Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.10.2000, Az.: 10 Sa 1077/00
Gewährung eines Weihnachtsgeldes für Betriebsrentner
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 26.10.2000
- Aktenzeichen
- 10 Sa 1077/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 21380
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2000:1026.10SA1077.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Osnabrück - 08.05.2000 - AZ: 2 Ca 16/00
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Bezweckt eine Betriebsvereinbarung der Betriebstreue der aktiven Arbeitnehmer und sollen die Betriebsrentner daran durch Gewährung eines Weihnachtsgeldes teilhaben, so stehen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit Kündigung der Betriebsvereinbarung, die zu einer Beendigung ohne Nachwirkung führt, nicht entgegen.
- 2.
Soll eine Betriebsvereinbarung aktive Arbeitnehmer und Betriebsrentner gleichermaßen durch Gewährung eines übertariflichen Anspruchs auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes begünstigen, so teilt der einem Betriebsrentner nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zustehende schuldrechtliche Anspruch auf des Weihnachtsgeldes das rechtliche Schicksal der Betriebsvereinbarung. Er ist durch eine stillschweigende Jeweiligkeitsklausel mit späteren Änderung der kollektiv-rechtlichen Regelung für die aktiven Arbeitnehmer belastet.
In dem Rechtsstreit
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2000
durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 08.05.2000 - 2 Ca 16/00 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
- 3.
Der Wert wird auf 150,00 DM festgesetzt.
- 4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Gewährung eines Weihnachtsgeldes für Betriebsrentner für das Jahr 1999.
Der am ... geborene Kläger war von 1961 bis zum 31. März 1996 bei der Beklagten beziehungsweise ihren Rechtsvorgängern beschäftigt. Bis zum 31. Januar 1999 bezog er Arbeitslosengeld, seit dem 1. Februar 1999 erhält er gesetzliche Altersrente sowie Leistungen aus der bei der Beklagten bestehenden betrieblichen Altersversorgung.
Die Beklagte reduzierte wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten 1996 ihren Personalbestand. Zur Durchführung dieser Maßnahme schloss sie am 21. August 1995 mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat einen Interessenausgleich, der vorsah, den erforderlichen Personalabbau bevorzugt über Vorruhestandsregelungen durchzuführen (Ziffer 3.4). Ferner vereinbarten die Betriebspartner am 30. August 1995, die Regelungen des bereits am 30. November 1987 geschlossenen Unternehmens-Sozialplanes mit einigen hier nicht relevanten Modifikationen auch für die anstehende Maßnahme anzuwenden. Der Sozialplan, auf dessen Inhalt (El. 7-13 d.A.) Bezug genommen wird, sah eine Aufstockung des Arbeitslosengeldes auf 85 % des Nettoeinkommens durch eine Ausgleichszahlung vor (Ziffer 3.1 lit. b), außerdem einen Rentenausgleich von 100,00 DM monatlich für die ersten fünf Jahre nach Rentengewährung (Ziffer 3.6). Ferner wurde eine Jubiläumszuwendung für ein einziges Werksjubiläum für den Zeitraum zwischen Ausscheiden aus dem Betrieb und dem Rentenantritt gewährt (Ziffer 3.5). Der Beginn der Werksrente wurde auf den Monat gelegt, mit dem die gesetzliche Rente begann, wobei als anrechnungsfähige Dienstjahre auch die Jahre zwischen Auflösung des Arbeitsverhältnis und dem 63. Lebensjahr galten (Ziffer 4 lit. a). Hinsichtlich der Jahresabschlusszahlung traf der Sozialplan folgende Regelung:
3.4
Die Jahresabschlußzahlung (JAZ) für das Jahr des Ausscheidens errechnet sich aus dem:Jahresverdienst (Kalenderjahr) × 110% dividiert durch 12,
mindestens jedoch 500,00 netto im Ausscheidungsjahr.
Danach wird aufgrund der Werksrentenregelung 150,00 DM Weihnachtsgeld gewährt.
Die Parteien streiten darum, ob die Regelung eines Anspruchs auf Weihnachtsgeld in Ziffer 3.4 Satz 2 Sozialplan nur für die Zeit bis zum Beginn des Bezugs der gesetzlichen Altersrente oder auch darüber hinaus gilt.
