Landgericht Osnabrück
Urt. v. 29.09.2003, Az.: 2 O 2035/03

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
29.09.2003
Aktenzeichen
2 O 2035/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 39654
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2003:0929.2O2035.03.0A

Fundstelle

  • JWO-VerkehrsR 2004, 21

In dem Rechtsstreit

- Klägerin -

gegen

1.

2.

- Beklagte -

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt an die Klägerin 903,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-Punkten über dem Basissatz aus einem Betrag von 602,34 seit dem 10. Januar 2003 sowie ferner aus einem Betrag in Höhe von 301,15 seit dem 20.06.2003 zu zahlen.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 87 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 13 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvoll -Streckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Leistung von Schadensersatz aus Anlass eines Verkehrsunfallgeschehens.

2

Der Beklagte zu 1) befuhr am 3. September 2002 in der Gemarkung Heidbrücken mit seinem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Kleinkraftrad Marke Simson-Schwalbe (amtliches Kennzeichen 649 KHU) einen in der Nähe der Landstraße L 62 befindlichen Gemeindeweg. Dieser Schotterweg bildet die Zuwegung zu anliegenden landwirtschaftlichen Flurstücken, aus Sicht der L 62 befindet sich rechts neben dem Schotterweg das Textilhaus O., wobei parallel zur Fahrbahn im Bereich des Textilhauses das Grundstück von einer etwa 2 m hohen Hecke begrenzt wird.

3

Die am 10. Juli 1992 geborene Schülerin O., die bei der Klägerin krankenversichert ist, spielte mit Kindern in Höhe des Hintereinganges des Textilhauses O. Bei diesem Spiel lief O. hinter der Hecke auf die Straße und geriet mit ihrem Fuß unter das Vorderrad des vom Beklagten zu 1) geführten Kleinkraftrades. Dabei stürzte sie und zog sich einen Fußbruch im Gelenkbereich zu.

4

Der Klägerin entstanden anlässlich der Verletzung ihrer Versicherungsnehmerin Aufwendungen (insbesondere Krankentransportkosten, Kosten für den stationären Krankenhausaufenthalt sowie die Kosten der Materialentfernung), die sie auf insgesamt 6.140,51 EUR beziffert.

5

Die Klägerin hat aus übergegangenem Recht die Ansprüche gegenüber der Beklagten zu 2) mit Schreiben vom 18. Dezember 2002 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.033,21 EUR aufgefordert. Die Beklagte zu 2) hat mit Schreiben vom 09.01.2003 jegliche Zahlung abgelehnt.

6

Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 1) habe den Gemeindeweg (unfestigte Straße) nicht mit angemessener Geschwindigkeit befahren. Das folge auch daraus, dass der Beklagte zu 1) nicht mehr rechtzeitig habe anhalten können, als das Kind O. auf den Gemeindeweg gelaufen sei. Sie ist ferner der Ansicht, der Beklagte zu 1) habe auch trotz erschwerter Sicht die Stimmen bzw. den Lärm der spielenden Kinder wahrnehmen und seine Fahrweise entsprechend anpassen müssen. Insbesondere hätte sich der Beklagte zu 1) darauf einstellen müssen, dass eines der spielenden Kinder am Ende der Hecke auf den Gemeindeweg läuft.

7

Die Klägerin behauptet ferner, die - insoweit unstreitig - den Schotterweg fast ausschließlich nutzenden landwirtschaftlichen Fahrzeuge würden von spielenden Kindern auf Grund der Lärmentwicklung wahrgenommen, während das Kleinkraftrad des Beklagten zu 1) sehr leise sei und das Kind Jana deshalb nicht habe damit rechnen können, dass ein Fahrzeug auf dem Gemeindeweg fahre. Des Weiteren meint die Klägerin, die Reaktionsfähigkeit des Kindes Jana sei herabgesetzt gewesen und sie habe sich in ihrem Spieltrieb nicht auf das vom Beklagten zu 1) geführte Motorrad konzentrieren können.

8

Schließlich meint die Klägerin, die intellektuelle Einsichtsfähigkeit sei bei dem Kind Jana nicht ausreichend ausgeprägt, so dass sie nicht deliktsfähig sei und es am Verschulden fehle.

9

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 6.140,51 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 4.132,85 EUR seit dem 10. Januar 2003 sowie aus einem Betrag von 2.007,66 EUR seit dem 22. Mai 2003 zu zahlen.

