Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.02.1995, Az.: 6 Sa 810/94

Zulässigkeit einer Statusklage bezogen auf ein vergangenes Rechtsverhältnis bei Klärung der Sozialversicherungspflicht als Vorfrage

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
21.02.1995
Aktenzeichen
6 Sa 810/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 10887
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1995:0221.6SA810.94.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Braunschweig - 22.02.1994 - AZ: 4 Ca 375/93

Prozessführer

...

Prozessgegner

...

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine Statusklage, bezogen auf ein vergangenes Rechtsverhältnis, ist zulässig, wenn der Kläger Arbeitslosengeld und/oder Nachversicherung in der Rentenversicherung verfolgt und dadurch seine Sozialversicherungspflicht als Vorfrage geklärt wird.

  2. 2.

    Bei einem "freien Mitarbeiterverhältnis", das sich aufgrund der Durchführung als Anstellungsverhältnis erweist, kommt eine rückwirkende Anpassung des Vertrags, eine Rückforderung von Honorarzahlungen und Ersatz des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung bei nicht schuldhaft unterbliebenem Beitragsabzug nicht in Betracht.

In dem Rechtsstreit
hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 21.02.1995
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
fürRecht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 22.02.1994 - 4 Ca 375/93 - abgeändert.

Es wird festgestellt, daß der Kläger in der Zeit von Februar 1989 bis Dezember 1992 Angestellter der Beklagten gewesen ist.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger war für die Beklagte aufgrund des Honorarvertrages vom 27.01.1989 und des Nachtrags vom 04.09.1989 zunächst auf ein Jahr befristet als "freier Mitarbeiter" für die Übernahme von Konstruktions-, Planungs- und Zeichenarbeiten nach Festlegung des Inhalts, Umfangs und der Einteilung der Aufgabenstellung durch die Beklagte zu einem Stundensatz von DM 50,- zuzüglich Mehrwertsteuer beschäftigt. Aufgrund des Nachtrags vom 20.11.1989 erfolgte die Beschäftigung auf unbestimmte Dauer und gemäß Nachtrag vom 23.01.92 aufgrund des Stundensatzes von DM 53,- bei mindestens 161 Stunden monatlich. Mit Schreiben vom 17.11.92 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 31.12.1992. Mit Schreiben vom 23.02.1990 hatte die Geschäftsführung der Beklagten eine Vielzahl nachgeordneter betrieblicher Stellen darauf hingewiesen, daß der Kläger als Projektleiter für die Neuentwicklung Tiefziehpresse (TP80) eingesetzt ist und alle Fragen hinsichtlich technischer Klärung bei der Fertigung, Montage-Inbetriebnahme von ihm unverzüglich bearbeitet werden, damit dieäußerst knappen Termine eingehalten werden können. Spätestens im Berufungsverfahren ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, daß der Kläger gebunden war an den Generalentwurf des Chefkonstrukteurs der Beklagten und ständiger Ansprechpartner für Mitarbeiter der Konstruktionsabteilung, die Firmenleitung und den Fertigungsbereich war und seine vertragliche Tätigkeit im Betrieb der Beklagten zu erbringen hatte, weil ständig technische Abstimmungen mit anderen Mitarbeitern erforderlich waren, die an der Konstruktion der sich an die Tiefziehpresse anschließenden Maschinen, wobei es sich um Maschinen für die Dosenherstellung handelte, beteiligt waren. Die Arbeiten an TP80 zogen sich bis Anfang 1991 hin. Im Anschluß daran beschäftigte die Beklagte den Kläger an einem Projekt für die Firma ... wobei es sich um ein neues Dosenverschlußsystem handelte.

2

Der Einstellung des Klägers, der zuvor bei der Firma ... angestellt und an die Beklagte ausgeliehen war, war bei der Beklagten in der Zeit vom 01.01. bis 30.09.1982 ein Anstellungsverhältnis als Konstruktuer nach der Tarifgruppe VI des Gehaltstarifvertrags für die niedersächsische Metallindustrie vorausgegangen. In der Zwischenzeit war der Kläger teils selbständig, teils bei anderen Arbeitgebern als Konstrukteur angestellt.

