Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.12.2006, Az.: 6 Sa 314/05
Einordnung einer arbeitsvertraglichen Klausel als Gleichstellungsabrede; Tarifvertraglicher Anspruch auf Zahlung von Entgelterhöhungen; Vergleichbarkeit der Wirkungen einer Rahmenvereinbarung mit den Wirkungen eines Tarifvertrags; Einbeziehung einzelner Regelungen aus dem Bereich des BAT in eine Rahmenvereinbarung; Arbeitsvertraglicher Anspruch auf die Gewährung einer Lohnerhöhung auf Grundlage der Regelungen des BAT; Auswirkung eines Verbandsaustritts des Arbeitgebers auf eine Gleichstellungsabrede; Einordnung von Bezugnahmeklauseln in vor dem 01.01.2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen als Gleichstellungsabreden; Anspruch auf Weitergewährung einer Lohnerhöhung auf Grund einer betrieblichen Übung; Anforderungen an das Entstehen einer betrieblichen Übung
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 04.12.2006
- Aktenzeichen
- 6 Sa 314/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 32380
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2006:1204.6SA314.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Braunschweig - 16.11.2004 - AZ: 8 Ca 350/04
Rechtsgrundlagen
- § 3 TVG
- § 4 Abs. 1 TVG
- § 67 Abs. 3 DRK-TV
- § 305c Abs. 2 BGB
- § 151 BGB
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die im BAT vereinbarten Entgelterhöhungen ab dem 01.01.2003, 01.01.2004 und 01.05.2004 werden nicht automatisch in den DRK-TV-West übernommen; insoweit ist ein konstitutiver Übertragungsakt erforderlich (BAG 07.06.2006 - 4 AZR 584/05 und 4 AZR 484/05.
- 2.
Bestätigung der Gleichstellungsrechtssprechung des BAG für vor dem 01.01.2002 abgeschlossene Arbeitsverträge - BAG 14.12.2005 - 4 AZR 536/04, AP Nr. 39 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag
- 3.
Gewährt der Arbeitgeber Entgelterhöhungen aufgrund vrmeindlicher tarifvertraglicher Verpflichtung, entsteht keine betriebliche Übung (Einzelfallentscheidung, im Ergebnis Abweichung von LAG Niedersachsen, 7 Sa 1865/04, juris).
In dem Rechtsstreit
hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2006
durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Klausmeyer,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Wolter,
die ehrenamtliche Richterin Frau Runge
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 16.11.2004 - 8 Ca 350/04 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte zum einen dazu berechtigt war, eine ab 01.01.2003 tatsächlich geleistete Erhöhung der Vergütung um 2,4 Prozent ab Januar 2004 wieder rückgängig zu machen, und ob der Beklagte zum anderen verpflichtet ist, dem Kläger ab 01.01.2004 und ab 01.05.2004 jeweils eine weitere Vergütungserhöhung von einem Prozent zu gewähren.
Der Kläger ist auf Grund des schriftlichen Arbeitvertrages vom 05.02.1979 bei dem Beklagten als Mitarbeiter im Krankentransport beschäftigt. Unter dem 01.01.1991 vereinbarten die Parteien eine Änderung zum Arbeitsvertrag, nach dessen Ziffer 1. mit Wirkung vom 01.01.1991 auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildenden des Deutschen Roten Kreuzes in der jeweiligen Fassung entsprechende Anwendung findet. Der Kläger ist seit 1979 Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Der Beklagte war Mitglied der DRK-Landestarifgemeinschaft in Niedersachsen GbR (im Folgenden: DRK LTG Nds.). Mit Schreiben vom 17.12.2002 erklärte der Beklagte den Austritt aus der Landestarifgemeinschaft zum 31.03.2003.
Die DRK LTG Nds. ist Mitglied der Bundestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes, die wiederum Tarifvertragspartei auf Arbeitgeberseite des DRK-Tarifvertrages (West) ist. Die Bundestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes hat im Jahre 1984 mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), deren Rechtsnachfolgerin die Gewerkschaft ver.di ist, eine "Vereinbarung über Rahmenbedingungen für den Abschluss von Tarifverträgen" (vgl. Bl. 60 bis 67 d. A.) abgeschlossen.
