Sozialgericht Stade
Beschl. v. 27.09.2011, Az.: S 34 SF 26/11 E

Auslagen des Verbandsvertreters i.R.e. Klageverfahrens sind bei fehlender Rechtsgrundlage in der Vereinssatzung nicht erstattungsfähig; Erstattungsfähigkeit von Auslagen des Verbandsvertreters i.R.e. Klageverfahrens bei fehlender Rechtsgrundlage in der Vereinssatzung

Bibliographie

Gericht
SG Stade
Datum
27.09.2011
Aktenzeichen
S 34 SF 26/11 E
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 26836
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGSTADE:2011:0927.S34SF26.11E.0A

Tenor:

Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Stade vom 6. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Der Erinnerungsführer begehrt die Erstattung der Aufwendungen, die er nach eigenen Angaben für die Prozessvertretung in dem Rechtsstreit S 1 KR 12/09 dem B. e.V. zu leisten verpflichtet ist.

2

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

3

Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung der Kostenfestsetzung ist zunächst, dass der Erinnerungsführer zur Erstattung der geltend gemachten Kosten verpflichtet ist.

4

Nach § 193 Abs. 2 SGG sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Anwendungen der Beteiligten erstattungsfähig. Da nach Abs. 3 die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands stets erstattungsfähig ist, werden von Abs. 2 die Aufwendungen erfasst, die von der speziellen Regelung des Abs. 3 nicht erfasst werden.

5

Nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 SGG sind Mitgliedervereinigungen vertretungsbefugt, deren satzungsmäßige Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten. Die Bevollmächtigten nach dieser Regelung sind befugt, in allen sozialgerichtlichen Streitigkeiten aufzutreten. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Tätigkeit stets im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben der gesamten Einrichtungen bewegt, wobei der Satzungszweck nicht auf die in der Regelung genannten Zwecke beschränkt sein muss. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. März 2007 - B 9a SB 3/05 R) können grundsätzlich Kosten für einen Verbandsvertreter notwendiger Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 1 SGB X darstellen. Gleiches gilt für Kosten des Klageverfahrens nach § 193 Abs. 2 SGG.

6

Voraussetzung für eine Kostenerstattung ist nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) die Rechtswirksamkeit der Forderung, hier des D. e.V., gegen den Erinnerungsführer.

7

Die Erstattungsfähigkeit von Auslagen eines Verbandsvertreters ist in § 7 des Gesetzes über die außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen (RDG) geregelt. Der Verbandsvertreter wird im Rahmen einer erlaubnisfreien Tätigkeit nach § 7 RDG tätig. Die Rechtsberatung durch eine Vereinigung ist erlaubnisfrei. Sein Anspruch auf Kostenerstattung richtet sich allein nach § 193 Abs. 2 SGG. In diesem Rahmen ist stets der Nachweis erforderlich, dass die geltend gemachten Aufwendungen gerade in diesem konkreten Verfahren angefallen sind und notwendig waren. Diese Notwendigkeit ist jedoch nur dann gegeben, wenn das Mitglied aufgrund der Satzung des Verbandes zur Zahlung entsprechender Auslagen verpflichtet ist.

8

Ebenso wie die gesetzlichen Gebührenordnungen eine Grundlage dafür bilden, dass die Entstehung und Höhe einer Kostenforderung nachvollzogen werden kann und damit gleichzeitig die Notwendigkeit der Kosten nachgewiesen ist, müssen auch die satzungsrechtlichen Regelungen Gewähr für eine solche Nachvollziehbarkeit und Notwendigkeit bieten (BSG, a.a.O.).

9

Eine entsprechende Anspruchsgrundlage enthält die Satzung des Verbandes, von dem sich der Erinnerungsführer hat vertreten lassen, nicht. Diese Satzung des Landvolks Niedersachsen Kreisverband Bremervörde e.V. erhält in § 19 Abs. 2 lediglich die Ermächtigung, dass der geschäftsführende Vorstand die Höhe von Kostenpauschalen für besondere Dienstleistungen festlegen darf. Die Satzung enthält jedoch keine Regelung, ob und ggf. in welcher Höhe diese Vertretung zu vergüten ist. Lediglich der offensichtlich vom Vorstand unter Berücksichtigung der Ermächtigungsgrundlage in § 19 Abs. 3 der Satzung erlassene Beschluss über Dienstleistungspauschalen aus 2002 regelt, dass für Klagen vor Gericht eine Pauschale in Höhe von 150,00 bis 300,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer geltend gemacht werden kann. Diese Ermächtigung genügt jedoch nicht, um die Auslagen als notwendig im Sinne des § 193 Abs. 2 SGG zu bezeichnen. Der Anspruch auf Rechtsdienstleistungen und die damit korrelierenden Kostenerhebungen müssen in der Satzung geregelt sein. Regelungen durch Beschlüsse des Gesamtvorstandes entsprechen diesen Voraussetzungen nicht. Normen, die unterhalb der Normqualität einer Satzung liegen sind keine tauglichen Rechtsgrundlagen für die Erhebung von Kosten für Dienstleistungen. Die Satzung muss zumindest ihrer Ermächtigung an den Gesamtvorstand durch Vorgabe von Regelungen beinhalten. Diesen Anforderungen genügt die Satzung des D. e.V. nicht (vgl auch SG Hannover, Beschluss vom 12. Januar 2010 - S 34 SF 151/09 E).

10

Hinzu kommt, dass in der Aufstellung über Dienstleistungspauschalen aus 2002 für Klagen vor Gerichten Pauschalen zwischen 150,00 und 300,00 EUR geltend gemacht werden können, so dass in keiner Weise nachvollziehbar ist, in welchen Fällen Pauschalen in welcher Höhe anfallen. Im vorliegenden Fall des Erinnerungsführers erschließt sich damit nicht, aus welchen Gründen die Höchstpauschale von 300,00 EUR geltend gemacht wird.

11

Die Entscheidung ist unanfechtbar, § 197 Abs. 2 SGG.