Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.11.2006, Az.: 10 Sa 946/06 B
Aussonderungsrecht eines Arbeitnehmers bei Insolvenz seines Arbeitgebers bei Vorliegen einer Direktversicherung unter Einräumung eines eingeschränkt widerruflichen Bezugsrechts; Nichtablauf der im Vorbehalt genannten Unverfallbarkeitsfristen noch nicht abgelaufen sind; Entfallen des Zwecks des Vorbehalts in der Insolvenz; Zwischen Arbeitgeber und Versicherung geschlossener Versicherungsvertrag als Vertrag zugunsten des Arbeitnehmers als Drittem
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 24.11.2006
- Aktenzeichen
- 10 Sa 946/06 B
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 27941
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2006:1124.10SA946.06B.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 06.04.2006 - AZ: 11 Ca 555/05 B
- nachfolgend
- BAG - 15.06.2010 - AZ: 3 AZR 30/07
Rechtsgrundlagen
- § 48 InsO
- § 328 BGB
- § 613 a BGB
- § 816 BGB
- § 1 b Abs. 2 S. 1 BetrAVG
- § 10 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 BetrAVG
- § 166 Abs. 1 S. 2 VVG
- § 168 VVG
Fundstelle
- EzA-SD 1/2007, 11
Amtlicher Leitsatz
Dem Arbeitnehmer, auf dessen Leben eine Direktversicherung unter Einräumung eines eingeschränkt widerruflichen Bezugsrechts abgeschlossen ist, steht in der Insolvenz seines Arbeitgebers auch dann ein Aussonderungsrecht zu, wenn die im Vorbehalt genannten Unverfallbarkeitsfristen noch nicht abgelaufen sind. Der Zweck dieses Vorbehalts entfällt in der Insolvenz (vgl. BGH 03.05.2006, IV ZR 134/05, ZIP 2006, S. 1309 und BAG, 26.06.1990, 3 AZR 651/88, AP Nr. 10 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung).
In dem Rechtsstreit
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2006
durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Spelge,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Waschk,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Langer
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 06.04.2006 - 11 Ca 555/05 B - wird kostenpflichtig nach einem Wert von 15.649,70 EUR zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch um ein Ersatzaussonderungsrecht der Klägerin hinsichtlich einer zu ihren Gunsten abgeschlossenen Direktversicherung in der Insolvenz ihrer früheren Arbeitgeberin.
Die 1958 geborene Klägerin war vom 01.05.2000 bis zum 31.03.2005 bei der T. AG tätig, über deren Vermögen am 17.12.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung des Beklagten.
Die Schuldnerin war Versicherungsnehmerin einer auf das Leben der Klägerin abgeschlossenen Lebensversicherung mit der Versnr. 0... Diese Versicherung bestand seit dem 01.12.1985, zunächst unter der Versicherungsnummer 1..., seit 1996 unter der Nr. 5.... Sie wurde von der damaligen Arbeitgeberin der Klägerin, der Firma I. GmbH, bei der die Klägerin seit dem 01.12.1984 tätig war, abgeschlossen. Der Klägerin war darin ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt, das unter folgendem Vorbehalt stand:
Dem Arbeitgeber bleibt das Recht vorbehalten, alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen, wenn
- das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet, es sei denn, der Versicherte hat das 35. Lebensjahr vollendet und entweder die Versicherung hat 10 Jahre oder das Arbeitsverhältnis 12 Jahre und die Versicherung 3 Jahre bestanden
- der Versicherte Handlungen begeht, die den Arbeitgeber berechtigen, die Versicherungsansprüche zu mindern oder zu entziehen.
Betriebszweck der I. GmbH ist die Entwicklung von Hard- und Software und der Vertrieb kartographischer EDV-Programme. In der Folgezeit wechselten die Arbeitgeber der Klägerin wiederholt, ohne dass sich ihre Tätigkeit oder ihr Arbeitsort änderten. Die Klägerin schied zum 30.06.1990 aus dem Arbeitsverhältnis mit der I. GmbH aus und trat zum 01.07.1990 in ein Arbeitsverhältnis mit der I. vertrieb GmbH ein. Diese ist eine 100%ige Tochter der I. GmbH und hat ihren Sitz am selben Ort wie die I. GmbH. In sie wurde der Vertrieb der I. GmbH ausgegliedert, alle Arbeitnehmer, die wie die Klägerin im Vertrieb tätig waren, wurden von der I. vertrieb GmbH eingestellt. In der Aufstellung über die Bezüge der Klägerin in der Anlage zum Arbeitsvertrag mit der I. vertrieb GmbH vom 29.06.1990, auf den im Übrigen verwiesen wird (Bl. 119 - 123 d. A.), ist unter Ziffer 3 geregelt:
Die bereits bestehende Lebensversicherung bei der I. mit einer monatlichen Prämie in Höhe von DM 100,-- wird von der I. vertrieb ab dem 01.07.1990 übernommen.
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Mitarbeiter, auch vor Eintritt der dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen, diese Lebensversicherung übernehmen und selbst oder im Rahmen eines anderen Arbeitsverhältnisses weiterführen.
Ausweislich des Nachtrags vom 30.08.1990 zur auf das Leben der Klägerin geschlossenen Lebensversicherung (Bl. 192 d. A.) wurde Versicherungsnehmerin die I. vertrieb GmbH. Die Klägerin schied aus diesem Arbeitsverhältnis zum 30.07.1996 aus und begründete am 01.08.1996 ein Arbeitsverhältnis mit der T. Verlag GmbH. Auch diese hat denselben Geschäftssitz wie die I. GmbH. Ihr Betriebszweck ist die Weiterentwicklung einfacher Produkte und der Vertrieb kartographischer Produkte. Im Arbeitsvertrag, auf den im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 115 - 118 d. A.), ist unter § 11 - Vergütung geregelt:
...
