Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.09.1995, Az.: 16 (3) Sa 1614/94 E
Vorliegen einer Tätigkeit als Erzieher; Höhergruppierung im Bundesangestellten-Tarifrecht; Art und Umfang einer pädagogischen Tätigkeit für die Eingruppierung in eine BAT-Vergütungsgruppe
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 01.09.1995
- Aktenzeichen
- 16 (3) Sa 1614/94 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 10853
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1995:0901.16.3SA1614.94E.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 11.05.1994 - AZ: 3 Ca 835/93 E
Rechtsgrundlage
- § 22 BAT
Verfahrensgegenstand
Feststellung
Prozessführer
...
Prozessgegner
...
Die Klägerin begehrt als angestellte Kindergartenhelferin der Beklagten mit ihrer Klage eine Höhergruppierung nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag. Hierbei beruft sie sich auf Ihre bisherige Ausbildung sowie die Art und den Umfang ihrer Tätigkeit, die der einer Erzieherin gleichkäme. In der ersten Instanz unterlag die Klägerin mit ihrem Begehren vor dem zuständigen Arbeitsgericht. Die Berufungsinstanz ändert das Urtei zum Teil dahingehend ab, dass der Klägerin wenigstens für einen Teil des von ihr geltend gemachten Zeitraumes rückwirkend nach einer höheren Vergütungsgruppe bezahlt wird, da nach den Feststellungen des Gerichts die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit für diesen Zeitraum, aufgrund des pädagogisch wesentlich anspruchsvolleren Niveaus, tatsächlich den Anforderungen für eine Höhergruppierung genügt. Im übrigen wurde die Berufungsklage jedoch zurückgewiesen.
In dem Rechtsstreit
hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 01.09.1995
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht und
die ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 11.05.1994, Az. 3 Ca 835/93 E teilweise abgeändert unter Zurückweisung der Berufung im übrigen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 30.07.1993 Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b, Fallgruppe 5 BAT des Teil II VKA, Sozial- und Erziehungsdienst zu zahlen und den Nettodifferenzbetrag zwischen beantragter und erhaltener Vergütung ab dem 06.01.1994 und sodann ab jeweiliger
Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit der Klage die Höhergruppierung nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in Vergütungsgruppe VI b BAT seit dem 01.12.1992 sowie die Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe V c BAT seit dem 01.10.1994.
Die am ... geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 30.07.1987 als Angestellte beschäftigt. Grundlage der arbeitsvertraglichen Beziehungen war zunächst der Arbeitsvertrag vom 21.07.1987, nach dem die Klägerin als Kindergartenhelferin eingestellt worden ist und als Zeitangestellte bis zum Beginn der Sommerferien 1988 beschäftigt wurde. Gemäß Arbeitsvertrag vom 28.06.1988 wurde die Klägerin sodann ab 01.07.1988 als Zeitangestellte bis 31.07.1989 beschäftigt. Schließlich wurde die Klägerin ab 01.08.1988 als Angestellte weiterbeschäftigt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 31.05.1989. Gemeinsam ist diesen Arbeitsverträgen die Vereinbarung der Vorschriften des BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen.
Am 31.08.1989 wurde ein Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 01.07.1988 geschlossen, wonach die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin ab 01.09.1989 von 20 Stunden auf 23 Stunden erhöht wurde. Durch Nachtrag II zum Arbeitsvertrag vom 01.07.1988 wurde die Klägerin rückwirkend ab 01.04.1990 in die Vergütungsgruppe VIII BAT höhergruppiert. Durch Nachtrag III vom 03.07.1991 wurde die Klägerin rückwirkend ab 01.04.1990 die die Vergütungsgruppe VII BAT höhergruppiert. Gemäß Nachtrag IV vom August 1993 wurde die wöchentliche Arbeitszeit ab 01.08.1993 auf 31,5 Stunden erhöht. Wegen des Inhalts der Arbeitsverträge wird auf diese (Bl. 13-21 d.A.) verwiesen.
Die Klägerin hat eine Ausbildung als Kinderpflegerin. Sie wird als sogenannte Zweitkraft in der Kindertagesstätte ... eingesetzt.
Die Klägerin machte ihre Höhergruppierung nach Vergütungsgruppe VI b BAT mit Schreiben vom 03.06.1993 geltend. Wegen des Inhalts des Schreibens vom 03.06.1993 wird auf dieses (Bl. 22/23 d.A.) verwiesen.
Erstmalig mit Schriftsatz vom 16.03.1995, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht einging und der Beklagten im Termin vom 17.03.1995 ausgehändigt wurde, machte die Klägerin im Wege der Klageerhöhung Vergütung nach Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 7 BAT geltend.
Unter dem Datum des 09.02.1994 erließ die Beklagte eine Dienstanweisung für Kindertagesstätten der Stadt Lehrte, die zum 01.03.1994 in Kraft getreten ist. Bezüglich der Zweitkräfte in den Gruppen ist in § 5 folgendes geregelt:
Zweitkräfte in den Gruppen
(1)
Mitwirkung bei der Programmplanung und -gestaltung für die Gruppe(2)
Durchführung der Gruppenarbeit nach Maßgabe der Gruppenleitung(3)
Mitwirkung bei der Durchführung von Gruppenfahrten sowie anderen besonderen Veranstaltungen(4)
Mitwirkung bei der Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit(5)
Teilnahme an den Dienstbesprechungen(6)
Mitwirkung bei der Durchführung der Elternarbeit einschl. deren Vor- und Nachbereitung(7)
Aufräumarbeiten und Materialpflege(8)
Persönliche fachliche Fortbildung
Wegen des Inhalts der Dienstanweisung im übrigen wird auf diese (Bl. 32-42 d.A.) verwiesen.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 01.03.1994 einen Dienstplan für das Jahr 1993/1994 zu den Akten gereicht. Wegen des Inhalts des Dienstplanes wird auf diesen (Bl. 43-46 d.A.) verwiesen.
