Sozialgericht Stade
Urt. v. 06.12.2011, Az.: S 28 AS 740/09
Übernahme der Kosten für die Anschaffung von Arbeitskleidung für den Unterricht an einer Berufsschule
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 06.12.2011
- Aktenzeichen
- S 28 AS 740/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 34942
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2011:1206.S28AS740.09.0A
Rechtsgrundlage
- § 24a SGB II
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Übernahme der Kosten für die Anschaffung von Arbeitskleidung für den Unterricht an der Berufsschule.
Die 1992 geborene Klägerin bezog zusammen mit ihren Eltern und ihren Geschwistern von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Ab August 2009 absolvierte sie ein schulisches Berufs-vorbereitungsjahr beim beruflichen Bildungszentrum F. in G ...
Mit Bewilligungsbescheid vom 21. Juli 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10. August 2009 gewährte der Beklagte der Klägerin für den August 2009 eine einmalige Leistung in Höhe von 100,00 EUR nach § 24a SGB II zum Erwerb von Schulbedarf.
Am 06. August 2009 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten für Arbeitskleidung, die sie für den Unterricht in der Berufsschule benötige. Sie benötige zwei Latzhosen, eine Jacke und ein Paar Sicherheitsschuhe mit Stahlkappe. Die Klägerin fügte dem Antrag eine Aufstellung der von ihr benötigten Arbeitsmittel und -kleidung bei. Danach benötigte sie 2 x Gliedermaßstab, 2 x Bleistifte H, 2 x Zimmermannsbleistifte, 2 x Arbeitslatzhosen, 1 x Arbeitsjacke und 1 x Sicherheitsstiefel mit Stahlkappe.
Mit Bescheid vom 17. August 2009 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung weiterer Leistungen für die Anschaffung von Arbeitskleidung für den Besuch der Berufsschule ab. Aufgrund der Regelung des § 24a SGB II seien im August 2009 zum Arbeitslosengeld II zusätzliche Leistungen in Höhe von einmalig 100,00 EUR zum Erwerb von Schulbedarf bewilligt und ausgezahlt worden. Die Leistung diene dem Erwerb von Gegenständen zur persönlichen Ausstattung für die Schule. Eine darüber hinaus gehende Förderung nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei aufgrund des Umgehungs- und Aufstockungsverbotes des § 45 Abs. 3 SGB III ausgeschlossen.
Die Klägerin erhob am 24. August 2009 Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. August 2009. Sie sei mit einer pauschalen Abgeltung nicht einverstanden. Arbeitskleidung sei kein Schulmaterial. In der laufenden Regelleistung seien keine Beträge zum Erwerb von Arbeitskleidung enthalten. Ohne die Sicherheitskleidung könne sie nicht an dem Unterricht der Berufsschule teilnehmen, wodurch der Erwerb ihres Hauptschulabschlusses gefährdet sei.
Zugleich erhob die Klägerin am 24. August 2009 bei dem erkennenden Gericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Az.: S 28 AS 572/09 ER) und begehrte die Übernahme der Kosten der Berufs- und Sicherheitsbekleidung für den Besuch der Berufsschule. Sie führte ergänzend zu ihrem Widerspruch aus, dass sie von den bewilligten 100,00 EUR bisher nichts ausgegeben habe; das Schulgeld sei jedoch für das ganze Jahr bestimmt.
Ausweislich der im gerichtlichen Eilverfahren eingeholten Stellungnahme der KIVINAN Schule vom 30. September 2009 benötigte die Klägerin folgende Arbeitskleidung und -mittel, um am fachpraktischen Unterricht teilnehmen zu können: Sicherheitsschuhe für ca. 30,00 EUR, Arbeitshose für ca. 35,00 EUR, Gliedermaßstab für ca. 5,00 EUR und Stift für ca. 2,00 EUR.
