Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.04.2000, Az.: 7 Sa 1818/99
Klage einer Arbeitnehmerin (Hauswirtschaftsleiterin) gegen den Arbeitgeber auf Zahlung von Lohn wegen Annahmeverzugs nach Beendigung eines Erziehungsurlaubs und nach einer unwirksam erklärten Kündigung; Pflicht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen funktionstüchtigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen; Vorliegen einer Leistungsbereitschaft bei der Arbeitnehmerin
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 18.04.2000
- Aktenzeichen
- 7 Sa 1818/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 21360
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2000:0418.7SA1818.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Oldenburg - 31.08.1999 - AZ: 4 Ca 147/99
Rechtsgrundlage
- § 615 BGB
In dem Rechtsstreit
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 18.04.2000
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Leibold und
die ehrenamtlichen Richter Göpfert und de Buhr
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 31.08.1999, 4 Ca 147/99 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte das Gehalt der Klägerin für die Monate August 1998 bis März 1999 aus Annahmeverzug schuldet.
Die am 06. September 1960 geborene Klägerin war seit dem 01. Januar 1993 als Hauswirtschaftsleiterin in dem ... beschäftigt. Nach dem mit dem ... am 29.11.1983 abgeschlossenen Dienstvertrag (Bl. 130 d.A.) erklärte sich die Klägerin "bei geringerer Heimbelegung und damit geringerem Arbeitsumfang ... zu einer Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit bereit". Sie bezog eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b AVR, was zuletzt einem monatlichen Gehalt von zumindest 4.220,19 DM brutto entsprach.
Die Klägerin befand sich seit Frühjahr 1991 durchgehend entweder im Mutterschutz oder im Erziehungsurlaub. Zuletzt hatte sie Erziehungsurlaub bis zum 02. August 1998.
Der Beklagte übernahm mit Wirkung vom 01. Januar 1997 die Trägerschaft des ... Bereits seit 1994 war eine Umstrukturierung dieses Kinder- und Jugendheimes erfolgt. Die Wohngruppen waren sukzessive ausgelagert und die Großküche geschlossen worden. Der frühere Arbeitsplatz der Klägerin war damit weggefallen. Seit dem 16. Mai 1995 wurde eine Mitarbeiterin in der Hauswirtschaft mit 24 Stunden pro Woche und einer Vergütung nach der Vergütungs XI beschäftigt, um die noch vorhandenen Jugendlichen zu beköstigen.
Am 28. April 1998 fand ein Gespräch der Parteien über den künftigen Einsatz der Klägerin statt. Über dieses Gespräch wurde ein Aktenvermerk gefertigt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 85 d.A.). Die Klägerin lehnte in der Folgezeit einen Einsatz in der Wohngruppe Brake mit wöchentlich 25 Stunden und einer Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIII ab.
Mit Schreiben vom 29. Juli 1998 kündigte der Beklagte daraufhin mit Zustimmung des Gewerbeaufsichtsamtes das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1999 und bot die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen als Mitarbeiterin in der Hauswirtschaft in Brake mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden und einer Besoldung nach der Vergütungsgruppe VIII AVR an. Die Klägerin nahm dieses Angebot unter Vorbehalt an und erhob Kündigungsschutzklage.
Mit Schreiben vom 21. August 1998 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos mit der Begründung, die Klägerin habe trotz schriftlicher Abmahnung und Aufforderung den ihr angebotenen Arbeitsplatz nicht angetreten.
Durch rechtskräftiges Urteil vom 19. Januar 1999 wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 21. August 1998 nicht beendet worden ist. Die Klage gegen die zum 31. März 1999 ausgesprochene Änderungskündigung ist abgewiesen worden.
Mit Schreiben vom 04. Februar 1999 (Bl. 17 d.A.) machte die Klägerin die Gehaltsansprüche für die Zeit August bis März geltend. Während dieses Zeitraumes bezog sie Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 8.603,70 DM (Bl. 29, 30 d.A.).
