Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.05.2000, Az.: 16a Sa 1391/99
Wirksamkeit eines Prozessvergleichs; Entfernung von Abmahnungen aus Personalakten
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 03.05.2000
- Aktenzeichen
- 16a Sa 1391/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 10959
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2000:0503.16A.SA1391.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Göttingen - 21.07.1999 - AZ: 3 Ca 5/99
Fundstellen
- AuA 2001, 46
- NZA-RR 2000, 517-520 (Volltext mit red. LS)
Amtlicher Leitsatz
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 21.07.1999 - AZ 3 Ca 5/99 - wird insoweit zurückgewiesen, als
- 1.
Trotz Weigerung des Arbeitnehmers, rechtmäßigen Festlegungen der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber Folge zu leisten, kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes nach § 273 BGB an der eigenen Arbeitsleistung in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber diese Weigerung zum Anlass für nicht gerechtfertigte Sanktionen nimmt.
- 2.
Das Zurückbehaltungsrecht wird jedoch durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschränkt. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes ist nur dann erforderlich, wenn der Versuch des Arbeitnehmers zur Beilegung der Auseinandersetzung durch Korrektur des eigenen Verhaltens ergebnislos geblieben ist.
In dem Rechtsstreit
hat die 16a. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 08.03.2000
durch
den Richter am Arbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat in Bezug auf
die geltend gemachte Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche wegen behaupteter Mobbinghandlungen (Anträge der Klägerin zu 9 - 11)
geltend gemachte Ansprüche aus Annahmeverzug in Höhe von DM 9.620,- brutto abzüglich gezahlter DM 287,18 sowie auf Erteilung von Gehaltsabrechnungen für die Monate März bis Juni 1999 (Anträge der Klägerin zu 12 - 15, 18, 20 - 22)
die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 16.04.1999 (Antrag der Klägerin zu 16.),
- 2.
die Klägerin Annahmeverzugslohn in Höhe von DM 17.360 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von DM 7.813,59 und Erteilung von Gehaltsabrechnungen für die Monate August, September, Oktober, Dezember 1999 und Januar und Februar 2000 begehrt (Anträge der Klägerin zu 23 - 28, zu 29 in Höhe des Grundgehaltes von DM 2.480,- brutto und zu 31 - 36),
- 3.
die Klägerin Erledigungsfeststellung nach Erteilung des Zeugnisses begehrt (Antrag der Klägerin zu 17.).
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Prozessvergleiches, die Handhabung von Arbeitszeitregelungen und die Entfernung mehrerer Abmahnungen aus den Personalakten der Klägerin. Die Klägerin führt Zahlungsklage aus dem Gesichtspunkt der Annahmeverzuges nach Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechtes und verfolgt Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche wegen der Verletzung von Fürsorgepflichten. Schließlich begehrt sie Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung.
Die am ... geborene Klägerin ist seit dem 01.10.1973 für die Beklagte als Verkäuferin ... in Göttingen tätig. Die Beklagte betreibt bundesweit einige Hundert vergleichbare Verkaufsstätten im Rahmen einer Filialkette. Es besteht ein Betriebsrat.
Von 1974 bis 1979 leitete die seinerzeit vollzeitbeschäftigte Klägerin das Seit 1979 ist sie aus familiären Gründen teilzeitbeschäftigt. Die Beklagte vereinbart mit Teilzeitkräften den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung nach Quartals- bzw. Jahresstunden. Nach der letzten Vertragsänderung vom 25.04.1991 beträgt das Jahresstundenvolumen der Klägerin seit dem 01.06.1991 1400 Stunden bei einer Bruttomonatsvergütung von ca. DM 2400,-. In einem Begleitschreiben der Beklagten zu dieser Vertragsänderung heißt es:
"Mit Wirkung vom 01.06.1991 beträgt ihre Arbeitszeit 1400 Stunden im Jahr. Der Arbeitseinsatz ist variabel und wird zwischen Ihnen und Ihrem Vorgesetzten direkt abgestimmt...."
Über die Arbeitszeitregelung in der Filialkette verhält sich die "Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeitregelung in der Filialkette vom 18.11.1993". Danach werden Teilzeitkräfte wegen der stark unterschiedlichen Auslastungen der Filialen generell nur auf Quartals- bzw. Jahresstundebasis unter Vertrag genommen.
Der Zeitübertrag wird bei Teilzeitkräften mit Jahresstunden wie folgt geregelt:
"Teilzeitkräfte mit Jahresstunden können bis zu 10% ihrer Jahresvertragsstunden als Minder- oder Mehrstunden monatlich vortragen, darüber hinausgehende Minusstunden verfallen bzw. angewiesene Mehrarbeitsstunden kommen zur Auszahlung oder können auf Wunsch des Arbeitnehmers ggflls. incl. der tariflichen Zuschläge in Freizeit abgegolten werden".
Der Arbeitszeitausgleich ist wie folgt geregelt:
"Beim Vor- oder Nacharbeiten von Plus-/Minusstunden darf die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit max. 50% über der rechnerischen Wochenarbeitszeit liegen. Größere Abweichungen sind in beiderseitigem Einvernehmen in begründeten Ausnahmefällen möglich."
Die Arbeitszeit der Klägerin wird festgelegt durch monatliche Einsatzpläne, die im Vormonat erstellt werden. Eine Vorlage der Einsatzpläne -auch aus den anderen Verkaufsstätten der Filialkette- an den Betriebsrat erfolgt nach Absprache mit dem Betriebsrat nicht. Bis 1997 war die Klägerin überwiegend halbtags mit einer Arbeitszeit von 4,5 Stunden tätig. Ende 1997 wies das Arbeitszeitkonto der Klägerin 132 Minusstunden aus. Anfang 1998 stellte die Beklagte eine neue Filialleiterin, Frau H. ein. Frau H. ist ca. 35 Jahre alt und stammt aus den neuen Bundesländern.
Die neue Filialleiterin verlangte von der Klägerin sowie der weiteren teilzeitbeschäftigten Mitarbeiterin W. den Abbau der Minusstunden durch entsprechende Nacharbeit. Sie setzte die Mitarbeiterinnen auch nicht mehr nur halbtags ein. Nachdem die Klägerin hiermit nicht einverstanden war und die Filialleiterin einseitig die Arbeitszeiten festlegte, kam es zwischen den Parteien zu einer ersten gerichtlichen Auseinandersetzung über den Inhalt der vertraglichen Arbeitszeitregelungen und die Reichweite des Direktionsrechtes der Beklagten in Bezug auf die Lage der Arbeitszeit der Klägerin. Die Klägerin führte Klage auf Feststellung, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis nach § 4 BeschfG vereinbart und die Beklagte nicht berechtigt sei, einseitig die Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit der Klägerin festzulegen und die Minusstunden aus dem Jahre 1997 nacharbeiten zu lassen (ArbG Göttingen 3 Ca 527/98).
In einem weiteren einstweiligen Verfügungsverfahren (ArbG Göttingen, 3 Ga 4/98) schlossen die Parteien sodann am 17.11.1998 einen Vergleich mit folgendem Wortlaut:
"1.
Die Einsatzzeiten und gegebenenfalls erforderliche Änderungen werden zwischen der Filialleitung und der Klägerin zunächst besprochen und in einem schriftlichen Einsatzplan dokumentiert; kommt eine Einigung nicht zustande, setzt die Filialleitung die Einsatzzeiten im Rahmen billigen Ermessens (§ 315 BGB) und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen (BeschfG, ArbzG) fest.2.
Die Filialleitung wird nach Möglichkeit die vereinbarten Jahresstunden im Laufe des nächsten Kalenderjahres abfordern, um eine Übertragung auf das nächste Kalenderjahr zu vermeiden.3.
Die Filialleitung und die Klägerin werden sich bemühen, die heute (17. November 1998) angefallenen Minusstunden bis spätestens Ende 1999 ausgeglichen zu haben.4.