In dieser Vereinbarung ist u. a. Nachstehendes festgelegt:
"§ 2
Übereinstimmendes Ziel der Vertragsparteien ist es, Arbeitskämpfe im Bereich der Tarifgemeinschaft des DRK nach § 3 Abs. 1 zu vermeiden.
§ 3 Abs. 2
Soweit die Arbeitsbedingungen des DRK mit den Regelungen des BAT inhaltlich identisch sind (Katalog A), werden zwischen den Vertragspartnern keine Verhandlungen geführt. Die Möglichkeit, in beiderseitigem Einvernehmen Verhandlungen zu führen, bleibt unberührt. "
§ 67 Abs. 3 des DRK-Tarifvertrages (West) (DRK-TV) lautet wie folgt:
"Soweit Regelungen gemäß § 3 der Rahmenbedingungen (Katalog A) zwischen den Tarifvertragsparteien nicht zu verhandeln sind, bedarf es keiner formalen Kündigung des Tarifvertrages, um die geänderten Vorschriften für den öffentlichen Dienst als Tarifrecht für das DRK zu übernehmen."
Im 78. Änderungstarifvertrag zum Bundesangestelltentarifvertrag (BAT), abgeschlossen am 09.01.2003, ist für die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes eine Erhöhung der Löhne und Gehälter ab 01.01.2003 in Höhe von 2,4 Prozent, ab 01.01.2004 um ein weiteres Prozent sowie ab 01.05.2004 um ein weiteres Prozent vorgesehen.
In einem Schreiben des Generalsekretariats des Deutschen Roten Kreuzes vom 14.01.2003 an alle DRK-Landesverbände wird Nachstehendes ausgeführt :
"Gemäß der beim Abschluss des DRK - Tarifvertrages im Jahre 1984 mit den Gewerkschaften vereinbarten Tarifautomatik ist das Tarifergebnis der aktuellen Lohnrunde des Öffentlichen Dienstes für die tarifgebundenen Verbände automatisch, ohne weitere Verhandlungen in den DRK-Tarifvertrag West zu übernehmen." (vgl. Bl. 63 d. A.).
Der Beklagte gewährte dem Kläger sowie ihren übrigen Beschäftigten zunächst ab 01.01.2003 eine Gehaltserhöhung von 2,4 Prozent.
Unter dem Datum des 19.11.2003/19.12.2003 schlossen die Bundestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes sowie die Gewerkschaft ver.di den 23. Tarifvertrag zur Änderung des Tarifvertrages über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes vom 31.01.1984. Darin wurde übernommen unter anderem der für den Bereich des Bundes und der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder mit Datum vom 31.01.2003 geschlossene 78. Änderungstarifvertrag (wegen der weiteren Einzelheiten s. Bl. 31 bis 33 d. A.). Die Änderungen sollten zum 01.01.2003 in Kraft treten und die Anpassung der Bezüge hatte in zeitlicher Übereinstimmung mit den entsprechenden Vereinbarungen für den öffentlichen Dienst zu erfolgen.