10

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1) sei mit einer Geschwindigkeit von ca. 15 km/h den Schotterweg entlanggefahren, als das geschädigte Kind Jana ohne jegliche vorherige Anzeichen auf den öffentlichen Gemeindeweg gesprungen sei. Der Beklagte zu 1) habe keine Reaktionsmöglichkeit in Form von Ausweichen oder Bremsen gehabt und für den Beklagten zu 1) sei das Grundstück der Familie O. wegen der parallel zum Schotterweg befindlichen Ligusterhecke nicht einsehbar gewesen; der Beklagte zu 1) habe spielende Kinder nicht sehen und ferner auch akustisch nicht wahrnehmen können.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der vorgetragenen und gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen bezug genommen.

13

Die Akten des Landkreises Emsland - 07322737 - waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und lagen zu Informationszwecken vor. Das Gericht hat den Beklagten zu 1) persönlich angehört sowie ferner Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H. sowie O. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.09.2003 (Blatt 59 - 67 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange begründet.

15

Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 903,49 EUR aus §§ 7 Abs. 1, 9 StVG n.F. , 254 BGB, § 3 Nr. 1 + 2 PflVersG i. V. m. § 116 SGB X.

16

Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die Beklagten für den entstandenen Schaden nicht in voller Höhe einstandspflichtig. Diese Rechtsauffassung verwundert bereits unter Berücksichtigung des Anspruchsschreibens der Klägerin an die Beklagte zu 2) vom 18. Dezember 2002 ohnehin, da in diesem Anspruchsschreiben lediglich 25 % der bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen und geltend gemachten Kosten unter ausdrücklichem Hinweis auf die "Haftungsquote wegen Betriebsgefahr" geltend gemacht wurden. Die Klägerin hatte dadurch bereist selbst in eindrucksvoller Weise zu erkennen gegeben, dass sie selbst nicht von einer (auch nur annähernd) vollen Haftung der Beklagten ausgeht.

17

Die grundsätzliche Haftung der Beklagten für die aus dem Unfallereignis resultierenden materiellen Schäden folgt aus § 7 StVG, da bei dem Betrieb eines Kfz das Kind O. verletzt wurde (§ 7 Abs. 1 StVG n. F.). Ein Haftungsausschluss gemäß § 7 Abs. 2 StVG scheidet aus, da der Unfall nicht durch höhere Gewalt verursacht wurde. Es handelt sich nämlich nicht um ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Abläufe oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ereignis, dass nach menschlicher Einsicht, Umsicht und Erfahrung unvorhersehbar und unabwendbar war.

18

Die Schadensverteilung richtet sich mithin nach einer Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile gemäß §§ 9 StVG, 254 BGB, da bei dem Unfall auf einer Seite eine Betriebsgefahr nicht mitgewirkt hat; die geschädigte O. hat nämlich nur für ihren persönlichen Verantwortungsbeitrag einzustehen. Danach ist es gerechtfertigt, die Klägerin zu 85 % für den entstandenen Sachschaden selbst aufkommen zu lassen, so dass unter Beachtung der Gesamtumstände die Beklagten lediglich eine Haftung zu 15 % trifft.

19

Insoweit kann zunächst festgestellt werden, dass dem Beklagten zu 1) ein verkehrsrechtlicher Verstoß nicht anzulasten ist, die Klägerin als insoweit beweisbelastete Partei hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein dem Beklagten zu 1) anzulastendes schuldhaftes Verhalten bei der Entstehung des Verkehrsunfalls nicht nachzuweisen vermochte. Zunächst lässt sich - entgegen der Behauptung der Klägerin - nicht mit auch nur annähernder Wahrscheinlichkeit feststellen, dass der Beklagte zu 1) als Fahrzeugführer mit einer den Verhältnissen nicht angepassten Geschwindigkeit den Schotterweg befahren hat und damit gegen die verkehrsrechtliche Bestimmung des § 3 Abs. 1 StVO verstieß. Der Beklagte zu 1) hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung gemäß § 141 ZPO glaubhaft geschildert, dass er nach Überqueren der L 62 die vor ihm liegende Wegstrecke bis zum Beginn der Hecke (ca. 30 m) mit einer gefahrenen Geschwindigkeit von ca. 15 km/h zurückgelegt habe. Die von dem Beklagten zu 1) angegebene Entfernungsangabe wurde auch durch den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten H. im Rahmen seiner Zeugenaussage bestätigt und ferner hat der Zeuge H. angegeben, verwertbare Unfallspuren seien von ihm vor Ort nicht festgestellt worden und hätten deshalb auch weder vermessen noch in der Verkehrsunfallanzeige festgehalten werden können. Ein Verstoß gegen die zulässige Höchstgeschwindigkeit gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2c StVO kann ebenfalls nicht angenommen werden, bei dem Gemeindeweg handelt es sich um eine öffentliche Straße, auf der eine Geschwindigkeitsbegrenzung nach Angaben des Zeugen H. nicht bestand, also letztlich eine Geschwindigkeit von 50 km/h zugelassen war. Der Zeuge H. hat aber im Rahmen seiner Aussage darauf hingewiesen, dass er es für zweifelhaft halte, dass man auf dem Schotterweg in Anbetracht der Oberfläche des Weges überhaupt eine Geschwindigkeit von 50 km/h fahren könne. Jedenfalls hat die Klägerin den ihr obliegenden Beweis einer Geschwindigkeitsüberschreitung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu führen vermocht.

