Sozialgericht Stade
Beschl. v. 04.04.2011, Az.: S 34 SF 49/10 E
Bloße Verfahrensförderung durch den Rechtsanwalt genügt nicht den Anforderungen an ein qualifiziertes Mitwirken an der Einigung und rechtfertigt keine Einigungsgebühr; Bloße Verfahrensförderung durch den Rechtsanwalt bzw. qualifiziertes Mitwirken an der Einigung als Voraussetzung zur Erstattung einer Einigungsgebühr; Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in der Höhe einer Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG; Anregung zur Abgabe eines Anerkenntnisses als qualifizierte Mitwirkungshandlung des Prozessbevollmächtigten
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 04.04.2011
- Aktenzeichen
- S 34 SF 49/10 E
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 24179
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2011:0404.S34SF49.10E.0A
Rechtsgrundlagen
- Nr. 1002 VV RVG
- Nr. 1005 VV RVG
- Nr. 1006 VV RVG
Tenor:
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Stade vom 8. Dezember 2010 wird geändert. Die von dem Beklagten zu erstattenden Auslagen und Gebühren werden auf 455,77 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Höhe erstattungsfähiger Rechtsanwaltsgebühren. Der Beklagte macht geltend, dass die Voraussetzungen einer Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG nicht erfüllt sind, so dass die Festsetzung der Erledigungsgebühr zu Unrecht erfolgt ist.
Die zulässige Erinnerung ist begründet. Die Voraussetzungen einer Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG liegen vorliegend nicht vor.
Zutreffend hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002, 1005, 1006 VV RVG nicht festgesetzt. Eine solche Gebühr entsteht bei einer Einigung oder Erledigung sozialrechtlicher Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Beitragsrahmengebühren entstehen. Nach der Rechtsprechung des BSG setzt die Gebühr dabei eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung der Rechtssache voraus (vgl hierzu BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 13/06 R und Urteil vom 5. Mai 2009 - B 13 R 137/08 R). Gemeint ist damit, dass der Rechtsanwalt in einer Weise tätig wird, die über die allgemeine Wahrnehmung verfahrensmäßiger bzw. rechtlicher Interessen für seinen Mandanten hinausgeht und damit erst eine Entstehung neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren rechtfertigt. Eine Tätigkeit des Anwalts, die nur allgemein auf Verfahrensförderung gerichtet ist, reicht damit nicht aus; es muss ein besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits gegeben sein. Dass der Rechtsanwalt sämtliche für den Mandanten sprechenden rechtlichen Argumente in möglichst überzeugender Weise vorträgt, ist bereits durch die Verfahrens- und u.U. Terminsgebühr abgegolten (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl. 2008, VV 1002 Rdn 38). Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers lediglich Klage erhoben, diese begründet und einen weiteren Schriftsatz zur Sache gefertigt. Darüber hinaus hat er das von dem Beklagten abgegebene Anerkenntnis mit Schreiben vom 12. April 2010 angenommen. Eine gesonderte qualifizierte anwaltliche Mitwirkung an der Erledigung des Verfahrens im beschriebenen Sinne ist damit weder ersichtlich noch vorgetragen.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers stellt eine im laufenden Verfahren gegebene Anregung des Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Beklagten, nunmehr ein volles Anerkenntnis abzugeben, regelmäßig keine qualifizierte Mitwirkungshandlung des Prozessbevollmächtigten dar, die eine Erledigungsgebühr rechtfertigen kann. Gleiches gilt für die vom Prozessbevollmächtigten getätigte Anfrage gegenüber dem Kläger, ob das vorliegende Anerkenntnis zur Erledigung des Rechtsstreits angenommen werden soll. Im Regelfall ist davon auszugehen, dass es keiner besonderen Einwirkungshandlung des Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Kläger bedarf, ein volles Anerkenntnis anzunehmen. Im vorliegenden Fall kommt sogar noch hinzu, dass bereits der Kammer-vorsitzende den Prozessbevollmächtigten sowie den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass das Anerkenntnis des Beklagten eher großzügig erscheint, so dass es unbedingt zur Erledigung des Rechtsstreits angenommen werden sollte.
Nach alldem berechnen sich die zu erstattenden Auslagen und Gebühren wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 250,- EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 100,- EUR Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG 13,- EUR Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,- EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 72,77 EUR Summe: 455,77 EUR
Die Entscheidung ist unanfechtbar, § 197 Abs. 2 SGG.