Darüber hinaus übernimmt der Arbeitgeber die zusätzliche Zahlung in Höhe von DM 100,-- monatlich für die bereits bestehende Direktversicherung des Arbeitnehmers.
Am 30.09.1996 zeigte die I. vertrieb GmbH einen Versicherungsnehmerwechsel auf die T. Verlag GmbH an (Bl. 197 d. A.). Mit Schreiben vom 19.09.1996, auf das Bezug genommen wird (Bl. 18 f. d. A.), teilte die Versicherungsgesellschaft der I. vertrieb GmbH mit, dass die Klägerin nach ihren Unterlagen eine unverfallbare arbeitsrechtliche Anwartschaft erworben habe, und wies auf die Möglichkeit des Wahlrechts nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BetrAVG hin. Zugleich bat sie um Rückreichung des Formulars "Versicherungsnehmerwechsel", um wie beantragt die Versicherungsnehmereigenschaft auf die T. Verlag GmbH übertragen zu können. Die I. vertrieb GmbH nahm daraufhin unter dem Datum 30.09.1996 folgende Erklärung, auf die verwiesen wird (Bl. 20 d.A.), zur Personalakte der Klägerin:
Beginn Betriebszugehörigkeit: 01.07.1990
Ende Betriebszugehörigkeit: 31.07.1996
... Nachdem Sie am 31.07.1996 aus unseren Diensten ausgeschieden sind, haben Sie ... einen unverfallbaren Anspruch erworben. Wir machen von der Möglichkeit ... Gebrauch, so daß Sie anstelle anderer Ansprüche ausschließlich die aufgrund des Versicherungsvertrages zu erbringende beitragsfreie Versicherungsleistung erwerben ... .
Das bestehende Bezugsrecht erklären wir für unwiderruflich ... Sie haben das Recht, den Versicherungsvertrag mit eigenen Beiträgen fortzuführen ...
Die Klägerin machte von diesem Recht keinen Gebrauch. Es besteht nur der 1985 auf das Leben der Klägerin abgeschlossene Vertrag. Die T. Verlag GmbH, die I. vertrieb GmbH und die I. GmbH waren parallel zueinander tätig. Die I. vertrieb GmbH setzte auch noch nach dem Wechsel der Klägerin zur T. Verlag GmbH ihre Vertriebstätigkeit fort.
Die Klägerin beendete das Arbeitsverhältnis mit der T. Verlag GmbH durch Aufhebungsvertrag vom 05.07.2000, auf den Bezug genommen wird (Bl. 124 f. d. A.), zum 30.04.2000. Darin heißt es:
§ 1 - Beendigung des Arbeitsverhältnisses
... Dem Arbeitnehmer liegt das Vertragsangebot der T. AG ... auf Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses vor. Die Schuldnerin verpflichtet sich dort Betriebszugehörigkeitszeiten des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber im neuen Arbeitsverhältnis in vollem Umfang anzurechnen und hinsichtlich aller Fragen, bei denen es auf die Betriebszugehörigkeit in dem neuen Arbeitsverhältnis ankommt, zu berücksichtigen. Im Übrigen findet eine Übertragung von Rechten aus dem hier aufgelösten alten Arbeitsverhältnis auf das Arbeitsverhältnis mit der T. AG nicht statt.
§ 5 - Ausgleich aller Ansprüche
Die Parteien sind darüber einig, dass mit der Erfüllung dieser Aufhebungsvereinbarung keine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mehr gegeneinander bestehen. ...
Bereits zum 01.05.2000 hatte die Klägerin ein Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin begründet und war seit dem 01.05.2000 für diese tätig. Im Arbeitsvertrag vom 05.07.2000, auf den Bezug genommen wird, soweit er zur Akte gelangt ist (Bl. 93 f. d. A.), heißt es:
§ 1 - Früherer Arbeitsvertrag mit der Firma T. Verlag GmbH
Es besteht Einigkeit darüber, dass der Arbeitsvertrag mit der T. Verlag GmbH ... aufgehoben worden ist und der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsvertrag keine Rechte mehr herleitet. ... Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind sich ferner darüber einig, dass in diesem Arbeitsvertrag Rechte aus dem alten Arbeitsvertrag nicht übernommen werden, sofern in diesem Vertrag nichts gegenteiliges geregelt worden ist.
Die frühere Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers bei I., I. vertrieb und T. Verlag GmbH wird mit insgesamt 15 Jahren und 7 Monaten festgestellt.
Der Arbeitgeber verpflichtet sich, die vorstehend festgestellten Betriebszugehörigkeitszeiten des Arbeitnehmers in dem neuen Arbeitsverhältnis anzurechnen und hinsichtlich aller Fragen, bei denen es auf die Betriebszugehörigkeit in diesem Arbeitsverhältnis ankommt, zu berücksichtigen. Eine Übertragung von Rechten in dem aufgelösten alten Arbeitsverhältnis ist damit nicht verbunden.
§ 11 - Vergütung
...
Darüber hinaus wird eine Direktversicherung in Höhe von DM 100,-- monatlich übernommen.
