Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.12.1995, Az.: 13 Sa 711/95

Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung eines bisher vollbeschäftigten Schwerbehinderten in Teilzeit

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
19.12.1995
Aktenzeichen
13 Sa 711/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 10883
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1995:1219.13SA711.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Oldenburg - 17.01.1995 - AZ: 4 Ca 373/94

Amtlicher Leitsatz

§ 14 Abs. 2, 3, SchwbG verpflichtet den Arbeitgeber, einen bisher vollbeschäftigten Schwerbehinderten in Teilzeit weiterzubeschäftigen, wenn dies aus betriebstechnischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht unzumutbar ist. Die Verpflichtung ist aber zu verneinen, wenn die geschuldete Tätigkeit auch in Teilzeit vom Schwerbehinderten nicht vollständig ausgeführt werden kann.

In dem Rechtsstreit
hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen
fürRecht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 17.01.1995, 4 Ca 373/94, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 5.750,00 DM festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt anstelle von Vollzeitbeschäftigung Teilzeitarbeit mit durchschnittlich achtzehn Stunden pro Woche, in erster Linie unter Fortgeltung der übrigen Arbeitsbedingungen, hilfsweise begrenzt auf die Tätigkeit als Ladungskontrolleur.

2

Die Beklagte betreibt einen Hafeneinzelbetrieb im Seehafen Brake mit etwa zweihundertsiebenundsechzig Mitarbeitern. Umgeschlagen werden Eisen- und Stahlprodukte (Export) und Zellulose, Papier, Hölzer (Import) sowie Schüttgüter (für den vorliegenden Rechtsstreit nicht relevant). Eisen- und Stahlprodukte werden vor allem durch die Eisenbahn angeliefert, zum Teil auch durch LKW oder Binnenschiffe, eingelagert und sodann auf Seeschiffe verladen. Bei Zellulose, Papier, Holz findet der umgekehrte Vorgang statt.

3

Der Kläger, Vertrauensmann der Schwerbehinderten, wurde von der Beklagten als Talleymann und Hafenarbeiter seit 21.02.1977 beschäftigt, Monatslohn etwa 5.750,00 DM. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von siebzig Prozent, seit 01.12.1993 bezieht er Berufungsunfähigkeitsrente (Bescheid vom 21.04.1994, Bl. 15 f. d. A.) Behinderung und Berufsunfähigkeit beruhen auf Herzerkrankung, Bronchitis, Diabetes und Steh- und Gehbehinderung am linken Fuß (Arbeitsunfall). Im Herbst 1993 hat der Kläger eine Kur absolviert, in der Folgezeit war er fast ununterbrochen arbeitsunfähig, eine weitere Kur erfolgte vom 24.01.1995 bis 21.02.1995. Nach ärztlichem Entlassungsbericht der LVA (Bl. 68 bis 74 d. A.) war der Kläger nicht arbeitsfähig für seine letzte Tätigkeit als Hafenarbeiter, die beschriebene Tätigkeit soll er nicht vollschichtig ausführen, zumutbar wäre eine Teilzeitstelle. Der Kardiologe Dr. Meyer hat unter dem Datum vom 02.03.1995 folgende Bewertung abgegeben:

Leichte bis gelegentlich kurzfristig mittelschwere Belastungen sind möglich. Gegenüber einer Tätigkeit mitÜberwachungsaufgaben bestehen keine Bedenken.

Schwere, insbesondere größere statische Belastungen müssen strikt vermieden werden.

4

Eine stufenweise Wiedereingliederung (Wiedereingliederungsplan Bl. 75 d. A.) lehnte die Beklagte ab. Ein Gespräch mit einem Vertreter der Hauptfürsorgestelle, vom Kläger initiiert, kam nicht zustande, die Beklagte lehnte eine Hinzuziehung eines Betriebsratsmitgliedes ab. Seit dem 08.05.1995 bezieht der Kläger Arbeitslosengeld.

