Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.03.2000, Az.: 3 Sa 2551/97 E
Höhergruppierung nach einer Vergütungsgruppe
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 31.03.2000
- Aktenzeichen
- 3 Sa 2551/97 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 10970
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2000:0331.3SA2551.97E.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Oldenburg - 20.08.1997 - AZ: 3 Ca 774/95 E
Fundstelle
- ZTR 2000, 511-512
Amtlicher Leitsatz
Einem rechtskräftigen Feststellungsurteil, das in einem Vorprozess über die Eingruppierung ergangen ist, kommt eine allgemeine Bindungswirkung für alle späteren Gehaltsprozesse zu, die zwischen denselben Prozessparteien geführt werden.
Die Rechtskraft eines früheren Urteils hindert eine neue abweichende Entscheidung dann nicht, wenn dies durch eine nachträgliche Änderung des Sachverhalts veranlasst wird.
Die negative Prozessvoraussetzung der vorliegenden rechtskräftigen Entscheidung bei Wiederholung desselben Streits greift generell dann nicht ein, wenn neu entstandene Tatsachen behauptet werden und darauf gestützt eine Änderung der rechtskräftig festgestellten Rechtslage geltend gemacht wird. Fehlt es schon an einer derartigen Behauptung, ist eine erneute Klage unzulässig.
Ob diese behaupteten Tatsachen dann wirklich eingetreten sind, ist eine Frage der Begründetheit, ebenso wie die Frage, ob die behaupteten Tatsachen, wenn sie denn vorliegen, eine abweichende rechtliche Beurteilung - im Fall einer Eingruppierungsklage eine höhere Eingruppierung - rechtfertigen. Bei der rechtlichen Würdigung dieser neuen Tatsachen ist von der Begründung des rechtskräftigen Urteils im Vorverfahren auszugehen, eine inhaltliche Abweichung von der früheren Entscheidung ist nur möglich, soweit die neuen Tatsachen auf der Basis der Urteilsbegründung eine veränderte Rechtslage ergeben.
In dem Rechtsstreit
hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 31.03.2000
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 20.08.1997 - 3 Ca 774/95 E - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Höhergruppierung nach Vergütungsgruppe II a BAT.
Die Klägerin absolvierte eine Ausbildung für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern Musik und Mathematik. Außerdem erwarb sie ein Diplom im Fach Informatik. Seit dem 01.10.1988 ist sie als Lehrkraft für das Fach Musik an der ... beschäftigt. Aufgrund ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 9 Semesterwochenstunden erhält sie 9/24 der Vergütung nach Vergütungsgruppe BAT IV a.
Im Jahre 1990 erhob sie Klage vor dem Arbeitsgericht Oldenburg mit dem Antrag,
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin seit 1. Oktober 1988 bis zum 31.03.1989 entsprechend Vergütungsgruppe II a BAT mit einem Zeitanteil von 8/16, für den Zeitraum seit dem 01.04.1989 entsprechend Vergütungsgruppe II a BAT mit einem Zeitanteil von 9/16 zu vergüten.
Hilfsweise begehrte sie Vergütungszahlung nach Vergütungsgruppe III BAT.
Durch rechtskräftiges Urteil vom 07.04.1992, wegen dessen Inhalts auf die mit Schriftsatz des beklagten Landes vom 26.02.1996 überreichte Kopie (Bl. 13 - 20 d.A.) Bezug genommen wird, wies das Arbeitsgericht die Klage ab.
Mit Schreiben vom 19.12.1993 machte die Klägerin erneut ihre Höhergruppierung nach Vergütungsgruppe II a BAT geltend.