3

Der Kläger ist der Ansicht, er sei bei der Beklagten von Februar 1989 bis Dezember 1992 nicht als freier Mitarbeiter, sondern als Angestellter beschäftigt gewesen. Zur Bewilligung von Arbeitslosengeld ab Januar 1993 und zur Nachversicherung in der Rentenversicherung sei die Klärung dieser Rechtsfrage erforderlich. Er hat die versicherungspflichtige Angestelltentätigkeit u. a. den Umständen entnommen, daß er nach dem Nachtrag vom 04.09.1989 seine Aufgabe nach allgemeiner Anweisung des Konstruktionsleiters unter Ausschluß der Selbstverantwortung bei Haftung der Beklagten für eventuelle Konstruktionsfehler zu erledigen hatte, er ausschließlich ganztägig an einem von der Beklagten bereitgestellten Arbeitsplatz tätig wurde, sich an die Pausen-, Stempel- und Essens-Regelung der Beklagten hielt, seinen Urlaub nach Firmengegebenheiten festlegte, in das Telefonregister der Beklagten aufgenommen war und nach dem Terminplan für die weiteren Strategiearbeiten der Beklagten zur Kernmannschaft gehörte.

4

Der Kläger hat weiter vorgetragen, der ihm zunächst von der Beklagten angebotene Anstellungsvertrag hätte zu einer Verschlechterung seines Gehalts geführt. Nach der Ablehnung dieses Angebots sei er dann mit dem Einkommen nach dem ihm angebotenen Honorarvertrag einverstanden gewesen. Anfangs sei von freier Mitarbeit keine Rede gewesen. Er habe auch keinen Wert darauf gelegt, als freier Mitarbeiter beschäftigt zu werden. Erst gegen Ende seiner Beschäftigung habe er anhand eines Aufsatzes in der "Wirtschaftswoche" festgestellt, daß er als Angestellter tätig gewesen sei und ihm die Vorzüge einer Sozialversicherung vorenthalten worden seien.

5

Der Kläger hat beantragt festzustellen,

daß der Kläger in der Zeit von Februar 1989 bis Dezember 1992 als Angestellter bei der Beklagten beschäftigt war.

6

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und im Wege der Hilfswiderklage

1.

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte DM 181.664,26 nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit - 04.10.93 - zu zahlen.

2.

festzustellen, daß der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte 50 % der von ihr an die Sozialversicherungsträger zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen.

7

Der Kläger hat beantragt,

die Hilfswiderklage abzuweisen.

8

Die Beklagte sieht ein treuwidriges Verhalten des Klägers darin, daß er erst nach mehr als vier Jahren seit Beginn seiner Tätigkeit als freier Mitarbeiter sich auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses beruft. In den Vertragsverhandlungen habe er stets erklärt, er sei an dem Projekt interessiert, aber keineswegs bereit, als Angestellter zu arbeiten, weil er die Vorteile einer selbständigen Tätigkeit als Ingenieur nicht aufgeben wolle. Weil es sich bei dem Projekt TP80 um einen Spezialauftrag gehandelt habe, der auch im Rahmen einer freien Mitarbeit habe durchgeführt werden können, sei sie dem Kläger entgegengekommen. Tatsächlich habe der Kläger Ort, Zeit, Inhalt und Art. und Weise seiner Tätigkeit uneingeschränkt frei bestimmen können. Vom Kläger erstellte Zeichnungen habe sie gem.§ 640 BGB abgenommen. Eine Verpflichtung, den bereitgestellten Arbeitsplatz einzunehmen, habe nicht bestanden. Die Stempeluhr im Betrieb habe er zur eigenen Abrechnung seiner Werkstunden benutzt. Seine Arbeit im Betrieb sei die für ihn günstige und zeitsparende Lösung gewesen, zu der er nicht angehalten worden sei. Damit entfalle auch seine Eingliederung in den Betrieb. Die Urlaubsplanung des Betriebs habe ihn nicht berücksichtigt.

9

Für den Fall, daß ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, schulde der Kläger - so meint die Beklagte - die Rückzahlung eines Teils des an ihn gezahlten Honorars wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Hätte ein Arbeitsverhältnis vorgelegen, so hätte der Kläger nach Tarifgruppe VI/4 in der Zeit vom 15.02.1989 bis 31.12.1992 Anspruch auf ein Gehalt von brutto DM 252.059,- gehabt, tatsächlich aber Honorarzahlungen von DM 433.723,62 einschließlich Mehrwertsteuer erhalten. Deshalb sei der Kläger zur Rückzahlung der Differenz von DM 181.664,62 verpflichtet. Sie hat weiter geltend gemacht, wegen Nichtvorlage des Versicherungsnachweisheftes sei die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus Verschulden des Kläger unterblieben. Deshalb sei der Kläger verpflichtet, 50 % der von ihr an die Sozialversicherungsträger zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen, zumindest der ab 01.01.1990 zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge.

