Sozialgericht Stade
Beschl. v. 08.08.2011, Az.: S 28 AS 510/11 ER
Vorläufige Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt ist zulässig bei noch nicht feststehender Höhe von Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit; Zulässigkeit einer vorläufigen Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt bei noch nicht feststehender Höhe von Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 08.08.2011
- Aktenzeichen
- S 28 AS 510/11 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 24124
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2011:0808.S28AS510.11ER.0A
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 1 SGB II
- § 9 Abs. 1 SGB II
- § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II
- § 13 SGB II
- § 40 SGB II
- § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III
Tenor:
- 1.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
- 2.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
1.
Der Antragsteller möchte im Eilverfahren die Gewährung weiterer vorläufiger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erreichen.
Der Antragsteller führt eine sich im Aufbau befindliche selbständige Tätigkeit in Gestalt eines Betriebes für Kaminholz aus. Er beantragte beim Antragsgegner am 29. April 2011 die Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab dem 01. Juni 2011. Er legte dazu die Anlage EKS vor. Ausweislich seiner eigenen Angaben erwartet er in den Monaten Juni bis Oktober 2011 einen voraussichtlichen durchschnittlichen Gewinn von 487,32 EUR monatlich. Ausweislich der vom Antragsgegner korrigierten EKS hat er einen durchschnittlichen monatlichen Gewinn von 716,32 EUR monatlich zu erwarten.
Mit Bescheid vom 24. Mai 2011 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 01. Juni 2011 bis zum 30. November 2011 auf der Grundlage von § 40 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 215,94 EUR. Bei der Berechnung der Leistungen berücksichtigte der Antragsgegner ein laufendes Einkommen des Antragstellers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 716,32 EUR. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Einnahmen bzw. Ausgaben des Antragstellers aus selbständiger Tätigkeit im Bewilligungszeitraum auf Grund seiner Angaben zum voraussichtlichen Einkommen zunächst vorläufig festgesetzt worden seien.
Der Antragsteller reichte sodann bei dem Antragsgegner die Anlage EKS für den Monat November 2011 nach. Ausweislich seiner eigenen Angaben erwartet er im November 2011 einen voraussichtlichen Gewinn von 529,32 EUR. Aus beiden (korrigierten) Erklärungen des Antragstellers ermittelte der Antragsgegner einen Gewinn für den gesamten Bewilligungszeitraum in Höhe 4.600,92 EUR, monatlich dementsprechend 766,82 EUR.
Mit Änderungsbescheid vom 07. Juni 2011 zum Bescheid vom 24. Mai 2011 setzte der Antragsgegner die Leistungen für die Zeit vom 01. Juli 2011 bis zum 30. November 2011 neu fest und bewilligte dem Antragsteller für die Zeit vom 01. Juli 2011 bis zum 30. November 2011 auf der Grundlage von § 40 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 175,54 EUR. Bei der Leistungsberechnung berücksichtigte der Antragsgegner ein laufendes Einkommen des Antragstellers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 766,82 EUR.
Der Antragsteller erhob am 15. Juni 2011 Widerspruch gegen die Bewilligungsbescheide. Die Berücksichtigung lediglich prognostizierter, erst in der Zukunft zu erwartender Einnahmen sei nicht zulässig. Einkommen sei nach dem Zuflussprinzip erst dann anzurechnen, wenn es tatsächlich zur Verfügung stehe. Es werde eine Leistungsbewilligung ohne jeglicher geschätzter Einnahmen erwartet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06. Juli 2011 wies der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers zurück. Sei zukünftiges (anrechenbares) Einkommen in unterschiedlicher Höhe zu erwarten, so biete § 40 SGB II i.V.m. § 328 SGB III die Möglichkeit einer vorläufigen Entscheidung. Dazu sei natürlich eine prospektive Schätzung des zu erwartenden Einkommens notwendig. Dabei handele es sich nicht um eine Anrechnung fiktiven Einkommens. Das wäre nur zutreffend, wenn die Bescheidung endgültig wäre. Werde Einkommen in unklarer aber leistungsrechtlich relevanter Höhe erwartet, so sei eine nachvollziehbare realistische Berechnung vorzunehmen unter Vermeidung des Risikos einer Unterdeckung und unter Vermeidung des Risikos einer Illiquidität und folgender Zahlungsunfähigkeit mit Gefährdung des Unternehmensbestandes. Dabei sei bei der Schätzung die Selbsteinschätzung des Hilfebedürftigen heranzuziehen. Diese sei jedoch auf Plausibilität zu prüfen. Unter Zugrundelegung der vom Antragsteller selbst vorgenommenen Einschätzungen der Entwicklung seines Betriebes seien Leistungen in Höhe von monatlich 175,54 EUR bewilligt worden.
Der Kläger hat am 21. Juli 2011 Klage erhoben (Az.: S 28 AS 511/11) und zugleich den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gestellt. Er verfolgt sein Begehren weiter, ihm für die Zeit vom 01. Juni 2011 bis zum 30. November 2011 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 697,52 EUR zu bewilligen. Die Anrechnung geschätzter zukünftiger Einnahmen sei unzulässig. Im Juni 2011 habe er lediglich einen Gewinn von 162,64 EUR erzielt.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
Statthafte Antragsart ist insoweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Er ist gerichtet auf Verpflichtung des Antragsgegners auf Erhöhung der vorläufigen Bewilligung (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29.06.2007 - L 8 B 229/06 - zitiert nach [...]; Bayerisches LSG, Beschluss vom 25.08.2008 - L 11 B 560/08 AS ER - zitiert nach [...]).
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann, wenn wie hier ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen. Voraussetzung ist, dass die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer solchen Regelungsanordnung ist das Vorliegen eines die Eilbedürftigkeit der Entscheidung rechtfertigenden Anordnungsgrundes sowie das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs aus dem materiellen Leistungsrecht. Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund müssen gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht werden.
Bei seiner Entscheidung kann das Gericht grundsätzlich sowohl eine Folgenabwägung vornehmen als auch eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache anstellen. Drohen aber ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsachverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dann dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist allein anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - zitiert nach [...]). Handelt es sich wie hier um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen und damit das Existenzminimum absichern, muss die überragende Bedeutung dieser Leistungen für den Empfänger mit der Folge beachtet werden, dass ihm im Zweifel die Leistungen - gegebenenfalls auf das absolut erforderliche Minimum beschränkt - aus verfassungsrechtlichen Gründen vorläufig zu gewähren sind.
Vorliegend fehlt es an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf die vorläufige Bewilligung höherer Leistungen in Höhe von monatlich 697,52 EUR nicht glaubhaft gemacht. Die in den angegriffenen Bescheiden vom 24. Mai 2011 und 07. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Juli 2011 vorgenommene vorläufige Einkommensanrechnung ist nicht zu beanstanden.
Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die u.a. hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen. § 13 SGB II i.V.m. § 3 ALG II-VO bestimmt weiter, wie das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zu berechnen ist. Nach § 3 Abs. 1 ALG II-VO ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbständiger Arbeit erzielte Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich zufließen. § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II bestimmt schließlich, dass die Leistungen jeweils für sechs Monate bewilligt und monatlich im Voraus erbracht werden sollen.
Vorliegend stand das zukünftige Einkommen des Antragstellers - wie es bei Selbständigen regelmäßig der Fall ist - für die Zeit vom 01. Juni 2011 bis zum 30. November 2011 (Bewilligungszeitraum) im Zeitpunkt der Leistungsbewilligung im Mai 2011 noch nicht fest. Insbesondere ist für eine endgültige Leistungsbewilligung, die nach dem Grundkonzept des SGB II den Regelfall darstellt, eine Schätzung des Einkommens aus selbständiger Arbeit für zukünftige Zeiträume in § 3 ALG II-VO nicht vorgesehen. Diese kann allenfalls dann vorgenommen werden, wenn das tatsächliche Einkommen nicht innerhalb eines Zeitraumes von zwei Monaten nach Ende des Bewilligungszeitraumes nachgewiesen wird (§ 3 Abs. 6 ALG II-VO). Ein solcher Nachweis ist jedoch erst nach Ablauf des streitigen Zeitraumes möglich. Eine Schätzung nach dieser Regelung für eine (endgültige) Leistungsbewilligung ist daher nur für vergangene, nicht jedoch für zukünftige Zeiträume möglich. Daher konnte auch die Frage der Hilfebedürftigkeit, die nach § 7 Abs. 1 SGB II Grundvoraussetzung für eine (endgültige) Leistungsbewilligung ist, im Zeitpunkt der Leistungsbewilligung nicht abschließend positiv beurteilt werden. Die Nichterweislichkeit der Hilfebedürftigkeit geht insoweit zu Lasten des Antragstellers, da ihn für das Vorliegen der Hilfebedürftigkeit die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.12.2009 - L 12 B 147/09 AS ER - zitiert nach [...]). Eine (endgültige) Leistungsbewilligung kam daher vorliegend nicht in Betracht.
Zugunsten des Antragstellers sieht § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III für solche Fälle jedoch die Möglichkeit einer vorläufigen Entscheidung vor. Nach dieser Vorschrift kann über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistung voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.
Die vorläufige Bewilligung von Geldleistungen steht im Ermessen des Antragsgegners. Dies folgt aus dem Wort "kann" in § 328 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Grundsätzlich besteht ein Ermessen sowohl in der Frage, ob gezahlt wird, als auch bezüglich der Höhe und Dauer. Zwar "muss" auf Antrag vorläufig entschieden werden. Das bedeutet auch, dass bis zur endgültigen Entscheidung zu zahlen ist. Das Ermessen hinsichtlich der Höhe bleibt aber bestehen. Regelmäßig ist die Leistung vorläufig zu gewähren, soweit geklärt ist, dass der Anspruch mindestens in einer bestimmten Höhe besteht. Im Übrigen ist abzuwägen zwischen dem Bedürfnis des Berechtigten und dem Grad der Wahrscheinlichkeit, dass die Voraussetzungen erfüllt sind; auch die Aussichten auf Realisierung eines etwaigen Rückzahlungsanspruchs sind zu berücksichtigen (vgl. Gagel, SGB III Kommentar, § 328 Rn. 38 - 44, zitiert nach beckonline; SG Berlin, Urteil vom 05.02.2009 - S 106 AS 30130/07 -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.06.2010 - L 13 AS 164/10 B ER -).
Der Antragsgegner hat sein Entschließungsermessen vorliegend dahingehend ausgeübt, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zu bewilligen. Die Entscheidung des Antragsgegners bezüglich der Höhe der Leistung, bei der der Antragsgegner nach pflichtgemäßem Ermessen insbesondere die Einkommensverhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen hat, ist nicht zu beanstanden. Ermessensfehler sind nicht zu erkennen.
Bei der Festlegung der Höhe der vorläufig zu erbringenden Leistung ist das voraussichtliche Einkommen des Antragstellers zu berücksichtigen. Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit dürfen bezogen auf zukünftige Zeiträume Schätzungen vorgenommen werden, soweit die betreffenden Bescheide unter den Vorbehalt der Vorläufigkeit gestellt werden. Maßgeblich für die Prognose sind die bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens bekannten und erkennbaren Umstände und die Angaben des Antragstellers im Leistungsantrag. Es ist insoweit die Obliegenheit eines Hilfesuchenden, anhand bisheriger betriebswirtschaftlicher Aufzeichnungen oder betriebswirtschaftlicher Vorausschauen, die voraussichtliche Einnahme- und Ausgabesituation glaubhaft zu machen (vgl. BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R - zitiert nach [...]; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.04.2011 - L 13 AS 106/11 B ER -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 25.08.2008 - L 11 B 560/08 AS ER - zitiert nach [...]; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.11.2010 - L 5 AS 200/10 B ER - zitiert nach [...]). Bei schwankendem Einkommen ist der Grundsicherungsträger berechtigt, ein fiktives Einkommen auf Grundlage einer vorläufigen Durchschnittsberechnung anzurechnen. Zur Wahrung einer Bedarfsdeckung ist dabei darauf zu achten, dass der Durchschnittsbetrag nicht zu hoch angesetzt wird. Der Anspruch auf kontinuierliche Gewährleistung des Existenzminimums schließt die Notwendigkeit ein, bei Festsetzung des prospektiv geschätzten Abzugsbetrages restriktiv zu verfahren; insbesondere gibt es kein schützenswertes Interesse des Grundsicherungsträgers über Sicherheitszuschläge einer Überzahlung vorzubeugen (vgl. SG Berlin, Beschluss vom 28.11.2007 - S 37 AS 29104/07 ER - zitiert nach [...]).
Es begegnet keinen Bedenken, dass der Antragsgegner seiner nach § 40 SGB II i.V.m. § 328 SGB III möglichen vorläufigen Bewilligung nach seinem Ermessen ein Einkommen von 766,82 EUR monatlich zugrunde gelegt hat. Die Höhe der vom Antragsgegner vorgenommenen Schätzung ist nicht zu beanstanden und erweist sich als ermessensfehlerfrei. Eine hinreichende Grundlage für das prognostische Einkommen bilden hier die vom Antragsteller eingereichten Erklärungen zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für die Monate Juni bis November 2011 (Anlage EKS). Die Schätzung beruht damit auf den eigenen Angaben des Antragstellers in der dem Leistungsantrag beigefügten Anlage EKS, die lediglich in einigen Punkten - und nach überschlägiger Prüfung zu Recht - von dem Antragsgegner korrigiert wurde. Der Antragsteller war gehalten, in der Anlage EKS die von ihm tatsächlich erwarteten Zahlen anzugeben, so dass von einer realistischen Grundlage ausgegangen werden kann. Die Zahlen werden bestätigt durch den Vortrag des Antragstellers in dem Verfahren S 28 AS 339/11 ER bei der beschließenden Kammer, in dem es um die Gewährung einer Eingliederungsleistung für Selbständige ging. Der Antragsteller hatte dort zu der Frage der wirtschaftlichen Tragfähigkeit seines Unternehmens vorgetragen, dass sein Umsatz monatlich gestiegen sei. Im Mai 2011 habe der Umsatz schon 750,00 EUR betragen. Bestätigt wurde dies durch die positive Stellungnahme der Unternehmensberatung Fuß und Willkomm GbR zur wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Unternehmens vom 10. Mai 2011. Aufgrund des dortigen Vortrages des Antragstellers und der von ihm - durch Vorlage der Anlage EKS - prognostizierten Gewinne hat der Antragsgegner dem Antragsteller letztlich ein Darlehen über 1.900,00 EUR zur Anschaffung von benötigten Werkzeugen für seinen Holzhandel gewährt. Nach Gewährung dieses Darlehens kann nunmehr auch der Verkauf von Brennholz durch den Antragsteller vorangetrieben werden, so dass die von diesem selbst prognostizierten Gewinne gemäß der Anlage EKS umso mehr als realistisch anzusehen sind. Soweit der Antragsteller die von ihm prognostizierten Gewinne, die er in dem Verfahren S 28 AS 339/11 ER noch zu seinen Gunsten als realistisch dargestellt hat, nunmehr als unrealistische und überhöhte Schätzung darstellt, drängt sich dem Gericht der Eindruck auf, dass der Antragsteller die Schätzung seiner Gewinne der jeweiligen Verfahrenskonstellation anpasst.
Schließlich ändert der Umstand, dass der Antragsteller - nach seinen eigenen Aufstellungen - rückblickend im Juni 2011 tatsächlich lediglich einen Gewinn von 162,74 EUR erzielt hat, nichts daran, dass sich die vorab getroffene Ermessensentscheidung des Antragsgegners über die vorläufige Bewilligung von Leistungen als rechtmäßig darstellt. Die vorgebrachten neuen Tatsachen können die Prognose des Beklagten nicht erschüttern, da sie die Richtigkeit der ursprünglichen Prognose nicht widerlegen (vgl. BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R - zitiert nach [...]). Die tatsächlichen Zahlen werden bei der endgültigen Leistungsbewilligung zu berücksichtigen sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus dem entsprechend anzuwendenden § 193 SGG; es entspricht der Billigkeit, von einer Erstattung der außergerichtlichen Kosten des unterliegenden Antragstellers abzusehen.
2.
Da dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt, war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ebenfalls abzulehnen (§ 73a SGG in Verbindung mit den §§ 114 Abs. 1, 121 ZPO).