Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.07.2000, Az.: 5 Sa 289/00
Wirksame Befristung eines Arbeitsvertrags; Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Befristung; Erhöhte Anforderungen an den sachlichen Grund bei wiederholtem Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 17.07.2000
- Aktenzeichen
- 5 Sa 289/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 28228
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2000:0717.5SA289.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 10.12.99 - AZ: 11 Ca 493/99
Rechtsgrundlage
- § 620 BGB
Fundstelle
- ZTR 2000, 569
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Wird eine bei der Universität angestellte Studienberaterin mehrfach hintereinander in den Personalrat gewählt und anschließend jeweils in (unterschiedlichem) zeitlichen Umfang für Personalratsarbeit freigestellt, kann der Arbeitsvertrag des Vertreters nach den SR 2y Nr. 1 c) BAT auch unter Berücksichtigung eines an den sachlichen Grund anzulegenden strengen Prüfungsmaßstabs befristet werden. Der Arbeitgeber kann im Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Arbeitsvertrages keine hinreichend sichere Prognose darüber anstellen, ob die Arbeitnehmer in bei der vier Jahre später stattfindenden Personalratswahl wiedergewählt und anschließend mit unverändertem Stundenkontingent für Personalratsarbeit freigestellt wird.
- 2.
Auch die mehrfach nicht eingetretene Prognose, dass der Vertretene an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt, rechtfertigt ohne besondere zusätzliche vertrauensbildende Umstände keinen Einstellungsanspruch. Die von der Rechtsprechung zum Wiedereinstellungsanspruch nach einem Prognoseirrtum bei betriebsbedingter Kündigung entwickelten Rechtsgrundsätze sind bei wirksamer Befristung eines Arbeitsvertrages nicht entsprechend anzuwenden (im Anschluss an LAG Düsseldorf 19.08.1999 - 11 Sa 469/99 - DB 2000, 222 [LAG Düsseldorf 19.08.1999 - 11 Sa 469/99] - Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 7 AZR 577/99).
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 10.12.99 - 11 Ca 493/99Ö wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages sowie um Wiedereinstellung.
Der 47 Jahre alte Kläger arbeitete an der Universität Hannover seit dem 01.04.1984 im Rahmen von insgesamt 14 befristeten Arbeitsverträgen, mit denen die Parteien jeweils die Anwendung des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) sowie der ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträge in der für das beklagte Land geltenden Fassung vereinbarten. Zuletzt beschäftigte das beklagte Land den Kläger auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 01.05.1996 als Angestellten in der Studienberatung bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden und einem Bruttomonatseinkommen von 3.700,- DM. Der Arbeitsvertrag war befristet für die Zeit der Freistellung der Stelleninhaberin ... längstens bis zum 30.04.2000. Frau ... gehörte dem Gesamtpersonalrat an, dessen Amtszeit zu diesem Zeitpunkt endete. Sie war mit der Hälfte ihrer Arbeitszeit freigestellt.
Dem letzten Arbeitsverhältnis gingen insgesamt 13 Arbeitsverträge voraus: Nachdem der Kläger zunächst vom 01.11.1984 bis zum 22.05.1985 als studentische Hilfskraft aufgrund zweier befristeter Arbeitsverträge in der Bibliothek tätig war, wurde er vom 01.11.1985 an in der zentralen Studienberatung eingesetzt. Die Parteien schlossen bis zum 07.11.1988 sechs unmittelbar aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge, bevor der Kläger nach Abschluss seines Geschichtsstudiums einen Angestelltenvertrag nach der Vergütungsgruppe IIa BAT erhielt und fortan in der Studienberatung zur Vertretung der Studienberaterin ... eingesetzt wurde. Die Dauer der jeweiligen Befristungen entsprach den Zeiten, für die Frau ... für Personalratsarbeit freigestellt wurde.