5

Die Beklagte arbeitet in Wechselschicht, pro Schicht 7,5 Stunden, und zwar von sechs bis vierzehn Uhr und von vierzehn bis zweiundzwanzig Uhr. Gelegentlich, ca. zwei- bis dreimal pro Monat, ist Nachtschicht zu leisten. Der Kläger ist nicht in der Lage, in der Nachtschicht zu arbeiten. Die Arbeitnehmer werden nicht in einem festen Schichtplan beschäftigt, sondern nach Bedarf und Arbeitsanfall für die Schichten eingeteilt. Der Kläger war in der Vergangenheitüberwiegend als Ladungskontrolleur eingesetzt.

6

Der Kläger hat vorgetragen, als Teilzeitkraft könne er durchschnittlich achtzehn Stunden pro Woche arbeiten, ein entsprechender Einsatz sei der Beklagten auch möglich.

7

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, die Arbeitsbedingungen des Klägers dahingehend abzuändern, daß unter Fortgeltung derübrigen Arbeitsbedingungen die durchschnittliche wöchentliche Arbeitsverpflichtung des Klägers auf 18 Stunden festgesetzt wird.

8

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Sie hat vorgetragen, da der Kläger berufsunfähig sei, könne er die geschuldete Tätigkeit als Ladungskontrolleur, Lukenvize, schwere Hafenarbeiten, nicht mehr ausüben.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

11

Mit Berufung trägt der Kläger vor, nach der Kur 1995 sei er wieder arbeitsfähig für Teilzeitarbeit. Teilzeitbeschäftigung sei für die Beklagte organisatorisch durchführbar und zumutbar, da der Arbeitseinsatz flexibel gestaltet sei. Er könne zwar keine schwere Hafenarbeit mehr leisten, ebenso keine Nachtschicht. Als Ladungskontrolleur könne er aber eingesetzt werden. Für diese Aufgabe seien etwa fünfzehn bis zwanzig Arbeitnehmer beschäftigt. Die dabei anfallenden Tätigkeiten könne er ohne Einschränkung ausführen, insbesondere sei er in der Lage, Eisenbahnwaggontüren aufzuschieben oder Waggonschiebedächer zuöffnen. Soweit die Beklagte das Abplanen von LKW oder Waggons anspreche, handele es sich um Tätigkeiten, die von den LKW-Fahrern durchgeführt würden bzw. im Zellulosebereich anfielen, wo spezielle Ladungskontrolleure eingesetzt würden.

12

Der Kläger beantragt,

1. unter Aufhebung der Entscheidung des Arbeitsgerichtes Oldenburg vom 17.01.1995, Geschäftszeichen 4 Ca 373/94, die Beklagte zu verpflichten, die Arbeitsbedingungen des Klägers dahingehend abzuändern, daß unter Fortgeltung der übrigen Arbeitsbedingungen die durchschnittliche wöchentliche Arbeitsverpflichtung des Klägers auf 18 Stunden festgesetzt wird.

2. Hilfsweise,

unter Abänderung der Entscheidung des Arbeitsgerichtes Oldenburg vom 17.01.1995, Geschäftszeichen 4 Ca 373/94, die Beklagte zu verpflichten, die Arbeitsbedingungen des Klägers dahingehend abzuändern, daß der Kläger als Ladungskontrolleur mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitsverpflichtung von 18 Stunden weiterbeschäftigt wird.

13

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

14

Sie trägt vor, einen Großteil der Arbeiten eines Ladungskontrolleurs könne der Kläger aufgrund der Begutachtung durch den arbeitsmedizinischen Dienst nicht leisten: öffnen von Waggontüren und Schiebedächern. Abplanen von Waggons und LKW's. Auch ein Einsatz als Teilzeitkraft sei nicht zumutbar, weil die Beklagte beim Personaleinsatz auf Flexibilität angewiesen sei. Schließlich sei nicht erkennbar, daß die Arbeitsunfähigkeit des Klägers am 08.05.1995 geendet habe.

15

Die Beklagte hat vorgelegt eine von ihr erstellte Arbeitsplatzbeschreibung (Bl. 111 und 112 d. A.) sowie Stellungnahmen des Arztes Dr. Dietrich, Arbeitsmedizinischer Dienst Oldenburg, vom 21.03.1995 und 08.06.1995, Bl. 66 und Bl. 106 f. d. A. Außerdem hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 07.12.1995 ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten des Zeugen Töllner eingereicht.