Mit Schreiben vom 27.01.2004 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass es zu Unstimmigkeiten darüber gekommen sei, ob der am 09.01.2003 in Kraft getretene BAT von dem im Kalenderjahr 2003 aus der Landestarifgemeinschaft ausgeschiedenen Kreisverbänden anzuwenden sei. Während die Gewerkschaft die Auffassung vertrete, dass der BAT durch Tarifautomatik in den DRK-Tarifvertrag übergegangen sei, seien das Generalsekretariat und die Landesverbände der Ansicht, dass eine derartige Tarifautomatik nicht bestehe und ein Vertrag zur Übernahme der BAT-Vorschriften in den DRK-Tarifvertrag notwendige Voraussetzung für deren Anwendung sei. Dieser Übernahmevertrag sei erst Ende 2003 und damit nach Ausscheiden des Beklagten aus der Landestarifgemeinschaft zustande gekommen. Der Vorstand des Beklagten habe sich in seiner Sitzung am 07.01.2004 mit dieser Problematik auseinandergesetzt und beschlossen, dass der am 09.01.2003 in Kraft getretene BAT mangels Übernahmetarifvertrag zum DRK-Tarifvertrag zum Zeitpunkt des Austritts des Beklagten aus der Landestarifgemeinschaft nicht mehr für den Beklagten maßgeblich sei. Das habe die Konsequenz, dass die 2,4-prozentige Erhöhung ab 2003 rückgängig zu machen sei und keine Erhöhungen ab Januar und Mai 2004 erfolgen würden. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird Bezug genommen auf Bl. 8. a. A.
Seit dem 01.01.2004 zahlt der Beklagte an den Kläger die Vergütung ohne Berücksichtigung der Lohnerhöhungen ab 01.01.2003 , 01.01.2004 und 01.05.2004.
Mit Schreiben vom 29.04.2004 hat der Kläger diese Lohnerhöhungsansprüche dem Beklagten gegenüber erfolglos geltend gemacht. Sein Begehren verfolgt er mit der am 09.07.2004 beim Arbeitsgericht Braunschweig eingegangenen Klage weiter. Er hat die Ansicht vertreten, dass er Anspruch auf die Vergütung gemäß den Regelungen des BAT habe. Das Tarifwerk des Deutschen Roten Kreuzes sehe eine Tarifautomatik vor, nach der Vergütungserhöhungen im Öffentlichen Dienst automatisch ohne weiteren Umsetzungsakt Bestandteil des DRK-Tarifvertrages würden.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 493,50 EUR nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.06.2004 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, eine Tarifautomatik in der vom Kläger bezeichneten Art bestehe nicht. Änderungen des BAT, soweit sie den Katalog A beträfen, würden nicht automatisch Inhalt der Tarifverträge des DRK. Vielmehr müssten die Änderungen des BAT durch einen gesonderten Rechtssetzungsakt der Tarifvertragsparteien in den DRK-Tarifvertrag übernommen werden. Entsprechende Änderungstarifverträge, die jeweils Tarifabschlüsse des BAT zum Gegenstand gehabt hätten, seien in der Vergangenheit stets abgeschlossen worden. Dieser erforderliche Rechtssetzungsakt sei vorliegend durch den 23. Änderungstarifvertrag zum DRK-Tarifvertrag realisiert worden. Das sei allerdings erst im November/Dezember 2003 geschehen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Tarifbindung des Beklagten bereits erloschen gewesen.
Das Arbeitsgericht Braunschweig hat mit Urteil vom 16.11.2004 dem Antrag des Klägers stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an ihn 493,50 EUR brutto nebst Zinsen zu zahlen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, eine Auslegung der tarifvertraglichen Regelungen in § 67 Abs. 3 des DRK - TV i.V.m. § 3 Absatz 2 der Vereinbarung über Rahmenbedingungen für den Abschluss von Tarifverträgen ergebe, dass Änderungen im BAT, soweit sie Regelungsgegenstände des Kataloges A und somit auch Vergütungserhöhungen beträfen, Bestandteil des Tarifvertrages des Deutschen Roten Kreuzes würden, ohne dass es einer ausdrücklichen Übernahme bedürfe. Das Arbeitsgericht hat die Berufung im Tenor ausdrücklich zugelassen. Dieses Urteil ist dem Beklagten am 08.02.2005 zugestellt worden. Die Berufung des Beklagten ist am 21.02.2005 und die Berufungsbegründung am 04.04.2005 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass er an den Übernahmetarifvertrag, der von der Tarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes und der Gewerkschaft ver.di Ende des Jahres 2003 abgeschlossen worden sei, nicht gebunden sei. Seine Mitgliedschaft in der Landestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes habe am 31.03.2003 geendet. Der Anspruch des Klägers habe seine Grundlage auch nicht in § 67 Nr. 3 Tarifvertrag DRK i.V.m. § 3 Abs. 2 der Rahmenbedingungen. Diesen Regelungen sei eine Tarifautomatik in dem Sinne, dass dem Kläger ein unmittelbarer Anspruch auf Gewährung von Leistungen aus dem Katalog A bereits ab dem Zeitpunkt zustehe, in dem die Tarifvertragsparteien des Öffentlichen Dienstes die Vereinbarung getroffen hätten, nicht zu entnehmen. § 67 Nr. 3 DRK-Tarifvertrag sei schuldrechtlicher Natur. Er lege nach seinem gesamten Regelungsinhalt lediglich Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien untereinander fest, begründe aber keine Ansprüche einzelner Arbeitnehmer. Zur Übernahme der Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes sei vielmehr auch nach diesen Vorschriften eine konstitutive Übernahme erforderlich.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 16.11.2004 - 8 Ca 350/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertritt die Ansicht, § 67 Abs. 3 DRK-Tarifvertrag und § 3 der Vereinbarung über Rahmenbedingungen über den Abschluss von Tarifverträgen ließen nur den Schluss zu, dass die Tarifvertragsparteien von einer automatischen Übernahme der Tarifergebnisse im Öffentlichen Dienst ausgegangen seien. Andernfalls hätte es der Vereinbarung über Rahmenbedingungen für den Abschluss von Tarifverträgen nicht bedurft.
Unabhängig davon folge der klägerische Anspruch aus Ziffer 1. der Änderung zum Arbeitsvertrag vom 01.01.1991 sowie aus den Grundsätzen der betrieblichen Übung. Dazu hat der Kläger im Kammertermin folgendes behauptet:
Es sei allen Mitarbeitern schon im Jahre 2003 bekannt gewesen, dass die Beklagte die Mitgliedschaft im Verband im Jahre 2003 gekündigt habe. Es habe im Jahr 2003 einen regen Schriftverkehr in diesem Zusammenhang gegeben. Außerdem habe der Beklagte eine Information der DRK-Pressestelle B-Stadt vom 16.01.2003 im Betrieb ausgehängt. Auf daraufhin erfolgte Nachfragen aus der Belegschaft habe der Beklagte erklärt, dass sein Verbandsaustritt zum 31.03.2003 erfolgt sei.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist erfolgreich.
I.
Die Berufung ist statthaft. Das Arbeitsgericht Braunschweig hat die Berufung gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG zugelassen. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden; sie ist damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG, §§ 517, 519, 520 ZPO.
II.
Die Berufung ist begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der Entgeltdifferenzen für die Monate Januar bis Mai 2004 im Gesamtumfang von 493,50 EUR brutto. Der Beklagte ist nicht dazu verpflichtet, an den Kläger die Tariflohnerhöhungen des Öffentlichen Dienstes entsprechend des 78. Änderungstarifvertrages zum BAT weiterzugeben.
1.
Der Kläger hat keinen tarifvertraglichen Anspruch auf die begehrten Entgelterhöhungen gegen den Beklagten.
a)
Eine unmittelbare normative Geltung des 78. Änderungstarifvertrages zum BAT scheidet aus, da der Beklagte nicht Mitglied einer der abschließenden Tarifvertragsparteien auf Arbeitgeberseite war und ist, § 4 Abs. 1 TVG.
b)
Der 78. Änderungstarifvertrag zum BAT gilt auch nicht auf Grund einer tarifvertraglich geregelten unmittelbaren Übernahme in das Tarifwerk des DRK. Es fehlt insoweit an einer entsprechenden tarifvertraglichen Regelungen im DRK-TV, die vor dem Ende der Tarifbindung des Beklagten am 31.03.2003 vereinbart worden ist.
a) a)
§ 3 Absatz 2 der Rahmenvereinbarung bewirkt ebenso wenig wie § 67 Abs. 3 des DRK-Tarifvertrags eine unmittelbare Geltung der den Katalog A betreffenden Regelungen des BAT. Das hat das Bundesarbeitsgericht in seinen Entscheidungen vom 07.06.2006 - 4 AZR 584/05 und 4 AZR 484/05 - überzeugend begründet. Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung im Ergebnis und in der Begründung an.
