Sozialgericht Stade
Urt. v. 23.02.2011, Az.: S 21 VE 12/09
Rechtmäßigkeit eines Neufeststellungsbescheids über die Gewährung von Versorgungsbezügen (hier: Berufsschadensausgleich) anlässlich einer Scheidung des Versorgungsempfängers; Pflicht zur Mitteilung einer Scheidung als wesentliche Änderung aufgrund deren Auswirkungen auf die Berechnung eines Nettovergleichseinkommens bzw. auf einen Berufsschadensausgleich; Berechnung des Nettovergleichseinkommens bzw. des Nettoeinkommens aus früherer bzw. gegenwärtiger Tätigkeit anhand eines pauschalen prozentualen Abschlags
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 23.02.2011
- Aktenzeichen
- S 21 VE 12/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 15036
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2011:0223.S21VE12.09.0A
Rechtsgrundlagen
- § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I
- § 30 Abs. 3 BVG
- § 30 Abs. 7 Nr. 2 BVG
- § 30 Abs. 8 Nr. 1 BVG
- § 48 SGB X
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der geschiedene und unterhaltspflichtige Kläger wehrt sich gegen die gemäß § 30 Abs. 7 Bundesversorgungsgesetz (BVG) vorgenommene Berechnung des Berufsschadensausgleichs (BSchA) nach dem Nettovergleichseinkommen unter Zugrundelegung eines unverheirateten Beschädigten ab April 2008.
Der im Jahr 1952 geborene Kläger war erlernter Kfz-Mechaniker. In der Zeit vom 1. Januar 1972 bis zu seiner vorzeitigen Entlassung aus gesundheitlichen Gründen am 30. April 1976 war der Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr. Seit 1975 leidet der Kläger unter einer entzündlichen Erkrankung der Wirbelsäule (Morbus Bechterew, ankylosierende Spondylarthritis). Durch Bescheid des Wehrbereichsgebührnisamtes III vom 14. Dezember 1976 gewährte das Wehrbereichsgebührnisamt dem Kläger wegen der Bechterewschen Erkrankung Versorgung gemäß § 81 Abs. 4 Satz 2 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) im Wege einer Kann-Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 40 v.H. ab dem 1. Januar 1975 bis zum Zeitpunkt seiner Entlassung am 30. April 1976. Ab dem 1. Mai 1976 gewährte das Versorgungsamt H. dem Kläger durch Bescheid vom 8. März 1976 Versorgung aufgrund der Bechterewschen Erkrankung. Durch Bescheid vom 22. Juni 1977 bewilligte der Beklagte dem Kläger eine Umschulung zum Bürokaufmann, die zwischen dem 7. August 1977 und dem 31. Juli 1979 erfolgte. Zwischen 1981 und dem 30. September 1993 war der Kläger als Angestellter im Sozialamt und in der Diakonie tätig. Seit 1. Oktober 1993 war der Kläger arbeitslos und seit 1. Juni 1994 bezog der Kläger auf Grundlage des Bescheides der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 15. April 1994 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nach einem Neufeststellungsantrag des Klägers wurden die Folgen der Becherewschen Erkrankung durch Bescheid vom 29. August 1990 mit einer MdE in Höhe von 50 v.H. ab dem 1. April 1990 bewertet.
