Landgericht Osnabrück
Urt. v. 17.09.2003, Az.: 2 O 379/02

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
17.09.2003
Aktenzeichen
2 O 379/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 39644
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2003:0917.2O379.02.0A

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück auf die mündliche Verhandlung vom 03.09.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung von Schadensersatz, die Leistung eines Schmerzensgeldes sowie um die Ersatzverpflichtung des Beklagten für zukünftige materielle und immaterielle Schäden aus Anlass einer (angeblich) fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung.

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Der Kläger begab sich am 10.05.2001 wegen starker Zahnschmerzen in die zahnärztliche Behandlung des Beklagten. Eine makroskopische Inspektion ergab, dass an dem Zahn 46 (im Unterkiefer) ein größeres Teil abgebrochen war. Der Beklagte hat eine Röntgenübersichtsaufnahme angefertigt (OPG). Diese Röntgenaufnahme ergab im Bereich der mesialen Wurzel dieses Zahnes Entzündungszeichen. Nach Durchführung einer Leitungsanästhesie wurde schließlich an diesem Tag der Zahn 46 extrahiert. Einen Tag später wurde der Kläger von sich aus erneut bei dem Beklagten vorstellig und klagte über Wundschmerz. Der Beklagte hat in die von ihm geführte Karteikarte eingetragen "Wunde reizlos". Am Wochenende hatte der Kläger den Notdienst (Dr. med.dent. .....) aufgesucht, bevor er nochmals am 16.05. und 17.05.2001 sich bei dem Beklagten vorstellte. Einen weiteren vereinbarten Termin am 18.05.2001 nahm der Kläger nicht wahr und auch später ist er bei dem Beklagten nicht mehr vorstellig geworden, auch nicht zu dem vereinbarten Termin am 21.05.2001. In der Zeit vom 24.05. bis 01.06.2001 befand sich der Kläger im Klinikum Osnabrück in zahnärztlicher, stationärer Behandlung.

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Der Kläger behauptet, bei seinem Besuch in der Praxis des Beklagten habe dieser erklärt, es gebe keine andere Möglichkeit, als den Zahn zu extrahieren. Er habe nochmals ausdrücklich nachgefragt, ob das tatsächlich notwendig sei woraufhin der Beklagte die Notwendigkeit der Extraktion bejaht habe. Ohne eine Aufklärung über die Risiken und Folgen sowie mögliche Folgebeschwerden sei dann der Eingriff (die Extraktion des Zahnes 46) durchgeführt worden. Eine zwingende medizinische Indikation zur Zahnextraktion habe nicht bestanden. Bei dem Besuch am darauf folgenden Tag habe er gegenüber dem Beklagten über starke Wundschmerzen geklagt, der Beklagte habe jedoch die geäußerten Beschwerden nicht ernst genommen, auf die Normalität von Wundschmerzen hingewiesen und Schmerztabletten ausgehändigt/verordnet. Da sich eine Besserung nicht eingestellt habe, habe er schließlich am Wochenende den Notdienst aufgesucht. In der darauf folgenden Woche habe er sich erneut beim Beklagten dreimal wegen persistierender Schmerzsymptomatik vorgestellt, der Beklagte habe jedoch nichts unternommen und lediglich eine Tamponage gewechselt. Er habe sich dann zu dem Zahnarzt Dr. ....... in Behandlung begeben, der die Wunde komplett revidiert habe. Die Extraktion sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, insbesondere seien die Wurzeln und Wurzelspitzen nicht richtig bzw. nicht ordnungsgemäß entfernt und die Wunde nicht richtig gereinigt worden. Normale Wundverhältnisse hätten in den nachfolgenden Tagen nicht bestanden. Am 20.05.2001 habe bereits eine fulminante Kieferentzündung vorgelegen, die nach der Behandlung durch Dr. ..... verblieben sei. Das beruhe - so meint er - auf einer fehlerhaften Behandlung des Beklagten. In den städtischen Kliniken sei die Knochenentzündung mit hochdosiertren Antibiotika und Schmerzmitteln behandelt worden, der Heilungsverlauf sei schleppend gewesen und erst nach einigen Tagen seien die Schmerzen erträglich gewesen. Er habe fortan noch weitere zwei Monate unter dauerhaften Schmerzen gelitten. Eine völlige Ausheilung der Knochenentzündung sei erst Mitte 2003 zu erwarten.

