Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.02.1995, Az.: 9 Sa 869/94 E
Kennzeichen der Schwierigkeit der Tätigkeit des Sozialarbeiters; Bildung eines einheitlichen Arbeitsvorgangs; Vorhandensein von Tätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit ; Trennbarkeit der Tätigkeiten im Hinblick auf das Arbeitsergebnis.; Abgrenzbarkeit und rechtliche Selbständigkeit der zu bewertenden Arbeitseinheit ; Besorgung der sozialen Angelegenheiten eines Pflegebefohlenen ; Hilfe zur Lebensbewältigung in den menschlichen Entwicklungsstufen
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 09.02.1995
- Aktenzeichen
- 9 Sa 869/94 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 10873
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1995:0209.9SA869.94E.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Braunschweig - 10.02.1994 - AZ: 6 Ca 559/93 E
Rechtsgrundlagen
- § 22 BAT 1975
- § 23. Anlage 1a Vergütungsgruppe IVa Fallgruppen 15 BAT 1975
- § 23. Anlage 1a Vergütungsgruppe IVa Fallgruppen 16 BAT 1975
Verfahrensgegenstand
Feststellung
Prozessführer
...
Prozessgegner
...
Amtlicher Leitsatz
Erziehungsberatung im Sinne des KJHG ist in ihrer sozialen Tragweite gut vergleichbar mit der sozialen Bedeutung der Betreuung von Suchtmittelabhängigen, HIV-Infizierten, Aids-Kranken, Strafgefangenen oder ehemaligen Strafgefangenen (Prot.-Erl. Nr. 12 zu Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16). Ein wertender Gesichtspunkt, warum Erziehungsberatung in diesem Vergleich von herausgehobener Bedeutung sein sollte, erschließt sich nicht.
hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 15.12.1994
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dierking und
den ehrenamtlichen Richter Nause und
die ehrenamtliche Richterin Dreibrodt
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 10.02.1994 - 6 Ca 559/93 E - teilweise abgeändert und - unter Zurückweisung der Berufung im übrigen - wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin seit dem 01.01.1994 Vergütung nach Maßgabe der Fußnote I zu Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 BAT zu zahlen und die von Januar bis Juni 1994 fälligen Nettobeträge ab 30.06.1994. die übrigen rückständigen Nettobeträge jeweils ab dem 15. eines jeden der folgenden Monate mit 4 % zu verzinsen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 9/10, der Beklagte 1/10 zu tragen.
Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Die - beiderseits tarifgebundenen - Parteien streiten um die tarifrichtige Eingruppierung.
Die am ... geborene Klägerin ist staatlich anerkannte Diplom-Sozialpädagogin. Sie ist seit dem 01.07.1984 aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom gleichen Tage bei dem Beklagten angestellt. Sie arbeitet als Sozialpädagogin in der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Beklagten in .... In der Beratungsstelle arbeiten zwei Psychologen - einer von ihnen als Leiter - und einschließlich der Klägerin fünf Sozialpädagogen. Nach der Konzeption des Beklagten hat die Beratungsstelle, die als Einrichtung der öffentlichen Jugendhilfe dem Jugendamt angegliedert ist, im Rahmen des § 28 KJHG die Aufgabe, bei Verhaltensauffälligkeiten. Erziehungsschwierigkeiten und Entwicklungsstörungen von Kindern und Jugendlichen alle Beteiligten bei der Lösung der Probleme zu unterstützen, das heißt Diagnosen zu erstellen, Beratungen mit Kindern, Jugendlichen. Eltern und anderen beteiligten Personen durchzuführen, psychotherapeutische Maßnahmen einzuleiten und durchzuführen oder zu veranlassen, durch Zusammenarbeit mit anderen Institutionen vorbeugend tätig zu werden und ihre Erfahrungen in der Öffentlichkeit bekanntzumachen (Jahresbericht 1992 der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Landkreises ..., S. 3. Bl. 52 d. A.).
Das Arbeitsgebiet der Klägerin umfaßt folgende Tätigkeiten:
Anmeldungen aufnehmen
Anamneseerhebungen
Psychosoziale Diagnostik
Exploration und Beobachtung mit Kindern und Jugendlichen (innerhalb und außerhalb der EB)
Beratung mit Eltern und Familien (einzeln, in Familien und in Gruppen)
Beratung mit Bezugspersonen (Großeltern, Erzieher, Lehrer etc.)