Seit dem 10. Juli 1992 war der Kläger mit Frau I., geborene J., in zweiter Ehe verheiratet. Der Kläger hat insgesamt fünf Kinder, zwei aus erster Ehe und drei aus zweiter Ehe. Durch Bescheid vom 6. Oktober 1995 stellte der Beklagte die besondere berufliche Betroffenheit gemäß § 30 Abs. 2 BVG ab dem 1. Oktober 1993 fest, da der Kläger ab dieser Zeit in Folge der Schädigung keinen sozialgleichwertigen Beruf in Folge der Arbeitslosigkeit mehr ausüben konnte. Ebenfalls ab dem gleichen Zeitraum, also ab Oktober 1993, waren die Voraussetzungen für die Ausgleichsrente und den Ehegattenzuschlag erfüllt. Fortan wurde die MdE ab Oktober 1993 von 50 v.H. um 10 v.H. auf 60 v.H. erhöht. Ebenfalls durch Bescheid vom 6. Oktober 1995 gewährte der Beklagte dem Kläger BSchA ab 1. August 1979 gemäß § 30 Abs. 3 BVG und legte der Berechnung des BSchA den Beruf des Kfz-Mechanikers zugrunde. Hierbei wurde der Nettobetrag des Vergleichseinkommens bzw. des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger bzw. früherer Tätigkeit zur Berechnung des BSchA pauschal ermittelt unter Zugrundelegung eines verheirateten Beschädigten (§ 30 Abs. 7 Nr. 1 und Abs. 8 BVG).
Am 11. März 2008 wurde der Kläger von seiner Ehefrau rechtskräftig geschieden. Dies teilte der Kläger gegenüber dem Beklagten am 29. Dezember 2008 unter Vorlage des Scheidungsurteils mit. Am 23. Februar 2009 erließ der Beklagte den hier angefochtenen Neufeststellungsbescheid über die Gewährung von Versorgungsbezügen ab dem 1. April 2008 wegen der Auflösung der Ehe. Nunmehr gewährte der Beklagte dem Kläger BSchA unter Ermittlung des Nettovergleichseinkommens bzw. des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger bzw. früherer Tätigkeit auf Basis eines unverheirateten Beschädigten gemäß § 30 Abs. 7 Nr. 2 und Abs. 8 BVG. Ab 1. Juli 2008 erfolgte eine weitere Anpassung des BSchA wegen erhöhter Rentenbezüge durch den Kläger. Für den Zeitraum ab April 2008 bis Februar 2009 errechnete sich ein Überzahlungsbetrag in Höhe von 1.909,00 EUR, die der Beklagte vom Kläger zurückforderte und in Tilgungsraten von 130,00 EUR monatlich einbehielt.
Mit der Begründung, der Kläger sei alleinerziehender Vater und habe Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen Kindern, erhob der Kläger am 10. März 2009 Widerspruch, den der Beklagte durch Bescheid vom 28. April 2009 zurückwies.
Der Kläger hat am 29. Mai 2009 Klage erhoben mit der er sich gegen die Berechnung des Nettovergleichseinkommens bzw. des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger und früherer Tätigkeit unter Zugrundelegung eines unverheirateten Beschädigten wehrt. Der Kläger trägt vor, er lebe noch mit einer Tochter in häuslicher Gemeinschaft und habe gegenüber seinen Kindern Unterhaltspflichten zu erfüllen und vor diesem Hintergrund sei er wie ein verheirateter Leistungsempfänger zu beurteilen. Im Übrigen meint der Kläger, dass eine Gesetzeslücke im BVG bestehe. § 30 Abs. 7 BVG stelle geschiedene Beschädigte ledigen Beschädigten gleich. Das BVG differenziere jedoch nicht zwischen unterhaltspflichtigen geschiedenen Beschädigten und Ledigen. Diese Gesetzeslücke müsse ausgefüllt werden, indem geschiedene unterhaltspflichtige Beschädigte den verheirateten Beschädigten gleichgestellt werden müssten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2009 insoweit aufzuheben, als dem Kläger ab April 2008 Berufsschadensausgleich nur noch nach Ermittlung des Nettovergleichseinkommens und des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger bzw. früherer Tätigkeit eines unverheirateten Beschädigten gewährt wurde.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte beruft sich zur Begründung seines Antrages auf die seiner Auffassung nach zutreffenden Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide erweisen sich als rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Ermittlung des BSchA ab April 2008 bzw. ab Juli 2008 erfolgte durch den Beklagten unter Zugrundelegung des Nettovergleichseinkommens bzw. Nettoeinkommens aus gegenwärtiger Tätigkeit auf Basis eines unverheirateten Beschädigten zu Recht (§ 30 Abs. 7 Nr. 2 i.V.m. Abs. 8 Nr. 1 BVG).