16

Ergänzend wird wegen des zweitinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

17

Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Nawracala, Böhler, Töllner und des sachverständigen Zeugen Dr. Dietrich. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die gerichtliche Niederschrift vom 19.12.1995, Bl. 157 f. d. A.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung des Klägers ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG, 518, 519 ZPO. Die Berufung ist nicht begründet, das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts war auch aufgrund des zweitinstanzlichen Parteivorbringens und der durchgeführten Beweisaufnahme zu bestätigen.

19

Der mit Berufung gestellte Hauptantrag des Klägers ist, weil zu unbestimmt, unzulässig. Der Kläger trägt selbst vor, daß er nicht uneingeschränkt als Hafenarbeiter einsetzbar ist, er kann keine schwere Hafenarbeit leisten. Er ist beispielsweise nicht als Stauer einsetzbar. Eine Verurteilung der Beklagten zur Beschäftigung des Klägers "unter Fortgeltung der übrigen Arbeitsbedingungen" löst nicht die Streitfrage der Parteien, für welche Arbeiten der Kläger arbeitsfähig ist. Der Hauptantrag ist deshalb inhaltlich zu unbestimmt und unzulässig. Zulässig ist dagegen der Hilfsantrag, Beschäftigung als Ladungskontrolleur mit achtzehn Stunden wöchentlich. Dieser Antrag ist, weil er die angestrebte Tätigkeit festlegt, ausreichend bestimmt.

20

Der Hilfsantrag ist nicht begründet. Die Tätigkeit als Ladungskontrolleur kann der Kläge ohne Hilfestellung auch in Teilzeit nicht in vollem Umfang ausüben. Insbesondere unter Berücksichtigung der Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. Dietrich war davon auszugehen, daß der Kläger aus gesundheitlichen Gründen einzelne Tätigkeiten eines Ladungskontrolleurs nicht ausführen kann, eine Beschäftigung des Klägers ist der Beklagten nicht zuzumuten.

21

§ 14 Abs. 2 SchwbG verpflichtet den Arbeitgeber, den Schwerbehinderten so zu beschäftigen, daß er seine Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiter entwickeln kann. Nach der Rechtsprechung des BAG (EzA § 14 SchwbG 1986 Nr. 3) gibt diese Vorschrift dem Arbeitnehmer in einem bestehenden Arbeitsverhältnis einen klagbaren Anspruch auf Beschäftigung im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten. Begrenzt wird diese Verpflichtung gemäß § 14 Abs. 3 Satz 3 SchwbG, wenn die Erfüllung aus betriebstechnischen oder wirtschaftlichen Gesichtspunkten unzumutbar ist. Da nach § 14 Abs. 3 Satz 1 SchwbG die Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen zu fördern ist, ist nach Auffassung der Kammer im Grundsatz auch eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu bejahen, einen vollzeit eingestellten Schwerbehinderten bei nachträglich eingeschränkter Leistungsfähigkeit als Teilzeitkraft weiter zu beschäftigen.

22

Der Anspruch des Klägers scheitert damit nicht daran, daß er nach seiner Darstellung, gestützt auf den Entlassungsbericht der LVA, nur noch in der Lage ist, achtzehn Stunden im Durchschnitt pro Woche zu arbeiten. Er kann auch bei leichteren Arbeiten vollschichtig arbeiten - so die Stellungnahme des Dr. Dietrich vom 08.06.1995 und seine Aussage im Termin. Einsetzbar wäre der Kläger damit pro Woche für zwei bis drei Schichten, die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von achtzehn Stunden wäre z. B. erreichbar bei einem Einsatz in zwölf Schichten in einem Fünf-Wochen-Zeitraum. Eine entsprechende Teilzeittätigkeit wäre für die Beklagte auch zumutbar. Da der Arbeitseinsatz flexibel nach Bedarf erfolgt, nicht nach einem längerfristig vorausplanbaren Arbeitskräftebedarf, ist nicht zu ersehen, daß die Teilzeitarbeit erhebliche Probleme aufwirft und unzumutbar wäre.

