Landgericht Osnabrück
Urt. v. 28.01.2003, Az.: 1 O 2851/02

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
28.01.2003
Aktenzeichen
1 O 2851/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 39653
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2003:0128.1O2851.02.0A

In der Verwaltungsrechtssache

...

-Antragstellerin

-prozessbevollmächtigt:

...

gegen

Stadt Biberach,

vertreten durch den Oberbürgermeister,

Hindenburgstraße, 88400 Biberach, Az: 5.0226.000262.2,

-Antragsgegnerin-

wegen

Vergnügungssteuer;

hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Sigmaringen durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Genrich

die Richterin am Verwaltungsgericht Heidenreich

den Richter Ulrich

am 26. August 2002 beschlossen:

Tenor:

  1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 06.05.2002 und vom 04.06.2002 wird angeordnet.

  2. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

  3. Die Antragstellerin trägt 8/9 der Kosten des Verfahrens, die Antragsgegnerin 1/9.

Gründe

1

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Vergnügungssteuerbescheide.

2

Die Antragstellerin betrieb bereits von September 1986 an die "R." - ein Nachtlokal -in B., bis ihr im Juli 1995 die Gaststättenerlaubnis wegen Gewerbe- und Vergnügungssteuerrückständen aus den Jahren 1991 und 1993 bzw. 1994 und 1995 widerrufen wurde. Von Dezember 1995 bis Dezember 2000 betrieb Herr A. das Lokal. Als Geschäftsführer war bei diesem der Vater der Antragstellerin angestellt. Aus den Gewerbesteuermessbescheiden ergibt sich, dass von 1996 bis 1998 Jahresgewinne zwischen 30.000,- und 50.000,-DM erzielt wurden. Seit 01.01.2001 wird die "R." wieder von der Antragstellerin betrieben. Das Lokal hat eine Veranstaltungsfläche von 63 qm.

3

Die Antragsgegnerin erhebt aufgrund ihrer Satzung vom 23.09.1991 Vergnügungssteuern u.a. für den Betrieb von Nachtlokalen. Die Steuer betrug vom 01.02.1993 an 30,- DM je angefangene 10qm Veranstaltungsfläche und Veranstaltungstag. Seit Mai 2002 beträgt die Steuer 15,- Euro je angefangene 10 qm Veranstaltungsfläche und Veranstaltungstag.

4

Mit dem damaligen Betreiber wurde bereits im Dezember 1995 darüber gesprochen, dass der Erlass eines Teils der Vergnügungssteuer in Betracht käme, sollte diese erdrosselnde Wirkung haben. Im März 1996 wurde zwischen der Antragsgegnerin und Herrn A. vereinbart, dass dieser die Hälfte der für das erste Quartal des Jahres entstandenen Vergnügungssteuer sofort bezahle. Die Vollziehung der anderen Hälfte werde im Gegenzug wegen Vorliegens einer unbilligen Härte ausgesetzt. Der Erlassantrag der Antragstellerin für die Jahre 1993 bis 1995 werde bis zur Vorlage von Bilanzen zurückgestellt. Der entsprechende Aussetzungsbescheid erging am 28.03.1996.

5

Nachdem Herr A. betriebswirtschaftliche Auswertungen vorgelegt hatte, die z.B. für 1996 einen Gewinn von 37.712,61 DM bei einem Umsatz von 178.787,83 DM auswiesen, wurde ihm mit Schreiben vom 25.03.1997 von der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass es keine Frage sei, dass "die Höhe der Vergnügungssteuer in keinem Verhältnis zu dem vorläufigen Betriebsergebnis liege". Für eine endgültige Feststellung würden allerdings vom Steuerberater festgestellte Zahlen benötigt, die beizubringen seien.

6

Im Mai 1997, Januar 1999 und Januar 2000 legte Herr A. weitere betriebswirtschaftliche Auswertungen und Umsatzsteuer-Voranmeldungen vor. Über den Erlassantrag wurde jedoch zunächst nicht entschieden.