Damit ist der vorliegende Rechtsstreit sowie der Rechtsstreit 3 Ca 527/98 erledigt......"Der Vergleich wurde rechtskräftig, nachdem die Klägerin von der vereinbarten Möglichkeit des Widerrufes bis zum 24.11.1998 keinen Gebrauch gemacht hatte.
Nachfolgend kam es zu Gesprächen zwischen der Klägerin, der Filialleiterin H. und der weiteren Mitarbeiterin W., dessen Ablauf zwischen den Parteien streitig ist. Die Klägerin erkrankte vom 03.12.1998 bis 14.12.1998. Anschließend kam es zu Auseinandersetzungen wegen der Arbeitszeitplanung für Januar 1999. Die Klägerin teilte der Filialleiterin mit (Bl. 35 GA), sie sei an allen Dienstagen und Donnerstagen ab 13.00 Uhr und Mittwochs und Freitags bis 14.00 Uhr einsatzbereit. Die Beklagte war mit diesem Arbeitszeitvorschlag nicht einverstanden. Sie erstellte einen Personaleinsatzplan für Januar 1999, der für alle Mitarbeiterinnen in der Filiale wechselnd freie, halbe bzw. ganze Arbeitstage vorsah (Bl. 34 GA). Nach einem Streitgespräch zwischen der Klägerin und der Filialleiterin am 23.12.1999 erkrankte die Klägerin erneut vom 23.12.1998 bis 14.02.1999. Nachdem die Klägerin bereits am 06.10.1998 vom Med. Dienst untersucht worden war, folgte auf Veranlassung der Beklagten eine erneute Untersuchung am 19.01.1999. Nach dem von der Klägerin im Termin am 08.03.00 überreichten Gutachten vom 19.01.1999 bestanden zum Untersuchungszeitpunkt reaktive Depressionen, die ursächlich auf Spannungen am Arbeitsplatz zurückzuführen waren.
Mit Schreiben vom 11.01.1999 (Bl. 38 GA) führte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten Beschwerde wegen Mobbinghandlungen im .... Für die Klägerin machte er wegen der Verhaltensweisen der Filialleiterin H. einen Anspruch auf Disziplinierung der Filialleiterin, sei es durch Abmahnung oder verhaltensbedingte Kündigung geltend. Mit Schreiben vom 14.01.1999 (Bl. 45 GA) kündigte er unter Fristsetzung bis zum 25.01.1999 an, vom Prozessvergleich nach § 326 I BGB zurückzutreten, da der geschlossene Vergleich nicht eingehalten werde.
Mit Datum vom 11.01.1999, der Klägerin zugestellt am 29.01.1999, erteilte die Beklagte der Klägerin 2 Abmahnungen (Bl. 58, 59 GA). Vorgeworfen wurde ihr, am 14.11.1998 Wechselgeld trotz Kassenanweisung in der Kasse belassen (Bl. 58 GA) und am 03.11.1998 sich geweigert zu haben, am 06.11.1998 einen Tag in der Filiale Hildesheim auszuhelfen (Bl. 59 - GA). Bereits am 24.03.1998 hatte die Filialleiterin der Beklagten der Klägerin eine Ermahnung erteilt, da die Klägerin 0,50 DM Wechselgeld am Abend in der Kasse belassen hatte. (Bl. 67 GA).
Mit Schriftsatz an das ArbG Göttingen vom 07.02.1999 unter dem Aktenzeichen des durch Vergleich beendeten Gerichtsverfahrens (3 Ca 527/99) trat die Klägerin vom Prozessvergleich vom 17.11.1999 zurück und beantragte die Anberaumung eines neuen Termins. Gleichzeitig erklärte sie die Anfechtung und fristlose Kündigung des Vergleiches.
Die Klägerin arbeitete sodann vom 15.02.1999 bis zum 17.02.1999. Erneuter Streit entspann sich zwischen den Parteien über die nach dem Dienstplan für Februar 1999 (Bl. 223 GA) arbeitsfreien Tage vom 18.02.1999 bis 20.02.1999. In diesen Tagen wurde Ware geliefert. Die Klägerin sah darin eine Ausgrenzung. Sie erkrankte vom 22.02.1999 bis 05.03.1999. Am 04.03.1999 wurde sie erneut durch den Med. Dienst untersucht (Bl. 698-700). Danach bestand der Arbeitsplatzkonflikt nach wie vor, die Klägerin sollte aber am 08.03.1999 die Arbeit wiederaufnehmen. Die Beklagte übermittelte mit Schreiben vom 05.03.1999 (Bl. 225 GA) den Einsatzplan der Klägerin für den Monat März 1999 (Bl. 226 GA). Der Einsatzplan ging am 05.03.199 per Fax und am 08.03.1999 bei dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin postalisch ein. Er widersprach den Arbeitszeitvorstellungen der Klägerin. Diese hatte pauschal Wochentage und Zeiten angegeben, an denen sie arbeiten wollte.
Die Klägerin trat am 08.03.1999 die Arbeit nicht an. Sie berief sich mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten gleichen Datums auf ein Leistungsverweigerungsrecht (Bl. 324 GA). Dort heißt es:
"Da der Einsatzplan nicht - wie im Arbeitsvertrag vereinbart - zwischen dem Vorgesetzten und meiner Frau direkt abgestimmt wurde, insbesondere unter Abwägung beiderseitiger Interessen kein Einvernehmen erzielt wurde, sondern bereits mein diesbezügliches persönliches bzw. telephonisches Nachfragen ... am 02.03.1999, ob es einen Einsatzplan für März gebe, als Störung des Arbeitsablaufes mit einem Hausverbot belegt wurde, ferner - sofern anwendbar - die gesetzliche Ankündigungsfrist des § 4 Abs. 2 BeschfG von mindestens 4 Tagen nicht eingehalten wurde, machen wir hiermit gem. § 273 BGB i.V.m. § 4 BeschfG bis auf weiteres auf unser Leistungsverweigerungrecht geltend....."
Mit Schreiben vom 10.03.1999 (Bl. 227 GA) berief sich die Klägerin zur Begründung des Leistungsverweigerungsrechts auch auf den ungelösten Arbeitsplatzkonflikt.
Im Kammertermin vom 09.04.1999 wurden keine Anträge gestellt im Hinblick auf schwebende Vergleichsverhandlungen. Bestandteil dieser Vergleichsbemühungen war die zum Zwecke der Vorbereitung eines Auflösungsvergleiches absprachegemäß ausgesprochene Kündigung der Beklagten vom 16.04.1999 (Bl. 236 GA). Nach Scheitern der Vergleichsgespräche hat die Beklagte die Kündigung zurückgenommen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei rechtswirksam von dem Prozessvergleich vom 17.11.1999 zurückzutreten. Aufgrund der langjährigen einvernehmlichen Festlegung der Arbeitszeit bestünde ein einseitiges Direktionsrecht der Beklagten in Bezug auf die Festlegung der Arbeitszeiten nicht. Eine einvernehmliche Abstimmung der Einsatzpläne nach dem Prozeßvergleich habe nicht stattgefunden. Ein Abrufarbeitsverhältnis sei nicht vereinbart worden. Auch der Betriebsrat sei an einer diesbezüglichen Vertragsumstellung nicht beteiligt gewesen.
