Landgericht Osnabrück
Urt. v. 28.03.2003, Az.: 7 S 838/02
Schadenersatzhaftung für nach vorschriftswidriger Auflösung eines Schwerlastkonvois entstandene Schäden; Für die Gefahrenbeurteilung eines Schwerlasttransports maßgebende Stelle; Zulässigkeit der Ausurteilung einer Forderung nebst Zinsen abzüglich bereits geleisteter Zahlungen
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 28.03.2003
- Aktenzeichen
- 7 S 838/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 33807
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2003:0328.7S838.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Lingen - 18.11.2002 - AZ: 12 C 219/02 (XI)
Rechtsgrundlage
- § 367 BGB
Fundstellen
- JurBüro 2003, 486 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 2003, 953 (Volltext mit red. LS)
In dem Rechtsstreit
hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung vom 3.1.03
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...,
den Richter am Landgericht ... und
den Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1)
Die Berufung der Beklagten ( gegen das Urteil des Amtsgerichts Lingen vom 18.11.2002 ) wird zurückgewiesen.
- 2)
Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger ... und die Beklagten ....
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten.
- 3)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- 4)
Beschwerdewert: 808,46 Euro
Entscheidungsgründe
Von einer Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen.
1)
Haftungsquote:
Nach neuem Berufungsrecht können grundsätzlich nur noch Rechtsfehler ( § 346 ZPO ) gerügt werden ( § 513 ZPO ). Solche Rechtsfehler legt die Berufung hinsichtlich der Haftungsquote nicht dar und sind auch nicht ersichtlich.
Die Berufung begründet nicht weiter, weshalb die Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge falsch gewesen sein könnte. Solche Abwägungsfehler sind auch nicht ersichtlich. Denn der Schwertransport war mit seiner Überbreite so gefährlich, dass neben den sonstigen Sicherungsmaßnahmen sogar eine Polizeibegleitung auf der gesamten Strecke erforderlich war. Das Weiterfahren ohne Polizeibegleitung war daher extrem gefährlich und lässt schon deshalb keine Abwägungsfehler bei der ausgeurteilten Haftungsquote von 50% erkennen.
Mit Schriftsatz vom 7.3.03 meint die Berufung, das mögliche Fehlverhalten der Polizeibeamten sei ihr nicht zuzurechnen. Hierbei übersieht die Beklagte, dass die behördliche Genehmigung ein Fahren als "Konvoi" vorschrieb. Deshalb muss die gesamte Gefährlichkeit des gesamten Konvois als Haftungseinheit gesehen werden. Die Gefährlichkeit liegt gerade darin, dass der Konvoi sich vorschriftswidrig auflöste und nicht mehr als einheitlicher Konvoi fuhr.
Soweit die Berufung nunmehr ferner vorträgt, von der behördlichen Genehmigung dürfe im Einzelfall abgewichen werden und davon müsse im vorliegenden Fall ausgegangen werden, ist der Vortrag schon deswegen unbeachtlich, weil das Berufungsgericht an erstinstanzlich verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen gebunden ist . Im übrigen ist angesichts der Breite des Schwertransports und der Kreisstraße, die unverändert zu einem Hineinragen des Ladegutes in die Gegenfahrbahn führte, überhaupt nicht ersichtlich, weshalb die Notwendigkeit einer Polizeieskorte nunmehr auf einmal entfallen sein soll.
Zu Unrecht meint die Berufung, das vom angefochtenen Urteil angesonnene Anhalten sei nachts gefährlicher als ein langsames Weiterfahren ohne Polizeieskorte. Eine solche Gefahrenbeurteilung steht nicht dem Konvoifahrer, sondern nur der Behörde zu. Deshalb hätte der Konvoi sofort an einer passenden Stelle anhalten müssen und über Funktelefon die Polizei/Straßenverkehrsbehörde verständigen müssen, dass die begleitende Eskorte entgegen den Bedingungen davongefahren sei.
2)
Kostenentscheidung:
a)
§ 367BGB:
Entgegen der Ansicht der Berufung waren der Kläger und das angefochtene Urteil durch § 367 BGB nicht gehindert, den Klageantrag und Tenor dahin zu formulieren, dass dem Kläger die vorprozessual geltend gemachte Klagesumme zuzüglich Zinsen und "abzüglich" vorprozessualer Zahlungen zusteht. Die Kläger und das Gericht waren nicht verpflichtet, eine Berechnung gemäß § 367 Abs. I BGB vorzunehmen ( hM, Zöller, ZPO, 23.Aufl. 2003, § 253 Rdnr. 16a; Zimmermann, JuS 1991/583, 584; OLG Oldenburg , Beschl. v. 18.10.84, 5 U 144/93 - [...] ; a.A. MüKo, ZPO, 2.Aufl. 2000, § 253 Rdnr. 131 ). Gerade wegen der Verrechnungsproblematik des § 367 BGB wird die vom Amtsgericht vorgenommene Urteilsfassung als die beste Fassung vorgeschlagen ( Zöller a.a.O. ). Denn der Antrag, eine " (ursprüngliche) Forderung nebst Zinsen abzüglich Zahlungen" ausurteilen zu lassen, bedeutet entsprechend dem Wortlaut und allgemeiner Praxis, dass die Zinsen auf die noch nicht verringerte Forderung zu berechnen sind, so dass entsprechend dem auf § 367 Abs. I BGB beruhenden Recht des Gläubigers die Zahlungen vorrangig auf die Zinsen verrechnet werden.
Der Tenor des angefochtenen Urteils ist also nicht zu beanstanden.
b)
§§ 91,92 ZPO:
Hinsichtlich der Kostengrundentscheidung ist die Berufung allerdings begründet:
Die Klage, die von einer 100%-Quote des erstattungsfähigen Schadens ( 4.865,08 Euro) ausgeht, macht unter Berücksichtigung vorprozessual gezahlter 1.624,08 Euro lediglich 3.241 Euro geltend - wie sich auch aus der Streitwertangabe ( S.6 der Klageschrift ) ergibt. Bei einer ausgeurteilten Haftungsquote von lediglich 50% hat der Kläger daher nur ( 4.865,08 Euro x 50% = 2.432,54 Euro - gezahlte 1.624,08 Euro = restliche ) 808,46 Euro zu beanspruchen. Daher hatte die Klage erstinstanzlich nur in Höhe von ( 808,46 : 3,241 = ) 25% und nicht in Höhe von 50% Erfolg. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung ist daher falsch.
3)
Kosten der Berufung, Nebenentscheidungen:
Die Berufung ist hinsichtlich der materiellen Forderung unbegründet, so dass die Beklagten nach einem Berufungs-Streitwert von ( 2.432,54 Euro - 1.624,08 Euro = ) 808,46 Euro die Kosten des Berufungsverfahren voll zu tragen haben. Dass die Beklagten hinsichtlich der erstinstanzlichen Kostenentscheidung Erfolg haben, ist nach dem Rechtsgedanken des § 99 I ZPO nicht zu berücksichtigen. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 3, 91, 97, 709 ZPO.