Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.04.2012, Az.: 6 Sa 991/11

Urlaubsabgeltung bei andauernder Arbeitsunfähigkeit im öffentlichen Dienst; Unbegründete Zahlungsklage aufgrund Verfalls des tariflichen Mehrurlaubs infolge andauernder Arbeitsunfähigkeit

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
13.04.2012
Aktenzeichen
6 Sa 991/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 42852
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hannover - 10.06.2011 - AZ: 7 Ca 497/10 Ö

Amtlicher Leitsatz

Die Tarifvertragsparteien des TVöD haben sowohl für den unionsrechtlich garantierten Mindesturlaub als auch für den übersteigenden tariflichen Mindesturlaub nach § 7 Abs. 3 BUrlG wesentlich abweichende Übertragungs- und Verfallsregeln vereinbart. Der tarifliche Mehrurlaub verfällt gemäß § 26 Abs. 2 a TVöD, wenn er nicht zum 31.03. bzw. 31.05. des Folgejahres angetreten wird.

In dem Rechtsstreit

Klägerin, Berufungsklägerin und Berufungsbeklagte,

Proz.-Bev.:

gegen

Beklagte, Berufungsbeklagte und Berufungsklägerin,

Proz.-Bev.:

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2012 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Klausmeyer,

den ehrenamtlichen Richter Herrn Otto,

die ehrenamtliche Richterin Frau Nenke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 10.06.2011 - 7 Ca 497/10 Ö - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 10.06.2011 - 7 Ca 497/10 Ö - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 194,68 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.11.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 711,91 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.12.2011 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 96 % und die Beklagte zu 4 %

zu tragen.

Die Revision wird für die Klägerin im Hinblick auf die nicht zugesprochene Abgeltung des tarifvertraglichen Mehrurlaubs aus 2009 (9 Tage á 97,34 € entspricht 876,06 € brutto) zugelassen. Darüber hinaus wird die Revision weder für die Klägerin noch für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren zuletzt noch über den Entgeltfortzahlungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 13.12. - 26.12.2009 in Höhe von abgerechneten 711,91 € sowie die Abgeltung des tarifvertraglichen Mehrurlaubs aus dem Jahr 2009.

Die Klägerin war seit 1990 bei der Beklagten als Verwaltungsangestellte tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fanden zuletzt die Regelungen des TVöD Anwendung. Die monatliche Bruttovergütung der Klägerin betrug 2.109,02 €.

Die Klägerin ist schwerbehindert. Seit dem 07.12.2009 war sie durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 01.03.2010 bezieht die Klägerin Erwerbsminderungsrente. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis endete mit Ablauf des 15.10.2010.

Zunächst rechnete die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien für den Monat Dezember 2009 vom 01. - 31.12. mit 2.109,02 € brutto ab (vgl. hierzu Verdienstabrechnung 12.09/1 Bl. 175 d.A.). Mit Schreiben vom 26.01.2010 (vgl. Bl. 36 d.A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass auf ihre Arbeitsunfähigkeit ab dem 24.11.2009 eine Vorerkrankung vom 19.10. - 10.11.2009 anzurechnen sei mit der Konsequenz, dass ihr im Monat Dezember 2009 ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nur bis zum 12.12.2009 zugestanden habe. Hieraus resultiere eine Überzahlung in Höhe von 1.029,08 € netto, die - das Einverständnis der Klägerin vorausgesetzt - mit dem Kindergeld und der Leistungsprämie für den Monat Januar 2010 verrechnet werde. Der dann noch ausstehende Betrag in Höhe von 410,40 € netto werde mit dem der Klägerin zustehenden Krankengeldzuschuss und Kindergeld verrechnet. Über die Überzahlung erteilte die Beklagte der Klägerin eine neuerliche Verdienstabrechnung für den Monat Dezember 2009, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 35 d.A. (Anl. 5) verwiesen wird. Die angekündigte Gegenrechnung der aus Sicht der Beklagten bestehenden Überzahlung wurde in den Monaten Februar bis Mai 2010 vollständig umgesetzt (vgl. Verdienstabrechnungen 01.10/1, 02.10/1, 03.10/1, 04.10/1 und 04.10/2 Bl. 37, 38, 41, 43 u. 46 Anl. 7, Anl. 8, Anl. 11, Anl. 13 und Anl. 16).

Mit Schreiben vom 27.10.2010 teilte die Beklagte der Klägerin dann mit, dass nach erneuter Prüfung der Krankenkasse der Entgeltfortzahlungszeitraum im Dezember 2009 erst am 26.12.2009 geendet habe (vgl. Bl. 33 d.A., Anl. 3). Diesen rechnete die Beklagte mit der Verdienstabrechnung 12.09/4 (Bl. 34 d.A., Anl. 4) der Klägerin gegenüber der Gestalt ab, dass sich hieraus ein Nettoanspruch der Klägerin in Höhe von 711,91 € ergab.