Das Verhalten der Filialleiterin H. sei schikanös. Frau H. habe ihr nach dem Vergleich vom 17.11.1999 mitgeteilt, es blieb alles beim alten. Ein 4 - Augen Gespräch habe Frau H. abgelehnt und auf eine Teilnahme von Frau W. bestanden Am 20.11.1998 habe Frau ihr Vorwürfe gemacht. Die Kollegin W. habe ergänzt, die Klägerin stifte nur Unfrieden; wie eine Person wie die Klägerin seit 25 Jahren in der Firma arbeite, sei ein Rätsel. Frau H. praktiziere ihr gegenüber Mobbing. Arbeitsanweisungen würden im Befehlston gegeben, der morgentliche Gruß nicht erwidert. Kontaktverweigerung durch abwertende Blicke praktiziert. Sie würde im Befehlston zu herabsetzenden Arbeiten wie dem Reinigen der Toilette herangezogen. Unstreitig ist in diesem Zusammenhang, dass die Filialleiterin schriftliche Putzpläne erstellt und sich auch selber einteilt (Putzplan für November und Dezember 1999 Bl. 140 GA). Die ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit führe dazu, dass gesetzlich vorgeschriebene unbezahlte Pausen einzuhalten wären, die von der Freizeit abgingen. Der ständige Wechsel zwischen Ganztagsarbeit, Dreivierteltagsarbeit bzw. freien Tagen sei belastender als eine regelmäßige tägliche Arbeitszeit von 4,5 Stunden.
Personalprobleme seien vorprogrammiert durch den faktisch vorhandenen Ost-West Konflikt sowie nicht ausreichende Führungsqualitäten der in der ehemaligen DDR aufgewachsenen Filialleiterin. Frau H. fürchte die Klägerin als Konkurrentin und suche Fehler der Klägerin, um ihr zu zeigen, "wer der Boß ist". Die Beklagte habe die Filialleiterin in ihrem Verhalten gestärkt. Es bestehe auch Grund zu der Annahme, dass die Klägerin gerade wegen ihrer langjährigen Betriebszugehörigkeit und ihres Alters benachteiligt würde. Die Arbeitsunfähigkeiten seien auf das schikanöse Verhalten zurückzuführen. Die Beklagte sei deshalb schadensersatzpflichtig für die daraus resultierenden Schäden der Klägerin. Wegen der Verletzung der Schutzpflichten aus § 618 BGB bestünde auch ein Leistungsverweigerungsrecht.
Die Abmahnungen seien unberechtigt. Ein Versetzungsrecht bestünde nicht. Die Klägerin - habe schikaniert werden sollen. Es sei nicht auszuschließen, dass der Vorwurf des Verstosses gegen die Kassenanweisung von der Filialleiterin inszeniert worden sei.
Die Kündigung der Beklagten sei sozial nicht gerechtfertigt. Eine Fortsetzung sei unzumutbar, so dass das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen sei.
Die Klägerin hat beantragt
- 1.
festzustellen, dass der Rechtsstreit durch den Prozessvergleich vom 17.11.1998 nicht erledigt und die Klägerin wirksam von diesem Vergleich zurückgetreten ist
- 2.
festzustellen, dass zwischen den Parteien kein bedarfsabhängiges Abrufarbeitsverhältnis besteht,
- 3.
festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, einseitig und auf Abruf die Dauer der monatlichen, wöchentlichen bzw. täglichen Arbeitszeit der Klägerin festzulegen,
- 4.
festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, im Bezugszeitraum/Kalenderjahr 1997 seitens des Arbeitgebers nicht abgeforderte Minderstunden der Klägerin aus dem Kalenderjahr 1997 in das Kalenderjahr 1998 bzw. 1999 vorzutragen bzw. von der Klägerin ohne Vergütung nacharbeiten zu lassen,
- 5.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, solche von der Klägerin unter Protest und Vorbehalt nachgearbeiteten Minderstunden zu bezahlen,
- 6.
Festzustellen, dass die von der Beklagten bzw. der Filialleiterin für Dezember 1998 und Januar 1999 erstellten Einsatzpläne nicht dem Prozessvergleich vom 17.11.1998 entsprochen haben,
- 7.
festzustellen, dass die von der Beklagten gegenüber der Klägerin unter dem 24.03.1999 ausgesprochene Ermahnung, ferner die unter dem 23.12.1998 gegenüber der Klägerin ausgesprochene Ermahnung sowie die unter dem 11.01.199 gegenüber der Klägerin ausgesprochenen und am 29.01.1999 zugegangenen schriftlichen Abmahnungen wegen angeblichen "unkorrekten Arbeitens an der Kasse" bzw. angeblicher "Verweigerung eines Arbeitseinsatzes in Hildesheim" unwirksam sind,
- 8.
die Beklagte zu verurteilen, die zu Ziff. 7 genannten schriftlichen Ermahnungen und Abmahnungen aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen und für den Fall, dass die Beklagte dieser Anordnung nicht nachkommt, ein Ordnungsgeld anzudrohen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird,
- 9.
festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen hat, der der Klägerin aus den vom Medizinischen Dienst der Krankenkasse, Beratungsstelle am ... 06.10.1998 und 19.01.1999 festgestellten Erkrankungen entstanden ist oder noch entsteht,
- 10.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch DM 10.000,- zu zahlen,
- 11.
die Beklagte zu verurteilen, bei Meidung einer der Höhe nach in das Ermessen des Gerichtes gestellten Ordnungsgeldes es zu unterlassen, das Persönlichkeitsrecht oder die Gesundheit der Klägerin, insbesondere durch Vorgesetzten-Mobbing (sog. "Bossing") zu verletzen oder sie sonst wegen ihres Alters zu benachteiligen,
- 12.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat März 1999 ein Gehalt von 2.405,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen ab 01.04.1999 abzüglich am 29.03.1999 gezahlter 287,18 DM zu zahlen,
- 13.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Monat März 1999 eine schriftliche Gehaltsabrechnung zu erteilen,
- 14.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat April 1999 ein Gehalt von 2.405,00 DM brutto nebst 4% Zinsen seit dem 01.05.1999 zu zahlen,
- 15.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Monat April 1999 eine schriftliche Gehaltsabrechnung zu erteilen,
- 16.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die unter dem 16.04.1999 ausgesprochene, der Klägerin am 17.04.1999 zugegangene fristgerechte Kündigung zum 30.11.1999 nicht aufgelöst worden ist,
- 17.
das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gem. § 9 KSchG zum 30.11.1999 aufzulösen und die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung von mindestens DM 62.820,- zu verurteilen,
- 18.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen,
- 19.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Mai 1999 ein Gehalt von DM 2 405,- brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 01.06.1999 zu zahlen,
- 20.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für 1999 ein Urlaubsgeld in Höhe von 1.202,50 DM brutto nebst 4% Zinsen seit dem 01.06.1999 zu zahlen,
- 21.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Monat Mai 1999 eine schriftliche Gehaltsabrechnung zu erteilen,
- 22.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Juni 1999 ein Gehalt von DM 2 405,- brutto nebst 4% Zinsen seit dem 01.07.1999 zu zahlen,
- 23.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Monat Juni 1999 eine schriftliche Gehaltsabrechnung zu erteilen,
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Vergleich vom 17.11.1998 entspreche den rechtlichen Rahmenbedingungen aus Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarung. Gründe für einen Rücktritt, eine Anfechtung oder eine Kündigung bestünden nicht. Die Beklagte habe den Vergleich umgesetzt und auch die Filialleiterin entsprechend instruiert. In einem ersten ruhigen und sachlichen Gespräch zwischen der Klägerin, Frau H. und Frau W. am 20.11.1998 hätten alle Beteiligten festgestellt, dass sie sich zurücknehmen müssten. Auch bei einem weiteren Gespräch zwischen der Klägerin und der Filialleiterin am 26.01.1998 sei man überein gekommen, nicht mehr so empfindlich zu reagieren. Ein herabsetzendes und ignorierendes Verhalten gebe es nicht. Allerdings habe sich sodann die Kommunikation auf das Geschäftliche reduziert. Die Arbeitszeitwünsche seien im Dezember weitgehend berücksichtigt worden. Die von der Klägerin im Januar gewünschten Termine (jeweils an 2 Nachmittagen bzw. an 2 Vormittagen in der Woche) seien betrieblich nicht darstellbar gewesen.