7

Mit Schreiben vom 27.11.2000 teilte die Antragsgegnerin mit, dass das Bundesverwaltungsgericht nunmehr entschieden habe, dass die Festsetzung von Pauschalen für die Erhebung der Vergnügungssteuer zulässig sei. Damit sei klargestellt, dass die Vergnügungssteuersatzung geltendem Recht entspreche. Die Steuersätze bewegten sich innerhalb des anerkannten Steuerrahmens, so dass davon auszugehen sei, dass sie abwälzbar seien. Ein Billigkeitserlass sei daher nicht möglich. Die bislang aufgelaufenen Vergnügungssteuern nebst Zinsen in Höhe von 303.959,60 DM müssten daher bezahlt werden. Dem Schreiben ging eine Überprüfung der Vergnügungssteuer durch die Gemeindeprüfungsanstalt voraus. In deren Stellungnahme wird ausgeführt, dass die erdrosselnde Wirkung stets generell und nicht betriebsbezogen festzustellen sei, so dass die Satzung selbst angegriffen werden müsse. In einem solchen Verfahren sei der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg 1988 zu dem Ergebnis gelangt, dass den Vergnügungssteuersätzen keine erdrosselnde Wirkung zukomme, da die Vergnügungssteuer im Durchschnitt aller Betriebe nur 0,94% der Nettoerlöse betrage. Im Einzelfall sei ein Erlass zu prüfen. Ein Erlass komme allerdings nur in Betracht, wenn der Steuerschuldner die Gründe für die in seinem Fall fehlende Abwälzbarkeit nicht zu vertreten habe. Schlechtes Wirtschaften dürfe nicht subventioniert werden.

8

Im Anschluss an das Schreiben vom 27.11.2000 wurde zwischen den Beteiligten weiter über einen Erlass verhandelt. Vorgetragen wurde von Herrn Aucello, dass eine Vereinbarung getroffen worden sei, wonach Vergnügungssteuer nur zu zahlen sei, wenn sich aus den Umsatzzahlen ergebe, dass dies tragbar sei. Da die vorgelegten Zahlen zeigten, dass bei Zahlung der Steuern ein Defizit erreicht würde, werde davon ausgegangen, dass keine Steuern bezahlt werden müssten. Zumindest aber seien sie aus Billigkeit zu erlassen. Die Vergnügungssteuersätze seien erdrosselnd und könnten nicht auf die Kunden abgewälzt werden.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2001 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen die Ablehnung des Erlassantrages zurück. Hiergegen erhob Herr A. am 12.11.2001 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen (3 K 1752/01), über die bislang nicht entschieden wurde.

10

Nachdem die Antragstellerin das Lokal im Januar 2001 wieder übernommen hatte, erging ihr gegenüber am 10.05.2001 der erste Vergnügungssteuerbescheid für die Monate Januar bis April. Der Bescheid wurde am darauffolgenden Tag zugestellt. Es wurden monatliche Beträge von 5.040,- bzw. 5.670,- DM festgesetzt. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 11.06.2001 Widerspruch ein.

11

In der Folgezeit bis einschließlich 07.03.2002 ergingen monatlich Vergnügungssteuerbescheide jeweils für den Vormonat. Hiergegen legte die Antragstellerin nur zum Teil Widerspruch ein. Soweit Widerspruch eingelegt worden war, wurde dieser mit Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 20.02.2002 zurückgewiesen. Es wurde ausgeführt, dass die Vergnügungssteuer rechtmäßig festgesetzt worden sei. Gründe für einen (teilweisen) Erlass der Vergnügungssteuer lägen ebenfalls nicht vor. Gegen den der Antragstellerin mit ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung am 22.02.2002 zugestellten Bescheid hat diese Klage nicht erhoben.

12

Bereits vor Ergehen des ersten Vergnügungssteuerbescheides hatte die Antragstellerin beantragt, die Vergnügungssteuer ihr gegenüber niedriger festzusetzen, da diese erdrosselnde Wirkung habe. Im Juli 2001 beantragte sie, die bereits festgesetzten Beträge zu stunden. Der Antrag auf Stundung wurde am 15.08.2001 abgelehnt, da die Antragstellerin die von ihr geforderten Nachweise über Einkünfte und Belastungen nicht vorgelegt habe.