Bei Abschluss des Sozialplans vom 30. November 1987 und der Vereinbarung, diesen Sozialplan auch für die Personalreduzierung im Jahr 1996 modifiziert anzuwenden, galt die "Betriebsvereinbarung über Jahresabschlußzahlung (JAZ)" (künftig: BV JAZ) vom 6. Februar 1981, auf die Bezug genommen wird (Bl. 28-37 d.A.). Diese Betriebsvereinbarung ergänzte die Bestimmungen des auf den Betrieb der Beklagten beziehungsweise ihrer Rechtsvorgänger Anwendung findenden Tarifvertrages über Sonderzahlungen der Stahlindustrie vom 15. November 1975. Sie galt für die aktiven Beschäftigten (§ 2). Abweichend davon erhielten auch Praktikanten (§ 8 Ziffer 4) und Wehrdienstleistende (§ 8 Ziffer 8) Leistungen. Pensionäre, die Werksrente bezogen oder deren Voraussetzungen erfüllten, erhielten ein Weihnachtsgeld von 120,00 DM beziehungsweise von 150,00 DM nach 25jähriger Betriebszugehörigkeit (§ 9. Die Betriebsvereinbarung galt für jedes folgende Geschäftsjahr, wenn sie nicht mit einer Frist von sechs Monaten vor Ablauf des Geschäftsjahres gekündigt wurde (§ 11).
Die Beklagte kündigte die BV JAZ am 25. Januar 1996 zum 30. September 1996 und zahlte ab dem Jahr 1996 kein Weihnachtsgeld mehr an die Pensionäre.
Der Kläger begehrt die Zahlung des Weihnachtsgeldes 1999. Durch das der Beklagten am 15. Mai 2000 zugestellte Urteil vom 8. Mai 2000 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Weihnachtsgeldes ergebe sich aus Ziffer 3.4 Sozialplan.
Hiergegen richtet sich die vom Arbeitsgericht zugelassene Berufung der Beklagten, die am 14. Juni 2000 eingelegt und mittels eines am 13. Juli 1998 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatzes begründet worden ist.
Die Beklagte legt dar, dass die Betriebspartner mit Ziffer 3.4 Satz 2 Sozialplan lediglich eine Lücke des vorhandenen Regelungswerkes, das im Betrieb Anwendung fand, hätten schließen wollen. Die im Vorruhestand befindlichen Sozialpläner seien weder von der BV JAZ noch von der betrieblichen Altersversorgung erfasst worden. Es wäre daher unsinnig gewesen, über die bereits bestehende Regelung über Weihnachtsgeld für Betriebsrentner hinaus einen weiteren konstitutiven Anspruch auf Weihnachtsgeld für die Sozialpläner auch nach Beginn des Rentenbezugs zu schaffen.
Die Beklagte beantragt,
auf die Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 8. Mai 2000 - 2 Ca 161/00 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass Ziffer 3.4 Sozialplan den Anspruch auf Gewährung von Weihnachtsgeld für die Sozialpläner auch nach Beginn des Bezugs der gesetzlichen Altersrente konstitutiv regele und mangels eines entsprechenden Zusatzes nicht lediglich auf die BV JAZ verweise. Die Betriebspartner hätten die Staffelung des Weihnachtsgeldes nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit nicht übernommen. Eine Begrenzung der Regelung auf den Zeitraum zwischen Ausscheiden und Rentenbezug lasse sich der Regelung nicht entnehmen. Jedenfalls sei die Wirksamkeit der Kündigung der BV JAZ nach den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen über den Widerruf beziehungsweise die Einschränkung betrieblicher Versorgungszusagen zu beurteilen, deren Voraussetzungen die Beklagte nicht dargelegt habe.
Gründe
Die Berufung ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO).
Sie ist auch begründet. Weder aus Ziffer 3.4 Satz 2 Sozialplan noch aus § 9 lit. b) der BV JAZ ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes für 1999.
I.
Die Auslegung von Ziffer 3.4 Satz 2 Sozialplan ergibt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung des begehrten Weihnachtsgeldes aus dieser Norm hat. Vielmehr gewährt diese Regelung nur einen Anspruch für die Zeit nach dem Jahr des Ausscheidens des Arbeitnehmers bis zum Rentenbeginn.
1.
