Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.02.2000, Az.: 5 Sa 2558/98

Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
28.02.2000
Aktenzeichen
5 Sa 2558/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 21608
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2000:0228.5SA2558.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Stade - 12.10.1998 - AZ: 1 Ca 914/98

Fundstellen

  • NZA-RR 2000, 474-475 (Volltext mit amtl. LS)
  • NZI 2001, 84
  • ZInsO 2000, 572 (red. Leitsatz)

Amtlicher Leitsatz

Für die Zahl der regelmäßig Beschäftigten nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist die Beschäftigungslage maßgeblich, die allgemein für den Betrieb kennzeichnend ist. Es bedarf zur Feststellung eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke des Betriebs und einer Einschätzung seiner zukünftigen Entwicklung (im Anschluß an BAG 31.01.1991 - 2 AZR 356/90 - AP KSchG 1969 § 23 Nr. 11). Auf den höheren Beschäftigungsstand in der Vergangenheit kommt es nicht an, wenn der Betrieb mit verringerter Belegschaft fortgeführt werden soll (im Anschluß an LAG Rheinland-Pfalz 16.02.1996 - 3 Sa 870/95 - NZA 1997, 315). Dabei sind die vom Arbeitgeber gleichzeitig oder zeitnah gekündigten Arbeitnehmer der Beschäftigungszahl stets hinzuzurechnen, weil der allg. Kündigungsschutz anderenfalls umgangen werden könnte. Nicht zu berücksichtigen sind dagegen z. B. Arbeitnehmer, die selbst gekündigt haben oder durch Aufhebungsvertrag ausscheiden und bei denen ein Beurteilungszeitpunkt feststeht, daß sie nicht ersetzt werden.

In dem Rechtsstreit
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 28.02.2000
durch
den Direktor des Arbeitsgerichts Dr. ... und
die ehrenamtliche Richterin ... und
den ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 12.10.1998 - 1 Ca 914/98 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Der am 13.05.1972 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 29.09.1997 als Zimmerer bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden und einem Bruttostundenlohn von zuletzt 24,94 DM beschäftigt.

3

Mit Schreiben vom 03.08.1998, das dem Kläger am selben Tage zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Hinweis auf die Frist nach § 12 Abs. 1. 1 BRTV-Bau fristgerecht zum 15.08.1998. Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht erklärte der Geschäftsführer der Beklagten, die Kündigung solle fristgerecht zum 17.08.1998 wirken.

4

Im Jahr 1998 sank die Zahl der Beschäftigten ab. Im Januar 1998 waren 14 Arbeitnehmer beschäftigt, im Februar 13 und im Juni 11. Zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden noch folgende Arbeitsverhältnisse:

5

Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer:

6

...

7

Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer:

8

11. ... mit 19,25 Stunden wöchentlich

9

12. ... mit weniger als 12 Stunden wöchentlich

10

13. ... mit weniger als 10 Stunden wöchentlich

11

Die Beklagte kündigte neben dem Kläger Herrn ... am selben Tage. Herr ... hatte die Kündigung bereits am 31.07.1998 zum 31.08.1998 erhalten. Herr ... schied aufgrund einer Eigenkündigung vom 15.06.1998 am 14.08.1998 aus dem Arbeitsverhältnis aus.

12

Mit der Kündigungsschutzklage vom 21.08.1998 hat sich der Kläger gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt und zur Begründung vorgetragen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam. Bei der Beklagten seien regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer im Sinne des § 23 KSchG beschäftigt.

13

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 03.08.1998 nicht zum 17.08.1998 beendet worden ist.

