Landgericht Osnabrück
Urt. v. 26.11.2003, Az.: 2 O 601/02
Notwendigkeit des Nachweises eines ärztlichen Behandlungsfehlers für die Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld; Positive Vertragsverletzung eines ärztlichen Behandlungsvertrages durch einen postoperativ tätigen Arzt; Verursachung einer fortbestehenden Gesundheitsbeeinträchtigung an der Hand durch einen schuldhaft begangenen ärztlichen Behandlungsfehler; Erforderlichkeit einer bestimmten medizinischen Behandlung bei einer komplizierten Knochenfraktur; Ordnungsgemäßheit der medizinischen Erstbehandlung einer durch einen Sturz erlittenen Fraktur; Zwingende Notwendigkeit zur operativen Behandlung einer Fraktur; Beruhen der pathologischen Folgeschäden auf einer therapeutisch nicht beeinflussbaren Verletzung der Wachstumsfuge
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 26.11.2003
- Aktenzeichen
- 2 O 601/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 33839
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2003:1126.2O601.02.0A
Rechtsgrundlagen
- § 31 BGB
- § 249 BGB
- § 823 Abs. 1 BGB
- § 831 BGB
- § 847 BGB
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Klägerin werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, die Leistung von Schadensersatz sowie um die Feststellung der Ersatzverpflichtung für zukünftige materielle und immaterielle Schäden aus Anlass einer (angeblich) fehlerhaften ärztlichen Behandlung.
Die am 1986 geborene Klägerin stürzte am 16.08.1997 beim Spielen auf ihre rechte Hand und zog sich dabei eine Fraktur (rechtsseitiger handgelenksnaher Speichenbruch) zu. Die (damals 11-jährige) Klägerin wurde noch am Tage des Schadensereignisses in das X-Krankenhaus, einem Krankenhaus in Norddeutschland, eingeliefert. Bei der Aufnahme fanden sich Druckschmerz und Schwellung über dem rechten Handgelenk, auffallende Bewegungseinschränkungen wurden hingegen nicht festgestellt. Auf insgesamt 3 gefertigten Röntgenaufnahmen wurde das rechte Handgelenk in 3 Projektionen dargestellt. Die Aufnahmen ergaben einen Bruch der Speiche unterhalb der distalen Wachstumszone mit starker Abknikkung nach dorsal, also einen handgelenksnahen Speichenbruch. Dieser wurde in Bruchspaltanästhesie reponiert und eine Oberarmgipsschiene angelegt. Im Anschluss daran gefertigte weitere Röntgenaufnahmen des Handgelenks im Gipsverband, die am 17.08.1997 in zwei Projektionen gefertigt wurden, zeigten den handgelenksnahen Speichenbruch eingerichtet. In beiden Richtungen befand sich eine achsengerechte Stellung, in der Seitenansicht bestand eine Verschiebung um Knocheninnenbreite nach dorsal, in der Aufsicht eine Verschiebung um ebenfalls gut Knocheninnenbreite nach radial.
Die Klägerin wurde am 17.08.1997 in die Weiterbehandlung des Hausarztes entlassen, wobei im Arztbrief Röntgenkontrollen am dritten und achten Tag empfohlen wurden, ferner sollte die Gipsschiene drei Wochen verbleiben.
Die weitere Behandlung nach der stationären Entlassung der Klägerin erfolgte durch den Beklagten zu 3), der im Verlaufe der Behandlungen am 28.08.1997 (also dem 12. Tag nach dem Unfall und der Erstreposition) die Anlage eines neuen Gipses vornahm. Am 05.09.1997 veranlasste der Beklagte zu 3) erstmals selbst eine Röntgenkontrolle. Am 11.09.1997 war die Klägerin bei dem Beklagten zu 3) erschienen, nachdem die Pol- sterung des angelegten (circulären) Oberarmdeltacastverbandes bei einem Schwimm - badbesuch trotz des Tragens einer Schutzhülle naß geworden war. Der Beklagte zu 3) hatte daraufhin den Oberarmdeltacastverband abgenommen und sofort eine erneute Polsterung und erneute Ruhigstellung durchgeführt. Eine weitere Röntgenkontrolle erfolgte am 18.09. und ein von der Mutter der Klägerin geäußerter Wunsch einer operativen Korrektur wurde durch den Beklagten zu 3) "abgelehnt". Eine endgültige Gipsabnahme erfolgte schließlich unter dem 25.09.1997.
Die Klägerin stellte sich daraufhin am 30.09.1997 bei Dr. A...... vor, der am gleichen Tage Röntgenaufnahmen veranlasste. Das Röntgenbild zeigte eine Dorsalabkippung des ehemaligen körperfernen Fragmentes um 20 Grad knöchern fest verheilt. Dr. A...... diagnostizierte folgenden Befund:
"Verdickung im Bereich des distalen Speichenendes mit leichter DS-Angabe, dabei leichte Dorsal- und Radialverschiebung. Handgelenksbeweglichkeit in allen Ebenen, insbesondere hinsichtlich der Volarflexion eingeschränkt. Pro- und Supination des Unterarmes endgradig eingeschränkt. Zustand bei knöchern ausgeheilter distaler Radiusfraktur. Diese ist in leichter Radialverschiebung und deutlicher Dorsalabkippung (20Grad) knöchern fest verheilt und mit ausgeprägter fester periostaler Callusbildung. Verdacht auf Abriß des Griffelfortsatzes der Elle."
Ein vor der Schlichtungsstelle für Arzt- und Haftpflichtfragen der Norddeutschen Ärztekammern durchgeführtes Schlichtungsverfahren ist ohne Erfolg geblieben.
Die Klägerin erlitt im Januar 1999 erneut einen Unfall, bei einem Abwurf vom Pferd stürzte sie auf den rechten Arm und zog sich dabei eine komplette Unterarmfraktur (Elle und Speiche) zu. Sie erhielt für die Dauer von 6 Wochen einen Oberarmgips. Im Juni 1999 erlitt die Klägerin an der gleichen Stelle erneut eine Fraktur, diese Brüche sind nach ihren Angaben in Narkose gerichtet worden.