Mit Beschluss vom 14. Oktober 2009 lehnte die erkennende Kammer den Antrag auf Er-lass einer einstweiligen Anordnung ab. Die Klägerin habe einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Nach Mitteilung der Schule vom 30. September 2009 seien Aufwendungen in Höhe von ca. 72,00 EUR notwendig, um am Unterricht teilnehmen zu können. Der Klägerin seien zum einen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zugeflossen, aus denen Ansparungen hätten getätigt werden können. Zugleich sei eine Sonderleistung in Höhe von pauschal 100,00 EUR ausgezahlt worden. Im Übrigen sei für eine zuschussweise Übernahme der Kosten keine Rechtsgrundlage erkennbar.
Die Klägerin hat nach Ablehnung ihres Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung am 22. Oktober 2009 die vorliegende Klage erhoben.
Im Laufe des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2009 den Widerspruch der Klägerin vom 24. August 2009 gegen den Bescheid vom 17. August 2009 als unbegründet zurückgewiesen, nachdem die Entscheidung über den Widerspruch mit Blick auf das gerichtliche Eilverfahren zunächst zurückgestellt worden war. Zur Begründung hat der Beklagte im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass im Rahmen der Leistungsbewilligung bereits eine einmalige Leistung in Höhe von 100,00 EUR nach § 24a SGB II erbracht worden sei. Die Vorschrift sei zum 01. August 2009 in das Gesetz eingefügt worden und sehe zusätzliche Leistungen für die Schule vor. Schülerinnen und Schüler, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten und eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchten, erhielten eine zusätzliche Leistung für die Schule in Höhe von 100,00 EUR. Der Gesetzgeber habe erkannt, dass es sich um eine besondere Bedarfsgruppe handele, für die die Regelung eines gesonderten Bedarfs erforderlich sei. Ebenso wie bei der Bemessung der Regelleistung sei auch hier eine Pauschalierung mit einem gesetzlich normierten Betrag erfolgt. Eine Aufstockung der zusätzlichen Leistung sei weder laut dem Gesetzeswortlaut noch nach dem Willen des Gesetzgebers zulässig; der Gesetzgeber stelle dies auch in§ 3 Abs. 3 SGB II klar. Ein über § 24a SGB II hinausgehender Zuschuss sei nicht möglich. Die Klägerin habe nach eigener Aussage die gewährten 100,00 EUR noch nicht für den Kauf von Materialien für die Schule eingesetzt. Der von ihr nachgewiesene Bedarf sei geringer als die bereits gewährte Leistung. Der von der Schule am 20. September 2009 bescheinigte Gesamtbedarf von 72,00 EUR könne mit der zusätzlichen Leistung abgedeckt werden. Es komme auch keine darlehensweise Gewährung der Leistung oder eine Förderung nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III in Betracht. Leistungen aus dem Vermittlungsbudget dürften andere Leistungen nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass die gewährten 100,00 EUR für Schulmaterial ausgegeben worden seien. 50,00 EUR gingen schon für Sportschuhe und Sportzeug weg, da in der Berufsschule auch Sportunterricht Pflicht sei. Die verbleibenden 50,00 EUR seien für laufende Schulmaterialien (Hefte, Blöcke, Schreibmaterial, Taschenrechner, Buntstifte usw.) ausgegeben worden. Das Geld sei hierfür kaum ausreichend. Quittungen seien nicht mehr vorhanden, da diese nur bis zum 31. Juli des Folgejahres aufgehoben werden müssten. Arbeitskleidung sei kein Schulmaterial und könne auch nicht als Privatkleidung benutzt werden; daher sei eine zusätzliche Leistung erforderlich. Der Regelsatz reiche nicht einmal für Ernährung, geschweige denn für normale Bekleidung aus. Die benötigte Arbeitskleidung sei daher zusätzlich zu erstatten und nicht nur kreditweise zu bewilligen; ein Kredit sei aus dem Regelsatz nicht zu bestreiten. Sollte sie mangels finanzieller Masse von der Schule abgehen und dadurch keinen Schulabschluss erreichen können, würde dies den Beklagten wahrscheinlich ein Vielfaches kosten. Im Übrigen weise der Beklagte der Schule als Maßnahme Hilfesuchende zu, um dort den Hauptschulabschluss zu machen; diese würden dann mit Sicherheit alle mit der Maßnahme entstehenden Kosten ersetzt bekommen, auch die Arbeitskleidung. Auf das Gleichheitsgebot werde verwiesen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
- 1.
den Bescheid des Beklagten vom 17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 23. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für die Anschaffung von Arbeitskleidung für den Unterricht an der Berufsschule zu übernehmen;
- 2.
festzustellen, dass Arbeits- und Schutzkleidung kein Schulmaterial ist und somit nicht aus der Schulmittelpauschale zu bestreiten ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen in seinem Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2009 sowie auf die Ausführungen des Gerichts in dem Beschluss vom 14. Oktober 2009.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Klageantrag zu 1. ist zulässig, aber unbegründet (dazu unter 1.). Der Klageantrag zu 2. ist schon unzulässig (dazu unter 2.).