Ursache der Spannungen seien die Vorwürfe und Anfeindungen der Klägerin gegenüber der Filialleiterin.
Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe trotz Anweisung der Filialleiterin, dass in keinem Fall Wechselgeld in der Kasse zu verbleiben habe nach Dienstschluss, am 24.03.1998 0,50 DM (Ermahnung vom 24.03.1998) und am 14.11.1.998,00 DM 470,- in der Kasse belassen. Die Klägerin habe sich unberechtigt geweigert, der Anweisung, am 12.11.1998 in der Filiale Hildesheim auszuhelfen (Bl. 141 GA) nachzukommen.
Das Arbeitsgericht hat mit dem am 21.07.1999 verkündeten Urteil die Beklagte verurteilt, der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen und im übrigen die Klage abgewiesen.
Da ein Recht zum Rücktritt nicht vereinbart worden sei, habe die Klägerin nicht von dem Vergleich vom 17.11.1998 zurücktreten können. Ob die Klageanträge zu 2. bis 5. vor dem Hintergrund des rechtskräftigen Vergleiches zulässig seien, könne dahinstehen, da die Arbeitszeitregelungen nicht zu beanstanden seien. Der auf Prüfung der Dienstpläne für Dezember 1998 und Januar 1999 gerichtete Antrag zu 6. sei unzulässig, da das erforderliche Feststellungsinteresse nicht gegeben sei. Die Ermahnungen und Abmahnungen seien zu Recht erfolgt (Anträge zu 7. und 8.). Auch bei geringen Pflichtverletzungen (Verbleib von DM 0,50 in der Kasse) sei es nicht unverhältnismäßig, auf die allgemeinen Arbeitgeberweisungen hinzuweisen. Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche (Anträge zu 9. bis 11.) wegen des behaupteten schikanösen Verhaltens der Filialleiterin bestünden nicht. Die Spannungen zwischen der Klägerin und der Filialleiterin seien Folge einer rechtmäßigen Ausübung des Direktionsrechtes durch die Beklagte und jedenfalls auch durch den Tonfall der klägerischen Schriftsätze mitverursacht. Aus diesem Grund sei die Klage auch unbegründet, soweit die Klägerin auf die Ausübung des Zurückbehaltungsrecht gestützte Zahlungs- und Abrechnungsanträge (12. - 15. sowie 19. - 23.) geltend mache. In Bezug auf den Kündigungsschutzantrag zu 16. fehle es an einem Feststellungsinteresse, nachdem die Beklagte die absprachegemäß ausgesprochene Kündigung zurückgenommen habe. Damit sei auch für eine Auflösung des Arbeitsverhältnis (Antrag zu 17) kein Raum.
Mit der am 29.07.1999 beim Landesarbeitsgericht eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsfrist bis zum 30.09.1999 am 29.09.1999 begründeten Berufung gegen das am 28.07.1999 zugestellte Urteil verfolgt die Klägerin wesentliche Teile ihres Klagebegehrens weiter.
Sie rügt ein unfaires gerichtliches Verfahren in der ersten Instanz. Die Klägerin sei nicht zur Sache angehört worden. Das Vorbringen der Klägerin sei unter Verstoss gegen §§ 286, 278 Abs. 3 ZPO nicht zur Kenntnis genommen worden. Das Arbeitsgericht habe den angebotenen Beweisanträgen für die behaupteten Mobbing-Handlungen nachgehen müssen, jedenfalls hätte ein gerichtlicher Hinweis nach § 139 ZPO ergehen müssen, sofern das Arbeitsgericht den Vortrag als unschlüssig betrachtet habe. Auch die Darlegungs- und Beweislastverteilung sei verkannt worden. Angesichts der erst nach dem 01.01.1998 aufgetretenen konfliktträchtigen Arbeitsbedingungen obliege es der Beklagten, darzulegen, wie die in der früheren DDR aufgewachsene Filialleiterin als Führungskraft geeignet bzw. geschult und insbesondere mit bundesdeutschem Arbeitsrecht und den ... Führungsgrundsätzen vertraut gemacht worden sei. Die Beklagte habe verdrängt, dass der Ost - West Konflikt mitursächlich sei für die Spannungen in der Filiale Göttingen. Die Filialleiterin sei in einem totalitären System aufgewachsen. Die Persönlichkeitsentwicklung sei deshalb anders als bei Menschen, die im freiheitlichen Westen aufgewachsen seien. Nur freie selbstverantwortende Menschen, die mit Wohlwollen, Respekt und Toleranz aufgewachsen seien, hätten auch im Arbeitsstress als Erwachsene das nötige Verständnis für andere.
In der Sache wiederholt und vertieft die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag. Der Vergleich vom 17.11.1998 sei durch Rücktritt nach § 326 BGB bzw. Anfechtung nach § 123 BGB und Kündigung nach § 626 BGB nicht mehr rechtswirksam. Die Filialleiterin H. habe im Dezember 1998 den Einsatzplan für Januar 1999 ohne vorherige Abstimmung mit der Klägerin gefertigt und Änderungswünsche der Klägerin abgelehnt.
Eine Festlegung der Arbeitszeiten könne ausschließlich einvernehmlich erfolgen. Dies ergebe sich aus der langjährigen Übung in der Filiale Göttingen, aus der Nichtbeteiligung des Betriebsrates bei Umstellung ihres Arbeitsvertrages auf Jahresarbeitsstunden sowie aus dem Umstand, dass der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG nicht wahrnehme.
Ihr Krankheitsbild -reaktive Depressionen und Bronchitis- sei mobbingtypisch, durch Vorlage der ärztlichen Gutachten des medizinischen Dienstes belegt und durch Zeugnis der behandelnden Ärzte unter Beweis gestellt. Das schikanöse Verhalten der Filialleiterin rechtfertige auch die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechtes. Der ständige Streit um die einseitig gestalteten Einsatzpläne sei gesundheitsgefährdend. Gesundheitsgefährdend seien auch die unterschiedlichen täglichen Arbeitszeiten.
Die Abmahnungen und Ermahnungen seien ungerechtfertigt. Eine Weisung seitens der Filialleiterin H. am 14.11.1998 nach Hildesheim zu fahren, habe es nicht gegeben, vielmehr habe sie lediglich eine schriftliche Bitte (seien Sie bitte so nett...) formuliert. Der Arbeitsvertrag enthalte keinen Versetzungsvorbehalt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgericht Göttingen vom 21.07.1999 abzuändern und
- 1. - 16.
nach den Schlußanträgen der ersten 1. Instanz zu erkennen,
- 17.
