Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.11.2006, Az.: 10 Sa 544/06 B
Berechnung der Betriebsrente beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis und einer zusätzlichen Inanspruchnahme der Betriebsrente vor dem 65. Lebensjahr ; Folgen des Aufweisens einer geringeren Betriebstreue durch das vorzeitiges Ausscheiden ; Notwendigkeit der Berücksichtigung einer vorgezogenen Betriebsrente eines Arbeitnehmers ; Bestimmung des Anspruchs des vorzeitig mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers; Anspruch der Männer auf das (günstigere) Rentenzugangsalter für Frauen
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 10.11.2006
- Aktenzeichen
- 10 Sa 544/06 B
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 26478
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2006:1110.10SA544.06B.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Oldenburg - 17.02.2006 - AZ: 3 Ca 1092/03 B
- nachfolgend
- BAG - 17.09.2008 - AZ: 3 AZR 1061/06
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 1 BetrAVG
- Art. 141 EG
- § 6 BetrAVG
Fundstelle
- LGP 2007, 36
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Scheidet der Arbeitnehmer mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis aus und nimmt er zusätzlich die Betriebsrente vor dem 65. Lebensjahr in Anspruch, so sind bei der Berechnung der Betriebsrente im Hinblick auf die fehlende Betriebstreue und den früheren und längeren Bezug des Erdienten zwei ausgleichende Korrekturen vorzunehmen.
- a)
Im ersten Rechenschritt ist entsprechend der gesetzlichen Wertung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG die bis zum Erreichen der festen Altersgrenze erreichbare Vollrente im Verhältnis der tatsächlichen Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbaren Beschäftigungszeit zu kürzen.
- b)
Im zweiten Rechenschritt sind etwaige in der Versorgungsordnung enthaltene versicherungsmathematische Abschläge zum Ausgleich für den früheren und längeren Bezug der Betriebsrente der bis zum vorgezogenen Ruhestand im Betrieb verbliebenen Arbeitnehmer neben der Kürzung entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG wegen des vorzeitigen Ausscheidens anzuwenden. Fehlt es an einer derartigen Kürzungsregelung, ist die Rente erneut zeitanteilig zu kürzen (unechter versicherungsmathematischer Abschlag).
- 2.
Das Bundearbeitsgericht sieht in stRspr seit dem Urteil vom 23.01.2001 (3 AZR 164/00, AP Nr. 16 zu § 1 BetrAVG - Berechnung) lediglich einen drittenEingriff in das Äquivalenzverhältnis dadurch, dass bereits eine Ausgangsrente berechnet wird, die die Beschäftigungszeit zwischen der Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente und dem Erreichen der festen Altersrente nicht berücksichtigt, als unzulässig an.
- 3.
Bei einem männlichen Arbeitnehmer, der nach Vollendung des 60. Lebensjahres, aber vor Vollendung des 65. Lebensjahres die Betriebsrente in Asnpruch nimmt, sind versicherungsmathematische Abschläge bei der Berechnung der auf die Beschäftigungszeit nach dem 17.05.1990 (Nach-Barber-Zeit) entfallenden Teilrente nicht vorzunehmen.
In dem Rechtsstreit
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2006
durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Spelge,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Schulz,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Imke
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 17.02.2006 - 3 Ca 1092/03 B - teilweise abgeändert. Die Klage wird abgewiesen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger einen höheren Betrag als 3.474,12 EUR brutto nebst Zinsen (Rentennachzahlung für die Zeit vom 01.11.2001 bis 31.01.2006) und ihm eine höhere Betriebsrente als 372,34 EUR brutto monatlich für die Zeit ab dem 01.02.2006 zu zahlen.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden nach einem Wert von 5.392,44 EUR zu 54,5 % dem Kläger und zu 45,5 % der Beklagten auferlegt.
- 3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe der dem Kläger zu zahlenden Betriebsrente. Streitig ist im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung lediglich, ob die Beklagte berechtigt ist, einen versicherungsmathematischen Abschlag für die bis zum 17.05.1990 erdiente Teilrente vorzunehmen.
