitlichen Gesamttätigkeit auszugehen, für die die pädagogische Betreuungsarbeit prägend ist (so auch LAG Niedersachsen. Urteil vom 22.02.1994 - 13 Sa 1601/93).

27

Die Klägerin arbeitet in einer heilpädagogischen Gruppe mit geistig behinderten Kindern im Sinne von § 39 BSHG. Die Gruppen bestehen aus 6 Kindern und 2 weiteren Kindern aus der Nachbargruppe. Die Klägerin übt dabei mit den Kindern in Formen der Kombination von pädagogischen und pflegerischen Elementen soziale Verhaltensweisen mit den Kindern ein, betreibt Bewegungserziehung und Sprachförderung. Die weiteren Tätigkeiten der Klägerin. Entwicklung einer Arbeitsplanung. Teilnahme an Mitarbeiterbesprechungen und Elternabenden und weitere administrative Tätigkeiten dienen letztlich der erzieherischen Aufgabe der Klägerin und stellen daher keinen selbständigen Arbeitsvorgang dar.

28

Die Angriffe des Beklagten in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil erschöpfen sich darin, daß der Beklagte der Auffassung ist, die Tatbestandsmerkmale der Fallgruppe 5 der Vergütungsgruppe V c BAT der Anlage 1 a Teil II G (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) seien nicht erfüllt, denn die Klägerin besitze als sonstige Angestellte keine einer Erzieherin gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen.

29

Die Klägerin ist ausgebildete Kinderpflegerin. Die Ausbildung zur Kinderpflegerin ist einer Erzieherausbildung nicht gleichzusetzen. Festzustellen ist aber, daß die Ausbildung einer Kinderpflegerin darauf gerichtet ist. Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die zur Unterstützung sozial-pädagogischer Fachkräfte, wie Erzieherinnen, notwendig sind (BAG ZTR 1991, 466).

30

Die Kammer schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen der 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (13 Sa 1601/93, Urteil vom 22.02.1994) an. Dort heißt es:

"Die Ausbildung zur Kinderpflegerin vermittelt damit jedenfalls teilweise einschlägiges Fachwissen. Von daher ist die Klägerin nicht als völlig berufsfremde Kraft anzusehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BAG liegen gleichwertige Fähigkeiten der Erfahrung dann vor, wenn ähnliche gründliche Beherrschung eines entsprechenden umfangreichen Wissensgebietes, wie es durch die Fachausbildung vermittelt wird, festzustellen ist. Fähigkeiten und Erfahrungen dürfen sich nicht nur auf ein engbegrenztes Teilgebiet beschränken, der sonstige Angestellte muß ähnlich umfangreich wie eine ausgebildete Kraft eingesetzt werden können. Zur Feststellung der subjektiven Voraussetzung, Fähigkeit und Erfahrung des sonstigen Angestellten können Rückschlüsse aus der ausgeübten Tätigkeit gezogen werden (BAG AP Nr. 66 und 96 zu §§ 22, 23 BAT 1975)."

31

Die Klägerin übt seit 1980 typische Erziehertätigkeiten aus, nämlich die pädagogische Betreuung von Kindern. Sie vertritt die Gruppenleiterin bei deren Abwesenheit und übernimmt sodann vollständig deren Tätigkeiten. Sie nimmt an der Planung der zukünftigen Aktivitäten der gesamten Einrichtung teil. Die Klägerin hat durch den Besuch von fünf Fortbildungsveranstaltungen ihr Wissen auch theoretisch erweitert. Alle fünf Veranstaltungen hatten erzieherische und pädagogische Themenstellungen, nicht lediglich pflegerische. Themen waren die lerntheoretische Einführung in die erzieherische und heilpädagogische Arbeit, Handlungsfähigkeit als Grundlage der Entwicklung behinderter und nichtbehinderter Kinder - normales und beeinträchtigtes Bewegungsverhalten, Einführung in die Bewegungsbehandlung sowie Bewegung, Wahrnehmung und Denken, Theorie und Praxis der sensorischen Integrationsbehandlung.

32

Die Klägerin, die eine einschlägige Ausbildung als Kinderpflegerin besitzt, hat - wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat - die ihr von dem Beklagten übertragenen Aufgaben jahrelang (mehr als 10 Jahre) erbracht und ist den Anforderungen ihrer Arbeit gerecht geworden. Das hat der Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht in Abrede gestellt.

33

Daraus läßt sich zusammengefaßt nach Auffassung der erkennenden Kammer der Schluß herleiten, daß die Klägerin mit mehr als 10-jähriger Tätigkeit über gleichwertige Kenntnisse und Erfahrungen wie eine Erzieherin verfügt und entsprechend über den Teilbereich der Behindertenerziehung vielseitig einsetzbar ist (vgl. dazu auch LAG Niedersachsen a.a.O.).

34

Die erkennende Kammer schließt sich den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (13 Sa 1601/93) insoweit an, als dort ausgeführt wird:

Daß hier zur Feststellung der subjektiven Voraussetzungen als sonstige Angestellte allein auf die Art. der Arbeitsaufgaben und die Dauer der Tätigkeit abgestellt ist, ist in der besonderen Problematik des Erziehungsdienstes begründet. Während ingenieurmäßig Tätigkeiten und etwa Technikertätigkeiten objektiv und nachvollziehbar abgegrenzt werden können, etwa durch sachverständige Begutachtung der durchgeführten Arbeiten, erscheint dieser weg im Erziehungsdienst nicht gangbar. Pädagogische Betreuungstätigkeiten durch Erzieherin und Kinderpflegerin, wenn sie dieselben Aufgaben wahrnehmen, lassen sich praktisch nicht qualitativ unterscheiden in der Erziehertätigkeit und Kinderpflegerinnentätigkeit. Soll die tariflich vorgesehene Gleichstellung der sonstigen Angestellten mit dem Erzieher nicht leerlaufen und der Alleinentscheidung des Arbeitgebers überlassen bleiben, bleibt nur die Möglichkeit, aus der beanstandungsfreien Erledigung typischer Erzieheraufgaben unter Einschluß der Dauer der Tätigkeit auf entsprechende Fähigkeiten und Erfahrungen zu schließen. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, substantiiert, nicht nur pauschal zu beschreiben, daß entsprechende Fähigkeiten und Erfahrungen nicht vorliegen. Entsprechendes substantiiertes Bestreiten ist durch den Beklagten aber nicht erfolgt. Die Klägerin war einer Erzieherin gleichzustellen.

35

Da die Klägerin eine Gruppe mit Behinderten im Sinne des § 39 BSHG betreut, liegt gemäß Protokollnotiz 6 b besonders schwierige fachliche Tätigkeit vor. Die Voraussetzung der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 5 BMT-AW sind erfüllt.

36

Nach alledem war wie erfolgt zu entscheiden.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

38

Die Revisionszulassung erfolgt gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.