Die Klägerin behauptet, die anlässlich der Erstbehandlung nach dem Eingipsen erfolgte Röntgenkontrolle habe eine um ca. 15 Grad nach dorsal abgekippte distale Radiusfrak- tur mit PSU-Abriss gezeigt. Ihre Mutter habe den behandelnden Arzt darauf hingewie - sen, dass im Radius ein deutlicher Versatz der Knochen zu sehen und das Handgelenk der Klägerin deutlich abgeknickt sei. Der behandelnde Assistenzarzt habe jedoch er - klärt, dass der Bruch nach seiner Auffassung optimal gerichtet sei. Auf eindringliches Drängen ihrer Mutter zur Korrektur des fehlerhaften Repositionsergebnisses durch eine Operation unter Vollnarkose habe der behandelnde Arzt erklärt, er wolle die Angelegenheit zunächst mit dem leitenden Arzt der unfallchirurgischen Klinik (Beklagter zu 1) besprechen. Am nächsten Tag habe der Beklagte zu 1) ihrer Mutter erklärt, dass eine Operation des Handgelenkes nicht erforderlich sei, da die Reposition ein ordentliches Ergebnis erbracht habe. Alles weitere korrigiere sich mit der Zeit, da die Wachstumsfuge (der Tochter) noch nicht geschlossen sei. Der Beklagte zu 3) habe die Einschätzung des Beklagten zu 1) - insoweit unstreitig - über den Erfolg der Reposition und den zu erwartenden Heilungsverlauf zunächst bestätigt. Der Beklagte zu 3) habe die Gipsschiene wiederholt abgenommen und neu angelegt, dies sei am 18.08., 22.08., 11.09. und 18.09. ausgeführt worden. Bei der - insoweit unstreitig - erstmals am 05.09.1997 durch den Beklagten zu 3) durchgeführten Röntgenkontrolle habe sich eine nach dorsal abgekippte distale Radiusfraktur mit einer (gegenüber früheren Röntgenaufnahmen) verschlechterten Stellung von ca. 20 Grad Dorsalabkippung und einem Radialversatz um ca. 2 mm sowie ein noch gut erkennbarer PSR-Abriss gezeigt. Bei einer weiteren Röntgenkontrolle am 18.09.1997 habe sich eine deutliche Callusbildung sowohl dorsal als auch radial gezeigt. Nach Abschluss der letzten Röntgenuntersuchung vom 18.09.1997 habe der Beklagte zu 3) eingeräumt, dass ihre Hand bereits unmittelbar nach der Fraktur hätte operiert werden müssen, um eine bessere Versorgung zu erreichen.
Die Klägerin behauptet - sich stützend auf das im Schlichtungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. G...... vom 10.12.1998 - ferner, bei dem von ihr erlittenen Bruch habe es sich um einen metaphysären Biegungsbruch des rechten distalen Radius, nach dorsal abgekippt mit Radialversatz von ca. 2 mm und zusätzlichem PSU-Abriss gehandelt. Bei einem solchen Bruch seien lediglich zwei wirksame Behandlungsstra- tegien möglich: Der Arm könne in eine dorsale Oberarmgipsschiene eingegipst werden, am vierten Tage erfolge dann ein Gipsabschluss, ab dem achten Tage eine Gipsteilung sowie eine ihrem Alter entsprechende Gipsbefristung für die Dauer von ca. 4 Wochen. Eine alternative Behandlungsmaßnahme stelle die Reposition der nach dorsal abge - knickten Fraktur in Allgemeinanästhesie dar. Bei einer solchen Reposition müsse ein gespaltener Unterarmgips angelegt werden und ein Gipsabschluss habe nach etwa 4 bis 5 Tagen nach Abschwellung zu erfolgen. Eine Gipsbefristung müsse für ca. 4 Wochen angeordnet werden und zudem seien Röntgenkontrollen nach jedem Gipsabschluss bzw. zumindestens nach Gipsabnahme notwendig. Eine Bruchspaltanästhesie sei hingegen bei der konkreten Art der Verletzung nicht wirksam, da der Bruchspalt dor- sal nicht offen und das Periost dorsal mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zerrissen gewesen sei. Die Vornahme der Bruchspaltreposition sei deshalb eindeutig die falsche Behandlungsmethode gewesen. Bei der Reposition hätte zudem zusätzlich eine Überkorrektur mit Zerreissung des dorsalen Periostes angestrebt werden müssen, um eine Redislokation oder Verschlechterung der Frakturstellung auszuschliessen. Dies sei jedoch durch den behandelnden Arzt nicht ausgeführt worden. Deshalb sei nach der Reposition immer noch eine Dorsalabkippung des Distalfragmentes sowie ein Radialversatz vorgefunden worden.
Die Klägerin ist ferner der Auffassung, der Beklagte zu 3) habe nach Röntgenuntersuchungen auf Grund einer Fehleinschätzung der medizinischen Sachlage die notwendige operative Korrektur der Fehlstellung unterlassen. Als besonderes Versäumnis des Beklagten zu 3) gelte das Unterlassen von kontinuierlichen Röntgenkontrollen, der Beklagte zu 3) habe durch seine Behandlung das ohnehin schlechte Ergebnis der Reposition noch weiter verschlechtert. Völlig unverständlich sei, dass durch den Beklagten zu 3) - so behauptet die Klägerin - die Gipsschiene mehrfach abgenommen und sodann wieder angelegt worden sei. Dabei seien keine regelmäßigen Röntgenkontrollen durch - geführt worden. Die von ihr getragene Gipsschiene sei ohne zwingende Notwendigkeit abgenommen worden und auch die am 11.09.1997 erfolgte Gipsabnahme hätte nicht erfolgen dürfen.
