Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 31.10.2006, Az.: 12 TaBV 1/06
Ordnungsgemäßheit eines Mitbestimmungsverfahrens in einem Betriebsrat im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern; Verstoß einer Arbeitnehmerüberlassung durch eine konzerneigene unternehmenszugehörige Personaldienstleistungsgesellschaft gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG); Synchronisation der Überlassung mit der Dauer der Beschäftigung des Leiharbeitnehmers; Gebot der Gleichstellung von Stammarbeitnehmern und Leiharbeitnehmern; Zustimmungsverweigerungsgrund für den Einsatz von Leiharbeitnehmern
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 31.10.2006
- Aktenzeichen
- 12 TaBV 1/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 30624
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2006:1031.12TABV1.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Oldenburg - 23.11.2005 - AZ: 6 BV 4/05
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 AÜG
- § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG
- § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG
- § 10 Abs. 5 AÜG
- § 12 Abs. 1 S. 2 AÜG
- § 14 Abs. 3 AÜG
- § 75 Abs. 1 BetrVG
- § 99 Abs. 1 BetrVG
- Art. 9 Abs. 3 GG
In dem Beschlussverfahren
hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgericht Niedersachsen
aufgrund der Anhörung am 31. Oktober 2006
durch
den Richter am Arbeitsgericht Walkling,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Wache,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Heuer
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 23.11.2005, 6 BV 4/05, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung der Leiharbeitnehmerin B. sowie um die Frage der dringenden Erforderlichkeit dieser Maßnahme.
Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) (künftig: Arbeitgeber) betreibt in Oldenburg einen Zeitungsverlag mit mehreren 100 Beschäftigten. Der Beteiligte zu 2) (künftig: Betriebsrat) ist der dort gebildete Betriebsrat. In der Unternehmensgruppe besteht als Zeitarbeitsunternehmen die Firma N. Personaldienstleistungsgesellschaft mbH & Co. KG, welche 2004 unter maßgeblicher Beteiligung der Obergesellschaft der Unternehmensgruppe gegründet wurde. Der N. Personaldienstleistungsgesellschaft mbH & Co. KG wurde erstmalig mit Wirkung ab dem 16.09.2004 die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung von der Bundesagentur für Arbeit erteilt (Bl. 78 d. A.).
In der September-Ausgabe 2004 der N.-news (Bl. 154 d. A.) wurde über die Gründung der Personaldienstleistungsgesellschaft informiert. Es wurde darauf hingewiesen, dass es infolge der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) jetzt möglich sei, auch dauerhaft Mitarbeiter aus einem Zeitarbeitsunternehmen in den Betrieben der N.-Unternehmensgruppe einzusetzen. Die Besetzung freier Stellen in den Unternehmen der Unternehmensgruppe über das Zeitarbeitsunternehmen solle zur Senkung der Personalkosten beitragen.
Während der Arbeitgeber an die Fachtarifverträge für das Zeitungs- und Druckgewerbe sowie für die Redakteure gebunden ist, wendet die N.-Personaldienstleistungsgesellschaft die Zeitarbeitstarifverträge an und zahlt darüber hinaus übertarifliche Zulagen, durch welche aber nicht das Niveau der Fachtarifverträge erreicht wird. Die zuletzt beim Arbeitgeber beschäftigten 22 Volontäre wurden sämtlichst über die N.-Personaldienst-leistungsgesellschaft eingestellt. Der Anteil der Leiharbeitnehmer im Verhältnis zu der Stammbelegschaft in den übrigen Bereichen wird von den Beteiligten - je nach Bezugsgröße - unterschiedlich angegeben.
Im Zeitraum vom 30.11. bis zum 14.12.2004 schrieb der Arbeitgeber die bisherige Stelle der Mitarbeiterin A. in der Geschäftsstelle V. zunächst betriebsintern aus. Interne Bewerbungen sind hierauf nicht eingegangen. Die externe Bewerberin, Frau B., wurde seitens des Arbeitgebers an die N.-Personaldienstleistungsgesellschaft verwiesen. Mit Schreiben vom 01.03.2005 beantragte der Arbeitgeber beim Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung der Frau B. zur Übernahme der Nachfolge der Frau A.. Die Einstellung sollte mit Wirkung ab dem 01.03.2005 unbefristet über die N.-Personaldienstleistungsgesellschaft erfolgen. Die Vergütung der Frau A. sollte nach Gruppe 4 des Entgeltrahmentarifvertrages Zeitarbeit iGZ e. V. zuzüglich einer übertariflichen Zulage erfolgen (Bl. 29 d. A.). Auf der Betriebsratssitzung am 01.03.2005 formulierte der Betriebsrat das Zustimmungsverweigerungsschreiben vom 02.03.2005, in welchem er vorsorglich auch die Dringlichkeit der arbeitgeberseitig beabsichtigten Maßnahme bestritt (Bl. 30 ff. d. A.). Die Zustimmungsverweigerung begründete der Betriebsrat zum einen mit einer aus seiner Sicht zu befürchtenden Benachteiligung der Arbeitnehmerin B., welche darin liege, dass diese für die gleiche Arbeit wie die Stammkräfte nicht die betriebsübliche Bezahlung nach den Fachtarifverträgen erhalte. Zum anderen seien nicht gerechtfertigte Nachteile für die Stammbelegschaft deshalb zu besorgen, weil der Arbeitgeber planmäßig versuche, Dauerarbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern aufzufüllen. Dadurch werde das Lohnniveau im Betrieb generell abgesenkt, und die nach den Fachtarifen bezahlten Fachkräfte gerieten unter Lohnsenkungsdruck. Mit Schreiben vom 07.03.2005 hat der Arbeitgeber eine ergänzende Begründung zur dringenden Erforderlichkeit gegeben und zugleich den Zustimmungsersetzungsantrag beim Arbeitsgericht Oldenburg anhängig gemacht. Auf ein abermaliges Bestreiten der Dringlichkeit der Maßnahme durch den Betriebsrat mit Schreiben vom 11.03.2005 (Bl. 45 d.A.) hat der Arbeitgeber mit Schriftsatz vom 14.03.2005 seinen Antrag auf die Feststellung der dringenden Erforderlichkeit erweitert.
Zum 17.03.2005 hat die Mitarbeiterin A. ihren Resturlaub angetreten und ist zum 31. 03.2005 altersbedingt aus dem Betrieb des Arbeitgebers ausgeschieden.
Der Arbeitgeber hat die Ansicht vertreten, dass er sich mit der Einstellung der Leiharbeitnehmerin B. im Rahmen der durch das AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten bewege. Ein vollständiger oder auch nur überwiegender Austausch der Stammbelegschaft durch Leiharbeitskräfte sei nicht beabsichtigt. Ein Gesetzesverstoß im Sinne von § 99 Abs. 2 Ziffer 1 BetrVG liege nicht vor; insbesondere seien keine Versagungsgründe im Sinne von § 3 AÜG gegeben. Die im Stammbetrieb tätige Belegschaft werde nicht im Sinne von § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG benachteiligt, da ihnen gegenüber die Fachtarifverträge ordnungsgemäß angewandt würden. Eine Benachteiligung der eingestellten Mitarbeiterin B. liege nicht vor, da diese nach den für ihren Arbeitgeber maßgeblichen Tarifverträgen zuzüglich übertariflicher Zuschläge bezahlt werde. Die dringende Erforderlichkeit der vorläufigen personellen Maßnahme ergebe sich daraus, dass vor dem Urlaubsbeginn der Mitarbeiterin A. am 17.03.2005 und ihrem endgültigen Ausscheiden am 31.03.2005 noch eine Einarbeitungs- und Übergabephase erforderlich sei.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
- 1.
die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung der Leiharbeitnehmerin B. zu ersetzen;
- 2.
festzustellen, dass die vorläufige Durchführung der Einstellung der Leiharbeitnehmerin B. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
Der Betriebsrat hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, dass der Arbeitgeber mit der Einstellung der Leiharbeitnehmerin B. und zahlreicher weiterer Leiharbeitnehmer eine "Strohmann-Strategie" verfolge. Es handele sich nicht mehr um zulässige Arbeitnehmerüberlassung, sondern der Arbeitgeber beabsichtige, einen erheblichen Teil der Stammarbeitsplätze mit "billigen" Leiharbeitnehmern zu besetzen. Dadurch werde der fachlich einschlägige Flächentarifvertrag ausgehöhlt. Dieses Vorgehen des Arbeitgebers mache einen Gesetzesverstoß im Sinne von § 99 Abs. 2 Ziffer 1 BetrVG aus.
Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Arbeitgebers stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass weder Zustimmungsverweigerungsgründe vorlägen noch erhebliche Zweifel an der dringenden Erforderlichkeit der vorläufigen personellen Maßnahme bestünden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe (Bl. 115/116 d.A.) verwiesen.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 23.11.2005 ist dem Betriebsrat am 16.12.2005 zugestellt worden. Der Betriebsrat hat hiergegen mit einem am 04.01.2006 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und hat diese mit einem am 16.03.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem ihm die Frist zur Beschwerdebegründung auf seinen Antrag hin mit Beschluss vom 13.02.2006 bis zum 16.03.2006 verlängert worden war.
Der beschwerdeführende Betriebsrat trägt vor, dass der Arbeitgeber mit einem weiteren Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb führe. Von derzeit 420 Beschäftigten in diesem gemeinsamen Betrieb kämen inzwischen 45 bzw. 46 von der N.-Personaldienstleistungsgesellschaft. Das in der Bekanntmachung aus September 2004 angekündigte Vorgehen habe der Arbeitgeber für den Bereich der Volontäre bereits auf die Spitze getrieben: Kein einziger der Volontäre sei mehr direkt beim Arbeitgeber angestellt. Die vom Arbeitgeber beherrschte N.-Personaldienstleistungsgesellschaft betreibe keinen Verleih im Sinne des AÜG, da sie nicht das für ein Überlassungsverhältnis typische Beschäftigungsrisiko trage. Die N.-Personaldienstleistungsgesellschaft sei nicht ernsthaft am Markt tätig, sondern betreibe nur Arbeitnehmervermittlung für die konzernzugehörigen Unternehmen. Das arbeitgeberseitige Ziel der Aushöhlung des Branchentarifvertrages stelle einen im Rahmen des § 99 Abs. 2 Ziffer 1 BetrVG rügbaren Gesetzesverstoß gegen Art. 9 Abs. 3 GG und § 4 Abs. 1 TVG dar.
Der Betriebsrat beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg, Az.: 6 BV 4/05, abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.
Der Arbeitgeber beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Arbeitgeber trägt vor, dass zum Zeitpunkt der Durchführung der personellen Einzelmaßnahme im März 2005 von 321 bei ihm beschäftigten Personen lediglich 9 von der N.-Personaldienstleistungsgesellschaft gestellt worden seien. Die vom Betriebsrat behaupteten Restriktionen der Arbeitnehmerüberlassung hätten im Gesetz keinen Niederschlag gefunden. Im Gegenteil habe der Gesetzgeber die Einsatzmöglichkeiten von Leiharbeitnehmern durch die Aufgabe der 24-monatigen Obergrenze für den Verleih erweitert. Die vom Betriebsrat befürchteten Nachteile für die Stammbelegschaft seien in keiner Weise konkret mit Tatsachen belegt.
II.
Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend die verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Leiharbeitnehmerin B. ersetzt und festgestellt, dass die vorläufige Einstellung dringend erforderlich war.
1.
Der Arbeitgeber hat das Mitbestimmungsverfahren mit dem Antrag vom 01.03.2005 ordnungsgemäß eingeleitet. Er hat auch dem Betriebsrat die schriftliche Erklärung des Verleihers nach § 12 Abs. 1 Satz 2 AÜG über das Bestehen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung vorgelegt. Seinen Informationspflichten aus §§ 14 Abs. 3 AÜG, 99 Abs. 1 BetrVG ist der Arbeitgeber damit nachgekommen; spezifische Rügen hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit des Mitbestimmungsverfahrens hat der Betriebsrat nicht erhoben.
2.
Es liegt eine wirksame Arbeitnehmerüberlassung vor. Arbeitnehmerüberlassung durch eine konzerneigene unternehmenszugehörige Personaldienstleistungsgesellschaft verstößt nicht gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Ein Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist nicht gegeben.
Die N.-Personaldienstleistungsgesellschaft verfügt über die für die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis. Das Gleichstellungsgebot des § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG (equal pay) ist eingehalten, da die N.-Personaldienstleistungsgesellschaft an den Entgeltrahmentarifvertrag Zeitarbeit iGZ e. V. gebunden ist.
Ein Verstoß gegen das AÜG käme daher nur in Betracht, wenn man der in der Literatur vertretenen Auffassung der "Strohmann-Konstruktion" bei konzerninterner Arbeitnehmerüberlassung folgen würde und im vorliegenden Fall deren tatsächliche Voraussetzungen annähme.
a)
Teilweise wird die Auffassung vertreten, bei konzerninterner Arbeitnehmerüberlassung trete der Verleiher nur als Strohmann bzw. Scheinverleiher auf, weil er nicht am Markt tätig sei und nicht auf dem allgemeinen Leiharbeitsmarkt Aufträge akquiriere. Er trage damit nicht das typische Arbeitgeberrisiko eines Verleihers im Sinne von § 1 Abs. 1 AÜG. Ende der konkrete Arbeitseinsatz eines Leiharbeitnehmers, sei es Verpflichtung des typischen Verleihers, für eine Anschlussbeschäftigung zu sorgen. Er trage das Risiko der Nichteinsetzbarkeit und müsse durch Marktteilnahme für Anschlussbeschäftigung sorgen. Ein entsprechendes Risiko trage der nicht marktaktive ausschließlich intern tätige Verleiher nicht. Vielmehr sei hier typisch eine Synchronisation der Überlassung mit der Dauer der Beschäftigung des Leiharbeitnehmers (Brors/Schüren, DB 2004, 2745 [LG Frankfurt am Main 12.10.2004 - 3 O 71/04]; Ulbers, AÜG, 3. Aufl., § 1 AÜG, Rn. 250 d; a. A. Willemsen/Annuß, BB 2005, 437; Melms/Lipinski, DB 2004, 2409).
b)
Dem beschwerdeführenden Betriebsrat mag zuzugestehen sein, dass er mit dem Versuch der Begrenzung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern zum Zwecke des Schutzes der Stammbelegschaft und des einschlägigen Branchentarifvertrages ein anerkennenswertes (tarif-) politisches Ziel verfolgt. Für das vom Betriebsrat eingesetzte Mittel der Zustimmungsverweigerung findet sich jedoch weder im AÜG noch an anderer Stelle im BetrVG eine ausreichende gesetzliche Stütze: Durch die Aufhebung der Höchstüberlassungsdauer von 24 Monaten in § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG a. F. und die 12-monatige Frist für das Eingreifen des Gebots der Gleichstellung von Stamm- und Leiharbeitnehmern in § 10 Abs. 5 AÜG a. F. durch das 1. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607) weisen die gesetzgeberischen Aktivitäten in die entgegengesetzte Richtung. Die Nutzungs- und Gestaltungsmöglichkeiten für Leiharbeit werden zugunsten der Arbeitgeber ausgeweitet. Dabei stellt auch die in der unternehmensinternen Mitteilung von September 2004 angestrebte Senkung der Personalkosten ein legitimes Ziel dar. Es ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das derzeitige Recht der Arbeitnehmerüberlassung dem tarifgebundenen Entleiher die Möglichkeit bietet, auf Dauerarbeitsplätzen Arbeitnehmer einzusetzen, ohne dass für deren Arbeitsverhältnisse die ansonsten im Betrieb maßgeblichen Tarifverträge zur AN.endung kommen. Der Entleiher wird durch Art. 9 Abs. 3 GG nicht in seiner Freiheit eingeschränkt, zu entscheiden, ob er bestimmte Daueraufgaben in seinem Betrieb mit eigenen Vertragsarbeitnehmern unter AN.endung der für ihn geltenden Tarifverträge erledigen, sie an Werks- oder Dienstvertragsnehmer vergeben oder mit Leiharbeitern durchführen will. Die für den Entleiherbetrieb zuständigen Tarifvertragsparteien haben kein durch Art. 9 Abs. 3 GG geschütztes Recht darauf, dass der Entleiher zur Erledigung der in seinem Betrieb anfallenden Arbeiten Arbeitsverträge schließt. Allerdings mag es angesichts der besonderen Beschäftigungssituation der Leiharbeitnehmer, die durch Aufteilung auf verschiedene und zudem im Zeitablauf wechselnde Betriebe gekennzeichnet ist, schwieriger als üblich sein, den Abschluss von Tarifverträgen für Verleiherbetriebe zu erreichen. Dass er aber möglich ist, wird u. a. durch den vorstehend zur AN.endung kommenden Entgeltrahmentarifvertrag Zeitarbeit iGZ e. V. belegt. Ein mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht zu vereinbarender Eingriff in die Tarifautonomie ist darin, dass sich ein tarifuN.illiger Arbeitgeber die tatsächlichen Schwierigkeiten der Gewerkschaft bei der Mobilisierung von Leiharbeitnehmern zunutze macht, nicht zu sehen (vgl. BAG, Beschluss vom 12.11.2002, 1 ABR 1/02, NZA 2003, 513 <515>[BAG 12.11.2002 - 1 ABR 1/02]).
c)
Auch aus § 1 Abs. 2 AÜG, wonach Arbeitsvermittlung vermutet wird, wenn der Verleiher nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko übernimmt, ergibt sich nicht der vom Betriebsrat gewünschte Anknüpfungspunkt. Ein etwaiger Verstoß gegen diese Vorschrift würde nicht dazu führen, dass im Verhältnis Entleiher zu Arbeitnehmer ein Vertragsverhältnis besteht und von einer rechtswidrigen Arbeitnehmerüberlassung auszugehen ist. Bei § 1 Abs. 2 AÜG handelt es sich um eine rein gewerberechtliche Vorschrift, die, solange die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis besteht, auf die arbeitsvertraglichen Beziehungen der Beteiligten keine Auswirkungen hat. Greift die Vermutung der Arbeitsvermittlung und liegt damit keine Arbeitnehmerüberlassung vor, so kann die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung versagt bzw. entzogen werden. Solange eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis besteht, handelt es sich auch bei konzerninterner Überlassung um eine rechtmäßige Form der Leiharbeit.
3.
Die Zustimmungsverweigerung kann der Betriebsrat nicht auf § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG stützen. Eine Benachteiligung der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer liegt nicht vor. Eine Absicht des Arbeitgebers, Arbeitnehmern zu kündigen und durch Leiharbeitnehmer zu ersetzen, besteht nicht. Auch die Befürchtung des Betriebsrats, durch Einsatz von Leiharbeitnehmern für zuschlagspflichtige Arbeiten könnten für die Stammbelegschaft Einkommenseinbußen entstehen, rechtfertigt nicht die Zustimmungsverweigerung. Derartige Nachteile beruhen nicht auf der Einstellung als solcher, sie sind nur denkbar als Folge von Schichteinteilung und Arbeitszuweisungen. Soweit der Betriebsrat darüber hinaus befürchtet, dass die Stammbelegschaft mittelfristig bei der Wahrung der Löhne des Branchentarifvertrages unter Verhandlungsdruck kommen könnte, so ist diese Besorgnis einerseits nicht hinreichend konkret mit Tatsachen belegt. Der Betriebsrat hat beispielsweise nicht vorgetragen, dass der Arbeitgeber an Stammarbeitnehmer in Abteilungen mit hoher Leiharbeitnehmer-Quote schon mit dem Ansinnen herangetreten sein soll, einer individuellen Lohnsenkung zuzustimmen. Anderseits würde es sich bei einer kollektiven Verschiebung der Verhandlungsparität zugunsten des auf Lohnsenkung drängenden Arbeitgebers um eine Situation handeln, wie sie im Rahmen tariflicher Auseinanderstetzungen sich ergeben kann und rechtlich hinzunehmen wäre (Art. 9 Abs. 3 GG). Darauf müssten die zuständigen Gewerkschaften eine tarifpolitische Antwort finden. Ein Zustimmungsverweigerungsrecht für den Betriebsrat folgt daraus nicht.
4.
Es liegt auch kein Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 Ziffer 4 BetrVG in Verbindung mit § 75 Abs. 1 BetrVG dadurch vor, dass die Leiharbeitnehmerin B. weniger Vergütung erhält als die vergleichbar beschäftigten Stammarbeitnehmer. Es sind weder der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz noch die Grundsätze von Recht und Billigkeit nach § 75 Abs. 1 BetrVG verletzt. Schließlich ist der hier antragstellende Arbeitgeber nicht der Vertragsarbeitgeber der Leiharbeitnehmerin B. und deshalb nicht Schuldner der Vergütungsansprüche von Frau B.. Ihm gegenüber geht der Vorwurf einer Ungleichbehandlung ins Leere. Soweit der Vorwurf des Betriebsrates auf eine Ungleichbehandlung der Frau B. durch die N.-Personaldienstleistungsgesellschaft zielt, ist er nicht begründet. Diese ist zwar gegenüber Frau B. vergütungspflichtig, sie ist aber nicht schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehalten, ihren Arbeitnehmern die gleichen Arbeitsbedingungen zu gewähren, wie sie für die Beschäftigten des antragstellenden Arbeitgebers gelten. Aus den Gleichbehandlungsgrundsatz folgt keine Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Arbeitnehmer verschiedener Arbeitgeber (vgl. auch BAG vom 25.01.2005, 1 ABR 61/03, AP Nr. 48 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung).
Im Ergebnis ist damit ein Grund zur Zustimmungsverweigerung nicht gegeben, das Arbeitsgericht hat zu Recht die Zustimmung zu der Einstellung der Leiharbeitnehmerin B. ersetzt.
5.
Zu bestätigen war auch die Entscheidung des Arbeitsgerichts, dass die vorläufige Einstellung der Arbeitnehmerin B. dringend erforderlich war. Der Feststellungsantrag des Arbeitgebers zu 2. wäre nur dann abzuweisen, wenn die Maßnahme "offensichtlich" nicht dringend gewesen wäre. Dieses im Gesetz verankerte Merkmal der Offensichtlichkeit erfordert nach herrschender Meinung eine grobe, ohne weiteres ersichtliche Verkennung der sachlich-betrieblichen Notwendigkeiten für eine alsbaldige Durchführung der Maßnahme, wobei von dem Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitgebers, nicht von der nachträglichen Beurteilung der Situation auszugehen ist. Nur wenn dem Arbeitgeber insoweit ein grober Vorwurf zu machen ist, kann der Feststellungsantrag wegen offensichtlicher Verkennung der Dringlichkeit abgewiesen werden (Fitting/Engels/Schmid § 100 BetrVG Rn. 14).
Dieser Vorwurf kann dem Arbeitgeber im vorliegenden Fall wegen der Dringlichkeit der Ersetzung der Mitarbeiterin A. nicht gemacht werden. Denn er hat dargelegt, dass die zu Ende März 2005 ausscheidende Mitarbeiterin A. bereits mit Wirkung ab dem 17.03.2005 ihren Resturlaub genommen hat und zuvor noch eine Einarbeitungs- bzw. Übergabephase stattfinden sollte. Hierfür ist ein Zeitraum von gut zwei Wochen nicht zu großzügig bemessen. Im Übrigen zeigt die bereits im November 2004 eingeleitete interne Stellenausschreibung, dass sich der Arbeitgeber auch rechtzeitig um die Wiederbesetzung der Stelle der Frau A. bemüht hat.
6.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 92, 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG auch mit Rücksicht auf das noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Verfahren 13 TaBV 56/05 Landesarbeitsgericht Niedersachsen (nachfolgend: BAG 1 ABR 41/06).