Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.01.2000, Az.: 14 Sa 1458/98 E
Tarifvertragliche Eingruppierung eines Lehrmeisters in der Ausbildungswerkstatt einer technischen Schule; Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT); Auslegung und Subsumtion der Begriffe "Arbeitsvorgang" und "Flugzeuginstandsetzung"; Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 2 Q Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT); Tätigkeit eines Leiters der Triebwerksabnahme an stationären Prüfständen
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 13.01.2000
- Aktenzeichen
- 14 Sa 1458/98 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 23107
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2000:0113.14SA1458.98E.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Celle - 28.05.1998 - AZ: 1 Ca 891/97 E
Rechtsgrundlage
- § 22 Abs. 2 BAT
Amtlicher Leitsatz
Die Tätigkeit in einer Lehrwerkstatt kann auch dann Tätigkeit in der Fluginstandsetzung sein, wenn die instandgesetzten Flugzeuge bzw. Triebwerke anschließend nicht in den Flugbetrieb gelangen.
In dem Rechtsstreitverfahren
hat die 14. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2000
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht D... und
die ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 28.05.1998 (Az.: 1 Ca 891/97 E) abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten sowie der weitergehenden Anschlussberufung des Klägers wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mir Wirkung ab 18.07.1997 eine Vergütung nach den Sätzen der Vergütungsgruppe IV b der Anlage 1 a zum BAT zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.800,00 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 07.10.1955 geborene Kläger, der am 22.06.1995 die Meisterprüfung Industriemeister Metall abgelegt hat, ist seit 1972 bei der Beklagten beschäftigt.
Seit dem 17.06.1991 ist er bei der ... zunächst als Lehrgeselle und ab dem 27.04.1995 bis zur Wiederbesetzung des entsprechenden freigewordenen Dienstpostens als Lehrmeister in der Ausbildungswerkstatt der technischen Schule der ... beschäftigt gewesen.
Mit Wirkung ab 18.07.1997 ist dem Kläger die Tätigkeit als Lehrmeister auf Dauer übertragen worden.
Gleichzeitig ist der Kläger durch einen entsprechenden Arbeitsvertrag vom selben Tag in das Angestelltenverhältnis übernommen worden.
In dem Arbeitsvertrag ist die Geltung des Bundes-Angestellten-Tarifvertrages BAT vereinbart und eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT vorgesehen.
Während des Stellenbesetzungsverfahrens haben unterschiedliche Auffassungen der Parteien über die tarifliche Bewertung der dem Kläger ab 18.07.1997 endgültig übertragenen Tätigkeit bestanden.
In der Lehrwerkstatt wird zum Flugzeugmechaniker Fachrichtung Triebwerksmechaniker ausgebildet.
Die Leitung der Lehrwerkstatt obliegt dem Ausbildungsleiter, der zugleich die Fachausbildung für das 1. Ausbildungsjahr mit zwei Lehrgesellen durchführt. Dem Kläger obliegt die Fachausbildung für das 2. bis 4. Lehrjahr mit fünf bzw. sechs oder sieben ihm unterstellten Lehrgesellen und mindestens 40 Auszubildenden.
Im Rahmen des Ausbildungsbetriebs durchlaufen die Triebwerke der vier ... sämtliche Stufen der Wartung und Instandsetzung mit den dazu erforderlichen Demontagen und Montagen einschließlich sämtlicher Prüfungen und Probeläufe. Dabei erfolgen die Probeläufe zunächst auf den stationären Prüfständen sowie anschließend nach einer entsprechenden Freigabe und dem Einbau in die Maschine im Bodenprüflauf, den ebenfalls der Kläger durchführt.
Dabei werden sämtliche Arbeiten nach den für die Flugzeuginstandsetzung maßgeblichen Vorschriften durchgeführt.
Unterschiede bestehen nur insoweit, als dem Kläger auch die Tätigkeit des Prüfers nach dem Testlauf auf dem stationären Prüf stand jeweils befristet übertragen ist, und dass die Triebwerke nach dem Bodenprüflauf nicht in den Flugbetrieb gehen, sondern regelmäßig wieder dem Kreislauf der Ausbildungswerkstatt zugeführt werden.
