Landgericht Osnabrück
Urt. v. 10.10.2003, Az.: 12 S 488/03

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
10.10.2003
Aktenzeichen
12 S 488/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 39642
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2003:1010.12S488.03.0A

Fundstelle

  • WuM 2004, 90 (amtl. Leitsatz)

Amtlicher Leitsatz

Beträgt die im Mietvertrag mit "ca. 60 qm" angegebene Wohnungsgröße tatsächlich lediglich 50 qm, so liegt ein zur Mietminderung berechtigender Mangel vor. Dabei ist es unerheblich, ob der Mietgebrauch im einzelnen Fall beeinträchtigt ist.

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 6. 6. 2003 - 43 C 423/02 (XXVI) - unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 430,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz auf 23,84 EUR seit dem 05. 11.2001, auf 50,19 EUR seit dem 06.12.2001, auf 55,12 EUR seit dem 04.01.2002 und auf jeweils 50,19 EUR seit dem 06.02.2003, 06.03.2002, 04.04.2002, 07.05.2002, 06.06.2002 sowie 04.07.2002 zu zahlen.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreites tragen die Beklagte 37 % und die Kläger 63 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch die jeweilige Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckendes Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um restliche Mietzinsen für die Monate November 2001 bis Juli 2002 aus einem zwischenzeitlich beendeten Mietverhältnis. Mit schriftlichem Mietvertrag vom 20. 8. 2001 mietete die Beklagte von der Eigentümergemeinschaft eine Wohnung in Osnabrück. Nach dem Mietvertrag betrug der monatlichen Mietzins 620,00 DM/317,00 EUR zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 75,00 DM/38,35 EUR, insgesamt somit 695,--DM/355,35 EUR. Lt § 1 Ziffer 2 des Mietvertrages betrug die Wohnfläche "ca. 60 qm".

2

Die Beklagte minderte den Mietzins für die Wohnung seit November 2001 bis zum Juli 2002. Einem Gesamtzahlungsanspruch für diesen Zeitraum in Höhe von 3.198,15 EUR stehen deshalb Mietzahlungen seitens der Beklagten in Höhe von 2.030,85 EUR gegenüber. Den Restbetrag in Höhe von 1.167,30 EUR machen die Kläger mit der Klage geltend.

3

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass die Beklagte nicht zur Mietminderung berechtigt sei, da die Wohnung sich zum Zeitpunkt der Anmietung in einem einwandfreien Zustand befunden hätte. Soweit - wie behauptet- Feuchtigkeitsschäden aufgetreten seien, seien diese auf das falsche Lüftungsverhalten der Beklagten zurückzuführen.

4

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 1.167,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf 105,73 EUR seit dem 4. 11. 2001 sowie weitere 132,08 EUR seit dem 4. 12. 2001, 137,01 EUR seit dem 4. 1. 2202 sowie jeweils 132,08 EUR seit dem 4. 2. 2002, 4. 3. 2002, 4. 4. 2002, 4. 5. 2002, 4. 6. 2002 und 4. 7. 2002 zu zahlen.

5

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Sie hat zum einen die Aktivlegitimation der Kläger bestritten, da die Kläger des Prozesses nicht in Übereinstimmung mit der Vermieterseite stehen würden, wie sich diese aus dem Mietvertrag ergibt.

7

Ferner hat sie behauptet, dass die Grundfläche der gemieteten Wohnung lediglich 50 qm betrage, was unter Berücksichtigung des vereinbarten Mietpreises eine Verringerung der monatlichen Gesamtmiete auf 302,52 EUR zur Folge hätte.