Die Rahmenvereinbarung ist kein Tarifvertrag, der verbindliche Normen für die Mitglieder der Parteien der Rahmenvereinbarung aufstellt. Aus § 1 Abs. 2 der Rahmenvereinbarung folgt, dass die Arbeitsbedingungen des DRK gerade nicht Gegenstand der Rahmenvereinbarung sind und in ihr auch nicht geregelt werden sollten. § 3 Abs. 3 der Rahmenvereinbarung ist mangels hinreichender Bestimmtheit nicht als Verweisungsklausel im Sinne einer Blankettverweisung mit inkorporierender Wirkung zu qualifizieren. Es fehlt bereits an der Erklärung, dass tarifliche Normen des BAT auch für den Bereich des DRK gelten sollen. § 3 der Rahmenvereinbarung thematisiert nur die Verpflichtung von Verhandlungen der Vertragspartner über Arbeitsbedingungen des Deutschen Roten Kreuzes, die ihrerseits in einem daneben abzuschließenden bzw. abgeschlossenen DRK-Tarifvertrag zu regeln sind. Des Weiteren wird in § 3 der Rahmenvereinbarung nicht hinreichend deutlich, genau welche einzelnen Regelungen aus dem Bereich des BAT einbezogen werden sollen. Auch aus § 67 DRK-Tarifvertrag ergibt sich weder allein noch in einer Zusammenschau mit § 3 Abs. 2 der Rahmenvereinbarung eine unmittelbare Einbeziehung der Normen des Bundesangestelltentarifvertrages in den DRK-Bereich. § 67 Abs. 3 DRK-TV weist nur dann einen Regelungsinhalt auf, wenn die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen sind, dass bezüglich der Frage der Kündigung des Tarifvertrages sowohl die Möglichkeit als auch der Bedarf bestanden hat, eine Regelung zu treffen. Das setzt aber voraus, dass die Tarifvertragsparteien der Ansicht waren und sind, der Tarifvertrag sei zu kündigen, falls sich die entsprechenden BAT-Regelungen ändern sollten. Eine solche Notwendigkeit würde aber bei einer automatischen Aufnahme der BAT-Regeln in das DRK- Tarifwerk nicht bestehen. Die Tatsache, dass in § 67 DRK-Tarifvertrag von einer Übernahme die Rede ist, bestätigt zudem vom Wortlaut her, dass eine weitere Willensentschließung und -dokumentation seitens der Tarifvertragsparteien erforderlich ist. Dass ausdrücklich auch die Übernahme durch einen gesonderter Akt akzeptiert werden muss, ergibt sich im Übrigen daraus, dass ein Tarifvertrag grundsätzlich schriftlich niederzulegen ist. Abschließend ist auf die langjährige Praxis der Tarifvertragsparteien zu verweisen, die Änderungsverträge zum BAT bezüglich der Arbeitsbedingungen des Kataloges A in der Regel durch eigene Tarifverträge in das DRK-Tarifwerk zu übernehmen.
b) b)
Der erforderliche konstitutive Akt zur Überführung der im 78. Änderungstarifvertrag zum BAT enthaltenen Lohnerhöhungen ab 01.01.2003 ist erfolgt in Gestalt des 23. Tarifvertrages zur Änderung des Tarifvertrages über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes zum 31.01.1984 unter dem Datum des 19.11.2003/19.12.2003. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte nicht mehr Mitglied der tarifvertragsabschließenden Partei auf Seiten der Arbeitgeber. Der von ihm erklärte Austritt wirkte zum 31.03.2003.
2.