10

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe ihr Anstellungsangebot abgelehnt, da er die Vorteile einer selbständigen Tätigkeit nicht habe aufgeben wollen, durch uneidliche Vernehmung des Zeugen ...

11

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 22.02.1994 die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Klage stelle sich als unzulässige Rechtsausübung dar, weil der Kläger sich über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren mit dem Status eines freien Mitarbeiters zufriedengegeben und die vertraglichen Honorarleistungen unbeanstandet entgegengenommen hat. Deswegen müsse er sich vereinbarungsgemäß als freier Mitarbeiter behandeln lassen. Tatsächlich habe auch ein freies Mitarbeiterverhältnis bestanden. Die Beweisaufnahme habe nämlich ergeben, daß der Wunsch nach einer freien Mitarbeit vom Kläger ausgegangen ist. Weil der Kläger das höhere Stundenhonorar bei Abrechnung nach der Zahl der geleisteten Stunden habe nutzen wollen, komme es nicht darauf an, in welchem Maß er tatsächlich in den Betrieb der Beklagten integriert gewesen sei und in welchem Umfang er von seinen freien Gestaltungsmöglichkeiten nach dem Honorarvertrag Gebrauch gemacht habe. Dadurch, daß die Beklagte ihm die Wahl über die Form der Mitarbeit überließ, habe sie ihm nicht die freie Mitarbeit zur Umgehung des Sozialschutzes aufgezwungen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Würdigung des Vorbringens der Parteien 1. Instanz wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ergänzend Bezug genommen.

13

Der Kläger hat gegen dieses ihm am 19.04.1994 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts am 10. Mai 1994 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 11.07.1994 am 29.06.1994 begründet. Außerdem hat der Kläger durch seine erstinstanzlichen Prozeßvertreter am 20.05.1994 Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts einlegen lassen. Diese haben sodann am 27.05.1994 die Berufung "vom 19.05.1994" zurückgenommen.

14

Der Kläger behauptet, bei Abschluß des Honorarvertrages habe er weder erkannt noch erkennen können, daß Beiträge zur Sozialversicherung sowie tarifliche Ansprüche und Gehaltsfortzahlungen im Krankheitsfall aufgrund des Honorarvertrages entfielen. Er meint, die für einen Arbeitsvertrag sprechenden Kriterien seien aufgrund nachfolgender Umstände erfüllt: Durch den Honorarvertrag sei ihm aufgegeben, die Konstruktions-, Planungs- und Zeichenarbeiten in den Räumen der Beklagten zu erbringen, die allein Inhalt, Umfang und Einteilung der Aufgabenstellung festlegte. Der vertragsmäßig bereitgestellte Arbeitsplatz befand sich im Großraumbüro unter denübrigen 30 Arbeitsplätzen, wo er vom Konstruktionsleiter beaufsichtigt und angewiesen wurde. Die Abrechnung sei in der Weise erfolgt, daß er wie jeder andere Mitarbeiter eine Stempeluhr habe benutzen müssen, die Beklagte die Stempelkarte mit seiner handschriftlichen Arbeitsstundenaufstellung verglichen habe und die Beklagte ohne von ihm eine Honorarrechnung abzufordern seine Vergütung bargeldlos auf sein Gehaltskonto überwies. Wie andere Arbeitnehmer auch habe er morgens um 7.30 Uhr zu Arbeitsbeginn erscheinen müssen, die festgelegten Pausen einhalten müssen und am Kantinenessen zu demselben Preis wie dieübrigen Mitarbeiter des Betriebes teilgenommen. Eine abweichende Arbeitszeit habe die Beklagte nicht geduldet und Abweichungen wegen Arztbesuchen habe er rechtzeitig der Sekretärin des Konstruktionsleiters mitteilen müssen. Bei länger andauernder Krankheit seien ihm Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen abverlangt worden. Seinen Urlaub habe er am Jahresanfang einreichen und genehmigen lassen müssen. Über die vereinbarte Mindestarbeitszeit hinaus habe die Beklagte selbstverständlich Mehrarbeit erwartet. Auch aus der vertraglichen Vereinbarung, daß die Erfindungen und Verbesserungsvorschläge nach den Bestimmungen des Gesetzesüber Arbeitnehmererfindungen und dazu ergangener Richtlinien zu vergüten seien, ergebe sich, daß ihn die Beklagte nicht anders behandelt habe als jeden ihrer Angestellten.