13

Mit Bescheid vom 03.04.2002 setzte die Antragsgegnerin die Vergnügungssteuer für Februar 2002 auf 2.520,- Euro fest. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 09.04.2002 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2002 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Gegen den am 10.06.2002 zugestellten Bescheid erhob die Antragstellerin am 09.07.2002 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen (3 K 1252/02), über die noch nicht entschieden wurde. Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde nicht gestellt.

14

Mit Bescheiden vom 06.05. und 04.06.2002 setzte die Antragsgegnerin die Vergnügungssteuer für Februar und März 2002 auf 2.520,- bzw. 2.730,- Euro fest. Gegen diese Bescheide legte die Antragstellerin am 22.05.2002 bzw. 14.06.2002 Widerspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 17.06.2002 abgelehnt.

15

Am 19.06.2002 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Sigmaringen die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Sie trägt vor, die in der Satzung festgesetzte Vergnügungssteuer habe erdrosselnde Wirkung, da sie dazu führe, dass der Ertrag eines Betriebs in einer solchen Höhe abgeschöpft werde, dass ein wirtschaftlich gesunder Betrieb nicht überlebensfähig sei. Ziel der Antragsgegnerin sei, ihr Lokal, das das einzige Nachtlokal in Biberach sei, aus der Welt zu schaffen. Die Grenzen der zulässigen

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Lenkungswirkung würden damit überschritten. Dass die Vergnügungssteuer überhöht sei, zeige zudem ein Vergleich mit den Steuersätzen der übrigen Städte in der Umgebung. Die dortigen Sätze lägen zwischen einem Dreißigstel und einem Fünftel des Steuersatzes der Antragsgegnerin. Ein solch überhöhter Steuersatz sei auf die Kunden des Lokals nicht abwälzbar. Aus ihren betriebswirtschaftlichen Auswertungen lasse sich ersehen, dass sie Monatsgewinne zwischen 350,- und 5.500,- DM, im Durchschnitt etwa 2.500,- DM habe. Diese Gewinne würden von der monatlichen Vergnügungssteuer (gut 5.000,- DM) vollständig aufgefressen. So könne der Betrieb nicht überleben. An die Kunden könnten diese Beträge nicht weitergegeben werden. Zudem sei am 20.09.1995 mit der Antragsgegnerin eine Vereinbarung getroffen worden, dass die Vergnügungssteuer nicht gemäß der Satzung, sondern anhand der nachgewiesenen Umsätze festgesetzt werde. Ohne diese Vereinbarung wäre die Gaststättenerlaubnis damals nicht erteilt worden.

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Die Antragstellerin beantragt,

  1. die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die Vergnügungssteuerbescheide der Antragsgegnerin seit dem 01.01.2001 anzuordnen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. den Antrag abzulehnen.

19

Sie trägt ergänzend vor, eine Vereinbarung, die Vergnügungssteuer nach den Umsätzen festzulegen, bestehe nicht. Eine solche Vereinbarung könne auch 1995 gar nicht mit der Antragstellerin geschlossen worden sein, da diese erst seit dem 01.01.2001 die "R." betreibe. Im Übrigen sei in dem Gespräch lediglich geprüft worden, ob ein Erlass möglich wäre. Die anschließende Prüfung habe ergeben, dass dies nicht der Fall sei, was Herrn A. mit Schreiben vom 27.11.2000 mitgeteilt worden sei. Der Vater der Antragstellerin, der damals wie heute Geschäftsführer sei, habe davon ebenfalls Kenntnis. Somit habe auch die Antragstellerin bei Eröffnung des Lokals am 01.01.2001 gewusst, welche Forderungen auf sie zukommen. Wenn sie in Anbetracht dessen trotzdem das Lokal eröffne, könne sie nicht hinterher ihr Unternehmerrisiko auf die Stadt abwälzen.

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Im Übrigen seien die Vergnügungssteuerbescheide bis einschließlich Februar 2002 bestandskräftig. Vollstreckt würde derzeit der Bescheid vom 10.05.2001. Diese Vollstreckungsmaßnahme sei rechtmäßig.