Therapie mit Eltern und Familien
Beratungen mit Jugendlichen
Therapie mit Kindern und Jugendlichen (einzeln, in Gruppen)
therapeutische und pädagogische Elterngruppenarbeit
fallbezogene Planung und Auswertung
Teilnahme an Fallbesprechungen im Rahmen des interdisziplinären Teams
Aktenführung
Teilnahme und Mitarbeit an Teambesprechungen
organisatorische Aufgaben zur Durchführung der beraterischen, therapeutischen und pädagogischen Arbeit
Mitarbeit an der Erstellung des Jahresberichts
Teilnahme an fall- und teambezogener Supervision
stetige berufliche Fort- und Weiterbildung sowie ein entsprechendes Literaturstudium
Teilnahme an regionalen und überregionalen fachbezogenen Tagungen, Informationsveranstaltungen und Arbeitsgemeinschaften
Anleitung von Praktikantinnen
Die Tätigkeiten führt die Klägerin fachlich selbständig und eigenverantwortlich in Abstimmung mit dem Team und dem Leiter aus.
Die Klägerin war nach altem Tarifrecht in Vergütungsgruppe V b/IV b BAT eingruppiert. Der Beklagte bewertete nach Inkrafttreten des Tarifvertrages vom 24.04.1991 den Arbeitsplatz der Klägerin neu, änderte die Eingruppierung der Klägerin aber nicht. Die mit dem Tarifvertrag vom 24.04.1991 eingeführte Vergütungsgruppenzulage in Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 17 zahlte der Beklagte der Klägerin ab dem 01.07.1992.
Mit Schreiben vom 07.10.1991 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT geltend. Der Beklagte lehnte die Höhergruppierung mit Schreiben vom 07.08.1992 ab. Die Differenz zwischen der gezahlten und der begehrten Vergütungsgruppe betrug ab Januar 1.993.238,84 DM brutto monatlich.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei in die Vergütungsgruppe IV a BAT einzugruppieren, weil der hohe Anteil therapeutischer Tätigkeiten eine gravierende Heraushebung aus dem üblichen Tätigkeitsbereich des Dipl.-Sozialpädagogen darstelle. Die besondere Schwierigkeit ergebe sich daraus, daß das Klientel der Beratungsstelle meist extrem vielschichtige individuelle und familiäre Problematiken aufweise. Dazu gehörten Symptomatiken bei den angemeldeten Kindern und Jugendlichen wie:
symptomatische Beschwerden mit psychischen Bedingungsfaktoren, z. B. Eßstörungen, psychosomatische Erkrankung, motorische Eßstörung usw.
emotionale Auffälligkeiten, wie Ängste, depressive Verstimmungen, Suizidgefährdung u. ä.
soziale Auffälligkeiten, wie Kontaktschwierigkeiten, Agressivität, Stehlen, Lugen, Suchtverhalten u. a.
Störungen im Leistungsbereich, wie Schulversagen, Schuleschwänzen usw.
Zu den familiären Problematiken gehörten.
aktuelle Belastungen durch Scheidung, Trennung, Tod, Arbeitslosigkeit u. a. innerfamiliäre Strukturveränderungen,
besonders gestörte Beziehungen (Feindseligkeit, Ablehnung, Vernachlässigung, übermäßige Erwartungen, ausgeprägte Überbehütung)
körperlicher Mißbrauch
sexueller Mißbrauch
Belastungen in der Familie durch Alkoholismus, Drogen- und Tablettenabhängigkeit, chronische Krankheiten sowie psychiatrische Erkrankungen bei einem oder beiden Elternteilen
Bei mehr als der Hälfte der zu beratenden bzw. zu behandelnden Familien lagen besonders schwerwiegende Störungen und Konflikte bzw. Mehrfachsymptomatiken vor. Die extreme Komplexität und Schwere der Problematiken stelle sehr hohe Anforderungen an die fachliche und persönliche Kompetenz der Klägerin. Zur Wahrnehmung ihres Aufgabengebiets benötigte sie Kenntnisse aus dem Sozial-, Kinder- und Jugendrecht sowie aus dem Datenschutz, des weiteren Kenntnisse und einen Überblick über die unterschiedlichen Möglichkeiten medizinischer, psychologischer, psychiatrischer und sozialer Diagnostik und Behandlung und deren kompetente Anwendung auf die Beratungsarbeit, insbesondere Kenntnisse in der Entwicklungspsychologie und in pädagogischer Theorie und Praxis sowie Kenntnisse über die Erklärungs- und Entstehungsbedingungen für Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen, über die im Studium der Sozialpädagogik erworbenen Kenntnisse hinaus seien vor allem psychologische Spezialkenntnisse, wie wissen über neurotische und psychiatrische Krankheitsbilder und -verlaufe, Kenntnisse der beraterischen und psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkelten, Fähigkeiten zur multifakturiellen Problemanalyse, die Fähigkeit zur kompetenten Durchführung von Therapie und Beratung mit einzelnen, Gruppen und Familien sowie das Beherrschen von Interventionstechniken zur therapeutischen Bearbeitung in Krisensituationen erforderlich. Die Vorstellung eines Kindes/Jugendlichen in der Erziehungsberatungsstelle erfolge in der Regel bei zugespitzter Problemlage, wenn andere Hilfen des psychosozialen Netzes fehlgeschlagen seien.