Das beklagte Land bot dem Kläger nach Beendigung des letzten Arbeitsverhältnisses keinen Anschlussarbeitsvertrag an, weil nach Auffassung des Präsidiums der Universität jüngere Angestellte die Tätigkeit der Studienberater übernehmen sollten.
Frau ... wurde im Rahmen der Personalratswahlen 2000 wiedergewählt und erneut freigestellt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei sachlich nicht gerechtfertigt. Das beklagte Land habe bei Abschluss des letzten Arbeitsverhältnisses berücksichtigen müssen, dass Frau ... mit hoher Wahrscheinlichkeit wiedergewählt und mit der Hälfte ihrer Arbeitszeit freigestellt werden würde. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe sich das beklagte Land bei Frau ... nach deren Zukunftsplanung erkundigen müssen, die dahin gegangen sei, bis zum Rentenalter mit der Hälfte ihrer Arbeitszeit freigestellt zu bleiben.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Befristung endet, sondern über den 30.04.2000 hinaus unbefristet zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 23.04.1996 fortbesteht,
- für den Fall des Obsiegens mit diesem Antrage,
- die Beklagte zu verurteilen, ihn ab 01.05.2000 als Studienberater zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 30.04.1996 weiterzubeschäftigen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, die Vertretung eines freigestellten Personalratsmitglieds sei ein wirksamer Befristungsgrund. Bei der Personalratsarbeit handele es sich um eine auf die Wahlperiode begrenzte Aufgabe. Bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages sei eine Wiederwahl nach dem Ende der Amtszeit nicht mit hinreichender Sicherheit vorherzusagen.
Das Arbeitsgericht ist dieser Auffassung gefolgt und hat die Klage mit Urteil vom 10.12.1999 abgewiesen. Die Klage sei unbegründet. Das Arbeitsverhältnis habe mit Fristablauf am 30.04.2000 geendet. Die Befristung des für die Befristungskontrolle maßgeblichen letzten Arbeitsvertrages vom 23.04.1996 sei nach Buchst. c) SR 2y BAT (Aushilfsangestellter zur Vertretung) wirksam. Zwar müssten an den Grund der Befristung strenge Anforderungen gestellt werden, weil die soziale Verantwortung des Arbeitgebers mit zunehmender Beschäftigungsdauer steige. Die Anforderungen an die Prognose erstreckten sich aber stets nur auf den Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des vertretenen Arbeitnehmers. Eine unzulässige Dauervertretung liege nicht vor, weil im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine über den vereinbarten Endtermin hinausgehende Befristungsdauer vorgesehen gewesen sei. Selbst mit der Auffassung des Klägers, dass sich die erhöhten Anforderungen aufgrund der Vielzahl der Befristungen auch auf die voraussichtliche Befristungsdauer beziehe, ändere sich das Ergebnis nicht, weil Betrachtungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur möglichen Wiederwahl von Frau L. in den Personalrat spekulativ seien. Allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmer mehrere Wahlperioden hindurch als Personalratsmitglied tätig gewesen sei, lasse nicht die Prognose zu, dass dies auch in Zukunft der Fall sei. Einer solchen Annahme stehe zum einen das Prinzip einer demokratischen Wahl entgegen. Zum anderen sei eine Freistellung von Frau ... von einem entsprechenden Beschluss des Personalrats abhängig. Angesichts dieser Unwägbarkeiten habe das beklagte Land Frau ... zu ihren Zukunftsplänen nicht befragen müssen.
