Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.05.1995, Az.: 6 Sa 746/94
Differenzierung zwischen den Mitarbeitern des Werbeaußendienstes hinsichtlich der Gewährung von Abwerbeprämien als Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 23.05.1995
- Aktenzeichen
- 6 Sa 746/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 10889
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1995:0523.6SA746.94.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Braunschweig - 19.01.1994 - AZ: 3 Ca 513/93
- nachfolgend
- BAG - 20.11.1996 - AZ: 5 AZR 645/95
Rechtsgrundlage
- § 75 BetrVG
Prozessführer
...
Prozessgegner
...
Amtlicher Leitsatz
Gewärt ein als Selbsthilfeeinrichtung des Postdienstes bestehender VVaG ausschließlich Postbeamten, die zu ihm in den Werbeaußendisnst übertreten, Abwerbeprämien und daneben oder ausschließlich die laufenden Prämienzahlungen für eine bei ihm abgeschlossene Direktversicherung, die er den Werbeaußendienstmitarbeitern, die er aus Mangel an Postbeamten zusätzlich einstellt, nicht gewahrt, so verstoßt dies nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil die Differenzierung zwischen den Mitarbeitern des Werbeaußendienstes nach dem Zweck der Leistung - nämlich vorrangig Postbeamte für seinen Werbeaußendienst zu gewinnen - gerechtfertigt erscheint.
In dem Rechtsstreit
hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgericht Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 1995
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer
fürRecht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 19.01.1994 - 3 Ca 513/93 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, vom monatlichen Arbeitseinkommen des Klägers DM 200,- einzubehalten als Beitrag für eine beim Beklagten seit 1989 bestehende Direktversicherung im Rahmen eines Gruppenversicherungsvertrags.
Der Kläger ist bei dem Beklagten seit 01.10.1986 als Angestellter im Werbeaußendienst gemäß dem Anstellungsvertrag vom 17./23.09.1986 beschäftigt.
Gemäß dem Vorstandsbeschluß vom 04.12.84 erbringt der Beklagte für ehemalige Postbeamte, die unter Aufgabe ihres Beamtenstatus in seine Dienste treten, monatlich DM 200,- als Beitrag zu einer von ihm abgeschlossenen Direktversicherung, in die der ehemalige Postbeamte auch das Berufsunfähigkeitsrisikio einschließen kann. Im Berufungsverfahren ist unstreitig geworden, daß der Beklagte ab 1985 außerdem diesen ehemaligen Postbeamten bei dem Wechsel in seine Dienste eine Abwerbeprämie in Höhe von DM 10.000,- und später nur noch von DM 5.000,- zahlte, letztmalig im Jahr 1989. Seitdem ist die Einmalzahlung gestrichen.
Der Kläger begehrte mit Schreiben vom 27.09.93 unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten vom Beklagten die Beitragszahlung von DM 200,- monatlich aus Mitteln des Beklagten. Diese Forderung wies der Beklagte mit Schreiben vom 02.09.93 zurück. In diesem Schreiben heißt es auszugsweise: "Darüberhinaus verfolgen wird die Politik, möglichst viele ehemalige Postbeamte anzuwerben. Die Gründe dafür sind frei von jeder Willkür und liegen im Rahmen der freien unternehmerischen Entscheidungsbefugnis als Arbeitgeber. Als anerkannte Selbsthilfeeinrichtung der Deutschen Bundespost sind wir auf die Mitarbeit von ehemaligen Postbeamten angewiesen, weil dieser Personenkreis eine räumliche und sachliche Nähe zu den potentiellen Mitgliedern (Versicherungsnehmern) hat."
Der Beklagte versteht sich als Selbsthilfeeinrichtung der Post. Nach seiner Satzung darf die Anzahl der Versicherungsverträge mit Nichtmitgliedern 10 % der Gesamtanzahl nicht übersteigen.