Die Klägerin hat behauptet, sie übe eine Tätigkeit entsprechend ihrer wissenschaftlichen Ausbildung aus. Seit dem Wintersemester 1992 und 1993 führe sie darüber hinaus selbständig Lehrveranstaltungen auf musiktheoretischem und musikwissenschaftlichem Gebiet durch, und zwar im Umfang von 2 Semesterwochenstunden. Wegen der Einzelheiten ihres Sachvorbringens wird insoweit auf die Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 29.07.1996 (Bl. 37 - 46 d.A.) verwiesen. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Vergütungsanspruch ergebe sich darüber hinaus aus § 2 Abs. 1 BeschFG sowie aufgrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf nach Vergütungsgruppe II a BAT vergütete vollzeitbeschäftigte Musiklehrer sowie auf diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die aufgrund verschiedener Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen später Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT erhielten. Wegen der im einzelnen von der Klägerin insoweit in Bezug genommenen übrigen Lehrkräfte wird auf die Ausführungen in ihren Schriftsätzen vom 29.07.1996 (Bl. 37 - 46 d.A.) und vom 11.03.1997 (Bl. 242 - 247 d.A.) verwiesen.
Die Rechtskraft der Entscheidung des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 07.04.1992 stehe ihrem Begehren nicht entgegen, zum einen wegen der veränderten Tätigkeit und zum anderen deshalb nicht, weil die Rechtskraft eines Eingruppierungsurteils nicht weiter reichen könne, als bei einer entsprechenden Leistungsklage und daher nur Ansprüche bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erfasse. Die Rechtskraftwirkung einer Eingruppierungsentscheidung könne nicht dazu führen, daß ein Dauerschuldverhältnis hinsichtlich der Eingruppierungsbedingungen auf Jahre oder sogar Jahrzehnte zementiert werde, ohne daß die Möglichkeit bestehe, dies, beispielsweise im Lichte neuer Rechtsprechung, erneut überprüfen zu lassen.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin rückwirkend ab 01.06.1993 Vergütung in Höhe von 9/16 der Vergütung nach II a BAT zu zahlen und die jeweiligs fälligen Nettodifferenzbeträge ab Klageerhebung mit 4 % zu verzinsen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat behauptet, die Klägerin sei tatsächlich mit Lehraufgaben des gehobenen Dienstes beauftragt. Sie erledige keine Aufgaben, die ihrer Hochschulausbildung entsprächen. Auch die von der Klägerin genannten Gruppenveranstaltungen seien als musikpraktische Unterweisungen im Lehrveranstaltungsangebot eingeplant.
Das beklagte Land hat die Ansicht vertreten, der von der Klägerin gewünschten Entscheidung im vorliegenden Verfahren stehe bereits die Rechtskraft der Entscheidung des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 07.04.1992 entgegen. Die Klägerin könne sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf die aufgrund der Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen nach II a BAT vergüteten übrigen Teilzeitkräfte berufen, im übrigen habe man insoweit auch zu Recht korrigierende Rückgruppierungen vorgenommen bzw. werde man die höhere Vergütung durch entsprechende Änderungskündigungen rückgängig machen. Wegen der Einzelheiten des Sachvorbringens des beklagten Landes zu den Tätigkeiten der übrigen vollzeit- sowie teilzeitbeschäftigten Musiklehrer wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 05.11.1996 (Bl. 212 - 217 d.A.) verwiesen.
Durch Urteil vom 20.08.1997 hat das Arbeitsgericht dem Klageantrag der Klägerin entsprochen, die Kosten des Rechtsstreits dem beklagten Land auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 56.562,12 DM festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Klage stehe nicht die Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 07.04.1992 entgegen. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich gegenüber der damaligen Entscheidung in einem solchen Umfange geändert, daß von einem neuen, noch nicht gerichtlich entschiedenen Streit der Parteien gesprochen werden könne. Habe das beklagte Land im Bereich der Universität Oldenburg bisher nur einigen wenigen vollzeitbeschäftigten Lehrkräften eine der Vergütungsgruppe BAT II a entsprechende Vergütung gewährt, so bezahle es nunmehr auch die teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte nach dieser Vergütungsgruppe. Die Klage habe auch in der Sache Erfolg. Der Höhergruppierungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die von der Klägerin ausgeführten Aufgaben seien mit den Aufgaben der übrigen Lehrkräfte für Instrumentalunterricht vergleichbar, und zwar unabhängig davon, ob diese teilzeit- oder vollzeitbeschäftigt seien. Sachliche Gründe für eine Differenzierung seien nicht ersichtlich.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 267 - 270 d.A.) verwiesen.