Dieses Urteil ist dem Kläger am 25.01.2000 zugestellt worden. Mit seiner am 11.02.2000 eingelegten und begründeten Berufung verfolgt er seine Klageanträge weiter und vertieft zur Begründung seine erstinstanzliche Rechtsauffassung. Das beklagte Land habe im Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Arbeitsvertrages (23.04.1996) mit einer Rückkehr der vertretenen Personalrätin ... auf ihren Arbeitsplatz nicht rechnen dürfen. Bei einer Prognose nach mehrmaliger, insgesamt neunjähriger Befristung aus demselben Grund müssten sichere konkrete Anhaltspunkte für den endgültigen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs vorliegen. Die Erwägung des Arbeitsgerichts, die Möglichkeit eines Wechsels der gewählten Repräsentanten entspreche dem Wesen jeder demokratischen Wahl mit der Konsequenz, dass sich die Möglichkeit einer Wiederwahl von Frau ... als Spekulation erweise, sei sachfremd. Der Kläger meint dazu, es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine der ÖTV angehörende Personalrätin, die seit 16 Jahren hervorragende Listenplätze und entsprechende Wahlergebnisse erzielt habe und in dieser Zeit tatsächlich freigestellt gewesen sei, wiedergewählt und während der letzten 12 Dienstjahre mit der Hälfte ihrer Arbeitszeit freigestellt bleibe, wenn dies ihrem Wunsch entspreche. Eine solche Wahrscheinlichkeit der Fortdauer der Freistellung liege jedenfalls über 50 %. Die Unsicherheit gehe nach der Vielzahl befristeter Arbeitsverträge zu Lasten des beklagten Landes, welches sich nach den weiteren Planungen von Frau ... habe erkundigen müssen, nachdem sich die Prognose, der Vertretungsbedarf sei auf eine Wahlperiode beschränkt, mehrfach als nicht zutreffend herausgestellt habe.
Der Kläger hat die Klage in der Berufungsinstanz um einen hilfsweise gestellten Wiedereinstellungsantrag zu den Bedingungen des letzten Arbeitsvertrages erweitert und vertritt dazu die Ansicht, die vom BAG zum Kündigungsschutzverfahren entwickelten Grundsätze müssten auch bei langjährig befristeten Arbeitnehmern wegen der erhöhten Fürsorgepflicht herangezogen werden. Aufgrund der erneuten teilweisen Freistellung von Frau ... als Personalrätin habe eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger weiterhin bestanden.
Der Kläger beantragt,
- das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 10.12.1999 - 11 Ca 493/99Ö - auf seine Berufung wie folgt abzuändern:
- Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Befristung endet, sondern über den 30.04.2000 hinaus unbefristet zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 23.04.1996 fortbesteht,
- die Beklagte zu verurteilen, ihn als Studienberater zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 23.04.1996 weiterzubeschäftigen,
- hilfsweise,
- das beklagte Land zu verurteilen, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrages für die Zeit vom 01.05.2000 bis zum 30.04.2004, zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 23.04.1996, anzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil mit der Auffassung, die Annahme eines ungewissen Ausgangs einer demokratischen Wahl liege im rechtsstaatlichen Selbstverständnis. Der Grundsatz der Neutralität der Dienststelle erschiene gefährdet, wenn diese im Zusammenhang mit der Frage des "Ob" und der Dauer der Befristung eines Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck bringen müsse, für wie aussichtsreich sie den Listenplatz des zu vertretenden Arbeitnehmers und die Wahlchancen der jeweiligen Organisation (Liste) halte.
Gründe
Die Berufung ist unbegründet.
1.
Der nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässige Feststellungsantrag ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat mit Fristablauf am 30.04.2000 geendet. Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 23.04.1996 ist wirksam erfolgt.