Während des erneuten Durchlaufens der Ausbildungswerkstatt sind dann die Schäden zu beheben und Wartungen durchzuführen, die infolge des zeitlich umfangreichen Bodenprüflaufs entstanden sind.
Weiterhin werden vom Kläger zu Ausbildungszwecken auch Fehler "eingebaut", von deren Beseitigung er sich vor dem Beginn des Testlaufs auf dem stationären Prüf stand überzeugen kann. Hinsichtlich der sonstigen möglichen Fehlerquellen entsprechen die Bedingungen und Gefahren der Testläufe auf dem stationären Prüfstand wie beim Bodenprüflauf dem Ablauf auf einer Flugzeugwerft. Dies gilt insbesondere für die Möglichkeit, dass bei den Arbeiten weitere Fehler entstehen, die vom Kläger nicht "eingebaut" gewesen sind und ihm deshalb bei Beginn der Testläufe nicht bekannt sind.
Die Parteien haben in der Berufungsverhandlung vom 17.06.1999 erklärt, dass für den Inhalt der dem Kläger übertragenen Tätigkeiten die folgende Beschreibung in Ziffer 9 der Tätigkeitsbeschreibung vom 16.06.1997/18.07.1997 maßgeblich ist:
9.1 | Koordinierung, Arbeitseinsatz und Überwachung der ihm unterstellten Lehrgesellen. | 2 % |
---|---|---|
9.2 | Vorbereiten der Zwischen- und Abschlussprüfung der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg, dazu Bereitstellung von Werkzeugen und anderen Hilfsmitteln, sowie Erarbeitung von Arbeitsvorschlägen zur Abschlussprüfung. | 2 % |
9.3 | Erteilen von Fachunterricht, der in der Berufsschule nicht vermittelt wird, in den Fächern: | 15 % |
Strahltriebwerk allgemein | ||
Kraftstoffregelanlagen | ||
Ölsysteme | ||
Be- und Entlüftungsanlagen | ||
Der Unterricht wird erteilt unter Verwendung Technischer Handbücher, Lehr- und Lernmitteln Technischer Schulen und selbst erstellter Arbeits-Lehrunterlagen. Einweisung in die Flugzeugbaumuster Kraftstoff Versorgung und Vorrat, Figz.-Elektrik, Figz.-Instrumente, Bremsläufe, Sicherheitsbestimmungen, Gefahren- und Gefahrenzonen. | ||
Theoretische Einweisung auf mehrere Prüfstandsmodelle, mit Sicherheitsbestimmungen, Gefahren- und Gefahrenzonen, Führen der Prüfstandslaufprotokolle und deren Auswertung. | ||
9.4 | Terminabstimmung in der Ausbildungsplanung der Flugtriebwerkmechanikerausbildung, verantwortlich für Einsatz und Disposition der jeweiligen Triebwerkmodelle (8-10 Triebwerke pro Modell), um den kontinuierlichen Ausbildungsablauf sicherzustellen. Selbstständige Planung und Überwachung der logistischen Versorgung der Ausbildungsvorhaben unter Berücksichtigung der materiellen, persönlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten. | 2 % |
9.5 | Tätigkeit als Prüfer, soweit dieses für die Durchführung der De- und Montage und Kontrollarbeiten an den Triebwerken, den Betrieb der Prüfstände und Ausbildungsflugzeuge erforderlich ist. | 2 % |
9.6 | Überwachung und Kontrolle, sowie Abnahme der einzelnen Triebwerksmodelle während der Demontage, Kontrolle und Montage sämtlicher Baugruppen und Geräte gem. den einschlägigen ... und Arbeitskartensätzen ... im Rahmen der Ausbildung. Inhalt und Umfang der Prüfungen bestimmen sich nach den einschlägigen technischen Vorschriften. Es sind Meisterprüfpunkte zu bescheinigen. | 40 % |
9.7 | Triebwerke aufrüsten für Prüfstandsläufe, Durchführung der Prüfstandsläufe, in diesem Zusammenhang Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen und Gefahrenzonen. | 10 % |
Wartung und Instandhaltung der ... Prüfstände, Durchführung der Prüfläufe, praktische Einweisung der Auszubildenden auf die Prüfstände. Aufsicht bei der Prüflaufdurchführung der Auszubildenden, Erklärung und Aufsicht bei Einstellarbeiten am laufenden Triebwerk, im Bereich der Kraftstoffregelanlagen, Ölsysteme und Temperatur- und Druckmeßanlagen, Durchsprechen des abgelaufenen Prüflaufes, erklären der Beanstandungen und Fehler, beheben derselben, errechnen der Leistungswerte gem. der zuständigen ... für das jeweilige Triebwerk. Triebwerke konservieren und abrüsten. Triebwerke aufrüsten und vorbereiten für den Einbau in die Flugzeuge. | ||