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Nach Eingang des Antrags bei Gericht erließ die Antragsgegnerin am 03.07.2002 den Vergnügungssteuerbescheid für Juni 2002 (2.835,- Euro), gegen den die Antragstellerin Widerspruch einlegte. Auch insoweit beantragt sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Eines Antrags auf Aussetzung der Vollstreckung bedürfe es nicht, da die Vollstreckung drohe. Mit Schreiben vom 10.07.2002 habe die Antragsgegnerin die Durchführung des Beitreibungsverfahrens angedroht.

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Dem Gericht lagen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin (1 Band) vor. Diese waren ebenso wie die in der Sache entstandene Gerichtsakte sowie die Gerichtsakten in den Verfahren 3 K 1393/02 und 3 K 1752/01 Gegenstand der Beratung. Auf sie wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

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II.

Der Antrag ist nur zum Teil zulässig. Ein Teil der von der Antragstellerin in diesem Verfahren angegriffenen Bescheide ist bereits bestandskräftig, hinsichtlich eines anderen Teils wurde bislang bei der Antragsgegnerin kein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.

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Inzwischen bestandskräftig sind die Bescheide der Antragsgegnerin vom 10.05., 04.07., 18.07., 24.08., 19.09., 17.10., 26.11. und 20.12.2001 sowie vom 29.01.und 07.03.2002. Gegen die Bescheide vom 04.07., 17.10. und 20.12.2001 sowie vom 29.01.und 07.03.2002 wurde von der Antragstellerin ausweislich der Akten schon kein Widerspruch eingelegt. Gegen die übrigen Bescheide legte sie zwar Widersprüche ein, diese wurden aber von der Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 20.20.2002 zurückgewiesen, gegen den die Antragstellerin Klage nicht erhob. Die Bescheide sind somit allesamt bestandskräftig. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hiergegen ist unzulässig.

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Ferner ist der Antrag auch unzulässig, soweit er sich gegen die Bescheide vom 03.04. und 03.07.2002 richtet. Zwar sind diese Bescheide noch nicht bestandskräftig. Die Zulässigkeit des Antrags nach

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§ 80 Abs. 5 VwGO setzt aber ferner nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO voraus, dass ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung von der Behörde abgelehnt wurde. Einen solchen Antrag hat die Antragstellerin im Hinblick auf diese beiden Bescheide nicht gestellt. Dieser Mangel wird nicht dadurch geheilt, dass sich die Antragstellerin im Verfahren sachlich auf den Antrag eingelassen und zu verstehen gegeben hat, dass sie einen Aussetzungsantrag, wäre er gestellt worden, abgelehnt hätte. Diese Einlassung macht den Antrag auf Aussetzung bei der Behörde nicht entbehrlich, da andernfalls die mit der Vorschrift bezweckte Entlastung der Gerichte nicht erreicht würde (Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 80 Rdnr. 343f; Kopp/Schenke, VwGO,

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§ 80 Rdnr. 184). Bezüglich des Bescheides der Antragsgegnerin vom 03.07.2002 ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung auch nicht nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO entbehrlich, da die Vollstreckung nicht droht.

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Die vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zum Beleg für die drohende Vollstreckung vorgelegte Mahnung der Antragsgegnerin bezieht sich nicht auf den Vergnügungssteuerbescheid vom 03.07.2002, sondern auf die beiden vorangegangenen Bescheide vom 06.05.und 04.06.2002. Dass nicht der Bescheid vom 03.07.2002 gemeint sein kann, ergibt sich bereits daraus, dass mit diesem Bescheid Vergnügungssteuer in Höhe von 2.835,- Euro gefordert wird, wohingegen die Mahnung einen solchen Betrag nicht ausweist. Es ergibt sich weiter aus den in der Mahnung angegebenen Fälligkeitsdaten vom 09.06. und 07.07.2002, die, da die Beträge innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe zur Zahlung fällig werden, deutlich machen, dass die Bescheide Anfang Mai und Anfang Juni ergangen sein müssen.

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Soweit sich der Antrag gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 06.05. und 04.06.2002 richtet, ist er indes zulässig und begründet. Insbesondere wurde insoweit ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt und von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.06.2002 abgelehnt.