Der Kläger hat auch keinen arbeitsvertraglichen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung der Lohnerhöhung auf Grundlage der Regelungen des BAT.
a)
Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang zunächst nicht auf Ziffer 1. der Änderung zum Arbeitsvertrag vom 01.01.1991 berufen. Nach dieser Ziffer findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes in der jeweiligen Fassung entsprechende Anwendung.
Hierbei handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes.
Eine Gleichstellungsabrede ist die dynamische Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge in einem vom tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag. Sie führt vertragsrechtlich nicht zu einem vom Tarifrecht abweichenden Ergebnis. Zweck einer solchen vertraglichen Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge ist vielmehr der, dass diejenigen Arbeitsbedingungen auch für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer gelten sollen, die für die tarifgebundenen Arbeitnehmer nach §§ 3, 4 TVG zwingend und unmittelbar zur Anwendung kommen. Die Gleichstellungsabrede soll die Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzen und ihn mit tarifgebundenen Arbeitnehmern gleichstellen. Der Inhalt einer solchen Gleichstellungsabrede geht deshalb über die Rechtsbindung nicht hinaus, die ein Arbeitgeber gegenüber tarifgebundenen Arbeitnehmern hat (vgl. hierzu BAG, 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - NZA 2003, 1207 [BAG 19.03.2003 - 4 AZR 331/02], BAG, 09.11.2005 - 5 AZR 128/04 - NZA 2006, 202 ff, BAG, 14.12.2005 - 4 AZR 536/04 - AP Nr. 39 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag).
Bei einer derartigen Abrede bewirkt der Verbandsaustritt des Arbeitgebers, dass weder ein tarifgebundenen Arbeitnehmer noch ein solcher mit Gleichstellungsabrede an der Tarifentwicklung teilnimmt (vgl. BAG, Urteil vom 04.08.1999 - 5 AZR 642/98 - NZA 2000, 154 ff; Urteil vom 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - NZA 2002, 634 ff.).
In der Entscheidung vom 14.12.2005 ( 4 AZR 536/04 , AP Nr.39 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag) hält das Bundesarbeitsgericht für Bezugnahmeklauseln in vor dem 01.01.2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen an seiner Auffassung fest, dass es sich in der Regel um eine Gleichstellungsabrede im obigen Sinne handelt, wenn in einem vom tarifgebundenden Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifverträge verwiesen wird. Erst ab Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 muss die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB auch insoweit berücksichtigt werden. Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an. Das hat zur Folge, dass der Kläger an den Entgelterhöhungen des Öffentlichen Dienstes nicht teilnimmt. Der Tarifvertrag zur Änderung des Tarifvertrages über die Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes ist erst mit dessen Unterzeichnung am 19.11.2003/19.12.2003 wirksam geworden. Erst ab diesem Zeitpunkt lag ein formwirksamer Tarifvertrag vor, der auf Grund der Inbezugnahme für das Arbeitsverhältnis Gültigkeit erlangen könnte. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte jedoch bereits aus dem Landesverband ausgetreten. Rechtsfolge ist, dass weder ein tarifgebundener Arbeitnehmer noch ein solcher mit Gleichstellungsabrede Ansprüche aus diesem Tarifvertrag gegen den Beklagten geltend machen kann, da er wegen des Austritts des Beklagten aus dem Verband an der Tarifentwicklung nicht mehr teilnimmt.
b)
Ein Anspruch des Klägers auf Weitergewährung der Lohnerhöhung zumindestens von 2,4% über den 31.12.2003 hinaus ergibt sich auch nicht auf Grund einer betrieblichen Übung.