Die Klägerin meint, die Beklagten seien für alle Schäden, die ihr aus der in Fehlstellung verheilten distalen Radiusfraktur entstanden seien, verantwortlich. Sie leide unter permanenten Schmerzen im rechten Handgelenk, ihr Handgelenk sei ständig geschwollen und nur noch eingeschränkt belastbar. Die Feinmotorik der rechten Hand sei eingeschränkt und zudem sei ein ständiges "Knacken" des Handgelenks zu vernehmen. Des Weiteren sei das rechte Handgelenk verplumpt. Es sei mit weiteren Schäden zu rechnen, da sie sich in der Wachstumsphase befinde und zu befürchten sei, dass sich die Wachstumsfuge vorzeitig schließe mit der Folge, dass der rechte Arm und die rechte Hand nicht vollständig auswachsen könnten. Zudem müsse mit einer vorzeitigen Arthrose des rechten Handgelenkes gerechnet werden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum vom 16.08.1997 bis zur Rechtshängigkeit (12.07.1999) - mindestens 10.000,00 DM - nebst 4% Zinsen seit dem 16.08.1997 zu zahlen;
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 59,00 DM nebst 4% Zinsen seit dem 16.08.1997 zu zahlen;
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr (der Klägerin) sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 16.08.1997 zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Der Beklagte zu 3) beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagen zu 1) und 2) behaupten, die Röntgenkontrolle nach der erfolgten Brucheinrichtung sei zufriedenstellend gewesen, eine weitere Reposition und auch ein operativer Eingriff seien nicht erforderlich gewesen, geringe Fehlstellungen würden sich durch das Längenwachstum bei Kindern und Jugendlichen noch spontan korrigieren. Auch aus dem Arztbrief des Chefarztes Dr. A...... gehe hervor, dass die nach Reposition im Gips zur Kontrolle angefertigten Aufnahmen ein gutes Repositions-ergebnis ausweisen würden. Auch dieser nachbehandelnde Arzt habe mit dem Hinweis auf die denkbaren Kompensationsmöglichkeiten des jugendlichen Knochens korri - gierende Maßnahmen - insoweit unstreitig - zurückgestellt. Entgegen der Auffassung der Klägerin gebe es auch nicht allein zwei wirksame Behandlungsstrategien, es sei auch nicht zutreffend, dass der behandelnde Arzt eine falsche Behandlungsmethode gewählt habe. Schließlich sei davon auszugehen, dass weitgehend unfallunabhängige Beschwerden und Beeinträchtigungen aufgetreten seien, da sich die Klägerin in der Wachstumsphase befinde. Soweit überhaupt von einer weiteren Schmerzsymptomatik und Beschwerden ausgegangen werden könne, bestehe jedenfalls kein kausaler Zusammenhang mit der Reposition.
Der Beklagte zu 3) behauptet, bei der Vorstellung der Klägerin sei der rechte Arm - insoweit unstreitig - mit einer Oberarmgipsschiene ruhig gestellt gewesen, er habe an den Fingern - auch insoweit unstreitig - keine Schwellung und keine Bewegungs-einschränkung sowie ferner keine Durchblutungs- oder Sensibilitätsstörungen festgestellt. Weder am 18.08 noch am 22.08.1997 sei durch ihn die Gipsschiene abge - nommen und sodann wieder angelegt worden. Am 18.09.1997 gefertigte Röntgenkontrollaufnahmen des rechten Unterarmes mit Handgelenk in zwei Ebenen hätten eine beginnende Durchbauung und deutliche Periost-Callusbildung der Radiusfraktur bei leichter Seitenverschiebung um ca. 2 mm und bei Abknickung nach dorsal um 18 Grad gezeigt. Bei einer klinischen Untersuchung am 25.09.1997 habe sich weder am rechten Unterarm noch am Handgelenk irgendein Druckschmerz gefunden. Zum Zeitpunkt seiner Behandlung habe davon ausgegangen werden können, dass die vorhandene Fehlstellung im Laufe der weiteren Wachstumsphase der Klägerin zu einer Seiten-verschiebung bis zu voller Schaftbreite führen würde und könnte, zu diesem Zeitpunkt sei eine Nachoperation nicht indiziert gewesen. Später gefertigte Röntgenaufnahmen zeigten auch, dass es tatsächlich zu Kompensationsmaßnahmen des Organismus gekommen sei. Deshalb sei es auch nicht zu beanstanden, dass er gegenüber der Mutter der Klägerin den geforderten operativen Eingriff zur Behebung der Fehlstellung abgelehnt habe. Nach dem 25.09.1997 seien Röntgenkontrollen deshalb nicht (mehr) erfolgt, weil sich die Klägerin nicht vorgestellt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der vorgetragenen und gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Ferner hat die Kammer Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Dr. A...... sowie durch eine (weitere) mündliche Gutachtenerstattung bzw. Erläuterung der schriftlichen Gutachten bei einer Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. B...... .
Entscheidungsgründe
Die (zulässige) Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die mit ihrem Klagebegehren verfolgten Ansprüche zu.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Leistung von Schadensersatz in Höhe von 59 DM (= 30,17 EUR - für eingeholte Auskünfte und die Kostenpauschale) sowie auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 10.000,00 DM (= 5.112,92 EUR) gemäß §§ 31, 823 Abs. 1, 249, 831,847 BGB sowie im Hinblick auf die Geltendmachung materiellen Schadensersatzes aus einer positiven Vertragesverletzung (pVV) des Behandlungsvertrages und mithin bleibt auch der Feststellungsantrag (folgerichtig) ohne Erfolg.
Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ist der Klägerin der ihr obliegende Nachweis eines von den im X-Krankenhaus tätigen und mit ihrer Behandlung betrauten Ärzten begangenen (schuldhaften) Behandlungsfehlers ebensowenig gelungen wie der Nachweis der Behauptung, ärztliches Fehlverhalten des Beklagten zu 3) (als des postoperativ tätig gewordenen Arztes) habe ursächlich die bei ihr am rechten Arm/ an der rechten Hand bestehende Gesundheitsbeeinträchtigung verursacht.
Für die Beurteilung des ärztlichen Tätigwerdens sowie im Hinblick auf ein von der Klägerin vorgeworfenes ärztliches Fehlverhalten ist zunächst festzustellen, dass die von dem Sachverständigen Prof. Dr. B...... festgestellte Entwicklung eines Fehlwachstums (festgestellte Unterarmdeformität anlässlich der körperlichen Untersuchung vom 12.01.2001, Verkürzung der Elle, Verplumpung des Ellenköpfchens sowie eine deutliche Vergrößerung des offenbar abgebrochenen Griffelfortsatzes) nach dessen eigener Bewertung und Beurteilung außerordentlich kompliziert ist und einige Umstände aus seiner gutachterlichen Sicht (letztlich) im spekulativen Bereich verbleiben. Diese Erkenntnis ist von erheblicher Bedeutung, um die sachverständigen Feststellungen sowie Darlegungen nachvollziehen und begreifen zu können. Dabei darf im Rahmen der Gesamtbetrachtung - worauf Prof. Dr. B...... ausdrücklich abgestellt hat - insbesondere nicht außer Acht gelassen werden, dass die Klägerin im Jahre 1999 am rechten Arm (wiederum) insgesamt zwei Frakturen erlitt, nämlich im Januar (komplette Unterarmfraktur) und im Juli (Bruch an der identischen Stelle - Fraktur von Elle und Speiche - als sogenannte Refraktur).
