Landgericht Osnabrück
Urt. v. 23.11.2003, Az.: 2 O 3104/02

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
23.11.2003
Aktenzeichen
2 O 3104/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 39651
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2003:1123.2O3104.02.0A

Tenor:

  1. 1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung von Schmerzensgeld sowie um die Feststellung von materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüchen.

2

Der Kläger erkrankte nach einem Alkoholabusus am 31.12.1998 an plötzlich auftretenden krampfartigen Bauchschmerzen im Epigastrium mit Erbrechen, Übelkeit, zunehmender Inappetenz und Schwitzen. Darüber hinaus setzte er flüssigen, hellgelben Stuhl ab und erbrach mehrfach. Der am 02.01.1999 herbeigerufene Hausarzt wies den Kläger zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus ein. Noch am selben Tag begab sich der Kläger in ein Krankenhaus im nörlichen Landkreis Osnabrück, welches in Trägerschaft des Beklagten zu 1. steht. Dort untersuchte ihn u.a. der dort tätige Beklagte zu 2.. Nachdem bei dem Kläger verschiedene Labordaten erhoben worden waren, entschied der Beklagte zu 2., bei dem Kläger wegen eines "unklaren akuten Abdomens" eine Probelaparotomie durchzuführen. Vor dem Eingriff unterschrieb der Kläger einen Patientenaufklärungsbogen, in dem es unter anderem wie folgt heißt:

3

"(...) Erkrankung (- en) akutes Abdomen, unklare Bauschmerzen

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(...)

5

vorgeschlagene Behandlung

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Laparoskopie; Laparotomie

7

allgemeine Komplikationen

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(...)

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Infektionen = Entzündungen (Wunde, Lunge, Harnwegsinfekt etc.)

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Thrombosen = Bildung von Blutgerinnseln vor allem in den Venen

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(...)

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Embolien = Gefäßverschlüsse durch abgeschwemmte Blutgerinnsel

13

(...)

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Ich habe die Aufklärung verstanden. Alle mich interessierenden Punkte und Fragen wurden erläutert. Ich habe keine weiteren Fragen.

15

(...)

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Quakenbrück, den 02.01.1999 16.00 Uhr

17

Unterschrift Arzt Patient."

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Zwischen 17.10 Uhr und 18.30 Uhr führte der Beklagte zu 2. am 02.01.1999 bei dem Kläger eine Probelaparotomie in Intubationsnarkose durch. Als intraoperativer Befund ergab sich eine ödematöse akute Pankreatitis. Der Beklagte zu 2. stellte keine Nekrose fest und legte eine Drainageeinlage. Postoperativ wurde der Kläger auf der Intensivpflegeabteilung des Krankenhauses des Beklagten zu 1. weiter versorgt. Ausweislich der Behandlungsunterlagen konnte der Kläger sich um 19.30 Uhr noch äußern, um 20.30 Uhr war der Kläger jedoch nicht mehr ansprechbar und reagierte nicht auf Aufforderungen. Die nachfolgenden bei dem Kläger durchgeführten Untersuchungen im Krankenhaus des Beklagten zu 1. ergaben, dass der Kläger im Anschluss an die Operation vom 02.01.1999 einen Mediainfarkt erlitten hatte. Aufgrund des Mediainfarktes ist der Kläger rechts halbseitig gelähmt, leidet unter Aphasie und ist zu 100 % schwerbeschädigt. Da er nicht mehr in der Lage ist, seine persönlichen Dinge selbstbestimmt zu regeln, ist durch Beschluss des Amtsgerichts - Vormundschaftsgerichts - Bersenbrück eine Betreuung für den Kläger angeordnet.