9.8 | Überwachung der Wartung, Instandsetzung, Teilüberholung und Austausch von Teilen für insgesamt 7 Flugzeuge ... und deren einzelne Systeme wie Zelle, Kraftstoffvorrat und -versorgung, Flugzeugelektrik, Instrumentenbauteile, Steuer- und Bremsanlagen und Hydrauliksysteme. Einhaltung und Überwachung der Sicherheitsbestimmungen bei diesen Arbeiten. | 3 % |
9.9 | Organisation und Planung des personellen und materiellen Einsatzes für Prüfläufe, Kontrolle und Überwachung der dazu erforderlichen Vorarbeiten, Flugzeuge vorbereiten für den Triebwerkseinbau gem. Vorschriften und Arbeitsfolgeplänen. Durchführen der Grundeinstellungen und Endabnahme des Einbaues vor dem Bremslauf. Durchführen der Prüfläufe mit dem jeweiligen Luftfahrzeug, ausfüllen der Bremslaufprotokolle. Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen, Sicherheitsabstände und Gefahrenzonen. Praktische Einweisung der Auszubildenden im Flugzeugführerraum und in den Bremslauf einschließlich aller Bedienungselemente wie, Startvorgang, Ruder, Trimmung, Kraftstoffumfüllung und Grenzwerte der Triebwerks- und Flugzeugsysteme. Aufsicht bei der Bremslaufdurchführung. Nach Beendigung, durchsprechen der Beanstandungen, Fehler und deren Behebung, Zwischenlaufkontrolle und Betanken durchführen bzw. beaufsichtigen. | 15 % |
9.10 | Einleitung der Beschaffung durch Anfordern von Ersatzteilen und Verbrauchsmaterial für die Wartung und Instandsetzung der Triebwerke, Weitergabe der Beschaffungsersuchen an den ... Schulstab. Verantwortlich für Vollzähligkeit, Zustand und Einsatzfähigkeit des STAN-Materials für das 2. - 4. Ausbildungsjahr. Bewirtschaftung der gelieferten Materialien, Kontrolle des Zustandes/Vollständigkeit Fachtechn. Richtigzeichnung der Rechnungen. | 1 % |
9.11 | Vorbereiten des betrieblichen Ausbildungsabschnittes beim ... Einführen der Auszubildenden in den Betriebsablauf des Überholungsbetriebes für Flugtriebwerke Werft ... Theoretische Unterweisung. | 2 % |
9.12 | Überwachung und Bewertung der Berichtsheftführung (Ausbildungsnachweise) nach den Ausbildungsrichtlinien der | 3 % |
9.13 | Erstellen von Beurteilungsbeiträgen der ihm unterstellten Auszubildenden. | 1 % |
9.14 | Sachkundiger für Lastengeschirre, Hebezeuge, Arbeitsbühnen und Tritte innerhalb der Ausbildungswerkstatt. | 1 % |
9.15 | ...-Beauftragter innerhalb des Ausbildungsbereiches der Ausbildungswerkstatt. | 1 % |
100 %. |
Der Kläger hat mit der am 01.12.1997 erhobenen Klage geltend gemacht, dass er in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 bzw. zumindest in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 des Teils II Abschn. Q der Anlage 1 a zum BAT (im Folgenden II Q BAT) eingruppiert sei.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm mit Wirkung vom 18.07.1997 Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b der Anlage 1 A zum BAT zu zahlen, hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm mit Wirkung vom 18.07.1998 Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b BAT Anlage 1 A zum BAT unter Anrechnung der vom 27.04.1995, betreffend die Bewährungszulage in Höhe von 10 % der Anfangsgrundvergütung § 7 (§27 Abschnitt 1 a, Absatz 1 der Vergütungsgruppe V b) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass der Kläger tarifgerecht in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 II Q BAT eingruppiert sei.