15

Der Kläger behauptet weiter, die Beklagte habe ihm aufgegeben, für sie als Vertreter Verhandlungen mit Kunden zu führen. Neben technischen Zeichnerinnnen habe die Beklagte ihm Leiharbeiter unterstellt und beauftragt, bei anderen Unternehmen bestellte Maschinen dort zuüberprüfen und schließlich abzunehmen. Diese Abnahmeerklärungen habe die Beklagte für und gegen sich gelten lassen. Sie habe ihm ferner die Weisungsbefugnis gegenüber Mitarbeitern der Werkstatt übertragen, deren Arbeit er zu überwachen gehabt habe und über die er dem Konstruktionsleiter berichtspflichtig gewesen sei. Seine Weisungsgebundenheit gegenüber dem Konstruktionsleiter und weiteren Vorgesetzten des Unternehmens habe sich für ihn als persönliche Abhängigkeit dargestellt, die seine freie und selbstbestimmte Tätigkeit ausgeschlossen habe. Dadurch habe er nicht selbstgesetzte Ziele unter eigener Verantwortung und mit eigenem Risiko am Markt verwerten können, sondern sei darauf angewiesen gewesen, seine Arbeitsleistung fremdnützig der Beklagten und ihrer Programmplanung zu unterstellen ohne eigene Dispositionsmöglichkeit. Auch durch die Bereitstellung sämtlicher erforderlichen Arbeitsgeräte habe er sich in nichts von den übrigen Mitarbeitern der Beklagten unterschieden.

16

Stattdessen - so meint der Kläger - sei seine Einstellung als AT-Angestellter zu einem Mindestgehalt von DM 7.500,- brutto geboten gewesen. Hinzuzurechnen seien Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, Überstündenzuschläge, vermögenswirksame Leistungen, Bildungsurlaub und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Nicht er habe gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen, sondern die Beklagte, die seine Unerfahrenheit ausgenutzt und sich wirtschaftliche Vorteile mit der getroffenen Vertragsgestaltung verschafft habe. Aus Rechtsgründen seien der Beklagten Regreßansprüche versagt.

17

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 22.02.1994 zum Geschäftszeichen 4 Ca 375/93 abzuändern und festzustellen, daß der Kläger in der Zeit vom Februar 1989 bis Dezember 1992 Angestellter der Beklagten gewesen ist.

18

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und im Wege der bedingten Anschlußberufung

1.

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte DM 181.664,26 nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2.

festzustellen, daß der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte 50 % der von ihr an die Sozialversicherungsträger zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen.

19

Der Kläger beantragt,

die Hilfswiderklage abzuweisen.

20

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als der Rechtslage entsprechend und wiederholt ihren Sachvortrag erster Instanz. Sie behauptet, in den Einstellungsverhandlungen habe der Kläger nach Ablehnung ihres Einstellungsangebots nach Tarifgruppe VI/4 ausdrücklich erklärt, nur als freier Mitarbeiter tätig werden zu wollen. Ausgenommen von dieser für Konstrukteure zutreffenden Tarifgruppe sei nur der Konstruktionsleiter ... als AT-Angestellter gewesen. Bei der Bemessung des Stundenhonorars habe das Tarifgehalt von DM 4.300,- zugrundegelegen und unter Hinzurechnung eines Personalkostensatzes von 70 % habe sich ein Stundensatz von DM 45,- ergeben. Der zunächst vereinbarte Stundensatz von DM 50,- habe den Kläger deswegen bessergestellt und seinem Wunsch entsprochen. Um den Kläger für das spezielle Projekt zu gewinnen, sei auch nichts anderesübrig geblieben. Der sich aus den Zeugnissen des Klägers ergebende Lebenslauf belege, daß er mit mehreren Unterbrechungen viele Jahre freier Mitarbeiter war und aus einem Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch ausgeschieden sei, um für dieselbe Firma als freier Mitarbeiter weiterhin tätig zu sein. Die ihr später bekanntgewordene Äußerung des Klägers gegenüber einem Arbeitskollegen bezüglich derÜbergabe der Stempelkarten, "hieran hänge ich die Firma auf", belege, daß der Kläger sie von Anfang an habe hereinlegen wollen.

