Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.12.1995, Az.: 3 (10) Sa 530/95

Bedeutung einer nachträglichen verwaltungsmäßigen Änderung der Grenzen einer Verwaltungseinheit für den räumlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
01.12.1995
Aktenzeichen
3 (10) Sa 530/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 10859
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1995:1201.3.10SA530.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Lüneburg - AZ: 3 Ca 2224/94

Prozessführer

...

Prozessgegner

...

Amtlicher Leitsatz

In dem ursprünglich mit dem Land ... abgeschlossenen Arbeitsvertrag der Parteien, in das das beklagte Land später eingetreten ist, ist die Anwendbarkeit des BAT-Ost vereinbart worden. Dessen räumlicher Geltungsbereich bezieht sich auf das "in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet". Zu diesem Beitrittsgebiet gehört auch das Amt .... Dessen spätere Umgliederung vom Land ... zum Land ... hat an der Eigenschaft des Amtes ... als Teil des Beitrittsgebietes nichts geändert. Der räumliche Geltungsbereich eines Tarifvertrages bestimmt sich danach, was im Tarifvertrag selbst als Geltungsbereich bezeichnet worden ist. Ist dieser tarifliche räumliche Geltungsbereich nach einer staatlichen Verwaltungseinheit bezeichnet worden, so hat eine nachträgliche verwaltungsmäßige Änderung der Grenzen dieser Verwaltungseinheit keine Bedeutung für den Geltungsbereich mehr

In dem Rechtsstreit
hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 1995
durch
die Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 18. Januar 1995 - 3 Ca 2224/94 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Frage, inwieweit auf ihr Arbeitsverhältnis weiterhin der Bundesangestelltentarifvertrag in der Fassung des "BAT-O" oder ob nicht nunmehr der "BAT-West" anzuwenden ist.

2

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

3

Durch dieses Urteil vom 18. Januar 1995 hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Lüneburg die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt sowie den Streitwert auf 6.000,00 DM festgesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe wiederum verwiesen.

4

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Feststellungsbegehren nach näherer Maßgabe der Berufungsbegründung vom 8. Mai 1995 weiter.

5

Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) sowie die diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung ab dem 01.07.1993 Anwendung finden.

6

Demgegenüber beantragt das beklagte Land,

die Berufung zurückzuweisen.

7

Das beklagte Land verteidigt die angefochtene Entscheidung nach näherer Maßgabe seines Schriftsatzes vom 3. Juli 1995.

Entscheidungsgründe

8

Die Berufung ist unbegründet.

9

Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterfällt weiterhin dem räumlichen Geltungsbereich des "BAT-O". Hieran hat sich durch die staatsrechtliche Umgliederung des Amtes ... vom Land ... zum Land ..., dem beklagten Land, nichts geändert.

10

Geltungsgrund für die Anwendung des Tarifwerkes des öffentlichen Dienstes auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist deren einzelvertragliche Inbezugnahme. In dem ursprünglich mit dem Land ... abgeschlossenen Tarifvertrag der Parteien, in das das beklagte Land später eingetreten ist, ist die Anwendbarkeit des BAT-Ost vereinbart worden. Dessen räumlicher Geltungsbereich bezieht sich auf das "in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet". Zu diesem Beitrittsgebiet gehört auch das Amt .... Dessen spätere Umgliederung vom Land ... zum Land ... hat an der Eigenschaft des Amtes ... als Teil des Beitrittsgebietes nichts geändert. Der räumliche Geltungsbereich eines Tarifvertrages bestimmt sich danach, was im Tarifvertrag selbst als Geltungsbereich bezeichnet worden ist. Ist dieser tarifliche räumliche Geltungsbereich nach einer staatlichen Verwaltungseinheit bezeichnet worden, so hat eine nachträgliche verwaltungsmäßige Änderung der Grenzen dieser Verwaltungseinheit keine Bedeutung für den Geltungsbereich mehr (Wiedemann/Stumpf, Tarifvertragsgesetz, 5. Aufl., § 4 Rdnr. 58 m.w.N.). In gleicher Weise ist eine nachträgliche Änderung staatlicher Grenzen ohne tarifliche Bedeutung, wenn der Tarifvertrag zur Umschreibung seines räumlichen Geltungsbereiches auf solche staatlichen Grenzen Bezug nimmt (vgl. Däubler, Tarifvertragsrecht, 3. Aufl., Anm. 255).

11

Die Arbeitsvertragsparteien haben zu keinem Zeitpunkt auf den BAT-West Bezug genommen. Das beklagte Land muß sich dieses Tarifwerk auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht zurechnen lassen.

12

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die über die Zulassung der Revision auf § 72 ArbGG.