Die Klägerin ihrerseits hat Arbeitsplatzaufzeichnungen zur Akte gereicht gemäß Anlage zum Schriftsatz vom 11.05.1994. Wegen des Inhalts wird auf diese (Bl. 55-96 d.A.) verwiesen.
Die Klägerin hat vom 01.04.1973 bis 01.04.1994 ihr Anerkennungsjahr für die Berufsausbildung als Kinderpflegerin absolviert. Vom 01.04.1974 bis 01.04.1976 war sie als Erzieherin im Personalkindergarten des Krankenhauses ... tätig. Vom 01.04.1976 bis 31.07.1977 war sie als Gruppenerzieherin bei der Lebenshilfe ... tätig. Vom 15.01.1980 bis 31.01.1980 war sie als Erzieherin in der Kindertagesstätte ... der Beklagten tätig, vom 01.10.1981 bis 08.11.1981 als Vertretung als Erzieherin im Kinderhort ... Vom 01.05.1982 bis 31.07.1982 hat die Klägerin als Erzieherin in einer altersgemischten Gruppe mit 14 Kindern in Peine gearbeitet. Von 1983 bis 30.07.1987 hat die Klägerin in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt ... die Betreuung von schwererziehbaren Kindern aus Problemfamilien übernommen.
Ab 30.07.1987 war die Klägerin in der Kindertagesstätte ... tätig und dort auch als Zweitkraft vergleichbar mit der Tätigkeit als Zweitkraft in der Kindertagesstätte ... wo sie zuletzt tätig geworden ist.
Bezüglich der Beurteilungen bzw. der Tätigkeiten für diese Tätigkeiten wird auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 07.04.1995 (Bl. 171-175 d.A.) verwiesen.
Die Klägerin hat während der Zeit ihrer Tätigkeit verschiedene Fortbildungen durchgeführt, so die Fachtagung "Sexueller Kindesmißbrauch", Seminar "Psychomotorik", Ausbildung in erster Hilfe sowie Ausbildung zum Unfallhelfer. Insoweit wird auf die Anlagen zur Klageschrift (Bl. 5-10 d.A.) verwiesen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei als Erzieherin zu vergüten, da sie entsprechende Tätigkeiten verrichte und darüber hinaus entsprechende Fähigkeiten und Erfahrungen habe. Im wesentlichen verrichte sie pädagogische Tätigkeiten in der Stammgruppe der Kindertagesstätte. Diese Tätigkeiten seien als ein Arbeitsvorgang anzusehen. Alle Tätigkeiten in der Gruppe würden von allen Gruppenmitarbeiterinnen gleichermaßen erbracht. In Abwesenheit der Erstkraft der Gruppe betreue die Klägerin die Gruppe pädagogisch allein, werde hierdurch allenfalls durch Praktikanten unterstützt. Die Klägerin habe auf der Grundlage der Erfassung des geistigen, seelischen, sozialen und körperlichen Entwicklungsstandes des einzelnen Kindes und des sozialen Hintergrundes und der Gruppenbeziehungen unter Einbeziehung der Eltern die bestmögliche Sozialisationsentwicklung des Kindes mit zu entwickeln. Insgesamt handele es sich um eine erzieherische Tätigkeit, die ihr durch die Dienstvereinbarung übertragen sei. Auch vor Festlegung der Dienstvereinbarung habe sie bei der Beklagten gleichermaßen die Arbeiten als Zweitkraft erbracht. Sie habe darüber hinaus gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen. Aufgrund ihrer Vortätigkeit sowie ihrer Ausbildung sei sie mit ihren Fähigkeiten einer Erstkraft in der Gruppe gleichzusetzen, die Erzieherin sei.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b BAT (VKA) seit dem 01.12.1992 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, der Klägerin seien keine Tätigkeiten übertragen worden, die denen einer Erzieherin entsprächen. Die Leitung der Gruppe erfolge durch die Erzieherin, die Unterstützung der Gruppenleiterin erfolge durch eine Kinderpflegerin oder anderweitige Kraft. Während die Gruppenleitung den pädagogischen Teil der Betreuungsarbeit wie die Planung und Ausführung des Inhaltes des Gruppenalltages, der Elterngespräche sowie der Vorbereitung von besonderen Veranstaltungen mache, übernehme die zweite Kraft den versorgenden Anteil und sei tätig bei der Unterstützung der Essenseinnahme und der Begleitung bei Toilettengängen. Als Daueraufgabe sei der Klägerin jedenfalls keine Gruppenleitungsaufgaben übertragen worden.
Im übrigen hat die Beklagte die Auffassung vertreten, daß keine gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen vorlägen.
Durch Urteil des Arbeitsgerichtes Hannover vom 11.05.1994 wurde die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und der Streitwert auf 6.753,60 DM festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, daß die Klage nicht begründet sei, weil der Klägerin durch die Beklagte keine Tätigkeiten übertragen worden seien, die sich auf die konkrete Fachrichtung der Ausbildung einer Erzieherin bezögen. Vielmehr sei ausdrücklich mit der Klägerin vereinbart worden, daß sie als Kindergartenhelferin und Zweitkraft tätig werden sollte. Bereits aus dieser Bezeichnung werde deutlich, daß ihr nicht die einer Erzieherin gleichwertigen Tätigkeiten übertragen worden seien, sie vielmehr lediglich unterstützend eingesetzt werden sollte. Darüber hinaus habe die Klägerin keine hinreichenden Tatsachen dafür vorgebracht, daß sie über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen verfüge. Dieses sei aus den Fortbildungsveranstaltungen und aus der bisherigen Tätigkeit nicht ersichtlich.
Das Urteil des Arbeitsgerichtes wurde der Klägerin am 15.08.1994 zugestellt. Hiergegen legte sie am 15.09.1994 Berufung ein und begründete diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 17.11.1994 am 17.11.1994.
Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor, daß sie seit Beginn ihrer Beschäftigung bei der Beklagten in einer Tätigkeit als Erzieherin eingesetzt und beschäftigt worden sei. Die Ansicht der Beklagten, die Klägerin übe lediglich Kinderpflegerinnentätigkeit aus, sei unzutreffend, da sie nicht überwiegend die pädagogisch-fürsorgerisch-bewahrende Betreuung der Kinder übernommen habe. Eine derartige Tätigkeit gebe es grundsätzlich in der Kindertagesstätte nicht. Vielmehr verrichteten die Klägerin und ihre Kollegin in ihrer Gruppe mit ca. 25 Kindern als Team die gleiche Tätigkeit einer Erzieherin. Die versorgende Hilfstätigkeit sei als Zusammenhangstätigkeit für die Eingruppierung irrelevat. Tatsächlich könne in der Gruppe auch pädagogisch sinnvoll nur im Team gearbeitet werden.
Die Klägerin verfüge darüber hinaus auch über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen. Sie sei seit 1987, aber auch bereits davor einschlägig tätig. Sie besitze als Kinderpflegerin eine für das Fachgebiet einschlägige Ausbildung. Sie habe zudem an Fortbildungsmaßnahmen teilgenommen.
Aus der Tatsache, daß sie über einen Zeitraum von ca. 7 Jahren die Tätigkeit einer Erzieherin erbracht habe, lasse den Schluß gerechtfertigt erscheinen, daß sie auch über gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die einer Erzieherin verfüge.
Darüber hinaus stehe der Klägerin ab 01.10.1994 Vergütung nach Vergütungsgruppe V c BAT zu, da sie ab diesem Zeitpunkt im Wege des Bewährungsaufstieges in diese Vergütungsgruppe einzugruppieren sei.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteiles festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 01.12.1992 Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 5 BAT zu zahlen und den Nettodifferenzbetrag zwischen beantragter und erhaltener Vergütung ab jeweiliger Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen.
- 2.
unter weiterer Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.10.1994 Vergütung nach Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 7 BAT zu zahlen und den Nettodifferenzbetrag zwischen gezahlter und beantragter Vergütung ab jeweiliger Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe der Schriftsätze vom 28.12.1994 und 07.04.1995. Hierauf wird verwiesen (Bl. 129-135 d.A. sowie Bl. 166-170 d.A.).
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Beschwerdegegenstand in dieser vermögensrechtlichen Streitigkeit übersteigt 800,00 DM. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, 518, 519 ZPO).
Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Der Klägerin steht Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b BAT ab dem im Tenor genannten Zeitpunkt zu.
Der BAT findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
Gemäß § 22 BAT richtet sich die Eingruppierung der Angestellten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung. Die Angestellte erhält demzufolge Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in die sie eingruppiert ist. Sie ist in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte, von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Diese entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.
Nach Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 7 der Anlage 1 a Teil II Buchstabe G (VKA) zum BAT sind eingruppiert Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 5 BAT.
In Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 5 BAT wiederum sind eingruppiert Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
Im zunächst streitbefangenen Zeitraum ist die Klägerin nicht Erzieherin mit staatlicher Anerkennung, da sie eine entsprechende Prüfung nicht gemacht hat. Sie ist jedoch als sonstige Angestellte anzusehen, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen Erzieherinnentätigkeiten ausübt.
Die Tätigkeit der Klägerin stellt sich bei ihrer ganz überwiegenden Tätigkeit als einheitlicher Arbeitsvorgang dar, nämlich als der einer erzieherisch-pädagogischen Arbeit in der Gruppe. Diese Tätigkeit kann nicht in unterschiedliche Arbeitsvorgänge aufgespalten werden. Der einheitliche Arbeitsvorgang der Zweitkraft in der Gruppe liegt in der Mitarbeit im Rahmen der Betreuung der Gruppe. Das Schwergewicht der Tätigkeit liegt in der Aufsicht über die Gruppe, dem Spielen mit den Kindern, der Hilfestellung bei den den Kindern übertragenen Aufgaben, der Beobachtung der Kinder, der Kontrolle des Gruppenprozesses und des Entwicklungsstandes der Kinder und insgesamt in der Verwirklichung des Konzeptes der Kindertagesstätte. Zu diesen Tätigkeiten gehört untrennbar verbunden die Vor- und Nachbereitung der Tätigkeit, die Teilnahme an Dienstbesprechungen, um die Inhalte der Arbeit durchzusprechen, sowie in der Vorbereitung und Durchführung von besonderen Veranstaltungen innerhalb und außerhalb der Kindertagesstätte. Diese Programmplanung und Gestaltung ist untrennbar verbunden mit der tatsächlichen Durchführung der anschließenden Tätigkeit. Die Nachbereitung der Arbeit ist bereits wieder untrennbar verbunden mit der Vorbereitung für die künftige Tätigkeit. Nebentätigkeiten wie Aufräumen oder Materialpflege stellen sich als Anhängsel der eigentlich betreuerischen Tätigkeit in der Gruppe dar.
Die oben genannten Tätigkeiten machen nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien den wesentlichen Inhalt der Tätigkeit der Klägerin aus. Der Klägerin ist die Funktion der Tätigkeit als Zweitkraft übertragen. Diese Funktionsübertragung kann nicht in einzelne Punkte aufgespalten werden.
Vorab ist aufgrund der Festlegung dieses Arbeitsvorganges festzulegen, ob die Klägerin als Erzieherin oder als Kinderpflegerin tätig geworden ist.