Der Kläger meint, mit der Prämienzahlung von monatlich DM 200,- für die bei ihm beschäftigten ehemaligen Postbeamten bevorzuge der Beklagte diese ohne sachlichen Grund und verstoße gegen seine Verpflichtung zur Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer. Mit seiner dem Beklagten am 12.10.93 zugestellten Klage begehrt der Kläger für die Zeit von Januar 1991 bis Dezember 1992 die Zahlung von monatlich DM 200,-, wie sie der Beklagte von seinem Gehalt einbehalten hatte.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger DM 4.000,- brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit 01.01.1993 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, im Rahmen seiner Personalpolitik verfolge er das Ziel, möglichst viele ehemalige Postbeamte zu beschäftigten, weil dieser Personenkreis über eine besondere räumliche und sachliche Nähe zu den potentiellen Kunden verfüge und dieser Personenkreis bei den Kunden einen Vertrauensvorschuß genieße. Bei den von ihm angeworbenen ehemaligen Beamten handele es sich um vormalige Vertrauensleute, die als Postbeamte beurlaubt ohne Bezüge die Angestelltentätigkeit im Werbeaußendienst aufnahmen, und die wegen Ablaufs ihre Beurlaubung vor der Entscheidung standen, unter Aufgabe des Beamtenstatus zum Beklagten zu wechseln oder ihr Beamtenverhältnis fortzusetzen. Mit der Zahlung der monatlichen Prämie von DM 200,- für die abgeschlossene Direktversicherung und mit der zeitweilig gezahlten Abwerbeprämie verfolge er das Ziel, für diesen Personenkreis einen Anreiz zum Wechsel zu schaffen, weil die Aufgabe des Beamtenstatus nicht nur den Verlust der Arbeitsplatzgarantie bedeute, sondern auch zu einer höheren Abgabenbelastung und einer geringeren Altersversorgung nach Maßgabe der Nachversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte führt.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 19.01.1994 der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt bei einem Streitwert von DM 4.800,-. Der Beklagte hat gegen dieses ihm am 29.03.1994 zugestellte Urteil am 29.04.1994 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 30.06.1994 an diesem Tage begründet. Er meint, aus dem Umstand, daß er den ehemaligen Postbeamten unter seinen ca. 700 Außendienstmitarbeitern den monatlichen Beitrag von DM 200,- für die abgeschlossene Direktversicherung zahlt, ergebe sich kein Anhaltspunkt für eine Ungleichbehandlung, auch nicht aus den von beiden Arbeitnehmergruppen zu erbringenden gleichartigen vertraglichen Leistungen. Denn Zweck der Leistung sei die Abwerbung der ehemaligen Postbeamten, die vor der Entscheidung stehen, nach Ablauf ihrer Beurlaubung ohne Bezüge in den Postdienst zurückzukehren oder in ein Anstellungsverhältnis zum Beklagten überzuwechseln. Danach stelle sich die Beitragsleistung als Abwerbeprämie dar, um möglichst viele ehemalige Postbeamte für den Außendienst zu gewinnen. Erfahrungsgemäß übersteige die Produktivität der ehemaligen Postbeamten diejenige der sonstigen Außendienstmitarbeiter zusätzlich zu einer größeren Betriebstreue. Die Prämienzahlung solle dem Postbeamten bei seiner Entscheidung zum Wechsel das Bewußtsein vermitteln, als Außendienstangestellter besser abgesichert zu sein als sonst in der freien Wirtschaft üblich. Rechtlich, so meint der Beklagte, könne es Keinen Unterschied machen, ob eine Abwerbeprämie als Einmalzahlung bei Begründung des Arbeitsverhältnisses oder ratierlich im laufenden Arbeitsverhältnis gezahlt werde. Die Gruppenbildung sei nicht zu beanstanden, so daß dem Beklagten die Zahlung von Abwerbeprämien an ehemalige Postbeamte unbenommen sei. Nur dann sei die Ungleichbehandlung verschiedener Arbeitnehmergruppen mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar, wenn sie nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt sei.
Zudem meint der Beklagte, der Kläger habe auf die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verzichtet und etwaige Ansprüche seien verwirkt. Der Kläger habe nämlich bei Abschluß seines Arbeitsvertrags von der jetzt von ihm als "Ungleichbehandlung" gerügten Verfahrensweise gewußt und sie hingenommen. Daran müsse sich der Kläger nun festhalten lassen.