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Gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll eine Aussetzung der Vollziehung bei der Erhebung von öffentlichen Abgaben erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel im Sinne der genannten Vorschrift liegen vor, wenn der Erfolg des Rechtsmittels in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als der Misserfolg

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(vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 27.01.1984 -14 S 2429/83 -, DVBI 1984, 345).

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Bei Anlegung dieses Maßstabes stehen dem Erlass der Vergnügungssteuerbescheide auf der Grundlage der Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Vergnügungssteuer vom 23.09.1991 in der derzeit gültigen Fassung vom 14.05.2002 (im Folgenden: Vergnügungssteuersatzung) erhebliche Bedenken entgegen. Es ist zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin für den Betrieb von Nachtlokalen Vergnügungssteuersätze in der von ihr gewählten Höhe festlegen darf, ohne gegen die Verfassung zu verstoßen.

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Zwar ist der Ansatz der Antragsgegnerin zunächst zutreffend, dass es grundsätzlich allein in ihrem Verantwortungsbereich liegt, ob und in welcher Höhe sie Vergnügungssteuern erhebt. Rechtliche Grundlage hierfür ist § 6 Abs. 4 KAG, wonach die Gemeinden örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuern erheben können, soweit Steuergesetze nicht bestehen und solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig oder solche Steuern sind, die vom Land erhoben werden bzw. den Stadt- und Landkreisen zustehen.

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Die von der Antragsgegnerin festgesetzte Vergnügungssteuer stellt eine solche Aufwandsteuer dar. Nicht zu beanstanden ist ferner auch ihre Auffassung, dass der Höhe der Vergnügungssteuern in umliegenden Städten und Gemeinden für die Festsetzung der eigenen Steuersätze keine Bindungswirkung zukommt. Zuzugeben ist der Antragsgegnerin weiter, dass sie mit der Festsetzung der Vergnügungssteuer auch andere Zwecke als den der Einnahmenerzielung verfolgen darf. Insbesondere ist es legitim, bei der Gestaltung der Steuerhöhe Lenkungszwecke zu berücksichtigen mit dem Ziel, die zu weite Verbreitung bestimmter vergnügungssteuerpflichtiger Angebote aus ordnungspolitischen Gründen zu verhindern.

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Dennoch besteht dieser dem Satzungsgeber grundsätzlich zukommende Spielraum bei der Ausgestaltung der Steuer nicht unbegrenzt, sondern unterliegt den durch die Verfassung gesetzten Grenzen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen muss die Vergnügungsteuer als Steuer zunächst die herkömmlichen, die jeweilige Steuer kennzeichnenden Merkmale wahren. Hierzu gehört bei der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer insbesondere, dass sie auf den Benutzer des Angebots abwälzbar sein muss, da nicht die

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Veranstaltung bzw. das Angebot als solches besteuert wird, sondern dessen Nutzung - hier durch die Besucher des Nachtlokals (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 01.04.1971 -1 BvL 22/67 - BVerfGE 31, 8). Diese Abwälzbarkeit ist ferner unter zwei weiteren Gesichtspunkten relevant: zum einen sind auch der grundsätzlich zulässigen Lenkungsfunktion einer Steuer Grenzen gesetzt. Diese werden erreicht, wenn die Höhe der Steuer dazu führt, dass keine steuerpflichtigen Tatbestände mehr angeboten werden, weil die Steuer erdrosselnd wirkt. Dem steuerlichen Zweck der Einnahmenerzielung würde dies zuwiderlaufen. Zum anderen führt die fehlende Abwälzbarkeit bzw. die erdrosselnde Wirkung der Steuer auch dazu, dass eine verfassungsrechtlich bedenkliche Einschränkung der Berufswahlmöglichkeiten im Sinne einer Zulassungsregelung vorliegen kann, da das Betreiben eines Nachtlokals generell unmöglich sein könnte.