1.
Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Beklagten vom 17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zu Recht hat der Beklagte die Übernahme der Kosten für die Anschaffung von Arbeitskleidung für den Unterricht an der Berufsschule abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf gesonderte Übernahme der Kosten für die Anschaffung von Arbeitskleidung für den Unterricht an der Berufsschule.
Nach § 24a Zweites Buch Sozialgesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: SGB II a.F.) erhalten Schülerinnen und Schüler, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen, eine zusätzliche Leistung für die Schule in Höhe von 100 EUR, wenn sie oder mindestens ein im Haushalt lebender Elternteil am 01. August des jeweiligen Jahres Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch haben. Nach § 41 Abs. 5 SGB II a.F. wird die Leistung nach § 24a jeweils zum 01. August eines Jahres erbracht.
Die Leistung soll nach der Gesetzesbegründung dem Erwerb von Gegenständen zur persönlichen Ausstattung für die Schule (z.B. Schulranzen, Schulrucksack, Turnzeug, Turnbeutel, Blockflöte) und für Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterialien (z.B. Füller einschließlich Tintenpatronen, Kugelschreiber, Bleistifte, Malstifte, Hefte, Blöcke, Papier, Lineale, Buchhüllen, Zirkel, Taschenrechner, Geodreieck) dienen. Es handelt sich um eine "Leistung für die Schule", nicht lediglich um Leistungen für "Schulmaterial". Erfasst werden alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Schulbesuch für die persönliche Ausstattung anfallen können. Dazu dienen auch Bekleidungsgegenstände, soweit sie für die Schule erforderlich sind (z.B. Bekleidung für den Sportunterricht; Bekleidung für andere Unterrichtsfächer). Da von der Regelung in § 24a SGB II auch Schülerinnen und Schüler erfasst werden, die eine berufsbildende Schule besuchen, umfassen die Leistungen für die Schule auch solche Kosten, die speziell an einer Berufsschule anfallen. Dazu gehören Arbeitsmaterialien und Arbeitsbekleidung, die für den fachpraktischen Unterricht benötigt werden. Die von der Klägerin benötige Arbeitskleidung für die Teilnahme an dem Unterricht an der Berufsschule dient der persönlichen Ausstattung für die Berufsschule und wird damit von den Leistungen nach§ 24a SGB II a.F. umfasst.
Die zusätzliche Leistung für die Schule wird als Zuschuss pauschaliert in Höhe von 100,00 EUR einmal jährlich zum 01. August erbracht. Ebenso wie bei der Bemessung der Regelleistung ist auch hier - nach Auffassung der Kammer zulässigerweise - eine Pauschalierung mit einem gesetzlich normierten Betrag erfolgt. Die Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung.
Mit Bewilligungsbescheid vom 21. Juli 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10. August 2009 hat der Beklagte der Klägerin zum 01. August 2009 zusätzliche Leistungen für die Schule nach § 24a SGB II a.F. in Höhe von 100,00 EUR gewährt. Die einmalige Beihilfe für das Schuljahr 2009/2010 ist damit ausgezahlt worden.
Ein darüber hinaus gehender Anspruch ergibt sich nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht.
Eine abweichende Festsetzung der pauschalierten Regelleistung nach § 20 SGB II a.F. - etwa in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs. 1 Satz 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) - ist nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 11/10 R - zitiert nach [...]). Zum einen fehlt in § 20 SGB II a.F. eine dem § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII entsprechende Regelung der abweichenden Festlegung der Regelleistung. Zum anderen hat der Gesetzgeber in§ 3 Abs. 3 Satz 2 SGB II a.F. eindeutig bestimmt, dass eine abweichende Festlegung der Bedarfe ausgeschlossen ist (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 04.09.2008 - L 13 AS 104/08 - zitiert nach [...]; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 12.12.2008 - L 13 AS 234/08 ER -).