In der Zeit vom 11.1. bis 12.01.1993 führte die Klägerin einen Arbeitsbericht. Sie betreute in diesem Zeitraum insgesamt 20 Familien in Form von Beratung, Familientherapie oder Einzeltherapie und beriet darüber hinaus ein Kindergartenteam. Sie ist der Auffassung, die besondere Schwierigkeit der Tätigkeit ergebe sich daraus, daß in 17 der insgesamt in diesem Zeitraum betreuten 20 Familien schwerwiegende Symptomatiken bei Kindern und/oder Elternteilen vorlagen und es sich lediglich in 3 Fallen (8, 15, 17) um eine sogenannte einfache Erziehungsberatung gehandelt habe. In 12 der 20 Falle seien Therapien durchgeführt worden. In 8 Fallen lägen schwere psychische Störungen bei einem oder bei beiden Elternteilen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Arbeitsbericht (Bl. 7 bis 10) und die zugehörige Auflistung zu dem zeitlichen Umfang der Beratungs-Therpietätigkeit (Bl. 21 f. d. A.) ergänzend Bezug genommen.
Die tariflich geforderte Bedeutung der Tätigkeit in der Vergütungsgruppe IV a BAT hat die Klägerin aus der hohen Verantwortung bei Maßnahmen beratender und therapeutischer Intervention und den durch die therapeutische Arbeit bewirkten Veränderungen im Erziehungsgefüge der Familie bzw. der Persönlichkeit einzelner abgeleitet. In Fällen von sexuellem Mißbrauch, Kindesmißhandlung, Suizidgefahr und Trennung/Scheidung seien unter Umständen auch notwendige Eingriffsmaßnahmen im Zusammenhang mit anderen Institutionen einzuleiten und durchzuführen. Bei der Beratung bzw. Supervision von anderen pädagogischen Fachkräften werde gravierend Einfluß auf deren pädagogisches Handeln genommen. Die besondere gesellschaftliche Bedeutung ambulanter Erziehungsberatung ergebe sich schließlich daraus, daß Fehlentwicklungen bei Kindern und Jugendlichen und damit langfristige Folgewirkungen, wie z. B. psychische Erkrankungen, Schul- und Leistungsversagen, Kriminalität, Suchtmittelmißbrauch usw. verhindert werden könnten. Durch ambulante Behandlungen könnten vielfach stationäre Unterbringungen in Heimen oder Psychiatrie und Betreuungen in kostenaufwendigen Sondereinrichtungen vermieden werden. Auch durch die prophylaktische Arbeit in Form von Fortbildungen und Informationsveranstaltungen könnten unter Umständen Fehlentwicklungen verhindert und die Inanspruchnahme von helfenden Institutionen bzw. die damit verbundenen Kosten vermieden werden.
Die Klägerin hat daher beantragt,
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 01.04.1991 die Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT zu zahlen und den monatlichen Nettodifferenzbetrag zwischen Vergütungsgruppe IV a und IV b mit 4 % jeweils ab dem 15. des auf den Vergütungsmonat folgenden Monat zu verzinsen.