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Der Kläger wirft den Beklagten Behandlungs- und Aufklärungsfehler vor. Dazu behauptet der Kläger, die bei ihm am 02.01.1999 vom Beklagten zu 2. durchgeführte Operation sei weder relativ noch absolut indiziert gewesen, da die von dem Beklagten zu 2. gestellte Verdachtsdiagnose "Peritonitis" nicht vorgelegen habe. Vielmehr hätten die bei ihm erhobenen erhöhten Werte der Amylase und der Lipase den Verdacht auf eine akute Pankreatitis als Ursache seiner klinischen Symptomatik und der physikalischen Untersuchungsbefunde nahegelegt. Entweder habe der Beklagte zu 2. trotz dieser Werte operiert oder - da der entsprechende Laborwerteausdruck die Uhrzeit 18.47 Uhr trage - der Eingang der erhöhten Werte sei vor der Operation nicht abgewartet worden. Des Weiteren sei es fehlerhaft gewesen, vor der Operation keine Sonographie oder eine Computertomographie seines Abdomens zur eindeutigen Indikationsstellung durchzuführen. Bei Ausschöpfen der vorgenannten präoperativen differentialdiagnostischen Untersuchungsmöglichkeiten hätte der Beklagte zu 2. weitere gegen eine Probelaparotomie sprechende Befunde erhalten und die Operation vom 02.01.1999 nicht durchgeführt. Die von dem Beklagten zu 2. bei ihm sodann durchgeführte Probelaparotomie habe den von ihm erlittenen Mediainfarkt verursacht. Des Weiteren sei er von dem Beklagten zu 2. oder anderen Ärzten des Beklagten zu 1. nicht über die mit dem operativen Eingriff vom 02.01.1999 verbundenen Risiken hinreichend aufgeklärt worden. Bei regelrechter Aufklärung über die fehlende medizinische Notwendigkeit der Operation und die damit verbundenen gesund-heitlichen Risiken hätte er die Operation nicht durchführen lassen. Aufgrund der durch die Behandlungs- und Aufklärungsfehler der Beklagten erlittenen Beschwerden und der damit einhergehenden entgangenen Lebensfreude halte er ein Schmerzensgeld in Höhe von 150.000 EUR für angemessen und erforderlich. Der Feststellungsantrag rechtfertige sich bereits daraus, dass er durch den Mediainfarkt arbeitsunfähig geworden sei und lediglich eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe, die unter seinem zuvor verdienten monatlichen durchschnittlichen Nettoeinkommen liege. Hinzukomme eine durch die Behinderung bedingte Vermehrung der eigenen Bedürfnisse.

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Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 15.07.2001 zu zahlen;

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2. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihm allen materiellen und immateriellen Schaden aus der Behandlung vom 02.01.1999 zu ersetzen, soweit Ersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

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Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

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Die Beklagten behaupten, den bei dem Kläger vor der Operation am 02.01.1999 vorliegenden Abdominalschmerzen hätten verschiedene Krankheiten zugrunde liegen können, zum Beispiel eine Peritonitis, eine akute Durchblutungsstörung von Darmteilen, ein Durchbruch eines Darmanteiles oder eine akute nekrotisierende Pankreatitis. Alle diese Diagnosen hätten einen sofortigen operativen Eingriff ohne Zeitverzögerung erforderlich gemacht. Hätten sich bei einer derartigen akuten Situation im weiteren Verlauf entsprechende Diagnosen ergeben und wären diese zu spät behandelt worden, wäre eine unterlassene Laparotomie unentschuldbar gewesen. Die vor der Operation bekannten Laborwerte des Klägers und seine heftigen Beschwerden hätten mit Hinweisen auf eine akute Reaktion der Bauchspeicheldrüse nicht ausreichend erklärt werden können. Des Weiteren seien die spezifischen Werte der Bauspeicheldrüse vor der Operation bereits erhöht gewesen, insbesondere habe eine deutliche Leukozytose auf ein akutes Geschehen hingewiesen. Daher habe der dringende Verdacht einer weiteren Diagnose oder eines fortgeschrittenen Befundes der Pankreatitis die Indikation zur Operation vom 02.01.1999 begründet. Von einem Zusammenhang zwischen dem Eingriff vom 02.01.1999 und dem vom Kläger erlittenen Mediainfarkt könne nicht ausgegangen werden, da es sich bei einem Mediainfarkt um ein von einer Baucherkrankung völlig unabhängiges Geschehen handele. Vielmehr sei der Hirninfarkt des Klägers eindeutig erst postoperativ entstanden. Letztlich sei der Kläger vor der Operation ordnungsgemäß aufgeklärt worden, was sich auch aus dem von ihm - dem Kläger - unterzeichneten Aufklärungsprotokoll ergebe. In diesem Aufklärungsgespräch seien mit dem Kläger die Risiken, die üblicherweise mit dem hier in Rede stehenden Eingriff im Zusammenhang stünden, erörtert worden. Es sei zwar richtig, dass über das Risiko eines Mediainfarktes nicht aufgeklärt worden sei; dazu vertreten die Beklagten jedoch die Auffassung, dass dieses nicht zu beanstanden sei, da ein Hinweis auf das Risiko eines Mediainfarktes nicht zum üblichen Inhalt eines Aufklärungsgespräches bei einer Probelaparotomie gehöre.