Schließlich meint der Beklagte, ergebe sich im Falle einer Ungleichbehandlung noch kein Zahlungsanspruch des Klägers, sondern lediglich die Unwirksamkeit der Regelung gem. § 134 BGB, die durch eine Regelungslücke geschlossen werden müsse. Daraus könne sich aber nur ein Anspruch für die Zukunft ergeben, wobei dem Arbeitgeberüberlassen bleibe müsse, wie er sie herbeiführt. Für die Vergangenheit seien nur Schadensersatzansprüche in Betracht zu ziehen, sofern ein Verschulden feststellbar sei. Jedenfalls liege kein schuldhafter Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor, so daß Schadensersatzansprüche auszuschließen seien.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig - 3 Ca 513/93 - vom 19.01.1994 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil als der Rechtslage entsprechend und wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Er behauptet, er habe bei Begründung seines Arbeitsverhältnisses von der unterschiedlichen Behandlung der Außendienstmitarbeiter bei der Prämienzahlung zur Direktversicherung nichts gewußt. Ein Verzicht oder eine Verwirkung könne daraus nicht abgeleitet werden. Auf ihn bezogen sei der Hinweis des Beklagten auf höhere Produktivität ehemaliger Postbeamten im Außendienst unzutreffend. Er meint, der Beklagte verschaffe mit der anrechnungsfreien Prämienzahlung auf die Direktversicherung den ehemaligen Postbeamten im Außendienst eine zusätzliche Vergütung und verstoße damit gegen den Grundsatz "gleicher Lohn für gleiche Arbeit". Denn tatsächlich werden gruppenspezifisch bedingte unterschiedliche Arbeitsergebnisse nicht erzielt. Bereits die fortlaufende Zahlung von monatlich DM 200,- wahrend der Dauer des bestehenden Arbeitsverhältnisses widerspreche dem Charakter einer Abwerbeprämie. Versorgungsnachteile der ehemaligen Postbeamten im Außendienst wurden durch den höheren Verdienst im Außendienst und die Nachversicherung durch die Post ausgeglichen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung und deren Erwiderung ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die nach dem Streitwert des erstinstanzlichen Urteils in dieser vermögensrechtlichen Streitigkeit statthafte und im übrigen form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist damit insgesamt zulässig (§§ 518, 519 ZPO, 66 ArbGG).
II.
Die Berufung ist auch begründet. Denn die Klage ist nicht begründet. Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ist der Beklagte nicht zur Prämienleistung für die zu Gunsten des Klägers abgeschlossene Direktversicherung aus eigenen Mitteln verpflichtet. Denn der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz - wie er auch in § 75 BetrVG zum Ausdruck kommt - ist durch die aufgrund des Vorstandsbeschlusses vom 04.12.84 erfolgende Prämienzahlung für die Direktversicherungen der ehemaligen Postbeamten, die in den Werbeaußendienst des Beklagten getreten sind, gegenüber dem Kläger nicht verletzt.
1.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen des Arbeitsverhältnisses nicht auszunehmen oder schlechter zu stellen. Der Ausschluß einer Gruppe von Mitarbeitern von betrieblichen Leistungen bedarf der Rechtfertigung durch den Zweck der Leistung. Bestünde der Zweck der Leistung der Prämien zur Direktversicherung in der Gewährung eines zusätzlichen Entgelts für die geleistete Arbeit, in der Belohnung der Betriebstreue oder der verbesserten Versorgung der Arbeitnehmer im Alter, hatte der Kläger auch darauf Anspruch, weil seine Arbeit und seine erbrachte Betriebstreue sich von derjenigen der ehemaligen Postbeamten nicht unterscheidet und der benachteiligte Arbeitnehmer den begünstigten gleichgestellt werden muß, wenn dies die einzige Möglichkeit ist, den Verstoß zu beseitigen. Denn weder bei der Betriebstreue noch beim Versorgungsbedarf besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Gruppen von Arbeitnehmern.
2.
Die Differenzierung zwischen beiden Gruppen von Außendienstmitarbeitern entspricht sachlichen Kriterien, weil sie nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist. Dabei kann zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, daß die Arbeitsbedingungen der Gruppen von Außendienstmitarbeitern, die als ehemalige Postbeamte in den Dienst des Beklagten gewechselt sind, und der Gruppe von Außendienstmitarbeitern, die nicht zuvor Postbeamte waren, durch vertragliche Einheitsregelung völlig gleichartig vereinbart sind und sich nur durch die Prämienzahlung zu der Direktversicherung und durch die zusätzlich ab 1985 gezahlte Abwerbeprämie von anfangs DM 10.000,- unterscheiden, die später gekürzt wurde und schließlich entfiel.
Es steht in der nur unter Willkürgesichtspunkten gerichtlich nachprüfbaren unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers, welche Mittel er einsetzt um Mitarbeiter mit ganz bestimmten beruflichen Eigenschaften, Vorkenntnissen oder Vorerfahrungen am Arbeitsmarkt zu gewinnen. Ob er dabei einmalige (Abwerbe-) Prämienzahlungen oder laufende Prämienzahlungen für eine Direktversicherung oder beide kombiniert gewahrt, um Mitarbeiter aus Kreisen der Postbeamten zu gewinnen, macht nur insofern einen Unterschied, als die Zahlung der Prämien für eine Direktversicherung nicht dem Grunde, aber der Hohe der Leistung nach an den dauerhaften Bestand des Arbeitsverhältnisses geknüpft ist und damit auch jahrelange Betriebstreue honoriert, die die Gruppe der Außendienstmitarbeiter, die der Beklagte aus Mangel anübertrittswillien Postbeamten vom übrigen Arbeitsmarkt weg eingestellt hat, auch erbringt. Nach dem üblichen Verlauf einer kapitalbildenden Lebensversicherung mit gleichbleibender Prämienzahlung - wobei für eine Direktversicherung nichts anderes gilt - entsteht mit der ersten Prämienzahlung Versicherungsschutz in Hohe der vereinbarten Versicherungssumme, wobei die im Lauf der Zeit anfallenden Gewinnanteile nach dem Geschäftsplan die Leistung der Versicherung bei Ablauf oder Eintritt des Versicherungsfalls nicht unbeträchtlich und die Inflationsrateübersteigend erhöhen. Dadurch verliert die Prämienzahlung für Direktversicherung aber nicht den Charakter einer Abwerbeprämie. Der Beklagte hat hierzu unwiderlegt vorgetragen, daß gerade der Verlust der Pensionsansprüche die umworbenen Postbeamten vom Wechsel in seinen Außendienst abhalten kann, so daß die für denübertrittswilligen Postbeamten abgeschlossene Direktversicherung in Verbindung mit der gesetzlichen Rentenversicherung die entstehende Versorgungslücke teilweise ausgleicht und als Abwerbemittel erfolgreich eingesetzt werden kann.
3.
Die Gruppe der Außendienstmitarbeiter des Beklagten, der der Klüger angehört, sieht sich regelmäßig am Wechsel in ein Arbeitsverhältnis zum Beklagten nicht durch den teilweisen Verlust seiner Altersversorgung, wie er durch den Verfall des Pensionsanspruchs und die an dessen Stelle tretende Nachversicherung entsteht, gehindert, weil deren Altersversorgung ohnehin auf der gesetzlichen Rentenversicherung beruht und keine Aussicht auf einen Pensionsanspruch besteht. Insofern ergibt sich für die Gruppe des Klägers kein mit dem Wechsel zum Beklagten verbundener Nachteil in der Rentenversicherung, der durch eine vom Beklagten finanzierte Direktversicherung ausgeglichen werden konnte. Die Unterschiede zwischen beiden Arbeitnehmergruppen lassen die unterschiedliche Behandlung vom Zweck der Leistung her gesehen, nämlich vorrangig ehemalige Postbeamte für den Außendienst zu gewinnen, als sachlich gerechtfertigt erscheinen.