21

Die Beklagte behauptet weiterhin, CAD-Zeichnungen habe der Kläger, der dies auch nicht bestreitet, bei sich zu Hause gefertigt, weil die Beklagte damals noch keine CAD-Anlage im Konstruktionsbüro unterhielt. Der Konstruktionsleiter habe ihm konkrete Aufträge erteilt, die sie wie bei jeder Honorarkraft nach Fertigstellung geprüft und erst dann an die Arbeitsvorbereitung weitergeleitet habe. Tatsächlich habe der Kläger bis April 1990 Honorarrechnungen geschrieben. Mehrfachen Aufforderungen, auch weiterhin Honorarrechnungen vorzulegen, sei er jedoch nicht nachgekommen. Eine Weisungsbefugnis des Klägers gegenüber technischen Zeichnerinnen oder Mitarbeitern in der Werkstatt habe nicht bestanden. Die technischen Zeichnerinnen hätten lediglich Teilzeichnungen für ihn erledigt.

22

Zur Begründung ihrer Anschlußberufung führt die Beklagte aus, ein Festhalten am Vertrag auf der bisherigen Grundlage sei ihr bei Bestehen eines Anstellungsverhältnisses nicht zumutbar. Dies folge aus der Bemessung des Stundenhonorars auf der Grundlage der Kosten einer Angestelltentätigkeit. Die Berücksichtigung der Lohnnebenkosten habe gerade eine Schlechterstellung des Klägers als freier Mitarbeiter gegenüber einem Angestellten vermieden. Würde sein Stundenhonorar mit dem Gehalt eines Angestellten gleichgesetzt, müßte sie ein Vielfaches als Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen aufbringen, was ihr nicht zuzumuten sei.

23

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung und deren Erwiderung nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

I.

Die gem. § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Kläger hat sich ausführlich mit den Entscheidungsgründen des Urteils des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt und ist ihnen entgegengetreten. Damit ist die Berufung insgesamt zulässig.

25

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 25.05.1994 - eingegangen beim Landesarbeitsgericht am 27.05.1994 - nicht die bereits am 10.05.1994 eingelegte Berufung zurückgenommen, sondern ausdrücklich nur die außerdem noch mit Schriftsatz vom 19.05.1994 am 20.05.1994 eingelegte Berufung. Dieses folgt aus dem eindeutigen klaren Wortlaut seiner Rücknahmeerklärung.

26

II.

Die Berufung ist auch begründet. Denn die Klage ist zulässig und begründet.

27

Sie wäre als Klage auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses nicht zulässig, wenn sich aus der begehrten Feststellung keine Rechtsfolgen für die Gegenwart oder die Zukunft ergeben, weil sie dann auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinausliefe, wofür die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig sind (BAG, Urteil vom 22.09.1992 - 9 AZR 404/90 -, Der Betrieb 1993, 100, RG, Urteil vom 05.11.1890 - RG Z 27, 205). Weil der Kläger Arbeitslosengeld begehrt und seine Nachversicherung in der Rentenversicherung verfolgt, hat er zur Durchsetzung seiner sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung seines arbeitsrechtlichen Status als Vorfrage seiner Sozialversicherungspflicht.