Der Beklagte hat
Klageabweisung
begehrt und die Auffassung vertreten, die Klägerin habe im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Beratungsstelle Aufgaben auszuüben, die dem allgemeinen Berufsbild des Sozialarbeiters/Sozialpädagogen entsprächen und damit der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 10/IV b Fallgruppe 17 BAT zuzuordnen seien. Auch soweit die Klägerin auf Therapieanwendungen verweise, handele es sich um sozialtherapeutische Tätigkeiten, die den berufsbildtypischen Tätigkeiten der Vergütungsgruppe V b BAT zuzuordnen seien und damit auch bei höherem Prozentanteil nicht dazu führten, daß die Tätigkeit als schwierig im Tarifsinne anzusehen sei.
Durch Urteil vom 10.02.1994 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und den Streitwert auf 9.314,76 DM festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, die Gesamttätigkeit der Klägerin sei als ein großer Arbeitsvorgang anzusehen. Allerdings sei eine Abgrenzung der von der Klägerin wahrgenommenen Arbeiten im Hinblick auf die selbständige tarifliche Bewertbarkeit eines Arbeitsvorgangs insoweit vorzunehmen, als die Klägerin zum einen Beratung oder Therapie durchführte und zum anderen Menschen mit unterschiedlichen psychosozialen Problemen berate bzw. therapiere. Bei der Klägerin fielen nicht mindestens zu einem Drittel Arbeitsvorgänge an, die sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 heraushöben. Soweit die Klägerin Erziehungs- und Familienberatung durchführe, sei in der Mehrzahl der von ihr angeführten Beratungsfälle keine besonders schwierige sozialpädagogische Tätigkeit zu erkennen. Von einem Sozialarbeiter/-pädagogen sei zu erwarten, daß er allein oder zusammen mit seinem Team und anderen Institutionen Erziehungs- und Familienberatung gewähren könne. Eine dem Schwierigkeitsgrad der beispielhaften Aufzählung in der Protokollnotiz Nr. 12 vergleichbare Schwierigkeit sei in der Mehrzahl der von der Klägerin angeführten Beratungsfälle nicht zu erkennen. Soweit die Kammer bei den von der Klägerin genannten Beratungsfällen eine in der Protokollnotiz Nr. 12 vergleichbare schwierige Tätigkeit annehme, habe aber eine darüber hinausgehende besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Beratungstätigkeit nicht bejaht werden können. Entscheidendes Bewertungskriterium sei dabei für die Kammer, daß die Tarifpartner die Beratung von Suchtmittelabhängigen, deren Sucht regelmäßig auch erhebliche psychosoziale Probleme zugrunde lägen, nur als schwierige und nicht als besonders schwierige Tätigkeit bewertet hätten. Soweit die Klägerin allerdings Familien- und Einzeltherapien durchführe, ihre Tätigkeit also über die reine Beratungstätigkeit hinausgehe, habe die Kammer bei den zu bildenden Arbeitsvorgängen danach unterschieden, inwieweit einerseits reine Beratungstätigkeit, andererseits Therapie stattfinde. Das tariflich geforderte Merkmal der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung erfülle die Therapietätigkeit der Klägerin aber nur dort, wo besonders schwierige Konstellationen und psychosoziale Problemlagen vorlägen. Dies sei in einigen (in den Entscheidungsgründen auf Seite 16/17 des Urteils genannten) Fällen der Fall. Die Klägerin erreiche jedoch nicht das tariflich geforderte Drittel bei diesen besonders schwierigen Tätigkeiten.
Ob das tariflich weiterhin geforderte Merkmal der Bedeutung der Tätigkeit erfüllt sei, habe deshalb dahinstehen können.
Auf den weiteren Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nimmt die Kammer Bezug (Bl. 64 bis 75 d. A.).
Gegen dieses ihr am 18.04.1994 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 18.05.1994 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem am 17.06.1994 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz (Telefax) begründet hat.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Klagebegehren nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 16.06.1994 weiter. Sie ist der Auffassung, keinesfalls verrichte sie sozialpädagogische Normaltätigkeit; dies rechtfertige ihren im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsantrag. Das Tätigkeitsfeld der Klägerin entspreche aber auch nicht dem Eingruppierungsmerkmal "schwierige Aufgaben" im Sinne der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16. Das sei an der Protokollnotiz Nr. 12 zu erkennen. Danach liege eine schwierige Tätigkeit vor, sofern der zu betreuende, z. B. suchtmittelabhängige oder in einem Heim untergebrachte, Klient "beraten" oder "begleitet" werde. Es müsse sich also um Einzelfallbetreuung handeln, die lediglich beratend/begleitend sei, nicht aber in die Lebenssituation administrativ oder therapeutisch verändernd eingreife. Aber auch in diesem Sinne arbeite die Klägerin nicht. Ihr obliege vielmehr die "Intensivbetreuung von Familien", sie habe mit Problemfällen zu tun, deren ausreichende Bewältigung die Möglichkeit der normalen und auch der schwierigen Sozialarbeitertätigkeit überstiegen, sie sei familientherapeutisch tätig und sei dazu nur aufgrund der durch die Zusatzausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Lage. Deshalb sei die Arbeit der Klägerin "besonders schwierig und bedeutsam" im Sinne der Vergütungsgruppe IV a BAT. Die Klägerin halte nämlich ein besonderes Spezialwissen vor.