Sozialpläne, denen nach § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG die Wirkung von Betriebsvereinbarungen zukommt, sind wie Tarifverträge und diese wie Gesetze zu interpretieren. Maßgeblich ist damit auf den im Wortlaut zum Ausdruck gebrachten Willen der Betriebspartner abzustellen und der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung zu berücksichtigen, soweit er sich in den Bestimmungen des Sozialplans niedergeschlagen hat (BAG, stRspr seit Urteil vom 27.08.1975, 4 AZR 454/74, AP Nr. 2 zu § 112 BetrVG 1972).
2.
a)
Aus dem Wortlaut der Ziffer 3.4 Satz 2 Sozialplan lässt sich der Wille der Betriebspartner nicht abschließend entnehmen.
Durch die Einleitung mit dem Wort "danach" haben die Betriebspartner lediglich zum Ausdruck gebracht, dass Satz 2 die Zeit nach dem in Satz 1 geregelten Jahr des Ausscheidens erfassen soll. Ob und wie diese Regelung zeitlich begrenzt sein soll, lässt sich daraus nicht entnehmen.
Die weitere Formulierung "aufgrund der Werksrentenregelung" regelt ebenfalls nicht eindeutig, ob die Betriebspartner lediglich die bestehende Regelung für Werksrentner ergänzen oder eine eigenständige, über die Zeit des Rentenbeginns hinausreichende Regelung treffen wollten.
b)
Der Inhalt von Ziffer 3.4 Satz 2 Sozialplan lässt sich jedoch mit hinreichender Sicherheit nach dem Zweck der Norm bestimmen. Die Regelung sollte erkennbar nur die für die Zeit des Vorruhestands, d. h. die Zeit nach dem Jahr des Ausscheidens bis zum Beginn des Rentenbezugs, bestehende Regelungslücke schließen.
Der Personalabbau 1996 sollte bevorzugt über Vorruhestandsregelungen erfolgen (Ziffer 3.4 Interessenausgleich). Der Sozialplan 1987 i.d.F. vom 30. August 1995 sah eine Fülle von Regelungen vor, die die Nachteile, die für die Arbeitnehmer durch den Vorruhestand eintraten, ausgleichen oder mildern sollten. Das Arbeitslosengeld wurde auf 85% des Nettoeinkommens aufgestockt und Rentennachteile wurden durch eine befristete Ausgleichszahlung gemildert.
Nach ihrem Ausscheiden hatten die Vorruheständler keinen Anspruch auf Weihnachtsgeld mehr. Sie wurden von der BV JAZ nicht erfasst. Sie waren nicht mehr aktive Beschäftigte, so dass sie dem Personenkreis des § 2 BV JAZ nicht mehr unterfielen. Andererseits waren sie keine Pensionäre, so dass sie noch keinen Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgelds aus § 9 BV JAZ hatten. Auch § 8 Ziffer 8 BV JAZ regelte nur die Ansprüche auf Zahlung einer Jahresabschlusszahlung im Jahr des Ausscheidens. Vor diesem Hintergrund wollten die Betriebspartner ersichtlich eine weitere Regelung zum Ausgleich der Nachteile für die Vorruheständler schaffen, in dem sie ihnen Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes auch über das Jahr des Ausscheidens hinaus gewährten. Wegen der Nähe dieses Personenkreises zu den aktiven Beschäftigten sollten die Vorruheständler unabhängig von der Dauer der Betriebs Zugehörigkeit offenkundig den höchsten Betrag erhalten, den Pensionäre beziehen konnten, nämlich 150,00 DM.
Wollten die Betriebspartner aber nur einen weiteren Nachteilsausgleich schaffen und so eine bestehende Regelungslücke schließen, so ergibt sich aus diesem Zweck notwendigerweise die zeitliche Begrenzung des Anspruchs. Im Zeitpunkt der Vereinbarung, den Sozialplan 1987 wieder anzuwenden, galt noch die BV JAZ, die ab Beginn des Rentenbezugs eigenständig Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes gewährte. Es ist nicht ersichtlich, warum die Betriebspartner zwei nebeneinander bestehende Regelungen schaffen wollten, die jeder für sich selbständig den Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes ab Rentenbeginn regelten. Ab diesem Zeitpunkt bestand keine Regelungslücke mehr und damit kein Bedarf nach einer konstitutiven Regelung im Sozialplan. Daraus ergibt sich, dass Ziffer 3.4 Satz 2 Sozialplan nach dem Jahr des Ausscheidens nur einen Anspruch für die Zeit des Vorruhestands bis zum Rentenbeginn gewähren sollte.