20

Des Weiteren hat der Beklagte zu 1) auch nicht gegen die verkehrsrechtliche Bestimmung des § 3 Abs. 2a StVO verstoßen. Nach dieser verkehrsrechtlichen Bestimmung hat sich ein Fahrzeugführer gegenüber Kindern - insbesondere durch Verminderung der Geschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft - so zu verhalten, dass eine Gefährdung ausgeschlossen ist. Diese verschärften Vorkehrungen zur Fahr -weise angesichts der möglichen Gefährdung von Kindern sind aber abhängig von den Wahrnehmungsmöglichkeiten des jeweiligen Kraftfahrzeugführers. Die jeweils betroffenen Personen müssen für den Kraftfahrzeugführer vor dem Unfall rechtzeitig zu sehen, also sichtbar oder bei gebotener Aufmerksamkeit erkennbar gewesen sein, und zwar bei Annäherung an die Fahrbahn (vgl. Scheffen/Pardey, Schadensersatz bei Unfällen mit Minderjährigen, Rn. 467f.). Unter Beachtung der vom Beklagten zu 1) gemachten Angaben sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist jedoch der Klägerin gleichfalls der Nachweis eines Verstoßes gegen diese verkehrsrechtliche Bestimmung nicht gelungen. Der Beklagte zu 1) hat glaubhaft bekundet, er habe während seiner Fahrt einen sogenannten Integralhelm getragen, wenn auch mit geöffnetem Visier. Durch den Sturzhelm sei aber die akustische Wahrnehmungsfähigkeit eingeschränkt, beim Befahren des Schotterweges in Richtung Textilhaus O./Ligusterhecke habe er weder Kreischen oder lärmende Kinder gehört und auch spielende Kinder in dem Bereich der Hecke optisch nicht wahrgenommen. Die Klägerin hat in dem nach der mündlichen Verhandlung eingereichten (nicht nachgelassenen) Schriftsatz selbst darauf hingewiesen, dass der Beklagte zu 1) wegen des Tragens des Helmes von außen kommende Geräusche kaum habe wahrnehmen können. Der Beklagte zu 1) hat ferner durchaus glaubhaft angegeben, die Hecke sei nicht durchsichtig und lasse Einblicke auf das Grundstück nicht zu. Diese Angaben hat der Zeuge H. bestätigt, er hat im Rahmen seiner Zeugenvernehmung glaubhaft angegeben, die Höhe der Hecke betrage 2 bis 2,50 m, die Hecke sei dicht bewachsen gewesen und ein Motorradfahrer habe durch die Hecke nicht auf das Grundstück sehen können. Auch die Zeugin O. (die Geschädigte) hat anlässlich ihrer Vernehmung angegeben, dass man durch die Hecke nicht "durchgucken" könne. Nach ihren Angaben hat die Geschädigte aber gerade hinter der Hecke mit zwei weiteren Mädchen gespielt und kurz vor dem Unfall war sie eine parallel zur Hecke verlaufende, aus zwei bis drei Stufen bestehende Treppe heruntergelaufen, bevor sie weiter auf die Fahrbahn des Schotterweges lief.

21

Ein Verstoß des Beklagten zu 1) gegen eine sonstige Straßenverkehrsregel ist nicht ersichtlich. Insbesondere durfte der Beklagte zu 1) mit einem Abstand von 0,5 bis 1m (entsprechend seiner Angaben) vom rechten Fahrbahnrand den Schotterweg befahren, keineswegs war er gehalten, etwa die Mitte der Fahrbahn zu benutzen (siehe dazu § 2 StVO). Ein Verstoß gegen die verkehrsrechtliche Grundregel (§ 1 Abs. 2 StVO) ist gleichfalls nicht ersichtlich, da sich für ihn keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern ergaben, die Klägerin den ihr insoweit obliegenden Nachweis zudem auch nicht geführt hat.