23

Auch die Einschränkung, daß der Kläger nicht in der Nachtschicht einsetzbar ist, erscheint der Kammer zumutbar. Nach eigenem Vortrag der Beklagten sind von den Arbeitnehmern pro Monat ca. zwei bis drei Nachtschichten zu leisten. Unter Berücksichtigung des flexiblen Arbeitseinsatzes nach Bedarf erscheint es dann aber auch möglich, den schwerbehinderten Kläger nicht zur Nachtschicht einzuteilen.

24

Die Beschränkungen, die sich daraus ergeben, daß der Kläger beim Abplanen von Waggons und bei schweren Arbeiten wie Stauertätigkeit nicht mehr einsetzbar ist, sind ebenfalls für die Beklagte hinnehmbar. Abplanen von Waggons fällt an im Zellulosebereich, nicht im Bereich Eisen und Stahl. Dies ergibt sich aus der Aussage des Zeugen Böhler, daß Abplanen von LKW oder Eisenbahnwaggons in "unserem Bereich" praktisch nicht anfalle. Der Kläger könnte im überwiegenden Eisen- und Stahlbereich eingesetzt werden als Ladungskontrolleur. Da der Kläger in der Vergangenheit überwiegend Tätigkeiten eines Ladungskontrolleurs erledigt hat, kann bei Beschränkung auf Teilzeitarbeit auf seinen Einsatz für schwere körperliche Arbeiten außerhalb dieses Bereiches verzichtet werden.

25

Die vorgenannten Einschränkungen (Teilzeitarbeit, keine Nachtarbeit, kein Einsatz in Bereichen, in denen Waggons abzuplanen sind, keine schwerere Hafenarbeit. Beschränkung der Tätigkeit auf Ladungskontrolle im Eisen- und Stahlbereich) sind zwar erheblich, aber unter Berücksichtigung von § 14 Abs. 2, Abs. 3 SchwerbG von der Beklagten zu verlangen. Die Beschäftigungspflicht scheitert daran, daß der Kläger auch die Tätigkeit als Ladungskontrolleur nicht vollständig bzw. nicht ohne Hilfestellung ausführen kann. Nach der Beweisaufnahme ist die Kammer nicht zu der Überzeugung gelangt, daß der Kläger alle anfallenden Arbeiten eines Ladungskontrolleurs erledigen kann. Beweispflichtig war aber der Kläger. Er ist berufsunfähig, womit feststeht, daß er die bisherige Tätigkeit nicht mehr uneingeschränkt ausführen kann. Er hat deshalb seine Leistungsfähigkeit für die angestrebte Tätigkeit nachzuweisen. Dieser Beweis ist nicht erbracht.

26

Der sachverständige Zeuge Dr. Dietrich hat in seiner Aussage und in seinen schriftlichen Stellungnahmen zusammengefaßt dargelegt, daß der Kläger Kontrolltätigkeiten uneingeschränkt ausführen kann einschließlich Ein- und Ausstieg in Schiffe. Nicht möglich sei aufgrund des Gesundheitsrisikos größere Kraftanstrengung (über zehn Kilogramm) wie Heben und Ziehen. Aus seiner Sicht sollte der Kläger auch bei einem Güterwagen in gutem Wartungszustand die Türen nicht aufschieben.

27

Das Aufziehen von Eisenbahnwaggontüren, das Aufschieben von Schiebedachelementen von geschlossenen Eisenbahnwaggons gehört aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu den Aufgaben des Ladungskontrolleurs. Hinzukommen zumindest als teilweise Nebenaufgaben Entfernung von Rungen bei offenen Eisenbahnwaggons, Abräumen von Kanthölzern mit Gewichten vonüber zehn Kilogramm.

28

Der vom Kläger benannte Zeuge Nawracala hat ausgesagt, daß der Ladungskontrolleur Waggontüren aufzuschieben hat, um in das Innere geschlossener Waggons zu gelangen. Daß hierfür erhebliche Kraftanstrengungen erforderlich sein können, ergibt sich aus der Begründung des Zeugen, bei Schwergängigkeit habe er sich einen zweiten Mann geholt, unter Umständen sei die Tür per Stapler geöffnet worden. Die Vorbereitung des Entladevorgangs durch Abklappen der Rungen oder Aufschieben der Türen oder Dachelemente wie auch das Abräumen der Kanthölzer seien nicht eigentlich Aufgabe des Ladungskontrolleurs, werde aber je nach Arbeitsanfall von diesen gemacht.

29

Nach Angaben des Zeugen Böhler sind am Zug beschäftigt der Ladungskontrolleur, der die Entladung durch Entfernen von Rungen oder Aufschieben von Türen oder Dachelementen vorbereitet und sodann die Ladung kontrolliert, sowie zwei Staplerfahrer, die per Stapler entladen und zwischen Zug und Lager pendeln. Abräumen von Kanthölzern gehöre zum Aufgabenbereich des Ladungskontrolleurs. Beim Öffnen der Waggons müßte zu zehn Prozent ein zweiter Mann hinzugezogen werden, zu ein bis zwei Prozent werde (verbotenerweise) der Stapler eingesetzt.

30

Die Aussagen der Zeugen differieren geringfügig in der Frage, in welchem Umfang die Vorbereitung des Entladevorgangs zum Aufgabenbereich des Ladungskontrolleurs gehört. Die tatsächlich ausgeübten Arbeiten werden weitgehend übereinstimmend geschildert. Als Ergebnis ist dabei festzuhalten, daß nach dem Arbeitsablauf der Kontrolleur der erste Mann am Zug ist. Er muß geschlossene Waggonsöffnen, um die Kontrolltätigkeit ausüben zu können. Es ist dann aber mit der Aussage des Zeugen Böhler davon auszugeben, daß er die Türen bzw. Dachelemente voll bis zur Entladungsreife auf zieht. Den Zeugenaussagen ist zu entnehmen, daß das Öffnen der Waggons erhebliche Kraftanstrengung erfordert, teilweise muß ein zweiter Mann hinzugezogen werden, teilweise maschinelle Hilfe. Nach Einschätzung des Zeugen Dietrich sollte der Kläger diese Arbeit selbst bei gut gewarteten Güterwaggons nicht machen. Dann ist aber davon auszugeben, daß der Kläger bei der Öffnung geschlossener Eisenbahnwaggons, die er als erster am Zug zu leisten hat, Hilfestellung benötigt. Ob er bei offenen Eisenbahnwaggons Rungen abklappen muß oder ob dies der Staplerfahrer oder ein Gangmann macht, kann offen bleiben. Auch nach Aussage des Zeugen Nawracala erledigt der Ladungskontrolleur diese Arbeiten jedenfalls auch teilweise. Gleiches gilt für das Abräumen der Kanthölzer. Diese Nebenarbeiten (Abklappen der Rungen, Abräumen der Kanthölzer) können vom Kläger aufgrund des Gewichts der Rungen und der Kanthölzer nicht erledigt werden. Die Beklagte müßte danach die Nebenarbeiten anderweitig erledigen lassen und zusätzlich dem Kläger für die erste Arbeit am Zug (öffnen der geschlossenen Eisenbahnwaggons) eine Hilfe zur Verfügung stellen. Der Kläger ist damit nicht nur hinsichtlich Arbeitszeit und Nachtarbeit eingeschränkt einsetzbar, sondern auch im Bereich der angestrebten Tätigkeit eines Ladungskontrolleurs nur begrenzt einsetzbar. Die Beschäftigung war damit dem Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten.

31

Bei Beweisbschluß und vorstehender Entscheidung ist zugrundegelegt der Beklagtenvortrag zur Tätigkeit eines Ladungskontrolleurs, wie sie sich aus der Arbeitsplatzbeschreibung, Anlage zur Berufungserwiderung, ergibt. Das Gutachten des Zeugen Töllner ist nicht verwertet worden, so daß dem Kläger Schriftsatznachlaß nicht zu gewähren war.

32

Da die Berufung zurückzuweisen war, trägt der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes beruht auf § 3 ZPO.

33

Die Revisionszulassung erfolgt gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.