8

Desweiteren hat die Beklagte behauptet, dass sich alsbald nach Einzug Feuchtigkeit in der Wohnung sowie ein zunehmender Schimmelbefall gezeigt habe. Im Schlaf- und im Wohnzimmer seien die Wände mit teilweise fingerdickem weißen Schimmel befallen gewesen. In dem Übergang von der Diele zur Küche sei der Fußbodenbereich mit Schimmel befallen und der Küchenboden sei unterhalb des PVC-Bodens völlig durchfeuchtet. Auch im Bad sei der Boden bereits verschimmelt. Die Schimmelpilzbildung sei auf eine mangelhafte Bausubstanz zurückzuführen, was alleine bereits eine weitere Minderung in Höhe von 30 % des Mietzinses zur Folge hätte.

9

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und danach die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 853,47 EUR verurteilt.

10

Hinsichtlich der Aktivlegitimation hat das Amtsgericht ausgeführt, das pauschale Bestreiten der Eigentümerstellung der Kläger sei als unsubstantiiert und unbeachtlich zu werten, jedenfalls nachdem die Kläger ausgeführt hätten, dass der ursprünglich zur Eigentümergemeinschaft gehörende Herr Heinz zwischenzeitlich verstorben und durch seine Frau als Alleinerbin beerbt und damit ersetzt worden sei.

11

Die Verringerung der tatsächlichen Größe der Wohnung im Vergleich zu der im Mietvertrag angegebenen Größe hat nach Ansicht des Amtsgerichts einen Mangel der Mietwohnung nicht zur Folge. Denn selbst bei einer geringeren Wohnraumgröße sei die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht gemindert. Insbesondere verweise die "ca."-Angabe gerade darauf, dass kein genaues Ausmessen der Wohnung stattgefunden habe. Es sei deshalb davon auszugehen, dass der Beklagten bei Abschluß des Mietvertrages die gemietete Wohnung den verlangten Mietzins wert gewesen sei.

12

Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ist das Amtsgericht desweiteren zu der Ansicht gekommen, dass die Beklagte berechtigt sei, wegen feststellbarer Feuchtigkeitsschäden den Mietzins um 11 % zu mindern. Dabei hat sich das Amtsgericht den Feststellungen des Sachverständigen angeschlossen, der in seinem Gutachten ausgeführt hat, dass eine Schimmelpilzbildung in der gesamten Wohnung entgegen der Behauptungen der Beklagten nicht feststellbar sei, jedoch jedenfalls an einer Außenwand des Schlafzimmers Feuchtigkeitserscheinungen festzustellen seien.

13

Gegen dieses Urteil, welches der Beklagten am 12. 6. 2003 zugestellt worden ist, hat diese am Montag, den 14. 7. 2003, Berufung eingelegt und diese mit einem am 12. 8. 2003 eingegangenen Schriftsatz begründet.

14

Dabei hat die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere darauf hingewiesen, dass die Wohnung nach ihrem Auszug nunmehr mit einer Größe von 55 qm angeboten würde.

15

Die Beklagte beantragt nunmehr,

16

das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 6. 6. 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

17

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung ist zulässig und hat in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg. Im übrigen ist sie unbegründet.

19

Den Klägern steht ein Zahlungsanspruch wegen rückständiger Mieten aus § 535 grundsätzlich zu. Soweit die Beklagte die Aktivlegitimation der Kläger bestreiten, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen, denen sich die Kammer in vollem Umfang anschließt.

20

Darüber hinaus ist die Kammer auch der Ansicht, dass auf Grund der Feststellungen des Sachverständigen zu den Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung eine Minderung der monatlichen Miete in Höhe von 11 % angemessen ist. Dabei hat die Kammer zum einen berücksichtigt, dass nach dem Sachverständigengutachten eine Schimmelpilzbildung in der Wohnung zwar nicht feststellbar ist. Auf der anderen Seite hat der Sachverständige eine kapillar aufsteigende Feuchte im Wohnzimmer festgestellt, die aber die raumklimatischen Verhältnisse als nicht reklamationswürdig erscheinen läßt. In der Küche hat der Sachverständige festgestellt, dass durch den ausgelegten PVC-Fußboden eine Dampfsperre aufgebaut worden ist, so dass die von unten aus dem Kellerbereich aufsteigende Feuchtigkeit nicht zur Verdunstung kommt und auf der Unterseite des PVC-Belages kondensiert, was im Bereich des Sockels zu Algenbildungen und Putzabwürfen kommt. Dies betrifft allerdings primär den Außenbereich und wirkt sich auf die Wohnung letztlich nicht aus. Der Sachverständige hat allerdings im Bereich des Schlafzimmers auf Grund der aus dem Kellergeschoß kapilar aufsteigenden Feuchte einen Mangel feststellen können, der auch durch ein entsprechendes Nutzungsverhalten nicht kompensiert werden kann. Sonstige Feuchtigkeitsschäden sind durch den Sachverständigen nicht festgestellt worden.