Zunächst leistete die Beklagte über den 01.03.2010 hinaus Krankengeldzuschüsse und VBL-Leistungen an die Klägerin. Nachdem feststand, dass die Klägerin ab dem 01.03.2010 Erwerbsminderungsrente bezieht, erstellte die Beklagte insoweit negative Abrechnungen für die Monate März bis Juli 2010 (vgl. Abrechnung 3.10/4, 7.10/3, Bl. 58 - 62 Anl. 28 - 62). Den sich hieraus ergebenden Minusbetrag in Höhe von 907,50 € saldierte die Beklagte mit den Ansprüchen der Klägerin auf Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 13.12. - 26.12.2009 in Höhe von 711,91 €, auf Zahlung von Kindergeld für den Monat August 2010 abzüglich vermögenswirksamer Leistungen in Höhe von 179,68 € (vgl. Bl. 57, Anl. 27) und auf Kindergeld für den Monat September 2010 (vgl. Bl. 56 d.A., Anl. 26) in Höhe von 184,00 €. Die verbleibende positive Nettodifferenz in Höhe von 168,09 € brachte die Beklagte an die Klägerin mit der Abrechnung 10.10/1 (Bl. 31 d.A., Anl. 1) zur Auszahlung. Darin wurden darüber hinaus der Abgeltungsanspruch der Klägerin für 20 im Jahre 2010 krankheitsbedingt nicht genommene Urlaubstage mit 1.948,00 € brutto abgerechnet und insgesamt 1.733,67 € an die Klägerin zur Auszahlung gebracht. Die Wertstellung bei der Klägerin erfolgte am 29.10.2010.

Mit Verdienstabrechnung 10.10/2 (Bl. 32 d.A., Anl. 2) hat die Beklagte der Klägerin gegenüber weitere 5 Urlaubstage aus dem Jahr 2010 im Umfang von 487,02 € brutto und eines sich hieraus ergebenden Nettobetrag in Höhe von 421,76 € abgerechnet. Insoweit erfolgte die Wertstellung bei der Klägerin am 30.11.2010.

Mit der am 26.10.2010 beim Arbeitsgericht Hannover eingegangenen Klage nimmt die Klägerin die Beklagte zum einen auf Urlaubsabgeltung für 41,50 Tage aus den Jahren 2009 und 2010 im Gesamtumfang von 4.039,61 € brutto (97,34 € brutto pro abzugeltendem Urlaubstag) sowie auf Auszahlung der abgerechneten Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 13.12.2009 bis 26.12.2009 in Höhe von 711,91 € in Anspruch.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte ihr für das Jahr 2009 noch 9 Urlaubstage abzugelten habe. Der Abgeltungsanspruch für das Jahr 2010 belaufe sich auf 32,5 Tage. Darüber hinaus habe die Beklagte bislang den mit 711,91 € netto abgerechneten Entgeltfortzahlungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 13.12. - 26.12.2009 nicht zur Auszahlung gebracht. Die von der Beklagtenseite insoweit vorgelegten Abrechnungen seien nicht nachvollziehbar. Insbesondere sei die Rückrechnung, die die Beklagte für den Monat Dezember 2009 vorgenommen habe, rechtswidrig.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 711,91 € netto zu zahlen als abgerechnete Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 13.12.2009 bis 26.12.2009;

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 4.039,61 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, den Anspruch der Klägerin auf Urlaubsabgeltung ebenso bereits erfüllt zu haben wie den auf Zahlung von Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 13.12. - 26.12.2009. Sie hat sich insoweit auf die von ihr vorgelegten Lohnabrechnungen (Bl. 31 ff., 34 ff., 37 - 51 und 56 - 62 d.A.) berufen. Die Klägerin habe am Ende des Jahres 2009 nur noch 8 offene Urlaubstage gehabt, wobei es sich um den tarifvertraglichen Mehrurlaub gehandelt habe. Insoweit enthalte § 26 TVöD eine eigenständige Regelung mit der Konsequenz, dass auf diesen tariflichen Mehrurlaub die Grundsätze der Entscheidung "Schultz-Hoff" des EuGH nicht anzuwenden seien und dieser mithin wegen der bei der Klägerin über den 31.03. und 31.05.2010 hinaus fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit verfallen sei.

Mit dem am 10.06.2011 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Hannover der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 194,68 € brutto nebst Zinsen als Abgeltung für 2 aus dem Jahre 2010 noch offene Urlaubsansprüche sowie Entgeltfortzahlung in Höhe von 711,31 € netto zu zahlen. Aus den von der Beklagten vorgelegten umfangreichen Abrechnungen werde nicht ersichtlich, dass die Beklagte diesen Lohnfortzahlungsanspruch bislang erfüllt habe. Der Abgeltungsanspruch der Klägerin für das Jahr 2009 scheitere daran, dass der Urlaub am 31.03. bzw. 31.05.2010 infolge der fortbestehenden Erkrankung der Klägerin verfallen sei. § 26 Abs. 2 Buchstabe a TVöD enthalte in mehrerlei Hinsicht vom Bundesurlaubsgesetz erheblich abweichende Regelungen und zeige eine Eigenständigkeit, woraufhin auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes davon auszugehen sei, dass die Tarifvertragsparteien in zulässiger Weise insoweit Verfallsregelungen getroffen hätten.

Dieses Urteil ist den Parteien jeweils am 29.06.2011 zugestellt worden. Die Berufung der Klägerin ist am 07.07.2011 und ihre Begründung nach Fristverlängerung am 10.10.2011 beim LAG Niedersachsen eingegangen. Die Berufung der Beklagten ist am 19.07.2011 und die Berufungsbegründung nach Fristverlängerung am 27.09.2011 beim LAG Niedersachsen eingegangen.

Mit der November - 2011 - Abrechnung hat die Beklagte zwischenzeitlich die ausgeurteilten Beträge zwecks Abwendung der Zwangsvollstreckung an die Klägerin ausgekehrt.

Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass ihr Urlaubsabgeltung für die Jahre 2009 und 2010 zustehe. Der über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehende Tarifurlaub im Umfang von 9 Tagen für 2009 sei nicht verfallen. § 26 Abs. 2 TVöD differenziere gerade nicht zwischen gesetzlichem und tariflichem Mehrurlaub. Im gesamten Tarifvertrag würden keine unterschiedlichen Regelungen hinsichtlich des gesetzlichen Urlaubsanspruches und des darüber hinausgehenden Tarifurlaubes getroffen. In Bezug auf die Erfüllung des Urlaubsanspruches für das Jahr 2010 im Umfang von 25 Tagen habe die Beklagte ihren Darlegungs- und Beweispflichten nicht genügt. Es lägen insoweit keine nachvollziehbaren Abrechnungen vor. Für die Klägerin sei nicht ersichtlich, welche Zahlungen die Beklagte auf welche Ansprüche der Klägerin geleistet habe; immerhin habe die Beklagte insoweit 40 unterschiedliche Abrechnungen vorgelegt.

Die Berufung der Beklagten könne keinen Erfolg haben. Ihre Behauptung, der Betrag von 1.029,08 € netto entspreche der Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 13.12.2009 bis 31.12.2009 sei offenkundig falsch. Die Beklagte habe nicht nur den überzahlten Nettobetrag zurückgefordert, sondern deutlich mehr.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichtes Hannover vom 10.06.2011 - 7 Ca 497/10 - teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 3.844,93 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.11.2010 zu zahlen;

2. die Berufung der Beklagten und den Antrag gem. Schriftsatz vom 03.04.2012 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichtes Hannover vom 10.06.2011 - 7 Ca 497/10 - teilweise abzuändern und die Klage in Höhe von 711,91 € netto abzuweisen;

2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen;

3. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 711,91 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2011 jährlich zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil in Bezug auf den Verfall des tariflichen Mehrurlaubs aus dem Jahre 2009 als zutreffend und ist der Ansicht, dass § 26 Abs. 2 a TVöD eine gegenüber der gesetzlichen Regelung eigenständige und abweichende Regelung enthalte. Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass die Beklagte den Entgeltfortzahlungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 13.12.2009 bis 26.12.2009 in der abgerechneten Höhe von 711,91 € netto bereits vollständig erfüllt habe. Die vorliegende Vielzahl von Abrechnungen ergebe sich daraus, dass die Beklagte zunächst Entgeltfortzahlung vom 13.12. - 31.12.2009 an die Klägerin geleistet habe. Dann habe die Krankenversicherung mitgeteilt, dass Entgeltfortzahlung nur bis zum 12.12.2009 zu erfolgen gehabt habe, so dass die Beklagte vermeintlich die Zeit vom 13.12. - 31.12.2009 überzahlt und eine Rückrechnung der 1.029,08 € netto vorgenommen habe. Dann sei von der Krankenkasse mitgeteilt worden, dass die Entgeltfortzahlung doch bis zum 26.12.2009 zu erfolgen habe, also eine Nachzahlung vom 13.12. - 26.12.2009 für 13 Tage je 54,76 € netto entsprechend 711,91 € netto erforderlich gewesen sei. Ein Zuschuss zum Krankengeld sei nur vom 27.12.2009 bis zum 28.02.2010 zu zahlen gewesen. Erst mit Schreiben vom 15.10.2010 habe die DRV mitgeteilt, dass die Klägerin ab dem 01.03.2010 Erwerbsminderungsrente erhalte. Daraus folge, dass der Klägerin für die Zeit ab 01.03.2010 keine Ansprüche auf Entgelt, Entgeltfortzahlung, Zuschuss zum Krankengeld oder Arbeitgeberzuschuss VWL gehabt habe, und die insoweit erhaltenen Gelder habe zurückzahlen müssen. Da die Mitteilungen jeweils deutlich zeitversetzt zu den mitgeteilten Ergebnissen erfolgt seien, hätten die vielfachen Abrechnungen zu erfolgen gehabt. Aus der Abrechnung 10.10/1 Anl. 1 ergebe sich, dass die Beklagte für das Jahr 2010 Urlaubsabgeltung für 20 Tage entsprechend 1.948,00 € brutto abgerechnet und 1.733,67 € netto an die Klägerin gezahlt habe. Weitere 5 Tage Urlaub 2010 seien mit 487,02 € brutto abgerechnet und 421,76 € netto insoweit an die Klägerin zur Auszahlung gebracht worden (vgl. Abrechnung 10.10/2, Anl. 2). Anl. 1 bedürfe der Erläuterung, da von dem abgerechneten Nettobetrag von 1.796,86 € zunächst 0,18 € Abrechnungsüberzahlung und 415,10 € wegen Forderungsübergangs an die Krankenkasse für gezahltes Krankengeld des Zeitraumes 13.12. - 26.12.2009 hätten abgezogen werden müssen. Es sei verblieben der Resturlaub für 20 Tage 2010 entsprechend 1.381,58 € netto. Hinzugerechnet worden seien 184,00 € Krankengeld, woraufhin der Stand nunmehr 1.565,58 € netto betragen habe. Die weitere Position von 168,09 € netto "Saldo aus Nachberechnung" resultiere aus folgender Berechnung:

711,61 € netto Nachzahlung Entgeltfortzahlung vom 13.12. - 26.12.2009 (Abrechnung 12.09/4 Anl. 4) plus 184,00 € netto Kindergeld (Abrechnung 09.10/2 Anl. 26), plus 179,78 € netto Kindergeld abzüglich VWL (Abrechnung 08.10/3 Anl. 27) abzüglich 4,32 € netto VWL (Abrechnung 07.10/3 Anl. 28) abzüglich jeweils 222,95 € netto Krankengeldzuschuss in den Monaten Mai und Juni, (Abrechnungen 06.10/4 Anl. 29 und 05.10/5 Anl. 30), abzüglich 2 x 228,64 € netto Krankengeldzuschuss für die Monate März und April 2010 (Abrechnungen 04.10/3 Anl. 31 und 03.10/4 Anl. 32). Im Wege der Saldierung erbleibe ein Positivbetrag zugunsten der Klägerin in Höhe von 168,09 €, der mit den oben dargelegten 1.565,58 € am 29.10.2010 gutgeschriebenen Betrag von 1.733,67 € ergäbe. Die von der Klägerin geforderte Entgeltfortzahlung sei mithin vollständig erfüllt und könne von dieser nicht nochmals verlangt werden.

Nachdem u.a. dieser Betrag zur Abwendung der vorläufigen Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil an die Klägerin im November 2011 zur Auszahlung gebracht worden sei, habe die Klägerin diesen an die Beklagte zurückzuzahlen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, soweit diese Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren und auf die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen wechselseitigen Erklärungen.

Entscheidungsgründe

A.

Sowohl die Berufung der Klägerin als auch die der Beklagten sind gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 u. 2 ArbGG statthaft und jeweils frist- und formgerecht eingelegt sowie begründet worden und damit insgesamt zulässig, § 66 ArbGG, 519, 520 ZPO.

B.

Die Berufung der Beklagten ist im zuletzt maßgeblichem Umfang auch begründet, während die der Klägerin insgesamt unbegründet ist.

I.

Das Arbeitsgericht Hannover hat die Beklagte zu Unrecht dazu verurteilt, an die Klägerin 711,91 € netto als Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 13.12. - 26.12.2009 zu zahlen. Die darauf gerichtete Klage war als unbegründet abzuweisen und das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der Beklagten in diesem Punkt abzuändern.

1.

Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass der Klägerin für den Zeitraum vom 13.12. - 26.12.2009 ein Entgeltfortzahlungsanspruch zugestanden hat. Die Klägerin war während dieser Zeit infolge ihrer Erkrankung daran gehindert war, ihre Arbeitsleistung auszuüben. Auch die Höhe des der Klägerin zustehenden Entgeltanspruches ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Vielmehr bezieht sich die Klägerin insoweit auf die von der Beklagten erstellte Verdienstabrechnung 12.09/4 (Anl. 4 Bl. 34 d.A.), in welcher dieser Zeitraum mit 904,15 € brutto entsprechend 711,91 € netto abgerechnet worden ist. Eben diesen sich aus der Abrechnung ergebenden Betrag fordert die Klägerin von der Beklagten.

2.

Es ist jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin davon auszugehen, dass die Beklagte diesen Anspruch bereits gem. § 362 Abs. 1 BGB erfüllt hat. Das ergibt sich aus den von der Beklagten vorgelegten Verdienstabrechnungen und der von der Klägerin unstreitig gestellten Wertstellung des sich aus der Abrechnung 10.10/1 (Anl. 1 Bl. 31) ergebenden Nettobetrag in Höhe von 1.377,67 € unter dem 29.10.2010.

2.1.

In der Verdienstabrechnung 10.10/1 ist unter Lohnart 948 (Saldo aus Nachberechnung) der Betrag von 168,09 € enthalten. Die Zusammensetzung und Herleitung dieses Betrages hat die Beklagte in der Berufungsbegründung nachvollziehbar und unter Bezugnahme auf die bereits in erster Instanz vorgelegten Abrechnungen in hinreichender Art und Weise dargelegt. Dabei ist der Klägerin ohne Frage zuzugeben, dass insoweit eine Vielzahl von Abrechnungen einzubeziehen war. Der Beklagten ist aber zuzugestehen, dass diese keineswegs grundlos von der Beklagten veranlasst worden sind, sondern einerseits aus den sich inhaltlich widersprechender Mitteilungen der Krankenkasse zur Entgeltfortzahlungsverpflichtung und andererseits aus der Diskrepanz zwischen Bewilligung von Erwerbsminderungsrente an die Klägerin ab dem 01.03.2010 und entsprechender Mitteilung an die Beklagte erst mit Schreiben vom 15.10.2010 resultierten.

2.2.

Zunächst besteht zwischen den Parteien kein Streit, dass der Klägerin ab dem Bezug der Erwerbsminderungsrente keine Ansprüche mehr auf Zahlung von Entgelt, Entgeltfortzahlung, Zuschuss zum Krankengeld und Arbeitgeberzuschuss zur VWL zustanden. In Unkenntnis der Bewilligung der Erwerbsminderungsrente hat die Beklagte an die Klägerin über den 01.03.2010 hinaus zunächst sowohl Zuschuss zum Krankengeld als auch Arbeitgeberzuschuss zur VWL geleistet. Nachdem die Beklagte am 15.10.2010 Kenntnis von der Bewilligung der Erwerbsminderungsrente erhalten hatte, war eine Rückrechnung der zu Unrecht gezahlten Beträge geboten.

2.3.

Diese Rückrechnung hat die Beklagte in separaten Abrechnungen jeweils für die Monate März bis Juli 2010 vorgenommen (vgl. Bl. 58 - 62 d.A., Anl. 28 - Anl. 32). Aus jeder dieser Abrechnungen ergibt sich exakt der Betrag, den die Beklagte in den jeweiligen Monaten an die Klägerin zunächst zur Auszahlung gebracht hatte und den sie angesichts der bewilligten Erwerbsminderungsrente von der Klägerin zurückverlangen konnte. Hieraus resultiert ein Negativsaldo zulasten der Klägerin in Höhe von 907,50 €. Mit diesem Negativsaldo hat die Beklagte gegenüber den positiven Ansprüchen der Klägerin aufgerechnet. Letztere setzen sich zusammen aus dem Entgeltfortzahlungsanspruch gem. Abrechnung 12.09/4 für den Zeitraum vom 13.12. - 26.12.2009 in Höhe von 711,91 € netto sowie dem trotz Erwerbsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses bestehenden Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Kindergeld in Höhe von 184,00 € für den Monat August 2010 abzüglich der zu Unrecht geleisteten vermögenswirksamen Leistungen im Umfang von 4,32 € (Anl. 27, Bl. 57 d.A.) und Kindergeld für den Monat September 2010 (Anl. 26, Bl. 56 d.A.). Bedenken gegen diese Aufrechnung gemäß §§ 387 ff. BGB bestehen nicht; sie sind auch von der Klägerin weder der Höhe noch dem Grunde nach substantiiert vorgetragen worden. Nach Durchführung der Aufrechnung errechnete sich ein Positivsaldo zugunsten der Klägerin in Höhe von 168,09 €. Dieser war Bestandteil des von ihr unstreitig erhaltenen Nettobetrages von 1.733,67 €. Damit ist ihr Anspruch auf Zahlung von 711,91 € netto Entgeltfortzahlung gem. der Abrechnung 12.09/4 in Bezug für den Zeitraum vom 13.12. - 26.12.2009 von der Beklagtenseite erfüllt worden.

3.

Zu Unrecht beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die aus ihrer Sicht in unzutreffender Höhe erfolgte Rückforderung der Beklagten von 1.029,08 € netto im Hinblick auf den Monat Dezember 2009. Dabei ist der Klägerin zuzugeben, dass die Vorgehensweise der Beklagten u.a. insoweit Bedenken begegnet, als die erste Abrechnung für den gesamten Monat Dezember 2009 (vgl. Bl. 170, Abrechnung 12.09/1) ausgehend von einem abgerechneten Bruttobetrag in Höhe von 2.109,02 € einen Nettobetrag in Höhe von 996,19 € ausweist und die Beklagte dann für den kürzeren Zeitraum vom 13.12.2009 bis 31.12.2009 einen deutlich höheren Nettobetrag zurückgefordert hat. (Vgl. Abrechnung 12.09/2 Bl. 35 d.A., Anl. 5). Die Klägerin ist aber darauf hinzuweisen, dass die Beklagte diese Rückforderung, nachdem sie die Klägerin zuvor mit Schreiben vom 26.01.2010 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, in den Abrechnungen für die Monate Januar bis Mai 2010 (vgl. Bl. 37, 38, 41, 43 u. 46, Anl. 7, Anl. 8, Anl. 11, Anl. 13 u. Anl. 16) vollständig umgesetzt hat. Der von der Klägerin nunmehr geltend gemachte Entgeltfortzahlungsanspruch beruht auf einer völlig neuen Situation, nämlich der Mitteilung der Krankenkasse an die Beklagte, dass nach erneuter Prüfung der Entgeltfortzahlungsanspruch der Klägerin erst am 26.12.2009 geendet habe, mit der Konsequenz, dass die entsprechenden Zahlungen für den 13.12.2009 bis 26.12.2009 noch zu erfolgen hatten (vgl. Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 27.10.2010 Bl. 33 d.A., Anl. 3). Diesen Entgeltfortzahlungsanspruch hat die Beklagte dann mit der Abrechnung 12.09/4 (Bl. 34 d.A., Anl. 4) abgerechnet, die mit einem Nettoanspruchs in Höhe von 711,91 € schließt. Eben diesen abgerechneten Anspruch hat die Klägerin zur Grundlage ihres Klagebegehrens gemacht. Die von der Beklagten vorgenommene Rückforderung von 1.029,09 € netto mag unter Umständen Ansprüche der Klägerin begründen.

Dabei handelt es sich aber um einen von dem vorliegenden Klagebegehren zu unterscheidenden Lebenssachverhalt und damit anderen Streitgegenstand i.S.v. § 253 ZPO (vgl. hierzu BAG 23.02.2011 - 4 AZR 439/09 - AP Nr. 60 zu § 133 BGB).

II.

Da die Beklagte zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem arbeitsgerichtlichen Urteil vom 10.06.2011 711,91 € im November 2011 an die Klägerin ausgekehrt hat, ist die Klägerin nunmehr, da feststeht, dass sie hierauf keinen Anspruch hat, dazu verpflichtet, diese an die Beklagte zurückzuzahlen. Der dahingehende Antrag der Beklagten hat seine Grundlage in § 717 Abs. 2 ZPO. Der Zinsanspruch basiert auf §§ 286, 288 BGB.

III.

Das Arbeitsgericht Hannover ist zu Recht davon ausgegangen, dass einerseits der tarifvertragliche Mehrurlaub der Klägerin aus dem Jahre 2009 nicht abzugelten ist und andererseits die Beklagte ihre Verpflichtung zur Urlaubsabgeltung in Bezug auf das Jahr 2010 im Umfang von 25 Tagen bereits erfüllt hat. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin war insgesamt zurückzuweisen.

1.

Der von der Klägerin nicht realisierte tarifliche Mehrurlaub aus dem Jahr 2009 ist am 31.5.2010 verfallen, § 26 Abs.2 a) TVöD; darauf gezogenen Abgeltungsansprüche bestehen nicht.

1.1.

Der Klägerin hatte im Jahre 2009 Anspruch auf den gesetzlicher Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen, § 3 BUrlG, zuzüglich 5 Tagen Zusatzurlaub gem. § 125 SGB IX aufgrund ihrer Schwerbehinderteneigenschaft. Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass die Beklagte der Klägerin im Jahr 2009 zumindest diese 25 Arbeitstage als Urlaub gewährt hat und woraufhin insoweit Erfüllung eingetreten ist.

1.2.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden jedoch die Vorschriften des TVöD Anwendung. Nach § 26 Abs. 1 TVöD haben Beschäftigte in jedem Kalenderjahr nach dem vollendeten 40. Lebensjahr Anspruch auf 30 Arbeitstage als Urlaub. Die Klägerin hatte im Jahr 2009 ihr 40. Lebensjahr vollendet, woraufhin ihr neben dem gesetzlichen Mindesturlaub von insgesamt 25 Arbeitstagen ein tariflicher Mehrurlaub von 10 Arbeitstagen zustand.

