Sozialgericht Stade
v. 08.09.2011, Az.: S 7 U 7/10
Kinderbetreuer erhält nach ungeklärtem Unfall keine Leistungen aus der Unfallversicherung; Anspruch eines Kinderbetreuers auf Leistungen aus der Unfallversicherung bei ungeklärtem Unfall auf dem Spielplatz
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 08.09.2011
- Aktenzeichen
- S 7 U 7/10
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2011, 30002
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2011:0908.S7U7.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 1 SGB VII
- § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Der am 03. August 1975 geborene Kläger beaufsichtigte am 03. Juli 2008 als Betreuer Kinder beim Bau eines Schiffes auf einem (Bau-) Spielplatz. Der Kläger wurde am Boden liegend krampfend aufgefunden. Zeugen für den Vorfall gab es nicht. Der Kläger war bei seinem Auffinden nicht ansprechbar und hatte keine Erinnerung an das vorangegangene Geschehen.
Der Durchgangsarzt Dr. D. diagnostizierte eine verminderte Anzahl an Blutplättchen, Kaliummangel, einen Verwirrtheitszustand gemischter Ursache, eine Alkoholkrankheit, eine vollständige Trommelfellperforation und einen alkoholbedingten Leberzellschaden sowie einen Schädelbruch mit Einblutung. Der Kläger wurde im Helios Klinikum E. behandelt. Dort konnte man anhand der Auffindesituation keinen klaren Rückschluss auf die Kausalkette machen und hielt einen Alkoholentzugsanfall für möglich. Der Kläger selbst ging davon aus, dass er aufgrund von Hitze und Flüssigkeitsmangel gestürzt war.
Mit Bescheid vom 25. August 2009 lehnte die Beklagte eine Anerkennung des Ereignisses vom 03. Juli 2008 als Arbeitsunfall ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den er u.a. damit begründete, dass am Unfalltage hochsommerliches Wetter geherrscht habe und die Temperaturen bei ca. 30 C gelegen hätten, so dass - sofern sein Sturz tatsächlich Folge eines Kreislaufzusammenbruchs gewesen sei - sich eine betriebsimmanente Gefahr realisiert habe. Die Beklagte befragte daraufhin den Zeugen F., der angab, dass in 5 Meter Entfernung vom Kläger kostenlose Getränke in Form von Mineralwasser, Fruchttee und Kaffee zur Verfügung gestanden hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Am 11. Januar 2010 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2009 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 03. Juli 2008 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat ein amtliches Gutachten vom Deutschen Wetterdienst über das Wetter am 03. Juli 2008 gegen Mittag in G. eingeholt. Bezüglich der Einzelheiten dieses Gutachtens wird auf Blatt 21 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
Das Gericht hat Dr. H. gem. § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Der Kläger hat die Untersuchungstermine am 09. November 2010 und 03. Dezember 2010 ohne Angabe von Gründen nicht wahrgenommen, woraufhin das Gericht die Beweisanordnung aufgehoben hat.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 07. Dezember 2010 davon in Kenntnis gesetzt, dass es in Aussicht nehme nach Aktenlage durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
Das Gericht hat die den Kläger betreffende Verwaltungsakte beigezogen.
Entscheidungsgründe
Nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht hier ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf; der Sachverhalt ist geklärt.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2009 ist rechtmäßig. Der Kläger kann die Anerkennung des Ereignisses vom 03. Juli 2008 als Arbeitsunfall nicht verlangen.
Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung -, SGB VII) sind dann zu gewähren, wenn ein Versicherungsfall eingetreten ist. Nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle, die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach§§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Der Eintritt eines Arbeitsunfalls setzt in der gesetzlichen Unfallversicherung eine bestimmte Abfolge ursächlich miteinander verknüpfter Umstände und Ereignisse voraus. Nach der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Die Kammer vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger am 03. Juli 2008 in Folge eines von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses Gesundheitsschäden erlitten hat. Der Kläger wurde am Boden liegend krampfend aufgefunden. Zeugen für das Ereignis gab es nicht. Niemand hat insbesondere beobachtet, ob und wie der Kläger gestürzt ist. Die den Kläger nach dem Unfall behandelndenÄrzte hielten einen Alkoholentzugskrampf für möglich, so dass sich der Kläger nach dieser Einschätzung die Verletzungen in Folge einer inneren Ursache zugezogen hätte und kein Unfall vorgelegen hätte. Der Kläger selbst hat an das Geschehen keine Erinnerung mehr. Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren nicht möglich, denn der Kläger hat der Einbestellung durch den Sachverständigen Dr. H. zweimal keine Folge geleistet, so dass der medizinische Sachverhalt nicht weiter aufgeklärt werden konnte. Dies geht zu Lasten des Klägers. Nach dem Akteninhalt ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Kläger in Folge einer äußeren Ursache gestürzt ist. Ausweislich des von der Beklagten eingeholten Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes herrschten am Unfalltag zum Unfallzeitpunkt Temperaturen um 20 C bei einem schwachen Wind. Nach Aussage des Zeugen F. standen in Nähe des Klägers kostenlose Getränke zur Verfügung, so dass es nicht hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Kläger in Folge von Hitze und nicht ausreichender Flüssigkeitszufuhr einen Kreislaufzusammenbruch erlitten hat und gestürzt ist, wovon der Kläger ausgeht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.