Die Klägerin ist als eine Erzieherin tätig geworden. Die Aufgabe einer Erzieherin liegt insbesondere darin, Kinder und Jugendliche zu Selbsterfahrung und Selbstvertrauen, Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung zu führen, zu gemeinschaftlichem und sozial verantwortlichem Verhalten anzuhalten, ihre Entscheidungsfreudigkeit, Lernbereitschaft und ihr kritisches Urteilsvermögen zu stärken und sie zu geistiger Beweglichkeit und zu schöpferischem Tun anzuregen (so Blätter für Berufskunde, Band 2 IV A 20 "Erzieher/Erzieherinnen", 4. Aufl. 1983, wie auch Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 15.02.1984, Az. 4 AZR 497/81 in AP Nr. 84 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Die Klägerin ist als eine solche Erzieherin tätig geworden, da sie auch in diesem erzieherisch pädagogischen Bereich gearbeitet hat. Ihr sind Tätigkeiten übertragen worden, die die pädagogische Gruppenarbeit sowie den Kontakt mit den Eltern betreffen. Ferner sind ihr mitverantwortlich Tätigkeiten in der Gruppenarbeit übertragen worden, die den erzieherischen Bereich betreffen.
Gemäß dem Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a BAT für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst in der Fassung vom 24.04.1991 für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände werden im Bereich der Kindertagesstätten entweder Tätigkeiten von Kinderpflegerinnen oder Tätigkeiten von Erzieherinnen ausgeübt. Aus dem Gesamtzusammenhang dieser Tarifnorm ist erkennbar, daß abschließend eine Regelung erfolgen sollte für den Sozial- und Erziehungsdienst, wozu auch die Kindertagesstätten gehören. Wenn demzufolge dort nur Tätigkeiten aufgeführt werden, die Kinderpflegerinnen- oder Erzieherinnentätigkeiten betreffen (andere Berufsgruppen dieser Tarifnorm kommen für diesen Bereich nicht in Betracht) so ist ersichtlich, daß die Tätigkeit in der Gruppe entweder als Kinderpflegerinnentätigkeit oder als Erzieherinnentätigkeit zu betrachten ist.
Die Übertragung der Tätigkeiten einer Zweitkraft in der Gruppe stellt auch solche Erzisherinnentätigkeiten dar. Diese sind der Klägerin auch übertragen worden, wie sich aus dem ausdrücklichen Vortrag der Beklagten ergibt, wie aber auch aus der Dienstanweisung vom 01.03.1994, wonach in den einzelnen Gruppen entweder gem. § 4 Gruppenkräfte beschäftigt werden oder gem. § 5 Zweitkräfte.
Da die Beklagte auch vorträgt, daß die Dienstanweisung mit der entsprechenden Aufgabenverteilung seit jeher aufgrund mündlicher Anordnung praktiziert wird, ist von der Tätigkeit der Klägerin als Zweitkraft in der Gruppe gem. § 5 der Dienstvereinbarung auszugehen für den gesamten Zeitraum der Tätigkeit als Zweitkraft.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes kommt es deshalb nicht darauf an, wie die Klägerin hinsichtlich der Vergütungsgruppe gemäß dem Arbeitsvertrag eingereiht worden ist, vielmehr kommt es darauf an, welche Tätigkeiten der Klägerin tatsächlich zugewiesen worden sind. Die Vereinbarung einer unrichtigen Eingruppierung oder die falsche Bezeichnung einer Tätigkeit stellt nicht die übertragene Tätigkeit dar, vielmehr kommt es darauf an, welche Arbeit der Klägerin tatsächlich zugewiesen worden ist. Dieses ist aber auch nach dem Vortrag der Beklagten die Tätigkeit als Zweitkraft in der Gruppe, entsprechend den Regelungen der Dienstanweisung, so daß insgesamt festzustellen ist, ob die Zweitkrafttätigkeit in der Gruppe eine pädagogisch-erzieherische Tätigkeit und damit eine Erzieherinnentätigkeit darstellt, oder ob überwiegend eine pädagogisch-pflegerische Tätigkeit geleistet wird, die sich als Kinderpflegerinnentätigkeit darstellt.
Die Tatsache allein, daß die Klägerin im Zweitkraftbereich arbeitet, ist für die Eingruppierung nicht entscheidend. Auch die Tätigkeit einer Zweitkraft in einer Kindertagesstätte kann eine Erzieherinnentätigkeit sein. Der Tarifvertrag unterscheidet ausdrücklich nicht zwischen der Erst- und Zweitkraft in einer Kindertagesstätte, sondern differenziert lediglich nach einer Leitungstätigkeit der Kindertagesstätte insgesamt und den übrigen Erzieherinnen, seien es Gruppenleitungskräfte oder sonstige Erzieherinnen.
Aus dem Tarifvertrag läßt sich deshalb für die Tätigkeit im Zweitkraftbereich nichts weiter herleiten, zumal die Aufgaben einer Erzieherin auch ausdrücklich geleistet werden können durch die Mitarbeit in einer Gruppe (so Blätter für Berufskunde, a.a.O., 1.1 c, S. 7).