Der 1941 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.02.1971 beschäftigt. Am 31.07.2000 schied er betriebsbedingt im Rahmen eines allgemeinen Personalabbaus durch Aufhebungsvertrag aus dem Arbeitsverhältnis aus. Seit dem 01.11.2001 bezieht er Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Beklagte gewährt dem Kläger eine betriebliche Altersversorgung nach Maßgabe der Pensionsordnung vom 01.07.1976, auf die Bezug genommen wird (Bl. 91 - 93 d. A.). Darin heißt es:
§ 2
Art der Rentenleistungen
Es werden gewährt:
1. Altersrente
Die Altersrente setzt ein, wenn der Versorgungsberechtigte nach Vollendung des 65. Lebensjahres (bei weiblichen Betriebsangehörigen nach Vollendung des 60. Lebensjahres) aus den Diensten der Firma austritt und in den Ruhestand tritt. ...
§ 3
Höhe der Rentenleistungen
1. Altersrente
Die monatliche Altersrente beträgt für jedes vollendete Dienstjahr 0,8 %, höchstens insgesamt 20 % des Brutto-Grundlohnes bzw. des Brutto-Grundgehaltes. Die Dienstjahre zählen längstens bis zum Alter 65 (Männer) bzw. bis zum Alter 60 (Frauen). Unter dem Brutto-Grundlohn bzw. Brutto-Grundgehalt ist hierbei der Brutto-Grundlohn bzw. das Brutto-Grundgehalt des vierten Monats vor Rentenbeginn ohne Berücksichtigung von Sonderzahlungen ... zu verstehen. Bei einer Dienstzeit über das Pensionierungsalter hinaus wird der Rentenberechnung der Brutto-Grundlohn bzw. das Brutto-Grundgehalt im Alter 65 (Männer) bzw. im Alter 60 (Frauen) zugrunde gelegt. Diese Bemessungsgrenze für die Höhe der Altersrente ändert sich von Rentenbeginn an nicht mehr. ...
§ 4
Flexible Altersgrenze
Macht ein Versorgungsberechtigter von der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung Gebrauch und scheidet er aus diesem Grund vor Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der Firma aus, so behält der Ausscheidende den gemäß § 3 bis zum Ausscheiden erreichten Anspruch auf Altersrente... Auf Antrag erhält der Versorgungsberechtigte eine sofort beginnende lebenslängliche Rente. Diese Rente wird für jeden Monat, um den die Rentenzahlung vor Vollendung des 65. Lebensjahres beginnt, um 0,5 % ihres Betrages gekürzt. ...
Erweiterung § 4
Voraussetzung für die vorgezogene Altersrente (flexible Altersgrenze) ist eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 10 Jahren.
§ 7
Vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses
Diese Pensionsordnung schränkt die gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsrechte der Firma nicht ein. Scheidet der Versorgungsberechtigte vor Eintritt des Versorgungsfalles aus der Firma aus, so erlöschen seine Ansprüche. Der ausscheidende Arbeitnehmer behält jedoch gemäß § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung seine Anwartschaft ...
Der Kläger bezog im vierten Monat vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Bruttoentgelt von 2.585,67 EUR. Unter Berücksichtigung einer Altersgrenze von 60 Jahren für die nach dem 17.05.1990 zurückgelegte Beschäftigungszeit (Nach-Barber-Zeit) und des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers ergibt sich ein Anspruch auf eine Betriebsrente von 454,01 EUR brutto monatlich. Hinsichtlich der Berechnung dieses Betrages wird auf den Berechnungsbogen der Beklagten (Anlage zum Schriftsatz vom 15.12.2004, Bl. 22 d.A.) Bezug genommen. Die Beklagte kürzte unter Berufung auf § 4 der Pensionsordnung diese Rente um 29 % auf 304,22 EUR. Diesen Betrag zahlte sie dem Kläger seit dem 01.11.2001.