21

Vor diesem Hintergrund hält die Kammer in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht eine Mietminderung in Höhe von 11 % für angemessen. Dabei hat die Kammer insbesondere berücksichtigt, dass Feuchtigkeitserscheinungen im Schlafzimmer die Beklagte in einem Großteil ihres Alltags beeinträchtigen und deshalb auch eine Gesundheitsgefährdung auf längere Sicht nicht auszuschließen ist. Zwar geht das Amtsgericht fehl in der Annahme, dass es in der Küche durch die bauliche Situation zu einer Algenbildung komme, da der Sachverständige ausdrücklich darauf hinweist, dass diese lediglich an der Außenwand feststellbar ist, was auch durch Fotos belegt wird. Trotzdem hält das Gericht vor dem Hintergrund der festgestellten Mängel, insbesondere im Schlafzimmer, den angesetzten Minderungsbetrag für angemessen aber auch ausreichend.

22

Darüber hinaus stellt der Umstand, dass statt der im Mietvertrag niedergelegten Größe von "ca." 60 qm die Wohnung tatsächlich nur eine Wohnungsgröße von 50 qm aufweist, einen Kraft Gesetzes zu Verringerung der vertraglich geschuldeten Miete führenden Mangel der Mietsache i. S. des § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB dar.

23

Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Kläger kann dabei von einer unbeachtlichen Falschbezeichnung (sogenannte falsa demonstratio non nocet) nicht gesprochen werden. Nach dieser Rechtsfigur ist der objektive Erklärungssinn unbeachtlich, wenn Erklärender und Erklärungsempfänger unabhängig von dem objektiv Gemeinten einer Willenserklärung übereinstimmend einen anderen Inhalt geben. Dabei ist aber zunächst der wirkliche Wille der Vertragsparteien zu ermitteln, wobei auf den Empfängerhorizont des Erklärungsempfängers abzustellen ist. Kann dabei ein Konsens der Vertragsparteien festgestellt werden, hat dieser den Vorrang vor anderen Auslegungen, insbesondere vor dem tatsächlich niedergelegten Vertragstext.

24

Allein der Umstand, dass in einem Mietvertrag eine bestimmte Größe niedergelegt wird, läßt nicht den Rückschluß zu, dass die Vertragsparteien damit evtl. Streitigkeiten um die tatsächliche Wohnungsgröße auf alle Zeit hin ausschließen wollten. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Kläger substantiiert vorgetragen hätten, dass entsprechende Abreden im Zusammenhang mit dem Abschluß des Mietvertrages getroffen worden sind.

25

Entsprechendes haben die Kläger aber nicht vorgetragen, auch nicht in dem Schriftsatz vom 06.09.2002. Denn allein der Umstand, dass der Kläger erklärt haben will, er wisse die genau Größe der Wohnung nicht, schätze sie aber auf ca. 60 qm, kann weder eine unbeachtliche Faschbezeichnung darstellen, noch einen Ausschluß des Minderungsrechtes bei später festgestellter wesentlich geringerer Größe begründen. Aus der Sicht der Beklagten kann die Äußerung des Klägers nämlich nur so verstanden werden, dass er für die tatsächliche Größe zwar nicht im Sinne einer Garantie einstehen wolle, letztlich die Wohnung aber etwa diese Größe aufweise. Das Risiko einer erheblichen Größenabweichung trifft dann aber die Kläger, zumal sie die Möglichkeit haben, die wirkliche Größe der Wohnung festzustellen.