Die Tätigkeit der Klägerin stellt sich als erzieherisch-pädagogische Arbeit dar, im Gegensatz zur pädagogisch-pflegerischen Tätigkeit. In Kindertagesstätten, in denen Kinder ohne besondere Auffälligkeiten vorhanden sind (im Gegensatz zu z.B. Kindertagesstätten für behinderte Kinder) ist die Tätigkeit ganz überwiegend geprägt von der pädagogischen Arbeit mit den Kindern. Zwar fallen auch in einer solchen Kindertagesstätte im einzelnen pflegerische Tätigkeiten an. Jedoch gehen diese pflegerischen Tätigkeiten mit erzieherischen Tätigkeiten fließend ineinander über. Pflegerische Arbeiten, wie Hilfe beim Zähneputzen oder beim Gang zur Toilette, sind gleichzeitig erzieherisch-pädagogische Aufgaben, weil hierbei die künftige Selbständigkeit der Kinder gefördert werden soll. Pädagogische Aufgaben, wie z.B. Aufräumarbeiten oder selbständiges Essen, stellen sich gleichzeitig als pflegerische Arbeiten dar. Die der Klägerin übertragene Tätigkeit der Durchführung der Gruppenarbeit und die Mitwirkung bei der Programmplanung und -gestaltung für die Gruppe wie auch die Mitwirkung bei der Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit, die Mitwirkung bei der Durchführung von Gruppenfahrten sowie anderen besonderen Veranstaltungen sowie schließlich die Mitwirkung bei der Durchführung von Elternarbeit einschließlich deren Vor- und Nachbereitung stellt sich aber als eine Tätigkeit im erzieherisch-pädagogischen Bereich dar. Gerade der wesentliche Teil der Tätigkeit der Klägerin, nämlich die Durchführung der Gruppenarbeit und deren Vor- und Nachbereitung ist eine Tätigkeit, die Kinder dahin führen soll, Selbsterfahrung und Selbstvertrauen, Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung zu erreichen und ein gemeinschaftliches sozial verantwortliches Verhalten der Kinder zu fördern, entsprechend den oben aufgeführten Aufgaben einer Erzieherin.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Klägerin nur mitwirkt oder nach Maßgabe der Gruppenleitung tätig wird. Ihr sind gerade nicht die Tätigkeiten der Gruppenleitung übertragen worden, gleichwohl führt sie die Gruppenarbeit entsprechend einer Leitung durch. Wie auch die Gruppenleitung selbst insgesamt an die Leitung der Kindertagesstätte gebunden ist, so ist die Zweitkraft in der Gruppe an die Vorgaben der Gruppenleitung gebunden. Dieses bedeutet jedoch nicht, daß die Klägerin jeweils Einzelanweisungen im pädagogischen Bereich erhält und sich nur mit einzelnen Kindern oder kleinen Gruppen von Kindern entsprechend dieser Einzelanweisung beschäftigt, vielmehr führt sie gemeinsam mit der Gruppenleitung die gesamte Gruppenarbeit durch und bestimmt bei der Planung und Gestaltung des Programmes sowie bei besonderen Veranstaltungen mit. Dabei ist sie insbesondere auch in die Vor- und Nachbereitung einer pädagogischen Arbeit eingebunden, wie sich im einzelnen aus der Dienstanweisung der Beklagten ergibt. Dieses ist insbesondere auch aus § 10 der Dienstanweisung ersichtlich, wonach gerade die Verfügungszeit für Vor- und Nachbereitung der Planung der pädagogischen Arbeit dient.
Diese Tätigkeit der Klägerin kann nicht als Kinderpflegerinnentätigkeit bezeichnet werden. Entsprechend den Blätter für Berufskunde für die Kinderpflegerin (Band 2 VI A 12, 6. Aufl. 1988) arbeitet die Kinderpflegerin im pädagogisch-pflegerischen Bereich. Der pflegerische Bereich steht bei der Kinderpflegerin im Vordergrund, wobei unter den heutigen pädagogischen Ansprüchen eine pflegerische Tätigkeit nicht mehr erfolgen kann ohne eine gleichzeitige pädagogische Betreuung der zu pflegenden Person oder Personengruppe. Das Berufsbild der Kinderpflegerin ist deshalb ausgeweitet von der rein pflegerischen Tätigkeit hin zu pädagogischen Tätigkeiten, die damit im Zusammenhang stehen. Im Gegensatz zur Erzieherin liegt jedoch nicht der Schwerpunkt der Tätigkeit im erzieherisch-pädagogischen Bereich, sondern im pflegerischen Bereich mit zusätzlichen pädagogischen Aufgaben.
Das Arbeitsfeld einer Kinderpflegerin ist zwar auch das in Einrichtungen, in denen es die Aufgabe von Erziehern ist, die Erziehung und Bildung des Kindes zu fördern. Die Kinderpflegerin soll in diesem Bereich jedoch nur fachlich geschulte Mitarbeiterin sein und betreut und beschäftigt dabei kleine Gruppen oder einzelne Kinder oder unterstützt Erzieher dadurch, daß sie auch pädagogische und pflegerische Aufgaben übernimmt. Der Kinderpflegerin wird demzufolge nicht eine gesamte Gruppe zugewiesen, in der sie sich als Erziehungskraft zu bewegen hat, vielmehr handelt es sich allenfalls um kleine Gruppen oder einzelne Kinder, bei denen die Kinderpflegerin unterstützend tätig werden soll. Dabei soll sie sowohl pädagogische wie auch insbesondere pflegerische Aufgaben übernehmen, wie es ihrem Berufsbild entspricht.
Es ist aber nicht ersichtlich, daß die pflegerischen Aufgaben und damit zusammenhängend dann auch pädagogische Aufgaben bei der Gruppenarbeit der Zweitkraft anfallen. Wie bereits ausgeführt, fallen auch vereinzelt rein pflegerische Tätigkeiten an. Diese sind aber in bezug auf die Gesamttätigkeit der Zweitkraft in der Gruppe zeitlich so geringfügig und prägen das Bild der Zweitkraft nicht so stark, daß von einer pflegerischen Tätigkeit ausgegangen werden kann. Es handelt sich hierbei vielmehr um Zusammenhangstätigkeiten mit der eigentlichen pädagogischen Tätigkeit.