a)
Die befristete Einstellung eines Arbeitnehmers zur Vertretung eines zeitweilig ausfallenden Mitarbeiters ist in ständiger Rechtsprechung als sachlicher Befristungsgrund anerkannt und in den SR 2y Nr. 1 c) BAT, der kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, ausdrücklich geregelt. Nach der Protokollnotiz Nr. 1 dürfen Zeitangestellte allerdings nur eingestellt werden, wenn hierfür sachliche oder in der Person des Angestellten liegende Gründe vorliegen. Die sachliche Rechtfertigung der Befristungsabrede liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu dem zeitweilig ausfallenden Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Arbeitnehmers rechnen muss, so dass die Nichtbegründung eines Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit keine objektive Umgehung des Kündigungsschutzes darstellt und deshalb nach den vom Großen Senat des BAG (vgl. GS 1/59 - AP BGB § 620 befristeter Arbeitsvertrag Nr. 16) im Beschluss vom 12.10.1960 aufgestellten Grundsätzen nicht als funktionswidrig angesehen werden kann. Für eine Vertretungskraft besteht nämlich nur ein zeitlich begrenztes Beschäftigungsbedürfnis. Die im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages anzustellende Prognose des Arbeitgebers hat sich deshalb darauf zu beziehen, ob hinreichend sicher zu erwarten ist, dass für die Arbeitskraft des Vertreters nur ein vorübergehender Bedarf besteht (BAG in ständiger Rechtsprechung, z. B. 20.02.1991, 22.11.1995, 24.09.1997 - AP BGB § 620 befristeter Arbeitsvertrag Nr. 137, 178, 192). Ein sachlicher Grund liegt also dann nicht vor, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht damit zu rechnen ist, dass der Vertretene an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird.
Für die Befristungskontrolle ist dabei allein auf den zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag abzustellen. Auch bei mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverhältnissen ist im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrages zu überprüfen. Durch den vorbehaltlosen Abschluss eines (weiteren) befristeten Arbeitsvertrages stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue rechtliche Grundlage, die künftig für ihre Vertragsbeziehungen maßgebend sein soll (ständige Rechtsprechung seit BAG 08.08.1985 AP § 620 BGB befristeter Arbeitsvertrag Nr. 97; vgl. ferner BAG 22.11.1995, a.a.O.; BAG 20.01.1999 EzA § 620 BGB Nr. 160; ebenso KR/Lipke § 620 BGB Rdnr. 125).
Bei wiederholtem Abschluss aufeinanderfolgender Arbeitsverträge sind an den sachlichen Grund allerdings höhere Anforderungen zu stellen als bei einmaliger Befristung des Arbeitsverhältnisses. Da mit zunehmend längerer Betriebs Zugehörigkeit der Bestandsschutz eines Arbeitsverhältnisses stärker ausgeprägt wird, ist bei mehrfachen und langfristigen Befristungen besonders sorgfältig zu prüfen, ob nicht schutzwürdige Interessen des Arbeitnehmers statt einer weiteren Anschlussbefristung die Beschäftigung auf Dauer gebieten. Im Hinblick auf die Vertragsgeschichte ist bei Mehrfachbefristungen ein besonders strenger Maßstab anzulegen (BAG 22.11.1995 a.a.O.; KR/Lipke § 620 BGB Rdnr. 94, 94 b).
b)
Auch unter Berücksichtigung eines an den sachlichen Grund einer mehrfachen Vertretungsbefristung anzulegenden strengen Prüfungsmaßstabs ist die Befristung des Arbeitsvertrages des Klägers vom 23.04.1996 gerechtfertigt. Grund für die Befristung ist die Vertretung von ... die zu diesem Zeitpunkt für die Dauer der Amtszeit bis zum 30.04.2000 in den Personalrat gewählt und durch Beschluss für die Hälfte ihrer Arbeitszeit für Personalrats- bzw. Gesamtpersonalratsarbeit freigestellt worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers konnte das beklagte Land im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages, also zu Beginn einer erneuten vierjährigen Amtszeit keine hinreichend sichere Prognose darüber anstellen, ob Frau ... über den 30.04.2000 hinaus für die weitere Dienstzeit mit unverändertem Stundenkontingent für Personalratsarbeit freigestellt würde. Das Gericht hat bereits beträchtliche Zweifel, ob eine solche, mit dem demokratischen Grundverständnis einer Personalratswahl schlechterdings unvereinbare Prognose von einem (zumal: öffentlichen) Arbeitgeber überhaupt verlangt werden kann. Jedenfalls lässt sich selbst nach 16jähriger Personalratsarbeit mit Freistellung nicht zuverlässig prognostizieren, dass Frau ... über mindestens weitere drei Wahlperioden bis zu ihrer Pensionierung für einen "gesicherten" Listenplatz norminiert, gewählt und durch Beschluss des Personalrats freigestellt werden würde. Unwägbarkeiten ergeben sich nicht nur aufgrund des möglicherweise wechselnden Wählerverhaltens, sondern auch aus der Gremienarbeit in Personalrat und Gewerkschaft selbst, die sich in ihrer personellen Zusammensetzung und inhaltlichen Ausrichtung stetig ändert (Ausdruck dieses Wandels ist unter anderem der seit geraumer Zeit diskutierte Zusammenschluss verschiedener Gewerkschaften unter Einschluss der ÖTV zur Dienstleistungsgewerkschaft VERDI).