In seinem schriftlichen Gutachten vom 09.04.2001 hat Prof. Dr. B...... zunächst darauf hingewiesen, dass es sich bei dem zu beurteilenden Speichenbruch um die häufigste Fraktur am menschlichen Körper bei Erwachsenen sowie bei Kindern handelt. Es sei von eine Fraktur vom Typ COLLES (Erstbeschreiber) ohne sichtbare knöcherne Begleitverletzung auszugehen. Dabei handele es sich um eine sogenannte Grünholzfraktur, da der Frakturform nach zu schließen das Periost (Knochenhaut) auf der Streckseite intakt geblieben erscheine. Im Hinblick auf die Behandlung weist der Sachverständige darauf hin, dass sich in den letzten 10 Jahren ein deutlicher Trend zur operativen Behandlung dieses Frakturtyps (bis auf wenige Ausnahmen) entwickelt habe, gleichwohl sei dieser Frakturtyp bei Kindern immer noch eine Domäne der konservativen Behandlung. Unter Auswertung der ihm überlassenen Krankenunterlagen und unter Heranziehung medizinischer Fachliteratur hat der Sachverständige Prof. Dr. B...... in seinem schriftlichem Gutachten unmissverständlich festgestellt, dass den die Klägerin behandelnden Ärzten im Hans-Susemihl-Krankenhaus in Emden bei der Versorgung der erlittenen Fraktur ein Behandlungsfehler nicht unterlaufen sei. Unter Auseinandersetzung mit den Befunden und sonstigen Fakten sowie der im Einzelnen zitierten medizinischen Literatur hat der Sachverständige nachvollziehbar und ohne weiteres plausibel in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass in Übereinstimmung mit der herangezogenen (und im Einzelnen dargestellten) Literatur die Indikation zum konservativen Vorgehen nicht nur berechtigt, sondern die Methode der ersten und im konkreten Fall der Klägerin der einzigen Art gewesen sei. Dabei ist der Sachverständige Prof. Dr. B...... trotz der von der Klägerin erhobenen Einwen - dungen unter Hinweis auf eine Stellungnahme des Dr. med.A...... vom Marienkrankenhaus Papenburg sowie des Privatdozenten Dr. med. G...... bei seiner gutachterlichen Einschätzung des Frakturtyps geblieben, nämlich einer Fraktur des Typ COLLES, dorsal Abkippung, d.h. Abkippung der Fraktur zur Streckseite hin. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang deutlich gemacht, dass die Einschätzung des Bruches als AITKEN-I-Fraktur durch Dr. G...... tatsächlich nicht vorgelegen hat. Der von ihm beschriebene Frakturtyp bzw. die von Dr. G...... angenommene AITKEN-I-Fraktur seien Klassifizierungen, die sich gegenseitig nicht ausschließen. Der Sachverständige hat in der dem Ergänzungsgutachten vom 05.11.2001 beigefügten Anlage mittels handschriftlicher Zeichnungen die einzelnen Wachstumszonenverletzungen nach AITKEN dargestellt sowie dokumentiert und in dem Ergänzungsgutachten ausgeführt, dass - unter Berücksichtigung der Röntgenaufnahmen - entgegen der Annahme des Privatdozenten Dr. G...... eben nicht eine Verletzung vom Typ AITKEN-I vorgelegen habe, also gerade nicht die Metaphyse von der Epiphyse getrennt worden sei mit einem metaphysären Keil. Vielmehr sei die Metaphyse in engem Verbund mit der Epiphyse geblieben. Diese Beurteilung hat er in der mündlichen Verhandlung anhand einer Darstellung des Handgelenkes aus einem medizinischen Lehrbuch (siehe dazu die Anlage zu Protokoll - Ablichtung aus dem Lehrbuch) nochmals verdeutlicht und die erlittene Verletzung nachvollziehbar und verständlich geschildert. Des Weiteren hat Prof. Dr. B...... bei Auswertung der für das Unfallgeschehen aus dem Jahre 1997 relevanten Röntgenaufnahmen einen Abbruch des Ellengriffelfortsatzes - wenn auch nicht mit 100%iger Sicherheit - erkennen können, nicht jedoch eine Dislokation des Ellengriffelfortsatzes. Auch bei dieser Beurteilung ist der Sachverständige trotz neuerlicher Einwendungen der Klägerin verblieben und hat in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 18.07.2003 ausgeführt, die Röntgenaufnahme vom 16.08.1997 zeige eine körperferne Speichenfraktur (Typ COLLES) mit einem Abbruch des Prozessus styloides ulnae (PSU-Abriss), der jedoch nicht von therapeutischer Relevanz sei. Insoweit hat der Sachverständige in seinem zweiten Ergänzungsgutachten ausgeführt, der Griffelfortsatz der Elle (PSU) sei das in dem Alter der Klägerin (im Unfallzeitpunkt) etwa knapp linsengroße körperferne Ende der Speiche. Es sei rein hypothetisch, darüber zu spekulieren, ob dieses winzige nicht dislozierte Fragment (mit welchem Osteosynthesematerial auch immer) hätte fixiert werden sollen, jedenfalls wäre eine derartige Maßnahme unverhältnismäßig gewesen und keine der von ihm gesichteten Publikationen bzw. Monographien hätte die Fixation diese Minifragmentes empfohlen. Nach diesen Darlegungen erschließt sich für die Kammer ohne weiteres die gutachterliche Einschätzung der fehlenden therapeutischen Relevanz im Hinblick auf den PSU-Abriß.
In Auseinandersetzung mit der Annahme einer AITKEN-I-Fraktur (entsprechend Dres. G...... und A...... ) hat der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 05.11.2001 weiter ausgeführt, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Wachstumszonenverletzung im Sinne der Einteilung nach AITKEN (aber auch nicht nach der Einteilung von Salter und Harris, die einen 5. Typ beschreiben würden, bei dem es zu einer axialen Stauchung der Wachstumszone kommen könne, die therapeutisch nicht beantwortet sowie röntgenologisch nicht erkannt werden könne) vorgelegen habe, was ex post insofern erkennbar werde, als es
- zu einer anatomisch korrekten Spontankorrektur kommt
- die körperferne Speiche auch nicht im Wachstum zurückbleibt (eher im Gegenteil,was für eine mögliche - jedoch nicht erkennbare - Wachstumszonenverletzung der Elle sprechen könnte).