Sonstige Schulbedarfe - hier in Form von Arbeitskleidung für die Berufsschule - sind des Weiteren weder als Mehrbedarfe nach§ 21 SGB II a.F. normiert, noch als Sonderbedarfe nach 23 SGB II a.F. vorgesehen (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 47/09 R - zitiert nach [...]). Die in § 23 Abs. 3 SGB II a.F. gesondert aufgeführten Bedarfslagen sind nicht von der Regelleistung erfasst. Die Aufzählung der in § 23 Abs. 3 SGB II a.F. genannten Bedarfslagen ist abschließend und kann nicht im Wege der Auslegung erweitert werden. Auch eine verfassungskonforme Erweiterung des § 23 Abs. 3 SGB II a.F. ist abzulehnen. Einer solchen verfassungskonformen Auslegung steht der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers entgegen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 04.09.2008 - L 13 AS 104/08 - zitiert nach [...]; BSG,Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 11/10 R - zitiert nach [...]).
Auch der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 09. Februar 2010 geschaffene verfassungsrechtliche Anspruch für die Deckung unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarfe (nunmehr geregelt in § 21 Abs. 6 SGB II n.F.) ist nicht einschlägig, weil es sich bei dem Bedarf für die Schule nicht um einen besonderen, atypischen Bedarf handelt. Vielmehr geht es um einen Anspruch, der dem grundgesetzlich geschützten Existenzminimum zuzurechnen ist. Für solche "typischen" Bedarfe ist der neue Anspruch nicht gedacht (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 47/09 R - zitiert nach [...]).
Ein Anspruch der Klägerin auf Kostenübernahme der benötigten Arbeitskleidung für die Berufsschule ist auch aus sonstigen verfassungsrechtlichen Gründen nicht gegeben. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 09. Februar 2010 (- 1 BvL 1/09 - zitiert nach [...]) die Berechnung der Regelleistung für Kinder und Jugendliche für verfassungswidrig erachtet. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil jedoch zugleich klargestellt, dass die Rechtsverstöße durch eine verfassungswidrige Bedarfsunterdeckung für den Zeitraum ab Inkrafttreten des SGB II ab dem 01. Januar 2005 vom Gesetzgeber nicht mit Wirkung für die Vergangenheit zu korrigieren seien. Eine rückwirkende Leistungsgewährung sei nicht notwendig. Für die Zukunft hat der Gesetzgeber dem besonderen Bedarf von Kindern und Jugendlichen u.a. mit der Einführung des § 24a SGB II a.F. Rechnung getragen. Daneben befasst sich nunmehr § 28 SGB II n.F. mit weiteren Bedarfen für Bildung und Teilhabe.
Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 73 SGB XII. Nach § 73 Satz 1 SGB XII können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Eine ergänzende Heranziehung des § 73 SGB XII für an sich von den Leistungen des SGB XII ausgeschlossene Empfänger der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II kommt nur dann in Betracht, wenn eine sogenannte atypische, besondere Bedarfslage vorliegt, die einen Bezug zu Grundrechten aufweist. Bei dem Bedarf für die Schule handelt es sich jedoch um einen typischen Bedarf, der bei jedem Schüler regelmäßig anfällt und der deshalb auch im SGB II hätte gedeckt werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 47/09 R - zitiert nach [...]; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 04.09.2008 - L 13 AS 104/08 - zitiert nach [...]).