1.3.

Zwischen den Parteien ist im Streit, ob die Beklagte der Klägerin im Jahr 2009 26 oder 27 Tage bezahlten Urlaub gewährt hat. Da die Beklagte für die Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Erteilung des Urlaubs darlegungs- und beweispflichtig ist, konnte sie sich nicht auf die pauschale Behauptung beschränken, entgegen den Ausführungen der Klägerin habe diese im Jahr 2009 nicht nur 26 sondern 27 Urlaubstage realisiert. Sie hätte darlegen müssen, genau wann sie der Klägerin im Jahr 2009 in welchem Umfang Urlaub genehmigt hatte. Dem hat sie nicht entsprochen, woraufhin von einem offenen tariflichen Mehrarbeitsanspruch der Klägerin in Höhe von 9 Tagen auszugehen ist.

1.4.

Diesen tariflichen Mehrurlaub konnte jedoch die Klägerin wegen ihrer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit weder bis zum 31. März 2010 noch bis zum 31. Mai 2010 antreten, woraufhin er gemäß § 26 Abs 2 a) TVöD verfallen ist.

1.5.

Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes führt zwar die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit zur weiteren automatischen Übertragung des gesetzlichen Mindesturlaubs einschließlich des Zusatzurlaubs für Schwerbehinderte und hindert so dessen Verfall (vgl. nur BAG, 12.04.2011 - 9 AZR 80/10 - NZA 2011, 1050 - 1054).

1.6.

Diese Rechtsprechung ist aber nicht auf den tariflichen Mehrurlaub nach § 26 Abs. 1 TVöD anzuwenden. Die Auslegung der Vorschriften im TVöD ergibt vielmehr, dass die Tarifvertragsparteien von dem Grundsatz, demzufolge die Bestimmungen zur Übertragung und zum Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubes mit denen zum tariflichen Mehrurlaub gleichlaufen, ausnahmsweise abweichen wollten.

1.6.1.

Es ist anerkannt, dass die Tarifvertragsparteien Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub, einschließlich des Zusatzurlaubes für Schwerbehinderte übersteigen, frei regeln können. Ihre Regelungsmacht ist nicht durch die für gesetzliche Urlaubsansprüche erforderliche richtlinienkonforme Fortbildung des § 7 Abs. 3 und Abs. 4 BUrlG beschränkt. Einem tariflich angeordneten Verfall des übergesetzlichen Urlaubsanspruches und seiner Abgeltung steht nach dem klaren Richtlinienrecht und der gesicherten Rechtsprechung des EuGH kein Unionsrecht entgegen (vgl. BAG, 04.05.2010 - 9 AZR 183/09 - AP Nr. 49 zu § 7 BUrlG).

1.6.2.

Dabei ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die Tarifvertragsparteien des TVöD von dieser ihnen zustehenden freien Regelungsmacht Gebrauch gemacht haben. Was bejaht werden kann, wenn sie entweder bei ihrer Verfallsregelung zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tarifvertraglichem Mehrurlaub unterscheiden oder sich vom gesetzlichen Fristenregime gelöst und eigenständige vom Bundesurlaubsgesetz abweichende Regelung zur Übertragung und zum Verfall des Urlaubsanspruches getroffen haben. Der Wille der Tarifparteien ist dabei unter Berücksichtigung des Tarifwortlautes, des Tarifzwecks, des systematischen Zusammenhangs und der Tarifgeschichte im Wege der Auslegung zu ermitteln.

1.6.3.