14

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Die Beklagte hat die Kündigung bereits deshalb für unwirksam gehalten, weil sich der Kläger nicht auf das Kündigungsschutzgesetz berufen könne. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe sie nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Außer den Arbeitnehmern ... und dem Kläger, denen gekündigt worden sei, dürfe auch der Arbeitnehmer ... nicht mitgerechnet werden, der das Arbeitsverhältnis am 15.06.1996 von sich aus gekündigt habe. Im Zuge eines Auftragsrückgangs habe die Belegschaft ständig verringert werden müssen. Die Beklagte hat behauptet, sie habe nicht beabsichtigt, einen neuen Arbeitnehmer einzustellen.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.10.1998 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die nach § 12 BRTV-Bau fristgemäß ausgesprochene Kündigung habe nicht darauf überprüft werden müssen, ob Kündigungsgründe im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes vorlägen. Das Kündigungsschutzgesetz finde keine Anwendung, weil die Beklagte zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung in der Regel 10 oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt habe, ausschließlich der Auszubildenden. Den sechs Vollzeitbeschäftigten ... müssten die Teilzeitbeschäftigten ... mit dem Faktor 0,5 sowie ... mit jeweils dem Faktor 0,25 hinzugerechnet werden. Ferner seien der Kläger sowie die gekündigten Arbeitnehmer ... zu berücksichtigen, denen die Beklagte zeitgleich bzw. zeitnah gekündigt habe. Nicht hinzuzurechnen seien aber die im Januar, Februar und Anfang Juni 1998 ausgeschiedenen Arbeitnehmer sowie der Arbeitnehmer .... Für die Ermittlung der regelmäßig Beschäftigten bedürfe es neben eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke des Betriebes einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung. Durch die Eigenkündigung am 15.06.1998 sei klar gewesen, dass sich die Arbeitnehmerzahl auf 10 verringern würde. Die Beklagte habe unwidersprochen vorgetragen, dass sie weder für Herrn ... noch für die von ihr gekündigten Arbeitnehmer habe Ersatz einstellen wollen.

17

Dieses Urteil ist dem Kläger am 27.10.1998 zugestellt worden. Mit der am 11.11.1998 eingelegten und am 09.12.1998 begründeten Berufung vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag. Das Kündigungsschutzgesetz sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts anwendbar. Für die Beurteilung, ob in dem Betrieb "in der Regel" mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt seien, müsse auf die normale Beschäftigtenzahl eines Betriebes zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung abgestellt werden. Maßgeblich seien die nach der betrieblichen Personalplanung regelmäßig vorhandenen Arbeitsplätze, wobei eine vergangenheits- wie zukunftsbezogene Betrachtung angestellt werden müsse. Herr ... der bis zum 14.08.1998 beschäftigt gewesen sei, habe den vom Arbeitsgericht ermittelten 10 Arbeitnehmern hinzugerechnet werden müssen. Der Kläger vertritt die Auffassung, die reine Behauptung, zukünftig mit weniger Arbeitnehmern auskommen zu wollen, stelle keine nachprüfbare Prognose der zukünftigen Beschäftigtenzahl dar. Würde dieser Vortrag ausreichen, wäre es vom Willen des jeweiligen Arbeitgebers abhängig, ob in seinem Betrieb das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finde oder nicht. Tatsachen, die den Schluss auf eine planmäßige Reduzierung der Belegschaft zuließen, seien nicht vorgetragen.

18

Der Kläger hält die Kündigung weiter für sozial ungerechtfertigt. Aus dem Rückgang der Umsatzerlöse könne noch nicht auf die Notwendigkeit der betriebsbedingten Kündigung geschlossen werden. Die Beklagte habe ihre (bestrittene) Behauptung, auf Dauer mit reduziertem Personal weiterzuarbeiten, im einzelnen darlegen und beweisen müssen. Im übrigen habe die Beklagte trotz entsprechenden Bestreitens die Kriterien der Sozialauswahl nicht offengelegt.

19

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stade vom 12.10.1998 (1 Ca 914/98) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 03.08.1998 nicht zum 17.08.1998 beendet worden ist.

20

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

21

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit der Auffassung, dass grundsätzlich die Beschäftigtenzahl im Zeitpunkt der Kündigung maßgeblich sei. Ergäben Rückschau und Vorschau aber, dass der bei Zugang der Kündigung tatsächlich gegebene Beschäftigungsstand für den Betrieb nicht kennzeichnend sei, müsse aus dieser Perspektive darauf abgestellt werden, mit wieviel Arbeitnehmern der Betrieb seine Aufgaben in Zukunft erfüllen werde. Durch die Eigenkündigung des Herrn ... sei klargewesen, dass sich die Beschäftigtenzahl auf 10 verringern würde. Die Beklagte behauptet, zum Zeitpunkt der Kündigung des Klägers seien keine Neueinstellungen geplant gewesen. Die Absenkung der Beschäftigtenzahl beruhe auf notwendigen betriebserhaltenen Maßnahmen. Im Vergleich zum Vorjahr sei der Umsatzerlös für das Jahr 1997 von ca. 2,7 Millionen auf ca. 1,7 Millionen DM abgesunken. Dieser Umsatzrückgang, der auf der allgemeinen schlechten Baukonjunktur beruhe, sei schon zur Jahresmitte sichtbar gewesen.