Dieses mag in Kinderkrippen oder Kindertagesstätten, in denen besondere pflegerische Tätigkeiten anfallen, anders sein. Eltern, die ihr Kind in einer Kindestagesstätte für drei bis sechsjährige Kinder geben, ohne daß diese Kindertagesstätte eine besondere Bestimmung hat, wissen aber, daß die Zweitkraft in der Gruppe die Kinder gleichermaßen empfängt wie die Gruppenleiterin, selbständig Angebote macht, Elterngespräche führt, vorbereitend in der Programmplanung tätig wird und dieses letztlich auch nur tun kann, weil sie die Kinder kennt, beobachtet und fachlich einschätzt und damit letztlich pädagogische Tätigkeiten ausübt. Dieses Berufsbild entspricht auch dem Gesetz über Kindertagesstätten in Niedersachsen vom 16.12.1992. In § 4 Abs. 3 dieses Gesetzes ist ausdrücklich geregelt, daß in jeder Gruppe eine zweite geeignete Fach- oder Betreuungskraft regelmäßig tätig sein muß, die in der Regel Erzieherin/Erzieher mit staatlicher Anerkennung sein soll, auch Kinderpflegerin oder Kinderpfleger, Sozialassistentin oder Sozialassistent sein kann. Mit dieser Regelung des Gesetzes gibt der Gesetzgeber zu erkennen, daß die Regel ist, daß nur ausgebildete Erzieherinnen oder Erzieher tätig werden, weil das Berufsbild der Zweitkraft in der Kindertagesstätte beinhaltet, daß dort erzieherische Tätigkeiten, d.h. pädagogische Tätigkeiten verrichtet werden.
Wenn deshalb die Beklagte in der ab 01.03.1994 in kraft gesetzten Dienstanweisung davon ausgeht, daß Zweitkräfte regelmäßig Kinderpflegerinnenarbeiten verrichten, so steht diese Regelung nicht mit den Vorgaben des Kindertagesstättengesetzes im Einklang. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, daß sich ein öffentlicher Arbeitgeber gesetzeskonform verhalten will und deshalb in Wirklichkeit die vorgeschriebenen Arbeitszuweisungen machen wollte.
Tatsächlich entspricht § 5 der Dienstanweisung letztlich auch, wie oben ausgeführt, der Tätigkeit einer Erzieherin, da nicht erkennbar ist, daß pflegerische Tätigkeiten der Zweitkraft prägend zugewiesen worden sind.
Die Unterscheidung in erzieherisch-pädagogische Tätigkeiten und pflegerische Tätigkeiten hat das BAG bereits in der Entscheidung vom 15.02.1984 (AP Nr. 84 zu §§ 22, 23 BAT 1975) gemacht, wobei die pflegerischen Tätigkeiten ausdrücklich als solche wie Waschen und Wickeln eines Kindes bezeichnet werden. Demgegenüber wird die Erziehungstätigkeit vom BAG in der Entscheidung vom 18.05.1983 (AP 74 zu §§ 22, 23 BAT 1975) ausdrücklich als eine solche zur Förderung von Kindern und Jugendlichen in ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung in altersgemäßer Form bezeichnet. Gerade dieses tut die Klägerin im Zweitkraftbereich in der Gruppe der Kindertagesstätte der Beklagten.
Damit wird die Klägerin in einer Tätigkeit als Erzieherin tätig (so auch Urteil des LAG Niedersachsen vom 17.03.1995, Az. 16 Sa 1499/94 E).
Die Klägerin besitzt auch gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen wie die einer Erzieherin.
Unter Erfahrungen sind dabei die durch die praktische Ausübung der Tätigkeit im Laufe der Zeit gewonnenen Fertigkeiten zu verstehen, die durch die Ausübung des Berufes erworben werden.
Aufgrund der langjährigen Tätigkeit der Klägerin in einer Kindertagesstätte der Beklagten ist jedenfalls von entsprechenden Erfahrungen auszugehen. Sie hat die Tätigkeit einer Erzieherin über einen längeren Zeitraum hinaus ausgeübt. Anlaß dafür, daß sie trotz Ausübung der Tätigkeit diese Fertigkeiten nicht aufgenommen und verwertet hat, sind nicht ersichtlich.
Bei der Klägerin sind jedoch auch gleichwertige Fähigkeiten vorhanden. Hierunter sind Fertigkeiten zu verstehen, die im Regelfall durch eine entsprechende Ausbildung erworben werden und eine geistige Verarbeitung dessen ermöglichen, was bei der Arbeit im erzieherisch-pädagogischen Bereich gefordert ist. Zwar sind Fähigkeiten und Erfahrungen unterschiedliche Begriffe und von einander zu unterscheiden. Es gibt weder einen Rechtssatz noch einen allgemeinen Erfahrungssatz dergestalt, daß in dem Fall, in dem Erziehertätigkeit ausgeübt wird, zugleich auch entsprechende Fähigkeiten und Erfahrungen wie die einer Erzieherin vorhanden sein müssen. Andererseits ist es jedoch rechtlich und tatsächlich möglich, aus der auszuübenden Tätigkeit einer Angestellten Rückschlüsse auf ihre Fähigkeiten und Erfahrungen zu ziehen (so Urteile des BAG in AP Nr. 12 und 37 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Bei der Bewertung, ob von solchen Fähigkeiten ausgegangen werden kann, ist von dem beruflichen Werdegang der Mitarbeiterin auszugehen und dabei insbesondere ihre Vortätigkeit sowie besuchte Fortbildungen zu berücksichtigen. Aus diesen müssen grundsätzlich Art, Ausmaß, Tiefe und Grundlage der Fachkenntnisse erkennbar sein, die die Mitarbeiterin zwichenzeitlich erworben hat. Voraussetzung ist deshalb nach Auffassung der Kammer für die Feststellung derartiger Tätigkeiten eine einschlägige Vortätigkeit wie auch die Ausübung der Tätigkeit über einen Zeitraum hinaus, der über die Zeit einer normalen Ausbildung einer Erzieherin hinausgeht. Dabei kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß die doppelte Zeit der Ausbildung, die bei einer Erzieherin insgesamt drei Jahre besteht, grundsätzlich genügen muß, um entsprechende Fähigkeiten zu erwerben, sofern nur eine einschlägige Tätigkeit ausgeübt wird. Hierbei ist jedoch letztlich eine individuelle Betrachtung des einzelnen Falles erforderlich, so daß diese Zeit kürzer sein kann (etwa bei Durchführung von Gruppenleiterinnenaufgaben, die nur übertragen werden, wenn fachgerechte Arbeit erfolgt), aber auch länger sein kann, etwa wenn Mängel bei der Arbeit aufgetreten sind.