Das Arbeitsgericht hat durch ein dem Beklagten am 14. September 1999 zugestelltes Urteil vom 31. August 1999, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 61-66 d.A.), den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 33.761,52 DM brutto abzüglich Arbeitslosengeldes in Höhe von 8.603,70 DM netto zu zahlen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe sich in Annahmeverzug befunden. Durch Erhebung der Änderungsschutzklage habe die Klägerin ihre Arbeitsleistung angeboten, die von dem Beklagten nicht angenommen worden sei. Das Angebot einer anderweitigen Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Hauswirtschaft in Brake habe den Annahmeverzug nicht entfallen lassen, da es sich hierbei um die Zuweisung einer nicht geschuldeten Arbeit handele. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin nicht leistungsbereit gewesen sei. Aus der im Vorfeld der Wiederaufnahme der Tätigkeit geäußerten Absicht der Klägerin, Interesse an einer Weiterbeschäftigung mit nur 20 Wochenstunden zu haben, könne nicht hergeleitet werden, dass die Klägerin ihre arbeitsvertraglich geschuldete Leistung nicht in vollem Umfange erbracht hätte beziehungsweise dazu nicht in der Lage gewesen wäre. Die Klägerin habe durch die Nichtannahme der ihr angebotenen Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Hauswirtschaft nach der Vergütungsgruppe VIII während der noch laufenden Kündigungsfrist auch nicht anderweitigen Erwerb im Sinne des § 615 Satz 2 BGB böswillig unterlassen. Vor Wirksamwerden der Änderungskündigung sei sie nicht verpflichtet gewesen, eine geringer bezahlte Tätigkeit aufzunehmen. Weise der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu, genüge der Arbeitnehmer seinen Mitwirkungspflichten, wenn er sich arbeitslos melde. Die Ausschlussfrist habe die Klägerin im übrigen durch Erhebung der Kündigungsschutzklage gewahrt.
Hiergegen richtet sich die am 14. Oktober 1999 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. Dezember 1999 am 15. Dezember 1999 begründete Berufung des Beklagten.
Der Beklagte ist der Auffassung, er habe sich nicht in Annahmeverzug befunden. Entgegen der von dem Arbeitsgericht vertretenen Auffassung könne in der Erhebung der Änderungsschutzklage kein Angebot der Arbeitsleistung gesehen werden. Die Klägerin habe nämlich bereits vor Ausspruch der Kündigung erklärt, sie könne lediglich eine halbe Arbeitsstelle besetzen, weil sie während des Mutterschaft- und Erziehungsurlaubs 3 Kinder geboren habe und deshalb nicht mehr ganztags arbeiten könne. Nachdem sie die Arbeitsstelle in Brake abgelehnt habe, habe sie erklärt, sie wolle aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden, um sich beim Arbeitsamt arbeitslos melden zu können. Die Klägerin habe damit zu erkennen gegeben, dass sie für eine volle Arbeitsstelle und damit für den früheren Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stehe.
Sie sei im übrigen leistungunwillig und wegen ihrer drei kleinen Kinder leistungsunfähig gewesen. Die fehlende Leistungsbereitschaft folge zum einen daraus, dass die Klägerin auch im April 1999 die unter Vorbehalt angenommene Arbeit nicht aufgenommen habe. Diese Tätigkeit sei ihr bereits am 28. April 1998 konkret angeboten worden.
Zumindest habe es die Klägerin böswillig unterlassen, eine anderweitige Tätigkeit aufzunehmen. Durch die Annahme des Änderungsangebotes habe sie zu erkennen gegeben, dass sie die neue Arbeitsstelle annehmen werde. Daraus folge, dass die angebotene Arbeitsstelle ihr zumutbar gewesen sei. Im übrigen sei der geltend gemachte Lohnanspruch zumindest für den Monat August 1998 nach § 23 AVR verfallen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 31.08.1999 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 01. Februar 2000.
Gründe
Die Berufung des Beklagten ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 518, 519 ZPO, 64, 66 ArbGG.
Sie ist jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Beklagten zur Zahlung von 33.761,52 DM brutto abzüglich 8.603,70 DM netto verurteilt. Das Berufungsgericht macht sich die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils zu eigen und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Ergänzend wird im Hinblick auf die Ausführungen in der Berufungsbegründung folgendes ausgeführt:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der abzuweichen kein Anlass besteht, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, dem Arbeitnehmer einen funktionstüchtigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Erst durch die Erfüllung dieser kalendermäßig festgesetzten Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers ist der Arbeitnehmer in der Lage, seine tatsächliche Arbeitsleistung innerhalb der vorgesehenen Arbeitszeit zu bewirken (BAG vom 24. November 1994, 2 AZR 179/94, AP Nr. 60 zu § 615 BGB; BAG vom 21. März 1996, 2 AZR 362/95 n.v.).
Dieser Mitwirkungshandlung ist der Beklagte nicht nachgekommen. Nach dem Arbeitsvertrag vom 29. November 1993 musste der Beklagte der Klägerin eine Tätigkeit als Hauswirtschaftsleiterin mit einer Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b AVR zur Verfügung stellen. Hierzu war der Beklagte unstreitig nach dem 02. August 1998 nicht in der Lage, da dieser Arbeitsplatz bereits Jahre zuvor wegrationalisiert worden ist. Dies geht zu Lasten des Beklagten, der grundsätzlich das Beschäftigungsrisiko zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages trägt.
Unerheblich ist, dass die Klägerin sich in dem Dienstvertrag vom 29.11.1983 bereit erklärt hat zu einer Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit. Denn die Stelle einer Hauswirtschaftsleiterin stand auch nicht als Teilzeitarbeitsplatz zur Verfügung.
Da der Beklagte einen funktionstüchtigen Arbeitsplatz als Hauswirtschaftsleiterin der Klägerin nicht zur Verfügung gestellt hat, bedurfte es nach Beendigung des Erziehungsurlaubes keines Arbeitsangebotes der Klägerin. Die Anwendung des § 296 BGB ist nämlich nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Arbeitgeber zu Unrecht fristlos gekündigt hat. Der Arbeitgeber kann seine Ablehnung, die Arbeitsleistung entgegenzunehmen, auch in anderer Weise zum Ausdruck bringen mit der Folge, dass er in Annahmeverzug gerät, bis er dem Arbeitnehmer wieder einen funktionstüchtigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt (BAG vom 21.03.1996, 2 AZR 362/95). Dies ist vorliegend durch die Erklärung des Beklagten geschehen, die Klägerin zu den vertraglich geschuldeten Bedingungen nicht beschäftigen zu können.
Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin im August 1998 nicht leistungsbereit und leistungsfähig war. Selbst wenn sie, wie von dem Beklagten behauptet, im April 1998 erklärt haben sollte, sie habe ein Interesse an einer Weiterbeschäftigung mit 20 Wochenstunden statt bisher 38,5 Wochenstunden, folgt daraus nicht, dass sie nicht bereit und fähig war, ab August 1998 für die Dauer der Kündigungsfrist die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Allein der Umstand, dass die Klägerin drei Kinder zu versorgen hat, führt nicht zu ihrer Leistungsunfähigkeit. Für eine Mutter besteht objektiv die Möglichkeit die Kinder während ihrer eigenen Berufstätigkeit von einer dritten Person betreuen zu lassen.
Die fehlende Leistungsbereitschaft der Klägerin kann auch nicht daraus gefolgt werden, dass sie nach der Darstellung des Beklagten im Mai 1998 um eine betriebsbedingte Kündigung gebeten hat. Damit hat die Klägerin allenfalls zu erkennen gegeben, dass sie bereit ist, aus betriebsbedingten Gründen nach Ablauf der Kündigungsfrist aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Daraus folgt jedoch nicht, dass sie während der Kündigungsfrist die geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen will.
Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Auffassung weicht die Entscheidung der erkennenden Kammer nicht von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ab. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar in dem Urteil vom 09. August 1984 (AP Nr. 34 zu § 615 BGB) entschieden, dass grundsätzlich der Arbeitnehmer, der zum Zeitpunkt einer Kündigung oder später nicht leistungsbereit oder leistungsfähig ist, den Beginn seiner Leistungsbereitschaft oder -fähigkeit dem Arbeitgeber mitzuteilen und ihn aufzufordern hat, ihm eine Arbeit zuzuweisen. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht jedoch bereits mit Urteil vom 19. April 1990 (2 AZR 591/89, AP Nr. 45 zu § 615 BGB) korrigiert und ausgeführt, dass die Verzugsfolgen unabhängig von der Anzeige der Arbeitsfähigkeit eintreten, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine weitere Leistungsbereitschaft deutlich gemacht hat. Nach dem bereits zitierten Urteil vom 21. März 1996 (2 AZR 362/95) ist der Beklagte auch ohne Arbeitsangebot der Klägerin in Annahmeverzug geraten, so lange er die Klägerin nicht auffordert, die vertraglich geschuldete Arbeit wieder aufzunehmen.
Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09. März 1995 (2 AZR 552/94, RzK I 13 b Nr. 25) ist im übrigen für den Fall des § 296 BGB die Bereitschaft zur sofortigen Leistung nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn geleistet werden kann, sobald der Gläubiger zur Annahme oder sonstigen Mitwirkung gemäß § 296 BGB bereit ist.
Noch deutlicher liegen die Voraussetzungen des Annahme Verzuges für die Zeit nach Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 21. August 1998 vor. Denn der Arbeitgeber gerät im Falle einer unwirksamen Kündigung in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer nicht auffordert, die Arbeit wieder aufzunehmen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, unter anderem BAG AP Nr. 45, 53 zu § 615 BGB). Hieran ändern auch nichts die Vergleichsverhandlungen der Parteien im Rahmen des kirchlichen Schlichtungsverfahrens. Diese haben nämlich nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis geführt. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang auch nicht die fristlose Kündigung vom 21. August 1998 zurückgenommen. Es ist deshalb grundsätzlich bei dem Annahmeverzug des Beklagten geblieben, so dass die Klägerin gemäß § 615 Satz 1 BGB ihre Vergütungsansprüche behielt.
Gemäß § 615 Satz 2 BGB können diese Vergütungsansprüche jedoch ganz oder teilweise weggefallen sein, sofern die Klägerin anderweitiges Einkommen erzielt oder zu erwerben böswillig unterlassen hat. Dies war jedoch nicht der Fall.
Für die Zeit nach dem 21. August 1998 folgt dies bereits daraus, dass der Beklagte durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung zu erkennen gegeben hat, dass er der Klägerin überhaupt keinen Arbeitsplatz mehr zur Verfügung stellen will. Vielmehr ist der Beklagte davon ausgegangen, dass ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 21. August 1998 hinaus nicht zumutbar ist. Diese Kündigung hat er, wie dargelegt, auch nicht zurückgenommen. Es kann deshalb auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin nach dem 21. August 1998 einen anderweitigen Erwerb bei dem Beklagten böswillig unterlassen hat.
Dies gilt auch für die Zeit bis zum 21. August 1998. Zwar kann die Klägerin einen anderweitigen Erwerb auch dadurch böswillig unterlassen, dass sie ein Weiterbeschäftigungsangebot ihres Arbeitgebers nicht annimmt. Böswillig in diesem Sinne handelt ein Arbeitnehmer aber nur dann, wenn er eine unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben zumutbare Tätigkeit nicht annimmt. Insoweit hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 03. Dezember 1980 (5 AZR 477/78, AP Nr. 4 zu § 615 BGB Böswilligkeit) entschieden, dass in der Annahme einer vertraglich nicht geschuldeten Tätigkeit weder ein Verstoß gegen Treu und Glauben noch eine Verletzung von Nebenpflichten liegt. Eine Ausnahme will das Bundesarbeitsgericht nur dann machen, wenn eine Ausnahme- und Notsituation vorliegt. Von einem Notfall oder außergewöhnlichen Fall kann hiernach "nur dann gesprochen werden, wenn dieser unabhängig vom Willen des Arbeitgebers eintritt und wenn dessen Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind".
Eine Ausnahmesituation im Sinne dieser Rechtsprechung hat vorliegend nicht bestanden. Dem Beklagten war nämlich bereits im Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses bekannt, dass der Arbeitsplatz der Klägerin weggefallen ist. Ebenfalls bekannt war ihm, dass der Erziehungsurlaub der Klägerin am 02. August 1998 endet. Er hätte deshalb bereits im Jahre 1997 die Maßnahmen ergreifen können, die er dann im Sommer 1998 ergriffen hat. Hätte er bereits im Jahre 1997 das Arbeitsverhältnis der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen mit Zustimmung des Gewerbeaufsichtsamtes zum Ende des Erziehungsurlaubes gekündigt, hätte sich die Frage des Annahmeverzuges während der Kündigungsfrist nicht gestellt. Der Beklagte hätte mithin den Annahmeverzug vermeiden können.
Diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist in einem Urteil vom 05. März 1987 (2 AZR 261/86) bestätigt worden. Nach diesem Urteil ist eine Böswilligkeit insbesondere dann nicht anzunehmen, wenn der Dienstverpflichtete eine vom Dienstberechtigten unter Überschreitung der Grenzen des Direktionsrechts zugewiesene Tätigkeit nicht verrichten will.
Eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die Klägerin nicht verpflichtet war, die ihr angebotene Tätigkeit ab August 1998 anzunehmen. Die Kammer hat dabei neben den bereits erörterten Gründen auf der einen Seite berücksichtigt, dass der Beklagte keine anderweitige Einsatzmöglichkeit für die Klägerin hatte. Auf der anderen Seite sollte die Klägerin bereits während der Kündigungsfrist eine Reduzierung der Arbeitszeit von 38,5 auf 25 Stunden und eine Rückgruppierung um zwei Vergütungsgruppen hinnehmen. Arbeitslosengeld hätte sie daneben nicht beziehen können, da sie dann nicht eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung mehr gesucht hätte, § 118 Abs. 1 Ziffer 2 SGB III. Denn die Differenz zwischen den von dem Beklagten angebotenen 25 Arbeitsstunden und einer Vollzeitbeschäftigung beträgt lediglich 13,5 Stunden. Die Klägerin hätte zudem bei einer Teilzeittätigkeit und Herabgruppierung während der Kündigungsfrist nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch nur einen geringeren Arbeitslosengeldanspruch gehabt. Dies spricht dafür, jedenfalls für den im Streit stehenden Zeitraum von einer Unzumutbarkeit der angebotenen Tätigkeit auszugehen.
Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass die Unzumutbarkeit verstärkt wurde durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung durch den Beklagten. Denn die Klägerin ist bereits durch diese Art der Kündigung in ihrem Ansehen beeinträchtigt worden, was für die Unzumutbarkeit der vorläufigen Weiterarbeit bei dem Beklagten spricht (BAG vom 14.11.1985, 2 AZR 98/84, AP Nr. 39 zu § 615 BGB).
Die Ansprüche der Klägerin sind schließlich auch nicht gemäß § 23 AVR verfallen. Nach dieser Vorschrift verfallen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Fällig sind die Dienstbezüge gemäß § 12 AVR in Verbindung mit der Anlage 1 X am letzten Werktag des Kalendermonats. Die Vergütung für den Monat August 1998 war mithin am 31. August 1998 fällig, so dass die Ausschlussfrist am 28. Februar 1999 endet. Die schriftliche Geltendmachung mit Schreiben vom 04. Februar 1999 (Bl. 17 d.A.) erfolgte mithin innerhalb der Ausschlussfrist und damit rechtzeitig.
Die Berufung des Beklagten war mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Die erkennende Kammer folgt den von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen. Gegen dieses Urteil ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
Göpfert,
de Buhr