den Rechtsstreit für erledigt zu erklären, nachdem die Beklagte der Klägerin aufgrund des erstinstanzlichen Urteil ein qualifiziertes Zwischenzeugnis erteilt hat
- 18.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Mai 1999 ein Gehalt von DM 2 405,- brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 01.06.1999 zu zahlen,
- 19.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für 1999 ein Urlaubsgeld in Höhe von 1.202,50 DM brutto nebst 4% Zinsen seit dem 01.06.1999 zu zahlen,
- 20.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Monat Mai 1999 eine schriftliche Gehaltsabrechnung zu erteilen,
- 21.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Juli 1999 ein Gehalt von DM 2 405,- brutto nebst 4% Zinsen seit dem 01.08.1999 zu zahlen,
- 22.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Monat Juli 1999 eine schriftliche Gehaltsabrechnung zu erteilen,
- 23.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat August 1999 ein Gehalt von 2 480,- brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 31.08.1999, abzüglich DM 967,46 gem. § 115 SGB X auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Teilanspruches zu zahlen,
- 24.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine schriftliche Gehaltsabrechnung für den Monat August 1999 zu erteilen,
- 25.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat September 1999 ein Gehalt von 2 480,- brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 31.09.1999 abzüglich DM 1 153,- gem. § 115 SGB X auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Teilanspruches zu zahlen,
- 26.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine schriftliche Gehaltsabrechnung für den Monat September 1999 zu erteilen,
- 27.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Oktober 1999 ein Gehalt von 2 480,- brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 31.10.1999 abzüglich DM 1 116,30 gem. § 115 SGB X auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Teilanspruches zu zahlen,
- 28.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine schriftliche Gehaltsabrechnung für den Monat Oktober 1999 zu erteilen,
- 29.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat November 1999 ein Gehalt sowie Weihnachtsgeld von insgesamt DM 4 960,- brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 31.11.1999 abzüglich DM 1 153,51 gem. § 115 SGB X auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Teilanspruches zu zahlen,
- 30.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine schriftliche Gehaltsabrechnung für den Monat November 1999 zu erteilen,
- 31.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Dezember 1999 ein Gehalt von 2 480,- brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 31.12.1999 abzüglich DM 1 116,30 gem. § 115 SGB X auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Teilanspruches zuzahlen,
- 32.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine schriftliche Gehaltsabrechnung für den Monat Dezember 1999 zu erteilen,
- 33.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Januar 2000 ein Gehalt von 2 480,- brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 31.01.2000 abzüglich DM 1 153,51 gem. § 115 SGB X auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Teilanspruches zu zahlen,
- 34.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine schriftliche Gehaltsabrechnung für den Monat Januar 2000 zu erteilen,
- 35.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Februar 2000 ein Gehalt von 2 480,- brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 29.02.2000 abzüglich DM 1 153,51 gem. § 115 SGB X auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Teilanspruches zu zahlen,
- 36.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine schriftliche Gehaltsabrechnung für den Monat Februar 2000 zu erteilen,
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil und verweist auf den erstinstanzlichen Sachvortrag. Auslöser der Spannungen seien die Arbeitszeitvorstellungen der Klägerin im Hinblick auf einen überwiegend halbtägigen Einsatz und die Verkennung des durch Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarung im Rahmen von § 315 BGB eröffneten Direktionsrechtes der Beklagten. Darüber hinaus habe die Klägerin Vorbehalte gegenüber der Filialleiterin wegen deren Herkunft aus den neuen Bundesländern.
Der Prozessvergleich sei rechtswirksam, da ein Rücktrittsrecht im Regelfall stillschweigend abbedungen sei; auch die Voraussetzungen von § 326 BGB lägen nicht vor. Unzulässig seien die Anträge zu 2. - 5., da sie bereits Gegenstand des durch Vergleich beendeten Verfahrens waren; auch fehle ein Feststellungsinteresse, da die Ansprüche im Wege von Leistungs- und Unterlassungsklage zu verfolgen seien.
Ein schikanöses Verhalten gebe es nicht; auch die von der Klägerin benannten Ärzte könnten hierzu keine Angaben machen, da sie keinerlei Kontakt zu der Beklagten aufgenommen und die Arbeitsplatzsituation vor Ort nicht in Augenschein genommen hätten. Gutachterliche Feststellungen seien deshalb lediglich auf der Grundlage der subjektiven Empfindungen der Klägerin getroffen worden.
Der Vortrag der Klägerin zu den behaupteten Mobbinghandlungen sei nach wie vor zu pauschal. Die gemeinsame Toilette sei schon immer von den Mitarbeiterinnen gereinigt worden. Jede Mitarbeiterin einschließlich der Filialleiterin nehme im Wechsel diese Arbeit vor. Das Verhalten der Klägerin der Filialleiterin gegenüber sei vor dem Hintergrund der Vorwürfe hinsichtlich ihrer Herkunft unangemessen und lasse nicht erkennen, das ein Interesse an einer konstruktiven Lösung bestehe.
Da die Festsetzung der Arbeitszeiten den vertraglichen und im Prozessvergleich vereinbarten Vorgaben entspreche und Mobbinghandlungen nicht vorlägen, bestehe auch kein Zurückbehaltungsrecht der Klägerin im Hinblick auf ihre Arbeitsleistung.
Der Erledigungsfeststellungsantrag im Hinblick auf das nach dem erstinstanzlichen Urteil ausgestellte Zeugnis der Beklagten sei unzulässig; der Zeugnisanspruch sei nicht in der zweiten Instanz rechtshängig geworden.
Bezüglich des weiteren Vortrages der Parteien wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 28.09.1999 sowie ihre weiteren Schriftsätze vom 16.02.2000 und 01.03.2000 und die Berufungserwiderung der Beklagten vom 06.12.1999.
Gründe
I.
Die Berufung ist unzulässig, soweit die Klägerin in Bezug auf den Zeugnisanspruch nach erstinstanzlichem Obsiegen und späterer Erfüllung durch die Beklagte nunmehr Feststellung der Erledigung begehrt. Der Klägerin ist durch Urteil des Arbeitsgerichts der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis uneingeschränkt zugesprochen worden. Damit fehlt es an der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels erforderlichen Beschwer der Rechtsmittelklägerin (Zöller, ZPO, vor § 511, Rdn. 8).
Im übrigen ist die statthafte Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG, 518, 519 ZPO) und damit zulässig.
Der Rechtsstreit ist nur zum Teil entscheidungsreif. Soweit die Klägerin Feststellung der Unwirksamkeit des Prozessvergleiches vom 17.11.1998 begehrt und die Anträge aus dem Verfahren ArbG Göttingen (3 Ca 527/98) zum Spruch stellt, bestehen Bedenken im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage. Nach gefestigter Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 28.03.1963, 2 AZR 379/62; Urteil vom 05.08.1982, 2 AZR 199/80, Urteil vom 28.03.1985, 2 AZR 92/84) ist der Streit über die Wirksamkeit eines außergerichtlichen oder gerichtlichen Vergleiches in dem Verfahren zu entscheiden, in dem der Vergleich geschlossen wurde, da der Geltendmachung in einem neuen Verfahren die anderweitige Rechtshängigkeit der Streitsache entgegensteht (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Dies gilt nach der Entscheidung des BAG vom 28.03.1985 auch dann, wenn - wie vorliegend - die Fortsetzung des Verfahrens beantragt und seitens des Gerichtes ein neues Verfahren eröffnet wird. Da dieses Problem nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, bedurfte es insoweit eines rechtlichen Hinweises nach § 139 ZPO.
Die von der Klägerin verfolgten Ansprüche auf Urlaubsgeld und auf Zahlung der jährlichen Sonderzuwendung folgen anderen Anspruchsvoraussetzungen als der Gehaltsanspruch. Auch wenn der Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht an ihrer Arbeitsleistung nicht zusteht und die auf Annahmeverzug gestützte Zahlungsklage unbegründet ist, sind Ansprüche auf Zahlung von Sonderzuwendungen damit nicht ausgeschlossen. Der Klägerin war nach § 139 ZPO Gelegenheit zu geben, die Anspruchsvoraussetzungen darzulegen.
In Bezug auf den streitigen Abmahnungskomplex ist eine Beweiserhebung erforderlich.
II.
Soweit der Rechtsstreit entscheidungsreif ist, ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus Annahmeverzug für den Zeitraum ab dem 08.03.1999 (1.) sowie auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und Unterlassung wegen der behaupteten Mobbinghandlungen (2.); der Kündigungsschutzklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis (3).
1.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten aus §§ 611, 615, 273 BGB auf Vergütung für den Zeitraum vom 08.03.1999 bis einschließlich Februar 2000. Annahmeverzug setzt voraus, dass der Arbeitnehmer in einem bestehenden Arbeitsverhältnis nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 294 bis 296 BGB seine Arbeitskraft anbietet und leistungsbereit und leistungswillig ist (§ 297 BGB) (vgl. Erf. Komm. Preis, § 615 BGB, Rdn. 9 ff). Ist der Arbeitnehmer wegen eines ihm zustehenden Leistungsverweigerungsrechtes nicht leistungsbereit, so muß das Angebot der Arbeitsleistung die Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrecht umfassen, um Gläubigerverzug zu begründen (BAG, Urteil v. 07.06.1973, 5 AZR 563/72, AP Nr. 28 zu § 615 BGB; LAG Baden Württemberg, Urteil vom 26.09.1997, 19 Sa 64/96).