Die Bedeutung der Arbeit sei evident, denn die Klägerin trage zu massiven Weichenstellungen und Lebensänderungen der Klienten bei.
Die Tätigkeit der Klägerin sei zu einem einheitlichen Arbeitsvorgang zusammenzufassen, der "der umfassenden Betreuung der ihr zugewiesenen Familien in sozialen Problemlagen" als Arbeitsergebnis diene.
Die Klägerin beantragt daher,
unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils
- 1.
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 01.01.1991 eine Vergütung nach Maßgabe der Vergütungsgruppe IV a zu zahlen und den jeweiligen Nettodifferenzbetrag zwischen gezahlter und beantragter Vergütung ab Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen,
- 2.
hilfsweise,
daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 01.01.1991 eine Vergütung nach Maßgabe der Fußnote I zu Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 unter 4 %iger Verzinsung wie zu 1. zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 01.08.1994 (Bl. 99 bis 104 d. A.).
Er meint, der einzelne Betreuungs- bzw. Beratungsfall bilde das Arbeitsergebnis. Deshalb könne nicht mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 06.01.1991 (4 AZR 343/90) von einem großen Arbeitsvorgang ausgegangen werden, wie die Klägerin meine. Die Sachverhalte seien nicht vergleichbar. Diese Frage könne allerdings dahinstehen, denn, so meint der Beklagte weiter, bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge seien die Anforderungen der begehrten Vergütungsgruppe nicht erfüllt. Denn zu der "besonderen Schwierigkeit" fehle es an Tatsachenvortrag der Klägerin; auch eine dem Schwierigkeitsgrad der Protokollerklärung Nr. 12 vergleichbare Tätigkeit sei in der Mehrzahl der von der Klägerin angeführten Beratungsfälle nicht zu erkennen. Auch zur Bedeutung habe die Klägerin nichts vorgetragen.
Die Kammer nimmt wegen der weiteren Ausführungen der Parteien auf den Inhalt der Berufungsbegründungsschrift vom 16.06.1994 (Bl. 90 bis 96 d. A.) und der Berufungserwiderungsschrift vom 01.08.1994 (Bl. 99 bis 104 d. A.) Bezug.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zum geringeren Teil begründet, zum überwiegenden Teil unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT zu zahlen, zu Recht abgewiesen; die dagegen gerichtete Berufung mußte daher erfolglos bleiben. Die mit dem Hilfsantrag im Berufungsrechtszug erhobene Klage auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der Vergütungsgruppenzulage der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 ist dagegen begründet, so daß die Berufung insoweit Erfolg hat.
I.
Die Klägerin hat Anspruch auf die Vergütungsgruppenzulage gemäß Fußnote I der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 BAT/VKA Sozial- und Erziehungsdienst (im folgenden: BAT). Denn sie ist in Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 eingruppiert, weil sie als Sozialpädagogin mit staatlicher Anerkennung schwierige Tätigkeiten im Tarifsinne verrichtet und sich vier Jahre lang bewährt hat.
Bei der Tätigkeit der Klägerin fallen mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge an, die für sich genommen die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 erfüllen, so daß die Voraussetzung für die Zahlung der mit dem Hilfsantrag begehrten Vergütungsgruppenzulage vorliegt.
Für dieses Ergebnis kommt es nicht darauf an, ob, wie die Klägerin meint, ihre gesamte Tätigkeit einen einheitlichen Arbeitsvorgang bildet oder nicht. Für die klägerische Auffassung mag sprechen, daß Arbeitsergebnis für eine Sozialarbeiterin, der eine bestimmte Personengruppe zur Betreuung zugewiesen ist, häufig die Besorgung der sozialen Angelegenheiten der Pflegebefohlenen als Ganzes ist (vgl. BAG AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter; AP Nr. 127 zu §§ 22, 23 BAT 1975, AP Nr. 143 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 29.09.1993 - 4 AZR 690/92 -). Da in der Protokollnotiz Nr. 12 zu Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 die Betreuung bestimmter näher bezeichneter Personengruppen insgesamt zur Kennzeichnung einer schwierigen Tätigkeit des Sozialarbeiters verwandt wird, mögen die Einzeltätigkeiten des Sozialarbeiters in derartigen Fällen einen einheitlichen Arbeitsvorgang bilden. Andererseits können tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden. Hinderlich für die Bildung eines einheitlichen Arbeitsvorgangs ist also nicht das Vorhandensein von Tätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit (solche Tätigkeiten kommen - und sei es nur in Form von Zusammenhangstätigkeiten - in jedem Arbeitsvorgang vor), sondern die Trennbarkeit dieser Tätigkeiten im Hinblick auf das Arbeitsergebnis. Das ergibt sich aus der Definition des Arbeitsvorgangs in der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 BAT, die von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa BAG AP Nr. 161 zu §§ 22, 23 BAT 1975) dahin weiterentwickelt worden ist, daß unter einem Arbeitsvorgang eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer vernünftigen, sinnvollen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeiten eines Angestellten zu verstehen ist. Maßgeblich für den Zuschnitt der Arbeitsvorgänge sind also die Arbeitsergebnisse. Arbeitsergebnis für einen Sozialarbeiter, dem eine bestimmte Personengruppe zur Betreuung zugewiesen ist, ist häufig die Besorgung der sozialen Angelegenheiten des Pflegebefohlenen als Ganzes. Deswegen ist im Streitfall sicherlich nicht jeder einzelne Betreuungsfall als jeweils gesonderter Arbeitsvorgang anzusehen. Denkbar erscheint allerdings, einerseits die Betreuungsfälle ohne Therapie, andererseits diejenigen mit Therapie zu zwei Arbeitsvorgängen zusammenzufassen. Denn insoweit läßt sich die Tätigkeit eines Sozialarbeiters trennen, wenn auch im Falle der Klägerin eine Trennung nicht stattfindet. Sinnvoll kann eine Verwaltungsübung sein, die einen Sozialarbeiter damit betraut, das Klientel der Famillenberatungsstellen so lange bzw. insoweit zu betreuen, bis sich eine Therapie als angezeigt erweist, die dann ein anderer Sozialarbeiter leisten soll. Für die Bejahung der "schwierigen Tätigkeit" der Klägerin kommt es auf diese Frage nicht an; denn die Betreuungstätigkeit mit Therapie kann nicht weniger schwierig sein als die bloß beratende Betreuung.
Für die tarifliche Bewertung des für die Eingruppierung entscheidenden Arbeitsvorgangs kommt es auf die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a zum BAT (VAK) an. Diese haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:
Vergütungsgruppe V b. Fallgruppe 10
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
...
Vergütungsgruppe IV b. Fallgruppe 16
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit schwierigen Tätigkeiten.
Hierzu Protokollerklärung Nr. 12:
Schwierige Tätigkeiten sind z. B. die
a)Beratung von Suchtmittel-Abhängigen,
b)Beratung von HI V-Infizierten oder an Aids erkrankten Personen,
c)begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner,
d)begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene.
e)Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe V b,
Vergütungsgruppe IV a. Fallgruppe 15
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 heraushebt.
...
Vergütungsgruppe IV a, Fallgruppe 16
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 heraushebt.