Entscheidungsgründe

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I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

25

Auf den Rechtsstreit findet gem. Artikel 229, §§ 5, 8 EGBGB das bis zum 31.12.2001 geltende Recht Anwendung.

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II.

Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie auf die Feststellung von materiellen und immateriellen Schadensersatz-ansprüchen. Diese Ansprüche ergeben sich weder aus §§ 31, 823, 831, 847 BGB, noch - soweit es die Geltendmachung von materiellen Schadenseratzansprüchen anbelangt - aus einer positiven Vertragsverletzung des zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. geschlossenen Behandlungsvertrages, ggfls. in Verbindung mit § 278 BGB.

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Der Kläger hat nicht beweisen können, dass dem Beklagten zu 2. oder anderen Ärzten des Beklagten zu 1. bei seiner Behandlung ab dem 02.01.1999 ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Dies ergibt sich aus dem fachviszeralen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W.. Der Sachverständige hat dargelegt, aus den vorliegenden Behandlungsunterlagen ergebe sich, dass der Arzt, der am 02.01.1999 bei dem Kläger den Hausbesuch durchgeführt habe, den Verdacht auf eine akute Appendizitis geäußert habe. In der Verordnung einer Krankenhausbehandlung habe der Hausarzt unter "Diagnose" aufgeführt: "unklares akutes Abdomen. Akuter Druckschmerz Ober- und Mittelbauch, Abwehrspannung, Meteorismus, Peristaltik, Chirurgie". Der Kläger sei sodann am 02.01.1999 um 14.50 Uhr zur stationären Aufnahme erschienen. Die dort vorgenommene Anamnese habe ergeben, dass der Kläger seit dem 01.01.1999, 11.00 Uhr unter Bauchschmerzen im Epigastrium leide, die plötzlich zusammen mit Erbrechen, Übelkeit, Schwitzen und Appetitlosigkeit aufgetreten seien. Der letzte Stuhlgang sei leicht flüssig, er habe mehrere Male erbrochen. Als Lokalbefund sei dann dokumentiert worden: ................... Nach dem Vorliegen der Laborwerte des Klägers sei dann die Indikation zur explorativen Laparotomie gestellt worden. Die daraufhin bei dem Kläger durchgeführte Operation sei indiziert gewesen. Denn am 02.01.1999 zwischen 11.00 Uhr und 15.00 Uhr habe bei dem Kläger ein akutes Abdomen bestanden. Während aus der Sicht ex post sicherlich eine akute Pankreatitis für dieses akute Abdomen ursächlich gewesen sei, sei aus der Sicht ex ante die Differentialdiagnose sehr viel schwieriger zu stellen gewesen. Der einweisende Hausarzt sei beispielsweise am ehesten von einer akuten Appendizitis ausgegangen. Hierfür wären in der Tat auch die epigastrischen Beschwerden sowie der doch deutliche Lokalbefund (Rückgang der Peristaltik im rechten Unterbauch, Druck- und Loslassschmerz) wegweisend gewesen. Jedenfalls habe bereits der erstbehandelnde Hausarzt die Notwendigkeit einer chirurgischen Abklärung gesehen, was sich auch aus seiner ärztlichen Einweisung ergebe. Für eine akute Appendizitits habe auch der diffuse Loslassschmerz bei dem Kläger sowie dessen Leukozytose gesprochen. Die klinische Symptomatik bei dem Kläger sei für eine akute Pankreatitis untypisch gewesen, bei welcher eher gürtelförmige Schmerzen beispielsweise ausstrahlend in die linke Schulter zu erwarten seien. Weiterhin sei nach Aufnahme und Untersuchung des Klägers eine Reihe von Laborparametern bestimmt worden. ...... (wird ausgeführt). In der Zusammenschau aller klinischen und laborchemischen Befunde sei die bei dem Kläger bestehende Symptomatik allein für eine akute Pankreatitis untypisch gewesen. Denkbar wäre auch das Vorliegen einer Peritonitis gewesen, beispielsweise bei gedeckter Perforation eines Hohlorgans wie der Appendix, des Colons oder des Magens. Bei höhergradiger intraabdomineller Infektion wäre auch eine Begleitpankreatitis als Ursache für die erhöhte Lipase möglich gewesen. Zusammenfassend sei daher aus der Sicht ex ante bei einem Verdacht auf eine akute Appendizitis mit Peritonitis oder Peritonitis aus anderer Ursache die Indikation zu einer Laparotomie gegeben gewesen. Nur bei einer völlig klaren Diagnose einer akuten Pankreatitis, die sich durch gürtelförmige Oberbauchschmerzen und fehlende Peritonitiszeichen offenbart hätte, wäre zunächst eine weitergehende bildgebende Diagnostik und unter Umständen ein Verzicht auf eine operative Exploration des Abdomens angezeigt gewesen.

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Eine weitere bildgebende Diagnostik bei dem Kläger vor der Operation vom 02.01.1999 hätte lediglich dazu geführt, dass bei dem oben beschriebenen unklaren Bild eine notwendige Operation hinausgezögert worden wäre. Denn selbst wenn eine Computertomographie gemacht worden wäre und diese möglicherweise auf eine Pankreatitis hingewiesen hätte, wäre es bei der vorliegenden klinischen Situation trotzdem erforderlich gewesen, den Kläger zu operieren.

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Der Sachverständige legt weiter dar, dass es bei dem Kläger postoperativ zu einem Mediainfarkt am ehesten thromboembolischer Genese gekommen sei. Retrospektiv lasse sich aus viszeralchirurgischer Sicht die Ursache der Thrombose nicht sicher klären. Am wahrscheinlichsten erscheine jedoch, dass in Folge der bei dem Kläger bestehenden Exsikose eine Blutverdickung aufgetreten sei, welche zu einer Thrombosebildung im linken Herzventrikel geführt habe. Von diesem Thrombus könne sich dann ein Teil - sogenannter Embolus - gelöst haben, welcher in die linke Arteria cerebri media gewandert und selbige dort verstopft habe mit den fatalen Folgen für die Durchblutung der entsprechenden abhängigen Hirnpartien. Sollte tatsächlich eine solche Pathophysiologie vorgelegen haben, so wäre eine entsprechende Embolie auch denkbar gewesen ohne Einfluss eines operativen Traumas. Konstatiert werden müsse jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer solchen Embolie unter Umständen bedingt durch die intraoperative Narkose (intrathorakale Druckschwankungen bei Beatmung) erhöht gewesen sei. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Probelaparotomie und dem Mediainfarkt bestehe demnach nicht. Es handele sich allenfalls um die Triggerung eines Embolus bei bestehender (putativer) Thrombose im linken Ventrikel, mit anderen Worten, die Probelaparotomie habe im Hinblick auf den Mediainfarkt lediglich eine Gelegenheitsursache dargestellt.

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Letztlich weist der Sachverständige noch daraufhin, selbst wenn die putative Embolie mittelbar durch die Operation vom 02.01.1999 bedingt gewesen sei, so handele es sich dabei um eine extrem seltene Komplikation des bauchchirurgischen Eingriffes, über welche aus ärztlicher Sicht in Anbetracht der sehr niedrigen Frequenz ihres Auftretens nicht habe aufgeklärt werden müssen.

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Aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W. ergibt sich eindeutig, dass dem Beklagten zu 2. oder anderen Ärzten des Beklagten zu 1. hinsichtlich der Operation vom 02.01.1999 kein Behandlungsfehler vorzuwerfen ist. Die Operation war absolut indiziert, da bei dem Kläger ein akutes Abdomen bestanden hat und die Verdachtsdiagnose "Peritonitis" gegeben war. Ebenfalls war es ausweislich des Sachverständigengutachtens nicht fehlerhaft, vor der Operation vom 02.01.1999 keine weiteren bildgebenden Verfahren, unter anderem eine Computertomographie, durchzuführen, da durch die Ergebnisse eines solchen bildgebenden Verfahrens die Operation nicht vermieden worden wäre. Der Gutachter hat ebenfalls keine Fehler bei der Durchführung der Operation vom 02.01.1999 festgestellt.

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Ob der vom Kläger erlittene Mediainfarkt überhaupt auf die Operation vom 02.01.1999 zurückzuführen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da, wie oben ausgeführt, die Operation absolut indiziert war und fehlerfrei durchgeführt worden ist.

33

Die Kammer folgt dem in sich schlüssigen, widerspruchsfreien und mithin überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W.. Der Sachverständige hat den Sachvortrag der Parteien vollständig zur Kenntnis genommen, die zur Akte gereichten Behandlungsdokumentationen umfassend ausgewertet und anschließend die an ihn gestellten Beweisfragen erschöpfend beantwortet. Dabei hat der Sachverständige verständlich dargelegt, aus welchen Befunden und Laborwerten er die Indikation für den Eingriff vom 02.01.1999 abgeleitet hat. Er hat nachvollziehbar erläutert, dass mit der von dem Kläger vorgeschlagenen konservativen Therapie der vor der Operation bei ihm bestehende Verdacht eine Peritonitis nicht ausreichend ausgeschlossen werden konnte. Weiterhin hat der Sachverständige sich auch mit dem von dem Kläger zur Akte gereichten vorprozessual erstellten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. auseinandergesetzt. Insoweit hat der Gutachter ausgeführt, dass die vom vorprozessual bestellten Gutachter vorgeschlagene Computertomographie gegenüber der dann letztendlich durchgeführten Laparotomie die unsichere Diagnosemethode gewesen wäre. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der vorprozessual beauftragte Gutachter Internist ist und nicht wie der gerichtlich bestellte Sachverständige aus dem chirurgischen Bereich kommt. Im Übrigen hat der Sachverständige, welcher der Kammer auch aus anderen Verfahren als kompetent bekannt ist, in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2003 die von dem Kläger gegen sein Gutachten vorgebrachten Einwendungen überzeugend widerlegt.

34

Der Kläger kann seine Schadenseratzansprüche auch nicht auf eine etwaige nicht stattgefundene oder fehlerhaft durchgeführte Aufklärung durch den Beklagten zu 2. oder andere Ärzte des Beklagten zu 1. stützen. Denn nach der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers vor der Operation am 02.01.1999 stattgefunden hat. Dies ergibt sich aus dem von dem Kläger unterzeichneten Aufklärungsbogen vom 02.01.1999 und der Aussage des Assistenzarztes Dr. D. . Dabei hat die Kammer nicht unbeachtet gelassen, dass eine vom Patienten unterzeichnete Einwilligungserklärung lediglich indizielle Bedeutung dafür hat, dass ein mündliches Aufklärungsgespräch stattgefunden hat (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Teil C, Rn. 88). Die vom Kläger unterschriebene Einwilligungserklärung ist hier jedoch im Zusammenhang zu sehen mit der Aussage des Assistenzarztes Dr. D. , der den Aufklärungsbogen ebenfalls unterzeichnet hat. Der Zeuge Dr. D. hat ausgesagt, dass er keine konkrete Erinnerung mehr an die Aufklärung des Klägers habe. Hinsichtlich der grundsätzlichen Aufklärungspraxis in einem solchen Fall hat der Zeuge ausgeführt, dass zunächst der Facharzt dem Patienten die Problematik der Erkrankung erläutere. Anschließend teile er - der Zeuge - dem Patienten dann ebenfalls die Risiken des Eingriffs mit und gebe ihm auch Gelegenheit, Fragen zu stellen. In dem hier vorliegenden Fall werde dem Patienten zunächst der Befund der unklaren Bauschmerzen erklärt und ihm dann erläutert, dass die Bauchdecke geöffnet werden müsse. Sodann werde der Patient darauf hingewiesen, dass Risiken einer Entzündung, von Thrombosen oder von Lungenembolien bestünden. Wenn dabei der Patient den Begriff Thrombose oder den Begriff der Embolie nicht verstehe, würden ihm diese Begriffe erläutert werden. Unter Vorlage des unterzeichneten Einwilligungsbogens hat der Zeuge bekundet, dass er mit dem Patienten grundsätzlich die dort aufgeführten allgemeinen Komplikationen durchgehe. Konkrete weitere Risiken oder eine Alternative zu einer Operation habe er ihm nicht erläutert. Die Aussage des Zeugen Dr. D. wird nicht durch die Bekundungen des Zeugen C. entkräftet. Der Zeuge C. hat ausgesagt, dass er bei der Aufnahme und den Untersuchungen des Klägers am 02.01.1999 im Krankenhaus des Beklagten zu 1. zugegen gewesen sei. Dort sei der Kläger zunächst von dem Zeugen Dr. D. und sodann von dem Beklagten zu 2. untersucht worden. Der Kläger sei gefragt worden, ob er rauche, Gelbsucht habe und wann er das letzte Mal im Krankenhaus gewesen sei. Die Untersuchung durch den Zeugen Dr. D. habe ca. eine halbe Stunde gedauert. Während sodann der Beklagte zu 2. den Kläger untersucht habe, sei der Zeuge Dr. D. hinausgegangen und habe einen Zettel geholt. Diesen Zettel habe er dem Kläger vorlegt, welcher den Zettel anschließend unterschrieben habe. In diesem Zusammenhang sei durch die Ärzte des Beklagten zu 1. nichts erläutert worden. Der Kläger habe auch nicht gefragt, was er da unterschreibe. Er - der Zeuge - habe vom Inhalt ebenfalls keine Kenntnis gehabt. In dem gesamten Zeitraum, in dem er zugegen gewesen sei, sei über eine Operation nicht gesprochen worden. Auf dem Krankenzimmer sei dann dem Kläger von 2 Frauen Blut abgenommen worden. Dort habe er - der Zeuge - erstmals erfahren, dass der Kläger operiert werden solle. Während der gesamten Zeit, in der er bei dem Kläger anwesend gewesen sei, sei dieser nicht geröntgt worden.

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Die Aussage des Zeugen Dr. D. ist glaubhaft; der Zeuge selbst glaubwürdig. Der Aussage des Zeugen C. ist dagegen nicht zu folgen. ...... (wird ausgeführt)

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Die oben festgestellte Aufklärung des Klägers vor der Operation entspricht auch dem ärztlichen Standard. ...... (wird ausgeführt).