Das Arbeitsgericht, auf dessen Urteil auch wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, wie er in erster Instanz zur Entscheidung vorgelegen hat, hat der Klage teilweise stattgegeben und festgestellt, dass der Kläger in die Vergütungsgruppe V b 1 II Q BAT mit einer entsprechenden Vergütungspflicht eingruppiert ist.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tätigkeit des Klägers in der Ausbildungswerkstatt nicht den Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 II Q BAT entspreche, da die Ausbildungswerkstatt nicht der Flugzeuginstandsetzung zuzuordnen sei und der Tätigkeitsbereich des Klägers zudem nicht als besonders wichtiger Arbeitsbereich anzusehen sei; der Kläger sei jedoch in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 II Q BAT eingruppiert, da sich sein Aufgabenbereich durch Umfang und Bedeutung und große Selbstständigkeit wesentlich aus der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 II Q BAT heraushebe.
Gegen dieses Urteil richten sich die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers.
Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufung geltend, dass der Kläger zutreffend in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 II Q BAT eingruppiert sei, da sich seine Tätigkeit nicht durch den Umfang und die Bedeutung ihres Aufgabengebietes und große Selbständigkeit im Sinne der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 II Q BAT aus dieser Vergütungsgruppe heraushebe.
Im Einzelnen vertritt die Beklagte die Auffassung, dass die Ausbildungswerkstatt in ... und insbesondere der dem Kläger übertragene Teil der Ausbildung für das 2. bis 4. Ausbildungsjahr nicht als große Arbeitsstätte anzusehen sei, der Tätigkeit in der Ausbildungswerkstatt kein weitergehender Umfang und keine weitergehende Bedeutung zukomme und es an einer großen Selbständigkeit des Klägers fehle, da er die Ausbildungspläne nicht selbst erstelle und zudem die Ausbildungsordnung insoweit detaillierte Vorgaben enthält.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 28.05.1998, Az.: 1 Ca 891/97 E, teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
sowie im Wege der Anschlussberufung, das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 28.05.1998, Az.: 1 Ca 891/97 E, teilweise abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn mit Wirkung ab 01.12.1996 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 letzte Alternative BAT zu zahlen,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm mit Wirkung ab 18.07.1997 eine Vergütung nach den Sätzen der Vergütungsgruppe V b BAT und eine Vergütungsgruppenzulage in Höhe von 10 % gemäß der Fußnote 1 zur Vergütungsgruppe V b II Q BAT zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil gegenüber der Berufung der Beklagten.
Zur Begründung seiner Anschlussberufung trägt der Kläger weiterhin vor: Er sei in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 II Q BAT eingruppiert, da er in der Flugzeuginstandsetzung als Leiter der Triebwerksabnahme an stationären Prüfständen oder als Leiter eines anderen besonders wichtigen Arbeitsbereichs tätig sei, der nach seiner Größe und Bedeutung sowie dem Umfang der Verantwortung den für den Bereich der Flugzeuginstandsetzung in der Fallgruppe im Einzelnen aufgeführten Tätigkeiten entspreche. Auch die Tätigkeit in der Ausbildungswerkstatt sei Tätigkeit in der Flugzeuginstandsetzung, da zu dem Begriff der Flugzeuginstandsetzung nicht gehöre, dass die instandgesetzten Flugzeuge bzw. Triebwerke anschließend im Flugbetrieb eingesetzt werden. Er sei auch überwiegend als Leiter der Triebwerksabnahme an stationären Prüfständen tätig, da hierzu die in den Ziffern 9.3 und 9.5 bis 9.9 der Arbeitsplatzbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten gehören würden, die insgesamt 85 t seiner Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Zumindest sei ihm die Leitung eines anderen besonders wichtigen Arbeitsbereichs übertragen.