Die Tarifvertragsparteien haben an verschiedenen Stellen des BAT in den Fällen, in denen eine bestimmte Ausbildung gefordert wurde, dieses auch ausdrücklich geregelt. Wenn vorliegend deshalb von gleichwertigen Fähigkeiten die Rede ist, sind die Tarifvertragsparteien deshalb davon ausgegangen, daß die Fähigkeiten auch anderweitig durch nicht einschlägige Ausbildung erworben werden können. Zwar haben die Tarifvertragsparteien die Begriffe "Fähigkeiten" und "Erfahrungen" nebeneinander benutzt. Es ist auch nicht davon auszugehen, daß sie mit diesen Begriffen das gleiche meinten und verschiedene Begriffe gleichwohl benutzten und nebeneinander stellten. Aus diesem Grunde müssen die Fähigkeiten gesondert festgestellt werden. Wenn hierbei aber eine einschlägige Ausbildung nicht gefordert wird, können diese Fähigkeiten in beliebiger Weise festgestellt werden, z.B. auch, wie das Bundesarbeitsgericht zutreffend ausführt, durch Rückschlüsse bezüglich einer vorherigen Tätigkeit (vgl. hierzu BAG AP Nr. 66 und 96 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Grundsätzlich kann aber, wie bereits ausgeführt, davon ausgegangen werden, daß bei einschlägiger Tätigkeit nicht nur Erfahrungen in bezug auf die Tätigkeit erworben werden, sondern auch die Fähigkeiten selbst, die eine Erzieherin besitzen muß. Es entspricht einem allgemeinen Erfahrungssatz, daß Fähigkeiten auch anderweitig erworben werden können, als durch eine theoretische Ausbildung gemäß der Ausbildungsordnung für den entsprechenden Beruf. Fähigkeiten können sowohl durch Selbststudium wie auch durch Vermittlung der Fähigkeiten durch vorgesetzte Personen erfolgen wie auch durch eigene geistige Tätigkeit in Aufbau auf den eigenen bereits vorhandenen Kenntnissen in Verbindung mit der konkret ausgeübten Tätigkeit.
Im vorliegenden Fall hat die Kammer davon auszugehen, daß auch gleichwertige Fähigkeiten vorliegen. Die Klägerin hat zunächst eine Ausbildung als gelernte Kinderpflegerin. Die dort erlernten Fähigkeiten sind Teil der Erzieherinnenausbildung, so daß von einer Vorbildung der Klägerin in diesem Bereich ausgegangen werden muß.
Die Klägerin ist tatsächlich seit dem 30.07.1987 in der Kindertagesstätte tätig, wobei zwischen den Parteien unstreitig ist, daß sich die Tätigkeiten seit diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Aufgabenstellung nicht verändert haben. Sie ist damit ab dem 30.07.1993 6 Jahre lang bei der Beklagten im Erziehungsdienst beschäftigt, mithin die doppelte Zeit, die eine Erzieherin für ihre Ausbildung benötigt. Die Klägerin ist entsprechend der Dienstanweisung tätig und führt, wie ausgeführt, Erzieherinnentätigkeiten aus. Sie ist vorübergehend, wie auch die Beklagte zugestanden hat, als einzige Kraft in der Gruppe tätig. Irgendwelche Hinweise darauf, daß die Klägerin ihre Tätigkeiten nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat oder Mängel bei der Arbeitsleistung vorhanden waren, sind nicht ersichtlich.
Die Kammer vertritt die Auffassung, daß die subjektiven Voraussetzungen für die Feststellung der Fähigkeiten auch nicht auf andere Weise festgestellt werden können. Eine sachverständige Begutachtung der durchgeführten Arbeiten ist im Erziehungsdienst nicht möglich, weil die pädagogische Betreuungstätigkeit über einen langen Zeitraum beobachtet werden müßte und diese Fähigkeiten letztlich nur festgestellt werden könnten, wenn eine Abschlußprüfung erfolgte. Gerade dieses haben aber die Tarifvertragsparteien nicht gewollt. Soll deshalb die tariflich vorgesehene Gleichstellung der sonstigen Angestellten mit den Tätigkeiten einer Erzieherin nicht leer laufen, kann zwangsweise die Fähigkeit nur aus einer beanstandungsfreien Erledigung von derartigen Erzieheraufgaben unter Einschluß der Dauer der Übertragung dieser Tätigkeiten geschlossen werden (so auch Urteil des LAG Niedersachsen vom 22.02.1994, Az. 13 Sa 1601/93).
Der Klägerin konnte eine frühere Höhergruppierung nach Vergütungsgruppe VI b BAT jedoch nicht zugestanden werden.
Zwar war die Klägerin zuvor auch im Erziehungsbereich tätig.
Wie die Beklagte aber zutreffend festgestellt hat, sind die zuvor ausgeübten Tätigkeiten nicht einschlägig für eine Erzieherinnentätigkeit in einer Kindertagesstätte.
Das Anerkennungsjahr für die Berufsausbildung als Kinderpflegerin ist als Teil der Kinderpflegerinnenausbildung nicht anzurechnen. Die Tätigkeit als Erzieherin im Personalkindergarten des Krankenhauses Siloah hatte die pflegerische Betreuung von Krabbelkindern zum Inhalt.