28

Für Prozeßverwirkung ist nichts vorgetragen. Der Status des Beschäftigten unterliegt nicht der Disposition der Parteien, sondern richtet sich danach, wie die Vertragsbeziehung nach ihrem Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen ist. Durch Partei Vereinbarung kann die Bewertung einer Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis nicht abbedungen und der Geltungsbereich des Arbeitnehmerschutzrechts nicht eingeschränkt werden. Der wirkliche Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Wird der Vertrag abweichend von den ausdrücklichen Vereinbarungen vollzogen, ist die tatsächliche Durchführung maßgebend, weil die praktische Handhabung - worauf die Klage gerade gestützt wird - Rückschlüsse darauf zuläßt, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien in Wirklichkeit ausgegangen sind (ständige Rechtsprechung, z. B. BAG, Urteil vom 16.03.1994 - 5 AZR 447/92 - AP Nr. 68 zu § 611 BGB Abhängigkeit mit umfangreichen Nachweisen). Daher führt auch der Vortrag der Beklagten nicht weiter, daß der Kläger den Abschluß des ihm angebotenen Arbeitsvertrags als Tarifangestellter abgelehnt hat und die daraufhin vereinbarte Einstellung als freier Mitarbeiter gewünscht habe. Seinen behaupteten Status als Arbeitnehmer hat der Kläger bereits mit vorgerichtlichem Anwaltsschreiben vom 01.04.93 und dann nach Zurückweisung durch Schreiben vom 11.05.1993 mit seiner Klage vom 21.06.93 kurzfristig nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend gemacht. Eine illoyal verspätete Geltendmachung ist darin nicht zu sehen.

29

Die Klage ist begründet. Der Kläger war seit Februar 1989 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt und nicht als freier Mitarbeiter. Das BAG hat in seinem Urteil vom 16.03.1994 ausgeführt:

Arbeitnehmer und freier Mitarbeiter unterscheiden sich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung verpflichtete jeweils befindet. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit ist weder erforderlich noch ausreichend.

Arbeitnehmer ist danach derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Insoweit enthält § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal. Nach dieser Bestimmung ist selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und deshalb persönlich abhängig ist dagegen der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Zwar gilt diese Regelung unmittelbar nur für die Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters vom abhängig beschäftigten kaufmännischen Angestellten. Über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus enthält diese Bestimmung jedoch eine allgemeine gesetzgeberische Wertung, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrages vom Arbeitsvertrag zu beachten ist, zumal da dies die einzige Norm darstellt, die Kriterien dafür enthält. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, daß der Beschäftigte einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dieses Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Die fachliche Weisungsgebundenheit ist für Dienste höherer Art. nicht immer typisch. Die Art. der Tätigkeit kann es mit sich bringen, daß dem Dienstverpflichteten ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbständigkeit verbleibt.

Für die Abgrenzung entscheidend sind demnach die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten der Entgeltzahlung oder andere formelle Merkmale wie die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen und die Führung von Personalakten. Bei der Frage, in welchem Maße der Mitarbeiter persönlich abhängig ist, ist vor allem die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit zu berücksichtigen. Denn abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Kriterien lassen sich nicht aufstellen. Eine Anzahl von Tätigkeiten kann sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses (freien Mitarbeiterverhältnisses) erbracht werden (BAG, Beschluß vom 30.10.1991, AP Nr. 59 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Umgekehrt gibt es Tätigkeiten, die für andere regelmäßig nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden können. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses kann also auch aus der Art. der zu verrichtenden Tätigkeit folgen.

30

Unter Beachtung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien, der sich die Kammer anschließt, war der Kläger, der zuvor am Projekt TP80 als von der Firma ... "entliehener" Konstrukteur angestellt war, auch nach Abschluß des Vertrags vom 27.01.89 weiterhin als Angestellter beschäftigt. Das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit ergibt sich ungeachtet der zunächst vertraglich vereinbarten Befristung von einem Jahr, die dann im Nachtrag vom 20.11.89 aufgehoben wurde, daraus, daß die Tätigkeit des Klägers als Projektleiter unter dem bestehenden Termindruck, auf den die Beklagte in ihrem Schreiben an die zuständigen betrieblichen Stellen vom 23.02.1990 hingewiesen hat und worauf der Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat, nur unter permanenter Abstimmung mit anderen beteiligten Konstrukteuren und Abteilungen geleistet werden konnte, so daß der Kläger zwangsläufig in den Betrieb der Beklagten eingegliedert war, so daß sich aus dem Erfordernis der ständigen Abstimmung bei allen konstruktiven und produktiven Fragen das Bedürfnis seiner Anwesenheit während der betrieblichen Arbeitszeit und die vollständige Einbindung seiner Tätigkeit in die betrieblichen Abläufe ergab. Diese konstruktiven Abstimmungen betrafen, wie die Beklagte ausführte, die Übergänge von der vorhergehenden zur nachfolgenden Maschine, sodann die Arbeitsvorbereitung und die Fertigung eines Prototyps bis zur Montage und Inbetriebnahme. Dem steht die Erledigung von CAD-Arbeiten außerhalb des Betriebs der Beklagten keinesfalls entgegen, weil die Beklagte im Gegensatz zum Kläger über eine solche Konfiguration gar nicht verfügte. Bereits diese vorgegebene Integration der Tätigkeit des Klägers in den Betrieb der Beklagten hat seine Arbeitnehmereigenschaft zur Folge.