Die Schuldnerin ist 1998 gegründet worden und hat ihre Geschäftstätigkeit 1999 aufgenommen. Am 26.05.2000 unterzeichneten die T. Verlag GmbH und die Schuldnerin eine Nutzungsvereinbarung, mit der die T. Verlag GmbH der Schuldnerin mit Wirkung zum 01.06.2000 die Nutzung einzeln aufgeführter Vermögensgegenstände überließ. Außerdem erwarb die Schuldnerin gegen eine Zahlung von 400.000,-- EUR Teile des Firmenvermögens der I. vertrieb GmbH.
Am 06.07.2000 übertrug die T. Verlag GmbH die Rechte und Ansprüche aus der auf das Leben der Klägerin geschlossenen Lebensversicherung auf die Schuldnerin (Bl. 198 d. A.). Der Nachtrag vom 19.07.2000, auf den verwiesen wird (Bl. 196 d. A.), weist die Schuldnerin als neue Versicherungsnehmerin aus und ändert die Bezugsberechtigung der Klägerin wie folgt:
- 1.
Der Versicherte ist sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall unwiderruflich bezugsberechtigt. Die Abtretung oder Beleihung des unwiderruflichen Bezugsrechts wird ausgeschlossen.
- 2.
Dem Arbeitgeber bleibt das Recht vorbehalten, alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen, wenn
das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versicherungsfalles endet, es sei denn, der Versicherte hat zu diesem Zeitpunkt das 35. Lebensjahr vollendet und entweder die Versicherung hat 10 Jahre oder das Arbeitsverhältnis 12 und die Versicherung 3 Jahre bestanden ...
Dieser Vertragsstand wird auch in der Ausfertigung des Versicherungsvertrages vom 16.03.2005 (Bl. 113 f. d. A.) dokumentiert.
Bei den wiederholten Wechseln der Versicherungsnehmereigenschaft zeigten die jeweiligen Arbeitgeber der Klägerin der Versicherung nicht an, dass diese Wechsel im Rahmen von Betriebsübergängen erfolgen sollten. Die Arbeitgeber der Klägerin zahlten jeweils weiter die Prämien auf den 1985 geschlossenen Vertrag.
Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 18.02.2005, auf das Bezug genommen wird (Bl. 178 f. d. A.), von der Versicherungsgesellschaft die Auskunft erhalten hatte, dass die Klägerin keine unverfallbare Anwartschaft aus dem mit der Schuldnerin bestehenden Versicherungsvertrag erworben habe und ein eingeschränkt widerrufliches Bezugsrecht bestehe, widerrief er das Bezugsrecht der Klägerin und zog die Versicherung mit ihrem Rückzahlungswert von 15.649,72 EUR im Februar 2005 zur Insolvenzmasse.
Die Klägerin hat zunächst Auskehrung des Rückkaufswertes und Zahlung rückständiger Versicherungsprämien an die Versicherungsgesellschaft sowie die Verurteilung des Beklagten zu der Erklärung, aus dem Widerruf keine Rechte mehr herzuleiten, begehrt. Eine Erklärung, die Versicherung im eigenen Namen fortzuführen, hat sie innerhalb der Ausschlussfrist des § 177 Abs. 3 VVG nicht abgegeben. Das Arbeitsgericht hat deshalb die Klage insoweit mit rechtskräftigem Teilurteil vom 16.02.2006 abgewiesen. Streitbefangen ist nur noch der Anspruch der Klägerin auf Auskehrung des Rückkaufswertes von 15.649,72 EUR. Mit seinem dem Beklagten am 29.05.2006 zugestellten Schluss-Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage diesbezüglich stattgegeben, weil die auf das Leben der Klägerin abgeschlossene Versicherung länger als 10 Jahre bestanden habe, ihr somit ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugestanden habe. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner am 13.06.2006 eingelegten und am Montag, den 31.07.2006 begründeten Berufung. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung hat er den ausgeurteilten Betrag an die Klägerin gezahlt.
Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen das Vorliegen einer lückenlosen Kette von Betriebsübergängen. Er meint, die Klägerin habe das Vorliegen von Betriebsübergängen auch nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Regelungen im Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und der Schuldnerin bestätigten gerade, dass es an einem Betriebsübergang fehle.
Der Beklagte vertritt die Ansicht, ein Aussonderungsrecht der Klägerin bestehe nicht. Es habe eine arbeitgeberfinanzierte Direktversicherung vorgelegen. Deshalb komme das eingeklagte Aussonderungsrecht nur in Betracht, wenn ein gesetzliches, unwiderrufliches Bezugsrecht der Klägerin vorgelegen habe. Dafür sei allein die versicherungs- und nicht die arbeitsrechtliche Vertragsgestaltung maßgebend. Vorbeschäftigungszeiten entfalteten hinsichtlich der gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen jedoch keine Wirkung. Diese seien der vertraglichen Disposition weitestgehend entzogen. Zumindest müsse der Versicherer als Vertragspartner des Arbeitgebers von der arbeitsvertraglichen Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten Kenntnis haben, woran es vorliegend fehle. Im Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Schuldnerin, das allein maßgeblich sei, lägen die Voraussetzungen der gesetzlichen Unverfallbarkeit jedoch nicht vor. Auf den abstrakten Bestand der Versicherung dürfe nicht abgestellt werden. Im Arbeitsvertrag vom 05.07.2000 sei der Klägerin eine neue Versorgungszusage erteilt worden. Entscheidend sei daher allein, dass im letzten Arbeitsverhältnis die Voraussetzungen für den Vorbehalt nicht entfallen seien.