Diese objektiven Unsicherheitsfaktoren lassen die weiterhin zu berücksichtigende subjektive Ungewissheit außer Betracht, ob die Klägerin über mehrere Wahlperioden als Personalrätin zur Wiederwahl zur Verfügung stehen und einer Freistellung in unverändertem Umfang zustimmen würde. Zumindest bei einem Zeitraum von über 12 Jahren kann dies nicht angenommen werden, zumal die Dauer der Freistellung auf Wunsch von Frau ... zum ... 01.04.1996 bereits auf die Hälfte reduziert worden ist. Da eine Erklärung von Frau ... im Hinblick auf ihre zukünftige Bereitschaft, die arbeitsvertraglichen Aufgaben zugunsten von Personalratsarbeit zu reduzieren, nicht rechtsgeschäftlich verbindlich wäre und aus den unterschiedlichsten persönlichen Gründen einem Wandel unterzogen sein kann, lassen sich die vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (22.01.1998 - Sa 366/97 -) entwickelten Rechtssätze jedenfalls nicht auf den vorliegenden Sachverhalt anwenden. Im Gegensatz zu einer im Erziehungsurlaub befindlichen Mitarbeiterin, die ihr Arbeitsverhältnis entweder beendet oder im zeitlichen Umfang auf Dauer reduziert, könnte das beklagte Land auf eine rechtsgeschäftlich unverbindliche Erklärung der Personalrätin ... nicht mit der erforderlichen Sicherheit annehmen, sie werde im Hinblick auf ihre Pflichten als Personalrätin nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.
Schließlich ändert sich an diesem Ergebnis nichts dadurch, dass der Arbeitskräftebedarf für Personalratsarbeit und damit auch der jeweilige Vertretungsbedarf bei Freistellung eines anderen Angestellten im zeitlichen Umfang konstant ist. Ein Arbeitskräftebedarf, der durch eine bestimmte Kraft auf Dauer ausgeglichen werden könnte, setzt ein unverändertes Anforderungsprofil voraus. Davon kann bei Freistellung von verschiedenen Personalratsmitgliedern aufgrund unterschiedlicher arbeitsvertraglich geschuldeter Tätigkeiten naturgemäß nicht ausgegangen werden.
2.
In der Konsequenz des auf den 30.04.2000 wirksam befristeten Vertrages ist der Weiterbeschäftigungsantrag ebenfalls unbegründet.
3.
Auch der zulässige Hilfsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiedereinstellung für die Zeit vom 01.05.2000 bis zum 30.04.2004.