Das Urteil ist dem beklagten Land am 11.11.1997 zugestellt worden. Es hat hiergegen am 10.12.1997 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.02.1998 am 11.02.1998 begründet.
Das beklagte Land ist der Ansicht, der Klage stehe die Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 07.04.1992 entgegen. Die Streitgegenstände beider Prozesse seien identisch. Dabei sei unerheblich, ob die vor dem 07.04.1992 vorliegenden Tatsachen in dem früheren Rechtsstreit tatsächlich vorgetragen worden seien. Denn in einem neuen Rechtsstreit könnten auch früher schon vorhandene, im Vorprozeß aber nicht vorgetragene Tatsachen, die mit diesem im Zusammenhang stünden und den dortigen Tatsachenfeststellungen widersprächen, grundsätzlich nicht mit dem Ziel vorgetragen werden, das kontradiktorische Gegenteil der früher festgestellten Rechtsfolge aussprechen zu lassen. Die Klägerin könne sich auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz schon deshalb nicht berufen, weil sich das Arbeitsgericht Oldenburg in seinem Urteil vom 07.04.1992 aufgrund des Vortrages der Klägerin gerade hiermit auseinandergesetzt habe, und zwar sowohl im Hinblick auf vollzeit- als auch teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Die Klägerin habe ferner keinen Sachverhalt dargelegt, der eine andere Bewertung ihrer Tätigkeit rechtfertige. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz sei darüber hinaus im Bereich der Vergütung nur eingeschränkt anwendbar, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang habe. In jedem Fall liege ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung der Klägerin vor, da hinsichtlich der anderen teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte Urteile des Landesarbeitsgerichts ergangen seien. Es könne dem beklagten Land nicht verwehrt sein, eine Vergütung nach gerichtlich ergangenen Entscheidungen vorzunehmen. Das beklagte Land behauptet, den früheren Vergleichspersonen (vollzeitbeschäftigte Musiklehrer) sei mit Wirkung zum 01.06.1998 eine andere Tätigkeit übertragen worden, zumindest ab diesem Zeitpunkt sei der Instrumentalunterricht für deren Arbeitsverhältnis nicht mehr prägend, so daß ein etwaiger Verstoß gemäß § 2 Abs. 1 BeschFG entfallen sei. Seit dem 01.06.1998 stehe der Klägerin - ebenso wie den anderen Instrumentallehrern - als "übliche Vergütung" im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB nur noch eine Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe IV a BAT als "tarifliche Vergütung" zu. Das beklagte Land sei auch berechtigt gewesen, die Vergütung der Instrumentallehrer mit Wirkung vom 01.06.1998 herabzusetzen. Zum einen begründe § 612 Abs. 2 BGB keinen vertraglichen Vergütungsanspruch der Instrumentallehrer, sondern lediglich ein Anspruch auf Zahlung der jeweils üblichen Vergütung. Zum anderen sei man zur Herabsetzung der Vergütung aufgrund der Rechtsprechung des BAG zur "korrigierenden Rückgruppierung" berechtigt gewesen.