31

Weitere Indizien dafür ergeben sich aus dem Vertrag vom 27.01.1989 daraus, daß "Inhalt, Umfang und Einteilung der Aufgabenstellung" von der Beklagten festgelegt werden und damit ihrem Direktionsrecht unterliegen. Der Vertrag legt einen Höchsturlaub von 20 Tagen fest, wohingegen ein freier Mitarbeiter die Dauer seines Urlaubs selbst bestimmt. Die vertraglich festgelegte Mindestarbeitszeit ist die betriebliche, so daß der Kläger keine Möglichkeit hat, am Markt andere Chancen zu nutzen. Schließlich steht die Nutzung von Diensterfindungen und Verbesserungsvorschlägen des Klägers vertragsgemäß wie bei einem Angestellten zunächst der Beklagten zu.

32

Dagegen war die Beklagte selbst nicht in der Lage darzustellen, welche materiellen Veränderungen der Tätigkeit des Klägers sich nach Beendigung seiner Tätigkeit als ausgeliehenem Angestellten bei seiner fortgesetzten Beschäftigung als "freier Mitarbeiter" ergeben haben.

33

Zusätzliches wichtiges Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers, der darauf zu Recht hinweist, ist die durch die Vereinbarung vom 04.09.89 ausgeschlossene Übernahme jedes unternehmerischen Risikos für seine Arbeitsergebnisse. Seine spezifische Abhängigkeit besteht darin, daß er seine Arbeitskraft nicht wie ein Unternehmer durch selbstgesetzte Ziele unter eigener Verantwortung und mit eigenem Risiko am Markt verwerten konnte, sondern seine persönliche Arbeit fremdnützig für die Beklagte in der von ihr bestimmten Organisation zu leisten hatte.

34

III.

Die zulässige bedingte Anschlußberufung der Beklagten war zurückzuweisen. Denn ihre Hilfswiderklage ist nicht begründet.

35

1.

Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt schuldet der Kläger der Beklagten die Zahlung von DM 181.664,26 unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 812 BGB. Denn der geltend gemachte Wegfall der subjektiven Geschäftsgrundlage - läge er vor - führt nicht zur Annahme eines faktischen Arbeitsverhältnisses für die Vergangenheit, sondern allenfalls bei Fortbestand des Vertragsverhältnisses zu einer Anpassung für die Zukunft, worauf wegen der Beendigung des Vertrags Verhältnisses zum 31.12.92 hier nicht näher einzugehen ist.

"Geschäftsgrundlage sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH und des BAG die bei Abschluß des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut (BGHZ 25, 390, 392 mit weiteren Nachweisen und ähnlich auch BAG, Urteil vom 14.02.1956 - 1 AZR 279/54 - AP Nr. 1 zu § 242 BGB Geschäftsgrundlage; BAG 38, 194 = AP Nr. 33 zu§ 612 BGB; BAG, Urteil vom 05.04.1960 - 5 AZR 197/57 - AP Nr. 3 zu § 242 BGB Geschäftsgrundlage)."

36

Das BAG führt in seinem Urteil vom 09.07.1986 - 5 AZR 44/85 - AP Nr. 7 zu § 242 BGB Geschäftsgrundlage weiter aus, daß selbst dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer tatsächlich eine höhere Vergütung als im Arbeitsverhältnis gezahlt hat, sich daraus für ihn noch kein Rückforderungsanspruch gegen den Arbeitnehmer ergibt, weil der Wegfall der Geschäftsgrundlage nämlich in erster Linie die Anpassung des Vertrages an die veränderten Verhältnisse zur Folge hat. Eine Anpassung wird aber regelmäßig nur für noch nicht abgewickelte Vertragsverhältnisse in Frage kommen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen und dort auch nur regelmäßig für die Zukunft.