Der Kläger hat mit seiner im Dezember 2003 erhobenen Klage zuletzt die Zahlung einer monatlichen Betriebsrente von 454,09 EUR ab dem 01.02.2006 sowie die Differenz zur gezahlten Betriebsrente, also 149,87 EUR monatlich für die 51 Monate November 2001 bis einschließlich Januar 2006 = 7.643,37 EUR brutto nebst Zinsen, begehrt.
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger eine Nachzahlung von 7.639,29 EUR brutto nebst Zinsen und eine monatliche Betriebsrente von 454,01 EUR für die Zeit ab dem 01.02.2006 zugesprochen. Hinsichtlich der Zinsstaffel wird Bezug genommen auf Bl. 34 d. A. Eine Kürzung der Betriebsrente unter Bezug auf § 4 der Pensionsordnung sei nicht möglich, weil diese Bestimmung verlange, dass der Arbeitnehmer wegen des vorzeitigen Bezugs von Altersrente aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Daran fehle es hier.
Gegen dieses ihr am 12.03.2006 zugestellte Urteil wendet sich nur die Beklagte mit ihrer am 05.04.2006 eingelegten und nach Fristverlängerung bis zum 22.06.2006 am letzten Tag der Frist begründeten Berufung. Im Lauf des Berufungsverfahrens hat sie im Anschluss an den Hinweis der Vorsitzenden vom 01.08.2006, auf den verwiesen wird (Bl. 73 - 75 d. A.), eine monatliche Betriebsrente von 372,34 EUR rückwirkend zum 01.11.2001 anerkannt.
Die Beklagte meint, die für die Beschäftigungszeit bis zum 17.05.1990 erdiente Teilrente seien versicherungsmathematisch um 29 % zu kürzen. Aus ihrer Versorgungsordnung ergebe sich, dass die mit einer unverfallbaren Anwartschaft vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitnehmern, die die flexible Altersgrenze in Anspruch nähmen, nicht privilegiert werden sollten. Die vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern müssten sich vielmehr erst recht eine versicherungsmathematische Kürzung, deren Höhe sich § 4 der Pensionsordnung entnehmen lasse, gefallen lassen.
Die Beklagte beantragt unter Zurücknahme der Berufung im Übrigen,
das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 17.02.2006 - 3 Ca 1092/03 B - teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit sie verurteilt worden ist, an den Kläger einen höheren Betrag als 3.474,12 EUR brutto nebst Zinsen Rentennachzahlung für die Zeit vom 01.11.2001 bis 31.01.2006 und ihm eine höhere Betriebrente als 372,34 EUR brutto monatlich für die Zeit ab dem 01.02.2006 zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte sei nicht berechtigt, die bis zum 17.05.1990 erdiente Teilrente versicherungsmathematisch zu kürzen. § 4 der Pensionsordnung sei nicht einschlägig, weil der Kläger vor Rentenbeginn betriebsbedingt aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. § 4 der Pensionsordnung stelle damit im Ergebnis einen Verzicht auf die ratierliche Kürzung der Betriebsrente wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Weitere Kürzungsmöglichkeiten sehe die Pensionsordnung nicht vor. Vielmehr verweise sie in § 7 auf das BetrAVG. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dürfe die fehlende Beschäftigungszeit zwischen dem vorzeitigten Rentenbezug und der festen Altersgrenze nur im Fall der Invalidität zweifach mindernd berücksichtigt werden.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, § 519, § 520 Abs. 3 ZPO). Sie ist im zur Entscheidung der Kammer gestellten Umfang auch begründet. Der Kläger hat Anspruch auf eine monatliche Betriebsrente von 372,34 EUR brutto monatlich. Daraus resultiert für die Zeit vom 01.11.2001 bis zum 31.01.2006 ein Nachzahlungsanspruch von 3.474,12 EUR, den die Beklagte nicht mehr bestreitet
I.