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Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 549,24 EUR. nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontsatz - Überleitungsgesetz seit dem 06.12.2001 zu zahlen

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2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld (13.000 EUR) nebst 5 %Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.12.2001 zu zahlen

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3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm jeglichen noch eintretenden Schaden - materiell und immateriell - aus der ärztlichen Behandlung vom 10.05. bis 20.05.2001 zu ersetzen, soweit dieser nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonst auf Dritte übergegangen ist.

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Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte behauptet, wegen des Zahnes 46 sei der Kläger erstmals im Januar 1999 bei ihm erschienen. Schon damals sei der Zahn stark zerstört gewesen und ein Kollege hatte mit einer Wurzelbehandlung begonnen. Schon im Jahre 1999 habe er den Kläger angesichts des stark zerstörten Zahnes und des fraglichen Erfolges einer weiteren Wurzelbehandlung auf Alternativbehandlungen hingewiesen sowie auf die Möglichkeit der Unvermeidbarkeit einer Extraktion. Bei dem (unangemeldeten) Erscheinen des Klägers am 10.05.2001 habe der Kläger vor Fertigung der OPG deutlich gemacht, dass er keine andere Therapie wolle als die Entfernung des Zahnes. Dennoch habe er auf die Möglichkeit einer Wurzelspitzenresektion hingewiesen; er habe versuchen wollen, den (stark zerstörten) Zahn noch zu erhalten. Grund der Aufklärung sei der Zahnstatus gewesen (es fehlten unstreitig die Zähne 47 und 48) und die Notwendigkeit einer aufwendigen und teueren prothetischen Versorgung - auch im Gegenkiefer - bei Entfernung des Zahnes 46. Trotz einer ausreichenden Aufklärung und Belehrung habe der Kläger auf einer sofortigen Zahnentfernung bestanden und sei vernünftigem zahnärztlichen Zuspruch nicht zugänglich gewesen. Während die vom Kläger gewünschte Extraktion vorbereitet worden sei, sei ihm ein Bogen ausgehändigt - und mitgegeben -worden, aus dem sich ergibt, wie man sich nach einer Zahnentfernung verhält. Nach der (sodann) erfolgten Anästhesie habe er eine tiefe .Fraktur der dreiteiligen Wurzel vorgefunden, die Teilungsstelle der Wurzeln seien eröffnet gewesen. Jeder Versuch der Erhaltung der Wurzel sei problematisch gewesen; da eine Zahnkrone nicht mehr zu fassen gewesen sei, habe er den Zahn getrennt und die drei Wurzeln entfernt. Knochengewebe habe er nicht entfernen müssen, eine Naht oder über die normale Versorgung einer Extraktionswunde hinausgehende Maßnahmen seien nicht erforderlich gewesen. Nach der Trennung der Wurzeln sei die Entfernung des Zahnes problemlos erfolgt. Bei der Nachschau am nächsten Tag sei die gesamte Extraktionswunde reizlos gewesen, der Kläger habe nicht mehr als über normalen Wundschmerz geklagt. Noch am 17.05.2001 sei ein sog. "Anfrischen" der Wunde nicht erforderlich gewesen. Ein Behandlungsfehler sei ihm nicht unterlaufen, die Wundverhältnisse hätten sich offenbar nach der letzten Behandlung gravierend (schicksalhaft) verschlechtert. Ein erfolgtes Entzündungsgeschehen stelle eine schicksalhafte Komplikation dar. Der Beklagte meint schließlich hinsichtlich der Aufklärung, es sei zudem eine hypothetische Einwilligung anzunehmen, weil der Kläger in jedem Falle die Restruinen seines Zahnes gezogen haben wollte.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der vorgetragenen und gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

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Die Kammer hat die Parteien gemäß § 141 Abs. 3 ZPO angehört sowie ferner Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dr. ........ - ........ sowie ...... und ....... durch Einholung einer schriftlichen Aussage des Zahnarztes Dr. ...... und Einholung eines schriftlichen zahnärztlichen Sachverständigengutachtens.

11

Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 04.12.2002 (Bd. I Bl. 112 - 119), die schriftliche Aussage des Dr. med. dent. Wehmer vom 26.11.2002 (Bd. l Bl. 106 d.A.) nach Maßgabe seines klarstellenden Schriftsatzes vom 03.12.2002 (Bd. l Bl. 111 a d.A. - Ergänzung) sowie das schriftliche' Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. ....... vom 01.06.2003 (Bd. l Bl. 147 bis 190 d.A.).

Entscheidungsgründe

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Die (zulässige) Klage ist sachlich nicht gerechtfertigt.

13

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Leistung (materiellen) Schadensersatzes aus positiver Vertragsverletzung des geschlossenen Behandlungsvertrages bzw. aus § 823 Abs. 1 BGB in Höhe von 549,24 EUR, ebenso wenig einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (entsprechend der geäußerten Vorstellung in 13.000,00 EUR) gemäß § 823 Abs. 1, 847 BGB. Zudem ist auch der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag auf Ersatz zukünftiger materieller und immaterieller Schäden unbegründet.

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Eine Haftung des Beklagten auf Leistung materiellen Schadensersatzes sowie dessen Verpflichtung zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes kann schon deshalb nicht angenommen werden, da ein die Haftung des Beklagten begründendes ärztliches Fehlverhalten nicht festgestellt werden kann. Dem Kläger ist nämlich der ihm obliegende Nachweis eines dem Beklagten anzulastenden vorwerfbaren Behandlungsfehlers nicht gelungen. Die Beweisaufnahme durch die Kammer hat gerade nicht zu der (sicheren) Feststellung geführt, dass die bei dem Kläger unzweifelhaft festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Form einer (fulminanten) Kieferentzündung/Knochenentzündung im Anschluss an die Extraktion des Zahnes 46 in einem ärztlichen Fehlverhalten des Beklagten seine Ursache hatte.

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Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. .... hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 01.06.2003 ausgeführt, ein dem Beklagten vorwerfbarer Behandlungsfehler könne insgesamt nicht festgestellt werden, die Entfernung des frakturierten Zahnes 46 sei ordnungsgemäß erfolgt. Diese grundsätzliche Feststellung hat der Sachverständige unter Auswertung der ihm zur Verfügung gestellten Krankenunterlagen sowie einer eingehenden klinischen und auch röntgenologischen Untersuchung des Klägers getroffen und im einzelnen eingehend begründet.

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Hinsichtlich der Extraktion des Zahnes 46 hat der Sachverständige (berechtigterweise) orientiert an den Aufzeichnungen in der Krankenkartei des Beklagten zu Grunde gelegt, dass eine Fraktur auf der lingualen Seite apikal der Bifurkation vorgelegen habe. Er hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, bei einer horizontalen Fraktur, die sich apikal der Bifurkation befinde, sei davon auszugehen, dass der Zahn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unterhalb des knöchernden Alveolarfortsatzes frakturiert gewesen sei. Derartige Zähne sind nach Einschätzung des Sachverständigen in der Regel nicht erhaltungswürdig und müssen entfernt werden. Des Weiteren hat der Sachverständige in diesem Zusammenhang dargestellt, unabhängig von der Lokalisation eines Zahnes in der Zahnreihe liege bei einem tief zerstörten, nicht erhaltungswürdigen Zahn die medizinische Indikation zur Entfernung desselben vor. Damit kann an der medizinischen Indikation der vom Beklagten vorgenommenen Extraktion des Zahnes 46 keinerlei ernsthafter Zweifel mehr bestehen. Der Sachverständige hat des Weiteren im Zusammenhang mit der Zahnextraktion in seinem schriftlichen Gutachten deutlich festgestellt, dass die vom Kläger favorisierte Behandlung einer Wurzelspitzenresektion bei apikalen entzündlichen Veränderungen (für die es nach Auffassung des Sachverständigen keine Hinweise gibt) ein geeignetes Behandlungsverfahren darstelle und nur dann indiziert sei, wenn der Zahn nicht aus anderen Gründen nicht erhaltungswürdig sei. Allerdings stelle die Wurzelspitzenresektion keine alternative Behandlungsmethode zur prothetischen Versorgung tief frakturierter Zähne im Kronen- bzw. Bifurkationsbereich dar.

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Nach diesen sachverständigen Ausführungen ist ein vom Beklagten begangener Behandlungsfehler nicht feststellbar, vielmehr kann auf der Grundlage der erfolgten Dokumentation und zutreffender Einschätzung der konkreten Verhältnisse durch den Beklagten davon ausgegangen werden, dass der extrahierte Zahn 46 nicht erhaltungswürdig war und die vom Beklagten durchgeführte Entfernung dieses Zahnes aus medizinischer Sicht und insbesondere auch nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht zu beanstanden war. Dass der Beklagte etwa die tatsächlichen medizinischen Vorgänger fehlerhaft dokumentiert hat, wird vom Kläger selbst nicht behauptet und im Übrigen hat sich der Kläger nach entsprechender Erklärung (wie noch auszuführen sein wird) mit der Extraktion des Zahnes ausdrücklich einverstanden erklärt. Wenn er eine Extraktion des Zahnes nicht gewünscht hätte bzw. zuvor weiteren ärztlichen Rat hätte einholen wollen, so wäre ihm dies ohne weiteres möglich gewesen.

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Der Sachverständige hat ferner die Einzelheiten der durchgeführten Zahnextraktion nachvollzogen und sachverständig ausgeführt, im Hinblick auf die Fraktur im Bereich der Wurzelbifurkation habe die Wurzel zunächst getrennt und anschließend separat entfernt werden müssen. Dies sei nicht etwa eine "fehlerhafte Behandlungsmethode", sondern bei Zähnen, die sich wegen einer tiefen bzw. auf Knochenniveau gelegenen Kronenfraktur mit der Extraktionszange nicht entfernen lassen, in den meisten Fällen unumgänglich und medizinisch notwendig. Weiter hat Prof. Dr. Dr. ..... seinem schriftlichen Gutachten darauf verwiesen, es könne nicht beurteilt werden, ob Wurzeln bzw. Wurzelspitzen nicht richtig bzw. nicht ordnungsgemäß entfernt worden seien, in diesem Zusammenhang hat er aber auch darauf hingewiesen, dass sich aus den Unterlagen der nachfolgenden Behandler (Dres ...... und ....) keine Hinweise auf eine spätere Wurzelentfernung finden würden. Dies jedenfalls ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Wurzeln bzw. Wurzelspitzen vom Beklagten nicht bei der Extraktion (versehentlich) zurückgelassen wurden und insoweit dem Beklagten ebenfalls ein Behandlungsfehler nicht anzulasten ist. Jedenfalls hat der (beweisbelastete) Kläger insoweit die von ihm aufgestellte Behauptung nicht nachweisen können.

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Auch die postoperative Nachsorge hat der Sachverständige ärztlich nicht beanstandet. Entsprechend der Eintragung in der Patientenkartei wurden am 11.05.2001 reizlose Wundverhältnisse vorgefunden, erst am Wochenende (12.05. und 13.05.2001) kam es zu zunehmenden Beschwerden in regio 046. Wegen einer aufgetretenen Entzündung wurden dann die notwendigen Behandlungsschritte eingeleitet und auch in der Praxis des Beklagten am 15.05., 16.05. und 17.05.2001 fortgesetzt. Dabei hat der Sachverständige klargestellt, dass insgesamt nicht von einer "fehlerhaften Nachsorge" gesprochen werden könne, andererseits hat er sachverständig jedoch keinerlei Anzeichen erkennen können, wonach "die aufgetretenen Beschwerden von dem Beklagten beachtet und offenbar nicht ernst genommen" worden seien. Aus den ihm vorliegenden Unterlagen - so der Sachverständige - gehe nicht hervor, dass Wurzelreste und Knochensequester in der Alveole belassen bzw. später entfernt worden seien. Und auch auf den im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung angefertigten Röntgenaufnahmen hat der Sachverständige verbliebene Wurzelreste nicht erkennen können. Daraus hat der Sachverständige - für die Kammer folgerichtig und nachvollziehbar - den Schluss gezogen, dem Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, insbesondere keine Maßnahmen getroffen zu haben (Beseitigung von Wurzelresten pp.), um den massiven Entzündungen wirksam zu begegnen, weshalb es zur Entzündung des Kieferknochens und zu der Notwendigkeit einer stationären Behandlung gekommen sei.

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Weiterhin hat der Sachverständige zu den vom Kläger aufgestellten Behauptungen in seinem schriftlichen Gutachten - auch zum Heilungsverlauf im Hinblick auf die Knochenentzündung - ausgeführt, im Gegensatz zu der Behauptung des Klägers "eine völlige Ausheilung der Knochenentzündung sei erst Mitte des kommenden Jahres (also Mitte 2003) zu erwarten", habe der Kläger im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung angegeben, seit Ende des Jahres 2001 beschwerdefrei zu sein. Er hat weiter ausgeführt, unter Berücksichtigung von Risikofaktoren, die die Häufigkeit einer Infektion nach Zahnentfernungen erhöhen können, könne eine Wundinfektion auch nach fachgerechter Zahnentfernung und Beachtung aller Vorsichtsmaßnahmen nicht immer ausgeschlossen werden. Deshalb könne auch in dem zu beurteilenden Fall nicht zwangsläufig von einer Fehlbehandlung gesprochen werden/Ob es fehlerhaft war, den Zahn 46 zu entfernen oder dieser durch entsprechende Maßnahmen hätte erhalten werden können, entziehe sich seinen gutachterlichen Erkenntnismöglichkeiten; bei Vorliegen einer tiefen Kronen- und Wurzelfraktur sei es jedoch sehr wahrscheinlich, dass der Zahn nicht erhaltungswürdig gewesen sei. Auf Grund dieser gutachterlichen Ausführungen ist dem Kläger der ihm obliegende Nachweis eines fehlerhaften ärztlichen Vorgehens nicht gelungen, er hat auch keinerlei Umstände dafür vorgetragen, dass unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten im Zeitpunkt der zahnärztlichen Behandlung eine Erhaltungswürdigkeit vorgelegen habe. Die Kammer hat jedoch auf Grund der erfolgten Dokumentation und der Angaben der Parteien anlässlich der mündlichen Verhandlung keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger (möglicherweise hervorgerufen durch die erlittenen Schmerzen) eine Extraktion des Zahnes wünschte und nach Fertigung einer Röntgenübersichtsaufnahnne (OPG) mit Feststellung von Entzündungszeichen im Bereich der mesialen Wurzel dieses Zahnes 046 sowie intraoperativ eine Erhaltungswürdigkeit des Zahnes nicht mehr angenommen werden konnte.

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Auch das weitere Vorgehen des Beklagten nach der eigentlichen Extraktion des Zahnes 046 wurde vom Sachverständigen Prof. Dr. Dr. ...... in seinem Gutachten vom 01.06.2003 in keiner Weise beanstandet.

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Ferner hat der Sachverständige schließlich darauf hingewiesen, dass nach den Einträgen in den Patientenunterlagen des Beklagten sowie der Praxis Dr. MBMBBF (betreffend den 12.05. und 13.05.2001) auf eine gravierende Veränderung der Wundverhältnisse in regio 046 im Sinne einer postoperativen Wundinfektion geschlossen werden könne. Dieser Verlauf stehe auch im Einklang mit den Angaben in der Literatur, wobei eine Alveolitis nach einem beschwerdefreien Intervall von 2 bis 3 Tagen auftritt. Ob es sich dabei um eine schicksalhaften Verlauf handelte oder zusätzliche Risikofaktoren (Operationsdauer, Ausmaß der Gewebetraumatisierung) vorhanden waren, vermochte der Sachverständige nicht zu beurteilen. Er hat aber darauf hingewiesen, dass Infektionen der knöchernden Alveolen zu den häufigsten Komplikationen nach Zahnentfernungen gehören und solche in der Literatur mit 2 % bis 4,8 % angegeben werden. Insbesondere gebe es Risikofaktoren, die die Häufigkeit einer Infektion nach Zahnentfernungen erhöhen, woraus sich ergebe, dass postoperative Entzündungen in vielen Fällen nicht immer als schicksalhaft anzusehen sind. Dennoch könne eine Wundinfektion auch nach fachgerechter Zahnentfernung und Beachtung aller Vorsichtsmaßnahmen nicht ausgeschlossen werden. Unter Zugrundelegung dieser sachverständigen Darstellungen ist die Annahme eines ärztlichen Behandlungsfehlers insgesamt nicht gerechtfertigt.

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Die Kammer hat keine Bedenken, die nachvollziehbaren, widerspruchsfreien sowie überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. ... als Grundlage für die getroffene Entscheidung zu verwerten. Der Sachverständige hat unter Auswertung sämtlicher ihm überlassener Krankenunterlagen sowie einer klinischen und röntgenologischen Untersuchung im Rahmen des Gutachtenauftrages das von ihm gefundene Ergebnis plausibel und verständlich begründet. Der Sachverständige ist der Kammer aus einem anderen Prozessverfahren als mit hoher Fachkompetenz ausgestatteter und sorgsamer Gutachter bekannt. Es bestehen deshalb keinerlei Bedenken, seinen eingängigen und überzeugenden Ausführungen zu folgen. Der Kläger selbst hat auch gegen die Feststellungen des Sachverständigen Einwendungen nicht erhoben.

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Danach steht aber gerade nicht fest, dass dem Beklagten während der erfolgten zahnmedizinischen Behandlung in der Zeit vom 10. bis 20.05.2001 ein ärztlicher Fehler unterlaufen ist.

25

Mangels eines nachgewiesenen Behandlungsfehlers kann der Kläger deshalb den geltend gemachten materiellen Schadensersatz ebenso wenig beanspruchen, wie das begehrte Schmerzensgeld.

26

Des Weiteren ist dem Beklagten die Verletzung einer Aufklärungspflicht ernsthaft nicht vorzuwerfen. Nach dem Ergebnis der Anhörung des Klägers kann sogar davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die notwendige Grundaufklärung hinsichtlich des ärztlichen Eingriffs zuteil wurde. Soweit er auf seiner Auffassung beharrte, er sei nicht aufgeklärt worden, kann dies teilweise auf Erinnerungslücken zurückgeführt werden. Anlässlich seiner Befragung hat der Kläger erklärt, nach Durchführung weiterer Untersuchungen und einer erfolgten Erklärung des Beklagten mit dem Hinweis, der Zahn müsse extrahiert werden, habe er sein Einverständnis erklärt. Daraus ergibt sich für die Kammer eindeutig und unmissverständlich, dass das notwendige Aufklärungsgespräch zwischen den Parteien stattgefunden hat, wie es im Übrigen auch in der Patientenkartei des Beklagen dokumentiert wurde. Der Kläger selbst hat auch eingeräumt, dass ihm Röntgenaufnahmen gezeigt und erläutert wurden, er meinte aber, dies sei nicht so detailliert geschehen. Allerdings hat der Kläger in diesem Zusammenhang dann auch eingeräumt, er könne sich an die Einzelheiten des Vorgangs am 10.05.2001 nicht mehr genau erinnern. Die Kammer geht deshalb entsprechend der Dokumentation des Beklagten davon aus, dass das notwendige Aufklärungsgespräch vor der Extraktion des Zahnes unter Erläuterung der Röntgenbilder stattgefunden hat: Einen anderen Sinn konnte die auch vom Kläger eingeräumte Besprechung nicht haben. Dass seitens des Beklagten eine fehlerhafte Dokumentation vorgenommen wurde, behauptet der Kläger selbst nicht.

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Die mangelnde Erinnerungsfähigkeit des Klägers zeigt sich auch an dem Umstand, dass er noch in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, einen Aufklärungsbogen nicht erhalten zu haben, obwohl die Zeugin ... unter näherer Erläuterung des Bogens im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung glaubhaft bekundet hat, dem Kläger den Aufklärungsbogen hinsichtlich des (erforderlichen) Verhaltens nach der Zahnextraktion übergeben zu haben. Aus der Aussage der Zeugin .... ergibt sich überdies, dass nach der Entwicklung eines gefertigten Röntgenbildes der Beklagte im Allgemeinen mit den Patienten die sichtbaren Ergebnisse bespricht, was ebenfalls darauf hindeutet, dass eine Aufklärung der Patienten durch den Beklagten als behandelnden Zahnarzt in der Regel stattfindet. Das Gericht hat keine Bedenken, den glaubhaften Bekundungen der Zeugin .... insoweit zu folgen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Zeugin ...... (als Angestellte des Beklagten am Ausgang des Rechtsstreits nicht uninteressiert sein könnte. Für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sowie ihre Glaubwürdigkeit sprechen jedoch, dass sie sich auf die Wiedergabe ihr erinnerlicher Fakten beschränkte, sie ferner auch durchaus zu erkennen gab, wenn sie einzelne Fragen nicht beantworten konnte. Die Zeugin ..... hat auch ohne Umschweife eingeräumt, dass sie an einem evtl. Aufklärungsgespräch zwischen den Parteien selbst nicht teilgenommen habe. Sie selbst hat ferner ausgesagt, sie habe auch keine Kenntnisse darüber, ob der Beklagte eine Extraktion des Zahnes gewünscht habe. Dies zeigt eindrucksvoll, dass es der Zeugin letztlich darum ging, die ihr bekannten Aufläufe dem Gericht wahrheitsgemäß zu schildern.

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Unabhängig davon, dass der "Aufklärungsbogen" (Verhaltenshinweise an den Patienten nach einer Zahnentfernung - Anlage B 10, Bd. l Bl. 93 d. A.) Hinweise auf Schmerzen, Schwellungen und Schmutzinfektionen enthält, war ein Hinweis auf eine Wundinfektion durch den Beklagten aus rechtlicher Sicht nicht notwendig. Der Arzt darf bei jedem Patienten die allgemeinen Operationsrisiken wie Wundinfektion, Embolien pp. voraussetzen; wegen ihrer Alltäglichkeit sind insoweit nähere Ausführungen über derartige Risiken nach einer Zahnextraktion entbehrlich. Insoweit darf sich die Notwendigkeit einer Aufklärung auch an dem Bildungsstand und den üblicherweise vorhandenen Kenntnissen des Patienten ausrichten. Aus medizinischer Sicht ist die Notwendigkeit einer Aufklärung nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. ...... sogar unterschiedlich beurteilt worden, es gibt medizinische Vertreter, die eine Aufklärung über mögliche allgemeine und eingriffsspezifische Risiken fordern, nach einer anderen Literaturmeinung sind dagegen Risiken, die nach allgemeiner Erfahrung mit jedem Eingriff verbunden sind, wie z.B. die Wundinfektion, nicht als aufklärungsbedürftig angesehen worden.

29

Mangels eines feststellbaren Aufklärungsdefizites ergeben sich keine Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldansprüche des Klägers.

30

Des Weiteren erschließt sich aus den erfolgten Darlegungen ohne Weiteres, dass auch der Feststellungsantrag keinen Erfolg haben kann.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, während sich die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und 2 ZPO herleitet.