Bei der gebotenen Anwendung dieser Auslegungsmethodik ist festzustellen, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD einheitlich sowohl für den unionsrechtlich verbürgten Mindest- als auch für den übersteigenden Mehrurlaub von § 7 Abs. 3 BUrlG wesentlich abweichende Übertragungs- und Verfallsregeln vereinbart haben. § 26 TVöD bestimmt eigenständig die Anspruchsvoraussetzungen, die Fortzahlung des Entgelts in Verbindung mit § 21 TVöD wie auch die vom Bundesurlaubsgesetz abweichende Dauer des Urlaubes, jeweils gestaffelt nach Lebensjahren. Darüber hinaus beinhaltet § 26 TVöD eine besondere Berechnungsregel für die Auf- und Abrundung und bestimmt in Abs. 2 vom Bundesurlaubsgesetz abweichend die Befristung sowie weitergehend die Übertragungsregelungen. Hervorzuheben sind dabei zum einen die Befristung und Verfallsregelung, wonach der übertragene Urlaub nicht genommen, sondern im Gegensatz zum Bundesurlaubsgesetz bis zum 31.03. bzw. 31.05. des Folgejahres nur angetreten sein muss. Zum anderen beinhaltet § 26 Abs. 2 a TVöD ausdrücklich eine Verlängerung der im Bundesurlaubsgesetz enthaltenen Übertragungsregelung bis zum 31.03. des Folgejahres gerade u.a. für den Fall der Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.05. des Folgejahres. Es liegt mithin insgesamt um eine gänzlich andere Fristenregelung als im Bundesurlaubsgesetz vor. Zwar gilt der längere Übertragungszeitraum sowohl für den gesetzlichen als auch den tarifvertraglichen Anspruch. Eine ausdrückliche Differenzierung zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen Ansprüchen ist jedoch dann nicht notwendig, wenn die Tarifvertragsparteien - wie in § 26 Abs. 2 a TVöD - ein eigenständiges Fristenregime vereinbaren (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, 19.08.2010 - 10 Sa 244/10 - ZTR 2011, 98 - 99; LAG Düsseldorf, 20.01.2011 - 11 Sa 1493/10 - ZTR 2011, 377 - 378). Auch wenn der TVöD, der ab dem 01.10.2005 den Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1971 abgelöst hat, im Vergleich zu den früheren BAT-Vorschriften deutlich weniger Regelungen zum Urlaub beinhaltet (vgl. Clemens-Scheuring, § 26, Randnr. 498), spricht die Tarifgeschichte in Anknüpfung an den Bundesangestelltentarifvertrag doch dafür, dass das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes durch ein eigenständiges Urlaubsregime gekennzeichnet war und ist (vgl. LAG Düsseldorf, 20.01.2011 - 11 Sa 1493/10 - aaO.). Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer gewollten Abweichung der Tarifvertragsparteien vom Gesetzesrecht nach dem Tarifwortlaut, Zusammenhang, Zweck und Geschichte in Bezug auf den TVöD erfüllt sind.

2.

Der Klägerin steht auch für das Jahr 2010 kein weiterer Anspruch gegen die Beklagte auf Urlaubsabgeltung zu.

2.1.

Erstinstanzlich ist die Beklagte zur Zahlung von Urlaubsabgeltung für 2 Tage verurteilt worden. Hiergegen hat sich die Beklagte in ihrer Berufung zuletzt nicht mehr gewandt.

2.2.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die Beklagte darüber hinausgehend eine Erfüllung im Hinblick auf die restlichen 25 zur Abgeltung anstehenden Urlaubstage nicht im ausreichendem Maße dargelegt habe.

2.3.

Aus den sowohl dem Gericht als auch der Klägerin vorliegenden Verdienstabrechnungen 10.10/1 (vgl. Bl. 31 d.A., Anl. 1) ergibt sich jedoch eindeutig, dass die Beklagte unter Lohnart 576 und der Bezeichnung "Urlaubsabgeltung" an die Klägerin eine Abgeltung im Umfang von 1.948,00 € brutto für 20 Tage gezahlt hat. Dass die diesbezügliche Berechnung der Beklagten der Höhe nach unrichtig ist, hat die Klägerin nicht behauptet. Die Klägerin hat des Weiteren unstreitig gestellt, dass der sich aus dieser Abrechnung 10.10/1 ergebenden Nettobetrag am 29.10.2010 auf ihrem Konto eingegangen ist. Auf welcher Grundlage die Klägerin gleichwohl die Erfüllung des Urlaubsabgeltungsanspruches bestreiten will, ist nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt im Hinblick auf die geforderte Abgeltung für 5 weitere Urlaubstage. Diese hat die Beklagte mit der Abrechnung 10.10/2 (Anl. 2 Bl. 32 d.A.) im Umfang von 487,02 € brutto entsprechend 421,76 € netto ausgewiesen. Auch insoweit hat sie erklärt, dass es sich hierbei um die Abgeltung von 5 Tagen Urlaub aus dem Jahr 2010 handelt. Die Klägerin hat wiederum weder die Höhe oder die Zusammensetzung des Bruttobetrages bestritten noch hat sie ausgeführt, den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettobetrag nicht erhalten zu haben. Vielmehr hat sie positiv eingeräumt, dass eine entsprechende Wertstellung bei ihr am 30.11.2010 erfolgt sei.

C.

Die Kostenentscheidung orientiert sich am wechselseitigen Obsiegen und Unterliegen der Parteien, § 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Soweit die Kammer den Abgeltungsanspruch der Klägerin im Hinblick auf den tarifvertraglichen Mehrurlaub für das Jahr 2009 verneint hat, ist der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision an das Bundesarbeitsgericht gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen worden. Darüber hinaus war die Zulassung der Revision weder für die Kläger- noch für die Beklagtenseite veranlasst.

Klausmeyer
Otto
Nenke