Die Klägerin hat sich mit Schreiben vom 08.03.1999 und 10.03.1999 auf ein Zurückbehaltungsrecht an ihrer Arbeitsleistung berufen. Das Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB gewährt dem Schuldner das Recht, seine Leistung zurückzuhalten, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird. Der Gegenanspruch muß vollwirksam und fällig sein und auf dem demselben rechtlichen Verhältnis beruhen (Konnexität). Die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes steht unter dem Vorbehalt des Grundsatzes von Treu und Glauben (Erf. Komm. Wank, a.a.O., Rdn. 31; BAG, Urteil vom 25.10.1984, AP Nr. 3 zu § 273 BGB) und wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschränkt (Erf. Komm, Dieterich, Art. 2 GG Rdn. 82; Münch. ArbR/Blomeyer, § 93 Rdn. 24; zur verhältnismäßigen Ausübung bei Lohnrückständen BAG, Urteil vom 09.05.1996, AP Nr. 5 zu § 273 BGB). Danach ist es dem Arbeitnehmer verwehrt, das Zurückbehaltungsrecht auszuüben, wenn er wegen einer geringen Gegenforderung die ganze Leistung zurückbehalten will (Erf. Komm. Preis, BGB § 611, Rdn. 670) oder wenn gegenüber einer unbestrittenen Forderung ein Gegenanspruch geltend gemacht wird, dessen Klärung so schwierig und zeitraubend ist, dass die Durchsetzung der unbestrittenen Forderung auf Dauer verhindert wird (BGH, NJW 1990, 1172).
Im Arbeitsverhältnis besteht ein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung auch, wenn der Arbeitgeber mit erheblichen Nebenpflichten nicht nachkommt (BAG, Urteil v. 08.05.1996, 5 AZR 315/95; Münch. Komm BGB Lorenz, § 618 BGB, Rdn. 67; Erf. Komm. Wank, § 618 BGB, Rdn. 28; LAG Frankfurt, 7 Sa 535/97, Urteil vom 26.08.97, Kreitner, DStR 1997, 1292 ff). Die Verletzung der Fürsorgepflicht (BAG, Urteil vom 07.06.1973, AP Nr. 28 zu § 615 BGB), LAG Baden Württemberg, 19 Sa 64/96, Urteil vom 26.09.1997, LAG Frankfurt, 7 Sa 535/97, Urteil vom 26.08.1997) bzw. der sich aus § 618 BGB ergebenden Arbeitsschutzpflichten (BAG, Urteil v. 08.05.1996, 5 AZR 315/95, NZA 1997, S. 86 ff) können ein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung begründen. Der Arbeitgeber hat im Rahmen der Fürsorgepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, er muß den Arbeitnehmer auch vor Gesundheitsgefahren psychischer Art schützen (Haller/Koch, NZA 1995, S. 356, 358). Es besteht insoweit auch ein Anspruch auf Schutz vor systematischen Anfeindungen und vor schikanösem oder diskriminierendem Verhalten durch Kollegen oder durch Vorgesetzte, wobei der Arbeitgeber sich gem. § 278 BGB auch das Verhalten der Personen zurechnen lassen muß, die als Vorgesetzte in seinem Namen handeln (v. Hoyningen-Huene, BB 1991, S. 2214, 2221; Bieler, Heilmann, ArbuR 1996, 430, 433).
2.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 08.03.1999 (Bl. 324 GA) eine vertragswidrige einseitige Arbeitszeitzuweisung reklamiert und sich darauf berufen, der Einsatzplan für März 1999 sei nicht, wie im Arbeitsvertrag vereinbart, zwischen den Parteien direkt abgestimmt und vereinbart worden. Mit Schreiben vom 10.03.1999 (Bl. 227 GA) hat sie geltend gemacht, sie müsse mit schikanöser Behandlung der Filialleiterin H. rechnen. Bis zur Lösung dieses Arbeitskonflikts halte sie ihre Arbeitsleistung zurück.
Weder die Berufung auf eine vertragswidrige Arbeitszeitzuweisung noch auf die behaupteten Verhaltensweisen der Filialleiterin rechtfertigen die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes an der Arbeitsleistung gem. § 273 BGB.
a.
Auf eine vertragwidrige einseitige Zuweisung der Arbeitszeiten kann die Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht nicht stützen. Zwar kann wie eine vertragswidrige Zuweisung von nicht zumutbarer Arbeit über einen längeren Zeitraum (LAG Berlin, 12.03.1999, 2 SA 53/98) auch die dauernde Zuweisung von Arbeitszeiten unter Verstoß gegen die vertraglichen Absprachen ein Zurückbehaltungsrecht begründen. Nach den vertraglichen Absprachen zwischen den Parteien ist die Einteilung der Arbeitszeiten durch die Beklagte aber vertragskonform, kollektivrechtlich nicht zu beanstanden und entspricht billigem Ermessen gem. § 315 BGB.
aa.
Nach der Vertragsänderung vom 25.04.1991 haben die Parteien eine Jahresarbeitszeit von 1 400 Stunden vereinbart. Eine vertragliche Regelung der Lage der Arbeitszeit besteht nicht.
Soweit sich die Klägerin auf das Begleitschreiben zur Vertragsänderung vom 01.06.1991 beruft, wonach der Arbeitseinsatz variabel ist und zwischen der Klägerin und dem Vorgesetzten direkt abgestimmt wird, ergibt sich daraus nicht, dass nur eine einvernehmliche Festlegung der Arbeitszeiten verbindlich ist. Abstimmen bedeutet, dass bei der Festlegung der Arbeitszeiten den beiderseitigen Interessen Rechnung getragen wird. Damit wird der Rechtsgedanke von § 315 BGB - Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen- aufgegriffen, nicht aber die Ausübung des Direktionsrechtes beschränkt oder ein Zwang zur Einigung über die Arbeitszeiten statuiert.
Unerheblich ist ferner, dass es nach Vortrag der Klägerin bis zum Eintritt der Filialleiterin stets zu einer einvernehmlichen Festlegung der Arbeitszeiten gekommen ist. Auch daraus ergibt sich keine Vertragsänderung in Bezug auf eine zwingende einvernehmliche Festlegung der Arbeitszeiten. Einer diesbezüglichen - nur unter engen Voraussetzungen überhaupt denkbaren Konkretisierung der vertraglichen Pflichten (BAG Urteil vom 30.10.1991, 5 AZR 6/91) - wäre nur dann näherzutreten, wenn nach der vertraglichen Handhabung in der Vergangenheit einseitige Festlegungen der Arbeitszeit von den Vertragsparteien für unwirksam erachtet worden wären. Beispiele hierfür trägt die Klägerin nicht vor.
Ist die Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig bestimmt, so erfolgt die Bestimmung von Zeit, Ort und Art der Leistungspflicht im Wege des Direktionsrechtes durch den Arbeitgeber, wobei regelmäßig ein weiter Rahmen zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen besteht (BAG, Urteil vom 23.06.1993, 5 AZR 337/92, AP Nr. 42 zu § 611 BGB Direktionsrecht; Erman/Hanau, § 611 BGB Rdn. 306; Leinemann/Kiel, GeWO, § 105, Rdn. 4020)).
bb.