Das beklagte Land beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 30.04.1998 (Bl. 313 - 318 d.A.). Sie ist der Ansicht, es liege aufgrund der tatsächlichen Vergütung der Musiklehrer an Hochschulen und Universitäten des beklagten Landes eine allgemeine Vergütungsordnung vor, wonach Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT zu zahlen sei. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes habe das Arbeitsgericht Oldenburg sie im übrigen in dem Vorverfahren auch nicht mit anderen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern verglichen, dies sei schon deshalb nicht möglich gewesen, weil es damals teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit Vergütungsgruppe II a BAT nicht gegeben habe, so daß sie sich nunmehr - erstmalig - auf diesen Gesichtspunkt stützen könne. Im übrigen sei darauf hinzuweisen, daß das beklagte Land höhere Vergütung an Teilzeitbeschäftigte nicht nur unfreiwillig aufgrund gerichtliche Entscheidungen zahle, sondern, beispielsweise an der Universität nunmehr auch freiwillig und ohne gerichtlichen Nachdruck, wenngleich auch dies letztlich auf den Urteilen des LAG Niedersachsen beruhe.
Gründe
I.
Die Berufung des beklagten Landes ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 518, 519 ZPO, 64, 66 ArbGG.
II.
Die Berufung ist auch begründet. Die Klage war unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung abzuweisen.
1.
Die Klage ist zulässig. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, steht ihr nicht die Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 07.04.1992 in Sachen 5 Ca 460/90 E entgegen. Allerdings schließt die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung grundsätzlich jede neue Verhandlung und Entscheidung über denselben Anspruch aus. Anspruch ist dabei das prozessuale Begehren der klagenden Partei. Die Rechtskraft eines Urteils geht grundsätzlich nur so weit, als über die Anträge entschieden wurde. Der Umfang der Rechtskraft ergibt sich aus der Urteilsformel, zu deren Auslegung Tatbestand und Entscheidungsgründe wie auch das Parteivorbringen heranzuziehen sind (BAG, Urteil vom 12.05.1971, 4 AZR 247/70 - AP 13 zu § 322 ZPO; BGH, Urteil vom 14.02.1972 - IV ZR 156/61 - NJW 62, 1109; BGH, Urteil vom 21.06.1985 - V ZR 37/84 - NJW 85, 2825 (2826); Münchener Kommentar, Gottwald, § 322 ZPO, Rn. 36). Streitgegenstand des Vorprozesses war die Frage der Eingruppierung der Klägerin. Die Klägerin hatte Höhergruppierung nach Vergütungsgruppe II a BAT begehrt, genau wie im vorliegenden Verfahren. Entgegen der Ansicht der Klägerin folgt hieraus nicht lediglich eine Bindungswirkung bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozeß, vielmehr kommt einem rechtskräftigen Urteil, das in einem Vorprozeß über die Eingruppierung ergangen ist, auch eine allgemeine Bindungswirkung für alle späteren Gehaltsprozesse zu, die zwischen denselben Prozeßparteien geführt werden. Denn im Vorprozeß wurde zwischen den Parteien hinsichtlich der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung des Arbeitsentgelts nach einer bestimmten Tarifgruppe eine gerichtliche Klarstellung erzielt. Damit ist ein für alle Mal Inhalt und Umfang dieses Teils der zwischen den Parteien bestehenen Rechtsbeziehungen festgestellt (vgl. BAG, Urteil vom 14.06.1966 - 1 AZR 267/65 - AP 10 zu § 322 ZPO). Die Klägerin hatte nämlich mit ihrem Feststellungsantrag in Sachen 5 Ca 460/90 E nicht nur Vergütungszahlung für einen zurückliegenden Zeitraum begehrt, sondern Feststellung, daß ihr für die Vergangenheit und für die Zukunft Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT zusteht. Insoweit greift die Rechtskraft der arbeitsgerichtlichen Entscheidung in die Zukunft, ähnlich wie bei einer Klage auf wiederkehrende Leistungen gemäß § 258 ZPO oder bei einer Statusklage.