Der Kläger ist am 31.07.2000 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden. Zu diesem Zeitpunkt hatte er eine unverfallbare Anwartschaft auf die nach der Pensionsordnung der Beklagten vorgesehene Höchstrente von 20% des maßgeblichen Bruttoentgelts von 2.585,67 EUR, d. h. auf eine Betriebsrente von 517,13 EUR brutto monatlich erworben.
II.
Diese unverfallbare Anwartschaft ist jedoch im Hinblick darauf, dass der Kläger zum einen durch sein vorzeitiges Ausscheiden eine geringere Betriebstreue als von der Beklagten bei der Zusage des Anspruches auf eine betriebliche Altersversorgung zugrundegelegt aufweist und zum anderen durch den vor der Vollendung des 65. Lebensjahres begonnenen Bezug der Betriebsrente diese länger beziehen wird als von der Beklagten bei der Zusage des Anspruches kalkuliert, in zweifacher Hinsicht zu kürzen.
1.
Zunächst ist die Anwartschaft des Klägers wegen seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 65. Lebensjahres auf 454,01 EUR zu kürzen.
a)
Die Pensionsordnung der Beklagten enthält keine eigenständige Regelung der Berechnung der Höhe der Versorgungsanwartschaft nach vorzeitigem Ausscheiden. § 7 der Pensionsordnung verweist insoweit nur auf die gesetzliche Regelung. § 4 der Pensionsordnung ist, wie das Arbeitsgericht richtig ausgeführt hat, nicht einschlägig. Diese Bestimmung regelt lediglich den hier nicht vorliegenden Fall, dass ein Arbeitnehmer aufgrund des Bezugs einer vorzeitigen Altersrente aus der gesetzlichen Altersversorgung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
b)
Mangels originärer Regelung in der Pensionsordnung muss die Berechnung der Betriebsrente des Klägers unter Zugrundelegung der gesetzlichen Wertungen erfolgen (vgl. BAG, 07.09.2004, 3 AZR 524/03, EzA § 6 BetrAVG Nr. 27 <Rz. 23>). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts enthält das Betriebsrentengesetz keine ausdrückliche Regelung dazu, wie die vorgezogene Betriebsrente eines Arbeitnehmers zu berechnen ist, der mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Für eine angemessene Berechnung ist deshalb auf die Grundwertungen des Betriebsrentengesetzes zurückzugreifen. Die beiden gesetzgeberischen Korrekturen der Versorgungszusage, deren Vorteile der Arbeitnehmer in Anspruch nimmt (geringere Betriebstreue als erwartet und früherer und längerer Bezug des Erdienten als versprochen),sind angemessen zu berücksichtigen. Es ist deshalb statthaft, im Hinblick auf die fehlende Betriebstreue und den früheren und längeren Bezug des Erdienten zwei ausgleichende Korrekturen vorzunehmen.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG bestimmt sich der Anspruch des vorzeitig mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers nach dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres. Der Arbeitnehmer hat nur Anspruch auf die Rente, die dem Verhältnis der erbrachten Betriebstreue zu der rechtlich möglichen Betriebstreue entspricht. Deshalb hat eine Kürzung der erdienten Anwartschaft nach den Grundsätzen des § 2 BetrAVG auch dann zu erfolgen, wenn der Arbeitnehmer wie im vorliegenden Fall nach dem Leistungsplan der Versorgungseinrichtung im Zeitpunkt seines Ausscheidens den nach der Versorgungsordnung vorgesehenen Höchstsatz (hier 20 % des maßgeblichen Brutto-Grundentgelts) bereits erdient hat. Die Beklagte gewährt nach ihrer Pensionsordnung nicht etwa jedem Arbeitnehmer, der 25 Jahre betriebstreu gewesen ist, die Höchstrente, sondern zahlt die Betriebsrente für die rechtlich mögliche Gesamtdauer der Beschäftigung. Diese ist aber ungeachtet des Erreichens des maximal möglichen Versorgungssatzes bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt eines Versorgungsfalles kürzer (BAG, 12.03.1985, 3 AZR 450/82, AP Nr. 9 zu § 2 BetrAVG <II 3 a d.Gr>).
Im ersten Rechenschritt ist deshalb die bis zum Erreichen der festen Altersgrenze erreichbare Vollrente im Verhältnis der tatsächlichen Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbaren Beschäftigungszeit zu kürzen. Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Kläger nicht - wie von der Beklagten als Gegenleistung für die versprochene Vollrente erwartet - bis zum Erreichen der festen Altersgrenze betriebstreu geblieben ist, sondern mit dem Verbleiben bis zum vorzeitigen Ausscheiden nur einen Teil der erwarteten Gegenleistung erbracht hat (vgl. BAG, 18.11.2003, 3 AZR 517/02, AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG - Berechnung <II 1 d.Gr.>). Deshalb ist auch unerheblich, dass das Arbeitsverhältnis vorliegend nicht auf Wunsch des Klägers, sondern aufgrund eines auf betriebsbedingten Gründen beruhenden Aufhebungsvertrages beendet worden ist (vgl. BAG, 28.05.2002, 3 AZR 358/01, AP Nr. 29 zu § 6 BetrAVG, Rz. 42).
Bei diesem Rechenschritt ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Pensionsordnung der Beklagten gegen Art. 141 EG verstößt, soweit sie die Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung für Männer und Frauen unterschiedlich berechnet und nur Frauen erlaubt, ohne Abschläge mit Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Die unmittelbare Wirkung von Art. 141 EG kann jedoch von den Arbeitnehmern, die wie der Kläger nicht bereits vor dem 17.05.1990 Klage erhoben oder einen anderen Rechtsbehelf eingelegt haben, zur Begründung der Forderung nach einer Gleichbehandlung mit Frauen durch Festsetzung einer einheitlichen Altersgrenze und damit einer höheren Betriebsrente nur für Leistungen geltend gemacht werden, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990, dem Tag des Erlasses des sog. "Barber"-Urteils geschuldet werden (EuGH, 14.12.1993, Rs-C 110/91, AP Nr. 16 zu § 1 BetrAVG - Gleichbehandlung - Moroni). Nach stRspr des BAG (seit Urteil vom 18.03.1997, AP Nr. 32 zu § 1 BetrAVG - Gleichbehandlung <III 1 d.Gr.>, s. auch Urteil vom 03.06.1997, 3 AZR 910/95, AP Nr. 35 zu § 1 BetrAVG - Gleichbehandlung <3 c d.Gr.>; zuletzt 23.09.2003, AP Nr. 14 zu § 1 BetrAVG - Gleichbehandlung <II 2 a d.Gr.>) sind deshalb Männer nach europäischem Recht bei einer sie hinsichtlich des Zeitpunktes des Rentenzugangs benachteiligenden Betriebsrentenregelung nur für die Zeit ab dem 18.05.1990 so zu behandeln, als gelte auch für sie das (günstigere) Rentenzugangsalter für Frauen. Aus Beschäftigungszeiten vor dem 18.05.1990 können sich dagegen unterschiedlich hohe Teilansprüche für Betriebsrenten von Männern und Frauen ergeben.
Die vom Kläger erdiente Anwartschaft ist nach diesen Grundsätzen zunächst auf 454,01 EUR zu kürzen. Dies ist zwischen den Parteien im Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer nicht mehr streitig, so dass es genügt, den Rechenweg für die beiden Teilrenten aufzuzeigen. Die Teilrente für die Zeit vom 01.01.1971 bis zum 17.05.1990 beträgt 281,63 EUR (517,13 : 426 Monate möglicher Betriebstreue bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres am 05.08.2006 x 232 Monate Betriebstreue bis zum 17.05.1990); die Teilrente für die Zeit vom 18.05.1990 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.07.2000 beträgt 172,38 EUR (517,13 : 366 Monate möglicher Betriebstreue bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres am 05.08.2001 x 122 Monate tatsächlicher Betriebstreue nach dem 18.05.1990).
2.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist in einem zweiten Rechenschritt angesichts der gesetzlichen Grundwertungen und der der Pensionsordnung zugrundeliegenden Annahmen die durch die Beschäftigung in der Zeit vom 01.01.1971 bis zum 17.05.1990 erdiente Teilrente von 281,63 EUR noch um einen versicherungsmathematischen Abschlag von 0,5%für jeden Monat des vorzeitigen Bezugs der Betriebsrente, d. h. um 29 %, auf199,96 EUR zu kürzen, so dass sich eine Betriebsrente von insgesamt 372,34 EUR (199,96 EUR + 172,38 EUR) errechnet. Durch diese weitere Kürzung wird ein Ausgleich dafür geschaffen, dass der Kläger das bis zum vorzeitigen Ausscheiden Erdiente nicht wie von der Beklagten versprochen erst ab Erreichen der festen Altersgrenze von 65, sondern 58 Monate vorher verlangt (BAG, 18.11.2003, 3 AZR 517/02, AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG - Berechnung, Rz. 26). Wegen des Gebots der Entgeltgleichheit kann der Abschlag allerdings wiederum nur bei der bis zum 17.05.1990 erdienten Teilrente vorgenommen werden, was von der Beklagten nicht mehr geleugnet wird.
a)
Zwar enthält, wie ausgeführt, die Pensionsordnung vom 01.07.1976 keine Regeln für die Berechnung der Betriebsrente des mit einer unverfallbaren Anwartschaft vorzeitig ausgeschiedenen und die flexible Altersgrenze in Anspruch nehmenden Klägers, sondern verweist in § 7 nur auf die gesetzliche Regelung. Auch das Betriebsrentengesetz enthält keine Regeln für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente eines Arbeitnehmers, der vorzeitig mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Allerdings kann ein Arbeitnehmer regelmäßig nicht darauf vertrauen, dass er das bis zu seinem vorzeitigen Ausscheiden Erdiente auch dann in voller Höhe behält, wenn er die Betriebsrente früher und damit zugleich länger in Anspruch nimmt als vom Arbeitgeber versprochen (BAG, 23.01.2001, 3 AZR 164/00, AP Nr. 16 zu § 1 BetrAVG - Berechnung <II 2 b cc d.Gr.>). Daraus folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die in der Versorgungsordnung enthaltene Bestimmung zum Ausgleich für den früheren und längeren Bezug der Betriebsrente der bis zum vorgezogenen Ruhestand im Betrieb verbliebenen Arbeitnehmer neben der Kürzung entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG wegen des vorzeitigen Ausscheidens anzuwenden ist. Es gibt entgegen der Auffassung des Klägers auch keine Anhaltspunkte in der Versorgungsordnung, dass die Beklagte verpflichtet sein sollte, für einen betriebsbedingt vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer insgesamt mehr an Versorgungsleistungen aufzubringen, als sie bei dem versprochenen Rentenbezug ab Erreichen der festen Altersgrenze zu erbringen gehabt hätte (vgl. BAG,28.05.2002, 3 AZR 358/01, AP Nr. 29 zu § 6 BetrAVG, Rz. 41 f.). Im Gegenteil folgt aus der Regelung in § 4 Pensionsordnung, dass die Beklagte auch bei solchen Arbeitnehmern, die länger als 25 Jahre betriebstreu sind und damit die Höchstrente von 20 % erdient haben und bis zu ihrem Ausscheiden betriebstreu bleiben, bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Betriebsrente die von ihr zu gewährende Leistung kürzen will. Auch bei Arbeitnehmern, die wie der Kläger mit einer unverfallbaren Anwartschaft betriebsbedingt vorzeitig ausscheiden und die flexible Altersgrenze nutzen, ist daher ein Abschlag von 0,5 % für jeden Monat des vorzeitigen Bezugs bei der vom Eintritt in das Arbeitsverhältnis bis zum 17.05.1990 erdienten Teilrente vorzunehmen(i. E. ebenso LAG Niedersachsen, 23.02.2005, 6 Sa 484/04 B, n.v. <II 4 d.Gr.>).