c)
Dieses Auslegungsergebnis wird bestätigt durch die Regelung von Jubiläumszuwendungen in Ziffer 3.5 Sozialplan. Auch dieser Anspruch sollte nur bis zum Rentenantritt bestehen. Anders als in Ziffer 3.4 Sozialplan war in diesem Regelungszusammenhang eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung nötig, weil für Jubiläumszuwendungen keine speziellere Regelung bestand, der sich eine stillschweigende Begrenzung des Anspruchs auf die Zeit bis zum Rentenbeginn entnehmen ließ.
d)
Der Kläger bezieht seit 1. Februar 1999 gesetzliche Altersrente. Da das Vorruhestandsverhältnis damit an Weihnachten 1999 nicht mehr bestand, hatte er auch für das Jahr 1999 schon keinen Anspruch mehr aus Ziffer 3.4 Satz 2 Sozialplan auf Zahlung des Weihnachtsgeldes (vgl. BAG, 30.03.1994, 10 AZR 134/93, AP Nr. 161 zu § 611 BGB - Gratifikation <II 2 d.Gr.>).
II.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus § 9 lit. b) BV JAZ auf Zahlung des begehrten Weihnachtsgeldes. Diese Betriebsvereinbarung ist von der Beklagten zum 30. September 1996 wirksam gekündigt worden und entfaltet daher keine Wirkung mehr zugunsten des Klägers.
1.
Betriebsvereinbarungen sind kündbar (§ 77 Abs. 5 BetrVG), wobei die Ausübung des Kündigungsrechts keiner Rechtfertigung bedarf und keiner inhaltlichen Kontrolle unterliegt. Dies gilt unabhängig vom Regelungsgegenstand der Betriebsvereinbarung (BAG, stRspr, zuletzt 11.05.1999, 3 AZR 21/98, AP Nr. 6 zu § 1 BetrAVG - Betriebsvereinbarung <II 1 d.Gr.> m.w.N.).
a)
Allerdings begrenzen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit die Wirkung der Kündigung von Betriebsvereinbarungen. Soweit sich danach, insbesondere bei Eingriff in Besitzstände einer betrieblichen Altersversorgung, Einschränkungen ergeben, bleibt die Betriebsvereinbarung als kollektiv-rechtliche Anspruchsgrundlage erhalten (BAG, a.a.O. <III 2 d.Gr.>; bestätigt durch BAG, 17.08.1999, 3 ABR 55/98, AP Nr. 79 zu § 77 BetrVG 1972 <II 2 b d.Gr.>).
b)
Diese Grundsätze finden hier jedoch keine Anwendung. Sie resultieren aus der Erwägung, dass Versorgungsbesitzstände und Anwartschaften wegen der vom Arbeitnehmer erbrachten Vorleistungen, die er nur einmal erbringen kann, zu schützen sind (vgl. BAG, 10.03.1992, 3 ABR 54/91, AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG - Betriebsvereinbarung <II 2 d d.Gr.>). Hier ist zwar auch die Zahlung eines Weihnachtsgeldes an die Pensionäre Belohnung der erwiesenen Betriebstreue. Der Zweck der Regelung ist jedoch eindeutig, die aktiven Arbeitnehmer für die imjeweiligen Jahr erwiesene Betriebstreue zu belohnen und die Pensionäre daran teilhaben zu lassen. Es handelt sich damit um eine gegenüber den aktiven wie den ehemaligen Arbeitnehmern erbrachte freiwillige Leistung mit Gratifikations- und nicht um eine Leistung mit Versorgungscharakter.
c)
Die BV JAZ endete mit Wirksamwerden der Kündigung am 30. September 1996 ohne Nachwirkung. Dies gilt auch für die hier vorliegende teilmitbestimmte Leistung (BAG, 17.01.1995, 1 ABR 29/94, AP Nr. 7 zu § 77 BetrVG 1972 - Nachwirkung <II A 2 d.Gr.>).
2.
Daraus, dass der Kläger im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung der BV JAZ durch die Beklagte am 30. September 1996 bereits aus dem Betrieb ausgeschieden war, ergibt sich nichts anderes.
a)
Allerdings hatte sich mit seinem Ausscheiden am 31. März 1996 sein Anspruch aus § 9 BV JAZ auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes in einen selbständigen schuldrechtlichen Anspruch verwandelt, der der kollektivrechtlichen Zusage, wie sie im Zeitpunkt seines Ausscheidens galt, entsprach (BAG, stRspr. seit BAG, GS, 16.03.1956, GS 1/55, AP Nr. 1 zu § 57 BetrVG 1952 <I 3 d.Gr.>; bestätigt durch BAG, 25.10.1988, 3 AZR 483/86, AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG - Betriebsvereinbarung <I 2 d.Gr.>).
b)
Der schuldrechtliche Anspruch des Klägers teilte jedoch das rechtliche Schicksal der Betriebsvereinbarung. Mit deren Beendigung am 30. September 1996 ist auch der schuldrechtliche Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Weihnachtsgeldes aus § 9 BV JAZ erloschen.
aa)
Allerdings besteht der schuldrechtliche Anspruch grundsätzlich unabhängig vom weiteren rechtlichen Schicksal der Betriebsvereinbarung und über deren Ende hinaus (BAG, a.a.O.). Liegt der Sinn einer Betriebsvereinbarung jedoch darin, bei bestimmten Ansprüchen aktive und ehemalige Beschäftigte gleichzustellen, können die begünstigten Ruheständler auch nach ihrem Ausscheiden nicht damit rechnen, besser als die aktive Belegschaft behandelt zu werden. Der schuldrechtliche Anspruch ist in diesen Fällen durch eine stillschweigende Jeweiligkeitsklausel mit dem Vorbehalt einer späteren Änderung der kollektivrechtlichen Regelung für die aktive Belegschaft belastet (BAG, 13.05.1997, 1 AZR 75/97, AP Nr. 65 zu § 77 BetrVG 1972 <I 4 a d.Gr.>).
bb)
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die BV JAZ ergänzte den allein auf die aktive Belegschaft Anwendung findenden TV Sonderzahlung in mehreren Punkten. So wurde die in § 2 Zf. 5 TV Sonderzahlung ausdrücklich offengelassene Frage der Gewährung einer Jahresabschlusszahlung für Arbeitnehmer mit Fehlzeiten dahin geregelt, dass bestimmte Fehlzeiten nicht und Zeiten nach Ablauf des gesetzlichen Lohnfortzahlungszeitraums mit einem fixen Betrag berücksichtigt wurden (§ 7 BV JAZ). Neueingestellte, für die der TV Sonderzahlung ebenfalls keine Regelung enthielt, erhielten einen nach Eintrittszeit gestaffelten Mindestanspruch beziehungsweise den Anspruch auf eine anteilige Abschlusszahlung (§ 8 Zf. 2 BV JAZ). Kurzarbeit führte nicht zur Kürzung der Abschlusszahlung (§ 8 Ziffer 6 BV JAZ). Wehrdienstleistende erhielten abweichend vom TV Sonderzahlung eine Abschlusszahlung (§ 8 Ziffer 7 BV JAZ). Schließlich wurde den vom TV Sonderzahlung überhaupt nicht erfassten Pensionären ein Anspruch auf ein Weihnachtsgeld gewährt.
Damit hatte die Betriebsvereinbarung den Zweck, sowohl den Aktiven als auch den Ruheständlern Verbesserungen hinsichtlich der tariflichen Regelung einer Jahresgratifikation zukommen zu lassen. Der Sinn von § 9 BV JAZ war demnach - wie bereits ausgeführt - nicht die Gewährung eines Ruhegelds, sondern die Zahlung einer (übertariflichen) Gratifikation auch an die Ruheständler. Wenn aber die aktiven Arbeitnehmer wegen der wirtschaftlichen Situation der Beklagten ab 1996 auf diese Vergünstigungen verzichten und sich mit den tariflichen Leistungen begnügen mussten, konnten auch die Ruheständler nicht mehr damit rechnen, übertarifliche Leistungen zu erhalten. Aufgrund der stillschweigenden Jeweiligkeitsklausel war nach dem Außerkrafttreten der BV JAZ auch der schuldrechtliche Anspruch des Klägers auf Zahlung von Weihnachtsgeld erloschen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
IV.
Der Streitwert wurde in Höhe der bezifferten Forderung festgesetzt.
V.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG), bestanden nicht. Insbesondere kam dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil der Geltungsbereich der auszulegenden Norm sich lediglich auf den Zuständigkeitsbezirk des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen beschränkte.
Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) wird hingewiesen.
Streitwertbeschluss:
Der Wert wird auf 150,00 DM festgesetzt.
Der Streitwert wurde in Höhe der bezifferten Forderung festgesetzt.