Die Rechtskraft eines früheres Urteils hindert allerdings eine neue abweichende Entscheidung dann nicht, wenn dies durch eine nachträgliche Änderung des Sachverhaltes veranlaßt wird (BGH, Urteil vom 12.07.1962 - III ZR 87/61 - NJ 62, 1862; BGH, Urteil vom 11.03.1983 - V ZR 287/81 - NJ 84, 126 (127); BGH, Urteil vom 28.05.1986 - IV a 197/84 - NJW 86, 2645 (2646)). Eine neue Sachentscheidung kommt in Eingruppierungsverfahren dann in Betracht, wenn sich die tatsächlichen Grundlagen für die Eingruppierung geändert haben, z. B. bei einer Änderung der Tätigkeit oder Vereinbarung neuer Eingruppierungsmerkmale durch die Tarifvertragsparteien (vgl. hierzu Uttlinger, Breier, Kiefer, Hoffmann, Köhler, § 22 BAT, Erl. 5). Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kommt es in diesem Zusammenhang allerdings auf das Ausmaß der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse an. Nicht jede noch so geringfügige Änderung der tatsächlichen Verhältnisse könne eine erneute gerichtliche Entscheidung des Streites möglich machen. Die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse müsse der Art sein, daß sich der jetzt dem Gericht zur Entscheidung unterbreitete Streit als ein neuer Streit der Verfahrensbeteiligten darstelle. Dies bedeute nicht, daß die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse schon eine inhaltlich andere Entscheidung als früher bedingen müsse, es genüge vielmehr, wenn die Änderung der Verhältnisse die Feststellung verbiete, der hinsichtlich der nunmehr vorgetragenen tatsächlichen Verhältnisse bestehende Streit der Verfahrensbeteiligten sei schon gerichtlich entschieden worden (BAG, Urteil vom 01.02.1983 - 1 ABR 33/78 - AP 14 zu § 322 ZPO). Nach Ansicht der Kammer ist demgegenüber im Rahmen der Zulässigkeit einer Klage nicht im einzelnen zu prüfen, ob sich der zugrunde liegende Sachverhalt tatsächlich - in einem bestimmten Umfang - geändert hat. Vielmehr ist hierbei zwischen der Zulässigkeit und der Begründetheit der Klage zu unterscheiden. Die negative Prozeßvoraussetzung der vorliegenden rechtskräftigen Entscheidung bei Wiederholung desselben Streits greift generell dann nicht ein, wenn neu entstandene Tatsachenbehauptet werden und darauf gestützt eine Änderung der rechtskräftig festgestellten Rechtslage geltend gemacht wird. Fehlt es schon an einer derartigen Behauptung, ist eine erneute Klageunzulässig (so grundlegend Leipold in Stein-Jonas, § 322 ZPO, Rn. 255; ders. in Anmerkung zu BAG AP 14 zu § 322 ZPO). In dem Augenblick, in dem die klagende Partei neue Tatsachen vorträgt und hierauf ihr Begehren stützt, ist das vorliegende Verfahren mit einem früheren nicht mehr identisch, es wird nicht mehr eine Entscheidung über denselben Sachverhalt begehrt. Ob diese behaupteten Tatsachen dann wirklich eingetreten sind, ist eine Frage der Begründetheit, ebenso wie die Frage, ob die behaupteten Tatsachen, wenn sie denn vorliegen, eine abweichende rechtliche Beurteilung - im Fall einer Eingruppierungsklage eine höhere Eingruppierung - rechtfertigen. Bei der rechtlichen Würdigung dieser neuen Tatsachen ist allerdings von der Begründung des rechtskräftigen Urteils im Vorverfahren auszugehen, eine inhaltliche Abweichung von der früheren Entscheidung ist nur möglich, soweit die neuen Tatsachen auf der Basis der Urteilsbegründung eine veränderte Rechtslage ergeben (Leipold in Anmerkung zu BAG AP 14 zu § 322 ZPO).
Im vorliegenden Verfahren trägt die Klägerin einen neuen Sachverhalt vor, nämlich die später erfolgte höhere Vergütungszahlung an ihre Kolleginnen und Kollegen sowie die Durchführung neuer andersartiger Lehrveranstaltungen. Dies ist für die Zulässigkeit der Klage ausreichend.
2.
Die Klage ist jedoch auch unter Zugrundelegen der tatsächlichen Ausführungen der Klägerin nicht begründet. Die Kammer kann dabei nur die von der Klägerin nunmehr vorgetragenen neuen Tatsachen würdigen und untersuchen, ob diese eine höhere Eingruppierung rechtfertigen. Alle Umstände, die schon zum Zeitpunkt der Entscheidung im Vorprozeß vorlagen, können nicht erneut gewürdigt werden, und zwar unabhängig davon, ob sie in diesem Verfahren tatsächlich vorgetragen wurden. Denn das Gericht entscheidet stets über den gesamten prozessualen Anspruch und nicht über den von den Parteien tatsächlich vorgetragenen Sachverhalt (Münchener Kommentar, Gottwald, § 322 ZPO, Rn. 133).
a)
Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Vergütung nach Vergütungsgruppe II a oder jedenfalls nach Vergütungsgruppe III BAT aufgrund der tatsächlich von ihr ausgeübten Tätigkeit, besteht nicht. Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang allerdings geltend, sie führe seit dem Wintersemester 1992/93 selbständig Lehrveranstaltungen auf musiktheoretischem und musikwissenschaftlichem Gebiet durch. Dieses Sachvorbringen der Klägerin ist jedoch rechtlich unerheblich. Zum einen machen diese Lehrveranstaltungen allenfalls ein Drittel ihrer Gesamttätigkeit aus, maßgeblich für die Eingruppierung ist jedoch gemäß § 22 Abs. 2 BAT, ob mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der betreffenden Vergütungsgruppe erfüllen. Anhand des Sachvorbringens der Klägerin kann schon nicht festgestellt werden, welche Arbeitsvorgänge insoweit zu bilden sind und welchen Zeitanteil diese ausmachen. Zum anderen hat die Klägerin auch nicht schlüssig dargelegt, daß die von ihr behaupteten neuen Lehrveranstaltungen die Voraussetzungen des Runderlasses des MWK vom 29.06.1990 (Nds. MBl. 1990, 882) erfüllen. Voraussetzung für eine höhere Eingruppierung wäre nämlich, daß neben einem abgeschlossenen Hochschulstudium auch eine diesem Studium entsprechende Lehrtätigkeit festgestellt werden könnte. Warum dies für die von der Klägerin genannten Veranstaltungen gelten soll, ist jedoch nicht nachzuvollziehen. Es mag sein, daß die Unterrichtsveranstaltung "Streichinstrumente für NichtstreicherInnen" auf einer neuen Konzeption beruht. Letztlich geht es aber gleichwohl um die Vermittlung der Fertigkeiten auf Musikinstrumenten. Dies für sich genommen ist - hierauf weist das beklagte Land zu Recht hin - noch keine wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne des genannten Erlasses. Das gleiche gilt für die übrigen von der Klägerin genannten Lehrveranstaltungen. Auch hier wird anhand des Vorbringens der Klägerin nicht deutlich, inwieweit die Durchführung dieser Veranstaltung gerade eine wissenschaftliche Hochschulsausbildung voraussetzt.
b)
Die Klägerin kann ihr Höhergruppierungsbegehren auch nicht mit Erfolg auf § 2 Abs. 1 BeschFG i.V.m. § 612 Abs. 2 BGB stützen. Die Klägerin macht insoweit geltend, vollzeitbeschäftigte Instrumentallehrer erhielten Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT. Dieser Sachverhalt lag aber schon zum Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitsgerichts Oldenburg im Vorprozeß vor. Hierauf hatte sich die Klägerin auch im übrigen ausdrücklich gestützt, wie sich schon aus dem Tatbestand des Urteils vom 07.04.1992 in Sachen 5 Ca 460/90 E ergibt (vgl. Bl. 15 d.A.). Die Klägerin macht auch nicht etwa konkret geltend, es seien inzwischen weitere Vollzeitkräfte beschäftigt, die bei gleicher Tätigkeit in Vergütungsgruppe II a BAT eingruppiert worden seien. Damit kommt es auch nicht auf die Frage an, ob den Vollzeitbeschäftigten - wie das beklagte Land behauptet - teilweise andere, höherwertige Aufgaben zugewiesen wurden, die nunmehr eine höhere Vergütung auch tarifrechtlich bzw. nach dem Inhalt der einschlägigen Erlasse rechtfertigen. Denn insoweit liegt jedenfalls kein neuer Sachverhalt vor, der eine Abweichung zugunsten der Klägerin bewirken könnte. Denn diese Mitarbeiter waren schon bei Erlaß der Entscheidung im Vorprozeß Arbeitnehmer des beklagten Landes und erhielten Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT.
c)
Schließlich ist das Höhergruppierungsbegehren der Klägerin nicht aufgrund des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes begründet. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachliche Gründe von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen und schlechter zu stellen. Gewährt ein Arbeitgeber nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip Leistungen, so muß er die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, daß kein Arbeitnehmer hiervon aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen bleibt. Verboten ist nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (st. Rspr. d. BAG: vgl. BAG, Urteil vom 27.07.1988 - 5 AZR 244/87 - AP 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAG, Urteil vom 19.08.1992 - 5 AZR 513/91 - AP 102 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAG, Urteil vom 23.08.1995 - 5 AZR 293/94 - AP 134 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Trotz des Vorranges der Verträgsfreiheit ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Bereich der Vergütung anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem allgemeinen Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Sachfremd ist eine Differenzierung dann, wenn es für sie keine billigenswerten Gründe gibt. Liegt ein solcher Grund nicht vor, so kann der übergangene Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der allgemeinen Regelung behandelt zu werden (BAG, Urteil vom 17.11.1998 - 1 AZR 147/98 - AP 162 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, unter III. 1. a) der Gründe). Voraussetzung für die Anwendbarkeit des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist jedoch stets eine bestimmte Verhaltensweise des Arbeitgebers, er muß aufgrund einer eigenen Willensentschließung nach einem bestimmten System Leistungen gewähren. Daran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang lediglich darauf berufen - nur insoweit liegt ein geänderter Sachverhalt vor -, daß nunmehr die teilzeitbeschäftigten Instrumentallehrer aufgrund rechtskräftiger Entscheidungen des LAG Niedersachsen Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT erhalten. Diese Vergütungszahlung des beklagten Landes, das diese Praxis im übrigen zwischenzeitlich eingestellt hat, weil es der Ansicht ist, es sei im Wege der korrigierenden Rückgruppierung berechtigt, die Vergütung zu reduzieren, beruht jedoch ausschließlich auf staatlichem Zwang. Auch wenn in einigen Fällen (bei Lehrkräften an anderen Universitäten) eine Höhergruppierung im Vergleichswege erfolgt ist, ist das letztlich ebenfalls auf die Urteile des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen zurückzuführen, dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede (vgl. S. 5 ihres Schriftsatzes vom 30.04.1998 (Bl. 317 d.A.)). Es liegt also kein gewillkürtes Verhalten des Arbeitgebers vor, indem er Arbeitnehmer nach einem bestimmten Prinzip behandelt. Das beklagte Land ist vielmehr lediglich zu einer bestimmten Eingruppierung verurteilt worden. Anknüpfungspunkt für den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kann aber ausschließlich eine bestimmte freiwillige, gewillkürte Leistungsgewährung durch den Arbeitgeber sein. Dieser ist nämlich nur an ein von ihm selbst geschaffenes Prinzip einer allgemeinen Leistungsgewährung gebunden und nicht etwa aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, zugunsten einzelner Arbeitnehmer ergangene Entscheidungen auch für andere Arbeitnehmer umzusetzen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1. und 2. ArbGG zuzulassen.