Dies kommt auch in dem bereits erwähnten Ergänzungsgutachten vom 18.07.2003 mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck, wonach eine AITKEN-I-Fraktur nicht unterstellt werden könne. Dabei hat er im Einzelnen darauf hingewiesen, das AITKEN die Verletzungen der Wachstumsfuge beschrieben habe und insoweit eine Unterteilung nach verschiedenen Graden (Grad I bis Grad III) vorgenommen werde. Bei dem Grad I werde die Wachstumszone, also die Epiphyse in der Fuge gelöst und verschoben oder an der abgelösten Wachstumszone (Epiphyse) verbleibe ein metaphysärer Keil. Insoweit hat der Sachverständige nochmals auf seine zeichnerische Dokumentation verwiesen. Nach der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. B...... ist es jedoch bei der Klägerin weder zu einer Lösung der Epiphysenfuge gekommen noch habe sich an der gelösten Epiphysenfuge ein metaphysärer Keil befunden. Vielmehr ergebe eine Auswertung der Röntgenaufnahmen eine typische körperferne Radiusfraktur, auch Radiusfraktur loko typiko genannt vom Überstreckungstyp (COLLES). Insoweit hat der Sachverständige Prof. Dr. B...... in der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2003 ohne weiteres nachvollziehbar und eingängig an zwei betrachteten Röntgenaufnahmen in beiden Ebenen vom 16.08.1997 erläutert, dass der von der Klägerin im Jahre 1997 erlittene Bruch oberhalb der Wachstumsfuge gelegen hat. Dieser Einschätzung hat der Sachverständige auch an seiner dem Ergänzungsgutachten vom 05.11.2001 beigefügten Dokumentation in Form von Handskizzen (Band II Blatt 220 a d.A.) sowie an der Abbildung der Hand aus dem Lehrbuch "Anatomie des Menschen" von Rauber-Kopsch (Band II Blatt 304 d.A. - Anlage zum Protokoll) ohne weiteres nachvollziehbar erläutert. Der als Zeuge vernommene Facharzt für Chirurgie und Orthopädie Dr. Klaus A...... hat anlässlich seiner Vernehmung erklärt, dass er ebenso wie der Sachverständige Prof. Dr. B...... nach dem Betrachten der Röntgenaufnahmen zu der Beurteilung gelange, dass der Bruch oberhalb der Wachstumsfuge gelegen hat.
Diese von der Klägerin bei dem Sturz am 16.08.1997 erlittene Gesundheitsverletzung (Fraktur) wurde ordnungsgemäß durch die erstbehandelnden Ärzte versorgt, ein ärztliches Fehlverhalten kann den handelnden Ärzten im Krankenhaus nicht ernsthaft vorgeworfen werden. Der Sachverständige Prof. Dr. B...... hat unter Nennung einer Literaturstelle in seinem (Ausgangs-) Gutachten vom 09.04.2001 (dort Seite 11) ausgeführt, die konservative Behandlung von Unterarmfrakturen bei Kindern sei ausreichend, in lediglich 2 von 68 Frakturen im distalen Bereich sei es zu einer Beeinträchtigung der Umwendebewegung gekommen. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass die Bruchspaltanästhesie ein vielfach praktiziertes und anerkanntes Verfahren, speziell angewandt bei der Reposition von Frakturen am körperfernen Speichenende sei. Zwar hat der Sachverständige in dem Gutachten durchaus deutlich gemacht, dass es sich nicht um die Standardanästhesie bei Kindern handele, "Golden Standard" sei in dem Alter der damals behandelten Klägerin die Allgemeinanästhesie. Dennoch dürfe aus seiner gutachterlichen Sicht eine Bruchspaltanästhesie durchaus vorgenommen werden, wenn auch er selbst als Behandler die Allgemeinanästhesie bevorzuge. Gleichwohl könne die vom Erstbehandler gewählte Bruchspaltanästhesie nicht als falsche Behandlungsmethode bezeichnet werden. Aus diesen Feststellungen erschließt sich, dass ein operatives Vorgehen keineswegs zwingend geboten war. Andererseits weist die Kammer darauf hin, dass die konkrete Wahl der Behandlungsmethode dem tätig werdenden Arzt überlassen bleiben muss, weil sich die Behandlung eines Patienten letztlich auch an seinen persönlichen Fähigkeiten ausrichten muss. Soweit der Sachverständige Prof. Dr. B...... hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 05.11.2001 zwar darauf hingewiesen, dass in der ehemals von ihm geleiteten Klinik die Bruchspaltanästhesie verpönt gewesen sei, da sie aus einer ehemals geschlossenen Fraktur eine offene mache, die durch Hämatom und postoperativ entstehendes Ödem ohnehin bestehende und noch weiter zu erwartende Schwellung unnötig verstärke, hat er in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt, nach seiner persönlichen Einschät- zung habe der Erstbehandler zwar ein "unkindgemäßes" Betäubungsverfahren gewählt, dadurch sei dem Kind (=Klägerin) aber kein bleibender, objektiv erkennbarer Schaden zugefügt worden.
In dem Gutachten vom 09.04.2001 hat der Sachverständige Prof. Dr. B...... in Auswertung der Röntgenaufnahme vom 17.08.1997 festgestellt, dass die Fraktur in beiden Strahlengängen absolut korrekt stehe. 45 Tage nach der Reposition (30.09.1997) sei bei einer weiteren röntgenologischen Kontrolle festzustellen, dass die Fraktur knöchern fest verheilt sei, auf der Speichenseite finde sich deutlicher periostaler Callus, der ein beginnendes sogenanntes Remodeling erkennen lasse. Ein Jahr nach dem Unfallgeschehen (11.08.1998) sei das Remodeling abgeschlossen, eine Abkippung sei nicht mehr erkennbar und der ehemalige Frakturbereich stehe in beiden Ebenen achsengerecht.
Prof. Dr. B...... hatte in seinem Gutachten vom 09.04.2001 bereits darauf hinge - wiesen, dass die Spontankorrekturpotenz des kindlichen Knochens nach Frakturen und nicht idealer Reposition hinlänglich durch zahlreiche Publikationen und Monographien bekannt sei und der von ihm zu beurteilende Fall der Klägerin, bezogen auf das Unfallereignis aus dem Jahre 1997, zeige auch, dass sich binnen Jahresfrist die ursprüngliche Abkippung von 20 Grad - wie auf der Aufnahme vom 11.08.1998 gezeigt - spontan ausgeglichen habe, da auf dieser Aufnahme eben keinerlei Achsabweichung mehr zu erkennen sei. Von ihm gesichtete Röntgenaufnahmen würden belegen, dass die durch den Erstbehandler erzielte Stellung anatomisch gelungen und somit völlig ausreichend gewesen sei. Nach Einschätzung des Gutachters habe es keinen Grund für eine Korrektur des erzielten Ergebnisses gegeben, das nach seiner Auffassung "nicht besser hätte sein können". Die Repositionsergebnisse würden - im klinischen Sinne - eine exakte anatomische Reposition zeigen. Die ganz diskrete, nach dem Eingriff bestehende Dorsalabkippung sei gerade bei Kindern mit der großen Spontanreparationspotenz absolut irrelevant, was auch ex post durch ein völliges Remodeling der Speiche bewiesen sei. Insoweit verweist der Sachverständige Prof. Dr. B...... in seinem Ergänzungsgutachten vom 05.11.2001 darauf, dass die Ausheilung der körperfernen Speiche vor den nachfolgenden Unfällen im Jahre 1999 erfolgt und so gelungen sei, als wenn der behandelnde Arzt (in völlig überflüssiger und unberechtigter Weise) die Fraktur eröffnet hätte und die Fragmente wie ein Puzzle akkurat aufeinandergesetzt hätte. Dem ist - was die Versorgung der von der Klägerin erlittenen Fraktur betrifft - nichts hinzuzufügen.
Unabhängig davon hat der Sachverständige Prof. Dr. B...... in seinem Ergänzungs- gutachten vom 18.07.2003 darauf hingewiesen, dass aus der Durchführung der Bruchspaltanästhesie ein Fehlwachstum des Armes nicht abgeleitet werden könne. Es sei im Hinblick auf die durchgeführte Bruchspaltanästhesie zwar nicht gelungen, das Periost zu zerreißen, so dass es zu einer erneuten Dislokation der Fraktur gekommen sei. Dies sei aber für den weiteren Verlauf nicht von Relevanz gewesen.
In seinen schriftlichen Gutachten als auch bei seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige Prof. Dr. B...... eindrucksvoll darauf hingewiesen, das Problem für die Klägerin mit einhergehenden Beeinträchtigungen bestehe nur darin, dass es zu einer Verplumpung und Vergrößerung des Ellenköpfchens gekommen sei, was zu einer Diskongruenz zwischen der konvexen Gelenkfläche des Ellenköpfchens und der normal großen konkaven Gelenkfläche der Speiche geführt habe. Dieser Umstand sei eine hinreichende Erklärung für die von der Klägerin vorgebrachten Beschwerden (wie etwa Knacken, eingeschränkte Umwendebeweglichkeit sowie Schwellneigung). Dabei hat der Sachverständige deutlich gemacht, die Verplumpung des Ellengriffelfortsatzes sei ein interessantes Phänomen, das in diesem Ausmaße nicht immer beobachtet werden könne, wobei die Ursache unklar sei; jedenfalls sei sie nicht Folge der Behandlungen durch den Erstbehandler sowie den Beklagten zu 3). Es sei insgesamt schwer erklärbar, wie es über ein Jahr nach dem Unfallgeschehen bis zur Erstellung des Gutachtens im April 2001 zu einer Verplumpung des Ellenköpfchens kommen konnte. Der Sachverständige weist insoweit darauf hin, nach traumatologisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen müsse angenommen werden, dass dies Folge des ersten Unfallereignisses sei, da es vermutlich nicht nur zu einer Speichenfraktur gekommen sei, sondern auch möglicherweise zu einer Fraktur des Ellengriffelfortsatzes und vermutlich auch zu einer Stauchungsverletzung der körperfernen Ellenepiphyse, was einerseits zu einem diskreten Zurückbleiben des Längenwachstums der Elle, aber auch andererseits zu einer Verklumpung geführt haben könne. Dabei hat der Sachverständige bereits in seinem Gutachten vom 09.04.2001 darauf hingewiesen, dass Stauchungsverletzungen der Epiphysenfuge nicht erkennbar seien und auch nicht therapeutisch positiv beeinflusst werden könnten. Ein abgebrochener Griffelfortsatz sei auch keine Indikation für eine operative Stabilisierung. Soweit die Klägerin noch Beeinträchtigungen beklage, seien diese jedenfalls nicht Folge einer unsachgemäßen Behandlung durch die behandelnden Ärzte. Nichts anderes gelte auch für das leicht verplumpte Handgelenk und zwar auf der Ellenseite durch das verplumpte Ellenbogenköpfchen. Dass ein Nachweis nicht sicher geführt werden kann, hat der Sachverständige Prof. Dr. B...... nochmals in seinem Gutachten vom 18.07.2003 ausgeführt. Er hat insoweit darauf hingewiesen, dass ihm ein solches Phänomen in seiner fast 35jährigen Tätigkeit als Unfallchirurg insgesamt nur zweimal begegnet sei, über Literaturrecherchen im Internet habe er versucht, eine Erklärung zu finden, sei allerdings nicht fündig geworden. Eine Verplumpung des Ellenköpfchens sei mit dem derzeitig wissenschaftlich traumatologischen Stand nicht zu erklären. Es bleibe - das hat der Sachverständige unmißverständlich deutlich gemacht - im Bereich der Spekulation, ob eine nicht erkennbare Stauchungsverletzung der körperfernen Ellenwachstumsfuge dies bewirkt habe, oder aber ein Bruch der Elle in Schaftmitte anlässlich eines neuerlichen Unfalls im Jahre 1999. Sicher sei lediglich, dass die Beschwerden der Klägerin keinesfalls auf dem Umstand beruhen, dass der Beklagte zu 3) möglicherweise den Gips abgenommen bzw. nicht hinreichend im Speichenbereich geröntgt habe.
In seinem Gutachten vom 09.04.2001, den beiden Ergänzungsgutachten sowie auch aus Anlass der mündlichen Erläuterung der Gutachten ist der Sachverständige stets bei seiner Beurteilung verblieben, dass ein dem erstbehandelnden Arzt anzulastender Behandlungsfehler nicht angenommen und festgestellt werden kann. Die heutigen bei der Klägerin verbliebenen Folgeschäden sind vielmehr nach Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. B...... schicksalhaft, weil sie auf eine therapeutisch nicht beeinflussbare, nicht diagnostizierbare Wachstumsfugenverletzung der Elle und des mit abgebrochenen Ellengriffelfortsatzes zurückzuführen sind, zum Teil beruhen die Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin aber auch auf den beiden Folgeunfällen im Jahre 1999.
Auch der vom Beklagten zu 3) anlässlich der medizinischen Behandlung der Klägerin begangene Behandlungsfehler hat nicht adäquat kausal zu den verbliebenen und noch bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin geführt. In Ermangelung der feststellbaren Kausalität ist deshalb auch der Beklagte zu 3) haftungsrechtlich nicht verantwortlich.
Zunächst hat der Sachverständige Prof. Dr. B...... in seinem Gutachten vom 09.04.2001 darauf hingewiesen, dass eine operative Korrektur einer vorhandenen Fehlstellung durch den Beklagten zu 3) - sogar ex post betrachtet richtigerweise - unterlassen wurde. Des Weiteren hat der Sachverständige Prof. Dr. B...... darauf hingewiesen, dass sich das Repositionsergebnis anlässlich der Behandlung durch den Beklagten zu 3) von diesem unbemerkt verschlechterte, die durch den Beklagten zu 3) durchgeführte und aus medizinischer Sicht zu bemängelnde Nachbehandlung jedoch letztlich ohne Folgen für die Klägerin verblieben ist. Dem Beklagten zu 3) ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B...... anlässlich seiner mündlichen Anhörung im Wesentlichen vorzuwerfen, dass er die notwendigen Röntgenkontrollen in vorgegebenen zeitlichen Abständen nicht durchgeführt hat sowie nach Abnahme des angelegten Gipses ganz offenbar auf Röntgenkontrollen verzichtete. Insoweit hat der Sachverständige ausgeführt, bei dem bei der Klägerin im Jahre 1997 erlittenen "Alltagsbruch" seien bestimmte Spielregeln einzuhalten, die einem Arzt in der Regel bekannt sind und auch bekannt sein müssen. Bei einer konservativen Behandlung muss am ersten Tag nach der Einrichtung des Bruches geröntgt werden, dann ungefähr am dritten Tag, weitere Röntgenkontrollen haben sich am 7. oder 8. Tag und sodann am 14. und 21. Tag anzuschließen. Diese regelmäßigen Röntgenkontrollen in bestimmten zeitlichen Abständen seien deshalb erforderlich, um etwaige Fehlentwicklungen zu erkennen und innerhalb der ersten Woche nach einer gewonnenen Erkenntnis noch eingreifen zu können. Bei der sich postoperativ anschließenden Behandlung durch den Beklagten zu 3) habe dieser gegen ein ehernes Gesetz der konservativen Knochenbruchbehandlung verstossen hätte. Denn eine reponierte Fraktur sei ununterbrochen bis zur knöchernen Heilung im Gips stabilisiert zu halten. Dies hat der Sachverständige bei der mündlichen Erläuterung der Gutachten nochmals bekräftigt und sogar deutlich gemacht, dass dem Beklagten zu 3) ein grober Behandlungsfehler anzulasten ist. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung das sog. Basiswissen der konservativen Behandlung der von der Klägerin erlittenen Fraktur - unter Eingehen auf Ausnahmen - beschrieben. Er hat dabei weiter ausgeführt, dass bei einem Defekt des Gipses bzw. wenn dieser naß werde, der Gips zu entfernen sei, und zwar am besten nach vorherigem Röntgen und der Gips zumindest mit Durchleuchtung wieder anzulegen sei. Wenn das in der beschriebenen Weise nicht geschehe - es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 3) entsprechend dieser Vorgabe tatsächlich handelte - könne dies aus objektiv ärztlicher Sicht nur als schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar bewertet werden.
Im Zusammenhang mit von dem Beklagten zu 3) unterlassenen, gebotenen Maßnahmen hat der Sachverständigen Prof. Dr. B...... weiter ausgeführt, dass ein mehrfaches Wechselns des Gipses - was allerdings keineswegs feststeht und von dem Beklagten zu 3) bestritten wurde - erfolgte, ohne die Stellung der Fraktur zu kontrollieren und erforderlichenfalls zu korrigieren. Dies könne ein Abkippen der Frakturstellung allein verursacht haben oder ein bereits schleichend stattfindendes Abkippen der Frakturstellung weiterhin gefördert haben, ohne dass dies von dem Beklagten zu 3) erkannt worden sei. Dazu hat der Sachverständige aber ausgeführt, dass die gesamte ihm bekannte radiologische Chronologie des Armes der Klägerin wie auch seine medizinische Kenntnis um das Verhalten kindlicher Frakturen unter Einschluss der bekannten Spontankorrekturpotenz, einen sichtbaren Beweis ergeben, dass sich die Fehlstellung spontan korrigierte. Die jetzt noch bestehende Fehlstellung sei jedoch ausschließlich Folge der Unfälle aus Januar und Juni 1999 gewesen, wobei der dritte Unfall (im Juni 1999) wiederum eine Refraktur des zweiten Unfallgeschehens ist. Gesundheitliche Beeinträchtigungen der Klägerin seien dennoch nicht auf eine fehlerhafte Behandlung des Beklagten zu 3) zurückzuführen, sondern hätten ihre Ursache in den im Jahre 1999 stattgefundenen weiteren 2 Unfallgeschehen bzw. seien sie zum Teil schicksalhaft (weil therapeutisch nicht beeinflussbare, nicht diagnostizierbare Wachstumsfugenverletzung der Elle und des mitabgebrochenen Ellengriffelfortsatzes).