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An der Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer für den Betrieb von Nachtlokalen im Satzungsgebiet der Antragsgegnerin bestehen hier aufgrund der Höhe der Steuer erhebliche Zweifel. Dabei wird nicht verkannt, dass es nach gefestigter Rechtsprechung nicht darauf ankommt, dass der Veranstalter die Steuer - etwa wie einen durchlaufenden Posten - direkt und in voller Höhe auf die eigentlich steuerpflichtigen Besucher umgelegen können muss, sondern dass die Möglichkeit der kalkulatorischen Überwälzung genügt (vgl. zuletzt BVerfG, Beschl. v. 03.05.2001 -1 BvR 624/00 - NVwZ 2001, 1264). Das bedeutet, dass der Steuerpflichtige den von ihm geforderten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten -treffen kann. Ob dies bei der von der Antragsgegnerin gewählten Steuerhöhe generell noch möglich ist, ist bedenklich, zumal wohl zumindest bei der Frage, ob eine zulassungsbeschränkende Berufswahlregelung vorliegt, gefordert werden müsste, dass ein Gewinn in gewisser Höhe regelmäßig verbleibt.

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Gegen die Möglichkeit der Abwälzung sprechen derzeit maßgeblich zwei Gesichtspunkte, einerseits die Höhe des Ertrags und Gewinns im Betrieb der Antragstellerin, andererseits die Höhe der Steuer in den umliegenden Städten und Gemeinden. Nach den von der Antragstellerin vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen erwirtschaftet sie nach gewissen Anlaufschwierigkeiten nach der Übernahme des Betriebs Anfang 2001 derzeit monatliche Gewinne, die durchschnittlich zwischen 2.500,- und 3.000,- DM bzw. bei etwa 1.350,- Euro liegen dürften. Die monatlich anfallende Vergnügungssteuer beträgt nahezu das Doppelte. Zwar kann allein daraus nicht zwingend geschlossen werden, dass die Vergnügungssteuer generell für alle Betriebe dieser Art erdrosselnde Wirkung hätte. Dennoch ist dieses (Miss-)Verhältnis eine Indiz dafür, dass die zulässige Höhe der Vergnügungssteuer überschritten sein könnte. Jedenfalls kann der Klägerin aus derzeitiger Sicht nicht entgegengehalten werden, dass sie einen unwirtschaftlichen Betrieb führt, da dieser ohne bzw. mit Ansetzung von Vergnügungssteuer in der in den Nachbarstädten erhobenen Höhe Gewinn erwirtschaftet. Indiz dafür, dass die Grenzen der Steuerhöhe überschritten sein könnten, ist weiter das Verhältnis der monatlich anfallenden Steuer zum monatlichen Umsatz. Selbst bei großzügiger Betrachtung liegt der Umsatz im Betrieb der Antragstellerin regelmäßig unter 20.000,- DM bzw. 10.000,- Euro, so dass die Vergnügungssteuer 25% oder mehr des Umsatzes erreicht. Gerichtlich entschieden und für unbedenklich gehalten wurden bislang Vergnügungssteuern, die unter 10% des Umsatzes liegen (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 20.02.1987 -14 S 330/86 -).

39

Anhaltspunkte für eine möglicherweise erhöhte Steuer ergibt auch der Vergleich mit den Steuersätzen der Nachbarstädte. In den Städten R., R. und U. hätte die Antragstellerin für ihr Nachtlokal Vergnügungssteuern zwischen 21,-und 60,- DM pro Veranstaltungstag zu zahlen, mithin in jedem Fall weniger als ein Drittel der in B. geforderten Summe. In diesem Zusammenhang ist der Antragsgegnerin zwar zuzugeben, dass der Vergleich mit Nachbarstädten keine Höchstgrenze vorgibt, bei deren Überschreitung erdrosselnde Wirkung feststünde. Dennoch stellt auch dies ein Indiz dar, das in der Gesamtschau zu erheblichen Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung in B. führt.

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Insgesamt ergibt dies derzeit ein Bild, wonach an der Rechtmäßigkeit der Steuersätze Zweifel in einem Maß bestehen, die ein Obsiegen der Antragstellerin in der Hauptsache wahrscheinlich machen. Eine weitere Aufklärung ist mit den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu erreichen und muss der Hauptsache vorbehalten bleiben.

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Dem Antrag war daher in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.

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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO.