Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.08.2012, Az.: 8 Sa 501/12
Befristung des Arbeitsverhältnisses durch gerichtlichen Vergleich
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 06.08.2012
- Aktenzeichen
- 8 Sa 501/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 28958
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2012:0806.8SA501.12.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 12.11.2014 - AZ: 7 AZR 891/12
Rechtsgrundlage
- § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG
Amtlicher Leitsatz
Das Bestehen eines offenen Streits der Parteien über die Rechtslage hinsichtlich des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses ist auch dann zu bejahen, wenn die Parteien mit dem gerichtlichen Vergleich den Streit über die Besetzung eines Dienstpostens beenden und der Kläger ein Eilverfahren zur Sicherung der Teilnahme an einem Bewerberauswahlverfahren führt.
Tenor:
1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 14.03.2012 - 2 Ca 4/12 Ö - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses durch gerichtlichen Vergleich.
Der Kläger war seit dem 29.12.2000 bei der Beklagten auf Grund einer Vielzahl befristeter Arbeitsverträge als Wachmann und Diensthundeführer an unterschiedlichen Standorten, zuletzt im Bereich des Bundeswehrdienstleistungszentrums A-Stadt und B-Stadt, zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.842,18 € beschäftigt. Es handelt sich im Einzelnen um folgende Verträge:
1. Vertrag vom 29.12.2000 bis zum 28.12.2002: befristet nach § 1 BeschfG
2. Vertrag vom 29.12.2002 bis zum 31.12.2006: Befristung wegen der Unterbringung eines Mitarbeiters nach TVUmbW (Herr C.);
3. Vertrag vom 01.03.2007 bis zum 29.02.2008: Befristung nach § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBfG durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht Emden vom 22.02.2007;
4. Vertrag vom 01.03.2008 bis zum 28.02.2010: Befristung nach § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBfG, Befristungsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Emden, 2 Ca 627/07;
5. Vertrag vom 01.03.2010 bis zum 28.02.2011: Befristung nach § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBfG, Befristungsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Emden, 2 Ca 501/09;
6. Vertrag Nr. 4: Befristung des im Vergleichswege vor dem Arbeitsgericht Wilhelmshaven abgeschlossenen Vertrages vom 01.03.2011 bis zum 31.12.2011 im Verfahren 1 Ga 1/10.
Die letzten vier Verträge beruhten allesamt auf einem gerichtlichen Vergleich. Vor der im vorliegenden Verfahren zur Überprüfung gestellten Befristung schlossen die Parteien anlässlich einer Bestandschutzstreitigkeit in einer mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Emden den Vergleich gemäß Vertrag zu Ziffer 5, der folgenden Wortlaut hat:
"1. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endet aufgrund Fristablaufes zum 28. Februar 2010.
2. Die Parteien schließen einen befristeten Arbeitsvertrag gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nummer 8 TzBfG als vollbeschäftigte Arbeitnehmer unter Anrechnung von Vordienstzeiten für den Zeitraum vom 1. März 2010 bis zum 28. Februar 2011."
Am 23.12.2009 schrieb das Bundeswehrdienstleistungszentrum B-Stadt mehrere auf den 31.02.2012 befristete Stellen als Wachmann und Diensthundeführer aus. Der Kläger bewarb sich auf einen dieser Dienstposten. Seine Bewerbung wurde nicht berücksichtigt. Hiergegen wandte er sich im Februar 2010 mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (1 Ga 1/10), um der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 Euro verbieten zu lassen, einen der ausgeschriebenen Dienstposten als Wachmann und Diensthundeführer am Standort D-Stadt mit einem anderen Bewerber zu besetzen, bis über seine Bewerbung rechtskräftig entschieden ist. Gleichzeitig führte er ein Hauptsacheverfahren (1 Ca 88/10), in dem er beantragte, die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Arbeitsvertrag über die Besetzung eines Dienstpostens als Wachmann und Diensthundeführer am Standort D-Stadt gemäß der Ausschreibung anzubieten, hilfsweise, das Auswahlverfahren mit ihm fortzusetzen und über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, weiter hilfsweise, für den Fall, dass bereits eine Auswahlentscheidung ergangen ist, festzustellen, dass die zu seinen Ungunsten ausgefallene Auswahlentscheidung rechtswidrig ist.