a)
Ein Wiedereinstellungsanspruch ist bei betriebsbedingten Kündigungen anerkannt, wenn die zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs zu beurteilenden objektiven Gegebenheiten eine Kündigung zwar rechtfertigen, sich während der Dauer der Kündigungsfrist aber herausstellt, dass die Prognose fehlerhaft war. Die Befugnis, aufgrund einer Prognose über die weitere betriebliche Entwicklung Kündigungen aussprechen zu können, liegt im schutzwerten Interesse des Arbeitgebers, solange sie sich als zutreffend erweist. Denn der Arbeitgeber müsste anderenfalls für die Dauer der Kündigungsfrist und ohne Beschäftigungsmöglichkeit Arbeitsentgelt zahlen, wenn er erst aufgrund der tatsächlich eingetretenen Umstände eine Kündigung rechtfertigen könnte. Diese Interessenlage verändert sich bei einem Irrtum über die weiteren Entwicklungen zugunsten des Arbeitnehmers, der seinen Arbeitsplatz nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht grundlos verlieren soll. Dies gilt zumal deshalb, weil die betriebsbedingten Gründe aus der Sphäre des Arbeitgebers stammen und er durch seine unternehmerische Entscheidung letztlich selbst die Ursache für die Kündigung setzt (Kiel/Koch, die betriebsbedingte Kündigung, Rdnr. 5, 858). Durch das Kündigungsschutzgesetz hat der Gesetzgeber seine objektiv-rechtliche Schutzpflicht aus Artikel 12 GG erfüllt, wonach die unselbständige Arbeit eines wirksamen Schutzes bedarf. Kann das Kündigungsschutzgesetz eine Kündigung, die aufgrund nachträglich eintretender Umstände grundlos erfolgt ist, nicht mehr verhindern, muss der Arbeitgeber den veränderten Gegebenheiten nach § 242 BGB Rechnung tragen, bei dessen Auslegung und Anwendung durch die Gerichte die objektiven Wertentscheidungen des Artikels 12 GG ebenfalls zu berücksichtigen sind. Deshalb muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wieder einstellen, solange er noch keine entgegenstehenden unternehmerischen Dispositionen getroffen hat und ihm die unveränderte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist (vgl. BAG 27.02.1997 AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 1).
Erweist sich die Prognose erst nach Ablauf der Kündigungsfrist als unzutreffend, sind die Vertragsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hingegen beendet. Eine nachvertragliche Pflicht zur Abgabe eines Wiedereinstellungsangebots lässt sich deshalb allein aus einer Prognoseabweichung in aller Regel nicht begründen (ablehnend deshalb BAG 7. Senat 06.08.1997 AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 2, offengelassen hingegen BAG 2. Senat 04.12.1997 AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 4). Zur Annahme eines Einstellungsanspruchs bedarf es nach wirksamer Vertragsbeendigung einer entsprechenden Zusage oder dem Vorliegen von Tatsachen, die eine Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes rechtfertigen. Für eine Anwendung des § 242 BGB müssen Gesichtspunkte vorliegen, die einen besonderen Vertrauensschutz begründen. Bei einem Betriebsübergang nach Vertragsbeendigung unter Aufgabe eines zuvor gefassten Plans einer Betriebsstilllegung kommt weiterhin ein Einstellungsanspruch in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 613 a BGB i.V.m. den Richtlinien 77/187/EWG und 89/50/EG erfüllt sind.
b)
Weder unter direkter noch unter entsprechender Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze hat der Kläger Anspruch auf Abschluss eines erneuten befristeten Arbeitsvertrages für die Dauer der Amtszeit des neugewählten Personalrats.
Da sich erst nach Vertragsende herausgestellt hat, dass Frau ... erneut in den Personalrat gewählt und mit unveränderter Arbeitszeitdauer zum Zeitpunkt der Personalratsarbeit freigestellt wurde, liegt kein Fall vor, in dem sich bereits während der Laufzeit des Vertrages herausgestellt hat, dass die bei Vertragsschluss angenommene Prognose nicht eingetreten ist. Die zum Kündigungsrecht herausgearbeiteten Grundsätze eines Prognoseirrtums während der Kündigungsfrist können demgemäß nicht entsprechend angewandt werden.