Gründe

22

I.

Die Berufung ist als unbegründet zurückzuweisen, weil die Klage unbegründet ist. Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Urteil zutreffend die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes verneint.

23

1.

Die Wirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 03.08.1998 ist nach § 23 Abs. 1 KSchG in der Fassung des arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetzes 1996 (im folgenden: § 23 a.F.) zu beurteilen, das in der Zeit vom 01.10.1996 bis zum 31.12.1998 galt.

24

Der Kläger fällt nicht unter die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG a.F. Die dort enthaltene Besitzstandsklausel bestimmt, dass durch die Neufassung des § 23 KSchG im arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetz nicht in die Rechtstellung der Arbeitnehmer eingegriffen wird, die am 30.06.1996 gegenüber ihrem Arbeitgeber Rechte aus der zuvor geltenden Fassung des § 23 KSchG herleiten können. Da der Kläger erst am 29.07.1997 bei der Beklagten eingestellt worden ist, gilt für ihn der Schwellenwert des 23 KSchG a.F.

25

2.

a)

Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG a.F. gelten die Vorschriften des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes nicht für Betriebe, in denen in der Regel 10 oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt werden. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 10 Stunden mit 0,25 und mit nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 zu berücksichtigen.

26

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich das Berufungsgericht anschließt, ist für die Bestimmung der Beschäftigtenzahl auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung abzustellen, nicht auf den Zugang der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BAG 16.06.1976 - 3 AZR 73/75 - AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 8). Da § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG in seiner jeweiligen Fassung für die Ermittlung der Betriebsgröße aber auf die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer abstellt, ist die Beschäftigungslage maßgeblich, die im allgemeinen für den Betrieb kennzeichnend ist. Die zufällige tatsächliche Beschäftigtenzahl zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs soll unbeachtlich sein. Zur Festlegung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl bedarf es daher eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke des Betriebes und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung (BAG 31.01.1991 - 2 AZR 356/90 - AP KSchG 1969 § 23 Nr. 11 unter II. der Gründe).

27

Nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16.02.1996 (3 Sa 870/95 - NZA 1997, 315) ist entscheidend, mit wievielen Arbeitnehmern der Betrieb seine Aufgaben in Zukunft regelmäßig erfüllen will, wenn Rückblick und Vorschau ergeben, dass der bei Kündigungszugang tatsächlich gegebene Beschäftigtenstand für den Betrieb nicht kennzeichnend ist. Sinke aufgrund einer planmäßigen Reduzierung der Beschäftigtenstand unter den Schwellenwert, genieße der zu diesem Zeitpunkt ordentlich gekündigte Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz. Auf den - höheren - Beschäftigtenstand in der Vergangenheit komme es nicht an, wenn mit der verringerten Belegschaft der Betrieb auf Dauer fortgeführt werden solle (ebenso KR/Weigand § 23 Rdnr. 38).

28

Mit dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass für die regelmäßige Beschäftigtenzahl die zukünftige Entwicklung maßgeblich ist, wenn der Beschäftigtenstand in der Vergangenheit kontinuierlich abgesunken ist. In diesen Fällen gewinnt die zukunftsbezogene Betrachtung an Bedeutung. Der Arbeitgeber muss nachvollziehbare Tatsachen darlegen, aus denen sich ergibt, dass ein Betrieb auf Dauer unter die Kleinbetriebsklausel des § 23 Abs. 1 KSchG (in der jeweiligen Gesetzesfassung) fällt.