Die Merkmale der Ausgangsvergütungsgruppe V b Fallgruppe 10 sind dann erfüllt, wenn die mit dem Berufsbild eines Sozialarbeiters üblicherweise verbundenen Aufgaben erledigt werden. Zu diesem Berufsbild gehört es. Hilfe zur besseren Lebensbewältigung in den verschiedenen menschlichen Entwicklungsstufen zu leisten und durch psychosoziale Mittel und Methoden die als Bedürftigkeit. Abhängigkeit oder Not bezeichneten Lebensumstände zu ändern. Die Betreuten sollen in die Lage versetzt werden, sich aus unnötiger Abhängigkeit zu lösen und Sozialisationsdefizite zu überwinden. Ihnen muß dabei sozialtherapeutisch wie auch unmittelbar praktisch bei der Bewältigung wirtschaftlich materieller Probleme geholfen werden, ohne deren Beseitigung soziale Konflikte regelmäßig nicht beigelegt werden können (Blätter zur Berufskunde Bd. 2, IV A 30 "Diplom-Sozialpädagoge/Diplom-Sozialpädagogin, Diplom-Sozialarbeiter/Diplom-Sozialarbeiterin". S. 2, 7 f.; BAG AP Nr. 127 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Die Tarifvertragsparteien haben in der Protokollerklärung Nr. 12 durch konkrete Beispiele erläutert, was sie unter dem Heraushebungsmerkmal der "schwierigen Tätigkeiten" verstehen. Trifft eines dieser Tätigkeitsbeispiele zu, so sind immer auch die Merkmale des tariflichen Oberbegriffs erfüllt (BAG AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT 1975; AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk; EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 4). Sind die Tätigkeitsbeispiele nicht erfüllt, so Ist auf den allgemeinen Begriff zurückzugreifen. Dabei ist aber dessen Bestimmung von den Maßstäben der Beispielstatbestände aus vorzunehmen, denn die Tarif Vertragsparteien nahen mit den Beispielen Maß und Richtung für die Auslegung des allgemeinen Begriffs vorgegeben (BAG AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung; AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Mit dem Merkmal der schwierigen Tätigkeit wird - bezogen auf die fachlichen Anforderungen an den Angestellten - eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung gegenüber der Normaltätigkeit angesprochen. Nach dem in der Protokollerklärung Nr. 12 zum Ausdruck gekommenen Willen der Tarifvertragsparteien können sich dies Anforderungen in erster Linie aus Besonderheiten bei den zu betreuenden Personen ergeben. Die in der Protokollerklärung genannten Personengruppen weisen typischerweise besonders vielgestaltige oder umfangreiche soziale Probleme auf. Vielfach sind aufgrund der besonderen Befindlichkeit der zu Betreuenden besondere Anforderungen auf psychiatrisch Gebiet an den Sozialarbeiter gestellt, wie sich aus der Nennung der "Suchtmittelabhängigen", "HIV-Infizierten" oder "an Aids erkrankten Personen" ergibt.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht in mehreren von der Klägerin genannten Beispielsfällen (so in den Beratungsfällen Nr. 11, 12 und 14) schwierige Tätigkeiten, vergleichbar mit denen der Beispiele in Protokollnotiz Nr. 12, gesehen. Diese Feststellung trägt das Hilfsbegehren. Denn da die Betreuungstätigkeit der Klägerin jedenfalls insoweit, als sie nicht auch Therapie umfaßt, einen einheitlichen Arbeitsvorgang bildet, der mehr als die Hälfte der gesamten auszuübenden Tätigkeit ausmacht, müssen die schwierigen Tätigkeiten nur in rechtserheblichem Ausmaß vorliegen (BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975, ständige Rechtsprechung, zuletzt Urteil vom 18.05.1994 - 4 AZR 461/93 -). Das ist der Fall. Die Tätigkeit der Klägerin, die zusätzlich Therapie beinhaltet, erfüllt die tarifliche Anforderung der schwierigen Tätigkeit erst recht, so daß die Klägerin insgesamt zu 100 % schwierige Tätigkeit im Tarifsinne verrichtet.
Die Klägerin kann die Zahlung der Zulage allerdings nur rückwirkend bis Januar 1994 verlangen. Denn die Geltendmachung der Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a enthält nicht denknotwendig (mindestens) das Verlangen, ihr die Vergütungsgruppenzulage der Fußnote I zu Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 zu zahlen, da diese Zulage erst nach vierjähriger Bewährung zu zahlen ist. Die weiter zurückliegenden Zulagenforderungen sind gem. § 70 BAT verfallen, da die Klägerin ihre Forderung erst mit der Berufungsbegründung - dem Beklagten am 30.06.1994 zugestellt - geltend gemacht hat.
Die Klägerin kann Zinsen nur auf die rückständigen Nettobeträge (BAG AP Nr. 13 zu § 611 BGB Lohnanspruch, AP Nr. 20 zu § 611 BGB Dienstordnungsansgestellte) und erst ab Rechtshängigkeit der geltend gemachten Forderung (BAG AP Nr. 49 zu §§ 22, 23 BAT 1975 <ständige Rechtsprechung>) verlangen.