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung der Versorgungsbezüge ab 1. April 2008, dem Zeitpunkt nach rechtskräftiger Scheidung von der Ehefrau des Klägers, ist § 48 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden soweit
1.
die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, 2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, 3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt haben würde, oder 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil der die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebene Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Ab dem 11. März 2008 hat sich an den tatsächlichen Verhältnissen des Klägers insoweit eine Änderung eingestellt, als er von seiner Ehefrau rechtskräftig geschieden wurde. Dies hat er dem Beklagten gegenüber erst mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2008, eingegangen beim Beklagten am 29. Dezember 2008, bekanntgegeben. Die Pflicht zur Mitteilung dieser wesentlichen Änderung resultiert aus§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), da die Scheidung Auswirkung auf die Berechnung des Nettovergleichseinkommens bzw. des Nettoeinkommens aus früherer bzw. gegenwärtiger beruflicher Tätigkeit und damit des BSchA hat. Hierauf ist der Kläger durch die in der Vergangenheit erlassenen Bescheide vom Beklagten in Bezug auf den BSchA wiederholt hingewiesen worden, indem in den Erläuterungen zu den Spalten 71 bis 81 (Berufsschadensausgleich (Nettoberechnung)) aufgezeigt wurde, dass es Unterschiede bei der Nettoberechnung zwischen verheirateten und nicht verheirateten Beschädigten gibt.
Die Berechnung des BSchA gemäß § 30 Abs. 7 Nr. 2 BVG i.V.m. § 30 Abs. 8 Nr. 1 BVG ist für den Zeitraum ab 1. April 2008 zutreffend. Gemäß § 30 Abs. 3 BVG erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, nach Anwendung des Abs. 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 v.H. des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Abs. 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Abs. 6. Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Abs. 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Abs. 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest (§ 30 Abs. 10 BVG).
Der Kläger hat zum 21. Dezember 2007 BSchA im Wege der Günstigkeitsfeststellung gemäß § 30 Abs. 6 und 7 BVG erhalten. Insoweit hat sich gemäß § 30 Abs. 10 BVG der BSchA auch in der Folgezeit nach § 30 Abs. 6 und 7 BVG (in diesem Fall Nettoberechnung) zu bestimmen.
Gemäß § 30 Abs. 7 BVG wird der Nettobetrag des Vergleichseinkommens bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte das 65. Lebensjahr vollendet, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen 1. bei verheirateten Beschädigten um 18 vH, der 716,00 EUR übersteigende Teil um 36 v.H. und der 1.790,00 EUR übersteigende Teil um 40 vH, 2. bei nichtverheirateten Beschädigten um 18 vH, der 460,00 EUR übersteigende Teil um 40 v.H. und der 1.380,00 EUR übersteigende Teil um 49 v.H. gemindert wird. Im Übrigen gelten 50 v.H. des Vergleichseinkommens als der Nettobetrag.