Eine solche hat der Beklagte nicht dadurch begründet, dass er an den Kläger wie an die übrigen Arbeitnehmer vom 01.01.2003 bis 31.12.2003 einschließlich die im 78. Änderungstarifvertrag zum BAT enthaltene 2,4 prozentige Lohnerhöhung gezahlt hat und zwar trotz seines Verbandsaustrittes zum 31.03.2003.
a)a)
Unter einer betrieblicher Übung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, dass von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird, § 151 BGB, erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordene Vergütung. Entscheidend ist dabei für die Entstehung eines Anspruchs nicht der Verpflichtungswille des Arbeitgebers, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände gemäß §§ 133, 157 BGB verstehen musste und durfte (vgl. BAG, Urteil vom 21.6.2005 - 9 AZR 200/04 - BB 2006, 2133, Urteil vom 16.06.2004 - 4 AZR 417/03 - n.v. siehe daher Juris). Eine irrtümliche Leistung des Arbeitgebers kann eine betriebliche Übung jedoch nicht begründen, wenn der Arbeitnehmer einerseits aus den Umständen den Irrtum erkennen konnte und der Arbeitgeber andererseits den Irrtum nach Kenntniserlangung korrigiert, indem er die irrtümlich gezahlte Leistung einstellt (vgl. BAG, Urteil vom 04.05.1999 - 10 AZR 569/98 - n.v. siehe daher Juris). Die Enstehung einer betrieblichen Übung ist zudem dann ausgeschlossen, wenn für die vom Arbeitgeber getätigte Leistung eine andere Rechtsgrundlage besteht , oder der Arbeitgeber auf Grund einer vermeindlichen Verpflichtung aus einer anderen Rechtsgrundlage die Leistung erbringt.
b) b)
Nach diesen Grundsätzen ist eine betriebliche Übung, die Lohnerhöhung von 2,4 Prozent auch über den 31.12.2003 hinaus fortzugewähren, nicht entstanden.
Insoweit ist unstreitig, dass der Beklagte dem Kläger im Jahr 2003 die 2,4 prozentige Lohnerhöhung über seinen Verbandsaustritt am 31.03.2003 hinaus bis zum 31.12.2003 weitergezahlt hat. In diesem Zusammenhang kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass der Beklagte dem Kläger sowie der übrigen Belegschaft seinen Verbandsaustritt mitgeteilt hat. Dem Kläger insoweit einen Schriftsatznachlass zu gewähren, war deshalb nicht geboten. Es fehlt dann aber im Weiteren an jeglichem Vortrag des Klägers dazu, dass und gegebenenfalls aus welchen Umständen er darauf geschlossen hat bzw. hat schließen können, der Beklagte habe seinen Irrtum hinsichtlich der tarifvertraglichen Verpflichtungen zur Gewährung dieser Vergütungserhöhung in Folge seines Verbandsaustritts erkannt und durch die fortlaufende Zahlung der Lohnerhöhung eine von den tariflichen Regelungen unabhängige arbeitsvertragliche Verpflichtung begründen wollen. Der Kläger selbst hat während des gesamten Verfahrens die Auffassung vertreten, dass der Beklagte unabhängig von seinem Verbandsaustritt zum 31.03.2003 auf Grund der über § 67 Abs. 3 DRK-Tarifvertrag i.V.m. § 3 Abs. 2 der Rahmenvereinbarung geltenden sogenannten Tarifautomatik dazu verpflichtet gewesen sei, ab dem 01.01.2003 die Tariflohnerhöhung aus dem Bereich des BAT an den Kläger zu leisten. Diese Verpflichtung wäre auch durch den zum 31.03.2003 und damit nach unmittelbarer Geltung der tarifvertraglichen Verpflichtung zur Entgelterhöhung erfolgten Austritt des Beklagten aus der Landestarifgemeinschaft bestehen geblieben. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 01.10.2004 das Schreiben des Generalsekretariats an alle DRK Landesverbände vom 14.01.2003 vorgelegt. Darin wird ausdrücklich ausgeführt, dass das Tarifergebnis der aktuellen Lohnrunde des Öffentlichen Dienstes für die tarifgebundenen Verbände automatisch, ohne weitere Verhandlung in den DRK-Tarifvertrag zu übernehmen sei. Des Weiteren wird in dem Schreiben ausgeführt, dass für nicht tarifgebundende Verbände das Präsidium in seiner Sitzung am 06.03.2003 und der Präsidialrat am 26./27.03.2003 über das Ob bzw. Wie der Übernahme des Tarifvertrages in die DRK-Arbeitsbedingungen entscheiden werde. Hieraus wird ersichtlich, dass auch der Kläger nur davon ausgehen konnte, dass sich der Beklagte auf Grund der vermeindlichen Tarifautomatik zur Gewährung der Lohnerhöhung im Jahr 2003 verpflichtet fühlte. Die Gehaltserhöhung nach dem BAT traten am 09.01.2003 in Kraft und der Kläger selbst führt in seiner Klageschrift aus, dass der Beklagte zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied der Landestarifgemeinschaft des DRK gewesen sei und sich somit trotz des Verbandsaustrittes zum 31.03.2003 eine Nachbindung des am 09.01.2003 in Kraft getretenen Tarifvertrags gegen sich gelten lasse müsse. Dass der Beklagte dem Kläger schon im Jahr 2003 mitgeteilt hat, seiner Ansicht nach tarifvertraglich nicht zur Zahlung der Entgelterhöhung verpflichtet zu sein, hat der Kläger nicht vorgetragen. Dem steht auch der Inhalt des ebenfalls vom Kläger vorgelegten Schreibens des Beklagten vom 27.01.2004 entgegen, in dem er dem Kläger mitgeteilt hat, dass es erst im November 2003 zu Unstimmigkeiten darüber gekommen sei, ob der am 09. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesangestelltentarifvertrag von den im Kalenderjahr 2003 aus der Landestarifgemeinschaft ausgeschiedenen Kreisverbänden anzuwenden sei. Der geschäftsführende Vorstand des Kreisverbandes habe sich in seiner Sitzung am 07.01.2004 mit dieser Problematik auseinandergesetzt und sich nach ausführlicher Beratung der für ihn überzeugenden Rechtsauffassung des Generalsekretariats sowie der Landesverbände Niedersachsen angeschlossen, dass der am 09.01.2003 in Kraft getretene Bundesangestelltentarifvertrag mangels Übernahmetarifvertrag zum DRK-Tarifvertrag zum Zeitpunkt des Austritts aus der Landestarifgemeinschaft nicht mehr für den Beklagten verpflichtend sei . Daraus folgt, dass der Beklagte die 2,4 prozentige Lohnerhöhung während des gesamten Jahres 2003 gezahlt hat in der Annahme, tarifvertraglich hierzu verpflichtet zu sein. Etwas anderes hat er weder dem Kläger noch der sonstigen Belegschaft gegenüber zum Ausdruck gebracht. Der Kläger konnte mithin nur davon ausgehen, dass der Beklagte mit der Gewährung der 2,4 prozentigen Lohnerhöhung seine vermeindlichen Verpflichtungen aus dem Tarifvertrag erfüllen wollte. Nachdem der Beklagte den Irrtum erkannt hatte, hat er dem Kläger das unverzüglich im Schreiben vom 27.01.2004 mitgeteilt und die Maßnahme zur Korrektur in Gestalt der Nichtweitergewährung der Lohnerhöhung ergriffen. Insgesamt kann nicht festgestellt werden, dass bzw. warum der Kläger aus der Gewährung der Lohnerhöhung im Jahr 2003 hat schlussfolgern können, der Beklagte wolle eine arbeitsvertragliche Verpflichtung im Sinne einer betrieblichen Übung unabhängig von der tariflichen Regelung begründen ( im Ergebnis anders: LAG Niedersachsen, Urteil vom 28.07.2005 - 7 Sa 1865/04 - n.v. siehe daher Juris, Revision eingelegt beim BAG unter dem Aktenzeichen 4 AZR 653/05).
Nach alledem war auf die Berufung des Beklagten das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
II.
Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens gemäß §§ 91, 97 i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG zu tragen.
Die Zulassung der Revision erfolgte gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 2 ArbGG im Hinblick auf die zitierte Entscheidung der 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen.