Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.10.2000, Az.: 7 Sa 1814/99
Anrechnung von an einem gesetzlichen Feiertag geleisteter Arbeit auf die in dem jeweiligen Monat zu leistende Sollarbeitszeit
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 10.10.2000
- Aktenzeichen
- 7 Sa 1814/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 22446
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2000:1010.7SA1814.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Emden - 02.09.1999 - 2 Ca 261/99
- nachfolgend
- BAG - 28.02.2002 - AZ: 6 AZR 731/00
Amtlicher Leitsatz
Die von dem Kläger an einem gesetzlichen Feiertag geleistete Arbeit, für die er je Stunde ohne Freizeitausgleich einen Zeitzuschlag von 135 % erhält, muss nicht auf die in dem jeweiligen Monat zu leistende Sollarbeitszeit angerechnet werden.
In dem Rechtsstreit
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 10.10.2000
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter ... und
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 02.09.1999, 2 Ca 261/99, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die von dem Kläger an einem gesetzlichen Feiertag geleistete Arbeit, für die er je Stunde ohne Freizeitausgleich einen Zeitzuschlag von 135 % erhält, auf die in dem jeweiligen Monat zu leistende Sollarbeitszeit angerechnet werden muss.
Der Kläger ist seit dem 01. Februar 1989 bei dem Niedersächsischen Hafenamt N., Schifffahrtsmeldestelle No ... beschäftigt, und bezieht eine Vergütung nach der Lohngruppe MTArb 6. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) Anwendung.
Der Kläger wird in Wechselschicht beschäftigt und arbeitet nach seinem Dienstplan an 7 aufeinanderfolgenden Tagen insgesamt 77 Stunden, im Anschluss daran hat er dann 7 Tage frei.
Wenn er an einem Wochenfeiertag arbeitet, erhält er hierfür keinen Freizeitausgleich und einen Zeitzuschlag gem. § 27 MTArb i. H. v. 135 %.
Die Beklagte ermittelt für die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer die monatliche "Soll-Arbeitszeit" unter Zugrundelegung aller Wochenarbeitstage ausschließlich der Wochenfeiertage. Diesen "Soll-Stunden" wird dann jeweils am Monatsende die von den Arbeitnehmern tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden als sog. "Ist-Stunden" gegenübergestellt. Bei der Berechnung der "Ist-Stunden" berücksichtigt die Beklagte die an Wochenfeiertagen geleistete Arbeitszeit nicht.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage, und vertritt die Auffassung, die Nichtberücksichtigung der an einem Wochenfeiertag geleisteten Stunden bei den "Ist-Stunden" entspreche nicht den gesetzlichen und tariflichen Vorgaben. Der Zeitzuschlag von 135 % müsse zusätzlich zu der Vergütung für die geleisteten Feiertagsarbeitsstunden gezahlt werden. Eine derartige gesonderte Vergütung erhalte er jedoch nicht, da er den gleichen festen Monatstabellenlohn erhalte wie die Arbeitnehmer, die an dem Wochenfeiertag im Gegensatz zu ihm nicht gearbeitet hätten.
Das Arbeitsgericht hat durch ein den Parteien am 15. September 1999 zugestelltes Urteil vom 02. September 1999, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 53 bis 60 d. A.), die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Dadurch, dass die für ihn geltende Sollstundenzahl um die an Wochenfeiertagen zu leistende Arbeitszeit vermindert sei, sei es gerechtfertigt, die von ihm an Wochenfeiertagen geleisteten Stunden bei den Ist-Stunden nicht zu berücksichtigen. Anderenfalls würden die an Wochenfeiertagen geleisteten Arbeitsstunden mit insgesamt 335 % des normalen Lohnes vergütet.
Hiergegen richtet sich die am 13. Oktober 1999 eingelegte und am 11. November 1999 begründete Berufung des Klägers.
Der Kläger ist der Auffassung, die Rechtsanwendung durch das Arbeitsgericht führe zu einer Ungleichbehandlung der Mitarbeiter und entspreche nicht dem Sinn und Zweck des Tarifvertrages. Dies ergebe sich beispielsweise aus einer Stundenberechnung für Angestellte der Beklagten für den Monat April 1999. Unter Herausrechnung der Wochenfeiertage ergebe sich eine Sollstundenzahl von 138,6 Stunden. Die beiden Angestellten D. und Bruns hätten jeweils 154 Stunden geleistet mit dem Unterschied, dass der Angestellte B. auch an 2 Wochenfeiertagen gearbeitet habe. Gegenüber den Sollstunden ergebe sich eine Differenz i. H. v. 15,4 Stunden. Diese würden bei dem Angestellten D., der an den Wochenfeiertagen nicht gearbeitet habe, als Mehrarbeitsstunden gewertet. Die Nichtberücksichtigung der geleisteten Feiertagsstunden bei dem Angestellten B. führe demgegenüber dazu, dass 21,5 Stunden gestrichen würden und somit 6,1 Fehlstunden in dem selben Monat verblieben.
Zwar erhalte der Mitarbeiter B. für die an den Wochenfeiertagen geleisteten Stunden einen Feiertagszuschlag von 135 %. Dieser müsse aber zusätzlich zu der normalen Arbeitszeit gewährt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und festzustellen, dass hinsichtlich der geleisteten Feiertagsarbeit an Werktagen über die Zahlung von 135 % Feiertagszuschlag hinaus die geleisteten Arbeitsstunden dem Stunden-Ist zuzurechnen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten vom 10. Dezember 1999, 13. April 2000 und 25. Mai 2000.
Gründe
Die Berufung des Klägers ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 518, 519 ZPO, 64, 66 ArbGG. Insbesondere ist die Berufung auch hinreichend im Sinne des § 519 Abs. 3 Ziff. 2 ZPO begründet worden, da der Kläger die fehlerhafte Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts rügt und dies anhand eines Beispiels zu verdeutlichen versucht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die von dem Kläger an einem Wochenfeiertag geleisteten Arbeitsstunden nicht bei der Berechnung der sog. "Ist-Stunden" zu berücksichtigen sind.
Der auf das Arbeitsverhätnis der Parteien unstreitig anwendbare Manteltarifvertrag für die Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder regelt in § 15 Abs. 6 die Verpflichtung des Klägers, dienstplanmäßig Feiertagsarbeit zu erbringen. Auf Antrag des Arbeiters ist die dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeit an einem Wochenfeiertag durch entsprechende zusammenhängende Freizeit auszugleichen. Für diese Zeit muss dann der Monatsregellohn fortgezahlt werden.
§ 27 MTArb regelt die Zeitzuschläge, die für an Wochenfeiertagen geleistete Stunden zu zahlen sind. Dabei wird differenziert danach, ob für die Feiertagsarbeit ein Freizeitausgleich gewährt wird oder nicht. Für Arbeiten an Wochenfeiertagen ohne Freizeitausgleich wird ein Zeitzuschlag von 135 % gewährt, bei einem Freizeitausgleich beträgt der Zuschlag demgegenüber lediglich 35 %.
Unstreitig erhält der Kläger für die von ihm an Wochenfeiertagen geleisteten Arbeitsstunden einen Zeitzuschlag von 135 % und mithin keinen Freizeitausgleich. Dies hatte dann aber zur Folge, dass die an dem Wochenfeiertag geleisteten Arbeitsstunden auch nicht bei der Berechnung der sog. "Ist-Stunden" berücksichtigt werden dürfen. Denn diese "Ist-Stunden" beziehen sich auf die monatlich errechneten "Soll-Stunden", die allerdings die Feiertagsstunden nicht berücksichtigt. Würden die an einem Wochenfeiertag von dem Kläger geleisteten Arbeitsstunden bei den sog. "Ist-Stunden" berücksichtigt, hätte dies zur Folge, dass dem Kläger tatsächlich ein Freizeitausgleich gewährt wird. Dann stände ihm aber auch lediglich ein Zuschlag nach § 27 i. H. v. 35 % zu.
Zu Unrecht meint der Kläger, er erhalte für die an einem Wochenfeiertag geleisteten Stunden keine Vergütung, wenn keine Berücksichtigung bei den sog. "Ist-Stunden" erfolgt. Der Kläger erhält von der Beklagten vielmehr monatlich einen festen Monatstabellenlohn gem. den §§ 21, 22 MTArb. Dieser Monatslohn deckt die tarifliche Arbeitszeit von zur Zeit wöchentlich 38,5 Stunden ab. Dies bedeutet, dass mit der Zahlung des Monatslohnes insgesamt 167 Arbeitsstunden jeden Monat vergütet werden. In den Monaten, in die ein Wochenfeiertag fällt, beinhaltet die Zahlung des Monatslohnes allerdings nicht nur die Vergütung für geleistete Arbeit. Die an dem Wochenfeiertag ausgefallene Arbeit wird vielmehr gem. den §§ 34 Abs. 1 MTArb i. V. m. § 2 des EntgeltfortzahlungsG gleichwohl bezahlt. Ein Anspruch auf Entgeltzahlungen an Feiertagen besteht allerdings nur, wenn die Arbeitszeit in Folge des gesetzlichen Feiertages ausfällt. Fällt die Arbeit nicht aus, sondern muss dienstplanmäßig verrichtet werden, besteht auch kein Anspruch auf Lohnfortzahlung an Wochenfeiertagen gem. den §§ 34 MTArb, 2 EntgeltfortzahlungsG. Durch den Monatslohn vergütet wird dann mithin nicht die durch den Feiertag ausgefallene Arbeit, sondern die an dem Feiertag geleistete Arbeit.
Der Kläger mag dieses Ergebnis als ungerecht ansehen. Er bekommt hinsichtlich der Grundvergütung für die an einem Feiertag geleistete Arbeit das gleiche Entgelt wie der Arbeitnehmer, der an diesem Feiertag nicht arbeitet. Ein Ausgleich findet insofern nur über die Zahlung des Zeitzuschlages nach § 27 MTArb statt. Da hier aber ausdrücklich differenziert wurde zwischen Arbeit an Wochenfeiertagen ohne Freizeitausgleich und bei Freizeitausgleich, müssen die Gerichte für Arbeitsachen davon ausgehen, dass die Tarifvertragsparteien diese Ungleichbehandlung gesehen und durch den Zeitzuschlag von 135 % ausgeglichen haben. Eine Verfassungswidrigkeit der im Streit stehenden Regelungen kann deshalb nicht angenommen werden. Jedenfalls ist nicht feststellbar, dass die tarifliche Regelung insgesamt den Kläger gegenüber Arbeitnehmern, die an Wochenfeiertagen nicht arbeiten, benachteiligt. Die Wochenfeiertagsarbeit wird letztlich sowohl bei Gewährung eines Freizeitausgleichs als auch faktisch bei dem Fehlen eines Freizeitausgleichs mit zusätzlich 35 % vergütet.
Die Berufung des Klägers war deshalb mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.