29

Abweichend von der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz müssen nach Auffassung des Berufungsgerichts aber die vom Arbeitgeber zeitgleich oder zeitnah gekündigten Arbeitnehmer stets der Beschäftigtenzahl hinzugerechnet werden. Maßgeblich ist, dass der Arbeitgeber die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nicht dadurch umgehen darf, dass er im zeitlichen Zusammenhang so vielen Arbeitnehmern betriebsbedingt kündigt, bis der Schwellenwert des § 23 Abs. 1 KSchG (in der jeweiligen Gesetzesfassung) unterschritten ist und damit die Kündigung nicht mehr nach Maßgabe des § 1 KSchG begründet werden muss. Kündigt ein Arbeitgeber beispielsweise fünf seiner ehemals 10 Beschäftigten und ist nachvollziehbar, dass er seine Aufgaben mit der verringerten Arbeitnehmerzahl zukünftig erfüllen wird, muss dennoch eine Sozialauswahl nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 KSchG durchgeführt werden. Eine Prüfung, ob im Kündigungszeitpunkt zu einem bestimmten Kündigungstermin dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen und die Grundsätze der sozialen Auswahl beachtet sind, wird z. B. nicht dadurch entbehrlich, dass der Arbeitgeber die Stilllegung seines Betriebes beschließt und deshalb die prognostizierte Arbeitnehmerzahl "Null" ist. Diese Prüfung hat im Rahmen des § 1 KSchG, nicht aber des § 23 KSchG (in der jeweiligen Gesetzesfassung) zu erfolgen. Hingegen zählen solche Arbeitnehmer nicht mehr zur Zahl der regelmäßig Beschäftigten, die entweder selbst gekündigt haben oder deren Arbeitsverhältnisse gekündigt worden ist und die keinen Kündigungsschutz genießen, sofern feststeht, dass der Arbeitgeber die freiwerdenden Arbeitsplätze (die Beschäftigungsmöglichkeiten) nicht neu besetzt.

30

b)

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist mit den zutreffenden Gründen des erstinstanzlichen Urteils davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der Kündigung nur noch 10 Arbeitnehmer in die Berechnung nach § 23 Abs. 1 KSchG a. F. einzubeziehen sind und die Beklagte für die Bewältigung ihrer Aufgaben voraussichtlich auf Dauer keine höhere Anzahl an Arbeitnehmern benötigen wird. Das Kündigungsschutzgesetz findet damit keine Anwendung.

31

Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung hat die Beklagte in der Regel 10 oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt. Die sechs vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ... sind mit dem Faktor 1,0 zu berechnen (insgesamt 6,0). Nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 KSchG a. F. sind die Teilzeitbeschäftigten hinzuzurechnen, Frau ... mit dem Faktor 0,5, Herr ... jeweils mit dem Faktor 0,25 (insgesamt 1,0). Ferner sind die zeitgleich bzw. zeitnah gekündigten Arbeitnehmer ... und ... sowie der Kläger mit dem Faktor 1,0 zu berücksichtigen (insgesamt 3,0). Somit ist im Zeitpunkt der Kündigung von 10 Arbeitnehmern auszugehen.

32

Nicht zu berücksichtigen ist bei dieser Berechnung aber Herr ... der seinerseits bereits 1 1/2 Monate vor der streitbefangenen Kündigung am 15.06.1998 gekündigt hat. Das Berufungsgericht ist davon überzeugt, dass für die Beklagte im Zeitpunkt der Kündigung feststand, dass sie für Herrn ... keinen neuen Arbeitnehmer einstellen wollte. Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, dass die Beklagte am 03.08.1998, also noch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Herrn ... drei weiteren Arbeitnehmern im gewerblichen Bereich gekündigt hat (Herrn ... sowie dem Kläger). Hätte die Beklagte beabsichtigt, Herrn ... zu ersetzen, hätte sie nicht drei weiteren Arbeitnehmern im gewerblichen Bereich gekündigt. Herr ... führte Zimmererarbeiten aus, ohne allerdings wie der Kläger, insoweit einen Ausbildungsberuf abgeschlossen zu haben. Sinken aber die Arbeiten für einen Zimmerer, gehen auch die damit im Zusammenhang stehenden Hilfsarbeiten und Anlerntätigkeiten zurück.

33

Mit dem Ausscheiden von Herrn ... setzt sich die abnehmende Tendenz der Beschäftigtenzahl fort. Die Beklagte hat ihre Belegschaft im ersten Halbjahr 1998 von 14 Arbeitnehmern im Januar auf 11 Arbeitnehmer im Juli reduziert. Diese Absenkung der Beschäftigtenzahl lässt sich nicht mit witterungsbedingten Schwankungen erklären, die zu einer vorübergehenden Abweichung von der Zahl regelmäßig Beschäftigter führt. Als Unternehmen im Baugewerbe ist die Personalentwicklung entsprechend der Auftragslage in den Sommermonaten üblicherweise steigend, während die Bautätigkeiten in den Wintermonaten eingeschränkt sind.

34

II.

Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

35

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen zu der Frage, inwieweit bei der Beurteilung der "in der Regel" Beschäftigten auf eine vergangenheits- bzw. zukunftsbezogene Betrachtung abzustellen ist.