Die Beklagte macht gegenüber der Anschlussberufung des Klägers geltend: Die Tätigkeit des Klägers in der Ausbildungswerkstatt sei keine Tätigkeit in der Flugzeuginstandsetzung, da sie der Ausbildung und nicht der Instandsetzung von Flugzeugen diene und die Flugzeuge bzw. Triebwerke, die die Ausbildungswerkstatt durchlaufen haben, anschließend im Gegensatz zu dem Durchlaufen einer Flugzeugwerft nicht wieder im Flugbetrieb eingesetzt werden. Außerdem könne nur die in Ziffer 9.5 der Arbeitsplatzbeschreibung aufgeführte Tätigkeit, die lediglich 2 % der Arbeitszeit beanspruche, derjenigen eines Leiters der Triebwerksabnahme entsprechen; als Leiter eines entsprechend wichtigen Arbeitsbereichs könne der Kläger ebenfalls nicht angesehen werden, da allenfalls die gesamte Ausbildungswerkstatt einen entsprechenden Arbeitsbereich darstellen könne, deren Leitung dem Kläger nicht übertragen ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Anschlussberufung des Klägers ist überwiegend begründet, die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Soweit die Klage auf die Feststellung einer Vergütungspflicht der Beklagten nach den Sätzen der Vergütungsgruppe IV b BAT gerichtet ist, handelt es sich um eine insoweit in Eingruppierungsstreitigkeiten allgemein für zulässig erachtete Feststellungsklage (vgl. BAG AP Nr. 80 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Soweit die Klage sich darüber hinaus auf die Feststellung einer Vergütungspflicht aus einer bestimmten Fallgruppe der Vergütungsgruppe IV b BAT bezieht, ist sie mangels eines entsprechenden Rechtsschutzinteresses nicht zulässig (vgl. BAG AP Nr. 14 zu § 23 a BAT).
Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrages ganz überwiegend begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Vergütung nach den Sätzen der Vergütungsgruppe IV b BAT ab dem 18.07.1997 zu, da er gemäß der aufgrund der arbeitsvertraglichen Inbezugnahme als Vertragsrecht geltenden Regelung des § 22 II BAT ab diesem Zeitpunkt in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 Q BAT eingruppiert ist.
Gemäß § 22 II BAT ist der Angestellte in eine Vergütungsgruppe eingruppiert, wenn die gesamte von ihm auszuübende Tätigkeit den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entspricht.
Das ist gemäß § 22 II 1. Unterabsatz Satz 1 BAT dann der Fall, "wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerk - male dieser Vergütungsgruppe erfüllen". Gegenstand der Bewertung ist dabei nur die dem Angestellten zugewiesene Tätigkeit und sind im Rahmen dieser Tätigkeit sämtliche anfallenden Arbeitsvorgänge. Als Arbeitsvorgang ist entsprechend der verbindlichen Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 II BAT jede Arbeitsleistung einschließlich der Zusammenhangsarbeit anzusehen, die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führt. Dabei obliegt die Bestimmung der Arbeitsvorgänge als Frage der Rechtsanwendung dem Gericht, seitens des Angestellten ist jedoch seine Tätigkeit so detailliert darzustellen, dass dem Gericht die Bestimmung der Arbeitsvorgänge möglich ist (vgl. BAG AP Nr. 8 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Bei dem Begriff des Arbeitsvorgangs handelt es sich aufgrund der ausdrücklichen tariflichen Regelung um einen von den Tarifvertragsparteien vorgegebenen, abstrakten Rechtsbegriff, mit dem der Gegenstand der tariflichen Bewertung bestimmt wird (vgl. BAG AP Nr. 23, 24, 51 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Den Begriff des Arbeitsvorgangs legt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung dahingehend aus, dass "darunter eine unter Hinzuziehung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist" (BAG AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975 m. w. Nachw.).
Für die Eingruppierung des Klägers kommen ab dem Zeitpunkt seiner Übernahme in das Angestelltenverhältnis die folgenden speziellen Tätigkeitsmerkmale des Abschnitts Q des Teils II der Anlage 1 a zum BAT in Betracht:
Vergütungsgruppe IV b
2. Technische Angestellte im Bereich des Bundesministers der Verteidigung
...