Insgesamt ist es nicht als willkürlich zu beanstanden, sondern erscheint im Gegenteil als nachvollziehbar und sachlich begründet, daß der Beklagte als Selbsthilfeeinrichtung des Postdienstes jedenfalls im Werbeaußendienst vorrangig ehemalige Postbeamte beschäftigt und zu deren Anwerbung besondere Mittel einsetzt, die er aber nicht einsetzt, wenn er aus Mangel an einstellungswilligen Postbeamten die Arbeitsplatze im Außendienst mit anderen Bewerbern besetzt. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob speziell der Kläger durchschnittlich höhere Umsätze erzielt und bereits eine überdurchschnittliche Betriebstreue erbracht hat. Denn der Beklagte gewahrt die Prämienzahlung zur Direktversicherung ab Beginn des Dauerarbeitsverhältnisses des ehemaligen Postbeamten und damit zu einem Zeitpunkt, an dem sich über Betriebstreue und überdurchschnittliche Leistungen regelmäßig keine sichere Aussagen treffen laßt.
4.
Dem Beklagten ist es auch nicht verwehrt, sich im Prozeß auf die Prämienzahlungen als Anwerbemittel zu berufen (Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 16.11.93 - 1 BvR 258/86 - NZA 94, 745 [BVerfG 16.11.1993 - 1 BvR 258/96], BAG, Urteil vom 20.07.93 - 3 AZR 52/93 - AP Nr. 11 zu§ 1 BetrAVG Gleichbehandlung, Urteil vom 09.09.81 - 5 AZR 1182/79 - AP Nr. 117 zu Artikel 3 Grundgesetz, Urteil vom 05.03.80 - 5 AZR 881/78 - AP Nr. 44 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, Urteil vom 22.12.70 - 3 AZR 52/70 - AP Nr. 2 zu§ 305 BGB Billigkeitskontrolle). Ist nämlich der Grund einer Ungleichbehandlung nicht ohne weiteres erkennbar, muß der Arbeitgeber ihn spätestens dann offenlegen, wenn ein von der Vergünstigung ausgeschlossener Arbeitnehmer Gleichbehandlung verlangt. Diese Anforderungen sind deshalb gerechtfertigt, weil der Arbeitgeber die Voraussetzungen für die Gewährung einer freiwilligen Leistung frei festlegen kann. Würde das Nachschieben von Anspruchs Voraussetzungen im Prozeß möglich, wäre die gerichtliche Überprüfung der Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nahezu unüberwindlich erschwert. Der Arbeitgeber konnte die Leistungsvoraussetzungen so fassen, daß der Anspruchssteller sie regelmäßig nicht erfüllt. Vorliegend hat aber der Beklagte auf die erstmalige Geltendmachung des Anspruchs mit Schreiben vom 27.08.93 bereits mit Schreiben vom 02.09.93 unter Hinweis auf seine Eigenschaft als Selbsthilfeeinrichtung des Postdienstes und die "räumliche und sachliche Nähe" ehemaliger Postbeamter zu seinen Versicherungsnehmern die Prämienleistung zur Direktversicherung als Mittel begründet, "möglichst viele ehemalige Postbeamte anzuwerben". Dieses Schreiben entspricht den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen.
5.
Auf andere Anspruchsgrundlagen vermag der Kläger seine Klage nicht zu stützen. Auch wenn die Zahlung von Abwerbeprämien an ehemalige Postbeamte nicht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmt war, ergibt sich daraus kein Anspruch des Klägers. Verletzt der Arbeitgeber durch einseitig getroffene Maßnahmen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, so sind diese unwirksam, soweit dadurch Ansprüche der Arbeitnehmer vereitelt oder geschmälert werden. Ergibt sich aber aus einer vom Arbeitgeber einseitig unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats getroffenen Regelung individualrechtlich kein Anspruch, so stellt auch die Verletzung des Mitbestimmungsrechts keinen Anspruch her, der bisher nicht bestanden hat und auch bei Beachtung des Mitbestimmungsrechts nicht entstanden wäre (BAG, Urteil vom 20.08.91 - 1 AZR 326/90 - AP Nr. 50 zu§ 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung).
III.
Als unterlegene Partei hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 ZPO zu tragen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer die Revision zugelassen.