b)
Diese weitere Kürzung der Teilrente für die Zeit vom 01.01.1971 bis zum 17.05.1990 steht - anders als der Kläger meint - mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine zweite mindernde Berücksichtigung der fehlenden Betriebstreue zwischen dem vorgezogenen Eintritt in den Ruhestand und dem Erreichen der festen Altersgrenze unzulässig ist (stRspr seit Urteil vom 23.01.2001, 3 AZR 164/00, AP Nr. 16 zu § 1 BetrAVG - Berechnung), im Einklang. Insoweit ist die Diktion des Bundesarbeitsgerichts missverständlich. Das Bundesarbeitsgericht nimmt in stRspr seit dem Urteil vom 23.01.2001 an, dass in das vom Arbeitgeber in der Versorgungsordnung festgelegte Äquivalenzverhältnis bei vorgezogener Inanspruchnahme stets zweifach eingegriffen wird, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer bis zu diesem Zeitpunkt betriebstreu geblieben oder vorzeitig mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausgeschieden ist. Der erste Eingriff in das Äquivalenzverhältnis liegt darin, dass der Arbeitnehmer in beiden Fällen nur einen Teil der für die Vollrente erwarteten Gegenleistung erbringt. Der Arbeitgeber ist im Hinblick hierauf grundsätzlich berechtigt, die dem Arbeitnehmer bei Betriebstreue bis zum Erreichen der festen Altersgrenze versprochene Betriebsrente zu kürzen. Im Ergebnis unterscheiden sich beide Fälle nur quantitativ, nicht qualitativ: Mit dem beschriebenen Rechenschritt wird festgestellt, welchen Versorgungsbesitzstand der Arbeitnehmer im Hinblick auf die bei Betriebstreue bis zur festen Altersgrenze erreichbaren Altersrente bei seinem Ausscheiden erdient hat, welche Betriebsrente er also bei Erreichen der festen Altersgrenze verlangen könnte. Diese Kürzung muss bei einem vorzeitigen Ausscheiden vor Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente naturgemäß größer sein als bei einer Betriebstreue bis zu diesem Zeitpunkt (BAG, 24.07.2001, 3 AZR 567/00, AP Nr. 27 zu § 6 BetrAVG, Rz. 25 f.).
Der zweite Eingriff in das vom Arbeitgeber zugrundelegte Äquivalenzverhältnis liegt darin, dass der Arbeitnehmer die erdiente Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt. Zum Ausgleich für diese wesentlich von der Lebenserwartung des Betriebsrentners beeinflusste Verschiebung hat die Praxis versicherungsmathematische Abschläge in der Größenordnung von 0,3 bis 0,6 % pro Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme entwickelt. Diese stellen eine angemessene Reaktion auf den auszugleichenden Eingriff in das Äquivalenzverhältnis dar. Jedenfalls bei dem wohl am häufigsten gewählten Abschlag in Höhe von 0,5 % werden nicht nur die längere Rentenlaufzeit bei Inanspruchnahme des § 6 BetrAVG, sondern auch die dort entstehenden Zinsverluste und die höhere Erlebenswahrscheinlichkeit eines Versorgungsfalles ausgeglichen. Auch bei dieser Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses und dem deswegen vorzunehmenden Ausgleich ist es unerheblich, ob die vorgezogen in Anspruch genommene Betriebsrente durch Betriebstreue bis zu diesem Zeitpunkt oder nur bis zu einem vorzeitigen Ausscheiden mit unverfallbaren Anwartschaft erdient worden ist. Sieht eine Versorgungsordnung keinen versicherungsmathematischen Abschlag vor, bleibt es demgegenüber bei den in der früheren Rechtsprechung aufgestellten Berechnungsregeln. In solchen Fällen ist in aller Regel eine zweite mindernde Berücksichtigung der fehlenden Betriebstreue zwischen der vorgezogenen Inanspruchnahme und dem Erreichen der festen Altersgrenze zulässig - dies allerdings nicht im Hinblick auf die fehlende Betriebstreue des Arbeitnehmers, sondern als Ausgleich für den wahrscheinlicheren, früheren und längeren Bezug der Betriebsrente; dieser Rechenschritt ist als "untechnischer versicherungsmathematischer Abschlag" anzusehen (BAG, a.a.O., Rz. 28 f., Rz. 32). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts soll es mit diesen beiden Kürzungen der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze möglichen Vollrente zur Ermittlung der vorgezogenen Betriebsrente eines vorzeitig mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmers in das von der Versorgungszusage bestimmte Äquivalenzverhältnis sein Bewenden haben. Das Bundesarbeitsgericht sieht deshalb entgegen seiner früheren Rechtsprechung einen weiteren - im Ergebnis also dritten - Eingriff in das Äquivalenzverhältnis dadurch, dass bereits eine Ausgangsrente berechnet wird, die die Beschäftigungszeit zwischen der Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente und dem Erreichen der festen Altersrente nicht berücksichtigt und diese schon auf diese Weise gekürzte Ausgangsrente mit einem Unverfallbarkeitsquotienten multipliziert, der nicht dem Verhältnis von erreichter zu für die Ausgangsrente erforderlicher Beschäftigungszeit entspricht, sondern dem Verhältnis von erreichter zu für die Vollrente notwendiger Beschäftigungszeit, als unzulässig an (BAG, a.a.O., Rz. 20 f.; BAG, 07.09.2004, 3 AZR 524/03, EzA § 6 BetrAVG Nr. 27, Rz. 29; BAG, 23.01.2001, 3 AZR 164/00, AP Nr. 16 zu § 1 BetrAVG - Berechnung <II 2 b bb d.Gr.>).
Hier hat die Beklagte als Ausgangsrente die erreichbare Höchstrente von 517,13 EUR zugrunde gelegt und damit den vom Bundesarbeitsgericht als unzulässig angesehenen dritten Eingriff in das Äquivalenzverhältnis gerade nicht vorgenommen.
c)
Der Kürzung der für die Zeit vom 01.01.1971 bis zum 17.05.1990 erdienten Teilrente steht auch nicht entgegen, dass der Kläger länger als 25 Jahre betriebstreu war und damit grundsätzlich eine unverfallbare Anwartschaft auf die in der Pensionsordnung vorgesehene Höchstrente erworben hat. Auch in diesem Fall einer Versorgung nach Rentenbausteinen ist eine Kürzung wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Betriebsrente nur ausgeschlossen, wenn sich der Versorgungsordnung entnehmen lässt, dass der Arbeitgeber die bis zur festen Altersgrenze erreichbare Höchstrente auch bei vorgezogener Inanspruchnahme ungekürzt gewähren will (BAG, 23.01.2001, 3 AZR 164/00, AP Nr. 16 zu § 1 BetrAVG - Berechnung <II 2 b dd und II 3 d.Gr.>). Hier sieht § 4 Pensionsordnung gerade für den Fall der vorzeitigen Inanspruchnahme der Betriebsrente auch bei Arbeitnehmern, die die Höchstrente an sich bereits erdient hatten, eine Kürzung um 0,5 % je Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme vor.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.
IV.
Der Wert war gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG auf das 36fache der eingeklagten monatlichen Differenz von 149,79 EUR und damit auf 5.392,44 EUR festzusetzen. Die eingeklagten Rückstände waren nicht hinzuzurechnen, § 42 Abs. 5 2. Halbsatz GKG.
Die Revision war zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).
Streitwertbeschluss:
Die Kosten des Rechtsstreits werden nach einem Wert von 5.392,44 EUR zu 54,5 % dem Kläger und zu 45,5 % der Beklagten auferlegt.