Die Tätigkeit bei der Lebenshilfe in ... beinhaltete die Tätigkeit mit Jugendlichen im Alter zwischen 13 und 16 Jahren bzw. zu einem späteren Zeitpunkt die Betreuung einer Gruppe von Kindern im Alter von 9-12 Jahren. Aus dem Zeugnis für den Zeitraum dieser Tätigkeit ist nicht im einzelnen ersichtsich, welche pädagogischen Tätigkeiten die Klägerin in diesem Zeitraum verrichtet hat. Die Klägerin hat hierzu nicht weiter vorgetragen. Die weiteren Tätigkeiten einer Erzieherin in der Kindertagesstätte ... sowie die Vertretung als Erzieherin im Kinderhort ... wie auch die Tätigkeit als Erzieherin in einer altersgemischten Gruppe mit 14 Kindern in Peine sind zum einen recht kurz und liegen lange Zeit zurück. Aus dem Zeugnis der Stadt ... ist ersichtlich, daß die Klägerin im wesentlichen mit pflegerischen Tätigkeiten betraut war. Über die weiteren Tätigkeiten sind Einzelheiten nicht bekannt. Von 1983 bis 1987 hat die Klägerin eine vollständig andersgeartete Tätigkeit als die einer Erzieherin in der Kindertagesstätte verrichtet. Es ist nicht im einzelnen bekannt, welche Tätigkeiten dort zu verrichten waren, insbesondere inwieweit vorrangig pädagogische Aufgaben zu erfüllen waren. Da die Kammer insoweit eine einschlägige Vortätigkeit nicht feststellen kann, konnte erst die Zeit ab dem 30.07.1987 Berücksichtigung finden.
Soweit die Klägerin Fortbildungsmaßnahmen besucht hat, so handelt es sich zwar um einschlägige Fortbildungen für den Bereich der Kindertagesstätte, jedoch ist weder aus Umfang noch aus Inhalt der Fortbildungen erkennbar, daß die Fähigkeiten der Klägerin als Erzieherin zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hätten als mit dem Urteil festgestellt. Die Berufung war deshalb insoweit unbegründet, als die Klägerin Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b vor dem 30.07.1993 begehrt.
Die Klägerin kann deshalb auch keine Vergütung nach Vergütungsgruppe V c BAT verlangen, da eine dreijährige Bewährung in der Vergütungsgruppe VI b Voraussetzung für die Höhergruppierung ist. Diese Bewährungszeit ist noch nicht abgelaufen, da die Vergütungsgruppe VI b BAT erst ab dem 30.07.1993 festzustellen war. Auch insoweit ist die Berufung der Klägerin unbegründet.
Der Klägerin steht auch ein Feststellungsinteresse zur Seite für die Feststellung der Fallgruppe.
Die Bestimmung der Fallgruppe ist vorliegend von Bedeutung für die Rechtsstellung des Arbeitnehmers, da sich die Bestimmung der Fallgruppe auf die Vergütung der Klägerin auswirken kann.
Eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe VI b BAT rechtfertigt bei Bewährung einen Aufstieg in die Vergütungsgruppe V c BAT. In Vergütungsgruppe V c Fallgruppe VII wiederum ist festgelegt unter II, daß diese Angestellten nach vierjähriger Tätigkeit in dieser Fallgruppe eine monatliche Vergütungsgruppenzulage erhalten. Es besteht deshalb ein Feststellungsinteresse der Klägerin, feststellen zu lassen, an welcher Stelle des Tarifvertrages genau sie eingruppiert ist, um ihre Rechte künftig durchsetzen zu können bzw. sich selbst auf die künftig zu erwartende Zahlung einrichten zu können.
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 27.07.1993, Az. 1 ABR 11/93 (in Der Betrieb 94, S. 1373 ff) ausgeführt, daß der Betriebsrat im Rahmen des Mitbestimmungsrechtes ein Mitbeurteilungsrecht bei der Eingruppierung hat und hierbei auch in bezug auf die tarifgerechte Eingruppierung das Mitbestimmungsrecht dann ausüben kann, wenn die Eingruppierung entsprechend der Fallgruppe rechtliche Folgewirkungen haben kann. Das Interesse des Arbeitnehmers ist demgegenüber noch eine weiteres. Er hat ein eigenes finanzielles Interesse daran feststellen zu lassen, welche Vergütung er erhält und wie er demzufolge eingruppiert ist. Er ist in seiner Rechtsstellung direkt betroffen von der Eingruppierung in eine bestimmte Fallgruppe. Entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes im Urteil vom 23.10.1985, Az. 4 AZR 216/84 (AP Nr. 10 zu § 24 BAT) sind deshalb Zulagen auch vor Ablauf der Bewährungszeit bzw. Ablauf der Zeit zur Zahlung einer Zulage jedenfalls dann zuzulassen, wenn im Rahmen von Höhergruppierungsklagen die beantragte Eingruppierung streitig bleibt. Würde nämlich in diesen Fällen nur die Vergütungsgruppe festgestellt, so könnte sich ein erneuter Rechtsstreit anschließen nach Ablauf der jeweils genannten Zeiten. Für diese Fälle müßte ein erneutes Verfahren eingeleitet werden, in dem erneut die Eingruppierung geprüft würde. Zu Recht prüft nämlich das Gericht im Rahmen eines Eingruppierungsstreites hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen eine konkrete Fallgruppe und stellt fest, ob die dort genannten Anspruchs Voraussetzungen vorliegen. Wenn aber eine solche Feststellung erfolgt, so muß es auch möglich sein, dieses in die Gesamtfeststellung mit aufzunehmen, um die weiteren Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Soweit die Klägerin Ansprüche auf Verzinsung geltend macht, so waren diese zuzugestehen erst ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Klagebegehrens. Insoweit folgt die Kammer dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 07.10.1981, Az. 4 AZR 225/79 in AP Nr. 49 zu §§ 22, 23 BAT 1975. Auf die Begründung hierzu wird verwiesen. Die Berufung war deshalb auch insoweit teilweise zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt auf §§ 92, 97 ZPD i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG.
Die Zulassung der Revision erfolgt gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.