In der Flugzeuginstandsetzung
- als Leiter von Instandsetzungsbereichen, denen mindestens 5 Meister durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind,
- als Leiter der Kraftstoffgeräteinstandsetzung,
- als Leiter der Instandsetzung von Chassis elektronischer Bauteile oder von Avionikgeräten mit Hilfe rechnergesteuerter Prüfgeräte,
- als Leiter der Triebwerksabnahme an stationären Prüfständen oder
- als Leiter anderer besonders wichtiger Arbeitsbereiche, die nach ihrer Größe und Bedeutung sowie nach dem Umfang der Verantwortung des Angestellten den vorstehend genannten entsprechen.
Vergütungsgruppe V b
1. Handwerksmeister, Industriemeister und Meister mit erfolgreich abgeschlossener aufgabenspezifischer Sonderausbildung, die sich durch den Umfang und die Bedeutung ihres Aufgabengebietes und große Selbständigkeit wesentlich aus der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 herausheben. - Fußnote 1 -
Fußnote 1 hat folgenden Wortlaut:
Angestellte der Fallgruppen 1 ... erhalten nach vierjähriger Bewährung in ihrer Fallgruppe eine monatliche Vergütungsgruppenzulage in Höhe von 10 v. H. der Anfangsgrund-Vergütung (§ 27 Abschnitt A Abs. 1 der Vergütungsgruppe V b).
Vergütungsgruppe V c
1. Handwerksmeister, Industriemeister und Meister mit erfolgreich abgeschlossener aufgabenspezifischer Sonderausbildung, sofern sie große Arbeitsstätten (Bereiche, Werkstätten, Abteilungen oder Betriebe) zu beaufsichtigen haben, in denen Handwerker oder Facharbeiter beschäftigt sind.
Der Kläger erfüllt mit seiner Übernahme in das Angestelltenverhältnis ab dem 18.07.1997 die Merkmale der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 II Q BAT.
Dabei bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob die ihm übertragenen Tätigkeiten insgesamt als ein großer Arbeitsvorgang anzusehen sind, da jedenfalls die Tätigkeiten der Ziffern 9.5 bis 9.7, die insgesamt 52 % der Arbeitszeit des Klägers in Anspruch nehmen, dem Bereich einer Leitung der Triebwerksabnahme an stationären Prüfständen zuzuordnen und ihrerseits als ein Arbeitsvorgang anzusehen sind, der damit für die Beurteilung der Eingruppierung des Klägers maßgeblich ist.
Hieraus ergibt sich eine Eingruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 II Q BAT, da die Tätigkeit des Klägers in der Lehrwerkstatt als Tätigkeit in der Flugzeuginstandsetzung als Leiter der Triebwerksabnahme an stationären Prüf ständen anzusehen ist.
Entscheidend für diese Bewertung der Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zur Flugzeuginstandsetzung ist, dass die Arbeitsinhalte und -abläufe in der Ausbildungswerkstatt bis einschließlich des Bodenprüflaufs vollständig den Arbeitsinhalten und -abläufen in einer Flugzeugwerft entsprechen. Daraus ergibt sich, dass auch in der Ausbildungswerkstatt der Sache nach Flugzeuginstandsetzung betrieben wird und die entsprechenden Regelungen der Fallgruppe 2 der Vergütungsgruppe IV b II Q BAT vom Wortlaut der Regelung her für die Eingruppierung des Klägers einschlägig sind.
Der Umstand, dass hier der Ausbildungsbereich in der Lehrwerkstatt organisatorisch verselbständigt ist und nicht als Abteilung oder im Bereich einer Flugzeugwerft geführt wird, rechtfertigt insoweit keine abweichende Beurteilung im Sinne einer vom Wortlaut her nicht gebotenen einschränkenden Auslegung des Begriffs der Flugzeuginstandsetzung, da diese Organisationsstruktur keinen Einfluss auf die Tätigkeitsinhalte hat.
Dasselbe gilt für den Umstand, dass die Triebwerke im Anschluss an die Instandsetzung einschließlich des Prüfstandstests und des Bodenprüflaufs nicht in den Flugbetrieb kommen. Auch dieser Umstand ändert an den Arbeitsinhalten und die jeweils zu beachtenden Vorschriften und einzuhaltenden Standards nichts.
Zwar ist einzuräumen, dass die Auswirkungen von Arbeitsfehlern hinsichtlich einer Gefährdung von Menschen und Material größer sind, wenn ein Triebwerk anschließend in den Flugbetrieb geht und sich dann ein Fehler herausstellt. Es ist aber zu berücksichtigen, dass bei der Prüfung auf dem Prüfstand wie insbesondere beim Bodenprüflauf für den Kläger als Prüfer wie auch für das Material hinsichtlich der Auswirkung von Arbeitsfehlern eine gleichartige Gefahr besteht. Dies ergibt sich auch daraus, dass der Kläger vor dem Beginn der Tests u. U. lediglich kontrollieren kann, ob die von ihm zu Ausbildungszwecken "eingebauten" Fehler erkannt und behoben sind. Das gilt jedoch nicht hinsichtlich sonstiger Defekte oder Arbeitsfehler, die vom Kläger nicht bewusst geplant gewesen sind und die bei den in der Ausbildungswerkstatt durchzuführenden Arbeiten auch durch den Einsatz von Lehrgesellen und den Einsatz des Klägers naturgemäß nicht ausgeschlossen werden können.
Im Gegensatz etwa zu einzelnen allgemeinen Fallgruppen der Vergütungsordnung ist ein besonderes Maß oder ein besonderer Umfang an Verantwortung kein Eingruppierungsmerkmal für eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 II Q BAT. Eine derartige Anforderung kann nach der Auffassung des Gerichts auch nicht daraus abgeleitet werden, dass in einer Flugzeugwerft instandgesetztes Gerät regelmäßig wieder in den Flugbetrieb geht und ein besonderes Maß der Verantwortung einer Tätigkeit in der Flugzeuginstandsetzung damit gleichsam immanent wäre. Hierzu hätte es vielmehr einer entsprechenden ausdrücklichen tariflichen Regelung bedurft.
Gegen eine Differenzierung danach, ob eine Tätigkeit (nur) der Ausbildung oder (auch) der Produktion dient, und zwar im Sinne einer geringeren Bewertung der Ausbildungstätigkeit, spricht auch, dass bei einer entsprechenden ausdrücklichen Differenzierung die Ausbildungstätigkeit eher höher bewertet wird, wie z. B. die Lehrgesellenzulage zeigt, und hier konkrete Anhaltspunkte jedenfalls für eine gegenteilige Differenzierung fehlen.
Die Eingruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 II Q BAT ergibt sich daraus, dass jedenfalls der die überwiegende Arbeitszeit des Klägers in Anspruch nehmende Arbeitsvorgang der Ziffern 9.5 bis 9.7 der Arbeitsplatzbeschreibung vom Arbeitsinhalt her die Tätigkeit eines Leiters der Triebwerksabnahme an stationären Prüf ständen ist.
Einer Entscheidung darüber, ob der Kläger den Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 II Q BAT auch unter dem Gesichtspunkt erfüllt, dass er als Leiter eines anderen besonders wichtigen Arbeitsbereichs tätig ist, der nach Größe und Bedeutung sowie nach dem Umfang der Verantwortung dem vorstehend Aufgeführten entspricht, bedarf es damit nicht.
Da der Kläger erst mit Wirkung ab 18.07.1997 durch einen entsprechenden Vertrag in das Angestelltenverhältnis übernommen worden ist, besteht seine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b BAT mit einer entsprechenden Vergütungspflicht auch erst ab diesem Zeitpunkt.
Aus der Eingruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe IV b BAT ab dem 18.07.1997 ergibt sich ohne weiteres, dass für eine Entscheidung über die Berufung der Beklagten, die sich gegen die Feststellung einer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V b BAT durch das angefochtene Urteil wendet, kein Raum mehr ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 II ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 II Nr. 1 ArbGG.
Soweit im Termin vom 13.01.2000 ein abweichender Urteilstenor verkündet worden ist, wird dies hiermit gemäß § 319 ZPO berichtigt.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.800,00 DM festgesetzt.