Der Vorbehalt des eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht könne auch in der Insolvenz ausgeübt werden. Der Arbeitnehmer könne bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit auf die Leistungen aus der Versorgungszusage nicht vertrauen. Zudem sei er nicht Vertragspartner, sondern nur bezugsberechtigt, so dass seine Interessen für die Auslegung des Bezugsrechts sekundär seien. Es widerspreche auch dem insolvenzrechtlichen Prinzip der Gläubigergleichbehandlung, wenn der Insolvenzverwalter bei einer insolvenzbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnis von einem eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht keinen Gebrauch machen dürfe und so die Insolvenzmasse durch die bevorzugte Behandlung von Dauerschuldverhältnissen ausgezehrt werde.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten wird auf seine Klagerwiderung (Bl. 64 - 70 d. A.), seinen Schriftsatz vom 20.03.2006 (Bl. 106 - 112 d. A.), seine Berufungsbegründung (Bl. 170 - 176 d. A.) sowie seinen Schriftsatz vom 27.10.2006 (Bl. 210 - 229 d. A.) Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt,
das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 06.04.2006 - 11 Ca 555/05 B - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin behauptet, ihr Arbeitsverhältnis sei durch eine Kette von Betriebsübergängen auf die Schuldnerin übergegangen. Darauf komme es wegen der arbeitsvertraglichen Anrechnung früherer Beschäftigungszeiten jedoch nicht an. Die Versicherungsgesellschaft habe die seit 1985 bestehende Versicherung stets mit der Klägerin als versicherter Person bis zum Eintritt der Insolvenz geführt. Sie habe den Bestand der Versicherung seit 1985 stets berücksichtigt.
Die Direktversicherung sei von ihr selbst durch eine Gehaltsumwandlung finanziert worden. Jedenfalls sei das vereinbarte Bezugsrecht dahin auszulegen, dass der Beklagte davon keinen Gebrauch habe machen dürfen.
Der Beklagte habe sich auf Kosten der Klägerin bereichert. Dieser könne nicht die seit 1984 bestehende lückenlose Beschäftigung ignorieren, andererseits jedoch die von der Klägerin seit 1985 gezahlten Beträge vereinnahmen. Der Klägerin stünden deshalb Ansprüche wegen Verletzung von Vertragspflichten und aus Delikt zu.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf ihre Klagschrift (Bl. 1 - 6 d. A.), ihre Schriftsätze vom 16.02.2006 (Bl. 74 - 76 d. A.), 17.02.2006 (Bl. 91 f. d. A.) und 03.03.2006 (Bl. 96 f. d. A.) und ihre Berufungserwiderung (Bl. 183 - 190 d. A.) Bezug genommen.
Auf den Hinweis der Vorsitzenden vom 10.10.2006 (Bl. 205 f. d. A.) wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, § 519, § 520 Abs. 3 ZPO). Sie ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht ein Ersatzaussonderungsrecht an dem Rückkaufswert der auf ihr Leben abgeschlossenen Versicherung zur Versicherungsnummer 0... von 15.649,72 EUR zu (§ 48 InsO i.V.m. § 816 BGB).
Wird ein Gegenstand, der an sich der Aussonderung unterliegt, im Rahmen eines entgeltlichen Veräußerungsgeschäfts der Insolvenzmasse entzogen und geht deshalb das Aussonderungsrecht unter, kann gemäß § 48 InsO der Aussonderungsberechtigte die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse verlangen, wenn die Veräußerung unberechtigt erfolgt ist und die Gegenleistung in der Masse noch unterscheidbar vorhanden ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
I.
Der Beklagte hat dadurch, dass er das Bezugsrecht der Klägerin widerrufen und den Rückkaufswert der auf das Leben der Klägerin abgeschlossenen Versicherung mit der Nr. 0... Versicherung zur Masse gezogen hat, diese Versicherung i.S. von § 48 InsO veräußert. Darunter ist jede unberechtigte Verfügung über einen der Aussonderung unterliegenden Gegenstand zu verstehen (FK-InsO-Joneleit/Imberger, 4. Aufl., § 48, Rz. 2).
II.
Der Klägerin stand ein Aussonderungsrecht an der Versicherung zu.
1.
Die Lebensversicherung 0... war auf das Leben der Klägerin abgeschlossen, ihr war ein Bezugsrecht eingeräumt. Sie war deshalb eine Direktversicherung (§ 1 b Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Bei einer solchen Direktversicherung besteht zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Versicherungsgesellschaft ein Dreiecksverhältnis, in dem zwischen dem Versicherungs- und dem Versorgungsverhältnis strikt zu unterscheiden ist. Das Deckungsverhältnis ist der zwischen Arbeitgeber und Versicherung geschlossene Versicherungsvertrag als Vertrag zugunsten des Arbeitnehmers als Drittem, § 328 BGB (BAG, 08.06.1993, 3 AZR 670/92, AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG - Unverfallbarkeit <2, 3 d. Gr.>; BAG, 08.06.1999, 3 AZR 136/98, AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung <Rz. 19>). Das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehende Versorgungsverhältnis liegt dem Versicherungsverhältnis als arbeitsrechtliches Valutaverhältnis zugrunde (BAG, 08.06.1993, a.a.O. <B 1 3 d. Gr.>). Versicherungsnehmer ist wegen dieser Ausgestaltung allein der Arbeitgeber. Welche Rechte dem Insolvenzverwalter und welche dem begünstigten Arbeitnehmer aus dem Versicherungsverhältnis zustehen, hängt allein von der Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses ab (BAG, 17.10.1995, 3 AZR 622/94, AP Nr. 23 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung <I 1 d.Gr.>). Der Arbeitgeber erhält, wenn kein Bezugsberechtigter bestimmt ist, die Versicherungsleistung selbst ausgezahlt, § 168 VVG. Er kann als Versicherungsnehmer aber auch dem Arbeitnehmer ein Bezugsrecht einräumen. Dieses kann verschieden ausgestaltet sein. Nach § 166 Abs. 1 Satz 2 VVG hat der Versicherungsnehmer im Zweifel die Befugnis, an die Stelle des bezugsberechtigten Dritten einen anderen zu setzen. Bezugsberechtigungen dieser Art sind widerrufliche Bezugsrechte. Der Begünstigte erwirbt, soweit der Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) nichts Abweichendes bestimmt hat, das Recht auf die Versicherungsleistungen in diesem Fall erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalls (§ 166 Abs. 2 VVG). Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer auch ein unwiderrufliches Bezugsrecht gewähren. Schließlich kann er - wie es vorliegend die Arbeitgeber der Klägerin getan haben - dem Arbeitnehmer ein eingeschränkt widerrufliches Bezugsrecht einräumen, d. h. ein unwiderrufliches Bezugsrecht, das mit Vorbehalten verbunden ist, die abschließend im Versicherungsvertrag geregelt sind.
Ob dem Arbeitnehmer in der Insolvenz seines Arbeitgebers ein Aussonderungsrecht an der Direktversicherung zusteht, hängt deshalb allein davon ab, welche Form des Bezugsrechts, das dem Versicherungsverhältnis zuzuordnen ist, dem Arbeitnehmer eingeräumt ist.
Ist ihm nur ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt, hat der Arbeitnehmer bis zum Eintritt des Versicherungsfalles nur eine ungesicherte, wertlose Anwartschaft. In der Insolvenz des Arbeitgebers gehört der Anspruch auf die Versicherungsleistungen deshalb zur Insolvenzmasse, der Arbeitnehmer hat kein Aussonderungsrecht. Dies gilt auch dann, wenn zwischenzeitlich die Versorgungsanwartschaft unverfallbar geworden ist (BAG, 28.03.1995, 3 AZR 373/94, AP Nr. 22 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung <I d.Gr.>; BAG, 17.10.1995, 3 AZR 622/94, AP Nr. 23 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung <II 1 d.Gr.>) oder die Direktversicherung aus einer Entgeltumwandlung finanziert worden ist (BAG, 17.10.1995, a.a.O. <II 2 d.Gr.>; BAG, 08.06.1999, 3 AZR 136/98, AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung <Rz. 34>; BGH, 18.07.2002, IX ZR 264/01, NJW 2002, S. 3253 <Rz. 11, 15). In diesen Fällen bestehen nur schuldrechtliche, aus dem Arbeitsverhältnis als Valutaverhältnis herrührende Forderungen, die kein Aussonderungsrecht, sondern nur Schadenersatzansprüche begründen, die zur Insolvenztabelle anzumelden sind (BAG, 26.02.1991, 3 AZR 213/90, AP Nr. 15 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung <II 2 d.Gr.>; BAG, 08.06.1999, 3 AZR 136/98, AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung <Rz. 31>).
Besteht ein unwiderrufliches Bezugsrecht, gehört der Anspruch auf die Leistungen aus der Direktversicherung in das Vermögen des begünstigten Arbeitnehmers, dem deshalb ein Aussonderungsrecht zukommt (BAG, 26.06.1990, 3 AZR 651/88, AP Nr. 10 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung <3 d.Gr.>).
Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein eingeschränkt widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt, hat der Arbeitnehmer ein Aussonderungsrecht, wenn die Voraussetzungen der Vorbehalte nicht erfüllt sind, im Ergebnis also ein unwiderrufliches Bezugsrecht vorliegt (BAG, 26.06.1990, 3 AZR 651/88, AP Nr. 10 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung <Rz. 31>; FK-InsO-Joneleit/Imperger, a.a.O. <Rz. 38>).
2.
Danach stand der Klägerin im Februar 2005, dem Zeitpunkt, in dem der Beklagte das Bezugsrecht widerrufen und den Rückkaufswert der Direktversicherung zur Insolvenzmasse gezogen hat, ein Aussonderungsrecht zu. Der Zweck des Vorbehalts, unter dem das ihr eingeräumte, dem Grunde nach unwiderrufliche Bezugsrecht stand, ist mit Insolvenzeröffnung entfallen.
a)
Allerdings ist der Widerruf des Bezugsrechts nicht bereits deshalb versicherungsrechtlich unwirksam, weil die als Vorbehalt aufgeführten gesetzlichen Voraussetzungen der Unverfallbarkeit der Anwartschaft im Zeitpunkt des Widerrufs des Bezugsrechts durch den Beklagten eingetreten wären. Im allein maßgeblichen Versicherungsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Versicherungsgesellschaft hatte die Klägerin im Februar 2005 noch keine unverfallbare Anwartschaft erworben.
aa)
Die gesetzliche Regelung der Unverfallbarkeit (§ 1 b BetrAVG, früher § 1 Abs. 1 BetrAVG) stellt auf den Beginn der Betriebszugehörigkeit im letzten Arbeitsverhältnis ab. Deshalb errechnet sich die Unverfallbarkeitsfrist grundsätzlich von dem Zeitpunkt an, in dem die Versorgungszusage im vorzeitig beendeten (letzten) Arbeitsverhältnis oder vom Beginn der Betriebszugehörigkeit in dem Arbeitsverhältnis, in dem später die Versorgungszusage erteilt worden ist, so dass im Grundsatz nur Zusagen aus dem letzten Arbeitsverhältnis unverfallbar werden können (BAG, 26.09.1989, 3 AZR 814/87, AP Nr. 54 zu § 7 BetrAVG<Rz. 18>; BAG, 13.03.1990, 3 AZR 506/88, juris <Rz. 18>). Beim Ausscheiden aus einem Arbeitsverhältnis geht die Versorgungsanwartschaft, die noch nicht unverfallbar geworden ist, deshalb unter (BAG, 26.09.1989, a.a.O. <Rz. 20>). Die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt dazu, dass die Unverfallbarkeitsfristen im neuen Arbeitsverhältnis für die neue Versorgungszusage neu zu laufen beginnen (BAG, 21.01.2003, 3 AZR 121/02, AP Nr. 1 zu § 1 b BetrAVG <II 4 a d.Gr.>). Dabei liegt ein neues Arbeitsverhältnis auch dann vor, wenn an die Arbeitsbedingungen eines früheren Arbeitsverhältnisses angeknüpft und die Vordienstzeiten angerechnet werden (BAG, 21.01.2003, 3 AZR 121/02, AP Nr. 1 zu § 1 b BetrAVG <II 2 a d.Gr.>). Vertragliche Abreden über die Anrechnung von Vordienstzeiten können nur ausnahmsweise die gesetzliche Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft herbeiführen, wenn die Vordienstzeiten von einer bei Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses noch nicht erloschenen Versorgungszusage begleitet waren, die angerechneten Vordienstzeiten an die Versorgungszusage im letzten Arbeitsverhältnis heranreichen, das neue Arbeitsverhältnis sich also nahtlos an das bisherige anschließt (BAG, stRspr, zuletzt 20.04.2004, 3 AZR 297/03, AP Nr. 33 zu § 17 BetrAVG <II 2 d d.Gr.>) und die Abrede dem Erhalt eines Versorgungsbesitzstandes dient, der andernfalls verloren ginge, der Arbeitnehmer also nicht bereits in dem früheren Arbeitsverhältnis eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erlangt hat (BAG, 28.03.1995, 3 AZR 496/94, AP Nr. 84 zu § 7 BetrAVG <Rz. 24>).
bb)
Die der Klägerin mit Erklärung vom 30.09.1996 (Bl. 20 d. A.) bescheinigte Unverfallbarkeit der Anwartschaft aus den Arbeitsverhältnissen mit der I. GmbH und der I. vertrieb GmbH ist nach diesen Grundsätzen für das Aussonderungsrecht in der Insolvenz der Schuldnerin ohne Belang. Sie hat am 01.05.2000 mit dieser ein neues Arbeitsverhältnis begründet, so dass die im Vorbehalt in Bezug genommenen gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen neu zu laufen begannen.
Die Voraussetzungen der im Nachtrag vom 19.07.2000 (Bl. 196 d.A.) zwischen der Schuldnerin und der Versicherungsgesellschaft als Vorbehalt festgelegten gesetzlichen Unverfallbarkeit der Anwartschaft waren im Februar 2005 noch nicht eingetreten.
(1)
Das Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin bestand erst seit dem 01.05.2000 und damit bei Widerruf des Bezugsrechts im Februar 2005 noch keine 12 Jahre. Das Versicherungsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Versicherungsgesellschaft, für die der Klägerin das eingeschränkt widerrufliche Bezugsrecht gewährt worden ist, bestand erst seit dem 19.07.2000 und damit im Februar 2005 noch keine 10 Jahre. Da die Versorgungszusage vor dem 01.01.2001 erteilt worden ist, gelten die kürzeren Fristen des § 1 b Abs. 1 Satz 1 BetrAVG erst für Arbeitsverhältnisse, die nach dem 31.12.2005 beendet worden sind (§ 30 f Satz 1 2. Hs. BetrAVG).
Die Anrechnung der Vordienstzeiten in § 1 des Arbeitsverhältnisses mit der Schuldnerin (Bl. 93 f. d. A.) führt nicht zum Entstehen einer unverfallbaren Anwartschaft. Da die Klägerin laut Erklärung vom 30.09.1996 (Bl. 20 d. A.) bereits aus den Arbeitsverhältnissen mit der I. GmbH und der I. vertrieb GmbH eine unverfallbare Anwartschaft erworben hatte, können die dafür notwendigen 10 Versicherungsjahre vom 01.12.1985 bis zum 30.11.1995 nicht ein zweites Mal Berücksichtigung finden (vgl. BAG, 21.01.2003, 3 AZR 121/02, AP Nr. 1 zu § 1 b BetrAVG<II 4 a d.Gr.>). Anzurechnen sind deshalb nur die Vordienstzeiten vom 01.12.1995 an, was zur Erfüllung der im Vorbehalt geregelten Unverfallbarkeitsvoraussetzungen nicht ausreicht.