Die zwischen den Parteien bestehende Vertragslage -die Vereinbarung einer Jahresarbeitszeit- ist nicht rechtsunwirksam gem. § 134 BGB wegen einer Umgehung der §§ 1, 2 KschG. Eine Umgehung des KSchG liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber vertraglich die Dauer der vertraglichen Arbeitszeit bestimmen kann, weil dem Arbeitnehmer der Änderungsschutz des § 2 KSchG entzogen wird (BAG, Urteil vom 12.12.1984, 7 AZR 509/83, NZA 1985, 321). Zwischen den Parteien ist die Dauer der Arbeitszeit im Bezugszeitraum aber fest vereinbart. Die Klägerin erhält auch ihre monatlichen Bezüge pro rata temporis, ohne dass es auf die tatsächlich erbracht Arbeitsleistung ankommt. Damit haben die Parteien zwar eine flexible Arbeitszeitgestaltung gewählt, aber keine einseitigen Eingriffsmöglichkeiten des Arbeitgebers in das vertragliche Äquivalenzverhältnis eröffnet. Eine Umgehung zwingenden Kündigungsrechtes scheidet damit aus.
Auch der vereinbarte Bezugszeitraum von einem Jahr ist in der von den Parteien gewählten Form rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BAG, Urteil vom 12.06.1995, AP TVG § 1 Tarifverträge Nährmittelindustrie Nr. 1; Heinze NZA 1997, 681 f). Bedenken im Hinblick auf eine fehlende Kalkulierbarkeit des zur Verfügung stehenden monatlichen Einkommens sowie auf eine Gefährdung des sozialversicherungsrechtlichen Schutzes bei schwankendem Einkommen (GK TzA Mikosch, § 5 Rdn. 61) haben die Parteien durch die an der durchschnittlichen monatlichen Stundenvergütung orientierten kontinuierlichen Entgeltzahlung Rechnung getragen.
Soweit die Klägerin zutreffend darauf verweist, dass die Planbarkeit der zur Verfügung stehenden freien Zeit im Hinblick auf andere Beschäftigungsverhältnisse beschränkt ist, liegt hier kein Problem einer Vertrags- sondern der Vertragsausübungskontrolle, die am Maßstab von §§ 315 BGB, 4 BeschfG vorzunehmen ist.
cc.
Die Beschäftigung der Klägerin nach Maßgabe der Vertragsänderung vom 25.04.1991 ist der Beklagten nicht deshalb verwehrt, weil der Betriebsrat nach der Behauptung der Klägerin der damaligen Vertragsänderung nicht gem. §§ 99 Abs. 1, 95 Abs. 3 BetrVG zugestimmt hat. Es kann dahinstehen, ob der Wechsel von einer festen täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit zu einer Jahresarbeitszeit überhaupt eine Versetzung i. S. dieser Vorschriften und damit zustimmungsbedürftig ist (ablehnend bei Arbeitszeitveränderungen BAG, Beschlüsse vom 19.02.1991, 16.07.1991, 23.11.1993, AP Nr. 25, 28 und 33 zu § 95 BetrVG; a.A. für den Fall der Umstellung auf Stundenvolumenverträge wegen der erheblichen organisatorischen Änderungen Buschmann/Dieball, TzA, § 99 BetrVG, Rn. 7). Der Betriebsrat hat ausweislich der Vertragsurkunde am 07.05.1991 die letzte Vertragsänderung auf ein Jahresstundenvolumen von 1 400 Stunden gegengezeichnet und damit gebilligt. Da nach der Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeitregelung in der Filialkette Teilzeitkräfte generell nur auf der Basis von Quartals- oder Jahresstundenverträgen eingestellt und die Klägerin seit 1979 auf der Basis von Quartalsstunden und seit 1991 mit einem Jahresstundenvertrag beschäftigt wird, unterliegt die Zustimmung des Betriebsrates keinem Zweifel.
dd.
Die Festlegung der Arbeitszeiten durch die Beklagte entspricht auch billigem Ermessen gem. § 315 BGB.
Konkrete Einzelfälle einer billigem Ermessen widersprechenden Arbeitszeitzuweisung hat die Klägerin nicht vorgetragen. Soweit sie in der beschäftigungsfreien Zeit vom 18.02.1999 bis 20.02.1999, in der zum Teil Ware geliefert wurde, eine bewußte Ausgrenzung von betrieblichen Abläufen sieht, ist dies bezeichnend für das übersteigerte Mißtrauen der Klägerin Handlungen der Beklagten gegenüber aber in der Sache offensichtlich abwegig.
Soweit die Klägerin allgemein Gesundheitsgefahren bei wechselnden Arbeitszeiten behauptet, ist nicht ansatzweise erkennbar, woher solche Gefahren herrühren könnten. Ein Verstoß gegen Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes wird auch von der Klägerin nicht dargelegt.
Richtig ist zwar, dass wechselnde Arbeitszeiten theoretisch die Aufnahme weiterer Beschäftigungsverhältnisse erschweren können. Eine Arbeitszeitzuweisung, die darauf keine Rücksicht nimmt, mag auch billigem Ermessen widersprechen. Die Klägerin hat aber nicht behauptet, dass ihr durch die Arbeitszeitzuweisung anderweitige Arbeitsmöglichkeiten abgeschnitten wurden. Eine theoretische Konfliktlage ist unbeachtlich.
Soweit die Klägerin mit Schreiben vom 08.03.1999 eine Verletzung der Ankündigungsfrist des § 4 Abs. 2 BeschfG reklamiert hat, besteht ein Leistungsverweigerungsrecht lediglich bis zum Ablauf dieser Frist (bei Telefaxzugang am 05.03.1999 maximal bis zum 09.03.1999), keinesfalls kann ein Verstoß gegen § 4 Abs. 2 BeschfG Grundlage für eine dauernde Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes sein.
ee.
Die Zuweisung der Arbeitszeiten ist auch nicht deshalb rechtsunwirksam, weil dem Betriebsrat die monatlichen Einsatzpläne nicht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG vorgelegt werden. Der Betriebsrat hat sein Mitbestimmungsrecht zunächst mit der Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeitregelung in der Filialkette v. 18.11.1993 ausgeübt. Diese Betriebsvereinbarung regelt die Rahmenbedingungen der Arbeitszeitverteilung (Zeiterfassung, Umfang des Zeitübertrages sowie der Vor- und Nacharbeit). Selbst wenn die Dienstplaneinteilung bzw. die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage trotz Betriebsvereinbarung dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterliegt, weil die Vereinbarung weder eine konkrete Regelung der Grundsätze der Arbeitsplangestaltung enthält noch die Beklagte zu einseitigen Festlegungen ermächtigt (vgl. BAG Beschluß vom 28.10.1986, 18.04.1989 AP § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 20, 34 (Fall der Aufnahme allgemeiner Gestaltungsgrundsätze in einer Betriebsvereinbarung)), so verstößt die betriebliche Praxis nicht gegen § 87 Abs. 1 S. 2 BetrVG. In der seit Jahren beiderseitig unverändert ausgeübten Praxis, sich nicht einzelne Arbeitspläne der mehreren Hundert Filialen vorlegen zu lassen, liegt eine formlos mögliche Regelungsabrede (vgl. Erf. Komm. Hanau/Kania, § 77 BetrVG Rn. 26 ff) über den Umfang der Vorlagepflichten in Bezug auf die Arbeitspläne. Soweit die Klägerin ohne nähere Erläuterung eine diesbezügliche Absprache in Abrede nimmt, ist dies angesichts der unstreitigen betrieblichen Praxis unsubstantiiert und unbeachtlich.
ff.
Auch die von der Klägerin behaupteten Verstösse der Beklagten gegen den Prozessvergleich vom 17.11.1998 -von dem die Klägerin zurückgetreten sein will- begründen kein Zurückbehaltungsrecht.
Für die Frage der wirksamen Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes ist die in diesem Teilurteil nicht getroffene Entscheidung über die Wirksamkeit des Rücktritts nicht präjudizierend.