In der mündlichen Verhandlung des Eilverfahrens verständigten sich die Parteien vor dem Arbeitsgericht Wilhelmshaven auf einen Vergleich mit folgendem Wortlaut:
1. Die Parteien sind sich dahingehend einig, dass das zwischen ihnen bestehende befristete Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 01.03.2011 bis zum 31.12.2011 zu unveränderten Arbeitsbedingungen befristet fortgesetzt wird.
2. Der Kläger wechselt ab dem 15.03.2010 aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundeswehrdienstleistungszentrums A-Stadt in den Zuständigkeitsbereich des Bundeswehrdienstleistungszentrums B-Stadt. Er erbringt zukünftig seine Arbeitsleistung in dem Bereich des Bundeswehrdienstleistungszentrums B-Stadt.
3. Mit Abschluss dieses Vergleichs sind die Rechtsstreite zu den Aktenzeichen 1 Ga 1/10 sowie 1 Ca 88/10 erledigt.
Gegen die Befristung dieses Arbeitsvertrages wehrt sich der Kläger mit seiner am 23.11.2011 beim Arbeitsgericht Wilhelmshaven eingegangenen Klage. Er hält die Befristung für unwirksam und meint, die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBfG lägen nicht vor. Ziel des Eilverfahrens sei die Sicherung seines Anspruchs auf Neubescheidung seiner Bewerbung auf einen der genannten Dienstposten gewesen, die seitens der Beklagten ohne nähere Angabe von Gründen abgelehnt worden sei. Die Beklagte habe das tarifvertraglich begründete Recht des Klägers verletzt, ihn bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen zu berücksichtigen. Weder sei auf die Ausschreibung hingewiesen noch ihm einer der zu besetzenden Dienstposten angeboten worden.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Befristung nicht zum 31.12.2011 beendet worden ist.
Die Beklagte ist in dem Kammertermin, zu dem sie ordnungsgemäß geladen worden ist, nicht erschienen.
Durch unechtes Versäumnisurteil vom 14.03.2012 hat das Arbeitsgericht Wilhelmshaven die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Befristung sei rechtswirksam und beende das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 31.12.2011. Es liege ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG vor, denn neben der Mitwirkung des Gerichts am Zustandekommen des befristeten Arbeitsverhältnisses habe über das Bestehen eines solchen zwischen den Parteien Streit bestanden. Die Parteien hätten jedenfalls eine sonstige Bestandschutzstreitigkeit geführt, in deren Folge der gerichtliche Vergleich zu Stande gekommen sei. Der Kläger habe mit dem Verfahren erreichen wollen, dass ihm eine der ausgeschriebenen befristeten Stellen übertragen werde. Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen seien nicht gegeben. Auf § 30 Abs. 2 Satz 2 TVöD könne der Kläger sich nicht berufen, weil die Nichtausübung billigen Ermessens bei der Besetzung von Stellen die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages nicht entfallen lasse; insoweit handele es sich um unterschiedliche Streitgegenstände.
Gegen dieses ihm am 04.04.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.04.2012 Berufung eingelegt, die er am 31.05.2012 begründet hat.
Er verbleibt bei seiner bereits erstinstanzlich vertretenen Auffassung nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 29.05.2012, auf den Bezug genommen wird (Bl. 72 bis 77 d. A.), und meint, das Bundesarbeitsgericht knüpfe die Zulässigkeit einer Vergleichsbefristung nach § 14 Abs. 1 Ziff. 8 TzBfG an strenge Voraussetzungen. Streitgegenstand des Vorverfahrens sei gerade nicht der Fortbestand des auf den 28.02.2011 befristeten Arbeitsvertrages gewesen, sondern die Sicherung des Auswahlverfahrens in einem Besetzungsverfahren um einen neu ausgeschriebenen Dienstposten. Der Bestand des Arbeitsvertrages sei nicht einmal ansatzweise im Streit gewesen und habe auch mit dem Streitgegen-stand des einstweiligen Verfügungsverfahrens nichts zu tun.
Die Besonderheit einer Vergleichsbefristung liege darin, dass sie weitgehend einer gerichtlichen Missbrauchskontrolle entzogen sei. Diese Kontrolle solle durch die Mitwirkung des Gerichts beim Abschluss des Vergleichs gewährleistet sein. Sie könne sinnvoll nur ausgeübt werden, wenn dem Gericht der Prozessstoff und die tatsächlichen Vergleichsgrundlagen bekannt seien. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass die Gerichte bei Vergleichen mitwirkten, bei denen der zu Grunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspreche und ein tatsächlicher Streit der Parteien über das verglichene Rechtsverhältnis nicht bestehe.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 14.03.2012 - 2 Ca 4/12 Ö - abzuändern,
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der Befristung zum 31.12.2011 beendet worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 09.07.2012, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 83 bis 85 d. A.).
Das Gericht hat die im Jahre 2010 zwischen den Parteien geführten Verfahren vor dem Arbeitsgericht Wilhelmshaven - 1 Ga 1/10 und 1 Ca 88/10 - beigezogen und zum Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien zur Sach- und Rechtslage wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
I. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 und 2 ArbGG).
II. Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Die durch gerichtlichen Vergleich vereinbarte Befristung ist rechtswirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.12.2011 beendet. Die Befristungsvereinbarung ist nicht mangels eines sie nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigenden sachlichen Grundes unwirksam.
1. Der in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG normierte Sachgrund rechtfertigt die Befristung. Nach dieser Bestimmung liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vor, wenn sie auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
a. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 22.02.1984 - 7 AZR 435/82, BAGE 45, 160 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 80 = EzA BGB § 620 Nr. 69; v. 02.12.1998 - 7 AZR 644/97, AP HRG § 57a Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 156; v. 24.01.1996 - 7 AZR 496/95, BAGE 82, 101 [BAG 24.01.1996 - 7 AZR 496/95]), die der Gesetzgeber bei dem Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG zugrunde gelegt hat (BT-Drucks. 14/4374 S. 19), ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses in einem gerichtlichen Vergleich wirksam, soweit die Parteien darin zur Beendigung eines Kündigungsverfahrens oder eines Feststellungsstreits über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses infolge einer Befristung eine Einigung erzielen (BAG v. 23.11.2006 - 6 AZR 394/06, BAGE 120, 251; vgl. zuletzt auch BAG v. 15.02.2012 - 7 AZR 734/10, EzA-SD 2012, Nr. 14, 4 = DB 2012, 1573).
Der gerichtliche Vergleich, mit dem die Parteien zur Beilegung einer Rechtsstreitigkeit ein befristetes oder auflösend bedingtes Arbeitsverhältnis vereinbaren, unterliegt keiner weiteren Befristungskontrolle. Deren Funktion erfüllt das Arbeitsgericht durch seine ordnungsgemäße Mitwirkung beim Zustandekommen des Vergleichs, der regelmäßig sogar auf seinem Vorschlag beruht (BAG v. 23.11.2006 - 6 AZR 394/06, aaO.; v. 15.02.2012 - 7 AZR 734/10, aaO.). Dem Gericht als Grundrechtsverpflichtetem im Sinne des Art. 1 Abs. 3 GG obliegt im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle die Aufgabe, den Arbeitnehmer vor einem grundlosen Verlust seines Arbeitsplatzes zu bewahren und damit einen angemessenen Ausgleich der wechselseitigen, grundrechtsgeschützten Interessen der Arbeitsvertragsparteien zu finden. Diese aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Schutzpflicht erfüllt das Gericht nicht nur durch ein Urteil, sondern auch im Rahmen der gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits. Schlägt das Arbeitsgericht zur Beendigung des Verfahrens über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses einen Vergleich vor, der eine weitere, allerdings zeitlich begrenzte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, ist das im Regelfall eine hinreichende Gewähr dafür, dass diese Befristung nicht deswegen gewählt worden ist, um dem Arbeitnehmer grundlos den gesetzlichen Bestandsschutz zu nehmen (BAG v. 15.02.2012 - 7 AZR 734/10, aaO.; v. 23.11.2006 - 6 AZR 394/06, aaO.; v. 26.04.2006 - 7 AZR 366/05, AP TzBfG § 14 Vergleich Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 29; vgl. auch BAG v. 02.12.1998 - 7 AZR 644/97, aaO.).
b. Neben der Mitwirkung des Gerichts am Zustandekommen eines befristeten Arbeitsverhältnisses setzt der Sachgrund des gerichtlichen Vergleichs allerdings das Bestehen eines offenen Streits der Parteien über die Rechtslage hinsichtlich des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses voraus (BAG v. 26.04.2006 - 7 AZR 366/05, aaO.; v. 22.10.2003 - 7 AZR 666/02, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 255 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 8; v. 24.01.1996 - 7 AZR 496/95, aaO.; v. 15.08.1984 - 7 AZR 538/82 - aaO.; v. 22.02.1984 - 7 AZR 435/82, aaO.). Dafür ist erforderlich, dass beide Parteien gegensätzliche Rechtsstandpunkte darüber eingenommen haben, ob bzw. wie lange zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht. Insbesondere muss der Arbeitnehmer nachdrücklich seine Rechtsposition vertreten und gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht haben (vgl. BAG v. 26.04.2006 - 7 AZR 366/05, AP TzBfG § 14 Vergleich Nr. 1 = NZA 2006, 1431; KR/Lipke, 11. Aufl., § 14 TzBfG Rn. 341; ErfK/Müller-Glöge, 12. Aufl., § 14 TzBfG Rn. 75; Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, 2. Aufl. 2011 Rn. 258). Der Arbeitgeber muss es daraufhin abgelehnt haben, den Arbeitnehmer entsprechend seiner Forderung zu beschäftigen (BAG v. 02.12.1998 - 7 AZR 644/97, aaO.; vgl. auch BAG v. 24.01.1996 - 7 AZR 496/95, BAGE 82, 101 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 179 = EzA BGB § 620 Nr. 139). Das Merkmal soll die missbräuchliche Ausnutzung des durch § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG eröffneten Sachgrunds verhindern. Es soll insbesondere gewährleisten, dass der gerichtliche Vergleich nicht nur zu einer Protokollierung einer von den Arbeitsvertragsparteien vor Rechtshängigkeit getroffenen Vereinbarung benutzt wird, durch die ein befristeter Arbeitsvertrag verlängert wird (so bereits v. BAG 22.02.1984 - 7 AZR 435/82, aaO.).
2. Danach sind die Voraussetzungen für den Sachgrund des gerichtlichen Vergleichs im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG erfüllt. Die am 04.03.2010 vor dem Arbeitsgericht Wilhelmshaven protokollierte Vereinbarung stellt einen gerichtlichen Vergleich im Sinne der Vorschrift dar, bei dem das Gericht seiner aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleiteten Schutzpflicht, den Arbeitnehmer vor einem grundlosen Verlust seines Arbeitsplatzes zu bewahren, erfüllt hat. Es fehlt auch nicht an einem offenen Streit infolge einer vorangegangenen Auseinandersetzung über den Bestand des Arbeitsverhältnisses.
a. Die Parteien haben den Streit über die Besetzung eines Dienstpostens als Wachmann und Diensthundeführer in einem gerichtlichen Vergleich nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG beendet. Der Vergleich wurde in der mündlichen Verhandlung eines Eilverfahrens zur Sicherung der Teilnahme an einem Bewerberauswahlverfahren unter Mitwirkung des Gerichts abgeschlossen. Es handelte sich nicht lediglich um einen Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1, Alt. 1, Satz 2 ZPO (vgl. BAG v. 15.02.2012 - 7 AZR 734/10, aaO.). Daher bot die tatsächliche Mitwirkung des Gerichts hinreichende Gewähr, den Kläger vor einem grundlosen Verlust seines Arbeitsverhältnisses zu bewahren.
b. Es bestand auch im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses ein offener Streit der Parteien über die Rechtslage hinsichtlich des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses. Während der Kläger meinte, bei der Besetzung auf einen der ausgeschriebenen Dienstposten berücksichtigt werden zu müssen, hatte die Beklagte seine Bewerbung zurückgewiesen. Insbesondere hatten beide Parteien gegensätzliche Rechtsstandpunkte darüber eingenommen, ob bzw. wie lange zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht. Im Ergebnis wollte der Kläger mit den von ihm eingereichten Verfahren nämlich erreichen, sein bis zum 28. Februar 2011 wirksam befristetes Arbeitsverhältnis mit der Beklagten fortführen zu können. Dieses Ziel verfolgte er in zwei Stufen: Das Eilverfahren diente der Sicherung des Anspruchs auf Berücksichtigung bei der Stellenbesetzung. Mit dem Hauptsacheverfahren verfolgte er sein Ziel der Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten weiter. Er beantragte, ihm einen Arbeitsvertrag gemäß der Ausschreibung vom 23.12.2009 anzubieten.
aa. Die Parteien stritten in den Verfahren, die durch den Vergleich beendet worden sind, damit zumindest mittelbar um den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses. Der zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bestehende Arbeitsvertrag hätte zum 28. Februar 2011 geendet. An der Wirksamkeit dieser Befristung bestehen keine Zweifel. Um eine Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu erreichen, hätte der Kläger einen von mehreren befristet ausgeschriebenen Dienstposten erhalten müssen. Zur Begründung dieses Anspruchs berief der Kläger sich auf § 30 Abs. 2 Satz 2 TVöD.
bb. Die den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 3. August 1961 (- 2 AZR 117/60, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 19) und vom 18.06.2008 (- 7 AZR 214/07, AP TzBfG § 14 Nr. 50 = NZA 2009, 35 [BAG 18.06.2008 - 7 AZR 214/07]; vgl. auch BAG v. 13.06.2007 AP TzBfG § 17 Nr. 7; v. 18.12.1979 AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 51 = EzA § 620 BGB Nr. 43) zugrunde liegenden Streitgegenstände einer Kündigungsschutz- oder Entfristungsklage schließen auch nicht aus, § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Denn auch ein Streitgegenstand, der zumindest mittelbar einen Streit der Parteien über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses und dessen Fortsetzung zum Gegen-stand hat, wie der vorliegende, muss eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG tragen. Das folgt aus der Auslegung der Norm.
(1) Sinn und Zweck einer Befristungskontrolle bestehen darin, den Arbeitnehmer vor einem grundlosen, den staatlichen Kündigungsschutz umgehenden Verlust des Arbeitsplatzes zu bewahren und damit einen angemessen Ausgleich der wechselseitigen grundrechtsgeschützten Interessen der Arbeitsvertragsparteien zu finden. Dieser Schutzpflicht wird unter anderem dadurch genügt, dass das Gericht im Rahmen der gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits einen Vergleich vorschlägt, der auch in der befristeten Fortführung eines sonst gegebenenfalls zu beendenden Arbeitsverhältnisses besteht. Dementsprechend wird die Beteiligung des Arbeitsgerichts an einem Vergleich, der eine zeitlich nur begrenzte (Weiter)beschäftigung vorsieht, als im Regelfall hinreichende Gewähr dafür angesehen, dass die Befristung nicht vorgeschoben ist. Diese Begründung hat der Gesetzgeber bei der Fassung des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG in seinen Materialien aufgegriffen (BT-Drs. 14/4374). Dieser Voraussetzung wird durch den Vergleich, der zumindest im Ergebnis der Streitschlichtung um die Fortsetzung des befristeten Arbeitsverhältnisses diente, genügt.
(2) Es gibt folglich keinen Grund, neben Kündigungsschutzprozessen und Entfristungsklagen das Rechtsinstitut der wirksamen Befristung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG in Verfahren auszuschließen, in denen es im Interesse der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit um die Begründung eines neu befristeten Arbeitsverhältnisses geht. Eine engere Auslegung findet auch im Gesetz keinen Niederschlag.
bb. Missbrauchstatbestände sind nicht ersichtlich. Insbesondere haben die Arbeitsvertragsparteien den gerichtlichen Vergleich nicht nur zu einer Protokollierung einer von ihnen vor Rechtshängigkeit getroffenen Vereinbarung benutzt, um den befristeten Arbeitsvertrag zu verlängern.
3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 30 Abs. 2 Satz 2 TVöD. Nach dieser Bestimmung sind Beschäftigte mit einem Arbeitsvertrag nach Satz 1 bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen, wenn die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Norm ist nicht einschlägig. Der Kläger übersieht, dass die Beklagte keine Dauerarbeitsplätze ausgeschrieben hat.
Außerdem betrifft die Frage nach der bevorzugten Berücksichtigung des Arbeitsplatzes nicht die Wirksamkeit der streitbefangenen Befristung des Vergleichs vom 4. März 2010. Sie entfaltet Wirkung nur im Zusammenhang mit dem Vorprozess, zu dessen Beendigung die Parteien die befristete Weiterbeschäftigung vereinbart haben und war Grund dafür, von einem "offenen Streit" der Parteien über die Fortsetzung des ansonsten wirksam zum 28. Februar befristeten Arbeitsverhältnisses sprechen zu können (vgl. die Ausführungen zu II. 2. b).
III. Als unterlegene Partei hat der Kläger die Kosten des Berufungsverfahren zu tragen (§ 97 ZPO).
IV. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Gericht die Revision zugelassen.