Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.12.1995, Az.: 13 Sa 1196/95
Zur Frage der Zusammensetzung der Vergütung einer Schulhausmeistertätigkeit aus Arbeitszeit und Arbeitsbereitschaft
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 12.12.1995
- Aktenzeichen
- 13 Sa 1196/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 10875
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1995:1212.13SA1196.95.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- Arbeitsgericht Wilhelmshaven - AZ: 2 Ca 910/94
Rechtsgrundlage
- § 15 BAT
Verfahrensgegenstand
Feststellung
Prozessführer
...
Prozessgegner
...
Prozeßbevollmächtigter: P. 30175 Hannover,
Amtlicher Leitsatz
Die Arbeitszeit für Angestellte als Hausmeister von 50,5 Stunden pro Woche nach Nr. 3 SR 2 r BAT muß nicht aufgeteilt werden in Arbeitszeit und Arbeitsbereitschaft. Bei Leistung von 50,5 Stunden ohne Arbeitsbereitschaft entsteht kein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung.
In dem Rechtsstreit
hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 1995
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 07.03.1995, 2 Ca 910/94, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Der Wert des Streitgegenstandes für das arbeitsgerichtliche Verfahren wird auf 16.721,36 DM, für das Berufungsverfahren auf 12.771,93 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger, als Schulhausmeister im Internatsgymnasium Esens beim beklagten Land beschäftigt, machtÜberstundenvergütung geltend, und zwar im Wege der Leistungsklage für den Zeitraum 01.07.1993 bis 03.03.1995. Außerdem hat er erstinstanzlich einen Feststellungsantrag auf Vergütung von sechsÜberstunden pro Woche gestellt.
Das beklagte Land hatte mit Arbeitsplan vom 30.11.1992 die tarifliche Arbeitszeit des Klägers von 50,5 Wochenstunden aufgeteilt in 38,5 Stunden Arbeitszeit und 12 Stunden Arbeitsbereitschaft. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT Anwendung.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Verlängerung der Arbeitszeit auf 50,5 Stunden beruhe darauf, daß Hausmeister in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft zu leisten hätten. Da Arbeitsbereitschaft üblicherweise zu fünfzig Prozent als Arbeitszeit gewertet werde, müßten die 50,5 Stunden aufgeteilt werden in 26,5 Stunden Arbeit und 24 Stunden Arbeitsbereitschaft. Nur so sei eine Gleichbehandlung mit den Angestellten des öffentlichen Dienstes mit 38,5-Stundenwoche gegeben. Nach dem Arbeitsplan aus 1992 habe er damit pro Woche sechs Überstunden geleistet, die vom beklagten Land zu vergüten seien. Der Kläger hat Überstundenvergütung für sechs Stunden wöchentlich geltend gemacht mit Schreiben vom 26.01.1994. Auf dieses Schreiben, Anlage zur Klage, wird Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger anÜberstundenvergütung für die Zeit vom 01.07.1993 bis 30.06.1994 7.612,80 DM nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01.07.1994 zu zahlen.
- 2.
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, bei Ableistung einer 50.5 Stunden-Woche und Aufteilung der Arbeitszeit in 38.5 Stunden Vollarbeitszeit und 12,0 Stunden Bereitschaftszeit pro Woche dem Kläger pro Woche 6 Stunden an geleisteter Mehrarbeit zu vergüten,
- 3.
das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger anÜberstundenvergütung für die Zeit vom 01.07.1994 bis 03.03.1995 4.928,22 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Auffassung vertreten, die Aufteilung der Arbeitszeit entspreche dem Tarifvertrag. Ein Anspruch auf Überstundenvergütung bestehe nicht.
Das Arbeitsgericht hat Vergütungsansprüche für den Zeitraum März 1994 bis 03.03.1995 zugesprochen, allerdings nicht alsÜberstundenvergütung, sondern als Anspruch aus§ 812 BGB. Den Anspruch für Juli 1993 bis Februar 1994 hat es wegen Nichteinhaltung der tariflichen Ausschußfrist als verfallen angesehen, den Feststellungsantrag hat es als unbegründet abgewiesen. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Der Kläger, der zweitinstanzlich den Feststellungsantrag nicht mehr geltend macht, vertritt die Auffassung, mit Schreiben vom 26.01.1994 sei die tarifliche Ausschlußfrist gewahrt, er habe auchÜberstundenansprüche für den Zeitraum Juli 1993 bis Februar 1994. Im übrigen wiederholt er seine erstinstanzlich dargelegte Rechtsauffassung.
Der Kläger beantragt:
- 1.
Das beklage Land wird über die mit Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 07.03.1995 (2 Ca 891/94) zuerkannten Beträge hinaus verurteilt, an den Kläger 5.036,16 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01.07.1994 zu zahlen.
- 2.
Die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.
Das beklagte Land beantragt,
- 1.
das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 07.03.1995 - 2 Ca 910/94 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
- 2.
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Es vertritt die Auffassung, die Arbeitszeitregelung sei wirksam, Überstundenvergütungsansprüche bestünden nicht.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen beider Parteien sind statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG, 518, 519 ZPO. Die Berufung des beklagten Landes ist begründet, die des Klägers unbegründet. Ein Vergütungsanspruch für Mehrarbeit besteht bereits dem Grunde nach nicht, die Klage war insgesamt abzuweisen.
Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers findet nicht die Arbeitszeitregelung des § 15 BAT, 38,5 Stunden wöchentlich, Anwendung, sondern die Sonderregelung SR 2r, die in Nr. 3 bestimmt, daß die wöchentliche Arbeitszeit 50,5 Stunden beträgt.
Die tarifliche Regelung ist eindeutig, sie gestattet dem Arbeitgeber eine Dienstplangestaltung, die tatsächliche Arbeitsleistung als Hausmeister im Umfang von 50,5 Stunden pro Woche vorsieht. Die 50,5 Stunden pro Woche müssen nicht aufgeteilt werden in Arbeitszeit und Bereitschaftszeit, insbesondere gibt es keinen Zwang zu der vom Kläger gewünschten Aufteilung in 26,5 Stunden Arbeit und 24 Stunden Bereitschaft.
Bereits die Annahme des Klägers, Arbeitsbereitschaft sei mit fünfzig Prozent als Arbeitszeit zu bewerten, ist nach § 15 Abs. 6 a BAT fraglich. Für die Vergütungsberechnung sieht der BAT eine Bewertung des Bereitschaftsdienstes entsprechend dem Anteil der durchschnittlich anfallenden Zeit der Arbeitsleistung vor, mindestens fünfzehn Prozent. Eine pauschale Bewertung des Bereitschaftsdienstes zu fünfzig Prozent als Arbeitszeit scheint dann aber kaum möglich. Hierauf kam es aber nicht an, weil der Tarifvertrag keine Aufteilung der 50,5 Stunden auf Arbeit und Bereitschaft verlangt, sondern Arbeitszeit als Hausmeister bis 50,5 Stunden pro Woche gestattet.
Für dieses Ergebnis ist zu verweisen auf den eindeutigen Wortlaut der Nr. 3 Abs. 1 SR 2r, der die regelmäßige Arbeitszeit als Abweichung von § 15 Abs. 1 BAT (38,5 Stunden wöchentlich) erweitert auf 50,5 Stunden. Die Regelung ist eindeutig und weder auslegungsfähig noch auslegungsbedürftig. Imübrigen stützt auch der Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung dieses Ergebnis.
§ 15 Abs. 2 BAT läßt die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit bei Arbeitsbereitschaft ausdrücklich zu und bestimmt konkret den Mindestumfang der Arbeitsbereitschaft. Nach SR 2r gilt § 15 Abs. 2 BAT nicht für Hausmeister. Das kann nur so verstanden werden, daß in den 50,5 Stunden Arbeitszeit ein bestimmter, konkret festgelegter Umfang von Arbeitsbereitschaft nicht verlangt wird. Ein weiterer Anhaltspunkt ergibt sich aus Nr. 4 SR 2r, wonach die über 50,5 Stunden hinaus geleisteten Stunden nur zur Hälfte als Überstunden gewertet werden. Daraus folgt, daß die Tarifvertragsparteien die Tätigkeit eines Hausmeisters bewußt arbeitszeitrechtlich geringer bewerten als sonstige Tätigkeit im öffentlichen Dienst. Ein Anspruch auf Aufteilung der Arbeitszeit in Arbeit und Bereitschaft besteht damit nach Tarifvertrag nicht, die vom beklagten Land vorgenommene Arbeitszeitgestaltung ist tarifgerecht.Überstundenvergütungsansprüche ergeben sich nicht.
Die tarifliche Regelung ist auch wirksam, insbesondere verstößt sie nicht gegen Artikel 3 Grundgesetzt wegen Ungleichbehandlung mit anderen Angestellten des öffentlichen Dienstes mit Arbeitszeit von 38,5 Stunden. Für die unterschiedlichen Arbeitszeitregelungen bestehen sachliche Gründe. Die Tätigkeit eines angestellten Hausmeisters beinhaltet typischerweise in erheblichem Umfang Aufsichts- und Kontrolltätigkeiten. Innerhalb der typischen Hausmeistertätigkeit gibt es in erheblichem Umfang Zeiten der Arbeitsbereitschaft. Bei dieser Arbeitsbereitschaft handelt es sich aber nicht um eine zeitlich von der Normalarbeitsleistung getrennte, gesondert festgelegte Arbeitsbereitschaft. Vielmehr ist die Arbeitsbereitschaft in der typischen Hausmeistertätigkeit enthalten. Anders ausgedrückt: die Dichte der geforderten Arbeitsleistung ist bei typischer Hausmeistertätigkeit geringer als bei einem Angestellten mit Arbeitszeit nach § 15 Abs. 1 BAT. Dies rechtfertigt die abweichende Arbeitszeitregelung für Hausmeister. Wegen der anfallenden Arbeitsbereitschaft verstößt die tarifliche Regelung auch nicht gegen das Arbeitszeitgesetz, § 7 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz.
Die Berufung des Klägers war danach zurückzuweisen, auf Berufung des beklagten Landes war die Klage insgesamt abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO, die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes auf§ 3 ZPO.
Die Revisionszulassung ist erfolgt gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG in Verbindung mit § 72 a Abs. 1 Ziffer 2 ArbGG.