Der Sachverständige gelangt ferner zu der Einschätzung, die von der Klägerin geklagten Beschwerden (permanente Schmerzen im rechten Handgelenk) sowie die weiteren Gesundheitsbeeinträchtigungen seien nicht auf die Behandlung des Beklagten zu 3) - insbesondere ein ihm zurechenbares Unterlassen von medizinischen Maßnahmen - zurückzuführen. In dem Gutachten vom 09.04.2001 hat der Sachverständige Prof. Dr. B...... bereits darauf hingewiesen, dass die durchaus glaubhaften permanenten Schmerzen im rechten Handgelenk der Klägerin nicht Folge der anatomisch völlig korrekt verheilten Speichenfraktur, sondern zum Teil Folge der Wachstumsstörung des Ellenköpfchens seien. Wie bereits ausgeführt hat der Sachverständige in dem Ergänzungsgutachten vom 18.07.2003 weiter darauf hingewiesen, die Beschwerden der Klägerin resultierten aus einem Fehlwachstum der Unterarmknochen, die anlässlich zweier weiterer Unfälle sich ereignet haben, allerdings fern ab der ersten Fraktur, nämlich jetzt in Schaftmitte. Anlässlich der mündlichen Erläuterung der schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige Prof. Dr. B...... weiter deutlich gemacht, dass Beschwerden nach dem ersten Bruch ohne weiteres noch bis zu einem halben Jahr nach dem Bruch bei einem Kind zu erklären seien. Über diesen Zeitraum hinaus gebe es jedoch für ihn keine Erklärung für Schmerzen. Die nunmehr von der Klägerin konkret beklagten Schmerzen würden demgegenüber auf anderen Ursachen beruhen, als die Schmerzen, die nach der ersten Fraktur im Jahre 1997 noch bis zu 6 Monate angedauert haben können. Diese für die Dauer von 6 Monaten andauernden normalen Beschwerden würden den Normalverlauf nach der konservativen Behandlung einer Fraktur widerspiegeln. Bis zur Heilung der Fraktur sei mit normalen Beschwerden bei der Klägerin nämlich durchaus zu rechnen. Die einzelnen jetzt noch von der Klägerin beklagten Beschwerden hat der Sachverständige Prof. Dr. B...... dagegen eindeutig und unzweifelhaft dem dritten Frakturereignis zugerechnet. Diese im Jahre 1999 von der Klägerin erlittenen Frakturen haben nach der Beurteilung des Sachverständigen eine deutliche Verbiegung der Speiche im Schaftbereich verursacht, die noch nicht ausgeglichen ist und wovon vermutlich der im Januar 1999 erlittene Unfall (eventuell auch das dritte Unfallereignis) auch zu einer Absprengung aus dem Speichenköpfchen (ellenbogengelenkbildender Teil der Speiche) geführt habe. Bei seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige im Zusammenhang mit der Problematik der Kausalität der Beschwerden deutlich herausgestellt, das Problem der Klägerin bestehe darin, dass es zu einer Verplumpung und Vergrößerung des Ellenköpfchens gekommen sei - wie bereits ausgeführt - und eine dadurch verursachte Diskongruenz zwischen der konvexen Gelenkfläche des Ellenköpfchens und der konkaven Gelenkfläche der Speiche die vorgebrachten Beschwerden (Knacken, eingeschränkte Umwendebeweglichkeit und Schwellneigung) hinreichend erkläre. Insoweit hat er bereits in seinem Gutachten vom 09.04.2001 festgestellt, dass das "Knacken" im Handgelenk nachweisbar sei, dies jedoch nicht Folge der körperfernen Speichenfraktur, sondern Folge des verklumpten Ellenköpfchens, das nicht mehr kongruent mit der Speiche adikuliere, eingetreten sei. Zutreffend sei auch, dass das Handgelenk leicht verplumpt sei, und zwar auf der Ellenseite durch das verplumpte Ellenköpfchen. Der Sachverständige hat im Rahmen der mündlichen Erläuterung aber nochmals klargestellt, dass die Beschwerden der Klägerin nicht auf dem Umstand, dass der Beklagte zu 3) möglicherweise Gipswechsel vorgenommen bzw. nicht hinreichend im Speichenbereich geröntgt habe, beruhen würden. Damit fehlt es aber an der erforderlichen Kausalität zwischen einem von dem Beklagten zu 3) begangenen Behandlungsfehler und den von der Klägerin beklagten Beschwerden. Einen solchen kausalen Zusammenhang zwischen den geäußerten Beschwerden und der ersten Fraktur aus dem Jahre 1997 hat der Sachverständige gerade nicht feststellen können. Vielmehr hat Prof. Dr. B...... bei seiner mündlichen Anhörung unmißverständlich darauf hingewiesen, dass durch die weiteren Unfälle mit den erlittenen Frakturen das Gefüge der beiden Unterarmknochen durcheinander geraten sei und das Ellenköpfchen sich extrem vergrößert habe. Derartiges habe er in seiner gesamten langjährigen Praxis erst zweimal wahrgenommen. Ein von ihm auf die Problematik angesprochener Kollege, Prof. L....... aus Basel, habe ein derartiges Phänomen in seiner ebenfalls langjährigen Praxis noch nicht bemerkt. Eine mit diesem durchgeführte Erörterung der Krankheitsgeschichte der Klägerin habe im Hinblick auf die konkrete Ursache ebenfalls keine Ergebnisse erbracht. Die Ursache der die Klägerin belastenden Probleme liege - so der Sachverständige - im Bereich der Elle und nicht im Bereich der durch die im Rahmen des ersten Unfallgeschehens bei der erlittenen Fraktur betroffenen Speiche.
Die Kammer hat keine Bedenken, den umfassenden, in sich schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B...... zu folgen. Dieser hat sich mit sämtlichen ihm überlassenen Unterlagen unter Einschluss der Röntgenauf-nahmen im Hinblick auf die Krankheitsgeschichte der Klägerin eingehend auseinandergesetzt und auch unter Einschaltung eines ebenfalls sehr erfahrenen Kollegen (Prof. Dr. L.....) sich darum bemüht, die Ursachen der Beschwerden im Einzelnen zu eruieren und eindeutig einem Geschehen zuzuordnen. Bei seinen gutachterlichen Feststellungen hat Prof. Dr. B...... sich des Weiteren auch mit abweichenden Ergebnissen anderer tätig gewordener Gutachter im Einzelnen auseinandergesetzt und Abweichungen bzw. Unterschiede in den jeweiligen Beurteilungen offen gelegt und seine persönliche Einschätzung für das Gericht nachvollziehbar begründet. Dabei hat er sich ferner bemüht, die weiterhin bestehenden Beschwerden der Klägerin ausreichend zu erklären, wobei die weiteren Unfallereignisse aus dem Jahre 1999 einzubeziehen waren, was nach dem Urteil des Sachverständigen Prof. Dr. B...... eine nicht unerhebliche Schwierigkeit bei der Bewertung des Falles ausmacht. Insoweit hat der Sachverständige auch durchaus deutlich gemacht, dass insoweit ein eindeutiges Ergebnis und eine eindeutige Beurteilung nicht möglich sei, insbesondere im Hinblick auf die Ursache für die Verplumpung des Ellenköpfchens. Jedenfalls aber vermochte sich der Sachverständige dahin festzulegen, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin nicht kausal auf ein fehlerhaftes ärztliches Handeln des Beklagten zu 3) zurückgehen. Das von ihm erstellte Sachverständigengutachten nebst schriftlicher Ergänzungen sowie auch seine Ausführungen im Rahmen der erfolgten Anhörung nebst Erläuterung der Problematik an den Röntgenaufnahmen sowie an einer Ablichtung des Handgelenkes belegen die überragende Sachkunde und Fachkenntnis des Sachverständigen Prof. Dr. B...... und dessen außerordentliche Qualifikation.
Damit ist der Klägerin der ihr obliegende Nachweis eines ärztlichen Behandlungsfehlers bzw. der Kausalität zwischen einem Behandlungsfehler und einem ihr erlittenen Schaden nicht gelungen.
Aus den vorstehenden Ausführungen erschließt sich ohne weiteres, dass auch der Feststellungsantrag (folgerichtig) keinen Erfolg haben konnte.