22

Demgegenüber hat die an dem Unfall beteiligte O. (Mitglied der Klägerin und Geschädigte) gegen die Bestimmung des § 25 Abs. 3 StVO verstoßen und die Zeugin O. ist nach § 828 Abs. 3 BGB n. F. für ihr schuldhaftes Verhalten verantwortlich.

23

Die Zeugin O. als Geschädigte hatte im Zeitpunkt des Unfallereignisses bereits das 10. Lebensjahr vollendet, so dass ein Ausschluss der Mitverantwortung nach § 828 Abs. 2 BGB n. F. nicht in Betracht kommt.

24

Auch ein Ausschluss der Mitverantwortung nach § 828 Abs. 3 BGB n. F. scheidet aus, da die Zeugin O. als Geschädigte zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besaß. Dies bedeutet, dass sie als Minderjährige die geistige Entwicklung hatte, die den Handelnden in den Stand versetzt, das Unrecht seiner Handlung gegenüber Mitmenschen und zugleich die Verpflichtung zu erkennen, in irgendeiner Weise für die Folgen seiner Handlung selbst einstehen zu müssen.

25

Die Klägerin, die die fehlende Einsichtsfähigkeit zu beweisen hat, hat den ihr obliegenden Beweis nicht erbringen können. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist vielmehr sogar davon auszugehen, dass das geschädigte Kind O. intellektuell in der Lage war, die Gefährlichkeit seines Tuns zu erkennen und die Zeugin hat ferner fahrlässig im i. S. d. § 276 BGB gehandelt. Aus dem Inhalt ihrer Aussage ergibt sich klarer Deutlichkeit, dass sie die Gefährlichkeit, die mit dem Überqueren von Straßen verbunden ist, durchaus realisiert hat und sie sich generell darüber bewußt war, dass sie vor dem Überqueren auf den Verkehr zu achten hat. Sie hat im Rahmen ihrer Aussage angegeben, ihr sei von ihren Eltern schon vor "ihrer ^Einschulung erklärt worden sei, dass sie sich beim Überqueren von Straßen vorsichtig zu verhalten habe und dass das Überqueren von Straßen gefährlich sein kann. Des Weiteren habe sie in der Schule im Rahmen des Verkehrsunterrichtes dies nochmals erfahren. Bereits bei deutlich jüngeren Kindern kann zudem davon ausgegangen werden, dass ihnen vom Straßenverkehr ausgehende Gefahren bekannt bzw. bewusst sind und sie deshalb um die Gefährlichkeit von Handlungen, etwa das Überqueren von Straßen, wissen und erkennen, das hohe Vorsicht geboten ist.

26

Die geschädigte O. hat auch schuldhaft an der Entstehung des Schadens mitgewirkt und schuldhaft i. S. v. § 254 Abs. 1 BGB gehandelt. Insoweit genügt ein vorwerfbarer Verstoß gegen Gebote des eigenen Interesses. Es gilt also der Rechtsgedanke, dass derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Kürzung des Schadensersatzanspruchs hinnehmen muss. Das geschädigte Kind O. hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt, in dem sie auf den Schotterweg gelaufen ist, ohne sich zuvor zu vergewissern, dass keine Gefahr in Form von vorbeifahrenden Fahrzeugen droht/besteht. Der Umstand, wonach Fußgänger die Fahrbahn nur unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs überschreiten dürfen, war auch der damals zehnjährigen Geschädigten - insbesondere im Hinblick auf die früherzieherische Verkehrserziehung - bekannt.