(2)
Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass ihr seit 1984 mit der I. GmbH bestehendes Arbeitsverhältnis durch eine lückenlose Kette von Betriebsübergängen bis zum Jahr 2000 auf die Schuldnerin übergegangen ist. Dann läge allerdings ein einheitliches Arbeitsverhältnis seit 1984 mit einer im 1985 erteilten Versorgungszusage und damit eine gesetzliche Unverfallbarkeit der im Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin erworbenen Versorgungsanwartschaft vor. Dabei kann zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, dass die Ausgliederung des Vertriebs der I. GmbH auf die I. vertrieb GmbH ein Betriebs(teil)übergang war. Dass es sich aber auch beim Wechsel der Klägerin zur T. Verlag GmbH und später zur Schuldnerin jeweils um Betriebs(teil)übergänge gehandelt hat, ist von der ihr nicht dargelegt. Die I. vertrieb GmbH hat unstreitig auch nach Gründung der T. Verlag GmbH ihre Tätigkeit fortgesetzt, ebenso die T. Verlag GmbH nach dem Wechsel der Klägerin zur Schuldnerin. In Betracht kommen daher jeweils nur Betriebsteilübergänge. Auch bei dem Erwerb eines Betriebsteils ist es jedoch erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt. Betriebsteile sind Teileinheiten (Teilorganisationen) des Betriebs. Es muss sich um eine selbständige, abtrennbare organisatorische Einheit handeln, die innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks einen Teilzweck erfüllt. § 613 a BGB setzt für den Teilbetriebsübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten (BAG, 5.12.02, 2 AZR 522/01, AP Nr. 126 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung <B II 4 b c d.Gr.>). Es ist nicht ersichtlich, dass der Bereich, in dem die Klägerin bei der I. vertrieb GmbH tätig war, ein Betriebsteil, d. h. organisatorisch verselbständigt i.S. eines übertragungsfähigen, selbständigen und organisatorisch abgrenzbaren Teilbereichs des Gesamtbetriebs der I. vertrieb GmbH mit fest zugeordneten Arbeitnehmern und einer eigenständigen Arbeitsorganisation zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit einer eigenen Zielsetzung war (vgl. BAG, 16.2.2006, 8 AZR 204/05, AP Nr. 300 zu § 613 a BGB <Rz. 26>). Gleiches gilt für den Bereich, in dem die Klägerin für die T. Verlag GmbH tätig war. Zudem ist das Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin am 01.05.2000 und damit vor jeglicher Übertragung von Betriebsmitteln der T. Verlag GmbH begründet worden. Die Übernahme der Hauptbelegschaft bereits zum 01.05.2000 ist nicht vorgetragen, so dass dahinstehen kann, ob dies überhaupt einen Betriebs(teil)übergang begründen könnte. Schließlich bestand die Schuldnerin seit 1998 und entfaltete seit 1999 eigene Geschäftstätigkeiten. Ein Betriebsteil geht jedoch nur dann über, wenn er beim Erwerber als Betrieb oder organisatorisch selbständiger Betriebsteil fortgeführt wird. Dies ist nicht der Fall, wenn er vollständig in die bereits bestehende eigene Organisationsstruktur eines anderen Unternehmens eingegliedert wird (BAG, 06.04.2006, 8 AZR 249/04, AP Nr. 303 zu § 613a BGB <Rz. 23>). Auch dazu hat die Klägerin nichts vorgetragen.
b)
Die Auslegung des im Nachtrag vom 19.07.2000 (Bl. 196 d. A.) enthaltenen Vorbehalts ergibt jedoch, dass er für den Fall der hier vorliegenden insolvenzbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht greift. Mangels Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Vorbehalts stand daher im Februar 2005 das der Klägerin eingeräumte eingeschränkt widerrufliche Bezugsrecht in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht einem uneingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht gleich und gehörte in der Insolvenz der Schuldnerin nicht zu deren Vermögen, sondern dem der Klägerin. Dieser stand daher ein Aussonderungsrecht zu. Dies hat der Bundesgerichtshof für ein wortgleiches eingeschränkt widerrufliches Bezugsrecht entschieden (BGH, 03.05.2006, IV ZR 134/05, ZIP 2006, S. 1309; vgl. auch BGH, 08.06.2005, IV ZR 30/04, ZIP 2005, S. 1373). Dem schließt sich die Kammer im Ergebnis an. Die gegen diese Rechtsprechung geführte Kritik des Beklagten (vgl. auch OLG Hamm, 24.01.2006, 27 U 159/05, ZIP 2006, S. 719; LAG Hamm, 15.02.2006, 3 Sa 2064/05, juris, Revision anhängig unter 3 AZR 334/06) verfängt im Fall der hier vorliegenden insolvenzbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht.
Zwar trifft es zu, dass für die Auslegung des versicherungsrechtlich vereinbarten Vorbehalts grundsätzlich auf die Sicht des verständigen und durchschnittlichen Arbeitgebers als Versicherungsnehmer abzustellen ist. Auch ist es richtig, dass der Arbeitgeber vor Eintritt der Unverfallbarkeit bei Beendigung das Arbeitsverhältnis über das Bezugsrecht und den bereits entstandenen versicherungsrechtlichen Anspruch frei verfügen, u. U. in Kleinbetrieben außerhalb des Geltungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes das Arbeitsverhältnis sogar nur deshalb kündigen kann, um in einer Liquiditätskrise auf den Rückkaufswert der Direktversicherung zugreifen zu können. Wird das Arbeitsverhältnis außerhalb eines Insolvenzverfahrens deshalb aus Gründen, die nicht personen- oder verhaltensbedingt begründet sind, vom Arbeitgeber beendet, so ist eine Auslegung des Vorbehalts, dass das Widerrufsrecht in diesen Fällen nicht greifen soll, nicht möglich. Der Arbeitgeber kann sich in diesen Fällen darauf berufen, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des Vorbehalts, sofern er den Musterbedingungen für Großlebensversicherungen (ALB) entspricht, es auf den Grund der Beendigung nicht ankommt. Der Arbeitgeber will sich mit der hier vorliegenden Vertragsgestaltung gerade auch die Verwertung der Versicherung erleichtern (BAG, 26.06.1990, 3 AZR 651/88, AP Nr. 10 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung <Rz. 27>).