II.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT. Aus dem der Kammer zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt läßt sich nicht entnehmen, daß bei der Klägerin mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 15 BAT erfüllen. Die Klägerin erfüllt auch nicht die Drittelqualifikation der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 16 BAT.
Die in diesen Vergütungsgruppen bestimmte weitere Heraushebung durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit verlangt hinsichtlich der Schwierigkeit eine beträchtliche, gewichtige Heraushebung bei den fachlichen Anforderungen gegenüber der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 sowie eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung bei der Bedeutung der Tätigkeit.
Das Arbeitsgericht hat dahin tendiert, daß bei den von der Klägerin beschriebenen Fallen 7, 9 und 13 besonders schwierige Tätigkeiten vorliegen, eine abschließende Bewertung aber deswegen nicht vorgenommen, weil insoweit nicht ein Drittel der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten erreicht werde. Es hat - aus seiner Sicht konsequent - dann offengelassen, ob das tariflich geforderte Merkmal der besonderen Bedeutung erfüllt ist. Bildet die gesamte Tätigkeit der Klägerin einen einzigen Arbeitsvorgang, so brauchen die besonders schwierigen Tätigkeiten nur in rechtserheblichem Ausmaß vorhanden zu sein, um die Drittelqualifikation der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 bzw. die Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 15 zu erreichen. Im Streitfall ist bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge, also auch beim Vorliegen eines einzigen einheitlichen Arbeitsvorgangs, der Klageanspruch selbst dann zu verneinen, wenn eine besondere Schwierigkeit der Tätigkeit der Klägerin anzunehmen ist. Denn dem Vortrag der Klägerin laßt sich jedenfalls nicht entnehmen, daß ihre Tätigkeit wegen der Bedeutung aus dem herausragt, was die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 von einem Sozialarbeiter verlangt. Die Gewährung von Erziehungsberatung im Sinne des KJHG mit der Aufgabenstellung, wie sie der Klägerin oblegen hat, ist in ihrer sozialen Tragweite gut vergleichbar mit der sozialen Bedeutung der Betreuung von Suchtmittelabhängigen, HIV-Infizierten, Aidskranken oder Strafgefangenen oder ehemaligen Strafgefangenen (Protokollerklärung Nr. 12 zu Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16). Ein wertender Gesichtspunkt, warum die Tätigkeit der Klägerin in diesem Vergleich von herausgehobener Bedeutung sein sollte, ist nicht ersichtlich. Bei den in der Protokollerklärung Nr. 12 erwähnten Tätigkeiten ist festzustellen, daß diese sich ebenfalls unmittelbar auf das Schicksal der Betroffenen auswirken. Es geht um die Betreuung von schwerkranken Menschen, die sich in einer Ausnahmesituation befinden. Auch das unmittelbare Umfeld ist betroffen. Gleichwohl haben die Tarifvertragsparteien dies nicht zum Anlaß einer Heraushebung dieser Tätigkeiten genommen.
Hiergegen läßt sich nicht einwenden, die Tarifvertragsparteien hätten bei der Neuregelung der Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst durch den Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT vom 24.04.1991 nicht die Position von Erziehungsberatern mit Zusatzausbildung verschlechtern wollen, welche Besitzstände die Tarifvertragsparteien haben wahren wollen, ergibt sich aus den Übergangsvorschriften in § 6 des Tarifvertrages, unter die die Klägerin nicht fällt. Aus diesen Überleitungsvorschriften ergibt sich im Umkehrschluß, daß Sachverhalte möglich sind, bei denen jemand, der nach altem Tarifrecht demnächst (nämlich nach vierjähriger Berufsausübung nach Abschluß der Zusatzausbildung) nach Vergütungsgruppe IV a BAT höherzugruppieren gewesen wäre, nach neuem Tarifrecht diese Höhergruppierung nicht mehr erreicht.
III.
Die Kostenentscheidung fußt auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Kammer hat wegen möglicher Divergenz zum Urteil der 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24.08.1994 (4 (14) Sa 1034/94 E) und zu dem Urteil der 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 09.12.1994 (16 Sa 604/94 E) die Revision für die Klägerin zugelassen. Gesetzliche Gründe, die Revision auch für den Beklagten zuzulassen, liegen nicht vor. Der Beklagte kann gegen diese Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde nach Maßgabe des § 72 a ArbGG einlegen.