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Unter Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- bzw. Verschuldensanteile ist es gerechtfertigt, die Klägerin mit 85 % des entstandenen Schadens - soweit er überhaupt erstattungsfähig ist - zu belasten. Auf Seiten der Beklagten ist lediglich die von dem Kraftfahrzeug (Kleinkraftrad) ausgehende Betriebsgefahr zu berücksichtigen, die auf Grund der konkreten Umstände einerseits nicht hinter das Verschulden der Ge -schädigten zurücktritt, andererseits aber auch geringer zu bewerten ist, als die von einem Kraftfahrzeug ausgehende Betriebsgefahr, die regelmäßig ohne gefahrerhöhende Umstände mit 20 % angenommen wird. Das Gericht bewertet die Betriebsgefahr des Kleinkraftrades haftungsrechtlich mit 15 %. Zudem ist ferner zu berücksichtigen, dass der Geschädigten ein grob fahrlässiges Verhalten, welches regelmäßig ein Zurücktreten der Betriebsgefahr rechtfertigt - nicht angenommen werden kann. Es ist des Weiteren zu beachten, dass die geschädigte O. mit zwei weiteren Kindern bereits geraume Zeit vor dem späteren Unfallgeschehen ein Fangspiel ausübte, dabei der Spieltrieb im Vordergrund stand und das geschädigte Kind sich ferner in einem natürlichen kindlichen Lauf- und Fortbewegungsdrang befand. In der konkreten Situation abgelenkt durch das Spiel hat O. den Schotterweg als potentielle Gefahrenquelle nicht mehr realisiert und ist - wie sich ihrer Aussage zwanglos entnehmen lässt - spontan und ohne jede nähere Überlegung auf die Fahrbahn gelaufen, wo sie leider von dem Kleinkraftrad des Beklagten zu 1) erfasst wurde. Dies ändert aber grundsätzlich nichts an der Schuld und einem vorwerfbaren Verhalten der geschädigten O., wobei grundsätzlich zu beachten ist, dass die berücksichtigungsfähige Mitschuld von Minderjährigen altergerecht sowie geringer zu bewerten ist, als die Mitschuld von Erwachsenen in vergleichbaren Situationen. Dies gilt insbesondere bei Verkehrsunfällen wegen der erst wachsenden Integration der Minderjährigen (Scheffen/Pardey, Schadensersatz bei Unfällen mit Minderjährigen, Rn. 129). Gleichwohl ist das Überqueren einer Straße, ohne auf den Verkehr zu achten, als Sorgfaltspflichtverletzung zu bewerten, da ein solches Verhalten durch die Geschädigte generell hätte verhindert werden können.

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Der Gesamtschaden wird von der Klägerin mit 6.140,51 EUR beziffert, wobei die von ihr geltend gemachte Krankenpflegepauschale von vornherein bei der Berechnung des Schadens außer Betracht zu bleiben hat. Diese Schadensposition in Höhe von 117,25 EUR ist nicht ansatzweise dargelegt, worauf die Klägerin mit Verfügung vom 18.07.2003 ausdrücklich hingewiesen wurde. Des Weiteren wurde die Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass der Vortrag im Schriftsatz vom 09.07.2003 nicht verständlich sei und zudem notwendige Schätzungsgrundlagen für eine Schätzung nach § 287 ZPO fehlen könnten. Auf diesen Hinweis hat die Klägerin nicht weiter reagiert, so dass diese Schadensposition sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt ist.

29

Die weiteren Schadenspositionen sind letztlich unstreitig, die Klägerin hat nach dem Bestreiten der Beklagten die einzelnen Rechnungen über die geltend gemachten Schadenspositionen vorgelegt, ohne dass die Beklagten darauf im Einzelnen substantiiert reagiert hätten. Es kann deshalb von einem Gesamtschaden in Höhe von 6.023,26 EUR ausgegangen werden, wobei auch die von der Klägerin geltend gemachten Fahrtkosten (unter Abzug eines Eigenanteils in Höhe von 13,00 EUR) in Höhe von 949,50 EUR ausreichend dargelegt und belegt sind. Aus den insoweit vorgelegten Rechnungen ergibt sich, dass zur Versorgung des geschädigten Kindes O. ein Rettungswagen sowie ferner ein Notarzteinsatzfahrzeug eingesetzt wurden und die entsprechende Notwendigkeit hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2003 ausreichend (sowie unbestritten geblieben) erklärt.

30

Von dem Schadensbetrag in Höhe von 6.023,26 EUR kann die Klägerin unter Beachtung der Haftungsquote lediglich den Betrag von 903,49 EUR beanspruchen.

31

Der Zinsanspruch ergibt sich hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 602,34 EUR (bezogen auf die Schadenspositionen gemäß Anspruchsschreiben vom 18. Dezember 2002) aus §§ 286,288 Abs. 1 BGB. Die Beklagten befanden sich gemäß § 286 seit dem 10.01.2003 in Verzug, nachdem die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 09.01.2003 Ansprüche als unbegründet zurückgewiesen hatte. Hinsichtlich des weiteren Betrages in Höhe von 301,15 DM (dies betrifft anteilig die Kosten gemäß Rechnung vom 21.05.2003 über 2.007,66 EUR) ergibt sich der Zinsanspruch aus § 291 BGB. Die Klägerin hat in keiner Weise durch entsprechenden Vortrag dargelegt, warum die Beklagten sich bereits seit dem 22. Mai 2003 in Verzug befanden, entsprechender Vortrag lässt sich dem Schriftsatz vom 16.06.2003 nicht entnehmen.

32

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 Satz 1,709 Satz 2 ZPO.