Diese Erwägungen gelten jedoch nach Eintritt des Insolvenzfalls bei einer insolvenzbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen des vom Arbeitgeber mit der Einräumung des eingeschränkt widerruflichen Bezugsrechts verfolgten Zwecks nicht. Dadurch begrenzt er nämlich seine Verpflichtung zur Entrichtung eines Insolvenzsicherungsbeitrages (§ 10 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BetrAVG). Während ein Arbeitgeber, der Direktversicherungen unter Einräumung eines widerruflichen Bezugsrechts abschließt, Beiträge zur Absicherung des Insolvenzrisikos zahlen muss, deren Bemessungsgrundlage das geschäftsplanmäßige Deckungskapital bzw. die Deckungsrückstellung ist, muss ein Arbeitgeber, der Direktversicherungen mit Gewährung eines eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrechts abschließt, nur das durch Abtretung oder Beleihung der Versicherung entstandene Insolvenzrisiko absichern. Nur in Höhe der abgetretenen/beliehenen Versicherungen ist zudem das Deckungskapital als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Wenn aber das eingeschränkt widerrufliche Bezugsrecht gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BetrAVG hinsichtlich der Insolvenzabsicherung der unter einer solchen Zusage erteilten Direktversicherung einem unwiderruflichen Bezugsrecht gleichsteht, muss ihm in der Insolvenz des Arbeitgebers auch tatsächlich eine entsprechende Stellung zukommen. Das eingeschränkt widerrufliche Bezugsrecht wird beitragsrechtlich gerade deshalb privilegiert, weil kein Insolvenzrisiko besteht, weil der Insolvenzverwalter die Versicherung nicht verwerten kann (vgl. Blomeyer/Otto, BetrAVG, 4. Aufl., 2006, § 10, Rz. 115; Höfer, BetrAVG, Rz. 4846 f.). Die Einräumung eines eingeschränkt widerruflichen Bezugsrechts soll dem Arbeitgeber deshalb nur die Verwertung der Versicherung erleichtern und Finanzierungsmittel erhalten, nicht aber die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger des Arbeitgebers erweitern und Vermögensverschiebungen zu Lasten des Arbeitnehmers herbeiführen. Der Zweck des Vorbehalts entfällt darum in dem Moment, in dem das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet wird (vgl. BAG, 26.06.1990, 3 AZR 651/88, AP Nr. 10 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung <Rz. 27, 29 f.>; BGH, 03.05.2006, IV ZR 134/05, ZIP 2006, S. 1309 <Rz. 15>). Die Direktversicherung fällt also bei Einräumung eines eingeschränkt widerruflichen Bezugsrechts in der Insolvenz des Arbeitgebers nicht erst bei Eintritt der Unverfallbarkeit in das Vermögen des Arbeitnehmers und gewährt ihm deshalb auch schon vor Eintritt der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen ein Aussonderungsrecht (§ 47 InsO).
III.
Der Rückkaufswert der vom Beklagten zur Insolvenzmasse gezogenen Direktversicherung mit der Versnr. 0... ist auch noch unterscheidbar vorhanden.
1.
Geld, das der Insolvenzverwalter durch Einziehung einer fremden Forderung oder einer Direktversicherung für die Masse vereinnahmt hat, bleibt auch bei Einzahlung auf ein allgemeines Bankkonto des Verwalters aussonderungsfähig, weil es aufgrund der Buchung und der dazu gehörenden Belege von dem übrigen dort angesammelten Guthaben unterschieden werden kann. Ist das der Fall, geht die Unterscheidbarkeit nicht allein dadurch verloren, dass es anschließend auf diesem Konto zu allgemeinen Kontobewegungen kommt. Maßgeblich ist allein das zur Verfügung stehende Guthaben. Solange der niedrigste Tagessaldo nicht unter den zur Masse gezogenen Rückkaufswert sinkt, kann daher der Arbeitnehmer, dem ein Aussonderungsrecht an einer Direktversicherung zustand, Ersatzaussonderung in Höhe des Rückkaufswertes verlangen. Unterschreitet der niedrigste Tagessaldo den Rückkaufswert, kann der Ersatzaussonderungsberechtigte die Auskehrung eines Betrages, der dem niedrigsten Tagessaldo entspricht, verlangen (BGH, 11.03.1999, IX ZR 164/98, BGHZ 141, 116 <Rz. 11, 15>; FK-InsO, a.a.O., § 48, Rz. 15).
2.
Der Beklagte hat den Rückzahlungswert verbucht und zwischenzeitlich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung an die Klägerin gezahlt. Unterscheidbarkeit liegt damit vor, so dass der Klagforderung in voller Höhe zu entsprechen war.
IV.
Der Klägerin stehen die begehrten Zinsen als Massenanspruch zu (BGH, a.a.O., Rz. 18). Da keine Massearmut eingewendet ist, war dem Antrag zu entsprechen.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
VI.
Der Gegenstandswert war in Höhe der bezifferten Klagforderung festzusetzen.
Die Revision war zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).