Ist der Vergleich durch die Erklärung der Klägerin vom 07.02.1999 gem. § 326 BGB hinfällig geworden, so hat die Klägerin ihre rechtlichen Möglichkeiten abschließend wahrgenommen und kann sie nach erfolgtem Rücktritt nicht ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Nach dem Rücktritt kann der Arbeitgeber dieses spezielle Leistungshindernis nicht mehr beseitigen.
Auch wenn der Vergleich vom 17.11.1998 die Parteien nach wie vor bindet, so liegen Verstösse der Beklagten dagegen, die ein Zurückbehaltungsrecht der Klägerin an der Arbeitsleistung begründen könnten, nicht vor. Der Vergleich hat keine von den vertraglichen oder gesetzlichen Regeln abweichende Grundlage für die Festlegung der Arbeitszeit geschaffen. Er bestätigt das Direktionsrecht der Beklagten im Hinblick auf eine Festlegung der Arbeitszeiten. Damit sind nach vorstehenden Erwägungen auch die Arbeitszeitfestlegungen der Beklagten nicht zu beanstanden.
Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, es müsse zunächst ein Gespräch und den Versuch eines gemeinsamen schriftlichen Einsatzplanes geben, schließt dies die vorherige Erstellung eines Dienstplanentwurfs durch die Beklagte nicht aus.
Dass es zwischen den Parteien nicht zu einer Einigung über die Arbeitszeiten gab, liegt wesentlich an den Arbeitszeitwünschen der Klägerin. Ihre Arbeitszeitvorstellung für Januar 1999 -Dienstags und Donnerstags ab 13.00 Uhr, Mittwochs und Freitags bis 14.00 Uhr- hätte eine Rückkehr zu starren Arbeitszeiten bedeutet und keinen Raum mehr für eine flexible Arbeitszeitgestaltung gelassen. Die einseitige Festlegung der Arbeitszeiten durch die Beklagte ist danach nicht zu beanstanden.
b.
Der Klägerin steht auch kein Zurückbehaltungsrecht an ihrer Arbeitsleistung zu, soweit sie sich mit Schreiben vom 10.03.1999 auf die schikanöse Behandlung durch die Filialleiterin H. und den ungelösten Arbeitplatzkonflikt berufen hat.
Auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhaltes sowie des Vortrages der Klägerin besteht kein Anspruch wegen der Verletzung von Fürsorgepflichten, der im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes rechtfertigen könnte.
Es kann unterstellt werden, dass es Streitgespräche und Kommunikationsstörungen der geschilderten Art zwischen der Klägerin und der Filialleiterin H. gegeben hat. Es ist auch offenkundig, dass die Probleme in der Filiale Göttingen erst mit dem Eintritt der neuen Filialleiterin begannen. Schließlich ist es nachvollziehbar, dass diese Spannungen mitursächlich waren für die unstreitigen Arbeitsunfähigkeitszeiten und das die Klägerin unter den attestierten Depressionen gelitten hat.
Die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes war jedoch unverhältnismäßig. Zwar war die Zurückhaltung der Arbeitsleistung grundsätzlich geeignet, Druck auf die Beklagte zur Lösung des Arbeitsplatzkonfliktes auszuüben, sie war aber nicht erforderlich. Das Gebot der Erforderlichkeit im Rahmen einer Übermaßprüfung verlangt, dass kein milderes Mittel zur Verfügung steht, welches vergleichbar wirksam wäre (Erf. Komm. Dieterich, Vorb. GG Rdn. 30).
Erforderlich wäre die Zurückhaltung der Arbeitsleistung gewesen, wenn die Klägerin einseitig einer schikanösen Behandlung durch die Filialleiterin H. ausgesetzt gewesen wäre und sie die Eskalation am Arbeitsplatz nicht mitverursacht hätte. Dann wäre es alleine Sache der Beklagten gewesen, durch geeignete Maßnahmen im Rahmen der Fürsorgepflicht den Konflikt zu lösen.
Die Klägerin hat aber in erheblichem Umfang an der Entstehung des Konfliktes mitgewirkt und auch zu der nachfolgenden verbalen Eskalation in der Göttingen Filiale beigetragen.
Die Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und der Filialleiterin H. wurde ausgelöst durch die veränderte Arbeitszeitfestlegung durch die neue Filialleiterin. Die Klägerin hat nach vorstehenden Erwägungen die Reichweite des Direktionsrechtes der Beklagten bzw. der für sie handelnden Filialleiterin verkannt und einseitige Festlegungen der Arbeitszeiten nicht hingenommen. Zudem hat sie das auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung berechtigte Begehren der Filialleiterin, die 132 Minderstunden aus 1997 nachzuarbeiten, nicht akzeptiert. Damit hat sie den Grundstein für die nachfolgenden Querelen gelegt. Es ist nicht erkennbar, dass die Situation sich gleichermaßen zugespitzt hätte, wenn die Klägerin sich ihrerseits vertragsgerecht verhalten hätte.
Auch der schriftsätzliche (vor) prozessuale Vortrag schon zu einem Zeitpunkt, als das Zurückbehaltungsrecht noch nicht ausgeübt war, war mitursächlich für die Eskalation des Konfliktes. Aus dem behaupteten Ost-West Konflikt die Unfähigkeit abzuleiten, in Freiheit aufgewachsenen westdeutschen Arbeitnehmern vorzustehen, ist eklatant diskriminierend und zeigt, dass die Klägerin nicht bereit ist, die Vorgesetztenstellung der Frau H. zu akzeptieren.
Der Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes hätte deshalb der Versuch vorausgehen müssen, durch die notwendige und gebotene Korrektur des eigenen Verhaltens sowohl im Hinblick auf die Festlegung der Arbeitszeiten wie auch im Hinblick auf die diskriminierenden Vorwürfe wegen der Herkunft der Filialleiterin die Situation zu befrieden. Dies ist unterblieben. Gehaltsansprüche der Klägerin bestehen deshalb nicht. Damit entfällt auch der Anspruch auf eine Gehaltsabrechnung (mit Ausnahme der Monate, in denen ev. Ansprüche auf Sonderzuwendungen bestehen).
3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf "Unterlassung von Handlungen, die das Persönlichkeitsrecht oder die Gesundheit der Klägerin verletzen oder sie sonst wegen ihres Alters benachteiligen" (Antrag zu 11.).
Der Antrag ist unzulässig, da er nicht hinreichend bestimmt ist gem. § 253 Abs, 2 Nr. 2 ZPO. Der Unterlassungsantrag muß konkret gefasst sein und die zu unterlassene Verletzungshandlung so genau wie möglich bestimmen (Zöller, ZPO, § 253, Rdn. 13b). Die begehrte Unterlassung einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten oder der Gesundheit beschreibt pauschal eine Selbstverständlichkeit nicht aber wie erforderlich die präzise Handlung, die unterbleiben soll.
4.
Die Klage auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht wegen der vom Medizinischen Dienst festgestellten Erkrankungen (Antrag zu 9) ist zulässig aber unbegründet.
Die Klägerin hat weder die Voraussetzungen eines Anspruches aus § 823 Abs. 1 BGB oder aus pVV noch, wie es für die Begründetheit einer Feststellungsklage erforderlich ist (Zöller, ZPO, § 256 ZPO, Rdn. 8a), die Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintrittes hinreichend substantiiert. Im übrigen wird auf vorstehende Erwägungen zu Ziff. 2 b verwiesen.
5.
Auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld (Antrag zu 10) aus §§ 823, 847 BGB besteht nach vorstehenden Erwägungen nicht.
6.
Die Klage ist unzulässig aufgrund fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung vom 17.04.1999 begehrt. Insoweit macht sich das Gericht die zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu eigen (§ 543 ZPO).
Die Kostenentscheidung bleibt wegen der erforderlichen Einheitlichkeit der Entscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.
Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.