Der Kläger ist seit dem 11. März 2008 rechtskräftig geschieden. Somit hat die Berechnung des BSchAes nach der Nettoberechnung gemäß § 30 Abs. 7 Nr. 2 BVG zu erfolgen. Dies hat der Beklagte zutreffend getan. Die Berechnungshöhe ist vom Kläger auch nicht angefochten worden, lediglich die Tatsache, dass er als unterhaltsverpflichteter Beschädigter einem verheirateten Beschädigten gleichgestellt werden müsste. Dem kann die Kammer jedoch nicht folgen. Das Gesetz lässt hierfür keinen Spielraum. Eine unbewusste Gesetzeslücke kann das Gericht nicht erkennen, die ggf. durch Gleichstellung eines unterhaltspflichtigen Beschädigten mit einem verheirateten Beschädigten vorzunehmen wäre. Die Gesetzeshistorie lässt hierfür keinen Raum. § 30 Abs. 7 BVG ist eingeführt worden durch Artikel 1 Nr. 18 b des Gesetzes zur Verbesserung der Struktur der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (KOV-Strukturgesetz 1990). In der Begründung des Gesetzentwurfes zum KOV-Strukturgesetz 1990 (BT-Drs 11/5831, Seite 20) heißt es hierzu: "Der im Gesetzentwurf vorgesehene alternativ zu zahlende Berufsschadensausgleich nach Abs. 6 ist auf die Verhältnisse bei Beschädigten im Rentenalter abgestellt. Um bislang unterversorgte Personengruppen aus dem Kreis der Erwerbstätigen ebenfalls zu begünstigen, bedarf es einer weiteren Regelung. Diese muss nicht zuletzt aus Gründen der praktischen Umsetzung pauschal gestaltet sein. Der weitaus überwiegenden Zahl aller Berufsschadensausgleichsberechnungen liegt ein Vergleichseinkommen zwischen 2.400,00 DM und 3.600,00 DM zu Grunde. Berechnungen in diesen Einkommensbereichen haben ergeben, dass die durchschnittlichen Abzüge an Steuern und Sozialversicherungsabgaben bei ledigen Erwerbstätigen 38 v.H. und bei verheirateten Erwerbstätigen - unter Berücksichtigung der Fallkonstellationen verheiratet/ohne Kinder, verheiratet/ein Kind, verheiratet/zwei Kinder - 29 v.H. betragen. Wegen der sich aus dem Steuerrecht ergebenen unterschiedlichen Belastungen ist zur Erreichung ausgewogener Ergebnisse eine Differenzierung nach dem Familienstand erforderlich. Das Nettovergleichseinkommen wurde daher bei ledigen Erwerbstätigen mit 62 v.H. und bei verheirateten Erwerbstätigen mit 71 v.H. des nach Abs. 5 letzter Satz bekannt gemachten Vergleichseinkommens angesetzt." In der Begründung des Beschlusses über das KOV-Strukturgesetz 1990 (vgl BT-Drs 11/6414, Seite 21) heißt es: "Die prozentualen Abzüge vom Vergleichseinkommen (fiktives Bruttoeinkommen) sollen die Abzüge an Lohnsteuer, Kirchensteuer und Sozialversicherungsbeiträgen sowie Beiträgen zur Bundesanstalt für Arbeit ersetzen."
Aus der Begründung des Gesetzesentwurfes geht hervor, dass der Gesetzgeber aus Gründen der praktischen Umsetzung zur Berechung des Nettovergleichseinkommens bzw. des Nettoeinkommens aus früherer bzw. gegenwärtiger Tätigkeit einen pauschalen prozentualen Abschlag vornehmen wollte. Letztlich kommt dies auch durch die Begründung der Beschlussempfehlung zum Gesetzentwurf des KOV-Strukturgesetzes 1990 zum Ausdruck. Der Gesetzgeber wollte damit gerade keine Einzelfallbetrachtung bei der Berechnung des Netto(Vergleichs)einkommens vornehmen. Nach der von der Kammer für verfassungsgemäß erachteten und in § 30 Abs. 7 BVG ausgestalteten Regelung und Differenzierung zwischen unverheirateten und verheirateten Beschädigten hat der Beklagte den BSchA beim Kläger ab April 2008 zutreffend berechnet. Ein Anspruch darauf, dass der Kläger mit einem verheirateten Beschädigten gleichgestellt werden müsste, nur weil er noch gegenüber seinen Kindern unterhaltspflichtig sei, besteht nach Auffassung des Gerichts nicht. Unterstellt man (fiktiv) die Fallkonstellation, die Schädigung wäre nicht eingetreten und der Kläger hätte den Beruf des Kfz-Mechanikers weiter ausüben können, dann hätte die Scheidung von der Ehefrau steuerrechtlich im Zweifel insoweit zu Einbußen geführt, als ein ggf. bestehender Splittingvorteil nicht mehr vorhanden gewesen wäre. Würde man nun den Kläger, der beschädigt ist, bei der Ermittlung des Nettovergleichseinkommens als verheiratet einstufen bzw. ansehen, wäre der Kläger als Geschädigter besser gestellt, als ein unbeschädigter geschiedener Kfz-Mechaniker; letzterer hätte diese Vorteile einer fiktiven steuerrechtlichen Gleichstellung nicht. Soweit der Kläger vorträgt, dass selbst wenn beide Ehepartner zu Ehezeiten die Steuerklasse 4 innegehabt hätten, die sich der Höhe nach nicht wesentlich von der Steuerklasse 1 (lediger bzw. unverheirateter Steuerpflichtiger) unterscheidet, so verhilft dieser Vortrag dem Kläger ebenfalls nicht zum Erfolg, da der Gesetzgeber tatsächlich nicht auf eine konkrete Ermittlung des Nettoeinkommens abgezielt hat, sondern auf eine pauschale Nettoberechnung. Dies ist aus der Gesetzesbegründung des Gesetzesentwurfes deutlich herauszulesen. In der pauschalen Nettoberechnung hat sich ergeben, dass unverheiratete Beschädigte durchschnittlich Abzüge von 38 v.H. und verheiratete Erwerbstätige (unter Berücksichtigungen der Fallkonstellationen verheiratet / ohne Kinder / ein Kind / zwei Kinder) durchschnittlich 29% betragen. Dem Gesetzgeber war bereits zum damaligen Zeitpunkt des Erlasses des KOV-Strukturgesetzes 1990 sehr wohl bewusst, dass sowohl bei verheirateten Erwerbstätigen als auch bei nicht verheirateten Erwerbstätigen in unterschiedlichen Fallkonstellationen durchaus unterschiedlich hohe steuerliche Veranlagungen existieren. Dem wollte der Gesetzgeber jedoch nicht durch eine Einzelfallbetrachtung, sondern durch eine verfassungsrechtlich unbedenkliche pauschale Regelung gerecht werden. Würde man den geschiedenen Kläger im hiesigen Fall nunmehr einem Verheirateten gleichstellen, so wäre hierin eine unzulässige Umgehung der pauschalisierten Berechnung des Nettvergleichseinkommens zu sehen. Ein Anspruch des Klägers auf Besserstellung als geschädigter Geschiedener gegenüber einem Ungeschädigten, der ebenfalls geschieden ist, hat der Kläger nicht.
Die Frist zur Aufhebung des den BSchA regelnden Verwaltungsakts hat der Beklagte eingehalten. Diese beträgt gemäߧ 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ein Jahr seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Aufhebung eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Der Beklagte hat am 29. Dezember 2008 Kenntnis von der Scheidung des Klägers zum 11. März 2008 erlangt. Am 23. Februar 2009 hat der Beklagte den hier angefochtenen Bescheid innerhalb der Jahresfrist erlassen.
Gemäß § 50 Abs. 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Im hiesigen Fall hat der Kläger für den Zeitraum April 2008 bis einschließlich Juni 2008 jeweils 175,00 EUR monatlich zu viel erhalten. Für den Zeitraum ab Juli 2008 bis Dezember 2008 ergab sich eine Überzahlung von 173,00 EUR monatlich ebenso wie für den Monat Januar 2009. Rechnerisch ergibt sich daraus eine Überzahlung von 1.909,00 EUR, die der Kläger im Übrigen auch nicht in der Sache angefochten hatte. Das Gericht hatte darüber hinaus auch keine Anhaltspunkte dafür erkennen können, dass die Überzahlung durch den Beklagten fehlerhaft berechnet worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.