37

Tatsächlich ist von einem Wegfall der subjektiven Geschäftsgrundlage nicht auszugehen. Die Beklagte mußte nach der bestehenden ständigen Rechtsprechung damit rechnen, daß das Vertragsverhältnis als freier Mitarbeiter, wobei es weniger auf den Vertragswortlaut selbst als auf dessen Durchführung ankam, die sie maßgeblich gestaltete, einer gerichtlichen Prüfung nicht standhielt. Dazu führt Mayer-Maly in seiner Anmerkung zum Urteil des BAG vom 09.07.1986 zutreffend aus:

"Es bedarf keiner besonderen Rechtskenntnisse, um zu erfassen, daß ein Arbeitsverhältnis entstehen kann, wenn man sich verpflichtet, in einer von einem anderen geleiteten betrieblichen Organisationseinheit gegen Entgelt tätig zu werden. Es ist durchaus nicht unvorhersehbar, daß ein Gestaltungsversuch, der zumindest objektiv darauf zielt, ein Rechtsverhältnis am Arbeitsrecht vorbeizuführen, daran scheitert, daß ein Gericht das Arbeitsrecht doch für anwendbar erklärt. In solchen Fällen ist es beiden Seiten durchaus zumutbar, wirtschaftlich an ihrer Beziehung festgehalten zu werden und sich die juristische Qualifikation derselben so gefallen zu lassen, wie sie das objektive Recht vorsieht."

38

Auch bezüglich der Höhe der Widerklage geht die Annahme der Beklagten fehl, der Kläger wäre alternativ als Tarif angestellter nach Tarifgruppe VI/4 tätig geworden, auch deswegen, weil der Kläger dieses Vertragsangebot ausdrücklich zurückgewiesen hatte und die Beklagte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses unter Termindruck stand und bereits deswegen zu Zugeständnissen bei der Festlegung der Vergütung des Klägers gezwungen war.

39

Kommt eine rückwirkende Anpassung des Vertrags nicht in Betracht, entfällt auch nicht der Rechtsgrund für die Honorarzahlungen der Beklagten (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB, condictio indebiti). Auch eine Zweckverfehlung der Leistungen der Beklagten (condictio ob rem, § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative BGB) liegt nicht vor, wenn die Beklagte ihre Honorarzahlungen im Vertrauen auf den Bestand des Honorarvertrags erbracht hat und diese Rechtsgrundlage nun deshalb entfällt, weil sie sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen hat. (W. Blomeyer, AR-Blattei (D) Wegfall der Geschäftsgrundlage Entscheidungen 1, mit ähnlicher Begründung BAG, Urteil vom 09.07.1986 aaO).

40

2.

Der Feststellungsantrag ist gem. § 256 ZPO wegen des rechtlichen Interesses der Beklagten an alsbaldiger Feststellung zulässig, aber unbegründet. Nach § 28 g SGB IV kann der Anspruch auf den vom Beschäftigten zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden. Ein unterbliebener Abzug darf nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Daß ein Verschulden der Beklagten fehlt, kann jedoch nicht festgestellt werden.

41

Der erst ab 01.01.1990 inkraftgetretene Satz 4 dieser Vorschrift, dies gelte nicht, wenn der Beschäftigte seine Pflichten nach§ 28 o Abs. 1 Satz 1 SGB IV (Angaben zur Durchführung des Meldeverfahrens und der Beitragszahlung) vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachkommt, ist nicht erfüllt. Die Beklagte hat den Beitragsabzug nicht deswegen unterlassen, weil ihr das Versicherungsnachweisheft des Klägers nicht vorlag, sondern weil sie irrig von einer versicherungsfreien Tätigkeit des Klägers ausging. Eine Aufforderung an den Kläger, sein Versicherungsnachweisheft vorzulegen, ist infolgedessen auch nie erfolgt. Andernfalls hätte sie den Kläger mit Hilfe eines Ersatzversicherungsnachweises zur Sozialversicherung anmelden und die Beiträge abführen können. Die Versicherungsnummer des Klägers war ihr aus seiner Angestelltentätigkeit im Jahr 1982 bekannt. Deshalb ist ein Rückforderungsanspruch der Beklagten wegen nachzuentrichtender Sozialversicherungsbeiträge für den Kläger nicht gegeben.

42

IV.

Gem. § 91 ZPO hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits als unterlegene Partei zu tragen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer die Revision zugelassen.