Die aus § 242 BGB abgeleiteten Rechtsgrundsätze zum Wiedereinstellungsanspruch lassen sich im übrigen schon deshalb nicht auf befristete Arbeitsverhältnisse übertragen, weil deren Abschluss als Ausdruck der Vertragsfreiheit nach Artikel 2 Abs. 1 GG, § 620 BGB und SR 2y Nr. 1 c) BAT grundsätzlich zulässig ist. Eine Einschränkung erfolgt nur bei einer objektiven Umgehung des Kündigungsschutzes (BAG GS 12.10.1960 a.a.O.), wobei es sich bei der Begründung des BAG methodisch zutreffend um einen Fall teleologischer Reduktion handelt (zutreffend Kreutz Anm. zu BAG 08.05.1985 SAE 1987, 311, 312, ferner KR/Lipke § 620 BGB Rdnr. 81 a). Etwas anderes ergibt sich aus den SR 2y Nr. 1 c) BAT nur insoweit, als dort bestimmt ist, dass es für die Befristung unabhängig von der fristungsdauer eines sachlichen Grundes bedarf. Der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages wird aber ausdrücklich als zulässig angesehen. Würde man entsprechend dem Kündigungsschutz einen Wiedereinstellungsanspruch bei einer Prognoseabweichung annehmen, würde der Unterschied zwischen befristetem und unbefristetem Arbeitsverhältnis schon im Ausgangspunkt weitgehend nivelliert. Während das unbefristete Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen wird, ist das befristete Arbeitsverhältnis seinem Wesen nach nur auf Zeit angelegt. Darauf richten sich die Vertragsparteien zu Beginn des Arbeitsverhältnises ein. Würde eine Prognoseabweichung auch bei einem befristeten Arbeitsverhältnis die Wiedereinstellung begründen, würde ein befristeter Arbeitsvertrag letztlich ein Arbeitsverhältnis auf Zeit mit Fortsetzungsoption um den jeweils dann entstehenden Vertretungsbedarf begründen und damit letztlich weitergehen, als der Schutz des unbefristeten und damit jederzeit mit Sachgrund kündbaren Arbeitsverhältnisses (im Anschluss an LAG Düsseldorf 19.08.1999 - 11 Sa 469/99 - DB 2000, 222 [LAG Düsseldorf 19.08.1999 - 11 Sa 469/99] - Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 7 AZR 577/99).
In Betracht käme allenfalls ein Anspruch aufgrund eines besonderen Vertrauensschutzes. Allein die mehrfache Befristung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund gleicher Sachverhalte rechtfertigt allerdings nicht das Vertrauen des Klägers, dass ihm jeweils fortgesetzt Arbeitsverträge angeboten werden. Für eine entsprechend schützenswerte Erwartung bedürfte es weiterer vertrauensbildender Faktoren, aus denen er hätte schließen können, dass das beklagte Land als Arbeitgeber stets zuerst ihm einen weiteren Arbeitsvertrag anbieten werde. Nur aufgrund der mehrfachen Befristung von Arbeitsverträgen ist nicht davon auszugehen, dass ein Arbeitgeber mit einer Einschränkung seiner Vertragsfreiheit einverstanden ist, die ihm nämlich gestattet, frei von vorherigen Vertragsbindungen zu entscheiden, ob, mit wem und zu welchen Bedingungen er einen neuen Vertrag abschließt. Das beklagte Land unterliegt deshalb im vorliegenden Fall auch keinem Begründungszwang, wenn es den Arbeitsvertrag mit dem Kläger nicht fortsetzen will. Ob es sich bei dem Motiv des beklagten Landes, der erneute Arbeitsvertrag solle mit einem jüngeren Studienberater abgeschlossen werden, sachgerecht ist, kann deshalb dahinstehen.
II.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Die Revision ist nach § 72 Abs. 2 Ziffer 1 zugelassen worden. Das Berufungsgericht hat eine grundsätzliche Bedeutung insbesondere wegen der - Rechtsfrage bejaht, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Wiedereinstellungsanspruch nach wirksamer Befristung von Arbeitsverträgen in Betracht kommt.