Der von der Klägerin geltend gemachte Schulbedarf in Form von Arbeitskleidung für die Berufsschule ist des Weiteren auch nicht vom Kindergeld als zur Bedarfsdeckung bei der Klägerin dienendes Einkommen vorab in Abzug zu bringen. Das Kindergeld dient dort der Existenzsicherung des Kindes, also auch zur Deckung des Schulbedarfs. Soll es diesen Zweck nicht verfehlen, darf nicht zugleich, bevor es zur Bedarfsdeckung eingesetzt wird, ein Teil herausgerechnet werden. Das Kindergeld ist auch nicht in Höhe des Schulbedarfs als zweckbestimmte Einnahme anzusehen und daher nicht als Einkommen bei der Berechnung des Sozialgeldes zu berücksichtigen. Das Kindergeld ist aufgrund seiner Bindung zur Bedarfsdeckung beim Kind zwar eine an die Person gebundene Leistung, die allerdings demselben Zweck wie die SGB II-Leistung dient, nämlich der Sicherung des Lebensunterhalts. Deshalb ist das Kindergeld auch nicht ganz oder teilweise von der Einkommensberücksichtigung als zweckbestimmte Einnahme auszunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 11/10 R - zitiert nach [...]).
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Nach § 16 Abs. 1 SGB II erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann die übrigen im Dritten Kapitel, im Ersten und Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels, im Fünften Kapitel, im Ersten Abschnitt des Sechsten Kapitels und die in den §§ 417, 421 f, 421 g, 421 k, 421 n, 421 o, 421 p, 421 q und 421 t Absatz 4 bis 5 des Dritten Buches geregelten Leistungen erbringen. § 45 SGB III steht im Ersten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Ausbildungssuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende und Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Nach § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB III darf die Förderung aus dem Vermittlungsbudget die anderen Leistungen nach diesem Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen. Vorliegend würde eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget die Leistung nach § 24a SGB II a.F. unzulässigerweise aufstocken, so dass eine Förderung ausscheidet.
Da die Klägerin sich ausdrücklich gegen eine darlehensweise Bewilligung der begehrten Leistung ausgesprochen hat, scheidet ein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs. 1 SGB II a.F. schon aus diesem Grund aus. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte nicht verpflichtet ist, bereits bei der Entscheidung über die Gewährung eines Darlehens zugleich über den Erlass der Rückforderung zu befinden; das widerspräche dem Charakter der Zahlung als Darlehen. Diese Lösungsmöglichkeit, ein Darlehen unter gleichzeitigem Verzicht der Rückforderung zu gewähren, ist aus systematischen Gründen ausgeschlossen. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 SGB II a.F. sieht ein tilgungsfreies Darlehen nicht vor. Daraus folgt, dass dem Leistungsträger kein Entschließungsermessen dahingehend zusteht, ob er auf die Rückzahlung insgesamt verzichtet. Allenfalls in Ausnahmefällen kommt zur Überbrückung einer aktuell bestehenden Notlage die Gewährung eines Darlehens unter Verzicht der im Gesetz vorgesehenen monatlichen Aufrechnung in Betracht (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 04.09.2008 - L 13 AS 104/08 - zitiert nach [...]). Die Rückzahlungsfreiheit des Darlehens kann auch nicht auf einen aus § 44 SGB II herzuleitenden Schutzgedanken gegründet werden. Eine solche Anknüpfung wäre im Ergebnis eine Umgehung der vom Gesetzgeber ausgeschlossenen Erhöhung der Regelsätze sowie der zwingend vorgesehenen Tilgung des Darlehens (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 11/10 R - zitiert nach ju-ris).
2.
Der Antrag der Klägerin, festzustellen, dass Arbeits- und Schutzkleidung kein Schulmaterial ist und somit nicht aus der Schulmittelpauschale zu bestreiten ist, ist schon unzulässig.
Nach § 55 SGG kann mit der Klage u.a. begehrt werden die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.
Die Feststellungsklage ist vorliegend subsidiär, da die Klägerin ihre Rechte durch eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgen kann. Aus diesem Grund fehlt ihr für die Feststellungsklage auch das in § 55 SGG vorausgesetzte berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung. Ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung durch das Gericht besteht nicht, da die Klägerin ihre Ansprüche durch eine Anfechtung der Versagung weiterer Leistungen für die Arbeitskleidung und eine Klage auf weitere Leistungen für die Arbeitskleidung verfolgen kann. Dies hat sie mit ihrem Klageantrag zu 1. auch getan. Neben dieser Möglichkeit besteht kein berechtigtes Interesse an einer abgehobenen theoretischen Klärung der Frage, was Arbeitskleidung ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.