26

Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass ausweislich Ziffer 7 des Mietvertrages die Abrechnung eines Teils der Betriebskosten nach dem Verhältnis der Wohnfläche erfolgt. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass bei Angabe einer falschen Wohnfläche der Beklagten zu Unrecht überzogene Nebenkosten in Rechnung gestellt werden.

27

Zwischen der im Mietvertrag angegebenen Wohnungsgröße (60 qm) und der tatsächlichen Größe (50 qm) liegt eine Flächenabweichung von 16,7 %. Von dieser Flächenabweichung ist nach dem Ergebnis der in der II. Instanz durchgeführten Parteivernehmung der Beklagten auszugehen. Diese hat für das Gericht unter Heranziehung einer von ihr erstellten Skizze nachvollziehbar und glaubwürdig dargelegt, dass sie nach Beginn des Mietverhältnisses die Wohnung selber vermessen hätte. Es handele sich um eine Erdgeschoßwohnung, so dass Flächenabzüge wegen evtl. Schrägen nicht vorzunehmen sind. Unter Addition der ermittelten Flächen für die einzelnen Zimmer ergibt sich dabei eine Gesamtgröße von 50,7 qm, wobei der Balkon nur zur Hälfte seiner tatsächlichen Größe in die Wohnflächenberechnung eingestellt worden ist. Desweiteren hat die Beklagte behauptet, dass ein mit 1 qm angesetzter Abstellraum letztlich nicht Gegenstand des Mietvertrages gewesen ist. Dies ist durch die Kläger nicht bestritten worden und wird durch den Mietvertrag auch belegt. Von daher kann, wie von der Beklagten vorgetragen, von einer tatsächlichen Wohnungsgröße von 50 qm ausgegangen werden.

28

Auch Flächendefizite können die Tauglichkeit einer Mietsache zu dem vertragsgemäßen Gebrauch in einer Weise mindern, dass sie einen Sachmangel darstellen. Dabei geht die Kammer mit der wohl herrschenden Rechtsprechung davon aus, dass jedenfalls in einer quantitativ erheblichen Minderfläche von Wohnraum ein Sachmangel der Mietsache liegt, der eine Mietzinsminderung rechtfertigt. Denn bei einer erheblichen Abweichung von der vertragsgemäßen Fläche entspricht das Mietobjekt nicht mehr dem geschuldeten Zustand. Die zulässige Maßtoleranz wird dabei nach überwiegender Auffassung, der sich die Kammer anschließt, mit ca. 10 % angenommen (vgl. Nachweise bei Kraemer, NZM 1999, S. 156 ff).

29

Im vorliegenden Fall weicht folglich die Ist-Beschaffenheit der gemieteten Räumlichkeiten von der Soll-Beschaffenheit in erheblichem Maße zum Nachteil der Beklagten als Mieter ab. Diese Abweichung beeinträchtigt die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch mehr als nur unerheblich.

30

Als vertragsgemäßen Gebrauch hatten die Parteien lediglich vereinbart, dass die Wohnung zu Wohnzwecken genutzt werden könnte. Für weitergehende Vereinbarungen der Parteien bezüglich eines vertragsgemäßen Gebrauchs ist nach dem Vortrag beider Parteien nichts ersichtlich. Eine Wohnung mit einer kleineren Wohnfläche ist aber zum Wohnen generell weniger gut geeignet, als eine Wohnung mit einer größeren Wohnfläche.

31

Unter Aufgabe ihrer früheren Rechtsprechung vertritt die Kammer nunmehr die Ansicht, dass von der Frage, ob überhaupt ein Fehler der Mietsache vorliegt, nicht mehr die weitere Frage zu unterscheiden ist, ob dieser Fehler zu einer Minderung der Gebrauchstauglichkeit führt (vgl. auch Urteil vom 05.09.2003, Az.: 12 S 475/03).

32

Im Anschluss an eine Entscheidung des OLG Dresden (NJW-RR 1998, S. 512 ff.) hatte die Kammer bislang die Ansicht vertreten, dass eine Minderung der Gebrauchstauglichkeit einer Wohnung für einen begründeten Minderungsanspruch festgestellt werde müsse, da sich dies bei Flächenabweichungen nicht von selbst verstehen würde. Denn nicht für jeden Mieter würde die Flächengröße bei der Anmietung der Wohnung eine entscheidende Rolle spielen, insbesondere, wenn der Mieter sich die Wohnung zuvor genau angeschaut hat und sie ihm zu seinem beabsichtigten Nutzungszweck offensichtlich angemessen erschien.

33

Diesem Ansatz ist das OLG Karlsruhe (NJW-RR 2002, S. 586 ff.) entgegengetreten. Danach kommt es für eine Minderung nicht auf eine Beeinträchtigung des Mieters oder des vom ihm tatsächlich ausgeübten Gebrauchs an. Vielmehr sei die Minderung der vereinbarten Gebrauchstauglichkeit der Mietsache maßgebend. Ist daher eine Mietwohnung oder ein Gewerberaum wesentlich kleiner als vereinbart, so sei bereits durch diesen Flächenmangel die Tauglichkeit der Mietsache zur Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs auf der versprochenen Fläche, ebenso wie der Nutzwert der Mietsache beeinträchtigt (zustimmend Kraemer NZM 1999, S. 156; NZM 2000, S. 1121; LG Köln ZMR 2003, S. 429 ff.).

34

Dem schließt sich die Kammer unter Aufgabe ihrer früheren Rechtsprechung nunmehr an. Nach dem heute im Kauf-, Miet- und Werkvertragsrechts allgemein anerkannten subjektiven Fehlerbegriffs bestimmt sich das Vorliegen eines Fehlers von vornherein primär nach den Anforderungen, die die Parteien im Vertrag festgelegt haben. Das bedeutet, dass die Parteien den Maßstab der Tauglichkeit zum vertragsmäßigen Gebrauch selbst setzen und eine von jedwedem objektiven Standart unabhängige Soll-Beschaffenheit als vertragsmäßig festlegen können. Auf der Grundlage dieses subjektiven Fehlerbegriffs sind Angaben zur Raumfläche in einem Mietvertrag, ebenso wie solche in einem Kaufvertrag, wenn schon nicht als Zusicherung, so doch als Vereinbarung über die Soll-Beschaffenheit zu qualifizieren. Für die Frage, ob die Tauglichkeit der Mietsache durch die Flächendifferenz beeinträchtigt ist, kommt es dagegen nicht darauf an, ob der Mieter die Räumlichkeiten vor dem Vertragsabschluss besichtigt, sie auf den ersten Blick für ausreichend befunden und keine ausdrücklichen Größenanforderungen gestellt hat, weil dadurch die vereinbarte Soll-Beschaffenheit nicht berührt wird. Vielmehr ist dieser Gesichtspunkt für die Frage von Bedeutung, ob die Flächenangabe überhaupt Vertragsinhalt wurde oder gewissermaßen eine unbeachtliche Falschbezeichnung darstellt, wenn die Parteien sich einig waren, dass die Wohnung unabhängig davon, so wie sie ist, ver- und gemietet wird (vgl. Kraemer NZM 1999 S. 156, 160/161). Eine Falschbezeichnung kann zwischen den Parteien nach den obigen Ausführungen aber gerade nicht angenommen werden. Ebensowenig kommt es darauf an, ob der Mieter der versprochenen Raumfläche bedarf. Der subjektive Fehlerbegriff bedeutet gerade nicht, dass es auf eine subjektive Beeinträchtigung des Mieters ankommt. Nach der Rechtsprechung des BGH greift § 537 BGB auch dann ein, wenn der Mieter das Mietobjekt überhaupt nicht oder nicht in der vorhergesehenen Weise nutzt. Mit Kraemer (a.a.O.) geht die Kammer davon aus, dass das Gesetz gerade nicht auf eine effektive Beeinträchtigung des Mietgebrauchs, sondern allein darauf abstellt, ob die Tauglichkeit der Mietsache aufgehoben oder gemindert ist. Ist dies der Fall, so liegt ein Mangel mit der Folge einer kraft Gesetzes eintretenden Mietzinsminderung auch dann vor, wenn der Mieter etwa im Urlaub ist oder aus sonstigen Gründen subjektiv durch den Mangel nicht beeinträchtigt wird.

35

Die Minderung wegen der Flächenabweichung tritt kraft Gesetzes ein. Dies führt zum einen zur Herabsetzung des monatlichen Mietzinses. Erkennt der Mieter nachträglich die Flächendifferenz, so kann er zum anderen den zuviel bezahlten Mietzins gemäß § 537, 812 BGB zurückfordern.

36

Ein Ausschluss der Minderung gemäß § 539 BGB kann jedenfalls nicht darauf gestützt werden, dass der Mieter die Räume nicht eher bzw. bei Vertragsschluss nachgemessen hat. Allerdings kann in krassen Abweichungsfällen, die jedem hätten auffallen müssen, § 539 BGB grundsätzlich eingreifen. Hierzu haben die Kläger aber nichts vorgetragen. Denn Umstände, nach denen der Beklagten der Mangel eher hätte auffallen müssen, sind auch nicht ersichtlich, zumal die Beklagte kurz nach ihrem Einzug die Wohnung vermessen hat. Die Erheblichkeit der Abweichung allein kann hier kein Argument sein, da dieses dann immer der Minderung entgegengehalten werden könnte.

37

Die Kammer ist an ihrer Entscheidung nicht durch den zitierten Rechtsentscheid des OLG Dresden gehindert, da dieser Rechtsentscheid die Kammer nicht bindet. § 541 ZPO a.F. ist nämlich durch die ZPO -Reform ersatzlos weggefallen.

38

Es ergibt sich somit folgende Berechnung:

39

Unter Berücksichtigung der Flächendifferenz (10 qm) reduziert sich die Kaltmiete zunächst von 317,00 EUR auf 264,17 EUR (317,00 EUR : 60 qm = 5,28 EUR/qm x 50 qm).

40

Unter weiterer Berücksichtigung der Minderung des Mietzinses um 11 % auf den neu ermittelten Mietpreis reduziert sich die monatliche Gesamtmiete nochmals um 29,06 EUR auf nunmehr 235,11 EUR zzgl. der Nebenkostenpauschale von 38,35 EUR.

41

Die Beklagte hätte also in den Monaten November 2001 bis Juli 2002 monatlich 273,46 EUR zahlen müssen, insgesamt 2.461,05 EUR. Tatsächlich gezahlt hat sie aber lediglich 2.030,85 EUR. Es verbleibt somit ein noch zu zahlender Restbetrag in Höhe von 430,29 EUR.

42

Die Zinsentscheidung folgt aus den §§ 288, 286 BGB i.V.m. § 3 Ziffer 5 des Mietvertrages. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

43

Die Kammer hat gegen das Urteil die Revision ebenso wie in dem oben genannten Parallelverfahren zugelassen, da die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Mieter einer Wohnung bei einer für ihn ungünstigen Abweichung der tatsächlichen Wohnfläche von der im Mietvertrag angegebenen Gesamtfläche zur Mietminderung berechtigt ist, in der Rechtsprechung uneinheitlich gehandhabt wird. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich und notwendig, vgl. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO.

44

Diese Möglichkeit soll durch die Zulassung der Revision der unterlegenen Partei eröffnet werden.